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  • Joseph Haydn

    Francis Poulenc

    Olivier Messiaen

    Alja Velkaverh Flte

    Horst Eppendorf Oboe

    Oliver Schwarz Klarinette

    Rainer Schottstdt Fagott

    Markus Wittgens Horn

    Christian Zacharias

    Klavier und Leitung

    sinfoniekonzert

    First Global Partner

    11

  • 03. Jun 12, 11 Uhr, 04./05. Jun 12, 20 UhrKlner Philharmonie

    sinfoniekonzert

    Joseph Haydn (1732 1809)Sinfonie Nr. 83 g -Moll Hob. I: 83 (1785) 25La Poule (Die Henne) 1. Allegro spiritoso2. Andante3. Menuetto e Trio: Allegretto4. Finale: Vivace

    Francis Poulenc (1899 1963)Sextett fr Klavier und Blser (1932, rev. 1939/40) 181. Allegro vivace: Trs vite et emport 2. Intermezzo: Trs lent en calme3. Presto tragico

    Pause

    Olivier Messiaen (1908 1992)Un sourire I/57 (1989) 10(Ein Lcheln)

    Francis Poulenc (1899 1963)Sinfonietta FP 141 241. Allegro con fuoco2. Molto vivace3. Andante cantabile4. Finale: Trs vite et trs gai

    Alja Velkaverh FlteHorst Eppendorf OboeOliver Schwarz KlarinetteRainer Schottstdt FagottMarkus Wittgens HornChristian Zacharias Klavier und LeitungGrzenich-Orchester Kln

    So: 10 Uhr und Mo + Di: 19 Uhr Konzerteinfhrung mit Klaus Oehl

    11

  • 44

    Joseph Haydns Huhn fr ParisDie Sinfonie Nr. 83 in g-Moll La poule

    In allen Konzerten wurden Symphonien von Herrn Haydn gespielt. Mit jedem Tag wchst das Verstndnis und damit die Bewunderung fr die Werke dieses groen Genies. Als der Mercure de France im April 1788 seinen Bericht verffentlicht, ist Joseph Haydn der populrste Sinfoniker nein, nicht in Wien, sondern tatschlich in Paris. Seit Anfang der 1780er Jahre stieg der Anteil von Haydn-Sinfonien in den Konzertprogrammen der beiden groen Pariser Konzert-Institutionen von anfangs 17 auf stolze 90 Prozent im Jahr 1788. In den Concerts spirituels wurde schon 1781 Haydns Stabat mater mehrfach mit groem Erfolg aufgefhrt und damit der Grundstein gelegt fr die Aufnahme seiner Sinfonien in die Programme der ffentlichen Konzerte. Im gleichen Jahr hatte sich das Concert de la Loge Olympique als mit den Concerts spiri-tuels konkurrierendes Konzertunternehmen gerade neu gegrndet. Mit der Protektion der Knigin Marie Antoinette entstand ein aus einer Freimaurerloge hervorgegangenes Orchester erstaunlicher Gre: 65 Musiker, grtenteils Berufsmusiker, deren ueres Erscheinungsbild in blauen Gehrcken und mit Degen alleine schon eindrucksvoll gewesen sein musste, von der Klangflle des fr seine Zeit ppig besetzten Orchesters ganz zu schweigen.Nicht weniger feudal als in Paris geht es zur gleichen Zeit im Schloss Esterhza unweit des Neusiedler Sees zu: Vielleicht ist auer Versailles (...) kein Ort, der sich in Rcksicht auf Pracht mit diesem vergleichen liee, urteilt Friedrich Cramer im Magazin der

    Originalitt, Witz und Esprit Klassische Musik fr und neoklassische Musik aus Frankreich

