Πολλὰ ϕρονέοντα μηδενὸς κρατέειν: herodots gastmahl des attaginos...

21
Katrin Pavlidis P φ μ« : Herodots Gastmahl des Attaginos (Hdt. 9,16) als potentieller Erkenntnisgrund seines historischen Diskurses Herodot lässt sich in seinen Historien, der Darstellung der Perserkriege, von einer Frage leiten: Warum haben sie den Krieg begonnen? 1 Minutiös präsentiert er in seinem Werk die Ergebnisse seiner Forschungen und stellt die Völker, die mit den Persern in Kontakt kamen, in ihrer geographischen Situierung und anhand ihrer kulturellen Eigenheiten vor. Diese sogenannten «Exkurse» können den Umfang eines ganzen Buches annehmen, wie der besonders informationsreiche und sorgfältig gestaltete Ägypten-Diskurs, der das ge- samte Buch 2 umfasst. Pro- und Analepsen durchziehen den Gesamttext und verflechten zahlreiche Erzählungen und Informationen miteinander. «Unbedeutend» wirkende Bege- benheiten und Entitäten können sich dabei oft im Nachhinein als höchst bedeutend erwei- sen, wie Van der Veen 2 es als Leitmotiv der Historien erkennt: Kleine Städte werden groß, der lächelnde Säugling wird zum Tyrannen (Kypselos in Sokles’ Rede 5,92), die Griechen besiegen die überlegenen Perser. Van der Veens These der «Significance of the Insignifi- cant» wende ich auf eine bislang vernachlässigte, aber wie ich denke höchst signifikante Szene an. In dem Gastmahl des Attaginos (9,16), das ich auf Grund seiner Kürze hier voll- ständig zitiere, sehe ich eine potentielle mise-en-abyme , anhand derer die Emergenz eines neuen Raumes sichtbar wird, der einen polyphonen und damit kritischen sowie selbstkri- tischen Diskurs ermöglicht. 9,15,4 #E μ #A« ² « $κ « « « λ M λ P « «, « . μ 9,16,1 λ 9 . T $μ« #O, « #O ) . φ ² « λ μ« μ #A- λ μ , λ Ν« , φ λ« « , $ P λ 9 Allgemein betrachte ich die Historien als literarisches Werk, in dem ich eine potentielle, mit Hilfe textueller Strategien umgesetzte Semantisierung des historischen Hintergrundes erkenne, die ich mit narratologischen Mitteln sowie rezeptionsästhetisch untersuche. Neuere Forschungsliteratur zu Herodot, die ich dabei sehr anregend fand: Baragwanath, E., Motivation and Narrative in Herodotus, N.Y.2008 – die Autorin verfolgt, von Iser ausgehend, ebenfalls einen rezeptionsästhetischen Ansatz; Bichler, R. / R. Rollinger (Hgg.), Hero- dot, Hildesheim 2000 – dort guter Überblick über die Überlieferungs- und Forschungsgeschichte; Derow, P. / R. Parker (Hgg.), Herodotus and his World, Oxford 2003; Van der Veen, J. E., The Significant and the Insig- nificant, Amsterdam 1996. 1 Proöm 5 […], Ν λ $ . «[…] besonders aber, aus welchem Grund sie den Krieg gegeneinander begannen.» 2 Van der Veen 1996. Brought to you by | Université de Paris I - Bibliotheque de la Sorbonne Authenticated | 194.214.27.178 Download Date | 8/18/13 8:32 PM

Upload: katrin

Post on 09-Dec-2016

219 views

Category:

Documents


4 download

TRANSCRIPT

Page 1: Πολλὰ ϕρονέοντα μηδενὸς κρατέειν: Herodots Gastmahl des Attaginos (hdt. 9,16) als potentieller Erkenntnisgrund seines historischen Diskurses

16 Katrin Pavlidis

Katrin Pavlidis

P���� φ������ �� ��μ« ������:Herodots Gastmahl des Attaginos (Hdt. 9,16) als potentieller

Erkenntnisgrund seines historischen Diskurses

Herodot lässt sich in seinen Historien, der Darstellung der Perserkriege, von einer Frageleiten: Warum haben sie den Krieg begonnen?1 Minutiös präsentiert er in seinem Werkdie Ergebnisse seiner Forschungen und stellt die Völker, die mit den Persern in Kontaktkamen, in ihrer geographischen Situierung und anhand ihrer kulturellen Eigenheiten vor.Diese sogenannten «Exkurse» können den Umfang eines ganzen Buches annehmen, wieder besonders informationsreiche und sorgfältig gestaltete Ägypten-Diskurs, der das ge-samte Buch 2 umfasst. Pro- und Analepsen durchziehen den Gesamttext und verflechtenzahlreiche Erzählungen und Informationen miteinander. «Unbedeutend» wirkende Bege-benheiten und Entitäten können sich dabei oft im Nachhinein als höchst bedeutend erwei-sen, wie Van der Veen2 es als Leitmotiv der Historien erkennt: Kleine Städte werden groß,der lächelnde Säugling wird zum Tyrannen (Kypselos in Sokles’ Rede 5,92), die Griechenbesiegen die überlegenen Perser. Van der Veens These der «Significance of the Insignifi-cant» wende ich auf eine bislang vernachlässigte, aber wie ich denke höchst signifikanteSzene an. In dem Gastmahl des Attaginos (9,16), das ich auf Grund seiner Kürze hier voll-ständig zitiere, sehe ich eine potentielle mise-en-abyme, anhand derer die Emergenz einesneuen Raumes sichtbar wird, der einen polyphonen und damit kritischen sowie selbstkri-tischen Diskurs ermöglicht.

9,15,4 #E����� � μ� ����� ���� �� ������� #A����« ² �������«$�κ� �����« ��!��"!�����« ������« %����� %�λ '�(�� )�� �M� ����� �λ ���*��� P��!��� ��« ��������"«, ���+���« � �,���-����. .� � μ 9,16,1 �λ���� ���������� %� �*�9�!�. T� � � / � �%�(���� /��"�� ���!�� ��" $� �μ« ��� #O������(�", ���(��" � %« ���� %� #O������ )�. 1φ� � ² ���!� ��« ���+2�� �λ )μ« 3�μ #A-�(��" %�λ μ ������ �5�, ���+2�� � �λ ���(�� Ν� �« ���*���,�( !φ��� �) ���λ« 7����"« �����, $��� P��!�� � �λ ������ %� ��(�9�

Allgemein betrachte ich die Historien als literarisches Werk, in dem ich eine potentielle, mit Hilfe textuellerStrategien umgesetzte Semantisierung des historischen Hintergrundes erkenne, die ich mit narratologischenMitteln sowie rezeptionsästhetisch untersuche. Neuere Forschungsliteratur zu Herodot, die ich dabei sehranregend fand: Baragwanath, E., Motivation and Narrative in Herodotus, N.Y.2008 – die Autorin verfolgt,von Iser ausgehend, ebenfalls einen rezeptionsästhetischen Ansatz; Bichler, R. / R. Rollinger (Hgg.), Hero-dot, Hildesheim 2000 – dort guter Überblick über die Überlieferungs- und Forschungsgeschichte; Derow, P. /R. Parker (Hgg.), Herodotus and his World, Oxford 2003; Van der Veen, J. E., The Significant and the Insig-nificant, Amsterdam 1996.

1 Proöm 5 […], � � Ν�� �λ �’8� :(�� %������!� $��*���!�. «[…] besonders aber, aus welchemGrund sie den Krieg gegeneinander begannen.»

2 Van der Veen 1996.

Brought to you by | Université de Paris I - Bibliotheque de la SorbonneAuthenticated | 194.214.27.178

Download Date | 8/18/13 8:32 PM

Page 2: Πολλὰ ϕρονέοντα μηδενὸς κρατέειν: Herodots Gastmahl des Attaginos (hdt. 9,16) als potentieller Erkenntnisgrund seines historischen Diskurses

Herodots Gastmahl des Attaginos 17

2 7��!9�. ³« � $�μ �(���" .!�, �������� μ� P��!�� μ� ²��������;E��� ���!!� ¹�� �:��!+� )μ� �� ��« %!�, )μ« � 3����(�!+�³« �=� #O��������«. Tμ� � �:����· #E��( �"� ²������?�« � ��� �λ²��!��� �« %�����, �����!"�� �� ��@��« 2« %�2« �����!+� +���, -��λ ����� Ω« )μ« ���λ !���5 ��"����!+� 1�9�« � 3 !"�φ����. ²� )»«���"« ��« ��"����"« P��!« �λ μ� !�μ� μ� %�(����� %�λ )� ��� )�!���� �"������; ���� ����� DF�� G�(��" ��μ« �����" ���+���«G�(��"« ���« �"« ������������"«. T5� � Ϊ� μ� P��!�� ������ 4 �λ ��-���� ����� �� �����. A)μ« � +���!« μ� ����� �:���� ��μ« )��αO)��� M� ��( )� � 5 ����� %!� ������ �λ ��!� ��’%������ %� :�9� %�5!�P��!���; μ� � ��� 5 �:����α J����, Ρ � �� ����!+� %� �5 +��5, $�*�-��� $����F� $�+�@� )�α �) � ��� ��!� ����"!� 5 %+���� ��(+�!+� �) �(«.T5 � P��!��� !"���λ %��!������ 7����+ $���(9� %� � ������.%�+(!� � G ��� [%!λ] �� %� $�+�@���!� L�, ����� φ������ �� ��μ«������. T� ��� �5 #O������(�" ���!�� ��" /��"��, Kλ � � ��μ«����!�, ³« �μ« )(� ����� 5 ��μ« $�+�@��"« ������� ν ����!+�%� P��92!� κ� �����.

Während die Barbaren diese Mühe hatten, ließ Attaginos, der Sohn des Phrynon, einThebaner, großartig vorbereiten und benannte als Gäste für sein Mahl Mardonios selbstund die fünfzig Angesehensten unter den Persern. Sie folgten der Einladung. Das Mahlwurde in Theben veranstaltet. Das folgende Weitere hörte ich von Thersandros3, einemOrchomenier und in Orchomenos höchst angesehenen Mann. Dieser Thersandros sagte,auch er selbst sei von Attaginos zu diesem Mahl geladen worden, ebenso fünfzig Theba-ner, und von ihnen habe nicht jeder separat gelegen, sondern je ein Perser und ein The-baner auf einer Kline. Als sie die Mahlzeit beendet hatten, habe, während sie tranken, seinpersischer Klinennachbar in griechischer Sprache gefragt, woher er sei, und er habe ge-antwortet, er sei Orchomenier. Der aber habe gesagt: «Da du nun am gleichen Tisch ge-speist und das gleiche Opfer dargebracht hast, möchte ich dir ein Mahnmal meiner Mei-nung hinterlassen, damit du selbst Vorteilhaftes für dich planen kannst. Siehst du diesehier, die speisenden Perser und das Heer, das wir im Lager am Fluss zurückgelassen ha-ben? Von allen diesen wirst du, wenn nur wenig Zeit vorübergegangen ist, nur noch we-nige als Überlebende sehen.» Das habe der Perser gesagt und zugleich viele Tränen fließenlassen. Er selbst aber habe sich über die Rede gewundert und ihm erwidert: «Muss dasnicht Mardonios und denjenigen Persern, die mit ihm die Verantwortung tragen, mitge-teilt werden?» Darauf er: «Gastfreund, was ein Gott bestimmt hat, das abzuwenden feh-len dem Menschen die Mittel. Denn auch denen, die Glaubwürdiges sagen, will nichteiner glauben. Obwohl zahlreiche Perser das wissen, folgen wir, vom Zwang gebunden.Schlimmster Schmerz aber für den Menschen ist jener: vieles zu wissen, über nichts da-von aber Macht auszuüben.» Das hörte ich von dem Orchomenier Thersandros und Fol-gendes außerdem, er habe das selbst sofort den Menschen erzählt, noch bevor sich dieSchlacht bei Plataiai ereignete.

