1306 teufel

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Wenn einer sagt oder meint, die Bestrafung der Dämonen undder gottlosen Menschen sei zeitlich und werde zu irgendeinerZeit ein Ende haben oder es werde eine Wiedereinbringungvon Dämonen oder gottlosen Menschen geben, der sei verflucht. Wer behauptet, die himmlischen Mächte, alle Menschen, derTeufel und die bösen Geister würden sich mit Gott untrennbarwieder vereinen, so wie jener göttliche Geist, den sie Christusnennen, der von göttlicher Gestalt war und sich, wie sie sagen,entäußerte, und dadurch werde es ein Ende des KönigtumsChristi geben - den treffe der Bannfluch.Kirchenlehre um 553

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Wenn einer sagt oder meint, die Bestrafung der Dämonen und

der gottlosen Menschen sei zeitlich und werde zu irgendeiner

Zeit ein Ende haben oder es werde eine Wiedereinbringung

von Dämonen oder gottlosen Menschen geben,

der sei verflucht.

Wer behauptet, die himmlischen Mächte, alle Menschen, der

Teufel und die bösen Geister würden sich mit Gott untrennbar

wieder vereinen, so wie jener göttliche Geist, den sie Christus

nennen, der von göttlicher Gestalt war und sich, wie sie sagen,

entäußerte, und dadurch werde es ein Ende des Königtums

Christi geben - den treffe der Bannfluch.

Kirchenlehre um 553

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Schottland im Jahr 1306

r war verhasst und er wusste es. Nicht nur die verfluchten

Ketzer und Häretiker behaupteten von ihm, er wäre ganz

Zunge und Augen, und der Rest von ihm sei ganz

verkommen, auch die einfachen Leute erzählten sich schaurige

Geschichten vom leibhaftigen Teufel in Menschengestalt.

Voller Sorge dachte er an die Prophezeiung des großen

Kirchenvaters Gratian1, der in seiner Weisheit alles vorhergesehen

1 Gratian, mit vollständigem Namen Flavius Gratianus. Geboren um 359 in Sirmium. Gestorben am 25.

August 383 in Lyon, war von 375 bis 383 Kaiser im Westen des Römischen Reiches, wurde aber bereits

367 von seinem Vater Valentinian I. zum Mitkaiser ernannt. Zusammen mit Theodosius I. gilt er als

Begründer der christlichen Staatskirche.

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und in seinen Schriften als Zeugnis für kommende Generationen und

die Ewigkeit festgehalten hatte. In dessen Überlieferungen stand es

geschrieben: Dem Teufel verfallene Frauen werden sich über die Erde

ausbreiten. Waren diese Frauen verrückt? Immer mehr Frauen

behaupteten, sie könnten in der Mitte der Nacht mit einer

heidnischen Göttin, zusammen mit einer zahllosen Horde anderer

Frauen, über weite Teile des Landes fliegen, wenn sie nur einer

mysteriösen Meisterin gehorchen würden?2 In Frankreich, in Italien

und im kalten Germanien bekannten Frauen in großer Zahl, fast

immer unter der Folter, Hexen zu sein und die grässlichsten Praktiken

zu pflegen. Warum nahmen sie an, dass sie übermenschliche Kräfte

besäßen, wenn doch die Folter sie zum Sprechen, und das Feuer sie

läutern konnte? War das der Anfang vom Ende der heiligen Mutter

Kirche? Ein Satz aus der kostbaren Heiligen Schrift brannte in seinem

Gedächtnis und ließ ihn nicht mehr los: „Eine Hexe sollst du nicht am

Leben lassen.“3

Mit ratlosem Kopfschütteln betrachtete er die Botschaften,

die vor ihm lagen. Waren die Frauen die Vorboten für die unmittelbar

bevorstehende Ankunft des Antichristen? Wenn die

besorgniserregenden Informationen zutrafen, die schon seit Jahren

aus allen Teilen der christlichen Welt nach Rom gelangten, dann war

es nicht nur ein Kampf ums Überleben, sondern für das Überleben

der Kirche und der Welt.

2 Gratian in seinen Dekreten Abschnitt 364

3 Exodus 22.17

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Mit seinem Gänsekiel schrieb er auf das Pergament: „Alles

Irdische ist flüchtig wie der Rauch des Feuers. Nur meine Worte

gelten für die Ewigkeit.“

Seine Lippen formten den Satz: „Nur ich kann den Zerfall

aufhalten. Mein Wissen und mein Geist müssen in ewig geltenden

Worten weiterleben.“

Seit vielen Tagen und Nächten war er auf der Suche nach der

wirkungsvollsten Formulierung.

„Ich bin dazu ausersehen. Ich muss es tun. Ich allein bin

Gottes Stellvertreter auf Erden.“

Nur das leise kratzende Geräusch des Federkiels war zu hören,

als er schrieb: „Es gibt nur eine heilige, apostolische Kirche;

außerhalb ihrer gibt es keine Erlösung oder Vergebung der Sünden.“

Papst Bonifaz VIII. legte den Gänsekiel beiseite. Er spürte die Läuse an

seinem Körper und er begann leise zu beten.

Es sollte noch viele Tage und Nächte dauern. Dann endete

seine Botschaft an die Menschheit mit den Worten: „Nun aber

erklären wir, sagen wir, setzen wir fest und verkünden wir: Jede

menschliche Kreatur soll um ihres Seelenheiles willen dem Wort

Gottes unterstehen und das weltliche Schwert im Auftrag der Kirche

führen. Es ist zum Heile für jegliches menschliche Wesen durchaus

unerlässlich, dem römischen Papst unterworfen zu sein.“4

4 Aus der päpstlichen Bulle „Unam sanctam“

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Es war sein Kampf für die Allmacht der Kirche und gegen den

Unglauben. Noch viele Jahrhunderte

Fürstenhöfen, in den Klöstern und Dörfern das Gerücht, dass Papst

Bonifaz VIII. für alle Ewigkeit im Achten Kreis der Hölle, kopfunter in

den Felsspalten hängen würde.

5 Zitat nach Dante.

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Es war sein Kampf für die Allmacht der Kirche und gegen den

Unglauben. Noch viele Jahrhunderte danach hielt sich an den

Fürstenhöfen, in den Klöstern und Dörfern das Gerücht, dass Papst

Bonifaz VIII. für alle Ewigkeit im Achten Kreis der Hölle, kopfunter in

den Felsspalten hängen würde.5

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Es war sein Kampf für die Allmacht der Kirche und gegen den

Fürstenhöfen, in den Klöstern und Dörfern das Gerücht, dass Papst

Bonifaz VIII. für alle Ewigkeit im Achten Kreis der Hölle, kopfunter in

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„Es ist die Pflicht eines jeden Katholiken, Ketzer zu verfolgen.“

Papst Gregor IX., 1170-1241

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ch weiß, dass ihr unterdrückt werdet und dass ihr arm seid.

Aber sorgt euch nicht. In Wirklichkeit seid ihr reich.“

Die Predigten fanatisierter Wandermönche, von Rom

ausgesandt, sollten die Menschen im rauen Schottland zurück auf

den rechten Weg bringen. Überall verharrten verängstigte und

hungrige Menschen im Gebet. Das Streben nach Besitz, Macht und

Gold war angesichts des baldigen Endes sinnlos geworden.

Zuerst hatte man es auf eine Laune der Natur geschoben.

Auch die alten Götter wurden beschuldigt, aber es gab keine

Änderung. Der Zorn des Herrn war unübersehbar. Überall in der

christlichen Welt sanken die Temperaturen. Heftige Stürme und

Regenfälle überzogen die Länder und wollten nicht mehr aufhören.

Von Schottland bis Italien, von den weiten russischen Ebenen bis zu

den Pyrenäen waren die Menschen fürchterlichen klimatischen

Bedingungen unterworfen. Der Hunger war in den Burgen, in den

engen Städten und in den Dörfern ein ständiger Gast und der Tod

allgegenwärtig.

Aus Irland und Schottland gab es grauenvolle Dinge zu

berichten. Hungerleidende Menschen hatten in den Friedhöfen frisch

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begrabene Leichen ausgegraben, um das verwesende Fleisch zu

essen. Im Jahr 1299 verbot Pabst Bonifaz unter dem Zwang der

Ereignisse den Brauch des Leichen-Kochens, bei dem die Gebeine

vom Fleisch gelöst wurden, um wenigstens die Knochen in

christlicher Erde zu beerdigen. Verzweifelte Eltern töteten ihre Kinder

und Kinder ihre Eltern, um ihren Hunger zu stillen. Es war keine

Seltenheit, dass sich hungrige Menschen voller Gier über die Leichen

der Gehängten hermachten.6 Jeden Tag starben so viele Leute, dass

die Luft verpestet war. Arme Bettler starben in großer Zahl auf den

Straßen und auf den Misthaufen.7

Als die Pest ihre ersten Opfer forderte, konnte es nur eine

Ursache geben. Es war der gerechte Zorn Gottes über die bösen

Taten der Menschen, zur Züchtigung der Sterblichen, die sich ohne

Aufenthalt von einem Ort zum anderen fortpflanzten. Gegen die Pest

halfen weder Klugheit noch menschliche Vorkehrungen. Demütige

Gebete und feierliche Prozessionen, die von frommen Leuten

vorgetragen und durchgeführt wurden halfen nicht mehr.8

Die sichtbaren Zeichen der Seuche waren Schwellungen in der

Leistengegend oder in den Achselhöhlen, die nach kurzer Zeit so groß

wie ein Apfel wurden. Von diesen Körperteilen griffen die

todbringenden Pestbeulen auf andere Körperteile über. Dann

erschienen schwarze, blau unterlaufene Flecken auf den Armen, an

den Schenkeln und allen anderen Körperteilen als Zeichen des

6 Gimpel, Seite 208 bis 212

7 Nach einer Beschreibung des Abts von Saint-Martin in Tournai in seiner Chronik über die Hungersnöte

und das damals herrschende Elend.

