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Morgens operiert – abends wieder Kinderchirurgie

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Page 1: Kinderchirurgie · Eltern vor und nach der Operation unbedingt beachten? Die wichtigsten Informationen, damit alles ... de trägt er ein Pflaster mit einer Salbe auf der Hand, die

Morgens operiert – abends wieder Kinderchirurgie

Page 2: Kinderchirurgie · Eltern vor und nach der Operation unbedingt beachten? Die wichtigsten Informationen, damit alles ... de trägt er ein Pflaster mit einer Salbe auf der Hand, die

Wenn ihr Kind schon

operiert werden muss, dann

wenigstens ambulant – das

wünschen sich die meisten

Eltern. Aber welche Eingriffe

können so durchgeführt

werden? Und was sollten

Eltern vor und nach der

Operation unbedingt

beachten? Die wichtigsten

Informationen, damit alles

gut geht, finden Sie in

diesem Bericht.

Es sieht aus wie ein ganz normalerArzttermin: Mit seiner Mutter undeinem Kuscheltier erscheint der fünf-jährige Sebastian in der Praxis derBonner Kinderchirurgen Wilhelm Far-wick-Bürfent und Jochen Kiesewetter.Doch Sebastian steht mehr bevor alseine Routine-Untersuchung. Sein Leis-tenbruch soll heute operiert werden –ambulant.

Sebastian schaut auf dem Schoß seinerMutter ein Bilderbuch an, als Anästhe-sist Dr. Joachim Mehler die Narkoseeinleitet. Routiniert legt er im Hand-rücken einen Venenzugang und spritztein Narkosemittel. Sebastian tut dasnicht weh, denn schon seit einer Stun-de trägt er ein Pflaster mit einer Salbeauf der Hand, die die Haut empfin-dungslos macht.

Sebastian schläft nach der Spritze inSekundenbruchteilen ein und wird inden OP getragen. Dort warten schonWilhelm Farwick-Bürfent und seinTeam. Sebastian bekommt eine Voll-narkose. Bevor der Chirurg mit derOperation beginnt, gibt er noch eineörtliche Betäubung – der kleine Pati-ent ist auf diese Weise auch dann nochlängere Zeit schmerzfrei, wenn er wie-der aus der Narkose erwacht ist.

Zuwendung macht schnell gesund

Nach etwa 35 Minuten ist der Eingriffabgeschlossen, ein steriler Verbandwird angelegt. Dr. Mehler leitet dieNarkose aus und beobachtet Sebastiannoch einige Minuten. Dann trägt er dasschlafende Kind zu seinem Bett im Auf-wachraum. Sebastians Mutter ist sehrerleichtert, dass ihr Sohn alles gut

überstanden hat. Sie ist dabei, wenn eraufwacht und kümmert sich in dennächsten Stunden um ihn.

Eine Schwester unterstützt sie dabei,Chirurg und Anästhesist schauenmehrmals nach dem Kind, um aufeventuelle Narkosenachwirkungenwie Übelkeit oder Erbrechen reagierenzu können. Bei der Abschlussuntersu-chung ist Sebastian schon wieder ganzmunter – der kleine Patient darf nachHause, knapp fünf Stunden, nachdemer gekommen ist. Die Ärzte erklärender Mutter noch einmal genau, woraufsie jetzt achten muss.

Abends soll sie sich in jedem Fall beiWilhelm Farwick-Bürfent melden undberichten, wie es ihrem Sohn geht.Natürlich darf sie auch sonst jederzeitanrufen, wenn sie unsicher ist oderFragen hat. Am nächsten Tag wird Se-bastian zu einer letzten Untersuchungin der Praxis der Kinderchirurgen er-wartet. Dann ist alles überstanden.

Komplikationen treten nur sehr selten auf

„Die ambulante Kinderchirurgie kommt denkindlichen Bedürfnissen optimal entgegenund ist eine äußerst sichere Methode. Unterguten Voraussetzungen können 70 Prozentaller im Kindesalter anfallenden Routine-Operationen ambulant durchgeführt wer-den“, sagt der Freiburger KinderchirurgDr. Helmut Berenskötter von der

zu Hause

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Arbeitsgemeinschaft niedergelassenerKinderchirurgen Deutschlands (AN-KID). Die Rate der Früh- und Spätkom-plikationen – zum Beispiel Wund-infekte und Nachblutungen – liegt lauteiner ANKID-Statistik in den kinder-chirurgischen Praxen bei unter 0,19Prozent und damit extrem niedrig.