3 Die übrigen Quellen: 2,55: Priesterinnen in Dodona (Promeneia, Timarete, Nikandra), 3,55: Archias, 4,76:Tymnes.

Brought to you by | Université de Paris I - Bibliotheque de la SorbonneAuthenticated | 194.214.27.178

Download Date | 8/18/13 8:32 PM

Page 3: Πολλὰ ϕρονέοντα μηδενὸς κρατέειν: Herodots Gastmahl des Attaginos (hdt. 9,16) als potentieller Erkenntnisgrund seines historischen Diskurses

18 Katrin Pavlidis

Das Gastmahl des Attaginos – Vorüberlegungen

Herodot verlässt in 9,15,4 die Vorbereitungen der persischen Soldaten, die vor Theben ihrLager errichten, und schwächt sie zum bloßen Hintergrund für das im Folgenden Thema-tisierte ab. Im Anschluss an das Gastmahl knüpft er in 9,17 bemerkenswerterweise kom-mentarlos und ohne Hinweis auf etwaige Konsequenzen dieser Begegnung inhaltlich anden Ausgangspunkt, die Maßnahmen der Perser vor der großen Schlacht von Plataiai, an.

Mit diesem Stilmittel erzeugt er den Eindruck einer Singularisierung der Szene, sie istdem Kontext enthoben. In der Poetik bezeichnet Aristoteles eine solch isoliert stehendeErzählung als «epeisodisch»4 und urteilt: R ��� ���!μ� ν �κ ���!μ� �� �� �����%�( ����, �) �� ������ �5 Ρ��" %!(�.5 Nach dessen Kriterien dürfte das Gastmahldes Attaginos nicht als Teil der Historien zu betrachten sein, denn in der Oberflächenstruk-tur des Textes ergibt eine Suspension desselben keine Divergenz, weder im narrativen Ab-lauf der Historien noch im realen Verlauf der Perserkriege. Auch wenn Aristoteles seinWerk erst im 4. Jh. v. Chr. verfasste, seine Maßstäbe also nicht uneingeschränkt auf ein Ge-schichtswerk des 5. Jh. v. Chr. anwendbar sind, muss man sich dennoch fragen, was Hero-dot durch die Erwähnung dieser Begebenheit für seine Historien gewinnt. Die Äußerungendes Persers dienen nicht dem Verständnis des Textes, die Szene liefert kein Hintergrund-wissen, wie es die sogenannten «Exkurse» der Historien ansonsten zu tun beabsichtigen.Auch kommt Herodot im Weiteren nicht mehr auf diese Szene oder ihre Protagonisten zusprechen. Der Perser stellt Thersandros eine Verbesserung seines Urteilsvermögens in Aus-sicht, und der Orchomenier ist noch nach Jahren in der Lage, Herodot von dieser Begeg-nung zu erzählen. Es lässt sich daher vermuten, dass zumindest das Verhalten dieses Rezi-pienten von den Worten des Persers nicht unbeeinflusst blieb. Formal kommt hinzu, dassdie sorgfältige Komposition sowie der Wechsel des Erzählmodus von erzählter Rede zu di-rekter Rede und die damit verknüpfte Verlangsamung der Erzählgeschwindigkeit, einewichtige Perzeption auf höherer, reflexiver Ebene versprechen.

In der Gestalt des Thersandros, der im Anschluss an das Gastmahl des Attaginos denSchauplatz verlässt, figuriert Herodot, wie sich der Inhalt der Aussage von dem eigent-lichen Geschehen abspaltet und eigene Wege geht. Unabhängig von dem oberflächlichenEreignis Perserkriege erreicht dieser Inhalt den Rezipienten der Historien. Er scheint sichauf gewisse Weise von den Perserkriegen emanzipiert zu haben und so auch außerhalb die-ser konkreten Situation von Bedeutung zu sein. Es stellt sich nun die Frage, was genau derOrchomenier noch vor der Schlacht «an die Menschen» weitergibt und woraus der Rezi-pient, zunächst einmal Thersandros, nicht zuletzt aber auch der reale Rezipient, etwas ge-winnen kann – aus dem konkreten Inhalt oder der Rezeptionssituation an sich, die hier be-sondere Betonung erfährt. Erstaunlicherweise ist eine eindeutige Beantwortung nichtmöglich und, wie ich denke und zeigen werde, nicht intendiert. Daher kann ich mich derBeantwortung dieser Frage nur annähern, indem ich die Szene unter verschiedenen Ge-sichtspunkten untersuche.

4 Aristot. Poet. 1451b: mit «epeisodisch» bezeichnet er, im Gegensatz zu kausalen Verkettungen, demDurch-einander, reines Nach-einander.

5 Aristot. Poet. 1451a, 8,35: «Das, dessen Anwesenheit oder Abwesenheit nichts offensichtliches bewirkt, istkein Teil des Ganzen.»

Brought to you by | Université de Paris I - Bibliotheque de la SorbonneAuthenticated | 194.214.27.178

Download Date | 8/18/13 8:32 PM

Page 4: Πολλὰ ϕρονέοντα μηδενὸς κρατέειν: Herodots Gastmahl des Attaginos (hdt. 9,16) als potentieller Erkenntnisgrund seines historischen Diskurses

Herodots Gastmahl des Attaginos 19

Eine Besonderheit des Gastmahls ist (1) seine chronologische Position im Gesamtwerksowie seine narratologische Verknüpfung mit der Rahmenhandlung; mit diesen Punktenwerde ich mich zunächst beschäftigen. Es schließt sich (2) eine Untersuchung der Spre-cherverteilung an, die ich in Parallele zu Bachtins Konzept der Polyphonie setze. Damit be-rühre ich bereits die höhere, reflexive Ebene, die ich hier und im Gesamtwerk sehe. Da He-rodot sich besonders auffallend involviert, werde ich (3) untersuchen, ob diese pointierteErzählung als mise-en-abyme zu deuten sein könnte. Die Historien wollen Wissen vermit-teln. Der Perser nun wirft die Frage auf, ob Wissen und Diskurs Macht besitzen. DieserFrage nähere ich mich (4) mit foucaultschen Begriffen. Als grundlegend für die Macht desgeforderten Diskurses wird sich eine aufgeklärte, kritische Haltung überkommenen Urtei-len gegenüber herausstellen. Herodot führt den Rezipienten zu einer solchen Haltung,(5) indem er das, was vertraut, beziehungsweise Vertrautem ähnlich erscheint, durch un-merkliche Diskrepanzen als in Wirklichkeit unähnlich herausstellt. Fremdes dagegen, ins-besondere der Perser, weist hier Ähnlichkeiten auf. Seine Worte werde ich abschließend(6) detailliert analysieren, insbesondere die Aussage, die ich in den Titel meines Beitragesaufgenommen habe, und in der Macht und Wissen in auffällige Nähe, gar Reziprozität ge-bracht werden.

1. Chronologische Position und narratologische Verknüpfungmit dem Gesamtwerk

Chronologisch betrachtet ordnet Herodot das Gastmahl des Attaginos an die ihm zu-kommende Position. Dem Rezipienten ist bewusst, dass er sich mit der bevorstehendenEntscheidungsschlacht von Plataiai an einem Wendepunkt der Geschichte befindet. Inden vorausgehenden Büchern 1–8 hat Herodot uns über die Kultur aller Parteien wieauch über grundlegende Konflikte unterrichtet und die Kriegsvorbereitungen auf beidenSeiten geschildert, die auf ein ungleiches Machtverhältnis zugunsten der Perser deuten.Das thematisierte Gastmahl als retardierendes und damit spannungssteigerndes Elementfindet buchstäblich am Vorabend des entscheidenden Kampfes, der Schlacht von Plataiaistatt.

Narratologisch verknüpft Herodot diese Szene mit der umgebenden Erzählung odervielmehr reißt er sie heraus, indem er von den Persern, die das militärische Lager vor The-ben aufschlagen, mit Hilfe einer externen Prolepse einen Sprung in die Gegenwart seinerForschung hinein macht. Hier präsentiert er dem Rezipienten namentlich die Quelle seinesWissens, erwähnt die Vaterstadt sowie das hohe Ansehen seines Gesprächspartners undspringt dann mit einer externen Analepse in die Gegenwart der Perserkriege zurück. Damitunterbricht er die seit 8,140 aufrechterhaltene lineare Chronologie.6 Zudem bringt er sichselbst als Person und Thersandros als Erzähler stark in den Vordergrund, so dass auch dieNullfokalisierung an dieser Stelle eine Unterbrechung findet. Herodot versetzt uns aufdiese Weise in die vergangene Gegenwart seiner Forschung und erinnert uns an den Statusseines Werkes als literarisches Produkt dieser Forschung. Konnten wir bis zu dieser Stelle

6 In 8,137–139 Genealogie-Angabe des Makedonen Alexandros, der von Mardonios nach Athen gesendetwird.

Brought to you by | Université de Paris I - Bibliotheque de la SorbonneAuthenticated | 194.214.27.178

Download Date | 8/18/13 8:32 PM

Page 5: Πολλὰ ϕρονέοντα μηδενὸς κρατέειν: Herodots Gastmahl des Attaginos (hdt. 9,16) als potentieller Erkenntnisgrund seines historischen Diskurses

20 Katrin Pavlidis

das Geschehen gedanklich «miterleben», wird uns hier erneut bewusst, dass alles der Federund der Erinnerung Herodots entstammt. Die Rezipienten werden auf die zeitliche Distanzaufmerksam gemacht, die allein mit Hilfe des internen Erzählers Thersandros überwundenwird. Er ist gerade nicht nur eine von vielen Figuren der Historien, sondern er ist eine na-mentlich genannte und als Orchomenier geographisch verortete Quelle, ein Zeitzeuge, vondem Herodot Informationen aus erster Hand erhalten konnte. Durch diesen Kontakt miteinem Zeitzeugen, also jemandem, für den die Grenze zwischen individuellem Gedächtnisund historischer Vergangenheit nicht an gleicher Stelle wie die des Rezipienten liegt, er-möglicht es Herodot uns, unsere eigene zeitliche Limitierung durch die Teilhabe an dessenErinnerung zu überwinden. Bemerkenswert ist nun, wie Herodot diese Erinnerung ver-mittelt.

1φ� � ² ���!� ��« […] μ� P��!�� […] �:��!+� […]:7 dieser Satz, mit demHerodot wiedergibt, was er selbst gehört hat (/��"��), transponiert die transponierteFrage des Persers und verdeutlicht die synchrone Präsenz dreier Sprecher: die des Herodot,des Thersandros und des anonymen Persers. Eine Verschmelzung der Identitäten im Be-wusstsein des Rezipienten ist wegen dieser Verflechtung sowie der damit zusammenhän-genden Okkupierung der Worte des jeweiligen Senders durch seinen oder seine Empfängernicht unwahrscheinlich. Der direkte Adressat dieses Berichtes, Herodot selbst, befindetsich an diesem Angelpunkt zwischen der Vergangenheit der Perserkriege und seiner eige-nen Gegenwart sowohl als homodiegetischer Erzähler auf von dem Gastmahl aus gesehenextradiegetischer wie auch als figuraler Rezipient mit dementsprechend interner Fokalisie-rung der Rahmenhandlung auf intradiegetischer Ebene. Etwas weiteres bringt Herodot indie Nähe der Protagonisten dieser Szene. Nach der als captatio benevolentiae formuliertenProtasis,8 in der der Perser sinngemäß auf die kulturelle und sprachliche Annäherung auf-merksam macht und darauf, dass er seinem Klinennachbarn etwas Nützliches hinterlassenmöchte, leitet der Perser seine Apodosis mit der Frage ²� )»« (siehst du?) ein. Wie Herodotselbst sein Werk im Proöm als $�� �'�« ¹!��(�«9 bezeichnet, wörtlich also als ein Zeigendessen, was er «gesehen» hat, verweist auch die Figur dieser Szene auf etwas, das es zu se-hen gilt. Als Movens übernimmt der Perser aktiv die Initiative, indem er den Orchomenieranspricht und sein «Wollen» artikuliert, ein Mahnmal zu hinterlassen.10 Thersandros, alsVerbindungsglied Sprecher auf meta- und intradiegetischer Ebene, empfängt einerseits pas-siv diese Worte, macht aber mit seiner Gegenfrage auf eine Aktionsmöglichkeit aufmerk-sam und übernimmt im Anschluss an das Gastmahl «sofort» und noch vor der eigentlichenSchlacht aktiv selbst die Initiative. In der Person Herodots vereinen sich ebenso wie in demPerser und in Thersandros beide genera verbi: er rezipiert das Wissen und reicht es an unsweiter. Eine Frage (�:��!+�) und ein Wollen (+���) motivieren senderseitig den Dialog.Empfängerseitiges Staunen (+���!«) und eine Gegenfrage (O)��� […] ����� %!�[…]) aber ermöglichen durch Interessensbekundung einen neuen Diskurs, eine neue Sicht-weise der Dinge. Herodot führt uns in Abhebung zu den misslungenen Kommunikations-

7 «Dieser Thersandros aber erzählte [mir, also Herodot], der Perser habe […] gesagt […].»8 Ich werde auf die Qualität seiner Äußerungen weiter unten, S. 30 f., zurückkommen.9 Etymologische Herleitung des Begriffs «Historie» vom Stamm F� -, sehen.