8 Aus „Decamerone“ von Giovanni Boccaccio um 1350.

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baldigen Todes. Kaum jemand genas und fast alle starben nach drei

Tagen. Weite Landstriche waren menschenleer und verödeten. Das

wenige Vieh auf den Weiden ging an Vernachlässigung ein. Schiffe

strandeten, weil die Besatzungen vom Schwarzen Tod geholt worden

waren. In drei Jahren wurde ein Drittel der Christenheit dahingerafft.

Die Menschen waren verzweifelt und fanden keinen Ausweg. Es

stand geschrieben: „Der Herr straft mit der Rute ihre Missetaten und

mit Hieben ihre Sünden.“9

Aber es stand aber auch geschrieben: „Zuerst erschuf Gott

den Mann und dann die Tiere. Dann versetzte er den Mann in einen

Tiefschlaf und entnahm ihm eine Rippe. Aus der Rippe machte er eine

Frau und brachte sie zu dem Menschen, den er nach seinem

Angesicht geschaffen hatte. Der Mensch freute sich und rief:

„Endlich, sie gehört zu mir, denn von mir ist sie gekommen.“10

Doch woher war sie wirklich gekommen und warum traf der

Zorn Gottes die Menschen so hart? Gelehrte Männer erinnerten sich

an uralten Überlieferungen. Als die Menschen begannen, sich über

die Erde auszubreiten, wurden ihnen viele Töchter geboren. Das

sahen die Gottessöhne im Himmel und sie sahen auch, dass die

Menschentöchter sehr schön waren. Zweihundert Engel widersetzten

sich dem Gebot des Herrn, sich nicht zu versündigen und Semjasa, ihr

Oberster beschwor sie, es nicht zu tun. Aber die Gottessöhne

begehrten auf und stiegen von einem hohen Berg herab um sich die

9 Psalm 88, 33

10 Mose / Genesis 2.18 bis 25 – Die Erschaffung der Frau.

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schönsten Menschenfrauen zu nehmen, um sich ihnen hinzugeben,

sie zu verunreinigen und ihnen alle Sünden zu offenbaren. Sie lehrten

den Frauen allerlei Zaubermittel, Beschwörungsformeln und das

schneiden von Wurzeln. Die Frauen bekamen schöne Kinder und die

Kinder pflanzten sich mit den unwissenden Menschen fort und mit

ihnen die Sünden, die von Generation zu Generation mehr wurden.

Da sprach der Herr zu Gabriel und Michael, den gerechten Engeln:

„Zieht los gegen die Bastarde, die Verworfenen und die Hurenkinder.

Wenn sich die Söhne untereinander erschlagen, und wenn sie, die

Väter den Untergang ihrer geliebten Söhne gesehen haben, so binde

sie für siebzig Geschlechter unter die Hügel der Erde.“11

Im Angesicht der allgegenwärtigen Schrecken, des Elends und

des Todes verstanden auch die einfachen Menschen die Worte der

Mönche und Prediger. Die Schwäche der Gottessöhne konnte nicht

mit rechten Dingen zugegangen sein. Nur dem Teufel mit seiner

diabolischen Macht konnte es gelingen, seine wollüstigen Töchter

auszusenden, damit sie mit ihren Reizen die Schwachen verführen

konnten. Aus den ersten Verbindungen der zweihundert

abgefallenen Engel mit Menschenfrauen, waren neue Geschlechter

entstanden, deren ganzes Denken und Planen durch und durch böse

war.

Mit zunehmender Not bekam der Teufel eine reale Gestalt,

und seine zahllosen Anhänger die Boten des Schreckens. Der

schreckliche Fürst des Vollmachtsgebiets der Luft, war nicht mehr ein

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Mose / Genesis 6 und Henoch „Der Fall der Engel“

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harmloses, körperloses Wesen. Sein schreckliches Heer waren

teuflische Wesen, die mit höllischen Kräften in die Körper der

Menschen eindringen oder was noch schlimmer war, menschliche

Gestalt annehmen konnten. Not, Elend und der Teufel waren

sichtbar. Die Zeichen der Apokalypse, die das baldige Ende der Welt

ankündigten, waren überall zu sehen.

Die hungernden Menschen schrieben dem Teufel viele

Eigenschaften zu. Sie glaubten an seine Fähigkeit, sich geschlechtlich

mit den Menschen zu vereinigen. Schon immer galten Frauen als das

verdorbene Geschlecht. „Eva war aus der Rippe Adams erschaffen.

Sie war schwach und erlag den Einflüsterungen der Schlange, dem

Teufel in Tiergestalt, und darum nahm die Sünde ihren Anfang bei

einer Frau. Nur ihretwegen müssen alle Menschen sterben.“12 Das

verkündeten die Bettelmönche, die wie die Todesboten das Land

heimsuchten.

„Ob jung oder alt, die ist die ianua diaboli, die Einfallspforte

des Teufels. Sie ist nur ein missglückter Mann mit einer defekten und

fehlerhaften Natur.“13

Für das einfache Volk waren es leicht verständliche

Botschaften. Die Nachkommen der Vereinigung mit den

Zweihundert, die Verrat an Gott geübt und zum Teufel übergelaufen

waren, mussten wie bessere Menschen aussehen, oder was ein

12

Sirach, einer der Propheten des Alten Testaments, prägte den Satz, der eine unheilvolle Wirkung in

der späteren Kirchengeschichte haben sollte: „Von einer Frau nahm die Sünde ihren Anfang; ihretwegen

müssen wir alle sterben.“

13 Zitat von Albertus Magnus

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besonders perfider Trick war, sich wie normale Menschen geben. Die

teuflischen Wesen besaßen keine Seele, was sie besonders gefährlich

machte. Überall war die Angst zu spüren, dass es auch den

Unschuldigen wie den Bewohnern der Städte Sodom und Gomorra

ergehen würde, die vernichtet wurden, weil Engel mit Wesen anderer

Art verkehrten. Die strikte Trennung von Glauben und Vernunft,

biblische Verbot, vom Baum der Erkenntnis zu essen, bereitete den

Boden, auf dem die Ängste vor dem Teufel und seinem Reich

gediehen.

14

Nach dem Häretiker Siger von Brabant.

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besonders perfider Trick war, sich wie normale Menschen geben. Die

teuflischen Wesen besaßen keine Seele, was sie besonders gefährlich

machte. Überall war die Angst zu spüren, dass es auch den

ldigen wie den Bewohnern der Städte Sodom und Gomorra

ergehen würde, die vernichtet wurden, weil Engel mit Wesen anderer

Art verkehrten. Die strikte Trennung von Glauben und Vernunft,

biblische Verbot, vom Baum der Erkenntnis zu essen, bereitete den

oden, auf dem die Ängste vor dem Teufel und seinem Reich

Häretiker Siger von Brabant.

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besonders perfider Trick war, sich wie normale Menschen geben. Die

teuflischen Wesen besaßen keine Seele, was sie besonders gefährlich

ldigen wie den Bewohnern der Städte Sodom und Gomorra

ergehen würde, die vernichtet wurden, weil Engel mit Wesen anderer

Art verkehrten. Die strikte Trennung von Glauben und Vernunft,14 das

biblische Verbot, vom Baum der Erkenntnis zu essen, bereitete den

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Aus Erde geformt, in Schuld empfangen, zur Strafe geboren, tut der Mensch

Böses, das nicht gestattet ist, Schändliches, das sich nicht geziemt, Eitles,

das nicht nützt, und wird schließlich zur Nahrung des Feuers, zur Speise der

Würmer, zu einem Haufen Fäulnis.

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icht nur im einfachen Volk gab es viele Gerüchte

über die schöne Gräfin. Auch Adel und voran der

Klerus waren davon nicht frei und begegnete ihr

mit einer Mischung aus Misstrauen und ehrfürchtigem Respekt.

Obwohl sie ein offensichtlich gottesfürchtiges Leben führte, sagte

man ihr nach, dass sie ein Bündnis mit dem Teufel geschlossen und

ihm ihre unsterbliche Seele verschrieben habe. Das sichtbare Zeichen

für den Pakt war ein eigenartig geformtes, kleines Muttermal auf der

Stirn der Gräfin, und die Belohnung für ihre Hingabe waren

übernatürliche Gaben. Die schöne Gräfin konnte aus dem Flug der

Vögel erkennen, ob die Ernten gut oder schlecht ausfallen würden.

Mit ihren Kenntnissen der Heilwurzeln und Kräuter konnte sie Kranke

heilen und einmal war es ihr sogar gelungen, ein Kind wieder zum

Leben zu erwecken, das im Eis eines Sees eingebrochen war. Seit dem

haftete ihr der Ruf an, Tote wieder zum Leben erwecken zu können.

Doch der Preis für solche Fähigkeiten war hoch. Manche wussten von

teuflischen Ritualen und Hexereien, an denen die Gräfin beteiligt

gewesen sei soll. Auch soll sie nächtliche Ratsversammlungen

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einberufen haben, an denen die Bösen gemäß ihren Taten bestraft

und die Guten belohnt wurden und in deren Verlauf kleine Kinder

von einer gierigen Gefräßigkeit zerrissen. Und nur durch die Gnade

der Herrin der Nacht wieder in die Wiegen zurückgelegt wurden.15

Manche wollten wissen, dass sie in Vollmondnächten auf der

Suche nach Kindern und jungen Frauen war, um sie in den Wäldern in

Holzkisten lebendig zu verscharren. Voller Grauen wurde gemunkelt,

dass man in manchen Frühlingsnächten die Schreie der Opfer hören

könne, die verzweifelt versuchten, sich aus den dunklen

Gefängnissen zu befreien. Die Gerüchte bekamen neue Nahrung, als

ein geistesverwirrtes, altes Weib ihre vor vielen Jahren verstorbene

Tochter in der Nähe der Gräfin gesehen haben wollte.

