3.4 strukturelle und spektroskopische literaturdaten der...
TRANSCRIPT
38 3. Experimenteller Teil
3.4 Strukturelle und spektroskopische Literaturdaten der Fremdphasen
Wie in Kapitel 3.2.2 erläutert, benötigt man für die Charakterisierung der vorliegenden
Proben Informationen über die Struktur und Lumineszenz der enthaltenen Verbindungen.
Diese Daten werden in diesem Abschnitt zusammengestellt.
Bei allen diesen Verbindungen wird – wie auch bei SrBP:Eu - für die Dotierung mit Eu2+
angenommen, dass Eu2+ aufgrund des mit Sr2+ etwa gleichen Ionenradius im Wirtsgitter
statistisch dessen Plätze besetzt.
Wie bei SrBP:Eu treten bei einigen der untersuchten Verbindungen zwei kristallographisch
unterschiedliche Sr-Positionen auf. Hier wird angenommen, dass sich das eindotierte Eu2+
entsprechend der relativen Häufigkeit auf die jeweiligen Positionen verteilt. Im Fall der
Verbindung Sr3(PO4)2:Eu wird diese Annahme durch eine spektroskopische Studie
untermauert [Poo96].
In allen untersuchten Wirtsgittern ist Sr – und dementsprechend auch das EuSr - von
Sauerstoff umgeben. Die Koordinationszahlen bewegen sich je nach Verbindung im Bereich
von 8 bis 12 bei unterschiedlicher Koordinationssymmetrie und unterschiedlichen Sr/Eu-O-
Abständen.
Die Koordinationszahlen und -symmetrien sowie einige interatomaren Abstände sind am
Ende dieses Kapitels (s. Seite 52) für die behandelten Verbindungen tabellarisch
zusammengefasst.
3.4.1 Strontium-Borophosphat SrBPO5 (SBP)
Obwohl die Verbindung schon 1968 von Blasse et al. [Bla68] als Lumineszenzmaterial
erkannt wurde, wurde die Kristallstruktur erst 1994 von Kniep et al. [Kni94] geklärt. SrBPO5
(oder auch SrBO(PO4), SBP) kristallisiert istotyp zu CeBO(PO4) im Stillwellit-Typ. Die
trigonale Raumgruppe ist P3121 (Nr. 152) mit den Gitterparametern a,b = 6,8488 Å und c =
6,8159 Å [Kni94]. Strontium besetzt die Wyckoff Position 3b. Eine erneute genauere
3. Experimenteller Teil 39
Beschreibung von Karthikeyani und Jagannathan [Kar00] erklärt die Struktur als ein helikales
Netzwerk aus miteinander quervernetzten Säulen aus Borat- und Phosphat-Tetraedern. Die
Umgebung des Sr- bzw. Eu-Ions wird als neunfach durch Sauerstoff koordinierte beschrieben.
Bei einer eingehenden Betrachtung der Sr-Umgebung stellt man jedoch fest, dass man diese
als 10fach durch Sauerstoff koordiniert betrachten kann. Benachbarte Koordinationspolyeder
sind jeweils über eine gemeinsame Ecke bzw. Kante verknüpft. Die Sr-O-Abständen variieren
zwischen 2,557 und 2,839 Å.
Abb. 3.4: Einheitszelle der Kristallstruktur von SrBPO5 [Kni94].
Aufgrund des großen Anionen-Kationen-Abstands geht man von einer ionischen Bindung
aus. Im Vergleich zu Ce3+ in CeBO(PO4) ist Sr2+ jedoch zu klein, um die 9fach koordinierte
Lage ohne weitere strukturelle Änderung einzunehmen. Eine 8fache Koordination in
Verbindung mit Sauerstoffleerstellen führt zu einer höheren Stabilität [Cot89] und wird als
mögliche Defektstruktur angenommen [Kar00].
Eine genauere Untersuchung der Eu-Umgebung in Eu2+-dotiertem SBP mit Hilfe der EPR-
Spektroskopie ergab sogar Hinweise auf eine 12fache Koordination des Eu. Aufgrund des
hohen beobachteten Splittings geht man jedoch von Eu2+-Defekt-Zentren, d. h Eu2+ in
Nachbarschaft zu einem weiteren Defekt, und möglicherweise von Eu2+ auf verschiedenen
Plätzen aus [Kar00].