10 ���� 9,16,2.22.

Brought to you by | Université de Paris I - Bibliotheque de la SorbonneAuthenticated | 194.214.27.178

Download Date | 8/18/13 8:32 PM

Page 6: Πολλὰ ϕρονέοντα μηδενὸς κρατέειν: Herodots Gastmahl des Attaginos (hdt. 9,16) als potentieller Erkenntnisgrund seines historischen Diskurses

Herodots Gastmahl des Attaginos 21

akten, denen wir in seinen Historien begegnen,11 das Erzeugen wirklicher, gleichberechtig-ter Kommunikation vor Augen, mit deren Hilfe neue Erkenntnisse gewonnen werdenkönnen. Allein diese gleichberechtigte und aktive Art des Diskurses, für die bereitwilligesRezipieren und adäquates Reagieren unabdingbar sind, ermöglicht es, sich von einem un-hinterfragten Diskurs, der zu Feindschaft, Krieg und Niederlage führt, zu entfernen, umnicht mehr als Wissender machtlos zu bleiben, sondern im Gegenteil, durch Überzeu-gungsarbeit oder zumindest Kommunikationsbereitschaft «vieles» zu bewirken (�����φ������ «������» ������).12 Herodot demonstriert uns das Lebenspotential desDiskurses, indem die Worte des Persers über Thersandros und Herodot uns erreichen. Mitder Figur des Persers liefert Herodot eine Erklärung für die Emergenz eines neuen Dis-kursraums, der seinem eigenen Werk, den Historien, zugrunde liegt und den er auch unseröffnet.

Wir sehen, wie Herodot auf diese von ihrem Wortumfang her kleine, leicht zu über-lesende Stelle geradezu hinzuweisen scheint: Er knüpft sie stark an seine eigene Person unddie Tätigkeit seiner Forschung, hebt sie von dem umgebenden Text durch Wechsel derFokalisierung sowie zeitliche Sprünge ab und bringt drei distinkte Sprecher durch Konzen-trizität, in deren Fokus der Perser steht, in eine so starke Nähe, dass sie sich beinahe in derPerson Herodot, dem Empfänger, zu vereinen scheinen. Zugleich ist Herodot Sender. DieWorte des Persers ziehen also weitere Kreise und dringen so in vorhandene Diskursräumeein, um sie potentiell zu modifizieren oder neue zu schaffen.

Ich werde mich nun mit den Implikationen dieser besonderen Konfiguration und Dia-loggestaltung im Hinblick auf die Emergenz eines neuen Diskursraums befassen.

2. Polyphonie

«To be means to communicate dialogically. When dialogue ends, everything ends.»13 Bach-tins sprachphilosophisches Konzept der Polyphonie, das er im Zuge seiner Auseinander-setzung mit der Literatur Dostojewskis entwickelt hat, schärft den Blick auf die Optioneines literarischen Werkes, mit Hilfe seiner Akteure nicht eine einheitliche Botschaftvermitteln zu müssen. Vielmehr kann ein solches Werk die Intention verfolgen, auf dieHeteroglossie oder auch Kakophonie des zeitgenössischen Diskurses zu verweisen. InDostojewskis Romanen, so stellt Bachtin fest,14 stehen, im Gegensatz zu sogenannten mo-nologischen Werken, gleichberechtigte Stimmen nebeneinander und neben der Stimme desAutors. Letzterer geriert sich dabei als Beobachter. Dies darf nicht als Aufforderung zu In-differenz gedeutet werden. Denn im Gegenteil kann nur eine solche dialogische und dia-lektische Art zu schreiben der Idee «der dynamisch-konkreten Wechselwirkung der Be-

11 Das erste Beispiel einer langen Reihe bietet im ersten Buch der Lyderkönig Kroisos, der das delphischeOrakel zu seinen Gunsten auslegt und damit seinen Niedergang heraufbeschwört. In 1,91,4 macht dieStimme des Orakels ihn explizit auf die misslungene Kommunikation aufmerksam: «Er hätte vorsichtigsein und noch einmal jemanden senden sollen, um zu fragen, wessen Herrschaft gemeint war: die eigeneoder die des Kyros.»

12 Meine Ersetzung des Antonyms �� ��μ«.13 Bachtin, nach Gardiner 1992, 25.14 Bachtin 1971, 10 f.

Brought to you by | Université de Paris I - Bibliotheque de la SorbonneAuthenticated | 194.214.27.178

Download Date | 8/18/13 8:32 PM

Page 7: Πολλὰ ϕρονέοντα μηδενὸς κρατέειν: Herodots Gastmahl des Attaginos (hdt. 9,16) als potentieller Erkenntnisgrund seines historischen Diskurses

22 Katrin Pavlidis

wusstseine»15 gerecht werden. Es entspricht der Erzählweise Dostojewskis, «ein fremdes«Ich» nicht als Objekt, sondern als anderes Subjekt anzuerkennen».16 Eine ähnliche Inten-tion, die Bedeutung von Heteroglossie herauszustellen, sie in einem neuen Diskursraum zuermöglichen und zu einer solchen aufzufordern, lässt sich in Herodots Darstellung desattaginischen Gastmahls und hiervon ausgehend in seinem Gesamtwerk ausmachen, mitdem er sich fortbewegt von einer monologischen, nach Nietzsche «monumentalisch» ge-nannten Historie, für die eine Reduktion der Geschichte auf Taten und Leistungen einzel-ner Subjekte kennzeichnend ist, hin zu einer kritischen Historie,17die Überkommenes undZwangsläufigkeiten hinterfragt.

Herodot tritt mit dem ersten Satz der Historien, in dem er sein Werk als $�� �'�« be-zeichnet,18 als ein Handeln, das letztendlich erst durch eine Reaktion, ein Empfangen Voll-ständigkeit erlangen kann, in einen eindeutigen Dialog mit dem Rezipienten, dem er die Er-gebnisse seines Forschens präsentieren möchte. In Ablehnung monologischer Weltsichterklärt er es explizit als sein Ziel, alle Stimmen, denen er begegnen konnte, zu Wort kom-men zu lassen und entscheidet sich im weiteren Verlauf höchst selten autoritär gegen eineVersion einer Geschichte.19 Vielmehr lässt er sie häufig, dem Ideal der bachtinschen Dialo-gizität entsprechend, unkommentiert neben anderen stehen und bewirkt so, dass sie imMedium Rezipient miteinander und mit dem Rezipienten selbst kommunizieren. Der Leserfühlt sich unweigerlich aufgefordert, innerlich Stellung zu nehmen und somit in einen Dia-log einzutreten. Dies verleiht dem Werk Herodots eine dynamische Komponente. Der Le-ser empfängt nicht passiv, sondern beteiligt sich aktiv am Dialog. Diese Mehrstimmigkeit,in die er die Stimme des Rezipienten einbezieht, ist es, die den neuen Diskursraum formtund einen kognitiven Mehrwert des Gesamtwerks verspricht. Interessiertes Aufnehmenund motiviertes Wiedergeben von gleichberechtigten Stimmen präsentiert uns das Gast-mahl des Attaginos in komprimierter Form.

3. Das Gastmahl als mise-en-abyme

Herodot führt uns mit dem attaginischen Gastmahl seine eigene Rezeptionsleistung vorAugen und bringt sich als Person stark in den Vordergrund. Er rezipiert die Wiedergabe derWorte eines anonymen Persers, der im Grunde genommen fehlende Rezeption beklagt.Auch ein literarisches Werk wie die Historien kann eigentliche Existenz erst erlangen, wennes rezipiert wird. Es liegt daher nahe, bei der Thematisierung einer Rezeptionssituationauch an Herodot als Sender einer Botschaft zu denken und die Möglichkeit einer mise-en-abyme zu untersuchen.

15 Bachtin 1971, 14.16 Bachtin 1971, 14.17 Nach White 1985, 26, der sich dort auf Nietzsche 1984, 21 f. bezieht; er betont, dass die geforderte Neu-

tralität des Historikers nicht möglich ist.18 S. oben S. 20 und Fußnote 9.19 2,123 T��!� ��� �"� 3�’A:�"�(�� ���������!� ���!+� Ρ� )� � ��5 ��+�� %!�. %��λ �

��� ��� μ� ����� 3������ Ρ� � ������� 3�’7��!�� $��92 ���φ�. «Diese Erzählungender Ägypter mag annehmen, wem sie glaubhaft erscheinen. Meine Aufgabe aber ist es, die Erzählungenjedes Einzelnen, von dem ich hörte, niederzuschreiben.»

Brought to you by | Université de Paris I - Bibliotheque de la SorbonneAuthenticated | 194.214.27.178

Download Date | 8/18/13 8:32 PM

Page 8: Πολλὰ ϕρονέοντα μηδενὸς κρατέειν: Herodots Gastmahl des Attaginos (hdt. 9,16) als potentieller Erkenntnisgrund seines historischen Diskurses

Herodots Gastmahl des Attaginos 23

Durch den vorliegenden dreifach konzentrischen Kommunikationsakt20 haben wir fol-gende inhaltliche Verschränkung vor uns: Wir rezipieren die Rezeption (des Herodot)einer Rezeption (des Thersandros). Zudem wird letztgenannte, im Fokus stehende Re-zeption explizit in Opposition zu einer Rezeptionshaltung gebracht, die sich weigert zu«glauben».21 Wir bekommen als Leser zwei kontrastive Tendenzen vorgeführt: Verweige-rung in Gestalt des Mardonios und Interesse, vertreten von Thersandros und Herodot.22

Mardonios fällt kurz darauf im Kampf. Der Orchomenier und der Autor der Historienaber leben. Der Perser fordert Thersandros auf zu sehen. Es sind seine Augen, durch diewir, die Rezipienten der Historien, die Szene betrachten. So gilt die Frage «siehst du?» imGrunde uns. Suggestiv leitet uns der Text an dieser Stelle also in eine bestimmte Rich-tung, nämlich in Richtung auf ein interessiertes und produktives Rezipieren. Herodotführt uns so in einer Art «Spiegelung», mit der er seine eigene, kommunikativ forschendeund vermittelnde, Tätigkeit innerhalb eines für einen griechischen Angehörigen der Elitevertrauten Settings, eines Gastmahles,23 in sein Werk hinein reflektiert, diskursiv ein Idealvor Augen, das Ideal des interessierten und aktiven Rezipienten. Laut Dällenbach24 wirdeine mise-en-abyme vorzugsweise deshalb in den Text integriert, weil der Autor befürch-tet, der Rezipient könne den Text nicht in der gewünschten Weise verstehen. Im Fall desGastmahls wird die mise-en-abyme durch die besonders starke Dominanz der Oberflä-chenstruktur geradezu erforderlich. Herodots Historien behandeln die Geschichte derPerserkriege. Mit dieser Erwartung geht der Leser an das Werk heran, seine Rezeptionwird von dieser Erwartungshaltung bestimmt. Der Blick auf eine Tiefenstruktur, einemögliche Semantisierung des historischen Hintergrundes, kann hierdurch von vornhe-rein verstellt sein. Einleitend zu dem Gastmahl aber abstrahiert Herodot von dieserOberfläche durch den kontrastiv gebrauchten Genitivus absolutus, mit dem er das zeit-gleiche Handeln der sich lagernden und eine Schutzwehr errichtenden persischen Solda-ten bezeichnet.25 Die Kriegsvorbereitungen werden damit zu einer rein kontextuellen An-gabe degradiert, was den Fokus verstärkt auf die Gesprächssituation und die Tiefe derÄußerungen legt. Herodot verlagert auf diese Weise den Krieg in der Wahrnehmung desRezipienten in den Hintergrund und macht den Diskurs an sich zum Thema. So schaffter eine Art Enklave, einen Raum, in dem es möglich wird, Normen und Konventionenzu modifizieren oder zumindest zu hinterfragen. Ähnliche Modifikationsmöglichkeitenbieten sich auch in anderen Szenen der Historien, in denen Herodot jeweils einen ähnlich

20 Herodot – Thersandros – Perser – Thersandros – Herodot.21 9,16,4 �) � ��� ��!� ����"!� %+���� ��(+�!+� �) �(«.22 Und scheinbar auch von uns, denn sonst hätten wir das Werk nicht bis zu dieser späten Stelle rezipiert.23 Das als Genre in den Historien allgemein eher negativ konnotiert ist und in fast allen Fällen in einer gewis-

sen Assoziation mit dem Tod steht: 1,106 Mahl des Kyaxares; 1,119 Mahl des Astyages; 3,11 Kinder desPhanes, deren Blut in Mischgefäßen, einem typischen Attribut des griechischen Gastmahls, zwischen daspersische und das ägyptische Heer gestellt wird; 4,73 skythisches Mahl für verstorbene Freunde; 4,95 Mahldes Salmoxis; 5,18–20 Mahl des Amyntas; 7,27 Mahl des Pythios mit unerwarteter Wendung in 7,38 f.;9,110 f. Mahl des Xerxes; nur entfernt dagegen haben 7,125, das Mahl des Hydarnes und 9,92, das insze-nierte Mahl des Pausanias, mit dem Tod zu tun.