Isabel16 Gräfin von Buchan, wusste um das Gerede. Es waren

Schauermärchen, die sich das einfache Volk zuflüsterte, um von

seiner Not abzulenken.

15

Nach Johannes von Salisbury (um 1115 bis 1180). 16

Der Name Isebel (oder Isabel) leitet sich von der Tochter Etbaals, des Königs von Tyrus ab. Isebel war

eine phönizische Prinzessin. Sie verehrt Baal, einen Gott, zuständig vor allem für die Fruchtbarkeit und das Wetter. Zu ihrer rassischen kommt so auch eine religiöse Fremdartigkeit. Der Name wird in den

christlichen Mythen mit einer Götzendienerin und Hure gleichgesetzt.

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Es ist das Schicksal dieser Erden,

sie wird stets älter, schlimmer werden.

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bwohl er mit dem Kirchenbann belegt und vogelfrei war,

ließ sich Robert The Bruce, Earl of Carrick, am 25. März

1306 zum König von Schottland krönen. Zwei Tage

später, am 27. März 1306, führte ihm Isabel, Gräfin von Buchan,

zuerst eine weiße Stute17 zu und ihn dann nach uraltem keltischen

Brauch auf den Thron von Scone, der bis ins Jahr 1296 auf einem

heiligen Stein gestanden hatte, zu geleiten.18 Die Krönungszeremonie

war ein symbolischer Akt und sollte dem verhassten Papst in Rom

zeigen, dass der alte Glaube noch tief im Volk verwurzelt war.

Bei der feierlichen Krönungszeremonie hatte Isabel von

Buchan eine Vision. Sie sah eine prächtige Treppe mit zwölf19

17

Der keltische Ritus der Hierogamie hat eine Parallele in einem altindischen Ritus. Ein angehender König musste sich unter anderem mit einer weißen Stute, der Muttergöttin in Pferdegestalt

geschlechtlich vereinen. Die Stute ist das Symbol des Territoriums und der Erde und obendrein Verkörperung der Königsherrschaft. Mit der Vereinigung wird seine Herrschaft rechtmäßig und

fruchtbar. 18

Nach einer Legende hat sich der biblische Jakob auf diesen Stein gesetzt und träumte von der Himmelsleiter. Eine zweite Sage behauptet, der Stein sei ein Stück vom Thron des ägyptischen Pharaos.

Seine Tochter Scotia brachte ihn mit, als sie einen Kelten heiratete und Stamm-Mutter der Schotten wurde. 19

838 setzte sich Keneth MacAlpin auf diesen Stein, nur dadurch wurde er zum König der Schotten. Alle

seine Nachfolger wiederholten diese Zeremonie. 1296 ließ der englische König Edward I. den Stein nach London bringen. Der Stone of Scone ist auch unter den Begriffen Coronation Stone (Krönungsstein),

Stone of Destiny (Stein der Vorsehung/ Bestimmung) oder Liafail bekannt und spielt im britischen Krönungsritual eine Rolle. Die letzten Beinamen finden sich auch beim Stein von Tara in Irland, der wie der Stone of Scone mit dem sagenhaften Stein von Fal identifiziert wird. Hier dürfte es sich um einen

Mythos handeln, der von den Gael (in denen früher manche Forscher die Träger der Glockenbecherkultur erkennen wollten) bei ihrer Invasion auf die Inseln mitgebracht wurde. Nach

einigen Legenden soll es sich um den Stein handeln, auf dem der Kopf des biblischen Patriarchen Jakob

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goldenen Stufen, die auf dem heiligen Stein20 der Vorfahren stand

und bis zum Himmel reichte. Auf ihr stiegen Engel mit flammenden

Schwertern auf und nieder. Aber die Engel fanden keine Ruhe, denn

sie konnten die untersten zwei Stufen nicht betreten. Ein

hochgewachsener Ritter in glänzender Rüstung auf einem mächtigen,

weißen Pferd verwehrte den Engeln den Zugang zur Erde. Sie

konnten auch nicht zurück in den strahlenden Himmel. Dort

verhinderte eine gewaltige Macht das Überschreiten der siebten

Stufe.21

In ihrem Traum versuchte Isabel von Buchan dem Ritter den

Helm abzunehmen, aber als er sein Visier öffnete und sie sein Gesicht

sah, erschrak sie. Es besaß keine menschliche Form. Was sich ihren

Augen bot, war nur übelriechendes Aas von marklosen Knochen und

wimmelnden Maden. Die stinkende Masse hatte Ohren auf der Stirn

für Schmeicheleien, Augen am Hinterkopf damit er das Unheil nicht

sehen konnte und in sein Herz hatte sich ein riesiger Wurm

hineingefressen.22

ruhte, als er die Vision der Himmelsleiter hatte, oder um einen Teil des Thrones des israelitischen Königs David.

20

Der heilige Stein war von den Engländern gestohlen worden und blieb für Jahrhunderte verschollen.

21 Benedikt von Nursia schildert die Leiter des Jakobstraums mit zwölf Sprossen als Leiter der Tugenden.

Den Weg zum Himmel konnte man sich in der frühen Christenheit nicht anders als in der Form eines

Aufstiegs vorstellen. Die karthagische Märtyrerin Perpetua hatte im Gefängnis die Vision einer sehr

hohen und engen Leiter zum Himmel, mit einem drohenden Drachen am Fuß der Leiter. Vgl. auch 1.

Mose 28 „Jakobs Traum von der Himmelsleiter.“

22 Die Geschichte wird ursprünglich Birgitta von Schweden zugeschrieben. Sie war Ordensstifterin und

Heilige. Geboren um 1303 und gestorben am 23. Juli 1373 in Rom. Birgitta ließ sich im Kloster Alvastra

nieder und gab sich den strengsten Bußübungen hin. Der Legende nach wurden ihr zahlreiche

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Am 19. Juni 1306 wurden die Truppen von Robert The Bruce

in der Schlacht bei Methven durch die Engländer vernichtend

geschlagen. Schon die Vorzeichen hatten auf kein gutes Ende

hingedeutet. Am Vorabend der Schlacht war am Himmel ein glutroter

Feuerball erschienen, der mit großer Geschwindigkeit am dunklen

Nachthimmel seine Bahn zog.23 Dann sahen die verängstigten

Schotten am Horizont einen leuchtend roten Feuerschein. Niemand

konnte sich das Phänomen erklären, da man annahm, dass der

Himmel, abgesehen von größeren Körpern wie Planeten, dem Mond

und der Sonne frei, von Materie wäre.24

Noch während der Nacht griffen die Engländer an und

überraschten die schlafenden Schotten. Die Schwachstellen der

Befestigungen waren verraten worden. Von viertausendfünfhundert

schottischen Soldaten überlebten nur vierhundert. Sie erzählten von

einem geheimnisvollen, teuflischen Feuer und einem Reiter auf

einem weißen Pferd, der ausgezogen war, um sie zu vernichten.25

Offenbarungen zuteil. Nach ihren Angaben erklärte sie Christus als seine Braut. Am 7. Oktober 1391

sprach Bonifatius IX. Brigitta von Schweden heilig. Ihr Fest ist der 8., in Schweden der 7. Oktober.

23 Das Naturphänomen ist überliefert und war vermutlich ein Meteorit.

24 Ein auf Aristoteles zurückgehender und von Isaac Newton bekräftigte Glaube, dass das Sonnensystem

abgesehen von den größeren Körpern wie Planeten, Monden und Kometen frei von Materie sei.

25 Eduard I. zog 1304 nach Schottland und setzte bei der Belagerung von Stirling Castle das erste mal das

„Griechische Feuer“ ein, das von den Byzantinern erstmals im 7. und 8. Jh. verwendet worden sein soll. Bis

zum Jahre 1319 hatten die Schotten diesen Vorsprung aufgeholt. Ein flämischer Gelehrter hatte ihnen das

Geheimnis verraten. Quelle: Henry W. Hine, Gunpowder and Ammuniton, Their Origin and Progress, 1904.

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Aymer de Valence, der die englischen Truppen anführte, ritt ein

mächtiges, weißes Pferd.

Isabel von Buchan hatte, wie es keltischer Brauch war, als

schottische Adlige, Robert The Bruce auf den Thron geführt und sich

damit zu ihm und gegen den englischen König bekannt. Ihr Traum

von einem unabhängigen Schottland war m

ausgeträumt.

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Aymer de Valence, der die englischen Truppen anführte, ritt ein

mächtiges, weißes Pferd.

Isabel von Buchan hatte, wie es keltischer Brauch war, als

schottische Adlige, Robert The Bruce auf den Thron geführt und sich

damit zu ihm und gegen den englischen König bekannt. Ihr Traum

von einem unabhängigen Schottland war mit dem Sieg der Engländer

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Aymer de Valence, der die englischen Truppen anführte, ritt ein

Isabel von Buchan hatte, wie es keltischer Brauch war, als

schottische Adlige, Robert The Bruce auf den Thron geführt und sich

damit zu ihm und gegen den englischen König bekannt. Ihr Traum

it dem Sieg der Engländer

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Und Mose wurde zornig über die Hauptleute des Heeres, die Hauptleute

über tausend und über hundert, die aus dem Feldzug kamen, und sprach zu

ihnen: „Warum habt ihr alle Frauen leben lassen?"

