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Prof. Dietrich Rothenburg 1 Das 3. Betreuungsrechtsänderungsgesetz und die Rechtsfortbildung durch den BGH (Urteil vom 25.06.2010 – 2StG 454/09) 24.November 2010 ForumKlinikum Emden Institut für Sozial- und Gesundheitswissenschaften Emden (ISGE) im Kooperation mit dem Fachbereich Soziale Arbeit und Gesundheit der FH Emden-Leer und dem Klinikum Emden

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Das 3. Betreuungsrechtsänderungsgesetz und die Rechtsfortbildung durch den BGH (Urteil vom 25.06.2010 – 2StG 454/09). 24.November 2010 ForumKlinikum Emden - PowerPoint PPT Presentation

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Prof. Dietrich Rothenburg 1

Das 3. Betreuungsrechtsänderungsgesetzund die Rechtsfortbildung durch den BGH

(Urteil vom 25.06.2010 – 2StG 454/09)

24.November 2010ForumKlinikum Emden

Institut für Sozial- und Gesundheitswissenschaften Emden (ISGE) im Kooperation mit dem Fachbereich Soziale Arbeit und Gesundheit der FH Emden-Leer und dem Klinikum Emden

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Sterbehilfe Beihilfe zum Suizit : ethisch umstritten,rechtlich straflos

Passive Sterbehilfe : rechtlich erlaubt

Indirekte Sterbehilfe : ethisch geboten und straffrei

Aktive Sterbehilfe : strafbar nach § 216 StGB

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Sterbehilfe Durch das Urteil des BGH vom 25.06.2010 ist die bisherigeBegrifflichkeit, einschließlich der Unterscheidung zwischenaktiver und passiver Sterbehilfe obsolet geworden.

Neue Abgrenzung: nicht mehr aktive /passive Sterbehilfe, sondernerlaubter und unerlaubter Behandlungsabbruch

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Patientenverfügungsgesetzgeklärte Fragen

1. antizipative Einwilligungserklärung rechtsverbindlich2. keine Reichweitenbegrenzung3. keine vorherige ärztliche Beratung erforderlich4. keine vorherige rechtliche Beratung erforderlich5. keine notarielle Beurkundung erforderlich6. keine Eigenhändigkeit der Erklärung erforderlich7. keine gerichtliche Genehmigung erforderlich, sofern der Patientenwille einvernehmlich festgestellt werden kann.

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Patientenverfügungsgesetzgeklärte Fragen

einzige Voraussetzungen

1. Volljährigkeit2. Schriftlichkeit3. Einwilligungsfähigkeit

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Einwilligungsfähigkeit Unterscheidung im Recht zwischenMensch und Person

Mensch: jeder,der von einem Menschen abstammtPerson : jeder Mensch, der einer Zurechnung fähig ist

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Einwilligungsfähigkeit

Zurechnung im Recht:

1. Zivilrecht : Geschäftsfähigkeit (18 Jahre)2. Strafrecht : Schuldfähigkeit (14 Jahre)3. Sozialrecht : Handlungsfähigkeit (16 Jahre)4. Medizinrecht:: Einwilligungsfähigkeit : im Einzelfall zu prüfen

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Einwilligungsfähigkeit

Die Fähigkeit, Wesen, Bedeutung und Tragweiteeines medizinischen Eingriffs zu erkennen undihre Bedeutung für Körper,Beruf und Lebensglückbeurteilen zu können.(Einsichts- und Urteilsfähigkeit)

Diese Fähigkeit setzt die Fähigkeit zur einen freien Willensbildung voraus, den „freien Willen“d.h. „Handlungs- und Steuerungsfähigkeit“(vernunftgesteuerter Wille)

Abgrenzung zum bloßen „natürlichen Willen“(instinktgesteuerter Wille)

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Einwilligungsfähigkeit

„freier Wille:“ setzt „Handlungs- und Steuerungsfähigkeit“ voraus (vernunftgesteuerter Wille)

Abgrenzung zum bloßen „natürlichen Willen“ (instinktgesteuerter Wille)

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Einwilligungsfähigkeit

freie Willensbildung setzt voraus,daß der Betroffenein der Lage ist, das Für und Wider einer Entscheidung zu begreifen und seine Entscheidung von rationalenErwägungen abhängig zu machen.Dies setzt als erstes voraus, daß ein Patient dieärztliche Aufklärung versteht und verarbeiten kann.Er muss sie als zweites verarbeiten können unddrittens in der Lage sein, nach Abwägung des fürund wider eine vernunftgeleitete (subjektive Betrachtungsweise) Entscheidung zu treffen.

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Einwilligungsfähigkeit

Die Einwilligungsfähigkeit ist ein Rechtsbegriff.

