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BUNDESKARTELLAMT
2. Vergabekammer des Bundes
VK 2 - 223/04
Kaiser-Friedrich-Str. 16
53113 Bonn
11. Februar 2005
Beschluss
In dem Nachprüfungsverfahren der
...
- Antragstellerin - Verfahrensbevollmächtigte:
...
gegen
...
- Antragsgegnerin -
...
- Beigeladene - Verfahrensbevollmächtigte:
...
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wegen des Vergabeverfahrens „Ausbau des Stichkanals ... im Streckenbereich von km ... bis ...
und Neubau des Dükers Nr. ...“, hat die 2. Vergabekammer des Bundes durch den Vorsitzenden
Direktor beim Bundeskartellamt Burchardi, die hauptamtliche Beisitzerin Regierungsdirektorin
Brauer und den ehrenamtlichen Beisitzer Blechinger auf die mündliche Verhandlung vom 18.
Januar 2005 am 11. Februar 2005 beschlossen:
1. Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, alle Bieter innerhalb einer angemessenen Frist
(mindestens 14 Tage) zur Abgabe eines neuen Angebotes für das Gewerk Deckwerksar-
beiten, Steinabdeckungen (Positionen des Leistungsverzeichnisses 0010 und 0020 des
Loses 01, Gewerk 05, Titel 02), aufzufordern und sodann die Wertung unter Einbezie-
hung dieser Ergebnisse zu wiederholen. Die Antragsgegnerin hat im Schreiben zur Ange-
botsaufforderung klarzustellen, welche Nachweise bei Angebotsabgabe durch die Bieter
beizufügen sind.
2. Die Antragsgegnerin und die Beigeladene tragen die Kosten (Gebühren und Auslagen)
des Verfahrens als Gesamtschuldner und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung
notwendigen Aufwendungen der Antragstellerin je zur Hälfte.
3. Die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten durch die Antragstellerin war not-
wendig.
Gründe
I.
Die Antragsgegnerin (Ag) schrieb am 2. August 2004 im Rahmen eines offenen Verfahrens eu-
ropaweit die Vergabe „Ausbau des Stichkanals ... im Streckenbereich von km ... bis ... und Neu-
bau des Dükers Nr. ...“ aus.
Laut Baubeschreibung Abschnitt 3.7 (Böschungssicherung) Unterabschnitt 3.7.1 (Allgemein)
galt:
"Hinsichtlich der Lieferung der Wasserbausteine gilt die neue TLW (= Technische Lieferbe-dingungen für Wasserbaustein), Ausgabe 2003, die die alte TLW, Ausgabe 1997, ersetzt."
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Nach 3.7.4 (Wasserbausteine) waren Steine der Kategorie CP90/250 gem. TLW anzubieten. Im
Leistungsverzeichnis fanden sich weitere Angaben unter den Positionen 0010 (128.000 m2) und
0020 (2.400 m2) des Loses 01, Gewerk 05, Titel 02. Hiernach war als Material Felsgestein mit
einer Trockenrohdichte von mindestens 2,3 kg/dm3 zu verwenden.
In Abschnitt 4 (Abwicklung der Maßnahme) Unterabschnitt 4.3 (Stoffe und Bauteile) der Baube-
schreibung war ferner geregelt:
"Für die zur Verwendung kommenden Stoffe und Bauteile ist rechtzeitig vor dem Einbau der Gütenachweis zu erbringen. Der AN hat die zum Einbau kommenden Materialien rechtzeitig im Lieferwerk abzurufen und den Umfang bei Teillieferungen festzulegen sowie den Abruf dem AG mitzuteilen.
Die gelieferten Stoffe und Bauteile müssen den Zusätzlichen Technischen Vertragsbedingun-gen, den Technischen Lieferbedingungen und den DIN Normen entsprechen. Für alle Bau-stoffe muss bei Angebotsabgabe der Nachweis der Umweltverträglichkeit durch Gutachten gewährleistet sein. (...)".
Den Verdingungsunterlagen waren die TLW als "Zusätzliche Vereinbarungen" beigefügt. Unter
"2 Angaben des Bieters" war dort geregelt:
"(4) Es werden von der ausschreibenden Stelle nur Hersteller von Wasserbausteinen akzep-tiert, die über eine CE-Kennzeichnung nach DIN EN 13383-1 verfügen. Die angebotenen Wasserbausteine müssen dem System der Konformitätsbescheinigung 2+ unterliegen. (5) Der Bieter muss sicherstellen, dass der ausschreibenden Stelle bei Angebotsabgabe die Spezifikation des Herstellers nach DIN EN 13383-1 für die angebotenen Steine vorliegt. Als Nachweis der grundsätzlichen Eignung für den vorgesehenen Verwendungszweck müssen darin die Kategorien und maßgebenden Kennwerte für alle in der Verdingungsunterlage ge-forderten Eigenschaften angegeben sein."
Den Verdingungsunterlagen waren "Besondere Vertragsbedingungen (BVB)" beigefügt. Unter
Abschnitt 1 "Vertragsbestandteile" war geregelt, in welcher Reihenfolge Vertragsbestandteile bei
Widersprüchen im Vertrag gelten. Danach galten nacheinander:
"1. Auftragsschreiben 2. Schriftliche Erklärungen des Bieters zum Angebot, die im Auftragsschreiben als Vertrags-bestandteile genannt sind 3. Leistungsbeschreibung 4. Besondere Vertragsbedingungen (...) 6. Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen (...) TLW Technische Lieferbedingungen für Wasserbausteine, Ausgabe 2003 (...)"
Die ASt gab am 20. September 2004 fristgerecht ein Angebot ab. Sie legte ihrem Angebot zwei
Zertifikate der Gütegemeinschaft N e.V. bei, in denen bestätigt wurde, dass die zu verwendenden
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Wasserbausteine (Bezeichnung EN 13383-1) des Herstellers S GmbH & Co. KG, Werke A und
W, aufgelistet im Sortenverzeichnis, einer werkseigenen Produktionskontrolle durch den Herstel-
ler unterlägen und die Gütegemeinschaft als notifizierte Stelle die geforderte Überwachung und
Beurteilung der Herstellwerke durchgeführt habe. Die Zertifikate bestätigen, dass die Bestim-
mungen für die Konformitätsbescheinigung nach Anhang ZA der Norm EN 13383-1:2002-05
beachtet und erfüllt werden. Als Nebenangebot Nr. 5 schlug die ASt die Verwendung von Was-
serbausteinen ohne CE-Kennzeichnung nach TLW 2003 vor. Hierbei sollten Wasserbausteine
aus dem Steinbruch P, ..., eingesetzt werden. Dieser Steinbruch verfüge noch nicht über die ge-
forderten Nachweise gem. TLW 2003. Die grundsätzliche Eignung der Steine sei durch den
langjährigen Einsatz und der Lieferung gem. TLW 1997 nachgewiesen. Die CE-Kennzeichnung
und Zertifizierung stehe aber noch aus. Durch das Nebenangebot Nr. 5 würde sich eine Ersparnis
von 68.449,28 Euro brutto ergeben.