4. Mose 31,14-15

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ie Gräfin war auf der Flucht und sie wusste, dass es

kein Zurück gab. Sie ging einfach weiter, ohne sich

umzusehen. Weg vom Geschrei der Männer, dem

Klirren der Waffen und den gellenden Schreien der Verwundeten.

Müde und apathisch setzte sie einen Fuß vor den anderen. Ihr

Atem kam stoßweise, unterbrochen von einem heiseren Husten. Mit

der linken Hand hielt sie ein schmutziges, löchriges Tuch fest um ihre

schmalen Schultern. Das Tuch hatte sie einem Erschlagenen

abgenommen, um damit ihre kostbaren Kleider zu verdecken, die sie

verraten konnten.

Der schmale Weg führte in engen Kehren hinab in eine kleine

Schlucht. An manchen Stellen ragten die dicken Wurzeln der Bäume

wie ineinander verschlungenes Gewürm aus dem aufgerissenen Hang

zu ihrer Linken. Ängstlich wich sie den großen Felsvorsprüngen aus,

die in den schmalen, kaum erkennbaren Weg hinein ragten. In ihrer

panischen Angst stolperte sie über Steine und abgebrochene Äste.

Herabhängende Zweige schlugen ihr ins Gesicht, aber sie nahm die

Schmerzen nicht wahr. Auch den quälenden Hunger spürte sie nicht.

DDDDDDDD

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Es war, als würde eine engelsgleiche Stimme zu ihr sprechen: „Halte

in Treue durch, auch wenn es dein Leben kostet. Dann wird dir als

Siegespreis ewiges Leben geschenkt.“

Immer schneller und ohne nachzudenken lief sie auf dem Weg

weiter. Die Einsamkeit des dunklen Waldes war eine Befreiung. Weg

vom großen Feld mit den unzähligen Toten und Sterbenden, in den

für schwere Reiter undurchdringlichen Wald. Sie sah das glitzernde

Band eines Baches. Dann stolperte sie über große, moosbewachsene

Steine, die das eiskalte, strömende Wasser seit Urzeiten teilten.

Immer wieder musste sie ausweichen und ihre Füße fanden auf den

glitschigen Steinen kaum Halt. Durch den Wald klang das Heulen der

Hunde nah und doch aus weiter Entfernung.

Am dritten Tag ihrer Flucht stieß sie im dichten Wald auf eine

ärmliche Köhlerhütte. Isabel von Buchan war schmutzig und ihre

Kleider zerrissen, aber der Köhler erkannte sie sofort und wollte ihr

helfen. Doch ihr war nur eine kurze Verschnaufpause vergönnt. Als

das Gebell der Hund näher kam, versteckte sie sich voller Angst in der

Abfallgrube. Sie sah, wie die Hunde auf die Hütte zuhetzten und

begann sich mit bloßen Händen in die stinkenden Exkremente

einzugraben. Hinter den Hunden kamen Männer mit Helmen und

Kettenhemden und warfen Fackeln in die ärmliche Hütte. Als sie die

gellenden Schreie der Frauen hörte, drückte sie ihre Augen fest zu.

Sie roch den Qualm und sah die hoch aufsteigenden Flammen, die

aus der Köhlerhütte schlugen. Ein leises Schluchzen schüttelte ihren

schmalen Körper.

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Wie lange sie so da lag wusste sie nicht. Erst als es dunkel

geworden war, richtete sie sich vorsichtig auf. Die Schreie und

Stimmen waren verklungen und das heisere Gebell der Hunde nur

noch aus weiter Ferne zu hören. Die Hunde hatten ihre Witterung

verloren. Nur der Geruch von brennendem Holz und verbranntem

Fleisch hing schwer in der Luft. Wo vor wenigen Stunden noch Leben

war, schlugen kleine Flammen aus einem Gewirr von schwarz

verbranntem Holz.

Als sie sich umdrehte, sah sie ihn. Der Köhler, der ihr helfen

wollte, stand unbeweglich an der großen Eiche, wie ein schwerer

Koloss, gespenstisch angeleuchtet von den in den klaren

Abendhimmel aufsteigenden Funken des verlöschenden Feuers. Sie

war glücklich, ihn zu sehen und rannte zu ihm, über das Blut und die

Körper der toten Frauen, die in seltsam verrenkten Haltungen am

Boden lagen, vorbei an den Resten der eingestürzten Hütte.

Die tiefen Falten in seinem ruß- und blutverschmierten

Gesicht sahen im Widerschein des Feuers noch tiefer und wie kleine

Schluchten aus. Als sie dicht vor ihm stand und in seine Augen sah,

erschrak sie. Es waren dunkle, blutverkrustete Höhlen. Sie sah das

Ende des dicken Nagels, der aus seiner Stirn ragte, mit dem sie ihn

zur Abschreckung an die große Eiche genagelt hatten. Entsetzt wich

sie zurück und rannte so schnell sie konnte weg, zurück in den Wald.

Mit lautem Krachen barsten die verbrannten Balken der Hütte.

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„Die Zauberinnen sollst du nicht am Leben lassen.“

2. Mose 22,17

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chon seit Tagen konnte sie das laute Hämmern der

Zimmerleute und Schmiede, die Rufe und die hektische

Betriebsamkeit auf dem Burghof hören. Die Geräusche

drangen durch die meterdicken Mauern bis in ihre dunkle Zelle.

Isabel von Buchan hatte Angst vor dem, was geschehen würde.

Manchmal wünschte sie sich, stark zu sein, so wie Bronwyn und

Gwendolyn, ihre Freundinnen und Vertrauten, die dem rasenden

Streben König Edwards nach Rache nicht entgangen waren.26

So lange sie denken konnte, waren die Zwillinge ihre

wertvollsten Ratgeberinnen. Doch gegen die Kraft der Ketten und des

Feuers waren auch die beiden Frauen und ihre sieben Schwestern27

machtlos gewesen. Es war ihnen nicht gelungen, zu entkommen. Die

wenigen Burgwachen waren alt und die Männer König Edwards

konnten Isabel von Buchans schwach befestigte Burg in wenigen

Tagen einnehmen und sie ergreifen.

26

Zitat Barrow Seite 293.

27 In der keltischen Mythologie gibt es eine Parallele. Auf der Insel Avalaon herrschen paradiesische

Zustände. Unter der Obhut von Morgane, der Fee, und ihren neun Schwestern werden die Menschen

bei voller Gesundheit über hundert Jahre alt. Avalon ist eine der vielen Inseln der keltischen Anderswelt.

SSSSSSSS

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Bei der Plünderung der brennenden Burg hatte man in den

Privatgemächern der Gräfin zwei Eisenkisten gefunden. In einer der

Kisten lagen, in schwarze glänzende Erde eingebettet, zwei blanke

runde Steine. In der anderen Kiste ein grauer, unscheinbarer

Gesteinsbrocken. Der Inhalt der beiden Kisten erschien wertlos und

wurde nicht weiter beachtet, aber sie nahmen die Kisten mit.

Dann fanden die Männer einen kostbaren Psalter28 und ein

dickes Buch. Zwischen den mit einer schweren Buchschließe

gesicherten und mit schmucklos braunem Leder bezogenen

Holzdeckeln befanden sich wertvolle, blattförmig zugeschnittene

Pergamentbögen. Auf dem ersten Blatt war eine von vierundzwanzig

Strahlen der Sonne umgebene, nackte schwangere Frau abgebildet.

Ihr lag der Mond zu Füßen und sie trug auf dem Kopf eine Krone mit

zwölf Sternen. Das zweite Blatt war mit einer Malerei, die mit sechs

Kreisen die Erschaffung der Welt darstellte, kunstvoll verziert. In

lateinischer Sprache stand auf dem Blatt „membra Christi“29 und

darunter Sefer ha-Bahir geschrieben. Dann folgten mit

verschiedenfarbigen Tinten und Goldtinktur beschriebene

Pergamentbögen, mit Namen von sechshundertsechsundsechzig

Namen von Frauen in Schottland, in Irland, aber auch in Brabant, in

Flandern, in Sachsen und Böhmen. Es waren Frauen von Adel, aber

auch geachtete Frauen aus Klöstern und einfache Frauen, die von den

28

Der Legende nach handelte es sich um den Canterbury Psalter. In sechs kreisrunden Abbildungen

wandelt sich der Herr des ersten Tages zum Gelehrten und hebt gebietend die Schrift empor. Er befiehlt

den Pflanzen zu wachsen und den Menschen ihn anzubeten.

29 die Glieder Christi

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Häschern der Inquisition erst viele Jahre später und nach langer

Suche gefasst werden konnten. Nach den Namen folgten viele Seiten

mit mystischen Kommentaren und Beschwörungsformeln zur

Heiligen Schrift.30 Auf der letzten Seite stand in lateinischer Sprache:

„Die Götter, die Himmel und Erde nicht gemacht haben, sollen

verschwinden von der Erde und unter dem Himmel.“31

In den Jahrzehnten danach, als die Inquisition viele der Frauen

aufgespürt und ergriffen hatte, fand man zehn weitgehend identische

Bücher und darin den Hinweis auf ein zwölftes Buch. Das zwölfte

Buch blieb trotz intensiver Suche verschollen.