Die Anregung mit Licht der Wellenlänge 300 nm führt zu Emission von sichtbarem Licht,
dessen Maximum bei 388 nm liegt, während das Maximum des Anregungsspektrums für
diese Emission bei 310 nm zu finden ist [Kar00]. Von Dorenbos [Dor00] wird die
Anregungswellenlänge mit 355 nm angegeben. Hierbei handelt es sich in etwa um die
40 3. Experimenteller Teil
Absorptionskante. Die von Karthikeyani et al. veröffentlichten Lumineszenzspektren sind in
Abbildung 3.5 gezeigt. Die vergleichsweise schmalen Banden sind fd-Übergängen von Eu2+-
Ionen zuzuschreiben, die sich durch das Netzwerk der Phosphat-Gruppen des Wirtsgitters in
einem starken Kristallfeld befinden [Kar00].
Abb. 3.5: Anregungs- und Emissionsspektren von SrBPO5:Eu aus der Literatur für
Proben mit verschiedenem Eu-Anteil, gemessen bei 300 K [Kar00].
SrBPO5:Eu2+ ist ein Speicherleuchtstoff und eignet sich analog zum herkömmlich
verwendeten BaFBr:Eu2+ zum Einsatz in der Röntgenmedizin. Während in BaFBr:Eu2+
jedoch Elektronen in Farbzentren (F-Zentren) aufgrund von Halogen-Leerstellen gefangen
werden, sind in SrBPO5:Eu2+ Sauerstoffleerstellen für die Bildung der F-Zentren
verantwortlich.
3. Experimenteller Teil 41
3.4.2 Strontium-Pyrophosphat α-Sr2P2O7
α-Sr2P2O7 kristallisiert in der orthorhombischen Raumgruppe Pnma mit den Gitterparametern
a = 8,9459 Å, b = 5,4133 Å und c = 13,2114 Å. Strontium befindet sich hier auf der
Wyckoff-Position 4c im Häufigkeitsverhältnis Sr1:Sr2 = 1:1. Sr ist auf beiden Positionen
9fach von Sauerstoff mit Sr-O-Abständen zwischen 2,561 Å und 2,999 Å (Sr1) bzw. 2,390 Å
und 2,852 Å (Sr2) umgeben [Bar98].
Abb. 3.6: Einheitszelle der Kristallstruktur von α-Sr2P2O7 [Bar98].
Als lumineszierendes Material wurde Strontium-Pyrophosphat bereits 1968 von Blasse et al.
beschrieben [Bla68] und im Jahr 2004 von Natarajan et al. [Nat04], auch unter Einbezug der
EPR-Spektroskopie zur genaueren Charakterisierung der Lumineszenzzentren, nochmals
eingehender untersucht. Hierbei wurde festgestellt, dass in Eu-dotiertem Sr2P2O7 Eu2+ und
Eu3+ nebeneinander vorliegen.
Abbildung 3.7 [Nat04] zeigt das Anregungs- und Emissionsspektrum, das der Lumineszenz
von Eu3+ zugeordnet wird. Das Emissionsspektrum zeigt typische Eu3+-assoziierte
Emissionen aufgrund des 5D0 → 7F1-Übergangs bei 594 nm und des 5D0 → 7F2-Übergangs bei
615 nm.
42 3. Experimenteller Teil
Abb. 3.7: Anregungsspektrum von Sr2P2O7:Eu für die Eu3+-zugeordnete Emission bei
(a) 594 nm und (b) 615 nm; Emissionsspektrum von Sr2P2O7:Eu für die Anregung bei (c) 256 nm und (d) 272 nm [Nat04].
Das Auftreten beider Emissionen deutet darauf hin, dass Eu3+ beide vorkommenden Sr-Plätze
besetzt. Zwar sind die Emissionswellenlängen der beiden Plätze gleich, je nach
Anregungswellenlänge beobachtet man jedoch unterschiedliche Intensitätsverhältnisse für die
beiden oben genannten Übergänge. Der 5D0 → 7F2-Übergang ist paritätsverboten und wird
nur beobachtet, wenn es sich um ein Lumineszenzzentrum mit starker Verzerrung und ohne
Inversionszentrum handelt. Die Intensität dieses Übergangs ist dementsprechend ein
hochsensitives Maß für die Umgebung. Für die Anregung mit 272 nm wird ein
Intensitätsverhältnis von nahezu 1:1 beobachtet. Hier handelt es sich demnach um Eu3+ auf
einem Gitterplatz mit hoher Abweichung von der Inversionssymmetrie. Verwendet man
256 nm zur Anregung, so sinkt die Intensität des 5D0 → 7F2-Übergangs deutlich. Hierbei wird
also ein Zentrum mit hoher Symmetrie beobachtet. Daher muss es sich also um Eu3+ auf zwei
verschiedenen Gitterplätzen handeln.