Daneben gingen bei der Ag weitere fünf Angebote ein. Die Beigeladene hat das preisgünstigste
Angebot abgegeben. Die ASt lag – auch unter Berücksichtigung ihres Nebenangebotes Nr. 5 –
an zweiter Stelle. Am 6. Oktober 2004 fand ein Aufklärungsgespräch gem. § 24 VOB/A zwi-
schen ASt und Ag statt. In diesem Gespräch erklärte die ASt, dass nach Auskunft der für die
Belieferung der Baumaßnahme mit Wasserbausteinen für das Hauptangebot in Frage kommen-
den Steinbrüche allein die ASt ein Zertifikat angefordert habe. Demnach könne kein anderer
Wettbewerber ein entsprechendes Zertifikat mit dem Angebot abgegeben haben, obwohl hierfür
gemäß TLW 2003, Punkt 2, eine Verpflichtung bestehe. Ein Fehlen des Zertifikates bei anderen
Angeboten wurde vorab mündlich gerügt. Die ASt wiederholte mit Schreiben vom 8. Oktober
2004 ihre Auffassung, dass der ausschreibenden Stelle bei Angebotsabgabe die Spezifikation des
Herstellers für die angebotenen Wasserbausteine vorliegen müsse. Eine Nichtvorlage stelle einen
Verstoß gegen § 25 Nr. 1 Abs. 1b VOB/A dar, da es sich bei der Spezifikation des Herstellers
um eine geforderte Erklärung im Sinne von § 21 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A handele.
Die Ag teilte mit Schreiben vom 12. Oktober 2004 den Bietern mit, dass die fehlende Spezifika-
tion des Herstellers gemäß TLW 2003 zum Ausschluss des Angebotes gem. § 25 Nr. 1 Abs. 1b
VOB/A führe. Die Ag werde daher alle Haupt- und Nebenangebote, die diese Bedingung nicht
erfüllen, ausschließen.
Nachdem zwei der vom Ausschluss betroffenen Bieter, darunter die Beigeladene, ihren Aus-
schluss als vergaberechtswidrig rügten, teilte die Ag mit Schreiben vom 8. November 2004 allen
Bietern mit, dass die Entscheidung, Bieter wegen fehlender Spezifikation des Herstellers gemäß
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TLW 2003 aus rein formalen Gründen auszuschließen, aufgehoben werde. Nach nochmaliger
vertiefter Prüfung der Sach- und Rechtslage sei der Ausschluss der Angebote, die diese Bedin-
gung nicht erfüllten, als rechtswidrig anzusehen. Die Vorlage der Spezifikation des Herstellers
der angebotenen Wasserbausteine nach DIN EN 13383-1 sei zwar nach Abschnitt 4.3 Absatz 2
der Baubeschreibung in Verbindung mit der TLW 2003, Nr. 2 Abs. 5 bei Angebotsabgabe si-
cherzustellen, die Regelung stehe aber im Widerspruch zu Abschnitt 4.3 Absatz 1 der Baube-
schreibung, wonach der Gütenachweis für die zur Verwendung kommenden Stoffe und Bauteile
– und damit auch die Spezifikation des Herstellers für die Wasserbausteine – erst vor dem Ein-
bau zu erbringen. Bei Widersprüchen habe nach den Ausschreibungsunterlagen die Leistungsbe-
schreibung und damit Abschnitt 4.3 Absatz 1 der Baubeschreibung Vorrang vor den Technischen
Lieferbedingungen für Wasserbausteine. Eine andere juristische Auslegungsregel, die im Wider-
spruch zu der bei VOB-Verträgen üblichen Auslegungsregel stehe (die speziellere Regelung ha-
be Vorrang vor der allgemeineren), könne hier nicht herangezogen werden.
Am 12. November 2004 rügte die ASt nochmals die Wertung von Mitbewerbern, die ihrem An-
gebot keinen Nachweis über die Zertifizierung von Wasserbausteinen beigefügt hatten. Die ASt
trug vor, dass der erste Absatz des Abschnittes 4.3 (Stoffe und Bauteile) der Leistungsbeschrei-
bung nicht im Widerspruch zu dem nachfolgenden Absatz stünde. Der erste Absatz beziehe sich
auf den Nachweis der Güte für die zur Verwendung kommenden Stoffe und Bauteile, aber nicht
auf die Zertifizierung des Herstellers bzw. des Lieferwerkes. Er regele lediglich die Frage, wann
der Nachweis, dass die vom späteren Auftragnehmer eingekauften Stoffe die geforderte und für
die Bauausführung und –herstellung notwendige Qualität besäßen, zu erbringen sei. Bei der Zer-
tifizierung des im Bieterangabenverzeichnis konkret zu benennenden Herstellers gehe es demge-
genüber um die Frage, ob dieser überhaupt in der Lage sei, die geforderte Qualität der Stoffe zu
liefern. Besitze der Lieferant die entsprechende Zertifizierung nicht, sei er folglich nicht geeig-
net, Baustoffe in der vertraglich geforderten Qualität zu liefern. Der Absatz 2 des Abschnittes 4.3
gehe als speziellere Regelung der allgemeinen Regelung grundsätzlich vor. Unabhängig davon
sei aber bereits in Abschnitt 3.7 (Böschungssicherung) in 3.7.1 klargestellt worden, dass hin-
sichtlich der Lieferung der Wasserbausteine die TLW 2003, die den Verdingungsunterlagen so-
gar beigefügt war, gelte. Während sich Ziffer 2 der TLW auf Angaben des Bieters beziehe, be-
fasse sich Ziffer 3 mit den Anforderungen und den Nachweisen der Güte für die zu liefernden
Chargen. Es bestehe mithin ein klarer Unterschied zwischen der Zertifizierung und dem Güte-
nachweis. Sofern aber in einer Ausschreibung auf die Vorlage der Zertifizierung verzichtet wer-
de, sei darauf ausdrücklich hinzuweisen, wie dies beispielsweise das Wasserstraßenneubauamt ...
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beim Streckenausbau des ...kanals (...) im September 2004 getan habe. Die ASt habe durch die
Berücksichtigung der Vorgaben der TLW Mehrkosten für weitere Transportwege einkalkuliert,
da das nächstgelegene zertifizierte Lieferwerk im ... läge. Ein Rückgriff auf näher gelegene, aber
nicht zertifizierte Betriebe hätte zu einer Reduzierung der Einheitspreise und damit zu einer Ver-
besserung der Wettbewerbsstellung der ASt geführt. Die Mitbewerber in streitgegenständlichen
Verfahren seien im übrigen ebenfalls Bieter im Vergabeverfahren am ...kanal. Dementsprechend
sei ihnen die Problematik der Spezifikation für Wasserbausteine bekannt. Mit Schreiben vom 30.
November 2004 ergänzte die ASt, nachdem ein Gespräch mit der Ag stattgefunden hatte, dass
ein Bieter bei Unklarheiten auf einen Widerspruch in den Bewerbungsbedingungen hätte hinwei-
sen müssen. Es sei ihm verwehrt, sich auf die für ihn günstigere Auslegungsmöglichkeit zu ver-
lassen. Er müsse auch mit der für ihn ungünstigeren Auslegung rechnen, dies insbesondere auch
in der Kenntnis des Vergabeverfahrens ...kanal (...). Die ASt hätte im Übrigen, wenn sie die
Vorgaben der TLW nicht berücksichtigt hätte, ein deutlich wirtschaftlicheres Angebot abgege-
ben. Es wäre nicht nur zu der mit dem Nebenangebot Nr. 5 angebotenen Ersparnis gekommen,
sondern zu einer deutlich höheren, da insgesamt eine andere Kalkulation möglich und auch kein
Risikozuschlag wie im Nebenangebot erforderlich gewesen wäre. Die von der ASt vorgelegten
Zertifikate entsprächen außerdem den Vorgaben der TLW. Mit dem Begriff "Spezifikation" sei
nicht die CE-Konformitäts-Kennzeichnung gemeint. Bei dieser handele es sich vielmehr um ein
auf der tatsächlich gelieferten Ware anzubringendes Siegel (siehe 3 Anforderungen (13) TLW).