Isabel von Buchan war der Gotteslästerung, der Hexerei und

des Hochverrats angeklagt. Die Anschuldigungen waren so

schwerwiegend, dass daraus die Zugehörigkeit zu einem satanischen

Geheimbund abgeleitet werden konnte. Man warf ihr vor, zusammen

mit den sechshundertsechsundsechzig Frauen aus weit entfernten

Ländern, mit denen sie nur auf übernatürlichem Weg in Verbindung

stehen konnte, in der Synagoga Satanae dem Teufel zu huldigen.

Angesichts der Beweise gab es für sie nur geringe

Möglichkeiten, mit dem Leben davon zu kommen. Verteidigen durfte

sie sich nicht und für Hexerei gab es nur eine Strafe, den qualvollen

Tod durch das reinigende Feuer. Isabel von Buchan kannte ihr Urteil

noch nicht, aber sie wusste, dass man ihr es am Tag vor der

30

Es handelt sich dabei vermutlich um das Buch Sefer ha-Bahir, eines der fundamentalen Texte der

Kabbala. Das Buch tauchte erstmals um 1150 in der Provence auf und soll angeblich aus dem Orient

stammen. Alle Kopien des Buches gelten als verschollen, oder sind der Inquisition zum Opfer gefallen.

31 Jer. 10.11

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Hinrichtung vorlesen würde. Die langen Folterqualen, denen ihre

Freundinnen ausgesetzt waren, blieben ihr erspart, aber sie ahnte,

dass die beiden Frauen verbrannt worden waren.

In der Zelle, viele Stufen unterhalb des mächtigen

Hauptturms, war ihr jedes Gefühl für Zeit verloren gegangen. Nur ihr

starker Glaube hatte ihr geholfen, die Zeit in der Dunkelheit zu

überstehen. Ihre blutenden Lippen flüsterten: „Alles Lüge, alles Lüge.

Das Wort ist nicht der Anfang und nicht das Ende. Leben wächst aus

dem Tod und Nacht ist der Anfang vom Tag …“

In den ersten Wochen ihrer Gefangenschaft waren die

Wachen immer wieder gekommen, um sich das zu holen, was ihr

gesetzlich verbrieftes Recht war. Sie dachte noch daran, aber die

Erinnerung begann im ewigen Halbdunkeln der Zelle zu verblassen.

Die betrunkenen Männer kamen nicht mehr um sie zu schänden.

Als sich die Wachen beim Öffnen der Kerkertür das erste mal

bekreuzigten und den Blick senkten, spürte sie die Angst.. Seit dem

Tag wurde sie von den Wachen nicht mehr berührt. Der Grund

konnte nur sein, dass sie trotz der schweren Schuld am Leben bleiben

sollte. Denn das Anrecht der Wachen, das mit den Frauen zu tun, was

sie wollten, bezog sich nur auf die zum Tode Verurteilten. Jetzt

wusste sie, dass es doch noch eine Hoffnung gab.

Die Gräfin sah auch, dass die Wachen Abstand zu ihr hielten.

Wenn die schwere, mit Eisen beschlagene Kerkertür geöffnet wurde,

spürte sie die Kraft, die von ihr ausging. Die Holzschüssel mit dem

grauen Brei und dem tönernen Wasserkrug wurde an der Schwelle

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abgestellt und vorsichtig mit einer Holzstange in ihre Richtung

geschoben, damit sie ihr Essen und das Wasser trotz der schweren

Eisenketten erreichen konnte.

Niemand sprach mit ihr, aber manchmal drangen leise Worte

zu ihr durch. Als sie zufällig ein Gespräch belauschen konnte, spürte

sie eine Veränderung. Anders als noch vor einigen Wochen redeten

die grobschlächtigen Wachen mit Ehrfurcht über ihre beiden toten

Freundinnen. Die Gräfin konnte aus den Gesprächsfetzen

heraushören, dass die Zwillinge selbst unter schwerster Folter keinen

Laut von sich gegeben hatten. Sogar als die Scheiterhaufen

angezündet und die Körper schon lichterloh brannten, hatten sie ein

eigentümliches, fremd klingendes und noch nie gehörtes Lied

gesungen. Die Wachen erzählten sich, dass die Melodie so voller

Qualen war, dass sich die vielen Zuschauer der Verbrennung voller

Entsetzen die Ohren zuhalten mussten. Niemand hatte das Ende der

starken Frauen gesehen, denn die Menschen waren vor Entsetzen

und ohne sich umzusehen weggelaufen. Noch viele Stunden danach,

als die Flammen der mächtigen Scheiterhaufen erloschen waren, soll

das abscheuliche Lied in den Mauern, den Wiesen und Wäldern wie

ein leises Wispern und Raunen zu hören gewesen sein.

König Edward hatte ihr eine andere Strafe auferlegt, aber

Isabel von Buchan wusste nicht, was mit ihr geschehen würde.

Inzwischen war es Herbst und die Kälte des nahen Winters

war zwischen den Mauern zu spüren. Man hatte sie aus der

Dunkelheit der Zelle heraus gezerrt. Auf den nassen Steinstufen war

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sie gestürzt und ihre Knie und Arme waren voller Blut. Mit den

schweren Ketten, mit denen ihre Arme und Beine eng gefesselt

waren, gelang es ihr nicht den Wagen zu besteigen. Die Wachen

mussten sie an den Ketten auf den Wagen ziehen. Viele Menschen

waren auf dem großen Platz vor der Burg und alle kreischten und

schrien und riefen obszöne Worte. Sie drängelten sich dicht um den

zweirädrigen Wagen der von einem Ochsen gezogen wurde. Tränen

flossen ihr dreckverschmiertes Gesicht hinab, aber ihre offenen,

feuerroten Haare glänzten immer noch im herbstlichen Licht. Dann

sah sie in furchtbar entstellet Gesichter. Sie sah Krücken und Stöcke

und mit Lumpen umwickelte Leiber. Noch nie hatte sie so viel

Hässlichkeit und Entstellung gesehen. Als der Wagen anhielt, wurde

den hunderten Leprakranken zugerufen: „Diese Frau ist der Hexerei

überführt und sie wird brennen, wie es das Gesetz befielt. Doch das

reinigende Feuer wird sie schnell verbrennen und der Wind ihre

Asche in alle Himmelsrichtungen verstreuen. Doch wir werden euch

die Gnade gewähren sie als euer Eigentum zu nehmen. Sie gehört

euch.“

Doch die schrillen Stimmen der Kranken verstummten.

Niemand sprach ein Wort und niemand wagte die geschändete

Gräfin zu berühren. Dann, nach einer ganzen Weile trat eine

schrecklich entstellte Gestalt vor und sprach: „Seht her, hier habe ich

hundert Gefährten, denen ihr eine Hexe als gemeinsames Eigentum

versprochen habt. Aber in uns brennt eine so große Hitze und die

Tücher kleben uns am Leib, dass es unter dem Himmel keine Frau

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gibt, die den Umgang mit uns auch nur einen Tag ertragen könnte.

Gebt ihr die Gnade des Feuers. Wir wollen sie nicht.“32

Die entstellten Gestalten wichen still zurück und Isabel von

Buchan wurde in ihre dunkle Zelle zurück gebracht.

Sie wusste nicht, ob es Tage oder Wochen waren. Jedes

Gefühl für Zeit war verschwunden, als sie schwere Schritte, das

Klirren von Eisen und Stimmen hörte. Dann öffnete sich die Tür und

ihre Ketten wurden gelöst. Das flackernde Licht der Fackeln zeichnete

sich in gespenstischen Reflexen an den grauen Mauern ab, als man

sie durch lange dunkle Gänge führte. Dann sah sie durch die

schmalen Mauerdurchlässe das schwache Licht des anbrechenden

Tages. Es war bitter kalt und die Bauern und Leibeigenen schienen

noch zu schlafen. Sie wurde die endlos erscheinenden Stufen des

Hauptturms hochgezerrt. Der eisige Wind pfiff durch schmale

Scharten des meterdicken Mauerwerks und Isabel von Buchan

zitterte am ganzen Körper.

Als sie oben auf dem Turm angekommen waren, sah sie tief

hängende, graue Wolken, die schwer über den Wäldern hingen.

Langsam durchbrach das Licht der aufgehenden Morgensonne die

dichten Wolken.

Nach der langen Zeit in der Dunkelheit gewöhnten sich ihre

Augen nur langsam an das fahle Morgenlicht. Dann sah sie den

schweren eisernen Käfig.

32

Aus dem Versroman Tristan und Isolde, des bretonischen Dichters Berol. Entstanden vermutlich um

1190.

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„Ich werde es überstehen“ waren ihre Worte, als man sie in

dem Käfig einschloss, in dem es ihr kaum möglich war aufrecht zu

stehen, der aber so schmal war, dass sie sich nicht hinlegen konnte.

Dann sprach sie kein Wort mehr und ließ alles geschehen.

Langsam wurde der Käfig an einer starken Kette, fünf Meter

an der Turmaußenseite hinabgelassen. Niemand konnte sie so

erreichen. Ein eisiger Winter kündigte sich an und das dünne

Wollkleid hing in Fetzen an ihrem schmalen Körper.

33

Isabel, Gräfin von Buchan war in ein Komplott gegen König Edward II und der rituellen Tötung des

John Comyn (eines schottischen Adligen) auf geweihtem Boden, der Greyfriars Kirk in Dumfries

verwickelt. Sie wurde vier Jahre in einem eisernen Käfig gefangen

und die Loge“ Baigent, Leigh. Bechtermünz Verlag.

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„Ich werde es überstehen“ waren ihre Worte, als man sie in

m Käfig einschloss, in dem es ihr kaum möglich war aufrecht zu

stehen, der aber so schmal war, dass sie sich nicht hinlegen konnte.

Dann sprach sie kein Wort mehr und ließ alles geschehen.