Die Eu2+-assoziierte fd-Emission wird bei 422 nm beobachtet [Nat04]. Das
Anregungsspektrum für diese Emission weist ein Hauptmaximum bei 330 nm und ein
Nebenmaximum bei 290 nm auf. Das von Natarajan et al. publizierte Lumineszenzspektrum
ist in Abbildung 3.8 gezeigt.
3. Experimenteller Teil 43
Abb. 3.8: (a) Anregungsspektrum von Sr2P2O7:Eu für die Emission bei 422 nm (b) Emissionsspektrum von Sr2P2O7:Eu für die Anregung bei 300 nm [Nat04]
Nach Dorenbos [Dor00] liegt die Kante des Anregungsspektrums bei etwa 410 nm. Dies
stimmt gut mit dem im Phosphor-Handbook [PhoHa] veröffentlichten Anregungsspektrum
überein (s. Abb. 3.9.
Abb. 3.9: Anregungsspektrum von Sr2P2O7:Eu für die Emission bei 422 nm [PhoHa]
Ob nur einer der beiden Sr-Plätze von Eu2+ besetzt ist oder diese beiden Plätze die gleiche
Emissionswellenlänge zeigen, kann aufgrund der Lumineszenz nicht festgestellt werden. Als
44 3. Experimenteller Teil
Verunreinigung konnte im EPR-Spektrum Mn2+ auf Sr-Positionen nachgewiesen werden.
Leider konnte mit Hilfe der EPR keine weitere Aussage über die Umgebung von Eu2+
getroffen werden, da möglicherweise existente Signale von Eu2+durch die Signale von Mn2+
überdeckt werden.
Interessant wäre, ob die Berechnung der Übergänge für beide zweiwertigen EuSr die gleiche
oder unterschiedliche Anregungsenergien ergibt, siehe dazu Kapitel 3.6 und 3.7 (Seite 78ff
und 113-114).
Eu-dotiertes Strontium-Pyrophosphat wird als möglicher Kandidat für den Einsatz in Lampen
zur Phototherapie bei Neugeborenengelbsucht [Bla94] gehandelt. Der Grund hierfür liegt in
der geeigneten Emission bei ca. 420 nm, die frei von UV-Strahlung ist und daher als
besonders geeignet für UV-empfindliche Kinderhaut gilt.
3.4.3 Strontium-Phosphat α-Sr3(PO4)2
Strontiumphosphat α-Sr3(PO4)2 ist isostrukturell zu Ba3(VO4)2. Die Raumgruppe ist
R-3m, die Gitterparameter der trigonalen Struktur betragen a,b = 5,390 Å und c = 19,785 Å
[Zac48]. Strontium befindet sich hier auf den Wyckoff-Positionen 3a (Sr1) und 6c (Sr2) im
Häufigkeitsverhältnis 1:2. Sr1 ist 12fach von Sauerstoff mit Sr1-O-Abständen zwischen 2,571
Å und 3;113 Å koordiniert. Bei Sr2 ist die Koordination durch Sauerstoff 10fach mit Sr2-O-
Abständen zwischen 2,435 Å und 2,750 Å [Poo96].
In Bezug auf den fd-Übergang wiesen Poort et al. in ihrer Arbeit von 1996 [Poo96] darauf
hin, dass in den Verbindungen Sr3(PO4)2:Eu2+, Ba3(PO4)2:Eu2+, Ba2Mg(B3O6)2:Eu2+ und
Ba2Ca(B3O6)2:Eu2+ von den Kationen lineare Ketten gebildet werden. Ein Kation in dieser
Kette erfährt sowohl einen Einfluss der negativen Ladung der benachbarten Anionen als auch
den von positiver Ladung der benachbarten Kationen. Letzteres führt zu einer bevorzugten
Ausrichtung eines der d-Orbitale und damit zu einer Absenkung seiner Energie. Im Falle des
Kations Eu2+ geht damit eine längere Emissionswellenlänge einher [Wai74]. Da ein Eu2+ in
der Kettenmitte zwei kationische Nachbarn hat, ist die energetische Absenkung seines d-
Niveaus stärker als für ein Eu2+ am Kettenrand. Demzufolge emittiert ein zentrales Eu2+ bei
3. Experimenteller Teil 45
einer längeren Wellenlänge als ein kettenendständiges. Dies deckt sich auch mit dem
Emissionsspektrum von Sr3(PO4)2:Eu2+, welches in Abbildung 3.10 dargestellt ist.