Mit dem Begriff "Spezifikation" könne nur die Zertifizierung nach DIN EN 13383-1 gemeint
sein. Mit diesem Zertifikat werde bestätigt, dass der Hersteller eine Eignungsprüfung gemäß 8.2
der DIN EN 13383-1 bestanden und ein den Anforderungen von Anhang D der DIN EN 13383-1
entsprechendes System der werkseigenen Produktionskontrolle habe. Weiter werde nachgewie-
sen, dass der Hersteller die entsprechend Absatz I des Anhangs Regelanforderungen an Wasser-
bausteine der TLW in der Tabelle A 1 im Leistungsverzeichnis festgelegte Qualität, nämlich die
Kategorie CP90/250 und die Gesteinsdichte (Rohdichte), einhalte. Weitere Eigenschaften seien
nicht gefordert worden, so dass es insoweit keiner weiteren Nachweise für Kategorien und
Kennwerte, beispielsweise durch Vorlage des vom Hersteller verfassten Sortenverzeichnisses
bedurft hätte. Das Sortenverzeichnis, vom Hersteller verfasste "Katalogseiten", stelle ohnehin
lediglich die Grundlage für die Zertifizierung dar und sei damit Bestandteil des Zertifikats. Dar-
über hinaus sei die ebenfalls nach TLW erforderliche CE-Kennzeichnung der Wasserbausteine
nur möglich, wenn der Hersteller durch eine Zertifizierung hierzu befugt sei.
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Die Ag hielt mit Schreiben vom 1. Dezember 2004 an ihrer Auffassung fest, dass ein Ausschluss
von Bietern aus formalen Gründen nicht möglich sei. Ergänzend zu ihren bisherigen Ausführun-
gen trug sie vor, dass die Forderung nach Vorlage von Unterlagen mit dem Angebot für die Bie-
ter versteckt gewesen sei und eigentlich in den Bewerbungsbedingungen oder im Anschreiben
hätte erwähnt werden müssen. Die Vergabestelle habe den Widerspruch selbst erzeugt. Bei ei-
nem Widerspruch in den Vergabeunterlagen, der aus den Vergabeunterlagen selbst einfach auf-
geklärt werden könne, sei zudem eine Nachfrage des Bieters entbehrlich. Darüber hinaus sei die
Formulierung "Spezifikation des Herstellers nach DIN EN 13383-1 für die angebotenen Wasser-
bausteine" in der DIN nicht auffindbar. Ihre Bedeutung ergebe sich aus der nachfolgenden For-
mulierung (Ziff. 2 Abs. 5 Satz 3 TLW), wonach die Kategorien und maßgebenden Kennwerte für
alle in den Verdingungsunterlagen geforderten Eigenschaften angegeben werden müssten. Dies
entspreche dem Inhalt der CE-Konformitätskennzeichnung nach Bild ZA.1 der DIN EN 13383-
1. Dieser Nachweis sei auch von der ASt als Gütenachweis verstanden worden. Damit sei klar,
warum andere Bieter die Formulierung 4.3 der Baubeschreibung als Änderung der Anforderung
der TLW verstanden hätten, denn dort werde vom Nachweis der Güte gesprochen. Die ASt habe
im übrigen ein Zertifikat über die werkseigene Produktionskontrolle abgegeben. Dort werde bes-
tätigt, dass die Bestimmungen der Konformitätsbescheinigung nach Anhang ZA der DIN EN
13383-1 beachtet und erfüllt werden. Die Nummer dieses EU-Zertifikates sei Bestandteil der
CE-Konformitätskennzeichnung, die allerdings noch weitere Angaben beinhalte. Eine Spezifika-
tion im Sinne der TLW, nämlich die Kategorien und maßgebenden Kennwerte für alle in der
Verdingungsunterlage geforderten Eigenschaften, habe auch die ASt nicht abgegeben. Da die
formale Anforderung der Vorlage der entsprechenden Bescheinigungen bei Angebotsabgabe
nicht aufrechterhalten werden könne, sei lediglich sicherzustellen, dass die Anforderungen des
Abschnittes 2 (4) der TLW erfüllt seien. Danach müsse der Nachweis vor Erteilung des Zu-
schlags vorliegen. Es sei außerdem nicht geregelt, dass der Bieter den Nachweis führen müsse.
Sei der Vergabestelle der Nachweis nicht bekannt, könne dieser bis zum Zeitpunkt der Zu-
schlagserteilung bzw. des Absendens der Bieterinformation nachgefordert werden. Es handele
sich dabei nicht um eine Änderung des Angebots, denn der Hersteller sei im Bieterangabenver-
zeichnis genannt. Da mittlerweile die CE-Kennzeichnungen für die angebotenen Hersteller von
Wasserbausteinen von allen Bietern vorlägen, sei keine Veranlassung gegeben, Bieter auszu-
schließen.
Am 7. Dezember 2004 unterrichtete die Ag die ASt gemäß § 13 VgV, dass sie beabsichtige, den
Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen zu erteilen. Das Angebot der ASt hätte nicht be-
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rücksichtigt werden können, weil sie nicht das wirtschaftlichste Angebot abgegeben habe. Das
Nebenangebot Nr. 5 der ASt war in die Wertung einbezogen worden.
Mit Schreiben vom 20. Dezember 2004 übermittelte die ASt der Ag einen Entwurf des Nachprü-
fungsantrags mit Fristsetzung zum 21. Dezember, 12.00 Uhr. Die ASt stellte nach Ablauf der
Frist mit Schreiben vom 21. Dezember 2004 einen Antrag auf Nachprüfung vor der Vergabe-
kammer des Bundes. Diesen Antrag hat die Vergabekammer der Ag am selben Tag zugestellt.
Die ASt wiederholt in ihrem Nachprüfungsantrag den Vortrag aus ihrer Rüge. Sie ist der Auffas-
sung, dass ein Verstoß gegen § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 in Verbindung mit § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. b)
VOB/A vorliege, weil unvollständige Angebote berücksichtigt worden seien. Sie ergänzt, dass
der erst vor Einbau zu erbringende Gütenachweis (Abschnitt 4.3 Abs. 1 der Baubeschreibung)
etwas anderes meine, als der Nachweis der Eignung des Herstellers (Ziff. 2 TLW). Während sich
der Gütenachweis auf die konkret zur Verwendung kommenden Stoffe und Bauteile beziehe,
meine der Nachweis der Herstellereignung die Eignung des Herstellers, die Stoffe und Bauteile
der geforderten Güte herzustellen und zu liefern. Angeboteohne einen entsprechenden Nachweis
enthielten damit nicht alle geforderten Erklärungen im Sinne von § 21 Nr. 1 Abs. 1 lit. b)
VOB/A und seien damit zwingend aus dem Vergabeverfahren auszuschließen. Im Übrigen seien
die Bieter wegen der fehlenden Eignung der Hersteller der Wasserbausteine nicht geeignet, gem.