Langsam wurde der Käfig an einer starken Kette, fünf Meter

urmaußenseite hinabgelassen. Niemand konnte sie so

erreichen. Ein eisiger Winter kündigte sich an und das dünne

Wollkleid hing in Fetzen an ihrem schmalen Körper.33

Isabel, Gräfin von Buchan war in ein Komplott gegen König Edward II und der rituellen Tötung des

John Comyn (eines schottischen Adligen) auf geweihtem Boden, der Greyfriars Kirk in Dumfries

vier Jahre in einem eisernen Käfig gefangen gehalten. Quelle Seite 58 „Der Tempel

und die Loge“ Baigent, Leigh. Bechtermünz Verlag.

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„Ich werde es überstehen“ waren ihre Worte, als man sie in

m Käfig einschloss, in dem es ihr kaum möglich war aufrecht zu

stehen, der aber so schmal war, dass sie sich nicht hinlegen konnte.

Langsam wurde der Käfig an einer starken Kette, fünf Meter

urmaußenseite hinabgelassen. Niemand konnte sie so

Isabel, Gräfin von Buchan war in ein Komplott gegen König Edward II und der rituellen Tötung des

John Comyn (eines schottischen Adligen) auf geweihtem Boden, der Greyfriars Kirk in Dumfries

gehalten. Quelle Seite 58 „Der Tempel

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Schön ist abscheulich und abscheulich ist schön.

Recht ist schlecht und schlecht ist recht.

Fein ist faul und faul ist fein.

Nichts ist, wie es scheint.34

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Schottland

Donnerstag, 31. August 1967

ör dir mal diese beschissene Musik an.“ Tim Waitts

starrte wie geistesabwesend auf den Boden. Dann

drehte er sich um und griff mit seinen

dreckverschmierten Händen an die chromglänzenden Drehknöpfe

seines neuen Bajazzo TS35, um nach einem anderen Sender zu

suchen. Aus dem kleinen Lautsprecher kam die ungewohnt klingende

Stimme von Tony Blackburn, dem neuen Moderator von BBC Radio 1,

der mit hektisch hoher Stimme die nächste Schallplatte ankündigte.

„Radios können die Hunnen ja bauen.“

Tim war stolz auf sein neues deutsches Telefunken -

Kofferradio, obwohl der Empfang in der Höhle sehr schlecht war. Die

disharmonischen Klänge von Lucifer Sam aus der ersten Pink Floyd

Langspielplatte verschwanden in einem Gewirr von Rauschen und

sich überlagernden Sendern. Vorsichtig, um sie nicht zu verbiegen

34

Zitat frei nach William Shakespeare aus „Macbeth“.

35 Ein Kofferradio von Telefunken. Wurde etwa zwischen

1965 und 1967 gebaut.

HHHHHHHH

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oder abzubrechen, drehte er die dünne Antenne, um einen besseren

Empfang zu bekommen.

Mike Donally richtete sich auf und der schwache Schein der

Karbidlampe an seinem Helm beleuchtete die unwirkliche Szene.

„BBC bringt auch immer schlechtere Musik“ war sein

uninteressiert klingender, kaum verständlich gemurmelter

Kommentar. Eigentlich war es ihm egal, welche Musik oder ob

überhaupt Töne aus dem Radio kamen. Die neue Musik, die jetzt alle

hörten, berührte ihn nicht.

„Mach mal den Krach aus, ich muss nachdenken.“

Tim Waitts schaltete an einem der silberglänzenden

Drehknöpfe das Radio aus und schwieg.

„Hörst du das auch? Das Tropfgeräusch. Das ist

jahrtausendealtes Wasser. Das läuft noch wenn es uns schon lange

nicht mehr gibt.“

Im Lichtkegel der Helmlampen sahen sie sich in der dunklen

Höhle um. Glitzernde Feuchtigkeit perlte an den Höhlenwänden, die

durch uralte Kalkablagerungen eine gelbgrauen Farbe angenommen

hatten.

Tim Waitts und Mike Donally, zwei gestandene Familienväter

und Hobbyarchäologen, wussten nicht genau, was sie eigentlich

suchten oder zu finden hofften. Sie waren in der Gegend

aufgewachsen. Als Kinder, vor über vierzig Jahren, war die Umgebung

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der Burgruine nahe der englischen Kleinstadt Berwick-upon-Tweed36

ihr Spielparadies. Sie kannten jede noch so verborgene Stelle. Schon

damals, auf ihren Streifzügen durch die dichten Wälder waren ihnen

seltsam geformte, verwitterte Steine aufgefallen. Die sechs, vor

vielen Jahrhunderten sorgfältig wie in einem Kreis angeordneten,

grauen Steinquader37 mit seltsamen Einkerbungen, lagen gut

versteckt unter dicken Baumwurzeln, dichtem Gestrüpp und Moos.

Die beiden Jungs hatten sie bei ihren Streifzügen durch den dichten

Wald gefunden und in den vielen Jahren mit niemand darüber

geredet.

Ganz in der Nähe der Steine, unterhalb der Burgmauer, gab es

eine Stelle am Steilhang die mit auffällig viel Geröll bedeckt war. Als

Kinder waren sie zu schwach, um das Geröll zu beseitigen. Jetzt,

vierzig Jahre später, auf der Suche nach Spuren der Kelten, war es

diese Stelle, die ihre Neugier geweckt hatte. Das Geröll, hinter dem

sie als Kinder den Zugang zu einer Höhle vermutet hatten, war nach

den vielen Jahren und unter dichtem Gestrüpp kaum noch zu

erkennen. Nur die sechs moosbewachsenen und verwitterten Steine

waren noch vorhanden und zeigten ihnen die richtige Stelle.

36

Berwick-upon-Tweed ist eine Stadt in Northumberland an der englischen Ostküste und die nördlichste

Stadt Englands. Sie liegt auf einer Halbinsel an der Mündung des Flusses Tweed, der in dieser Gegend

die Grenze zwischen England und Schottland bildet. Eine zeitgenössische Beschreibung der Stadt

behauptete, sie sei „so stark bevölkert und so wichtig für den Handel, dass man sie zu Recht als zweites

Alexandria bezeichnen könnte, dessen Reichtum die See und dessen Mauer das Wasser war“

37 Vermutlich handelt es sich bei den Steinen um Cromlechs. Das Wort kommt aus dem Bretonischen

und bezeichnet im Kreis angeordnete Steine. Es sind Monumente aus der Jungsteinzeit (ca. zwischen

5000 und 1800 v.Chr.), die vorwiegend an der französischen Atlantikküste, in Dänemark, Schweden und

auf den britischen Inseln gefunden wurden.

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Im Jahr 1296 hatte Eduard I. von England mit seinen Truppen

die Stadt erstürmt und geplündert. Es war ein mehrere Tage

andauerndes, blutiges Gemetzel, in dem fast alle siebzehntausend in

der Stadt verbliebenen Bewohner erschlagen wurden. Niemand

wurde verschont, selbst diejenigen nicht, die Schutz in den Kirchen

gesucht hatten. In alten Chroniken konnte man nachlesen, dass es

einigen wenigen Frauen auf wundersame Weise gelungen war, aus

der brennenden Stadt unbeschadet zu entkommen.

Der Grund, warum sie in wochenlanger, schweißtreibender

und gefährlicher Arbeit versucht hatten, das immer wieder

nachrutschende Geröll zu entfernen, war eine Notiz in einem alten

Kirchenbuch. Danach soll es ein Höhlensystem nahe Berwick Castle

gegeben haben, in der die Menschen in Notzeiten Schutz finden

konnten. Sie kannten auch die Geschichten um die alte Burgruine

und die Gerüchte um einen uralten, verschütteten Geheimgang.

Sofort war ihnen die Stelle eingefallen, an der sie als Kinder gespielt

hatten.

Schon vor Wochen war es ihnen gelungen, den verschütteten,

kaum einen Meter hohen Eingang freizulegen und sie hatten

tatsächlich eine tief in den Berg führende, aber kaum noch

zugängliche Höhle entdeckt.

Viele Legenden rankten sich um die alte Burgruine und um

einen Arm des legendären, schottischen Freiheitskämpfers William

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Wallace, der auf eine grausame Weise zu Tode gekommen war. Als

die Männer Edwards I. ihn durch Verrat schottischer Adliger ihn

ergriffen hatten, wurde Wallace wurde am 23. August 1305 in

London zuerst bis zur Ohnmacht gehängt, anschließend mit Hilfe

einiger Pferde gestreckt, bis die Haut an seinem Körper zu reißen

begann. Dann wurden ihm bei vollem Bewusstsein Penis und Hoden

abgetrennt. Als letztes wurde ihm bei lebendigem Leibe die

Bauchdecke aufgeschnitten und seine Innereien mit heißen Eisen

verbrannt. William Wallace erlag nach langem Todeskampf den

Qualen. Sein Körper wurde zerstückelt. Seine Arme und Beine

wurden als Abschreckung in alle Himmelsrichtungen geschickt und

sein Kopf wurde auf der London Bridge aufgespießt. Aber der Arm,

den man zur Abschreckung an der Burgmauer aufgehängt hatte, war

unter mysteriösen Umständen verschwunden.

In dem Zusammenhang wollten die Ausgräber auch das

ungewöhnlich grausame Schicksal der Gräfin Isabel von Buchan

erforschen, die in Berwick Castle gefangen gehalten worden war.