    Klaus Oehl

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    Musik von 1784 ber das Schloss des Frsten Nikolaus Esterhzy und kommt auch auf dessen Hofmusik zu sprechen: Sein Orchester ist eins der besten, wie ich je gehrt, und der groe Haydn ist sein Hof- und Theatercompositeur. Der schon seit ber zwanzig Jahren in Diensten der Frstenfamilie stehende Kapellmeister hatte sich seinen Ruf als der groe Haydn in Bhmen, Eisenstadt, Wien und eben auf Schloss Esterhza mit einem (allerdings deutlich kleineren Orchester als in Paris) hart erarbeitet, als ihn Anfang 1785 aus Paris der Auftrag fr sechs Sinfonien vom Orchester der Freimaurerloge de la parfaite Estime & Societ Olympique erreicht. Von den sechs Pariser Sinfonien entsteht die Nummer 83 (in der Zhlung der insgesamt 104 Sinfonien) noch im gleichen Jahr 1785, in dem in Wien, nebenbei bemerkt, sowohl Mozart als auch eben Haydn in die Freimaurerloge Zur wahren Eintracht aufgenommen werden. Der vom 24 Jahre jngeren Mozart halb scherzhaft, halb anerkennend bezeichnete Papa Haydn bleibt auch bei der Or-chesterbesetzung fr Paris bescheiden und whlt das ihm aus Esterhza vertraute kleine Ensemble (in den Blsern nur mit einer Flte, zwei Oboen, Fagotten und Hrnern), spart aber dafr nicht mit Witz und einem dramatischen Gespr fr groe orchestrale Effekte. In dem mit Allegro spiritoso berschriebenen Kopfsatz hebt ein grimmiges Thema in dsterem g-Moll an. Zupackend und mit gro-em Pathos fhren die fortissimo akzentuierten Orchesterschlge mit einer aufsteigenden Linie zu einer scharfen Dissonanz, worauf punktierte Tonwiederholungen mit einem dreimal erklingendem, abwrts gefhrten Signal ein musikalisches Ausrufezeichen set-zen. Sowohl die vehemente, hier sogar zornige Erffnung als auch der darauf folgende heroisch punktierte Rhythmus sind typische Merkmale fr den mittleren Stil des musikalischen Sturm und Drang bei Haydn, der sich schon in vielen seiner Sinfonien der frhen 1770er Jahre findet. Auf den noch einige Male gewichtig und mit groem Ernst vorgetragenen Hauptgedanken folgt hier nun aber eine berraschende, ironische Brechung des erhabenen sinfonischen Gestus. Das helle B-Dur ist erreicht, und nur die ersten Violinen steigen aus der groartigen wrdevollen Sphre vorsichtig wie auf Zehenspitzen im Staccato die Tonleiter ber zweieinhalb Oktaven herab und lenken den Blick auf eine gnzlich andere Szene. Ob es nun die wie ein Scharren klingenden Vor-schlagsnoten der Violinen sind oder das beharrliche Picken und Gackern der Solo-Oboe mit ihrem scheinbar endlos wiederholten punktierten Rhythmus: Mit dem Seitenthema befinden wir uns