§ 25 Nr. 2 VOB/A in Verbindung mit Ziff. 2 (4) TLW, Abschnitt 3.7 der Baubeschreibung. Die
Wasserbausteine würden zur Böschungssicherung eingesetzt. Diese mache fast 30 % der Ge-
samtleistung aus und habe hinsichtlich Funktionalität, Qualität und Langzeit-Beständigkeit eine
wesentliche Bedeutung für die Gesamtbaumaßnahme. Die Vorgaben der Verdingungsunterlagen
hätten bei Angebotsabgabe erfüllt sein müssen, um eine Vergleichbarkeit der Angebote zu ge-
währleisten. Ergänzend trägt die ASt nach der mündlichen Verhandlung vor, dass der von der
Beigeladenen benannte Hersteller von Wasserbausteinen ihr ebenfalls – wie der ASt gegenüber –
ein Angebot unter Vorbehalt der mengenmäßigen Verfügbarkeit bei Auftragserteilung und der
Freigabe der Steine durch die Bundesanstalt für Wasserbau gegeben habe. Damit habe die Beige-
ladene ein bedingtes Angebot abgegeben. Ihr Angebot sei daher schon wegen Änderung der
Verdingungsunterlagen auszuschließen. Die ASt rüge dies vorsorglich. Ergänzend merkt sie an,
dass die Bieter lediglich sicherzustellen hätten, dass die Spezifikation nach der TLW, aber auch
nach den Technischen Lieferbedingungen für Geotextilien, bei der Vergabestelle vorläge. Dies
sei für die Geotextilien bereits vor der Angebotsabgabe erfolgt, während die Spezifikation für die
Wasserbausteine mit dem Angebot vorgelegt worden sei.
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Die ASt beantragt,
1. der Ag zu untersagen, der Beigeladenen den Zuschlag auf ihr Angebot für die Baumaß-
nahme „Ausbau des Stichkanals ... im Streckenbereich von km ... bis ... und Neubau des
Dükers Nr. ...“ zu erteilen,
2. die Ag zu verpflichten, der ASt den Zuschlag zu erteilen,
hilfsweise der Ag aufzugeben, die Wertung der Angebote unter Berücksichtigung der
Rechtsauffassung der Vergabekammer zu wiederholen,
3. die Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten der ASt für erforderlich zu erklären
und
4. der Ag die Kosten des Nachprüfungsverfahrens aufzuerlegen.
Ferner beantragt sie Akteneinsicht in das Submissionsprotokoll, den Schriftverkehr der Ag mit
anderen Bietern, insbesondere mit der für den Zuschlag vorgesehenen Beigeladenen, den Verga-
bevermerk (einschließlich etwaiger Anweisungen höherer Dienststellen, Korrekturen und Be-
sprechungsprotokollen) sowie die Protokolle etwaiger Aufklärungsgespräche.
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Die Ag beantragt,
die Anträge der ASt als unbegründet abzulehnen und ihr die Kosten des Verfahrens auf-
zuerlegen.
Hilfsweise wird beantragt, festzustellen, dass die Vergabestelle verpflichtet ist, die Aus-
schreibung aufzuheben.
Die Ag wiederholt ihren bisherigen Vortrag gegenüber der ASt. Daneben weist sie darauf hin,
dass die ASt – folge man ihrer Rechtsauffassung – ebenfalls aus formalen Gründen ausgeschlos-
sen werden müsste. Denn sie habe lediglich ein Zertifikat über die werkseigene Produktionskon-
trolle vorgelegt, nicht jedoch die in der TLW 2003 geforderte Spezifikation des Herstellers. Bei
der Auslegung der Baubeschreibung sei maßgeblich auf den Empfängerhorizont abzustellen. Für
die Auslegung, wonach die Spezifikation für die angebotenen Wasserbausteine erst vor dem
Einbau vorzulegen sei, spräche zudem auch der Wortlaut von Abs. 2 Ziff. 4.3 der Baubeschrei-
bung. Dort sei die Rede von "gelieferten" und nicht etwa "zu liefernden" Stoffen und Bauteilen.
Das Prinzip der Gleichbehandlung fordere, eine objektive Mehrdeutigkeit der
Ausschreibungsunterlagen in den geforderten Belegen nicht zum Nachteil eines Bieters
ausschlagen zu lassen. Zur Auslegung der TLW 2003 ergänzt die Ag, dass die in Tabelle A.1 der
DIN EN 13383-1 vorgegebene Anforderungen an Wasserbausteine Mindestanforderungen seien.
Da die angebotenen Steine nicht exakt die vorgegebenen Werte aufweisen würden, seien die
spezifischen Kennwerte für die Beurteilung der Wasserbausteine durch die Ag notwendig.
Deshalb werde zur Beurteilung der Güte der angebotenen Steine in Ziff. 2 (5) TLW 2003 deren
Spezifikation durch den Hersteller gefordert. Die Spezifikation müsse nach der TLW
grundsätzlich mit dem Angebot abgegeben werden. Es sei aber jahrelange Praxis der
Vergabestellen der ..., dass eine entsprechende Anforderung in den Technischen
Lieferbedingungen für Geotextilien (TLG) weit ausgelegt worden sei. Ein Fehlen von
Unterlagen bei Abgabe des Angebotes habe nicht zum Ausschluss geführt. Eine Nachlieferung
sei möglich gewesen. Da sowohl technisch als auch bezüglich des Bauablaufes Angaben zum
Zeitpunkt des Bauablaufes nicht unbedingt nötig seien, habe die Vergabestelle im vorliegenden
Fall in 4.3 der Baubeschreibung geregelt, dass für die zur Verwendung kommenden Stoffe und
Bauteile, und damit auch der Wasserbausteine und des Geotextils, erst rechtzeitig vor dem
Einbau der Gütenachweis (Spezifikation) vorzulegen sei. Aus formalen Gründen habe daher kein
Angebot ausgeschlossen werden dürfen.
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Mit Beschluss vom 30. Dezember 2004 wurde die Beigeladene zu dem Verfahren hinzugezogen.
Sie hat sich mit eigenem Schriftsatz zu dem Nachprüfungsverfahren der ASt eingelassen. Sie
beantragt:
1. Der Nachprüfungsantrag wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt die ASt.
3. Die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten der Beigeladenen wird für notwen-
dig erklärt.
Sie trägt vor, der Nachprüfungsantrag könnte unzulässig sein, weil die Rüge gegen die Mittei-
lung nach § 13 VgV vom 7. Dezember 2004 nicht bzw. nicht unverzüglich erfolgt sei. Jedenfalls
sei der Antrag aber unbegründet. Ziff. 4.3 Abs. 1 der Baubeschreibung gehe den Bestimmungen
der TLW 2003 als speziellere Regelung vor. Erheblich könne nur der Vortrag der ASt sein, dass
die in Ziff. 4.3 erwähnten Gütenachweise etwas anderes seien, als das was in der TLW 2003,
Ziff. 2 (5) gefordert werde. Der dort verwendete Begriff "Spezifikation des Herstellers" bedeute
aber nicht "werkseigene Produktionskontrolle", wie die ASt mit ihren Ausführungen zum
"Nachweis der Eignung des Herstellers" darlege. Unter "Spezifikation des Herstellers" könne
vom Wortsinn her nur eine Aufstellung/Aufzählung/Einteilung des Herstellers gemeint sein.