Abb. 3.10: Anregungsspektrum (EXC) von Sr3(PO4)2:Eu für die Emission bei 400 nm
(durchgezogene Linie) bzw. 420 nm (gestrichelte Linie) inkl. der Bezeichnung der 7FJ-Zustände; Fano Antiresonanz – markiert durch ↑ - wird bei 363 nm beobachtet; Emissionsspektrum (EM) von Sr3(PO4)2 für die Anregung bei 350 nm [Poo96].
Auf zwei kurzwelliger emittierende, kettenendständige Eu2+ kommt ein langwelliger
emittierendes, kettenmittiges. Das Spektrum zeigt für eine Anregungswellenlänge von 350 nm
ein Hauptmaximum bei 400 nm und ein Nebenmaximum bei 420 nm im Intensitätsverhältnis
von etwa 2:1. Es handelt sich hierbei um die Emissionen der fd-Übergänge der beiden EuSr
[Poo96]. Die Struktur im Anregungsspektrum ist der Aufspaltung des angeregten 4f 6 5d-
Zustands in die sieben 7FJ-Niveaus zuzuschreiben [Poo96].
3.4.4 Tristrontium-Europium-Triphosphat Sr3Eu(PO4)3
Für Strontium-Europium-Phosphat, Sr3Eu(PO4)3, war in der Literatur bisher keine Struktur
bekannt. In Zusammenhang mit dieser Arbeit wurde erstmals ein Strukturmodell für diese
Verbindung vorgeschlagen. Die strukturelle Untersuchung sowie das Erstellen des
Strukturmodells wurden von Dr. Kathrin Hofmann durch einen Vergleich mit der Verbindung
Sr3La(PO4)3 durchgeführt.
46 3. Experimenteller Teil
Diesem Modell zufolge kristallisiert Sr3Eu(PO4)3 isotyp zu Sr3La(PO4)3 [Bar90] in der
kubischen Raumgruppe I-43d. Der Gitterparameter für Sr3Eu(PO4)3 beträgt a = 10,120 Å.
In der Verbindung Sr3La(PO4)3 sind die Sr-Atome teilweise durch La-Atome substituiert. Es
tritt eine Rotationsfehlordnung des Phosphatanions aufgrund der Besetzung von Splitlagen
durch die Sauerstoffatome auf. Für das Strukturmodell für Sr3Eu(PO4)3 wurde das gleiche
Fehlordnungsmodell für die Phosphatanionen vorausgesetzt, die Besetzungsfaktoren für die
Sr- und Eu-Atome wurden ebenfalls übernommen. Da in den für die Strukturanalyse zur
Verfügung stehenden Proben bis zu vier Phasen nebeneinander vorliegen, ist die
Datenqualität jedoch unbefriedigend und ließ weder eine Verfeinerung der Sauerstoff-
Atomlagen noch der Besetzungsfaktoren für die Sr-, Eu- und O-Atome zu. Daher wurden nur
die Sr/Eu-Atomlage und die Gitterkonstante verfeinert.
In der folgenden Tabelle sind die Wyckoff-Lagen, die Atompositionen sowie die
Besetzungszahlen (SOF) aufgelistet. Da die Rietveld-Verfeinerung aufgrund schlechter
Datenqualität nur für Sr und Eu durchgeführt wurde, sind auch nur für die Lagen dieser
Atome die Standardabweichungen angegeben.
Tab. 3.3: Atomlagen für das Strukturmodell von Sr3Eu(PO4)3
Atom Wyckoff
Position x/a y/b z/c Besetzungs-
faktor
Sr 16c 0,0641(4) 0,0641(4) 0,0641(4) 0,75
Eu 16c 0,0641(4) 0,0641(4) 0,0641(4) 0,25
P 12a 3/8 0 1/4 1
O1 48e 0,0533 0,1300 0,3023 1/3
O2 48e 0,9700 0,1318 0,2831 1/3
O3 48e 0,0891 0,3353 0,4506 1/3
Die Kristallstruktur ist in Abbildung 3.11 dargestellt.