Aber ob die rechtlichen Voraussetzungen dafür vorliegen,ist eine medizinische Frage, die vom Juristen (Richter) nur anhand einer ärztlichen Gutachtens beurteilt werden kann.

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EinwilligungsfähigkeitGrundsätzlich gilt: Allein der Umstand, daß für einenPatienten eine rechtliche Betreuung angeordnet wurde,führt nicht dazu, daß damit zugleich dessen Einwilligungsunfähigkeit feststeht, ebensowenig wie die bloße Erklärung des Betreuers, der Patient sei einwilligungsunfähig.Beide Sachverhalte haben bloßeIndizwirkung.Die Voraussetzungen der Einwilligungsunfähigkeit sindvom behandelnden Arzt eigenständig zu prüfen.

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Einwilligungsfähigkeitälterer MenschenIm Alter nehmen körperliche und geistige Fähigkeiten ab.Es kommt häufig zu psychischen Erkrankungen. Die Krankheitsbilder gerontopsychiatrischer Erkrankungen haben eine große Bandbreite.Mögliche Erscheinungsformen sind:- Persönlichkeitsstörungen- Desorientierung- GedächtnisstörungDie Einwilligungsfähigkeit hängt nicht von der Art derErkrankung ab, sondern vom Schweregrad.Es empfiehlt sich daher, nach Krankheitssymptomenzu differenzieren.(vgl. dazu Kuhlmann)

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Krankheitssymptome

1. Einbuße der intellektuellen Leistungsfähigkeit

die altersbedingte Minderung der intellektuellenLeistungsfähigkeit reduziert die natürliche Einsichts-und Urteilsfähigkeit. Dies bedeutet jedoch nicht,daßvöllige Einwilligungsunfähigkeit besteht. Es kommtganz auf den Grad der Minderung an.

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Krankheitssymptome

2. Orientierungsstörungen

Eine bloße Orientierungsstörung führt nicht zurEinwilligungsunfähigkeit; denn die intellektuellenFähigkeiten zur Einwilligung hängen nicht davon ab,daß der Patient weiss, wo er sich gerade aufhält.Treten allerdings andere Symptome hinzu, kann

eine andere Beurteilung geboten sein.

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Krankheitssymptome

3. Gedächtnisstörungen

Begriff Gedächtnis : Einheit von Merkfähigkeit und ErinnerungArten. : Langzeit- und Kurzzeitgedächtnis Altgedächtnis und NeugedächtnisBegriff Gedächtnisstörung: meint Funktionsveränderungen, die sich sowohl alsErinnerungsverfälschungen als auch als Erinnerungslücken äußern können.Das Denken selbst ist dabei nicht beeinträchtigt.

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KrankheitssymptomeStörungen des Altgedächtnisses: führen nicht zu einerBeeinträchtigung der Einwilligungsfähigkeit, da die Urteilsfähigkeit nicht berührt ist.Störungen des Kurzzeit- und Neugedächtnisses:führt hingegen zur Einwilligungsunfähigkeit, da derPatient nicht mehr in der Lage ist, das im Aufklärungsgespräch mitgeteilte Wissen zu verarbeiten.Störungen des Langzeitgedächtnisses:Hier kommt es auf die Art und insbesondere auf die Dauer der Behandlung an.Für einen aktuellen und kurzen Eingriff wird das Langzeitgedächtnis nicht benötigt,wohl aber bei erst zu einem später geplantem oder langwierigem Eingriff. Der Patient muss in der Lage sein, seine Einwilligung zu widerrufen.

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Krankheitssymptome4. Antriebsstörungen

Der Patient ist zwar intellektuell in der Lage, die Behandlungsnotwendigkeit zu erkennen, findet abernicht die Kraft ,entsprechende Maßnahmen einzuleitenHier kann Einwilligungsunfähigkeit bestehen, weil diefreie Willensbildung gestört ist.In diesem Fall kann die Anordnung einer Vertretungnotwendig sein, obwohl volle Geschäftfähigkeit besteht.

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• derartige Störungen können zu einer Veränderungdes Wertesystems führen und damit die Fähigkeitzu einer vernünftigen und eigenverantwortlichenEntscheidung zu kommen, beeinflussen.Eine Abweichung von früheren Entscheidungen ist allerdings nur dann beachtlich, wenn sie pathologisch bedingt ist und nicht auf einer bloßen Änderung derBeurteilung beruht.

5. PersönlichkeitsveränderungenDepressionen, Hypokondrien

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Krankheitssymptome

6.Artikulationsschwierigkeiten

Hier kommt es darauf an: Ist der Patient lediglich unfähig, seine Gedanken dem Arzt mitzuteilen,bedeutet dies nicht unbedingt, daß der Patient einwilligungsunfähig ist.Diese kann aber vorliegen, wenn der Patient unfähig ist,

sich selbst über seinen Beschwerden klarzuwerden,so daß er nicht in der Lage ist, z.B. zu beschreiben,was ihm wehtut.