24 Dällenbach 1980, 414.25 9,15,4: #E����� � μ� ����� �5�� �� �������, bzw. 9,17,1 M� ��(�" � %� 92 B���(9�

!���� �"�����".

Brought to you by | Université de Paris I - Bibliotheque de la SorbonneAuthenticated | 194.214.27.178

Download Date | 8/18/13 8:32 PM

Page 9: Πολλὰ ϕρονέοντα μηδενὸς κρατέειν: Herodots Gastmahl des Attaginos (hdt. 9,16) als potentieller Erkenntnisgrund seines historischen Diskurses

24 Katrin Pavlidis

privaten Rahmen schafft, in dem über das weitere, in jenen Fällen konkrete, Vorgehen be-raten wird.26

In Form einer mise-en-abyme, einer Spiegelung seiner realen, den Dialog suchenden Tä-tigkeit im Handeln des Persers und des Thersandros, erinnert Herodot uns Leser an unsereRolle als Dialogpartner des Autors, denen ein bestimmter, im Folgenden zu konkretisie-render Diskursraum eröffnet werden soll.

4. Macht und Diskurs

Unter Diskurs verstehe ich, grob formuliert, eine Denkweise, eine Art, ein gegebenesThema zu betrachten und zu beurteilen, die in einer Epoche, einer Gesellschaft oder auchnur einer Gruppierung innerhalb dieser Gesellschaft vorherrschend und allgemein akzep-tiert ist, sei es aus Überzeugung, Gewohnheit oder auch Zwang. Für Foucault «[fügensich] Macht und Wissen im Diskurs ineinander».27 Die Macht wird produktiv – und daherin Foucaults Sinn nicht generell negativ – zu einer neuen Quelle des Wissens. In Abwand-lung des Bacon zugeschriebenen Sprichwortes «Wissen ist Macht», sind für Foucault Wis-sen und Macht keine Synonyme, sondern stehen reziprok zueinander.28 In Herodots Werklässt sich ähnliches beobachten: es gibt kein Wissen vor allen Machtbeziehungen – in denHistorien sind es besonders die nichtgriechischen Herrscher,29 die Wissen anstreben, Wis-sen über ihre Gegner und Verbündete. Darauf stützen sie ihre Macht. Umgekehrt gibt eskeine Macht ohne Wissen. Insbesondere der Diskurs über vergangene Ereignisse ist in die-sem Sinne mit der Macht verknüpft, denn er resultiert aus ideologischen Vorstellungen, dieer affirmieren soll, und in ideologischen Vorstellungen, die Vorrechte in der Vergangenheitverwurzeln wollen.30 Mit der %�+(!� G ��� beklagt der Perser sein machtloses Wissen.Herodot möchte diesem Schicksal und der damit verknüpften fatalistischen Tendenz ent-gegenwirken.

Da nun also erstens in den Historien auffällig betont wird, dass Macht und Wissen einan-der bedingen, und da zweitens Herodot Wissen angestrebt und erworben hat und es an unsweiterreicht, muss man davon ausgehen, dass auch ihm an einer gewissen «Macht» gelegenwar. Dabei meine ich nicht Herrschergewalt, sondern, so geht aus den Worten des Persershervor: -� ����� Ω« … 1�9�« � !"�φ���� ��"����!+�, anders formuliert, geht esihm um die Macht, sich für ein bestimmtes Verhalten, für eine bestimmte Denkweise, füreinen bestimmten Diskursraum frei entscheiden zu können. Herodot stellt uns in seinenHistorien zahlreiche divergierende Diskursräume vor und weicht dabei in seinem Tenor von

26 Zahlreiche Beispiele finden sich in den Historien, exemplarisch verweise ich nur auf den Rat des Kroisos anKyros in 1,89, die Verfassungsdebatte (7,5–19) sowie das Gespräch zwischen Xerxes und Demaratos(7,101–105).

27 Foucault 1977, 122.28 Foucault 2005, 521–555; hier befasst sich Foucault mit der Aufklärung und der Reflexion über Normen im

Werk bedeutender Philosophen.29 Kroisos (1,56) bemüht sich, zu erforschen (¹!�����), wer die Mächtigsten unter den Griechen seien;

7,101: Xerxes erkundigt sich bei Demaratos über die Griechen und deren Kampfkraft; die persischen Herr-scher haben Berater und berufen Versammlungen ein, um sich eine Meinung zu bilden, bzw. sich ihre Mei-nung bestätigen zu lassen.

30 In der Archäologie des Wissens beschreibt Foucault die Geschichte als «Anwendung einer dokumentari-schen Materialität, die in jeder Gesellschaft Formen der Remanenz bietet.» (Foucault 1981, 15).

Brought to you by | Université de Paris I - Bibliotheque de la SorbonneAuthenticated | 194.214.27.178

Download Date | 8/18/13 8:32 PM

Page 10: Πολλὰ ϕρονέοντα μηδενὸς κρατέειν: Herodots Gastmahl des Attaginos (hdt. 9,16) als potentieller Erkenntnisgrund seines historischen Diskurses

Herodots Gastmahl des Attaginos 25

dem öffentlich propagierten Diskurs, wie er sich uns in bildlichen und lyrischen Darstel-lungen präsentiert, ab. Die Historien könnten daher in ihrer Tiefe als «darstellender Gegen-diskurs» bezeichnet werden. Ein Gegendiskurs stellt das kollektive Wissen in Frage, undzeigt die Beliebigkeit von Normen auf. Gerade diese Beliebigkeit ist es, auf die Herodot unsan zahlreichen Stellen hinweist.31 Er nutzt die Macht seines Diskurses und verleiht deneneine Stimme, die im abgrenzenden Diskurs32 zum Stummsein verdammt sind – in diesemFall Frauen, Kindern, Sklaven, aber auch den Persern. Der Perser im Gastmahl passt sichgriechischen Normen an, ohne offensichtlich damit persischen Normen zu widersprechen.Dieses Offensein, diese Toleranz ist es, die einen neuen Diskursraum ermöglicht, einenRaum, der sich «gegen» einen abgrenzenden Diskurs somit als «Gegendiskurs» wendet. Esgilt nun zunächst zu untersuchen, ob und inwiefern die Historien von anderen zeitgenössi-schen Diskursformen abweichen und möglicherweise einen Beitrag zur zeitgenössischenNomos-Debatte leisten.

Die Perser werden in der bildenden Kunst Griechenlands ebenso wie in denjenigen lyri-schen Texten und Epitaphioi logoi, die auf uns gekommen sind, zu Herodots Zeit noch alsanonymer, homogener Typus zugunsten der Repräsentation eigener Macht und der Legi-timation eigener Machtansprüche instrumentalisiert.33 Bildlichen Darstellungen und enko-miastischen Texten dienen die Perser in idealisierter Darstellungsweise als punktuelle Me-tapher, als Folie, auf die man Krieg, Feindschaft, autoritäres Gehabe allgemein projizierenkann. Ein solches autoritäres Gehabe wird in der Entstehungszeit der Historien, vor undwährend der Peloponnesischen Kriege, insbesondere Athen aufgrund seiner Vormachtstel-lung im Delisch-Attischen Seebund zum Vorwurf gemacht. Da wir aus der Gesamtheit derintendierten griechischen Rezipienten nicht zuletzt anhand der erhaltenen attischen Tragö-dien und Komödien des 5. Jh. v. Chr. allein über die Polis Athen besonders gut informiertsind, können wir uns somit nur beispielhaft jenem internen Diskursraum annähern.

Der attische Dramendichter leistet mit seinem Werk einen Beitrag zum Diskurs überzeitgenössische, innergriechische Fragen.34 Am Beispiel der M��*�" Ϊ��!�«35 des Phry-

31 Explizit in 3,38: %��%'!+� […] ����"« ��« ���(!�"« %� �� ����� ����� […] 7��(�U�!�� ��« ��"��. «Könnten die Völker sich aus allen Gesetzen der Welt die besten wählen […],würde jeder die eigenen wählen», �L� ���(?�"!� ������ � ���(!�"« ��« 7�"�� ����"« U�!-�� �ρ��. «So hält jedes einzelne Volk bei weitem die eigenen Gesetze für die besten.» Mit anderen Wor-ten: Kein Volk ist einem anderen aufgrund seiner Sitten überlegen.

32 Foucault 1999, 27.33 Nur in der Beschreibung des Pausanias (Paus. 1,15) überlieferter Gemäldezyklus in der Stoa Poikile; Fries

des Nike-Tempels, beides Athen. Mit griechischen Historienbildern setzt sich insbesondere T. Hölscherauseinander. Zur politischen/ideologischen Funktionalisierung von Votiven und bildlichen Darstellungens. ebenfalls T. Hölscher, F. Felten, W. Gauer. Für literarische Beispiele s. Kierdorf.

34 Der funktionsgeschichtliche sowie der kulturwissenschaftliche Ansatz zur Deutung des attischen Theaterswerden in der klassischen Philologie seit dem Ende der 1980er Jahre, aufbauend auf den Arbeiten vonJ.-P. Vernant / P. Vidal-Naquet, Ch. Meier sowie F. Zeitlin, verstärkt diskutiert. Dabei sollte der Aspektdes demokratischen Hintergrundes nicht allzu stark gemacht werden, wie Rhodes betont, der (Rhodes2003, 107 Anm. 18) auf die Erwähnung tragischer Chöre im tyrannischen Sikyon in Hdt. 5,67 verweist.Die Tragödie propagiert kein politisches System, sondern regt zum Nachdenken über Wertvorstellungenan, die das menschliche Zusammenleben prägen. Die Frösche des Aristophanes machen die didaktische unddamit innenpolitische Funktion des Dramendichters geradezu explizit. V.1054f: ��« ��� ��� �� �(��-!�� 1!� � �!���« Ρ!�« φ��?��, ��!�� # π��!� ����(. «Denn den Kindern rät der Lehrer, denjungen Männern aber [raten] die Dichter.» V.1418ff: %�Ω �2�+�� %�λ ����*�. �5 �����; -�# π ����«!�+��! ��« �����« Ν�9�. ²�����« �σ� ω� 92 ����� �����!9� �»���� � ���!��, �5��

Brought to you by | Université de Paris I - Bibliotheque de la SorbonneAuthenticated | 194.214.27.178

Download Date | 8/18/13 8:32 PM

Page 11: Πολλὰ ϕρονέοντα μηδενὸς κρατέειν: Herodots Gastmahl des Attaginos (hdt. 9,16) als potentieller Erkenntnisgrund seines historischen Diskurses

26 Katrin Pavlidis

nichos aber sehen wir, welche Implikationen damit verknüpft sein können.36 Um Ressen-timents zu vermeiden, spiegeln die attischen Dramen griechische Realität in mythologi-schem Geschehen oder, wie Aischylos es in den Persern unternimmt, in historischen abernichtgriechischen Personen wider. Aischylos projiziert griechische Ideale, Normen undFehler auf die Gruppe der Perser. Auch der attische Dramendichter benutzt die Perser so-mit als Folie, expliziert sie dabei jedoch nicht als Feindbilder. Auch wenn die Intention desDichters dabei rein innenpolitischer Art ist, könnte ein solches Vorführen auf lange Sichtdie Einstellung des Rezipienten gegenüber Feindbildern, wie es neben den Persern zumin-dest für die Athener auch die perserfreundlichen Thebaner waren, relativiert haben. Dieattische Tragödie ist somit hinsichtlich ihres Umgangs mit Feindbildern als eine Art «inte-grierender Diskurs» zu sehen. In der Folge musste, mit zunehmendem zeitlichen und emo-tionalen Abstand, die Schuld, die :(� an den Perserkriegen wie an Auseinandersetzun-gen überhaupt, so auch an den Peloponnesischen Kriegen, nicht mehr nur bei den Gegnerngesucht werden.