Natürlich sind ambulante Eingriffenicht nur wie hier geschildert in einerPraxis, sondern ebenso im Kranken-haus möglich. Wofür sie sich entschei-den, bleibt den Eltern überlassen.

In jedem Fall sollten Eltern größtenWert darauf legen, dass es sich um einespezielle Einrichtung für Kinder han-delt. „Kinder gehören in die Hände vonKinder-Spezialisten“, sagt Christine Gro-tensohn vom Aktionskomitee Kind imKrankenhaus e.V. (AKIK), einer Eltern-vereinigung, die sich für die Rechtevon Kindern im Krankenhaus einsetzt.„Bei Erwachsenen-Chirurgen haben Kindernichts zu suchen.“ Gleiches gilt für dieAnästhesisten, die über besondereKenntnisse in der Kinderheilkundeund viel Erfahrung verfügen müssen.

Dr. Josef Holzki, Chefarzt der Kinder-anästhesiologischen Abteilung derKinderklinik in Köln, nennt Vorteile ei-nes ambulanten Eingriffs im Kranken-haus: „Hier wird das Kind an einem Ortoperiert, an dem es auch optimal versorgtwerden kann, wenn etwas Unvorhergesehe-nes passiert. Und: Wenn wir ein Kind nachdem Eingriff abschließend untersuchen, kön-nen wir jederzeit entscheiden, es noch überNacht dazubehalten. Nicht nur aus medizi-nischen Gründen – auch bei ängstlichen, un-sicheren Eltern kann das sinnvoll sein.“

Auf den – zum Glück sehr, sehr selte-nen – Notfall sind selbstverständlichauch Praxis-Ärzte eingestellt. In einersolchen Situation wird das Kind stabili-siert und in das nächstgelegene Kran-kenhaus mit einer Kinderabteilung ge-bracht. Die enge Zusammenarbeit miteiner solchen Klinik ist für niedergelas-sene Kinderchirurgen sehr wichtig

Die Praxis bietet Betreuung aus einer Hand

Bei der Entscheidung zwischen Klinikund Praxis sollten Eltern wissen, dassein Krankenhausbetrieb grundsätzlicheine andere Organisation erfordert alseine Praxis – vieles ist stärker regle-mentiert. So wird es Vater oder Mutterzum Beispiel nicht in allen Kliniken ge-stattet, ihr Kind bei der Einleitung derNarkose und beim Aufwachen zu be-gleiten. Die Erfahrungen des AKIK zei-gen jedoch, dass beides auch in Klini-ken möglich gemacht werden kann. El-tern sollten diese Punkte unbedingtklären, wenn sie ihr Kind im Kranken-haus vorstellen.

Einen Vorteil verbucht die Praxis in je-dem Fall gegenüber dem Krankenhaus:Beim niedergelassenen Kinderchirur-gen erwartet den kleinen Patienten ei-ne Betreuung aus einer Hand – die El-tern wissen vorher genau, wer ihr Kindoperiert. Und: Nur Fachärzte mit

3 Ehemalige Frühgeborene werden als Säuglinge in der Regel nicht ambulant operiert.

3 Liegen Vorerkrankungen wie Diabetes,Krampfleiden, Nieren- oder Lungen-erkrankungen oder ein Herzfehler vor,müssen sich die Kinder in einer stabilenPhase befinden. Der Kinderanästhesistsollte den kleinen Patienten unbedingt vordem OP-Tag sehen.

3 Etwa zwei Wochen vor der Operation darfnicht geimpft worden sein. Die nächsteImpfung sollte erst eine Woche nach demEingriff erfolgen.

3 In den letzten zwei Wochen vor derOperation sollte das Kind keinen akutenAtemwegsinfekt mit Husten oder Fiebergehabt haben.