Jetzt, am scheinbaren Ende des Höhlengangs standen sie in

einer über vier Meter hohen Felsengrotte. Am Boden der Höhle

bestand aus mit Lehm und Ton verschmiertem Fels. An einigen

Stellen konnte man erkennen, dass Unebenheiten mit lehmiger Erde

aufgefüllt und festgestampft worden waren. Aber sie fanden keine

Hinweise auf den Verwendungszweck der Höhle und auch keine

begehbaren, weiterführenden Gänge. Die Höhle endete hier und war

leer.

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Sie wollten ihre Suche schon aufgeben und saßen unschlüssig

auf den Steinquadern vor der Höhle. Mike Donally betrachtete

nachdenklich den freigelegten Zugang. Ihm ging die eigentümlich

anmutende Grotte am Ende des Höhlengangs nicht aus dem Kopf. Zu

offensichtlich waren in grauer Vorzeit dort Menschen gewesen.

„Wir müssen noch mal nachdenken. Ich kann nicht glauben,

dass diese seltsame Höhle vollkommen leer sein soll.“

Mike Donally schwieg und betrachtete den Höhleneingang.

Dann sagte er zu Tim: „An den Wänden sind Spuren von

Schlagwerkzeugen zu sehen. Jemand hat sich große Mühe gemacht,

die Höhlenwände zu bearbeiten. Die das gemacht haben, haben sich

auch etwas dabei gedacht.“

„Ja, du hast vermutlich recht. Aber es sind keine

Felszeichnungen oder Einkerbungen vorhanden. Hast du eine Idee,

was für einen Verwendungszweck die Höhle gehabt haben könnte?“

„Vielleicht haben die früher darin Schutz gesucht oder die

Höhle für ihre Vorräte genutzt.“

Tim beobachtete den steilen Hang mit dem kaum einen

Meter hohen, freigelegten Höhleneingang. Dann sah er zu den

Mauern von Berwick Castle auf, dorthin, wo vor langer Zeit der

mächtige Hauptturm gestanden haben musste. Plötzlich war ihm

alles klar. Aufgrund der Lage war es möglich, dass es eine Verbindung

zwischen der Höhle und der verfallenden Burganlage gegeben haben

könnte.

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„Mike, denk mal nach, haben wir etwas übersehen?“

Für Tim war es ein unerträglicher Gedanke, dass die

wochenlange Arbeit umsonst gewesen sein sollte und später

vielleicht ein Anderer eine sensationelle Entdeckung machen könnte.

„Vielleicht war es eine Art Kultstätte?“

„Daran habe ich auch schon gedacht, aber es gibt keine

Malereien, keine eingeritzten Figuren, keine religiösen Zeichen,

nichts.“

Mike und Tim schwiegen einen Moment und Mike nahm

einen Schluck aus seiner Bierflasche. Dann fragte er: „Warum haben

wir den Boden nicht genauer untersucht? Der ist doch aus Lehm.

Jemand muss die Höhle aufgefüllt haben.“

„Mike, du bist ein Genie, das könnte es gewesen sein. Ich

denke, das Geheimnis der Höhle lag genau vor uns und wir haben es

nicht gesehen.“

„Wie meinst du das?“

„Denk mal nach, vielleicht wollte jemand etwas verbergen

und hat es vergraben, das wäre doch denkbar?“

Er lachte. „Du kennst doch den Ausdruck „Heiliger Boden“?“

An Mikes verblüfftem Gesichtsausdruck konnte man

erkennen, dass er verstanden hatte.

„Du meinst, da ist vielleicht etwas eingegraben?“

„Ja klar, da ist eine Stelle mit dunklem Lehmboden. Der gehört

nicht zu den natürlichen Ablagerungen in der Höhle. Der wurde da

hingebracht und festgestampft. Lass uns da mal graben.“

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Sie gingen wieder in die Höhle zurück und betrachteten den

Boden.

„Was denkst du, wo wir zuerst anfangen sollten?“

Mike ging langsam auf die dunkle Stelle am Boden in der

Mitte der Grotte zu. Dann antwortete er: „Versuchen wir es hier. Die

Stelle kommt mir vor, als ob sie etwas höher wäre. Vielleicht haben

wir hier Glück.“

Er beugte sich vor und versuchte mit seiner Schaufel, den

festgetretenen Lehmboden zu lösen. Tim wollte zuerst abwinken,

aber Mikes angespannt klingende Stimme sagte ihm, dass seine

Vermutung stimmen könnte.

„Wir müssen hier graben. Irgendwie spüre ich, dass wir noch

nicht aufgeben sollten.“

Als sie versuchten, mit der Schaufel den lehmigen Boden

abzutragen, stießen sie auf Stein. Zuerst dachten sie, es wäre der

Fels, aber der Stein sah aus, als wäre er von Menschenhand behauen.

Vorsichtig gruben sie weiter und die Spannung stieg spürbar an.

Niemand sprach mehr ein Wort und nur das Keuchen durch die

Anstrengung und die hohe Luftfeuchtigkeit war zu hören. Nach

Stunden hatten sie eine große Steinplatte freigelegt. Die Steinplatte

war schwer und sie mussten zuerst Werkzeug heranschaffen. Erst am

darauffolgenden Tag gelang es ihnen, die Platte anzuheben und sie

fanden darunter einen in den Fels geschlagenen Hohlraum, gerade

groß genug, um zwei mit festen Beschlägen gesicherte Eisenkisten,

kaum größer als Schuhkartons zu verbergen. Die Feuchtigkeit der

Höhle war nicht in den Hohlraum vorgedrungen und die Eisenkisten

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befanden sich in einem guten Zustand. Auf jeder Seite der

Eisenkisten, auch an den Ober- und Unterseiten befand sich jeweils

ein grob eingeschlagenes Kreuz. Auf den Deckeln der Kisten war die

Inschrift „membra diaboli“38 angebracht. Offensichtlich wollte man

den Inhalt der Kisten durch religiöse Symbole bannen. In einer der

Kisten befand sich ein grobkörniger, dunkler, fast schwarzer Stein,

dessen Oberfläche krustige Schmelzspuren zeigte. Es war ein

eigentümlicher Stein und Tim und Mike hatten so etwas noch nie

gesehen. In dem Stein waren nur wenige Millimeter große, leicht

glänzende Kügelchen wie durch eine ungeheure Hitze verschmolzen

eingebettet. An dem Stein konnte man erkennen, dass jemand

versucht hatte, Stücke abzuschlagen.

Als sie den Stein in der Hand hielten, spürten sie eine starke

Kraft. Der Stein war magnetisch.39

In der zweiten Kiste fanden sie dunkle, fast schwarze, lehmige

Erde und darin zwei tiefschwarze, mattglänzende Steine in der Größe

eines Tennisballs und in einer perfekten Kugelform. Mike und Tim

betrachten lange ihren Fund. Dann brach Mike`s nachdenkliche

Stimme das Schweigen.

38

„die Glieder des Teufels“

39 Millimetergroße Silikatkügelchen (Chondren) findet man in Meteoriten. Chondritische Meteorite

repräsentieren das älteste Material in unserem Sonnensystem. Unbekannt ist bis heute die

Energiequelle und der Ort der Chondrenbildung, auch das Vorgängermaterial ist nicht genau bekannt.

Gemäß den meisten Theorien haben sich die Chondren bereits im Sonnennebel gebildet. Es gibt aber

auch Theorien die davon ausgehen, dass sich Chondren auf der Oberfläche oder in der Atmosphäre

eines Protoplaneten gebildet haben. Mit einem Magneten kann man ein gefundenes Steinstück auch auf

Magnetismus testen, da Chondrite wegen der in ihnen vorhandenen kleinen metallischen Eisenteilchen

magnetisch sind.

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„Ich weiß nicht, was ich davon halten soll. Die zwei Kisten

machen mir Angst. Sie kommen mir irgendwie wie Käfige vor, in

denen etwas gefangen gehalten wurde, das auf keinen Fall

freigelassen und zusammenkommen durfte.“

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„Ich weiß nicht, was ich davon halten soll. Die zwei Kisten

machen mir Angst. Sie kommen mir irgendwie wie Käfige vor, in

denen etwas gefangen gehalten wurde, das auf keinen Fall

d zusammenkommen durfte.“

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„Ich weiß nicht, was ich davon halten soll. Die zwei Kisten

machen mir Angst. Sie kommen mir irgendwie wie Käfige vor, in

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Selig ist, der da liest und die da hören die Worte der Weissagung und

behalten, was darin geschrieben ist; denn die Zeit ist nahe.

Offenbarung 1,3

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Frühjahr 2064

ohanna sah Noui, den Jungen, der nackt neben ihr im Gras

lag, mit einem nachdenklichen Blick an.

„Du kennst ja spannende Geschichten. Woher weißt

du das alles? Wo gibt es die vielen Bücher die du immer mitbringst?“

Noui blätterte in dem alten Buch aus dem er vorgelesen hatte,

und Johanna sah, dass die Seiten des alten Buches mit vielen Notizen

und handschriftlichen Bemerkungen versehen waren. Offensichtlich

hatte sich jemand ausführlich mit der Geschichte beschäftigt,

scheinbar Interessantes markiert und Gedanken in Stichworten

festgehalten.

„Ich hab die Bücher von Marius, meinem Großvater. Er gibt

mir immer welche mit, wenn die Ferien vorbei sind. Die Geschichten

von der Gräfin finde ich besonders spannend. Mein Großvater hat

mir noch andere erzählt, aber irgendwie klingen die alle ähnlich und

passen zusammen.“

„Weißt du denn auch, was mit der Gräfin geschehen ist? Hat

man sie verbrannt? Ist sie in dem Käfig gestorben? Hat der Herr ihr

geholfen?“

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Johanna war sichtlich bewegt. Die Geschichte war anders als

die, die Noui ihr sonst vorlas.