Die Frage nach dieser :(� formuliert Herodot explizit in dem Proöm seiner Historien,deren Publikation auf die Jahre um 430/429 v. Chr. datiert wird, und so bereits in die Zeitder Peloponnesischen Kriege (431–404 v. Chr.) fällt. Damit aber sucht er die Antwort aufeine Frage, die sich im ausgrenzenden Dialog nicht stellt, denn demgemäß waren es diePerser, die in ihrem Expansionsdrang die Griechen mit Krieg überzogen. Herodot lässt esin seinem Proöm offen, wer «sie» sind, die den Krieg begannen, %������!�. Indem erhistorische Verwicklungen sowie einander widersprechende Normen sowohl bei Griechenals auch bei Persern aufzeigt und beide als in sich zerstrittene und heterogene Völker prä-sentiert, hinterfragt er die Autorität des kollektiven Gedächtnisses und umfasst letztendlichbeide mit dem unbestimmten pluralischen Subjekt des Proöms. Er eröffnet damit einenDiskursraum, der die Macht besitzt, an der Sicherheit des Wissens, der Grundlage etwaigerLegitimationsansprüche zu zweifeln und damit an dem Fundament etablierter Macht selbstzu rütteln, um sich zugleich der eigenen Meinungsfreiheit bewusst zu werden. Geschicht-lich Überliefertes, Mythen und Nomoi berechtigen nicht mehr dazu, sich anderen Völkernüberlegen zu fühlen, wie es die am Peloponnesischen Krieg beteiligten und als Primärrezi-pienten angesprochenen Griechen tun. Der ausgrenzende Diskurs hat die Macht, Feindbil-der zu schaffen und Krieg heraufzubeschwören. Im Gastmahl des Attaginos aber wird derKrieg zum Hintergrund, Feindbilder spielen keine Rolle mehr. Der offene Diskurs besitzt,das wird uns hier vorgeführt, ebenfalls Macht: die Macht, als Menschen, nicht als Oppo-nenten, miteinander zu kommunizieren und selbst und für sich selbst vorteilhaft zu ent-scheiden. Damit erinnert er stark an die zeitgenössische, sophistische Nomos-Physis-De-batte,37 als deren Vertreter u. a. Protagoras, der objektives Wissen leugnet und vielmehr voneinem allgemeinen Relativismus ausgeht, sowie Antiphon zu nennen sind. Die Worte An-tiphons ähneln dem, was Herodot uns mit dem Gastmahl des Attaginos und den Historieninsgesamt vor Augen führt: «Die von angesehenen Vätern [abstammen] loben und ehren

Ν'��� ��� ���. Dionysos: «Ich kam herab, um einen Dichter zu holen. Weshalb? Damit die Polis alsgerettete ihre Chöre auftreten lasse. Wer von euch beiden [Aischylos oder Euripides] der Stadt auf bessereWeise etwas nützliches rät, den, das meine ich, sollte ich mitnehmen.»

35 «Eroberung Milets».36 In seinen Historien 6,21,2 beschreibt Herodot, wie das Publikum in Tränen ausbricht und die Athener eine

Geldstrafe über Phrynichos verhängen.37 Grundlegend F. Heinimann, neuere Literatur: K. Meister, St. Kirsten-W. Waechter-M. Walter, H. Scholten.

Brought to you by | Université de Paris I - Bibliotheque de la SorbonneAuthenticated | 194.214.27.178

Download Date | 8/18/13 8:32 PM

Page 12: Πολλὰ ϕρονέοντα μηδενὸς κρατέειν: Herodots Gastmahl des Attaginos (hdt. 9,16) als potentieller Erkenntnisgrund seines historischen Diskurses

Herodots Gastmahl des Attaginos 27

wir, die aber aus keinem guten Haus stammen, loben und ehren wir nicht. In dieser Hin-sicht verhalten wir uns barbarisch gegeneinander; der Natur nach sind alle gleich, Barbarenund Griechen. Man muss das von Natur für alle Menschen Notwendige betrachten. Allenist es möglich, auf die gleiche Weise etwas zu vollbringen, und in all diesen Dingen istniemand von uns abgesondert, weder Barbar noch Grieche.»38 (Fr. DK B 44) Die Nomoimögen verschieden sein, unser Verhalten aber ist es eigentlich, das uns zu «Barbaren» imübertragenen Sinn, zu Fremden selbst unseren Nächsten gegenüber werden lässt. So willMardonios nicht hören, was ein angesehenes Mitglied seines Volkes, der anonyme Perserdes Gastmahls, zu sagen hat, so präsentiert uns Herodot die Griechen als äußerst hetero-genes Volk, und so bekämpfen sich die Griechen in Herodots zeitgenössischer Realität,dem Peloponnesischen Krieg. Antiphon und auch Herodot propagieren keine Assimila-tion, sondern vielmehr Toleranz und Interesse dem Fremden gegenüber, sie plädieren da-für, die Ähnlichkeit im Unähnlichen zu erkennen.

Herodot verfasst keinen sophistischen, in der Theorie verharrenden Traktat, sondern in-szeniert im Gastmahl des Attaginos seine Kritik an mangelhafter Kommunikation und ver-fehlter Rezeption, wie es letztendlich auch im attischen Theater geschieht. Er nutzt dieMacht seines Wissens, um das kollektive Gedächtnis zu hinterfragen und zu einer eigenen,freien Meinung aufzufordern, denn: «[…] solange nicht einander widersprechende Mei-nungen genannt werden, ist es nicht möglich, die bessere zu wählen, sondern man muss dieeine, ausgesprochene annehmen, […].»39 Diese Aussage des Artabanos gegenüber Xerxes,die sich zunächst nur auf dessen weiteres Handeln bezieht, lässt sich auf den freien Mei-nungsaustausch allgemein anwenden, der ein Hinterfragen des eigenen intoleranten, ver-absolutierenden Normendenkens ermöglicht. Den Anstoß zu einem solchen freien Aus-tausch intendiert der anonyme Perser mit seinen �����!"�� �� ��@��«, dem Mahnmalseiner Meinung.

5. Ähnlichkeit im Unähnlichen

Mit dem Hinweis auf die gemeinsame Sprache und den gemeinsamen Kultvollzug führt unsHerodot vor Augen, wie der Perser durch Respektieren von fremden sowie Abstrahierenvon eigenen Normen, eine Ähnlichkeit mit seinem Gesprächspartner erzeugt, die einegleichberechtigte Kommunikation ermöglicht. Mit Foucaults Worten können wir in Abhe-bung zu dem ablehnenden Diskurs,40 der dem kollektiven Gedächtnis entspricht, sowiedem integrierenden Diskurs attischer Tragödiendichter41 bei dem Gastmahl des Attaginosvon einem «Ähnlichkeitsdiskurs» sprechen. Herodot demonstriert eine Ähnlichkeit imUnähnlichen. Ein solches Vorgehen macht darauf aufmerksam, dass sich konträr dazu eineals selbstverständlich gesehene «natürliche» Ähnlichkeit, wie sie die Athener in 8,144 be-

38 %� ���� ��>��� %�� ����+� � �λ !�����+, ��« � %� �κ ���5 �=��" D�« �Κ� %��- ����+ �Κ� !�����+. %� �� )� � ��μ« $��*��"« ������@��+, %��λ φ�!�� �������« ²��(�« ��φ����� �λ ������� �λ 6E�����« �ρ��. !������ � ������ � �� φ�!��D��� $���(�� �»!�� $�+�@���«α ���(!� � �� )� "�� �»!�, �λ %� �»!� ����«�Κ� ������« $φ@��!� π��� �) �λ« �Κ� 6E����α

39 Artabanos an Xerxes in 7,10.40 Siehe S. 25.41 Siehe S. 25 f.

Brought to you by | Université de Paris I - Bibliotheque de la SorbonneAuthenticated | 194.214.27.178

Download Date | 8/18/13 8:32 PM

Page 13: Πολλὰ ϕρονέοντα μηδενὸς κρατέειν: Herodots Gastmahl des Attaginos (hdt. 9,16) als potentieller Erkenntnisgrund seines historischen Diskurses

28 Katrin Pavlidis

schreiben, als Illusion herausstellen könnte. Dort heißt es: «An dem griechischen Volk wie-derum, gleichen Blutes und gleichsprachig, das gemeinsame Bauten und Opfer für die Göt-ter sowie gleichartige Sitten besitzt, zum Verräter zu werden, wäre für die Athener nichtgut.»42 Das Verhalten des Persers im attaginischen Gastmahl, nur wenige Seiten nach dieserBeschreibung, scheint sich geradezu an jenen Worten zu orientieren: Er benutzt erstens diegleiche Sprache, ist also ²��������«. Dies ist um so erstaunlicher, als ansonsten nur höchstselten in den Historien auf das Problem der Sprachbarriere aufmerksam gemacht wird.Er passt sich zweitens den Sitten und Opferritualen der Griechen an (²������?�«,²��!��� �«), das entspräche den �� und ���� der athenischen Replik. Die Worte derAthener in 8,144 sollen die Verbundenheit aller Griechen untereinander begründen. Siedürften bei den zeitgenössischen, griechischen, also direkt betroffenen, Rezipienten An-klang gefunden haben und waren sicher noch im retentionalen Gedächtnis vorhanden. Diedurch die gemeinsame Ladung zum Mahl erzeugte örtliche und geistige Nähe zwischendem anonymen Perser und Thersandros sowie der gemeinsame Kultvollzug schaffen Sym-pathien, die Foucault deutlich von der Assimilation durch convenientia unterscheidet.43

Historisch bedingte Antipathie zwischen Griechen und Persern dagegen ist im Gastmahldes Attaginos vollkommen ausgeblendet, gemeinsam mit den persischen Soldaten in denHintergrund gewandert.

Zugleich wird der sich griechisch gerierende Fremde in ein als typisch griechisch zu be-zeichnendes Setting integriert. Umgekehrt zu dem im Vorigen besprochenen «ähnlichen»Verhalten des «unähnlichen» Persers, haben wir es in diesem Fall mit einer Ähnlichkeit zutun, die durch ihre Unähnlichkeiten auffällt. Vergleicht man die Dimension archäologischnachweisbarer Andrones,44 in denen Symposien abgehalten wurden, mit der enorm großenZahl der zu diesem besonderen Gastmahl Geladenen, muss das Szenario beim RezipientenErstaunen hervorgerufen haben. Zudem finden sich Ambivalenzen und inter- wie intra-textuelle Bezüge, die als Aufmerksamkeitssignale für ein zeitgenössisches Publikum fun-giert haben könnten. Zu nennen ist an erster Stelle das widersprüchliche Verhältnis zwi-schen der angespannten Kriegssituation außen und der intentional heiteren Atmosphärebeim Gastmahl innen.45 In dieser Hinsicht entspricht das Gastmahl einem dionysisch an-mutenden Leitmotiv der Historien: Herodot verknüpft das Symposion in fast allen Beispie-len, die er anführt,46 mit verschiedenen Schattierungen des Todes.