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Krankheitssymptome

7.Ratlosigkeit,Ängstlichkeit

treten z.B. im ersten Stadium der Alzheimer Krankheit aufund führen dazu,daß sich der Patient nicht entscheiden kann.Solche Entscheidungsunfähigkeit bedeutet, daß derPatient in seiner Handlungs- und Steuerungsfähigkeit gestört und damit einwilligungsunfähig ist.

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Krankheitssymptome8. Alzheimer KrankheitKrankheit verläuft in drei Phasen.1. Phase: Beeinträchtigung der Merk- und Orientierungsfähigkeit2. Phase. Nach ca. 2-3 Jahrenweiterer Verlust der Merkfähigkeit zusammen mitagnostischen Störungen,(z.B. Auslassen oder hinzufügen einzelner Vokale innerhalb eines Wortes,Verwechseln von Worten ; Verwirrtheitszustände in der Nacht)3. Phase: intellektuelle Leistungsfähigkeit deutlichreduziert; ständiges Wiederholen von StereotypenSprache unartiluliert

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KankheitssymptomeAlzheimer Krankheit:

Krankheitsdauer: ca. 6-8 Jahre

1. Phase : nicht notwendigerweise Einwilligungsfähigkeit 2. Phase : begründen ernste Zweifel an der

Einwilligungsfähigkeit3. Phase :absolute Einwilligungsunfähigkeit

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Krankheitssymptome

10. Verwirrtheitszustände

Verwirrtheitszustände sind häufig mit Bewußtseinseintrübungen und Einschränkungder Gedächtnisleistungen verbunden und könnendaher die Kritik- und Urteilsfähigkeit beeinträchtigen,d.h. zur Einwilligungsunfähigkeit führen.

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Krankheitssymptome11.Depressionen

Geht die Depression mit demenztypischen Merkmalenwie Beeinträchtigung der kognitiven Leistungsfähigkeiteinher,kann bereits eine eingeschränkte Einwilligungs-fähigkeit angenommen werden. Dem ist soweit als möglichIm Rahmen der ärztlichen Aufklärung entgegenzuwirken.Ist dies nicht (mehr) möglich, besteht Einwilligungunfähigkeit

Es ist dann zu versuchen, durch Einleitung von Therapie-maßnahmen, die Einwilligungsfähigkeit wiederherzustellen.

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Krankheitssymptome

Krankheitssymptome

12.Parkinson

ist biochemisch durch einen Mangel des Überträgerstoffes Dopamin gekennzeichnet und kann zu Stimmungschwankungen und Melancholie führen, was allein jedoch noch keine Einwilligungsunfähigkeit begründet. Es kommt aber auch vor, daß sich diese Krankheitmit Demenzsymptomen verbindet und Verwirrtheits-zuständen.

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Patientenverfügung13. Hypochondrie

Ist nicht altersbedingt und gekennzeichnet durch eineextrem besorgte Haltung des Patienten zu seinem eigenen Körper, ängstlicher Selbstbeobachtung undKrankheitsphantasien. Dieses Symptom kann bei

Neurosen, Psychosen und Hirnerkrankungen auftreten („der eingebildete Kranke“) wenn der Arzt keineKrankheit feststellen kann, wechseln sie den Arzt .

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BGH Urteil vom 25.06.2010

1.Sachverhalt „Der Fuldaer Fall“

2. Urteil : Es kommt nicht darauf an, ob der Behandlugs-abbruch durch aktives Tun oder durch Unterlassenerfolgt. Entscheidend ist allein, ob der Abbruch gerechtfertigt ist.

Dafür ist Voraussetzung:

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Voraussetzungen eines gerechtfertigten Abbruchs der Behandlung: 1. Der Abbruch erfolgt aufgrund des erklärten oder mutmaßlichen Willens des Patienten2. Der Behandlungsbbruch muss „behandlungsbezogen“ sein.Das bedeutet Die Sterbehilfe a. steht objektiv mit einer lebensverlängernden Behandlung im Zusammenhang und b. ist darauf beschränkt,den Zustand wiederherzu- stellen, der ohne die lebensverlängernden Maßnahmen bestehen würde.3. Der Behandlungsabbruch muss von dem Willen des Handelnden getragen sein,damit den Willen des Patienten umzusetzen.(kein eigener Täterwille)

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BGH vom 25.06.2010

Bedeutung des Urteils:

1. neue Begrifflichkeit der Sterbehilfe 2. statt aktiver und passiver Sterbehilfe: Sterbehilfe durch Behandlungsabbruch

Bedeutung des BGH Urteils

1.neue Abgrenzung der erlaubten von der gesetzlich verbotenen Sterbehilfe

2. neue Begrifflichkeit der Sterbehilfe

3. Relativierung der Schriftlichkeit der Patientenverfügung

Schwachstellen des Urteils:

1. keine klare Aussage , ob bei fehlender Schriftform der früher erklärte oder der mutmaßliche Wille des Patienten zu ermitteln ist.2. „Behandlungsabbruch“ ist kein definierter Rechtsbegriff.