3. Experimenteller Teil 47
Abb. 3.11: Einheitszelle der Kristall-struktur von Sr3Eu(PO4)3..
Über die Lumineszenz von Sr3Eu(PO4)3 liegen keine Informationen vor. Die Verbindung
enthält Eu3+ in stöchiometrischer Konzentration, daher ist auch nicht unbedingt von
lumineszierenden Eigenschaften auszugehen.
3.4.5 Strontium-Borat Sr3(BO3)2 und Strontium-Oxid SrO
Der Vollständigkeit halber sollen hier auch Strontium-Borat, Sr3(BO3)2, und Strontium-Oxid,
SrO, betrachtet werden, obwohl sie nicht zu den Fremdphasen in den Leuchtstoffen gehören.
Sie spielen allerdings für die theoretischen Untersuchungen eine Rolle.
Sr3(BO3)2
Sr3(BO3)2 kristallisiert in der trigonalen Raumgruppe R-3c mit den Gitterparametern
a,b = 9,0429 Å und c = 12,5664 Å. Strontium befindet sich hier auf der Wyckoff-Position
18e. Sr ist 8fach von Sauerstoff mit Sr-O-Abständen zwischen 2,494 Å und 2,923 Å
umgeben.
Die Struktur von Sr3(BO3)2 kann als Anti-Korund-Struktur aufgefasst werden. Es liegt eine
hexagonal dichteste Packung von Sr2+ vor, die Borat-Gruppen besetzen die Oktaederlücken
[Veg75]. Dadurch entsteht eine komplizierte Koordinationsumgebung aus acht O um Sr
herum. Vier der Sauerstoffionen gehören zu zweizähnigen Borat-Gruppen, die anderen vier O
sind einzähnigen Borat-Gruppen zuzuordnen. Im Koordinationspolyeder um das Sr herum
sind die ein- und zweizähnigen Borat-Gruppen einander gegenüber angeordnet.
48 3. Experimenteller Teil
Abb. 3.12: Einheitszelle der Kristall-struktur von Sr3(BO3)2 [Veg75].
Der Einbau von Eu3+ in diese Struktur erfordert einen Mechanismus der
Ladungskompensation. Nach einem Vorschlag von Voort et al. [Voo92] wird ein
interstitielles O pro zwei Eu3+ eingebaut. Dieses interstitielle O verknüpft zwei planare BO3-
Gruppen zu zwei eckenverknüpften BO4-Tetraedern.
Laut Schipper et al. [Sch93] lässt sich Eu2+ in Sr3(BO3)2 nur feststellen, wenn während der
Synthese für längere Zeit reduktive Bedingungen angewendet werden. Selbst dann verbleibt
noch ein großer Teil der Eu-Ionen im dreiwertigen Zustand. Von isostrukturellem Ca3(BO3)2
dagegen ist nach gleicher Behandlung ausschließlich das Vorliegen von Eu3+ bekannt.
Schipper et al. berichten in ihrer Veröffentlichung von einer leicht gelblichen Farbe des Eu-
dotierten Sr3(BO3)2 und erklären dies damit, dass das Anregungsspektrum in den Bereich des
sichtbaren blauen Lichts hineinreicht, was ungewöhnlich für Sr2+ haltige Verbindungen ist.
Auf das Eu2+ in Sr3(BO3)2 wirkt ein ausgesprochen starkes Kristallfeld, wodurch das unterste
Absorptionsband bei einer sehr geringen Energie liegt.
Das Anregungs- und Emissionsspektrum sind in Abbildung 3.13 wiedergegeben.
3. Experimenteller Teil 49
Abb. 3.13: (a) Anregungsspektrum von Sr3(BO3)2 unter Beobachtung der Emission bei 590
nm;(b) Emissionsspektrum von Sr3(BO3)2 für die Anregung bei 300 nm [Sch93].
Das Maximum der Emission liegt bei 585 nm [Dia96] bzw. 590 nm [Sch93]. Unter
Beobachtung der Emission bei 590 nm beobachtet man den ersten Peak im Anregungs-
spektrum bei ca. 477 nm [Sch93] bzw. 433 nm [Dia96]. Die unterschiedlichen Angaben bzgl.
der Anregung gehen mit unterschiedlichen Annahmen für die Größe der Stokes-Verschiebung
einher, welcher aufgrund der fehlenden Feinstruktur im Spektrum schwer zu bestimmen ist.