Zudem wird mit Erwähnung der Stadt Theben eine große Figur der griechischen Sagen-welt auf den Plan gerufen. Bei Froma Zeitlin heißt es: «… whenever Thebes returns to thetragic stage, Oidipous, too, must come back to life.»47 Sie stellt fest, dass das kontrastiveDoppeln von Identitäten, das Aufeinanderprallen zweier, von kontrastierenden Wertvor-stellungen geprägter Charaktere, ein Leitmotiv des thebanischen Sagenkreises, wie er sich

42 σ�« � μ ;E������μ�, %μ� Ρ������ � �λ ²���������, �λ +�Ω� ¹ ���� � ����� �λ ������ �� ²�������, �� ��� �« ����!+� #A+��(�"« �)� Ν� �σ 1���.

43 Bei dieser Assimilation handelt es sich um eine Form der unhinterfragten, beinahe zwangsläufigen wech-selseitigen Übernahme durch langfristige Ortsnähe, wie wir sie bei Angehörigen eines Volkes finden.

44 In öffentlichen Gebäuden wie dem Pompeion oder der Pinakothek in Athen bis zu 31 Klinen, entspricht 62Teilnehmern, s. Bergquist in Murray 1990, 37–65.

45 Auf diese Diskrepanz verweist das Bild, das der Perser als mnemosynon hinterlassen möchte: der Anblickder sich draußen lagernden und der sich beim Gastmahl befindlichen Perser.

46 S. Anmerkung 23.47 Zeitlin 1990, 167.

Brought to you by | Université de Paris I - Bibliotheque de la SorbonneAuthenticated | 194.214.27.178

Download Date | 8/18/13 8:32 PM

Page 14: Πολλὰ ϕρονέοντα μηδενὸς κρατέειν: Herodots Gastmahl des Attaginos (hdt. 9,16) als potentieller Erkenntnisgrund seines historischen Diskurses

Herodots Gastmahl des Attaginos 29

in der attischen Tragödie präsentiert, bildet. Dieses Doppeln problematisiert die eigenenWertvorstellungen48 des Rezipienten. Eteokles und Polyneikes sind hier ebenso zu nennen,wie Pentheus und Dionysos, der den thebanischen König durch eine entsprechend femi-nine Robe zu seinem irdischen Pendant macht. Entsprechend dieser leitmotivischen Dopp-lung, so Zeitlin weiter: «Oidipous turns out to be both one and many, …»49 Ares undAphrodite, als weiteres antagonistisches Paar, der Krieg und die Liebe, vereinen sich undzeugen Harmonia, ihre gemeinsame Tochter. Als Abstraktum aber, als tatsächliche Harmo-nie, wird sie in Theben, so führen es uns die Dramendichter vor, «only a euphemizing andfinally illusory hope» bleiben.50 Die Gespaltenheit in der Einheit ist das dionysische Ele-ment, das Theben charakterisiert, denn auch Dionysos, als der zweifach Geborene, hatAnteil an Lust und Leid, am Diesseits und Jenseits, wie es uns unter anderem in den Frö-schen des Aristophanes vor Augen geführt wird. «Thebes endlessly shuttles between theextremes of rigid inclusions and exclusions on the one hand and radical confusions ofdifference on the other.»51

Durch Herodots auffällig wiederholte Nennung des Schauplatzes in 9,15, der ThebanerAttaginos habe geladen und das Mahl sei auch in Theben veranstaltet worden, legt er denFokus auf diesen Ort und ruft mit ihm das Bild, das aus dem attischen Drama vertraut ist,das Bild der Stadt des Ödipus sowie des Geburtsortes des Gottes der Ambivalenz par ex-cellence, Dionysos, im Rezipienten hervor. Theben ist mit diesen Figuren der Ort des Bru-der- bzw. Vatermordes, des Inzests und der Verstoßung des nächsten Blutsverwandten. ImTheater wird vorgeführt, wie die herrschende Familie vergeblich versucht, durch linearrationale, also auf die Zukunft gerichtete, Bestrebungen der desaströsen Spirale, in der derAufgang jeder Generation durch Verblendungen und falsche Entscheidungen wiederholtim Untergang endet, zu entkommen.

Theben fungiert in der Tragödie als Kontrastfolie zu dem sich demokratisch, fortschritt-lich und rechtsliebend gebenden Athen. Sowohl von den leitmotivisch anmutenden Gast-mählern der Historien als auch von der Erfahrung des attischen Dramas aus kommendenttäuscht Herodot unsere Erwartungshaltung mit dem Gastmahl des Attaginos und prä-sentiert eine verkehrte Welt: auf die Ankündigung eines Mahls52 folgt in diesem Fall keineintrigante Mordszene, sondern eine thebanische Szene, die von Harmonie geprägt ist, wäh-rend im Kontrast zu ihr, in der Welt des zeitgenössischen Rezipienten, die Griechen imPeloponnesischen Krieg einander, einem thebanischen Bruderkrieg ähnlich, bekämpfen.Zwar wird auch hier ein Tod thematisiert, dieser aber, der Tod des Persers und seiner Ka-meraden, wird nicht vorgeführt, sondern als zukünftiges Ereignis wie ein noch nicht exis-tentes Tableau präsentiert: ���� ����� DF�� G�(��" ��μ« �����" ���+���«G�(��"« ���« �"« ������������"«.53 Eine Dopplung finden wir hier in dem Perserund Thersandros. Dabei handelt es sich in diesem Fall aber nicht, wie im thebanischenSagenkreis, um zwei zwar blutsverwandte, aber unvereinbare Antagonisten, sondern umeinander fremde und dennoch gleichberechtigte und gleichgerichtete, sozusagen «harmo-

48 Zeitlin, 1990, 138 spricht vom Problematisieren der eigenen Identität.49 Zeitlin 1990, 139.50 Zeitlin 1990, 141.51 Zeitlin 1990, 148.52 Zu dem Attaginos ohne offensichtliche Hintergedanken geladen hat und das ihm dementsprechend nicht

von dem vorbeiziehenden Heer, wie in anderen in den Historien erwähnten Fällen, oktruiert wurde.53 9,16,3.

Brought to you by | Université de Paris I - Bibliotheque de la SorbonneAuthenticated | 194.214.27.178

Download Date | 8/18/13 8:32 PM

Page 15: Πολλὰ ϕρονέοντα μηδενὸς κρατέειν: Herodots Gastmahl des Attaginos (hdt. 9,16) als potentieller Erkenntnisgrund seines historischen Diskurses

30 Katrin Pavlidis

nische» Protagonisten, die sich in Herodot und intentional im Rezipienten synthetisieren.Auf allen Ebenen verkehrt Herodot in diesem von ihm geschaffenen, offenen DiskursraumÄhnlichkeiten in Unähnlichkeiten, ebenso Unähnlichkeiten in Ähnlichkeiten. Wenn esaber keine echten, quasi naturgegebenen Ähnlichkeiten mehr gibt, sondern diese vielmehrvon dem willkürlichen, menschlichen Handeln abhängen, muss die unbedingte Gültigkeitaller Normen und die Zwangsläufigkeit historischen Geschehens sowie dessen potentielleVorbildfunktion negiert werden.

6. Die Worte des Persers

Sämtliche Merkmale, die ich bislang angeführt habe, die chronologische Situierung, dienarratologischen Besonderheiten auf formaler Ebene, die Möglichkeit, in dieser Szene einemise-en-abyme zu erkennen, die Abstraktion von dem eigentlichen Kriegsereignis, die denFokus auf den Diskurs selbst verlegt, ebenso wie jene letztgenannten Ähnlichkeiten im Un-ähnlichen, sc. in dem persischen Protagonisten, geben Anlass dazu, dessen Worten äu-ßerste Aufmerksamkeit zu widmen. Zudem scheint auch das Setting nicht zufällig gewähltzu sein. Der Andron des Attaginos kann, wie die Figur des Thersandros, als Verbildlichungeines diskursiven Raumes gesehen werden, denn auch in der Realität boten Symposien,so geht aus den erhaltenen Zeugnissen hervor, Raum für politische und philosophischeGespräche, in dem auch Vertretern exzentrischer Diskurse eine Plattform geboten wer-den konnte. Nicht auszuschließen ist, dass die Geschichtsschreibung selbst gar ihren Ur-sprung in narrativen Elegien nahm, die bei solchen Gelegenheiten wohl zu exhortatori-schen Zwecken zum besten gegeben wurden und Ereignisse der jüngeren Vergangenheitthematisierten.54

Die Äußerungen des Persers zeichnen sich durch ihre sorgfältige und prägnante Kon-struktion aus, die eine spontane Formulierung innerhalb einer kommunikativen Situationunwahrscheinlich macht und zudem ihr Memorieren als �����!"��� erleichtert. Dabeidient der erste in oratio recta wiedergegebene Satz als ethopoietische Protasis für das Fol-gende.

#E��( �"� ²������?�« � ��� �λ ²��!��� �« %�����, �����!"�� �� ��@��«2« %�2« �����!+� +���, -� �λ ����� Ω« )μ« ���λ !���5 ��"����!+�1�9�« � !"�φ����.

Da du nun am gleichen Tisch gespeist und auf gleiche Weise ein Opfer dargebracht hast,möchte ich dir ein Mahnmal meiner Meinung hinterlassen, damit du selbst Vorteilhaftesfür dich planen kannst.

54 Bowie 1986, 13–35; «All our evidence, however, suggests that little or no early Greek elegy was lamenta-tory.» (22); S. Bowie (Bowie 1986, 46) erwähnt die Eunomia im Zusammenhang mit seiner Untersuchungzu den Vorläufern der Historiographie ebenso, wie die Ionika des Panyassis, einem Werk von ungefähr7000 Versen, das offensichtlich ebenfalls im elegischen Maß verfasst wurde. Wegen der besonderen Längedes Liedes hält Bowie (61) es für möglich, dass es in schriftlicher Form zirkulierte und Teile daraus bei Sym-posien rezitiert wurden, wie auch die Erzählungen des Mimnermos (fr.9W), des Tyrtaios und des Archi-lochos für einen eben solchen Kontext bestimmt gewesen zu sein scheinen. Auch für Solons Salamis (Plut.Sol. 8,2), fr.1–3W, hält Bowie dies für sehr wahrscheinlich.

Brought to you by | Université de Paris I - Bibliotheque de la SorbonneAuthenticated | 194.214.27.178

Download Date | 8/18/13 8:32 PM

Page 16: Πολλὰ ϕρονέοντα μηδενὸς κρατέειν: Herodots Gastmahl des Attaginos (hdt. 9,16) als potentieller Erkenntnisgrund seines historischen Diskurses

Herodots Gastmahl des Attaginos 31

Der Perser suggeriert, es ginge ihm in altruistischer Manier allein um das Wohl seines Re-zipienten. Nicht nur durch das Verwenden der griechischen Sprache ist er ihm «gleich» ge-worden, sondern zudem in zwei Bereichen (²������?�« und ²��!��� �«), die gera-dezu als identitätsstiftend für eine Gruppe zu bezeichnen sind: das gemeinsame Mahl undder gemeinsame Kult. Dies erzeugt ein starkes Gefühl der Verbundenheit, verdeutlichtdurch das Präfix ²��-. Seine Leistung ist dabei eine initiierende, die zu einem tatsächlichenErfolg der Aktivität des Angesprochenen und Nutznießers bedarf, dessen selbständigesHandeln er animieren möchte: ����� Ω« )μ« ���λ !��"�5 ��"����!+�.

In der darauffolgenden Frage

²� )»« ���"« ��« ��"����"« P��!« �λ μ� !�μ� μ� %�(����� %�λ )���� )� !���� �"������;

Siehst du diese hier, die speisenden Perser und das Heer, das wir im Lager am Fluss zu-rückgelassen haben?

verweist der Sprecher mit ���"« ��« ��"����"« auf die Anwesenden – anwesendzunächst in unserem Kopf durch das zuvor aufgerufene Setting des Gastmahls. Zugleichaber sollte man die Möglichkeit erwägen, dass hier auf reale Symposiasten als Zuhörer ver-wiesen wird, anwesend bei einer performativen Vermittlung der Historien. Es ist nicht aus-zuschließen, dass kleinere Szenen aus den Historien im Rahmen von Symposien themati-siert wurden, insbesondere wenn, wie im Vorigen behauptet, der Andron als Geburtsstätteder Geschichtsschreibung zu vermuten ist. Der Rezitierende, der das Gastmahl des Atta-ginos wiedergab, hätte so automatisch die anwesenden Rezipienten mit ���"« ��« ��"����"« in seine Worte einbezogen.