Dies werde auch durch Satz 2 der Ziff. 2 (5) TLW bestätigt, der auf die Kategorien und Kenn-
werte der Wasserbausteine verweise. Diese aufzuzählenden Kennwerte seien letztlich die Güte-
nachweise nach EN 13383-1 zu den Eigenschaften der angebotenen Wasserbausteine. Nicht
nachvollziehbar sei, dass die ASt den Begriff "Gütenachweis" ausschließlich auf einen Nachweis
unmittelbar vor Verwendung der Wasserbausteine beschränke. Gütenachweise würden in regel-
mäßigen oder unregelmäßigen Zeiträumen, je nach Produktionsbedingungen, von einem dafür
zugelassenen Institut für Wasserbausteine ausgestellt. Bei den in Ziff. 2 (4) und (5) genannten
Nachweisen handele es sich grundsätzlich um Gütenachweise. Das von der ASt vorgelegte Zerti-
fikat der werkseigenen Produktionskontrolle sei in Ziff. 2 (4) TLW geregelt. Hier sei jedoch im
Gegensatz zu Ziff. 2 (5) nicht bestimmt, dass das Zertifikat bei Angebotsabgabe vorliegen müs-
se. Zwischenzeitlich hätten nach Angaben der Ag alle übrigen Bieter ein solches Zertifikat vor-
gelegt. Keiner der Bieter habe aber eine Bescheinigung nach Ziff. 2 (5) TLW vorgelegt. Festzu-
halten sei, dass außer in Ziff. 4.3 der Baubeschreibung an keiner Stelle stehe, wann Gütenach-
weise vorzulegen seien. Zum Vergabeverfahren ...-... merkt die Beigeladene an, dass dort keine
Unklarheit hinsichtlich des Vorlagezeitpunktes bzw. bezüglich der Bedeutung der Ziff. 2 (5)
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TLW bestanden hätte. Die ASt habe die Ausschreibungsunterlagen zu ihren Ungunsten ausge-
legt. Eine Wettbewerbsverzerrung liege nicht vor, weil die ASt selbst mit ihrem Nebenangebot
Nr. 5, also mit Wasserbausteinen ohne Zertifikat, preislich nicht an die erste Stelle gekommen
sei. Unter den erwähnten Planungs- und Ausführungsrisiken könne sich die Beigeladene nichts
vorstellen. Im übrigen gehe es bei der Frage des Zertifikates nicht um die Eignung des Bieters.
Die Eignung könne sich nur auf die Kriterien des § 8 Nr. 3 Abs. 1 und 2 VOB/A beziehen. Die
Beigeladene geht davon aus, dass die ASt auch bei der Verwendung anderer Wasserbausteine
(z.B. aus dem Steinbruch ...) nicht die Differenz von ca. 300.000 € zum Angebot der Beigelade-
nen ausgleichen könne.
Die Kammer hat der ASt antragsgemäß Einsicht in die Vergabeakten gewährt, soweit keine ge-
heimhaltungsbedürftigen Aktenbestandteile betroffen waren. In der mündlichen Verhandlung am
18. Januar 2005 hatten die Beteiligten Gelegenheit, ihre Standpunkte darzulegen. Auf die
Schriftsätze der Verfahrensbeteiligten, die Vergabeakte, soweit sie der Kammer vorgelegen hat,
sowie auf die Verfahrensakte der Kammer wird ergänzend Bezug genommen. Durch Verfügung
des Vorsitzenden der Kammer ist die Fünf-Wochen-Frist bis zum 11. Februar 2005 verlängert
worden (§ 133 Abs. 1 Satz 2 und 3 GWB).
II.
1. Der Nachprüfungsantrag ist zulässig.
a) Die angerufene Vergabekammer des Bundes ist für die Entscheidung über den Antrag
zuständig. Die durch die Ag ausgeschriebenen Bauleistungen sind dem Bund zuzurech-
nen (§ 104 Abs. 1 GWB). Die Ag ist öffentlicher Auftraggeber gemäß § 98 Nr. 2 GWB.
Der gemäß § 2 Nr. 4 VgV maßgebliche Schwellenwert wird im vorliegenden Fall über-
schritten.
b) Die ASt hat den von ihr bereits im Vergabeverfahren erkannten Verstoß gegen Verga-
bevorschriften gegenüber der Ag unverzüglich gem. § 107 Abs. 3 GWB gerügt. Sie hat
auf den Vergaberechtsverstoß bereits im Aufklärungsgespräch am 6. Oktober 2004 hin-
gewiesen. In ihren Schreiben an die Ag vom 8. Oktober, 12. November und 30. Novem-
ber 2004 wiederholte die ASt ihre Auffassung. Einer nochmaligen Rüge nach Erhalt des
§ 13 VgV-Schreibens bedurfte es nicht.
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c) Die ASt ist auch antragsbefugt. Nach § 107 Abs. 2 Satz 1 GWB ist der Nachprüfungs-
antrag zulässig, wenn ein Unternehmen ein Interesse am Auftrag hat und eine Verlet-
zung in seinen Rechten nach § 97 Abs. 7 GWB geltend macht. Diesem Erfordernis ist
genügt, wenn mit dem Nachprüfungsantrag eine Verletzung vergaberechtlicher Vor-
schriften schlüssig vorgetragen wird.
Darüber hinaus ist gemäß § 107 Abs. 2 Satz 2 GWB erforderlich, dass mit dem Nach-
prüfungsantrag auch dargelegt wird, dass dem Unternehmen durch die behauptete Ver-
letzung der Vergabevorschriften ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht.
Dieser Zulässigkeitsvoraussetzung des Nachprüfungsantrags ist jedoch bereits dann ge-
nügt, wenn mit dem Antrag schlüssig vorgetragen wird, dass dem Antragsteller infolge
der behaupteten Rechtsverletzung ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht.
Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall vor. Durch die Entscheidung der Ag, entge-
gen Ziff. 2 (5) ihrer Technischen Lieferbedingungen für Wasserbausteine auf die Vorla-
ge einer "Spezifikation des Herstellers nach DIN EN 13383-1" mit Angebotsabgabe zu
verzichten und damit alle Bieter in die Wertung einzubeziehen, droht der ASt die Ent-
stehung eines Schadens. Die ASt hat in der mündlichen Verhandlung glaubhaft vorge-
tragen, dass sie bei Kenntnis dieser Vorgehensweise trotz der Abgabe ihres Nebenange-
botes Nr. 5 andere – zum Zeitpunkt der Angebotsabgabe noch nicht zertifizierte – Was-
serbausteine angeboten und damit insgesamt ein günstigeres Angebot abgegeben hätte.
Als preislich zweitgünstigste Bieterin kann ihr damit eine realistische Chance auf die
Zuschlagserteilung nicht abgesprochen werden.