„Du mit deinem beknackten Gott. Der hat Besseres zu tun als

einer Frau im Käfig zu helfen.“

„Du sollst nicht so über den Herrn im Himmel reden. Ich

verbiete es dir.“

Johannas Antwort klang patzig und Noui versuchte einem

Streit mit seiner impulsiv reagierenden Freundin aus dem Weg zu

gehen.

„Ich weiß nicht mehr genau, wie die Geschichte weiterging.

Angeblich ertrug die Gräfin ihr Schicksal vier lange Jahre. Marius hat

mir erzählt, dass sie die Jahre nur überstehen konnte, weil sie eine

Hexe war und der Teufel in der Gestalt der schönen Gräfin dem Volk

zeigen wollte, welche Macht er besaß.“

„Also so richtig überzeugt mich das nicht. Ich denke mal, da

steckt mehr dahinter. Und dann auch noch das mit den Leprakranken

die sie nicht haben wollten.“

Noui sah Johanna verwundert an.

„Darüber hab ich noch gar nicht nachgedacht. Du hast recht.

Seltsam ist das schon. Aber wer weiß das noch was damals so üblich

war.“

Johanna liebte die langen, kontroversen Gespräche mit Noui,

der so anders war als die wenigen Jungs die sie kannte.

„Ich denke, die hatten einfach Angst sie zu verbrennen. Damit

wäre ihre unsterbliche Seele wie die der Zwillinge auf Wanderschaft

gegangen. Oder die Gräfin sollte dem Wind ausgesetzt sein und nicht

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den Boden berühren. Sonst hätten die sie ja nicht an der

Außenmauer frei schwebend in einem Käfig aufhängen müssen. Es

hätte ja auch genügt, sie in irgendeinem tiefen Keller verschwinden

zu lassen.“

„Das weiß ich nicht.“

Nouis Antwort klang ratlos und verwundert über so viel

Phantasie.

„Marius hat mir noch erzählt, dass die Gräfin am Ende des

vierten Jahres aus ihrem Käfig freigelassen wurde. Warum man sie

nicht verbrannt hat, weiß ich auch nicht. Marius hat gesagt, sie hätte

noch viele Jahrzehnte in einer Höhle gelebt und die Menschen wären

zu ihr gekommen, um sie anzubeten. Aber dann verlor sich ihre Spur

in der Dunkelheit der Geschichte. Marius sagt, dass es keine weiteren

Aufzeichnungen geben würde.“

Noui schwieg einen Moment. Er sah Johanna, die neben ihm

im Gras lag aus den Augenwinkeln. Sie sah wunderschön aus und ihre

feuerroten Haare glänzten im Sonnenlicht. Aber er wagte nicht, sie zu

berühren oder sie direkt anzusehen.

„Marius sagt, es gibt eine Sage, nach der kann man sie in

manchen Nächten, in denen der Mond blutrot am Himmel steht,

auch heute noch auf einsam gelegenen Feldern oder im dichten Wald

zusammen mit anderen Frauen sehen. Die Frauen sollen mit dem

Teufel einen Geheimbund eingegangen sein und darum ewig

weiterleben.“

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Johanna lachte laut auf und sah sich mit einem spitzbübischen

Lächeln um. Dann deute sie mit der Hand auf ein unbestimmtes Ziel

im dichten Unterholz.

„Wir müssen vorsichtig sein mit dem was wir tun. Ich hab sie

gerade noch dort gesehen. Vielleicht beobachtet sie uns?“

Noui reagierte nicht auf Johannas provozierende Bemerkung.

Er sprach einfach weiter: „Marius behauptet, er hätte sie auch schon

gesehen. Aber ich glaub, er lügt. Er hat auch gesagt, manche Frauen

würden von einem wunderbaren Licht geleitet. Die Sterne sollen den

Regen und die Kälte von solchen Frauen abhalten und der Teufel

persönlich bewahrt sie vor den Dämonen des Schlafes.“

Johanna war von der Antwort nicht überzeugt. Alles klang zu

märchenhaft und zu unwirklich. Sie wollte auch nicht, dass Noui den

schönen Nachmittag auf der einsamen Waldlichtung zu schnell

beenden würde, und sie fragte: „Dein Großvater hat so viele Bücher.

Weiß er denn auch was mit dem zwölften Buch geschehen ist? Weiß

dein schlauer Marius auch darüber Bescheid?“

„Komisch, dass du danach fragst. Ja, ich hab Marius auch nach

dem Buch gefragt und er hat ganz eigenartig reagiert.“

„Wie meinst du das?“

„Man kann sonst ganz vernünftig mit ihm reden, aber das war

ein ganz seltsames Gespräch – vollkommen anders als sonst. Marius

sagt, dass zwölfte Buch existiert immer noch und die Nachkommen

der Frauen, die in dem Buch standen, wären heute sehr mächtig. Und

auch die Steinkugeln die man bei der Gräfin gefunden hat, gibt es. Er

hat sie angeblich sogar gesehen und berührt. Dazu hat er

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irgendetwas von Stein und Wasser, männlich und weiblich

gemurmelt und dass die Steine klug seien und neues Leben schaffen

würden. Ich hab nicht so recht verstanden, was er damit gemeint hat.

Ich glaub er wird langsam etwas schrullig. Er ist ja auch schon

ziemlich alt. Er hat auch gesagt, dass er das zwölfte Buch sogar in den

Händen gehalten hat und wenn ich alt genug wäre, würde ich

verstehen, was sich mit den Steinen und dem Buch auf sich hat, weil

ich dazu bestimmt wäre. Aber ich glaube er spinnt.“

Johanna sah Noui mit einem verständnislosen

Gesichtsausdruck an. Ihre Gedanken waren woanders und es kam ihr

vor, als ob aus dem dichten Unterholz eine leise Stimme, lockend und

schön etwas Wunderbares flüstern würde. Aber es war so

unbestimmt und sie dachte an eine Sinnestäuschung als Noui

weitersprach.

„Er hat gesagt, dass es die Gemeinschaft der Glieder Gottes

immer noch gibt und dass sie mitten unter uns sind. Aber die sollen

das falsche Tier anbeten. Der hat auch so einen religiösen Tick wie

du. Marius darf man auch nicht alles glauben.“

Johanna lachte ungläubig und drehte sich auf die Seite.

„Du sollst doch nicht so reden. Du weißt doch dass ich mir

meinen Glauben nicht nehmen lasse. Was machen die? Die beten ein

Tier an?“

„Marius hatte noch einen anderen Ausdruck, aber den hab ich

vergessen. Ja, es soll ein Tier oder eine Pflanze oder so etwas sein,

das große Wunder vollbringen kann. Und das Ding soll ein Ebenbild

erschaffen, das sprechen kann und das so schön ist, dass es von allen

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Menschen bewundert und angebetet wird. Und dann sollen mehr

und noch mehr entstehen die angebetet und verehrt werden, und

immer so weiter. Also ziemlicher Unsinn wenn du mich fragst.“

Dann schwieg Noui einen Moment. Johanna sah, dass seine

Fröhlichkeit nur gespielt war. Noui versuchte seine Angst zu mit der

Abwertung seines Großvaters zu überdecken.

„Er hat auch gesagt, dass alle Menschen getötet werden, die

das Bild nicht anbeten.“

40

Vermutlich die Johannes Offenbarung „das Tier aus der Erde“ 13.13 bis 18

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Menschen bewundert und angebetet wird. Und dann sollen mehr

und noch mehr entstehen die angebetet und verehrt werden, und

immer so weiter. Also ziemlicher Unsinn wenn du mich fragst.“

Dann schwieg Noui einen Moment. Johanna sah, dass seine

chkeit nur gespielt war. Noui versuchte seine Angst zu mit der

Abwertung seines Großvaters zu überdecken.

„Er hat auch gesagt, dass alle Menschen getötet werden, die

das Bild nicht anbeten.“40

Vermutlich die Johannes Offenbarung „das Tier aus der Erde“ 13.13 bis 18

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Menschen bewundert und angebetet wird. Und dann sollen mehr

und noch mehr entstehen die angebetet und verehrt werden, und

immer so weiter. Also ziemlicher Unsinn wenn du mich fragst.“

Dann schwieg Noui einen Moment. Johanna sah, dass seine

chkeit nur gespielt war. Noui versuchte seine Angst zu mit der

„Er hat auch gesagt, dass alle Menschen getötet werden, die

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Raoul Yannik

Geboren im Oktober 1950 in der damals beschaulichen,

schwäbischen Kleinstadt Sindelfingen. Nach Abitur und Ausbildung

schloss sich ein längeres, aus heutiger Sicht ziemlich nutzloses

Studium in Berlin an. Heute, nach einer kurzen Ehe und anderen

Missgeschicken lebe ich aus Lebens- und Liebesgründen in Essen. Ich

schreibe Essays, Kurzgeschichten und Romane über die Abgründe der

Seele, über die Irrwege der Liebe, über das was sein könnte und was

ist.

Meine Schreib-Werkstatt: www.raoulyannik.de

Mein Web-Tagebuch: http://raoulyannik.blogspot.com/

Tipps und Fragen an mich: [email protected]

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Meine Bücher und Veröffentlichungen

HEXENMACHT

Roman 560 Seiten Schweitzerhaus Verlag

ISBN-10: 3939475211 ISBN-13: 978-3939475217

Im Buchhandel und bei Amazon erhältlich

Kurzgeschichten

Schweitzerhaus Verlag ISBN 978-3-939475-06-4

Meine Schreib-Werkstatt: www.raoulyannik.de

Mein Web-Tagebuch: http://raoulyannik.blogspot.com/

Nachricht an mich: [email protected]