���� ����� DF�� G�(��" ��μ« �����" ���+���« G�(��"« ���« �"« ����-��������"«.

Von allen diesen wirst du, wenn nur wenig Zeit vorübergegangen ist, nur noch wenige alsÜberlebende sehen.

Die parallele Konstruktion, mit der der Perser periphrastisch auf die in Kürze nur wenigenÜberlebenden verweist, wodurch er zugleich die protatische Spannung steigert, verleihtdem Satz bereits unter formalen Aspekten eine gewisse Gravität. Die syntaktische Paralle-lisierung in Form eines aus unselbständigen Satzteilen bestehenden Isokolon der vorüber-gehenden Zeit und der überlebenden Soldaten, verdeutlicht zudem die Reziprozität dieserbeiden Größen. Was wir als «vergehende Zeit» bezeichnen würden, erhält im Griechischeneinen völlig anderen Status: Sie «geht hindurch», schreitet linear voran und bleibt in ihrerAktivität erhalten. Im Gegensatz dazu zeichnet sich das Überleben der Menschen in grie-chischer Sprache durch einen stärker passiven Aspekt aus. Die Passivität des Menschenverbindet sich mit seinem Vergehen, die Zeit dagegen ist aktiv. Eine eigene Aktivierung inForm des Errichtens eines literarischen Monuments als mobilisierendes Mahnmal sowiedas aktive innere Sehen, das zu einer adäquaten Reaktion auffordert, wirken dem Vergehenentgegen. Beharren auf Feindbildern und falschen Normen bedeutet Beharren in der tod-bringenden Spirale von Auf- und Niedergang, wie wir es in den Dramen des thebanischenSagenkreises vorgeführt bekommen. Der Perser des attaginischen Gastmahles aber richtetsich mit seinem Mahnmal auf die Zukunft, die Zukunft des Thersandros und des Rezipien-ten. Der Orchomenier sieht und reagiert. Er geht seiner Zukunft entgegen und erreicht, im

Brought to you by | Université de Paris I - Bibliotheque de la SorbonneAuthenticated | 194.214.27.178

Download Date | 8/18/13 8:32 PM

Page 17: Πολλὰ ϕρονέοντα μηδενὸς κρατέειν: Herodots Gastmahl des Attaginos (hdt. 9,16) als potentieller Erkenntnisgrund seines historischen Diskurses

32 Katrin Pavlidis

Gegensatz zu den am Kriegsgeschehen Beteiligten, als einziger den Autor der Historien undreicht das Mal des Persers an ihn und über ihn an uns Rezipienten weiter.

Auf die Prophezeiung des nahenden Todes vieler Perser hin, einer Aussage, die Herodotund wir als Spätgeborene hätten treffen können, nicht aber ein Zeitgenosse, da sie dem An-schein des übermächtigen persischen Heeres widerspricht, fragt Thersandros seinen Kli-nennachbarn, ob dies Wissen nicht dem Heerführer Mardonios mitgeteilt werden müsse.Darauf antwortet sein Gesprächspartner:

J����, Ρ � �� ����!+� %� �5 +��5, $�*���� $����F� $�+�@� )�.

Fremder (auch: «Gastfreund»), was von einem Gott bestimmt ist, ist für den Menschennicht abzuwenden.

Dies erscheint mir auffällig «tragisch» formuliert.55 $-�*���� bedeutet wörtlich, dassdem Menschen das nötige Mittel fehlt. Zieht man jedoch die weiteren Verwendungen desBegriffes in den Historien hinzu, entsteht der Eindruck, dass Herodot gerade an der Be-rechtigung dieser fatalistischen Tendenz zweifelt. In 1,48,2 hält Kroisos es für «unmöglich»herauszufinden, was er an einem bestimmten Tag Ungewöhnliches tut und möchte so dieOrakel auf die Probe stellen. Delphi aber trifft das Richtige. In 1,204,2 heißt es, kein Volkkönne Kyros besiegen. Dieser Satz aber bildet geradezu die Einleitung zu dessen Kampfund anschließender Niederlage gegen die Massageten. Eine dritte und letzte Verwendungfindet sich in 5,3,1. Dort äußert Herodot seine Meinung über die Thraker: «würden sieaber von einem einzelnen regiert oder dächten sie auf gleiche Weise, wären sie unbesiegbarund bei weitem stärker als alle anderen Völker […] doch dieser Weg ist für sie nicht be-schreitbar, und es ist unmöglich ($�*����), dass es jemals geschieht. In dieser Hinsichtalso sind sie schwach.»56 Eine veränderte Regierungsform und ein Konsens aber sind nurdeshalb unmöglich, weil die Thraker in alten Normen verharren, sich neuen Normen,einem neuen Diskursraum nicht zu öffnen verstehen.

Mit dieser den Fatalismus ablehnenden Einstellung kommt Herodot dem Tenor der«Ode auf den Menschen» in der sophokleischen Antigone recht nahe. Der Chor besingtdort (V.332–375) die Leistungen und Errungenschaften des Menschen: «Vieles ist gewaltig,aber nichts gewaltiger als der Mensch.»57 Er hat sich das Land und das Meer, Flora undFauna unterworfen und seinen Geist (φ����� V.353) perfektioniert, so dass es abschlie-ßend heißt: «Keiner Situation geht er zukünftig ratlos entgegen. Nur vor dem Hades gibt eskein Entkommen.» (360–2).58 Aber, so wird hinzugefügt, «… auch gegen Krankheiten, fürdie es kein Mittel gab ( ! ), hat er einen Ausweg gefunden».59 Hier wird geradezu explizit,

55 Sinngemäß finden wir ähnliche Aussagen in den aischyleischen Hepta V.719 Eteokles: +��� � ���� �)�Ν� %�φ����« ���, in der sophokleischen Elektra V.696f Paidagogos: Ρ� � �« +��� �����, ���’Ν� �) ’Ν� :!���� φ"����, in O.T. V.280 Ödipus:$��’$����!� +���« Ϊ� �κ +���!���) ’Ν� �^« ���’$�*�, in Philoktet 1316f Neoptolemos: $�+�@���!� �« ��� %� +��� ��« �+�(!« 1!’$������ φ�����, in Euripides’ Alkestis V.1071 Chor: ��κ ’, 8�« %!(, �������+��5 �!��.

56 �: � 3�’7�μ« Ν����� ν φ������ �� _"�, Ν���� ’ω� �=� �λ ���� )� ����!�� �����%+���� … $��� ��� �5� Ν����� !φ� �λ $�*���� �* ��� %������. E:!λ κ �� �5�$!+����«.

57 P���� � ���� ��) �� $�+�@��" �������� �����. (332 f.).58 Ν����« %�’�) �� 1���� μ ������. 6A� ����� φ�5'�� �)� %��'��.59 ��!�� ’$�������( ! ) φ"��« '"���φ�!�.

Brought to you by | Université de Paris I - Bibliotheque de la SorbonneAuthenticated | 194.214.27.178

Download Date | 8/18/13 8:32 PM

Page 18: Πολλὰ ϕρονέοντα μηδενὸς κρατέειν: Herodots Gastmahl des Attaginos (hdt. 9,16) als potentieller Erkenntnisgrund seines historischen Diskurses

Herodots Gastmahl des Attaginos 33

dass eine $����(� keine Unabwendbarkeit beinhaltet. Ich sehe diese tragisch formulierteÄußerung des Persers als eine Aufforderung. Der Krieg ist nicht gottgegeben, sondernbedingt durch ablehnende, ausgrenzende Diskurse, die sich neuen Diskursräumen ver-schließen. Wir Rezipienten sollen die Funktion des Persers und seines �����!"��� als����*, als Hypostase für die didaktische Aufgabe des Autors und seines Werkes erken-nen. Mit dieser didaktischen Funktion nähert sich Herodot der sozialen Funktion des atti-schen Theaters an.

Zum Schluss wende ich mich nun dem für mich entscheidenden und als Epiphonem auf-zufassenden letzten Satz (9,16,5.7–9) zu:

%�+(!� � G ��� [%!λ] �� %� $�+�@���!� L�, ����� φ������ �� ��μ«������.

Die schlimmste unter den menschlichen Qualen ist diese: Vieles zu wissen, über nichtsaber Macht zu besitzen.

Ein %�+�μ« als Positiv zu dem in diesem Satz beklagten Superlativ %�+(!� ist jemand, derverhasst ist, dessen Präsenz man meidet, dessen Abwesenheit man wünscht und meist so-gar erkämpft, wie die Historien anschaulich vorführen. Daher sehe ich in dieser Äußerungeinen ähnlich positiven Tenor, wie in der zuvor genannten $����(�: Dieser Jammer istkeiner, den man tatenlos ertragen muss, wie einen körperlichen Schmerz oder Trauer.Diese G ���, von der der Perser spricht, kann und muss bekämpft werden wie ein Feind.Eine Auflösung der Antithese in eine Parallele ermöglicht dies: Vieles zu wissen und übervieles davon Macht zu besitzen, in Form der mächtigen, freien Meinung, die kommunika-tiv geäußert, aber auch modifiziert werden kann. Der Perser,60 Thersandros und auchHerodot nutzen ihre Macht, die Macht ihrer Sprache, die Macht der Kommunikation, wieuns im Anschluss an die Szene vorgeführt wird: Thersandros zieht die Konsequenz aus denWorten des Persers: Wie Herodot begibt er sich zu den Menschen und spricht: )μ«)(� ����� 5 ��μ« $�+�@��"«.

Insgesamt sind also die sentenziöse Struktur der Äußerungen des Persers und ihr situa-tionsübergreifender Charakter zu betonen. Wir haben mit dem Gastmahl des Attaginoseine der wenigen kommunikativen Situationen der Historien vor uns, die erfolgreich ver-laufen: Der Sprecher wird ernst genommen, der Rezipient beherzigt seine Worte. Herodotinszeniert mit dem attaginischen Gastmahl den Idealfall einer Rezeptionssituation, wie erihn sich auch für sein Werk erhofft haben wird. Diejenigen Figuren, die sich ungebeten zuWort melden, die sich einmischen, wie Herodot selbst, der dem marginalen, perserfreund-lichen Halikarnass entstammt, durch seine zahlreichen Wanderungen beinahe als Ν����«zu bezeichnen ist und dessen Kontaktaufnahme zu Angehörigen verschiedener EthnienZeugnis ablegt über seine Fähigkeit, sich den Bedingungen für eine gelungene Kommuni-kation anzupassen, diese Figuren sind es, die ein ehrliches Interesse daran haben, dass ihreErmahnungen und Ratschläge von Nutzen für die Empfänger sind. Alles, was dafür erfor-derlich ist, ist gegenseitiges Interesse, wie Herodot es uns in der Figur des Thersandrosvorführt. Erst dessen interessiertes Nachfragen, nicht nach seinem persönlichen Nutzen,sondern nach einer Möglichkeit, dem Perser Gehör zu verschaffen, entlockt dem Sprecherweitere wichtige Hinweise darauf, wie der Orchomenier Vorteile aus dem �����!"��� er-

60 Seine Tränen gelten genaugenommen dem Schicksal seiner Gefährten.

Brought to you by | Université de Paris I - Bibliotheque de la SorbonneAuthenticated | 194.214.27.178

Download Date | 8/18/13 8:32 PM

Page 19: Πολλὰ ϕρονέοντα μηδενὸς κρατέειν: Herodots Gastmahl des Attaginos (hdt. 9,16) als potentieller Erkenntnisgrund seines historischen Diskurses

34 Katrin Pavlidis

langen kann: Mit der richtigen ����*, der Kommunikation, die Wissen vermittelt undmit der Wissen weitergereicht werden kann, wird man etwas bewirken, φ������������.