2. Der Nachprüfungsantrag ist begründet. Die ASt wird durch die Vorgehensweise der Ag, sich
von allen Bietern die "Spezifikation des Herstellers" der einzubauenden Wasserbausteine
nach DIN EN 13383-1 entgegen Ziff. 2 (5) der Technischen Lieferbedingungen für Wasser-
bausteine (TLW 2003) nicht mit der Angebotsabgabe, sondern zu einem späteren Zeitpunkt
mitteilen zu lassen, in ihren Rechten verletzt.
a) Die Ast kann sich allerdings nicht mit Erfolg dagegen wehren, dass die Ag die übrigen
Bieter, darunter auch die Beigeladene, nach einem beabsichtigten Ausschluss wieder in
das Vergabeverfahren einbezogen hat. Denn jedenfalls lassen die Verdingungsunterla-
gen im Hinblick auf Anforderungen hinsichtlich der anzubietenden Wasserbausteine
die notwendige Klarheit vermissen. Nach Abschnitt 4.3 Absatz 1 der Baubeschreibung
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. . .
ist ein Gütenachweis für die zur Verwendung kommenden Stoffe und Bauteile erst vor
dem Einbau zu erbringen. Diese Regelung steht aber im Widerspruch zu Abschnitt 4.3
Absatz 2 der Baubeschreibung in Verbindung mit der TLW 2003, Nr. 2 Abs. 5, wonach
die Vorlage der Spezifikation des Herstellers der angebotenen Wasserbausteine nach
DIN EN 13383-1 schon bei Angebotsabgabe sicherzustellen sei.
aa) Bei der nach TLW 2003, Nr. 2 Abs. 5 geforderten "Spezifikation des Herstellers
nach DIN EN 13383-1" handelt es sich um eine von der Vergabestelle geforderte
Erklärung im Sinne von § 21 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A. Auf die Forderung der Vorlage
der "Spezifikation des Herstellers" wird allerdings nicht in dem Aufforderungs-
schreiben zur Angebotsabgabe ausdrücklich hingewiesen. Sie findet sich vielmehr
„versteckt“ in den technischen Lieferbedingungen für Wasserbausteine.
aaa) Zwar hat gem. § 8 Nr. 3 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 10 Nr. 5 lit. l VOB/A bei öf-
fentlicher Ausschreibung die Vergabestelle in der Aufforderung zur Ange-
botsabgabe die Nachweise zu bezeichnen, deren Vorlage mit dem Angebot
verlangt wird. Die Bestimmung betrifft ihrer systematischen Stellung nach
aber nur solche Nachweise, die die Eignung des Bieters betreffen. Die Vorla-
ge einer "Spezifikation" des Herstellers der angebotenen Wasserbausteine ist
aber kein Beleg für die Eignung des Bieters im Sinne von Fachkunde, Leis-
tungsfähigkeit und Zuverlässigkeit (§ 8 Nr. 3 Abs. 1 VOB/A; vgl. auch Bay-
ObLG, Beschluss vom 28. Mai 2003, Verg 6/03). Es handelt sich hierbei
vielmehr um den Nachweis der Qualität eines Baustoffs, den der Bieter zu
verwenden hat.
bbb) Es stellt sich allerdings die Frage, ob die Forderung der Vorlage der "Spezifi-
kation des Herstellers" aufgrund der Regelung des § 10 Nr. 1 Abs. 1 lit. a
i.V.m. § 10 Nr. 5 Abs. 2 lit. q VOB/A in das Aufforderungsschreiben zur An-
gebotsabgabe aufzunehmen war. Danach sind im Anschreiben alle Angaben
aufzuführen, die außer den Verdingungsunterlagen für den Entschluss zur
Abgabe eines Angebots notwendig sind. Die Technischen Lieferbedingungen
für Wasserbausteine sind zwar bereits Teil der Verdingungsunterlagen. Sie
ergänzen gem. § 10 Nr. 3 Satz 2 VOB/A die Allgemeinen Technischen Ver-
tragsbedingungen. Dennoch ist nicht auszuschließen, dass insbesondere sol-
che Bieter aus der EU, die sich erstmals an einem solchen Vergabeverfahren
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beteiligen, davon überrascht werden, dass die Technischen Lieferbedingun-
gen für Wasserbausteine von ihnen eine Erklärung hinsichtlich der Qualität
der Wasserbausteine verlangen, die für die Vergabeentscheidung relevant sein
soll (entsprechendes gilt beispielsweise bei der Forderung nach Vorlage eines
unverbindlichen Bauzeitenplans in der Baubeschreibung: s. dazu BayObLG,
Beschluss vom 28. Mai 2003, Verg 6/03). Im vorliegenden Fall kommt hinzu,
dass die die TLW 2003 im Unterschied zur TLW 1997 die genannten Anga-
ben des Bieters neu eingeführt hat und diese deshalb den Bietern – so die Ag
– möglicherweise nicht bekannt waren. Es kann letztlich aber dahin stehen,
ob eine gesonderte Aufnahme der geforderten Bieterangaben in das An-
schreiben zur Angebotsabgabe erforderlich gewesen wäre. Denn jedenfalls
stehen die Regelungen in der Baubeschreibung einerseits und der TLW ande-
rerseits in einem unauflösbaren Widerspruch.
bb) Allerdings sind sowohl der Inhalt der geforderten Erklärung als auch der Zeitpunkt
der Abgabe von der Ag nicht mit der im Vergabeverfahren erforderlichen Eindeu-
tigkeit festgelegt worden. Die mit dem Fehlen von Erklärungen verbundenen
schwerwiegenden Folgen gebieten es, dass die ausschreibende Stelle eindeutig be-
stimmt, welche Erklärungen sie für die Angebotswertung fordert (§ 9 Nr. 1 VOB/A;
s. BGH, Urteil vom 11. März 1999, VII ZR 179/98; OLG Stuttgart, Beschluss vom
20. Oktober 2004, 2 Verg 9/04; BayObLG, Beschluss vom 28. Mai 2003, Verg
6/03). Eindeutig feststehen muss aus Gründen der Gleichbehandlung auch, zu wel-
chem Zeitpunkt die Erklärungen vorliegen müssen. Aufgrund einer Unklarheit in
den Verdingungsunterlagen kann sich die Nichtvorlage oder fehlerhafte Vorlage der
geforderten Belege nicht zum Nachteil der Bieter z.B. in Form eines Ausschlusses
aus dem Vergabeverfahren auswirken.