Das müssen Sie vor der Operation wissen

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langjähriger Erfahrung in Diagnose-stellung, Narkose, Operation undNachsorge behandeln das Kind. „Daskönnen wir im Krankenhaus nicht gewähr-leisten – wir müssen ja auch Ärzte ausbilden.Der Chefarzt kann nicht jeden Eingriff selberausführen“, sagt Dr. Holzki.

Eltern, die sich gemeinsam mit Kinder-arzt und Kinderchirurg für eine ambu-lante Operation entscheiden, überneh-men viel Verantwortung. Anders alsbei einer stationären Aufnahme müs-sen sie selbst dafür sorgen, dass dasKind nüchtern zur Operation kommt.Und nach dem Eingriff sind es Mutteroder Vater, die das Kind trösten, es ver-sorgen und auf eventuelle Veränderun-gen seines Zustandes achtgeben.

Ängste besser offen ansprechen

Deshalb sollten Eltern eine sehr ehrli-che Gewissenserforschung betreiben,bevor sie ihr Kind zu einer ambulantenOperation anmelden: „Eltern, meist ja die Mütter, müssen sich die Begleitung undBetreuung des Kindes wirklich zutrauen.Wenn die private oder berufliche Situationintensive Betreuung zu Hause nicht zulässt,ist dem Kind nicht gedient. Lassen Sie sichvon anderen Eltern oder lieben Verwandtennicht unter Druck setzen. Sie müssen für sichund Ihr Kind entscheiden: Wollen Sie lieberkurze Zeit nach der Operation in Ihre ver-traute Umgebung zurückkehren oder ein,vielleicht zwei Nächte mit Ihrem Kind imKrankenhaus bleiben“, sagt Christine Gro-tensohn vom AKIK.

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Sprechen Sie den Arzt auf Ihre Unsi-cherheiten und Ängste an – wenn ersich für die Beantwortung Ihrer Fragenkeine Zeit nimmt, ist er sicher nichtder richtige Partner. Wilhelm Farwick-Bürfent weiß um die Ängste der Eltern– um die Angst vor der Narkose des Kin-des und vor der Operation selbst, gegendie auch die positivsten Statistikennicht ankommen. Und natürlich um

die Sorge, selber alles richtig zu ma-chen. „Angst erwächst oft aus Unwissen-heit“, sagt er und rät allen Eltern: „Fra-gen Sie uns Löcher in den Bauch!“

Petra Kniebes

Nachdruck mit freundlicher Genehmigung

aus „Eltern for family“

1. Das Kind kommt mit seiner Begleitperson zum vereinbarten Termin nüchtern (auch Kaugummis und Bonbons sind tabu!) in die Praxis. Aufs Essen muss es etwa sechs Stunden vorher verzichten, aufs Trinken zirka drei Stunden.

2. Der Anästhesist bespricht die Narkose mit den Eltern, klärt über mögliche Risikenauf und beantwortet ihre Fragen. Einen Narkose-Informationsbogen haben dieEltern bereits beim Erstgespräch mit dem Kinderchirurgen erhalten.

3. Die Eltern erleben die Narkoseeinleitung mit – ihr Kind wird erst weggebracht,wenn es schon schläft. Die meisten Operationen im Kindesalter werden unterVollnarkose durchgeführt. Je nach Eingriff spritzt der Arzt noch ein lokalesBetäubungsmittel zur besseren Schmerzbehandlung.

4. Noch schlafend wird der kleine Patient zu den Eltern zurückgebracht. Chirurg und Anästhesist berichten, wie der Eingriff verlaufen ist.

5. Mutter oder Vater übernehmen jetzt die Betreuung ihres Kindes.

6. Etwa zwei bis vier Stunden nach dem Eingriff findet die Abschlussuntersuchungstatt. Chirurg und Anästhesist erklären noch einmal genau, worauf die Elternachten und wann sie sich an einen Arzt wenden müssen.

7. Sind sämtliche Narkosenachwirkungen abgeklungen, darf der kleine Patient nachHause. Wer nicht mit dem Taxi fahren kann, sollte sich unbedingt abholen lassen,damit ein Erwachsener sich ausschließlich um das Kind kümmern kann.

8. Am OP-Tag hat das Kind in der Regel Bettruhe. Kinderchirurg und Anästhesiststehen am Abend des Operationstages für einen Anruf zur Verfügung.

So sieht der OP-Tag in der Praxis aus