  • 6

    ebenso pltzlich wie unverkennbar auf einem Hhnerhof. Das Pariser Publikum fand Gefallen daran, innerhalb einer Sinfonie des groen Haydn ein Huhn bei seinem begeistert aufgeregten Picken und Glucken zu entdecken und gab dem Werk den Beinamen La Poule vielleicht in Anlehnung an den Titel eines barocken Cembalostckes von Jean-Philippe Rameau aus dem Jahr 1728, worin sich ebenfalls solche mit Tonwiederholungen nachgeahmten Hhnerlaute finden. Fr Haydns sprichwrtlichen Humor gibt es bekanntere Beispiele in seiner Sinfonik, etwa die berhmten Paukenschlge in der Londoner Sinfonie Nr. 94 oder das sukzessive Abtreten der Musiker im Finalsatz der Abschieds-Sinfonie. Im Kopfsatz von La Poule findet sich ebenfalls ein orchestraler Effekt gestaltet, der wegen seiner albern-komdiantischen Tiernachahmung an sich ja auch schon witzig wre. Aber Haydn geht rational zu Werke und verwendet sein ganzes dramaturgisches Augenmerk darauf, dass die Pointe an dieser Stelle auch wirklich zndet. Es ist dabei nicht nur ein Spiel mit der musikalischen Konvention, in dem das Lachen deswegen gelingt, weil der Kontrast so berdeutlich her-ausgearbeitet ist zwischen heroischem und scheinbar leichtfertigem musikalischen Stil. Vielmehr zeigt sich hier auch Haydns planvolles und geistreiches Kompositionshandwerk, das die Gerusche eines Huhns aus dem gleichen, etwas gestelzten punktierten Motiv entwickelt, das im Hauptthema gerade noch fr den erhabenen reprsentativen Ton sorgte. Eine solche Originalitt und motivisch-thematische Verknpfung veranlasste den oben bereits zitierten Rezensenten in Paris dazu, von einem Genie zu sprechen, das es in jedem seiner Stcke so gut versteht, aus einem einzelnen Thema so reiche und verschiedenartige Entwicklungen abzuleiten, im Unter-schied zu den anderen unschpferischen Komponisten, die stndig von einer Idee zur nchsten weitergehen, ohne eine einzige in ver-nderten Formen prsentieren zu knnen, und die ohne Verbindung und ohne Geschmack in mechanischer Weise stndig Effekt auf Effekt hufen.Gleich zwei Mal scheint der Hrer im langsamen zweiten Satz seinen Ohren nicht trauen zu knnen: Das edle himmlische Thema des Es-Dur-Andante klingt so, als habe Mozart die Feder gefhrt. Und was als Verneigung des lteren gegenber der Kunst des jngeren Freundes beginnt, wird mit einem weiteren Coup fortge-fhrt. Das gesamte Orchester rauscht kraftvoll die Tonleiter herab und lenkt die Aufmerksamkeit auf eigentlich fast nichts: 22 mal

    dieselben sprlichen Tne in Bratschen und 2. Violinen, die, immer leiser werdend, beinahe ganz zu verlschen drohen, worauf mit

  • 7

    einem Fortissimo-Donner Haydn einmal mehr seinem anfnglich erschreckten, dann erheiterten Publikum einen sinfonischen Streich spielt. Im dritten Satz bernehmen die Holzblser die Fhrungsrolle in einem Menuett, auf das man bei Hofe nur wenige Jahre vor der franzsischen Revolution nun wirklich nicht mehr tanzen knnte. Das schlichte pastorale Thema ist durch Zweiergruppierungen derart gegen den Strich des -Takts gebrstet, dass man fast annehmen muss, hier werde auf hfischem Tanzparkett dem Adel ein Bein gestellt. Die an eine Hirtenweise erinnernde Soloflte im Trio und der Jagdcharakter des Finalsatzes betonen die lndliche Szenerie, und ohne einen weiteren (spaigen) Bock am Wegesrand zu schieen, klingt Haydns Sinfonie optimistisch und turbulent aus.

    Franz Joseph Haydn, Gemlde von Christian Ludwig Seehas (1785)

  • 88

    Nicht nur durch Wortspielerei gelangt man von Haydns La Poule leicht zu Poulenc (wobei das Anlegen der zwei zustzlichen Buch-staben im Scrabble sicherlich nur bei frankophilen Mitspielern geduldet wrde). Trotz der historischen Distanz von circa 150 Jahren ist es auch zu seiner Musik kein weiter Weg. Beiden Komponisten gemeinsam sind der ausgeprgte musikalische Witz und das ironische bis exzentrische Spiel mit musikalischen Konventionen. Als Abkehr vom sptromantischen und impressionistischen Wohl- und Schn-klang besinnt sich die musikalische Avantgarde zwischen den Weltkriegen allgemein wieder auf klassische Ideale: Klarheit und Eleganz sind die Stilmerkmale eines musikalischen, vor allem in Paris gepflegten Neoklassizismus, der sich von einem klangzau-berisch-schweren Wagner oder weich zeichnenden Debussy abwendet, um aus Mozart und Haydn neue Kraft zu schpfen. Innerhalb der Komponistengruppe der Groupe des Six (darunter als wichtigste Vertreter Darius Milhaud und A