aaa) Inhalt der Vorlagepflicht
Der Begriff "Spezifikation" wird in den Verdingungsunterlagen nicht in der er-
forderlichen Eindeutigkeit definiert. Grundsätzlich sind die Angaben in der
Leistungsbeschreibung mit den anderen vertraglichen Unterlagen als sinnvolles
Ganzes auszulegen (BGH, Urteil vom 11. März 1999, VII ZR 179/98). Laut
Baubeschreibung gilt hinsichtlich der Lieferung der Wasserbausteine die TLW
2003. Nach Ziff. 2 (5) TLW hat der Bieter sicherzustellen, dass der ausschrei-
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benden Stelle eine "Spezifikation des Herstellers nach DIN EN 13383-1" für
die angebotenen Steine vorliegt. Hierbei sollen als Nachweis der grundsätzli-
chen Eignung für den vorgesehenen Verwendungszweck die Kategorien und
maßgebenden Kennwerte für alle in der Verdingungsunterlage geforderten Ei-
genschaften angegeben sein. Nach Nr. 1.1 des Anhanges TS zu Teil A der
VOB handelt es sich bei "Technischen Spezifikationen" um sämtliche, insbe-
sondere in den Verdingungsunterlagen enthaltenen, technischen Anforderun-
gen an eine Bauleistung, ein Material, ein Erzeugnis oder eine Lieferung, mit
deren Hilfe diese so bezeichnet werden können, dass sie ihren durch den öf-
fentlichen Auftraggeber festgelegten Verwendungszweck erfüllen. Es handelt
sich hierbei um einen Oberbegriff. Der von der Ag gewählte Begriff "Spezifi-
kation des Herstellers" wird aber weder in der DIN EN 13383-1, auf die die
TLW ausdrücklich Bezug nimmt, noch im grundsätzlich anwendbaren Gesetz
über das Inverkehrbringen von und den freien Warenverkehr mit Bauprodukten
(Bauproduktegesetz) konkretisiert. Eine Auslegung der dort verwendeten Beg-
riffe führt nicht zu der nach VOB/A geforderten Eindeutigkeit. So spricht § 8
Abs. 1, Abs. 3 Satz 1 Bauproduktegesetz von einem Konformitätsnachweisver-
fahren, das durch eine Konformitätserklärung des Herstellers gem. § 9 Baupro-
duktegesetz oder durch ein Konformitätszertifikat gem. § 10 Bauproduktege-
setz bestätigt wird. Auch aus der DIN EN 13383-1 ergibt sich kein Hinweis
darauf, was unter der geforderten "Spezifikation" zu verstehen sei. Die ausge-
schriebenen Wasserbausteine unterliegen nach TLW dem Konformitätssystem
2+ der DIN EN 13383-1. Hierfür muss zum Nachweis, dass die Wasserbau-
steine den Normungsanforderungen genügen, der Hersteller eine sog. EU-
Konformitätserklärung (s. § 9 Bauproduktegesetz) abgeben. Bestandteil dieser
EU-Konformitätserklärung ist im Rahmen des Systems 2+ u.a. neben einer Be-
schreibung des Produktes (nach Typ, Kennzeichnung, Anwendung etc.) eine
Zertifizierung der werkseigenen Produktionskontrolle des Herstellers durch ei-
nen Dritten, eine notifizierte Körperschaft. Diese Körperschaft führt eine Erst-
inspektion des Werks und der werkseigenen Produktionskontrolle beim Her-
steller durch bzw. stellt eine kontinuierliche Überwachung, Beurteilung und
Bestätigung der werkseigenen Produktionskontrolle sicher. Hierbei handelt es
sich nicht um eine Prüfung der Steinqualität, diese wird vielmehr vom Herstel-
ler selbst durchgeführt. Dieser ist eigenverantwortlich für die Anbringung der
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CE-Kennzeichnung, also des Konformitätszeichens gem. § 12 Bauproduktege-
setz, auf dem Etikett, der Verpackung oder dem Lieferschein der Charge zu-
ständig (s. im einzelnen hierzu: Anhang ZA der DIN EN 13383-1, S. 32 ff).
Die den Vorgang abschließende CE-Kennzeichnung ist somit einem Güte-
nachweis vergleichbar.
Die ASt, die als einzige Bieterin überhaupt Wasserbausteine eines Herstellers
angeboten hat, der das Konformitätsverfahren nach dem System 2+ zum Zeit-
punkt der Angebotsabgabe schon durchlaufen hatte, hat lediglich ein Zertifikat
der werkseigenen Produktionskontrolle eingereicht, ohne weitere Angaben des
Herstellers zu der grundsätzlichen Eignung der Wasserbausteine für den vorge-
sehenen Verwendungszweck vorzulegen. Dies reicht nach Auffassung der
Kammer nicht aus, um die Anforderungen der Ziff. 2 (5) TLW zu erfüllen.
Nach dieser Bestimmung hätten die Bieter als Nachweis der grundsätzlichen
Eignung für den vorgesehenen Verwendungszweck im Rahmen der "Spezifika-
tion" Angaben der Herstellers zu den in den Verdingungsunterlagen geforder-
ten Merkmalen "Gesteinsgröße" und "Gesteinsdichte" vorlegen müssen.Die
von der ASt vorgelegten Konformitätsbescheinigungen reichen insoweit nicht.
Nach den Ermittlungen der Kammer bei den ‚ausstellenden Gremien haben
diese IOhr Zertifikat erläutert. Danach stellt die werkseigene Produktionskon-
trolle, wie bereits oben ausgeführt, keine Eignungsprüfung der Wasserbaustei-
ne dar, sondern bestätigt lediglich, dass der Hersteller in der Lage ist, die Prü-
fungen nach der DIN EN 13383-1 durchzuführen, um seinen Pflichten entspre-
chend normgemäße Wasserbausteine anzubieten. So ist beispielsweise denk-
bar, dass ein Hersteller Steine bestimmter DIN-Kategorien nicht führt, dennoch
aber über die vorgeschriebene werkseigene Produktionskontrolle verfügt. Die
Vorlage des Zertifikats der werkseigenen Produktionskontrolle ist daher nicht
mit dem Begriff "Spezifikation" gleichzusetzen.
Was die Ag letztlich unter dem Begriff der Spezifikation selbst verstanden hat
bzw, verstanden wissen wollte, konnte sie in der mündlichen Verhandlung
nicht überzeugend erklären. Möglicherweise reicht hier die Vorlage eines Aus-
zuges aus dem Sortenverzeichnis des Herstellers mit dessen Bereitschaftserklä-
rung, die geforderten Steine liefern zu können, aus. Möglicherweise erwartet
die Ag aber auch die Vorlage der EU-Konformitätserklärung des Herstellers.
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bbb) Zeitpunkt der Vorlage der "Spezifikation"
Die Ag hat in den Verdingungsunterlagen in Ziff. 2 (5) der TLW den Bietern
auferlegt, sicherzustellen, dass ihr eine "Spezifikation des Herstellers nach DIN
EN 13383-1" für die angebotenen Wasserbausteine bei Angebotsabgabe vor-
liegt. Dies bedeutet, dass eine Spezifikation nur dann mit dem Angebot einge-
reicht werden muss, wenn sie der Vergabestelle nicht bereits vorliegt. Im vor-
liegenden Fall lagen der Vergabestelle unstreitig noch keine Spezifikationen
von Herstellern von Wasserbausteinen vor. Die Unklarheit über den Zeitpunkt
der Vorlage der "Spezifikation" des Herstellers der Wasserbausteine ergibt sich
im streitgegenständlichen Fall allerdings daraus, dass abweichend von der
Vorgabe der TLW (Vorlage der "Spezifikation" bei Angebotsabgabe) nach Ab-
schnitt 4.3 der Baubeschreibung für die zur Verwendung kommenden Stoffe
und Bauteile rechtzeitig vor dem Einbau der Gütenachweis zu erbringen ist.
Bereits aus den unterschiedlichen Auffassungen der Verfahrensbeteiligten zu
den Begriffen "Gütenachweis", "Spezifikation" und "Zertifizierung", aber auch
aus der widersprüchlichen Auslegung der Verdingungsunterlagen durch die Ag
selbst, ergibt sich für die Vergabekammer eine mangelnde Eindeutigkeit der
Verdingungsunterlagen hinsichtlich des Zeitpunkts der Vorlage von Nachwei-
sen.