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BGH Urteil vom 25.06.2010 Schwachstellen des Urteils:

1. keine klare Aussage darüber, ob es bei fehlender Schriftlichkeit auf den (früheren) geäußerten Willen oder auf den (aktuell) mutmaßlichen Willen des Patienten abkommt.

2. der Begriff „Behandlungsabbruch“ ist kein gesetzlich definierter Rechtsbegriff.

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BGH Urteil vom 25.06.2010Mit diesem Urteil setzt sich der bereits mit dem

Patientenverfügungesetz eingeleiteteParadigmenwechsel fort: Das „Recht auf

Selbstbestimmung“ höher bewertet als derStaatliche Schutz des menschlichen Lebens.

§ 216 StGB: „Ist jemand durch das ausdrücklicheund ernstliche Verlangen des Getöteten zur Tötung bestimmt worden,so ist auf Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis zu 5 Jahren zu erkennen.“

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BGH Urteil vom 25.06.2010Einordnung des Urteils:

1. rechtsethisch: das Urteil führt zu einer weiteren Verschiebung bisheriger Grundpositionen

„Der Mensch ist Eigentümer seiner selbst“ (John Locke) „ Wir sind nur Verwalter,nicht Eigentümer des Lebens“ ( § 2280 Katechismus der

kath.Kirche)

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BGH Urteil vom 25.06.2010Einordnung des Urteils:Verfassungsrechtliche Wertungen:

Art 2 Abs. 2GG :“Jeder hat das Recht auf Lebenund körperliche Unversehrtheit“

Art 2 Abs. 1 Konvention zum Schutz der Menschenrechte: „Das Recht jeden Menschen

auf Leben wird gesetzlich geschützt.Niemand darf absichtlich getötet werden.“

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BGH Urteil vom 25.06.2010Begründung des Paradigmenwechsel:Verfassungsrechtliche Wertungen:Art 1 GG: „Die Würde des Menschen ist

unantastbar“.Art 2 Abs. 2GG :“Jeder hat das Recht auf Lebenund körperliche Unversehrtheit“

Aus diesen beiden Grundrechten folge ein „Recht auf Bahandlunsgfreiheit“

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BGH Urteil vom 25.06.2010Einordnung des Urteils:Verfassungsrechtliche Wertungen:

Art 2 Abs. 2GG :“Jeder hat das Recht auf Lebenund körperliche Unversehrtheit“

Art 2 Abs. 1 Konvention zum Schutz der Menschenrechte: „Das Recht jeden Menschen

auf Leben wird gesetzlich geschützt.Niemand darf absichtlich getötet werden.

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PatientenverfügungZur Begründung für diesen Paradigmenwechselwird häufig auf den Satz Kants verwiesen:„Aufklärung ist die Befreiung des Menschen aus

seiner verschuldeten Unmündigkeit“.

Tatsächlich hat sich Kant jedoch eindeutig gegendie Verfügbarkeit des menschlichen Lebens

ausgesprochen.

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Sterbehilfe

Erich Fromm:

„ Der Sinn des Lebens ist die Behauptung und Erhaltung der eigenen Existenz.“

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Danke für IhreAufmerksamkeit

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PatientenverfügungSchritte zur Ermittlung des Patientenwillens:

1.) zuerst prüft der Arzt, welche Maßnahme indiziert ist. Liegt keine medizinische Indikation vor, unterbleibt die Behandlung

2.) im zweiten Schritt prüft der Arzt für den Fall einer medizinischen Indikation, ob die Maßnahme vom Patientenwillen gedeckt ist

3.) im dritten Schritt erörtert der Arzt mit dem Betreuer/ Bevollmächtigten die Maßnahme und stellt das Einvernehmen her. Nahe Angehörige und Vertrauenspersonen erhalten Gelegenheit zur Äußerung.

4.) der vierte Schritt ist davon abhängig, ob Einvernehmen besteht. - Falls ja, wird die Maßnahme durchgeführt- Falls nein, wird das Betreuungsgericht angerufen.

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BGH Urteil vom 25.06.2010Kritische Anmerkung zum Urteil:Das Urteil rührt an einem über viele JahrhunderteDie Kultur prägendes Tabu: das TötungstabuIn den 70igen und 80 iger Jahren : bei Beginn desLebens: SchwangerschaftsabbruchIn den Jahren 2000 und 2010:am Ende des

Lebens: BehandlungsabbruchBegründung : Das „Recht auf Selbstbestimmung“ Ist das Urteil daher ein Kulturbruch?