Fazit

Indem Herodot das Gastmahl des Attaginos mit den oben beschriebenen Mitteln aus demumgebenden Erzählfluss herausreißt, verlässt er, wie auch an anderen Stellen der Historien,an denen er sich in Form von Kommentaren zu Wort meldet, die monologische Darstel-lungsweise der Perserkriege und tritt für die Dauer des Gastmahls und seiner Rezeption indie Dialogizität ein. Neben seine Stimme tritt nun vollwertig, denn er hinterfragt sie nichtexplizit, diejenige des Thersandros, der mit der ebenfalls vollwertigen, da im Folgendenwörtlich wiedergegebenen, Stimme des Persers einen Dialog beginnt. Durch diese Darstel-lungstechnik verschafft Herodot den Akteuren eine Subjekthaftigkeit, die sie vor der Ob-jekthaftigkeit bloßer Figuren einer monologischen Erzählung bewahrt. Diese Subjekterepräsentiert er dabei nicht, denn sobald etwas repräsentiert wird, wird es zum Objekt derRepräsentation und als solches in seiner Präsenz verdrängt.61 Indem er spricht und spre-chen lässt, ohne unsere Vorstellung durch nähere Beschreibungen zu lenken und damit ein-zuschränken, macht er Worte und Person zu einem in unseren Köpfen präsenten, leben-digen, wenn auch je nach Rezipienten divergierenden Subjekt. Mit Foucault könnte mansagen,62 dass das eigentliche Subjekt die Sprache selbst ist. Herodot zieht damit die Konse-quenz aus der Tendenz seiner Zeit, den Menschen nicht mehr nur fatalistisch als Ob-jekt göttlichen Willens zu betrachten. Denn den Worten des Gorgias in seinem Lob derHelena63 entsprechend ist das, was Macht besitzt, die Sprache. Wie es Votive und auchBauplastik des 5. Jh.s v. Chr. nahe legen, rückt der Mensch sich selbstbewusst immer mehrins Zentrum. Götter werden zu Abstrakta, die im herodoteischen Werk so gut wie keineRolle mehr spielen. Die Sprache, die Forschung, Lehre und Wissen ermöglicht, verleihtdem Menschen die Fähigkeit, von seiner Schwachstelle gegenüber den Göttern, seinerSterblichkeit, zu abstrahieren. Mit dem Perser und Thersandros legt Herodot seine Em-phase eindeutig auf dieses menschliche Handeln, die diskursive Praxis, die Anlass, Inhaltund Ergebnis der Historien ist und mit Hilfe derer sein Werk erst Existenz erlangen konnteund unter Beachtung der Dialogizität Erfolg verspricht.

Das Beispiel des Persers visualisiert die «Idee allgemeiner Dialogizität menschlicherÄußerungen»64 und «das Ideal einer herrschaftsfreien Kommunikation»,65 wie wir sie bei

61 Ähnlich führt Foucault das Gemälde Las Meninas von Diego Velazquez als Beispiel für die Repräsentationder Repräsentation an, die es nicht vermag, das Subjekt in die Episteme, für die er seit der Archäologie desWissens bevorzugt den Begriff des «Diskurses» benutzt, als Repräsentation des Seins zu integrieren.

62 Foucault 1999, 457: «… wird man zu dem Ort zurückgeführt, den Nietzsche und Mallarmé schon ange-zeigt hatten, als der eine fragte: Wer spricht? Und der andere die Antwort im Wort selbst hatte aufleuchtensehen.»

63 ;E����« %��@���� 8: �: � ² ����« ² ��(!« �λ κ� F"�κ� $�*!«, �) � ��μ« �5� ����μ�$�����*!!+� ` �. ����« � �����« ����« �����, … – «Wenn es aber das Wort war, das überredete unddie Seele täuschte, auch dann ist es nicht schwierig [sie] zu verteidigen. Das Wort ist ein großer Herrscher.»

64 Friedrich 1995, 93.65 Friedrich 1995, 94.

Brought to you by | Université de Paris I - Bibliotheque de la SorbonneAuthenticated | 194.214.27.178

Download Date | 8/18/13 8:32 PM

Page 20: Πολλὰ ϕρονέοντα μηδενὸς κρατέειν: Herodots Gastmahl des Attaginos (hdt. 9,16) als potentieller Erkenntnisgrund seines historischen Diskurses

Herodots Gastmahl des Attaginos 35

Bachtin expliziert finden. Indem Herodot sie uns kommentarlos vorführt und auch den In-halt der Botschaft des Orchomeniers an «die Menschen» vor der Schlacht von Plataiai nichtangibt, fordert er uns auf zu sehen, dass es der Rezipient ist, sei es Thersandros, Herodotoder seien es eben auch wir, der erforderlich ist, den Worten, in einem Dialog mit ihnen,subjektive und damit nie endgültig definierbare Bedeutung zukommen zu lassen. Es han-delt sich um «eine Figur der Öffnung des metaphysischen Denkens, Resultat des WillensBachtins [und, wie ich denke auch desjenigen Herodots], das menschliche Wissen, Wollenund Dasein offenzuhalten.»66 Das ist es, was die Historien uns an zahlreichen Stellen sug-gerieren und was Herodot den Vorwurf, ein Barbarenfreund67 zu sein, eingebracht hat:seine tendenziell neutrale Darstellung unterschiedlichster Sitten und Gebräuche und dieFeststellung, dass jeder die eigenen für die einzig richtigen hält. Ein egozentrisches, elitäresBeharren auf den angestammten Normen ist die Ursache für menschliche Konflikte. DasGastmahl des Attaginos eröffnet die Kommunikation zwischen zwei Vertretern in sich ver-schlossener Ethnien, und führt uns einen geglückten Dialog vor Augen, in dem jeder derTeilnehmer zwar eigenen Normen anhängt, diejenigen des Kommunikationspartners aberjeweils akzeptiert. Eigene Individualität, eine Vorstellung von der eigenen Person kannimmer nur durch ein kontrastives Zusammentreffen mit dem Anderen entstehen. «Nur dieAkzeptanz von anderen Lebensentscheidungen kann der Gesellschaft die Beweglichkeitverleihen, die allein der Wahlfreiheit in existentiellen Dingen Raum gibt.»68

Das Mahl, das der Perser dem Orchomenier und mit ihm dem idealen Rezipienten hin-terlassen möchte, ist kein totes Wissen um das konkrete Geschehen, um das, was war, son-dern es ist seine kommunizierte Meinung, die dem Wissen Leben verleihen soll, die His-torie dialogisiert, und so zum «Nutzen für das Leben» werden lässt.69 Erforderlich ist nichtdas Errichten eines statischen Denkmals, sondern, auf einer kritischen Historie aufbauend,das Errichten eines mobilisierenden Mahnmals, eigenständiges Sehen und Zeigen. DasBeharren auf etwaigen historischen Unähnlichkeiten resultiert in einer nie endenden, the-banisch anmutenden Spirale der Antipathie. Erst wenn man zu Diskontinuität, einemmöglicherweise exzentrischen Gegendiskurs bereit ist, um die Komplexität menschlicherBeziehungen mit ihren zwangsläufigen Ambivalenzen anzuerkennen, erst wenn man be-ginnt, Ähnlichkeiten einerseits auf ihre Tatsächlichkeit hin zu hinterfragen und andererseitsauf Ähnlichkeiten im Unähnlichen aufzubauen und Heteroglossie zu akzeptieren, erlangtman die Macht, dem zu entkommen. Sehe ich die Beteiligten nicht als Angehörige opposi-tioneller Gruppen, sondern als Vertreter der menschlichen, der in sich wie im Individuumambivalenten Art, kann ich ihr und mein Handeln als gleichgerichtet, linear auf dasselbeZiel gerichtet betrachten und somit aus ihrem Handeln lernen. Kriegerische Auseinander-setzungen, wie der Peloponnesische Krieg wären auf diese Weise vermeidbar.

Um erfolgreich Entscheidungen treffen zu können, ��"����!+� 1�9�« � !"�φ�-���, und das ist es, was Herodot uns mit dem attaginischen Gastmahl vor Augen führt,bedarf es des polyphonen, niemals endenden, da nicht autoritären, offenen Diskurses zwi-schen autark denkenden Subjekten, die eines besitzen: den Willen zu sehen und zu zeigen.

66 Friedrich 1995, 94.67 Fr.Gr.Hist.II73 fr.3= Plutarch Herod.malign.26.68 Friedrich 1995, 102.69 Nietzsche 1984.

Brought to you by | Université de Paris I - Bibliotheque de la SorbonneAuthenticated | 194.214.27.178

Download Date | 8/18/13 8:32 PM

Page 21: Πολλὰ ϕρονέοντα μηδενὸς κρατέειν: Herodots Gastmahl des Attaginos (hdt. 9,16) als potentieller Erkenntnisgrund seines historischen Diskurses

36 Katrin Pavlidis

Literaturverzeichnis

Kassel , R. (Hg.), Aristoteles, Ars Poetica, Oxford 1966.Bachtin , M. M., Probleme der Poetik Dostojewskis, München 1971.Baragwanath , E., Motivation and Narrative in Herodotus, N. Y. 2008.Bichler, R. / R. Rollinger (Hgg.), Herodot, Hildesheim 2000.Bowie , E. L., Early Greek Elegy, Symposium and Public Festival, JHS 106, 1986, 13–35.Ders ., Ancestors of Historiography in Early Greek Elegiac and Iambic Poetry?, in: N. Luraghi

(Hg.), The Historian’s Craft in the Age of Herodotus, Oxford 2001, 45–66.Dällenbach , L., Reflexivity and Reading, in: New Literary History 11, 1980, 435–449.Derow, P. / P. Parker (Hgg.), Herodotus and his World, Oxford 2003.Felten , F., Weihungen in Olympia und Delphi, AM 97, 1982, 79–97.Foucault , M., Archäologie des Wissens, Frankfurt a. M. 1981.Ders ., Die Ordnung der Dinge, Frankfurt a. M. 1999.Ders ., Der Wille zum Wissen, in: Sexualität und Wahrheit Bd. 1, Frankfurt a. M. 1977, 122.Ders ., Strukturalismus und Poststrukturalismus, in: Dits et Écrits Bd. 4, Frankfurt a. M. 2005,

521–555.Friedrich , C., Bachtins Polyphonie der Stimmen – Ein Dialogkonzept zwischen Moderne und

Postmoderne, in: Deutsche Zeitschrift für Philosophie, 43.1, 1995, 93–102.Gardiner, M., The Dialogics of Critique, London / N. Y. 1992.Gauer, W., Weihgeschenke aus den Perserkriegen, IstM Beiheft 2, Tübingen 1968.Hall , F. W. / W. M. Geldhart (Hgg.), Aristophanes, Comoediae, Oxford 1907.Heinimann , F., Nomos und Physis, Basel 1945.Hölscher, T., Griechische Historienbilder des 5. und 4. Jh. v. Chr., Beiträge zur Archäologie 6,

1973.Ders ., Die Nike der Messenier und Naupaktier in Olympia, JDAI 89, 1974, 70–111.Hume , C. (Hg.), Herodoti Historiae, Oxford / N. Y. 1927.Kierdorf, W., Erlebnis und Darstellung der Perserkriege, Hypomnemata 16, Göttingen 1966.Kirsten , S. / W. Waechter / M. Walter (Hgg.), Die Sophistik, Stuttgart 2002.Meier, C., Die politische Kunst der griechischen Tragödie, München 1988.Ders ., Politik und Tragödie im 5. Jh., Philol. 135, 1991, 70–87.Meister, K., Aller Dinge Maß ist der Mensch, München 2010.Murray, O., Sympotica, A Symposium on the Symposion, Oxford 1990.Nietzsche , F., Vom Nutzen und Nachtheil der Historie für das Leben, Zürich 1984.Rhodes , P. J., Nothing to do with Democracy: Athenian Drama and the Polis, JHS 123, 2003,

104–19.Scholten , H., Die Sophistik, Berlin 2003.Van der Veen , J. E., The Significant and the Insignificant, Amsterdam 1996.Vernant , J. P. / P. Vidal-Naquet (Hgg.), Mythe et tragédie en Grèce ancienne, Paris 1974

und 1986.White , H., Tropics of discourse, Baltimore 1985.Zeitlin , F., Thebes: Theater of Self and Society in Athenian Drama, in: J. Winkler, F. Zeitlin

(Hgg.), Nothing to do with Dionysos?, Princeton 1990.

Brought to you by | Université de Paris I - Bibliotheque de la SorbonneAuthenticated | 194.214.27.178

Download Date | 8/18/13 8:32 PM