Die Vergabekammer merkt in diesem Zusammenhang an, dass ihrer Auffas-
sung nach die Regelung zum Gütenachweis in Abschnitt 4.3 der Baubeschrei-
bung die Vorlage der "Spezifikation" in Ziff. 2 (5) TLW nicht verdrängt. Zu
einer Konkurrenz beider Regelungen kommt es nicht, weil sie nicht den selben
Sachverhalt betreffen. Die Auslegung der Begriffe "Gütenachweis" und "Spe-
zifikation" sowie ergänzend der DIN EN 13383-1 und des Bauproduktegesetz
ergibt, dass es sich bei der "Spezifikation des Herstellers" nach Ziff. 2 (5) TLW
und dem Gütenachweis um unterschiedliche Erklärungen handelt. Das CE-
Kennzeichen stellt – wie bereits unter aa) beschrieben – den Gütenachweis für
die zur Verwendung kommenden Wasserbausteine dar. Nach Abschnitt 4.3 der
Baubeschreibung ist dieser Gütenachweis rechtzeitig vor dem Baubeginn bei-
zubringen. Die Vorlage der "Spezifikation" des Herstellers nach DIN EN
13383-1 für die angebotenen Wasserbausteine verfolgt hingegen einen anderen
Zweck. Die Vergabestelle erhält durch diese Regelung die Möglichkeit, mithil-
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fe der spezifischen Kennwerte der Wasserbausteine die Eignung der angebote-
nen Wasserbausteine vor Zuschlagserteilung zu prüfen. Im Gegensatz zu dem
Gütenachweis "CE-Kennzeichen", der erst mit der Anlieferung der Steine ge-
führt werden kann, soll die "Spezifikation" der Steine für den vorgesehenen
Verwendungszweck der Vergabestelle also die Möglichkeit eröffnen, bereits
bei der Wertung der Angebote eine Qualitätsprüfung der Wasserbausteine ge-
richtet auf den vorgesehenen Verwendungszweck – nach der Papierform – vor-
zunehmen. Die Ag hat eingeräumt, dass die "Spezifikationen" nach der TLW
2003 grundsätzlich mit dem Angebot abgegeben werden müssen. Aufgrund des
unterschiedlichen Erklärungsgehalts der Nachweise kommt es aber nicht zu ei-
ner Verdrängung der Ziff. 2 (5) TLW durch Abschnitt 4.3 der Baubeschrei-
bung. Hierfür spricht im übrigen auch die Systematik der Baubeschreibung.
Der Abschnitt 4 behandelt die Abwicklung der Maßnahme, während Abschnitt
3.7 die Anforderungen an die Böschungssicherung vorschreibt und insoweit
mit der Bezugnahme auf die TLW 2003 auch die Anforderungen für die Ange-
botsabgabe regelt.
b) Die ASt ist infolge der Unklarheit in den Ausschreibungsunterlagen in ihren Rechten
verletzt. Wegen der bereits mit Angebotsabgabe eingereichten Zertifizierung (der
werkseigenen Produktionskontrolle) des Herstellers der Wassersteine hat sie einen ent-
fernter liegenden Steinbruch mit Steinen einer höheren Trockenrohdichte gewählt und
somit höhere Kosten hinsichtlich der Menge, des Arbeitsaufwands und des Transports
einkalkulieren müssen. Dies gilt auch für das Nebenangebot mit Wasserbausteinen, de-
ren EU-Konformitätserklärung zum Zeitpunkt der Angebotsabgabe noch nicht vorlag.
Obwohl die ASt sowohl im Hauptangebot also auch im Nebenangebot Wasserbausteine
mit einem günstigeren Preis als die Beigeladene angeboten hat, kann die Vergabekam-
mer nicht zweifelsfrei klären, ob die ASt bei Kenntnis der Vorgehensweise der Ag ein
günstigeres Angebot mit Wasserbausteinen abgegeben hätte, deren Gütenachweis, also
die CE-Kennzeichnung, zu einem späteren Zeitpunkt zu führen gewesen wäre. Die Un-
klarheit seitens der Ausschreibungsbedingungen darf gem. § 97 Abs. 2 GWB aus Grün-
den der Gleichbehandlung nicht zu Lasten der ASt gehen.
c) Die Anordnung, alle Bieter zur Abgabe eines neuen Angebots im Punkt Wasserbaustei-
ne (Positionen 0010 und 0020 des Loses 01, Gewerk 05, Titel 02) aufzufordern und die
Ergebnisse in die Wertung mit ein zu beziehen, stellt gem. § 114 Abs. 1 Satz 1 GWB
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. . .
die geeignete Maßnahme zur Beseitigung der Rechtsverletzung der ASt und gleichzeitig
den geringsten Eingriff in den Fortgang des Vergabeverfahrens dar. Eine Aufhebung
der Ausschreibung gem. § 26 Nr. 1 lit. b oder c VOB/A wegen Unklarheit der Verdin-
gungsunterlagen kommt nicht in Betracht. Auch wenn die Vergabeunterlagen nicht hin-
reichend erkennen lassen, zu welchem Zeitpunkt die Bieter welche Erklärung abgeben
sollen, verlangt der Mangel keine grundlegende Neufassung der Verdingungsunterla-
gen. Hierfür wäre es notwendig, dass eine Auftragsvergabe auf der Grundlage der bis-
herigen Verdingungsunterlagen für den Auftraggeber oder die Bieter unzumutbar ge-
worden ist (BGH, Beschluss vom 8. September 1998, X ZR 99/96; Portz in In-
genstau/Korbion, § 26 Rn. 15). Eine Aufhebung der gesamten Ausschreibung ist vorlie-
gend nicht gerechtfertigt. Der Nachteil der ASt durch die unklaren Verdingungsunterla-
gen berührt einen klar abgrenzbaren Teilbereich der Verdingungsunterlagen. Durch eine
Klarstellung der einzureichenden Erklärungen und eine nochmalige Abgabe eines An-
gebotes zu den zwei Positionen des Leistungsverzeichnisses wird eine Gleichbehand-
lung aller Bieter erreicht. Die Vergabestelle wird bei der Wertung der Angebote für den
Bereich Deckwerksarbeiten gem. § 25 Nr. 3 Abs. 2 VOB/A darauf zu achten haben, ob
unangemessen niedrige Angebotspreise abgegeben wurden.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 128 Abs. 3 S. 1, Abs. 4 S. 1 und 2 GWB. Die Beigeladene
hat im Verfahren Anträge gestellt sowie Ausführungen zur Sache gemacht und daher ein Pro-
zessrechtsverhältnis zur ASt begründet. Sie ist daher als Unterliegende zu betrachten.
Die Hinzuziehung eines Rechtsbeistandes durch die ASt war aufgrund der Schwierigkeiten des
Verfahrens notwendig.
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IV.
Gegen die Entscheidung der Vergabekammer ist die sofortige Beschwerde zulässig. Sie ist
schriftlich innerhalb einer Frist von zwei Wochen, die mit der Zustellung der Entscheidung be-
ginnt, beim Oberlandesgericht Düsseldorf - Vergabesenat -, Cecilienallee 3, 40474 Düsseldorf,
einzulegen.
Die sofortige Beschwerde ist zugleich mit ihrer Einlegung zu begründen. Die Beschwerdebe-
gründung muss die Erklärung enthalten, inwieweit die Entscheidung der Vergabekammer an-
gefochten und eine abweichende Entscheidung beantragt wird, und die Tatsachen und Beweis-
mittel angeben, auf die sich die Beschwerde stützt.
Die Beschwerdeschrift muss durch einen bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsan-
walt unterschrieben sein. Dies gilt nicht für Beschwerden von juristischen Personen des öffentli-
chen Rechts.
Die sofortige Beschwerde hat aufschiebende Wirkung gegenüber der Entscheidung der Vergabe-
kammer. Die aufschiebende Wirkung entfällt zwei Wochen nach Ablauf der Beschwerdefrist.
Hat die Vergabekammer den Antrag auf Nachprüfung abgelehnt, so kann das Beschwerdegericht
auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung bis zur Entscheidung über die
Beschwerde verlängern.
Burchardi Brauer