Diaz et al. nehmen eine Stokes-Verschiebung von 89 nm, während Schipper et al. von 76 nm
ausgehen.
SrO
Strontium-Oxid, SrO, kristallisiert isotyp zu Natriumchlorid, NaCl, in der kubischen
Raumgruppe Fm-3m, der Gitterparameter beträgt a = 5,140 Å [Pri48]. Strontium besetzt die
Wyckoff-Position 4a und ist oktaedrisch von Sauerstoff im Abstand von 2,570 Å umgeben.
Gängig ist auch die Beschreibung der Struktur als kubisch dichteste Packung der Anionen mit
Besetzung der Oktaederlücken durch die Kationen.
50 3. Experimenteller Teil
Abb. 3.14: Ausschnitt aus der Kristallstruktur von SrO [Pri48].
Die Lumineszenz von Eu-dotiertem SrO wurde von Yamashita eingehend untersucht
[Yam93]. Er stellte fest, dass die Wahl der Synthesebedingungen die Farbe des
Syntheseprodukts bestimmt. Die Synthese unter Stickstoffatmosphäre liefert aufgrund von
enthaltenen Eu3+-Ionen rosa-weißes Pulver, in Wasserstoffatmosphäre hergestelltes SrO:Eu
enthält einen deutlich größeren Anteil an Eu2+ und ist daher rot-violett. Unter Anregung im
UV-Bereich kommt es zu einer starken grünen Emission, deren Ursprung Gitterdefekten
zugeschrieben wird, da sie nach dem Sintern fast vollständig verschwindet. EPR-
spektroskopische Messungen bestätigten die Existenz von Eu2+-Zentren im Material. Auch
Mn2+-Signale wurden detektiert. Die Lumineszenzeigenschaften werden durch Mn2+ jedoch
nicht beeinflusst. Photolumineszenz-Untersuchungen lieferten mögliche Hinweise auf Eu3+-F-
-Paarzentren. Das Vorliegen von Defektagglomerate dieser Art ist auch von CaO:Eu3+
bekannt [Ya293, Por82, Vo292].
Abbildung 3.15 zeigt das von Yamashita bei 16 K gemessene Anregungs- und
Emissionsspektrum von SrO:Eu. Das Anregungsspektrum wurde unter Detektion von
Emissionswellenlängen zwischen 640 nm und 680 nm aufgenommen. Das
Emissionsspektrum resultiert aus der Anregung bei 440 nm.
3. Experimenteller Teil 51
Abb. 3.15: Anregungsspektrum von SrO:Eu unter Beobachtung der Emission zwischen
640 und 680 nm (durchgezogene Linie); Emissionsspektrum von SrO für die Anregung bei 440 nm (gestrichelte Linie).
Die energetische Aufspaltung der 5d-artigen Zustände des Eu2+ in ein energieärmeres t2g-
Band und ein energetisch höherliegendes eg-Band spiegelt sich im Anregungsspektrum
wieder.
Die Breite des Anregungsbandes von 400 bis 570 nm ist typisch für 4f 7→4f 65d 1(t2g)-
Übergänge von Eu2+ in kubischen Systemen [Ya293, Nak80, Rei64, Her81]. Bei dem
Anregungsband unterhalb von 380 nm handelt es sich vermutlich um den entsprechenden
Übergang in den eg-Zustand [Ya293].
Der Bereich unter 300 nm ist vermutlich trotz Sintern noch verbliebenen Gitterdefekten
zuzuschreiben [Ya293].
52 3. Experimenteller Teil
3.4.6 Zusammenfassung der strukturellen und spektroskopischen Daten
Zur besseren Übersicht sind die wesentlichsten vorangegangenen Daten in der folgenden
Tabelle noch einmal zusammengestellt.
Tab. 3.4: Kristallographische Daten der untersuchten Wirtsgitter, Umgebung von EuSr in diesen Systemen und ihre Lumineszenzeigenschaften [Lau07]. Verbindung Raumgruppe Anzahl
der Sr-Plätze
CN(EuSr) d(Sr-O) bzw. d(Eu-O) / Å
Anregung / nm
Emission / nm
Sr6B(PO4)5 a I-4c2
Nr. 120 tetragonal
2 9 8
2,419 - 3,194 2,462 - 2,960
400, 420 475, 505
SrBPO5 b P3121 Nr. 152 trigonal
1 10 2,557 - 2,839
300 388
Sr2P2O7 c Pnma Nr. 62 orthorhombisch
2 9 9
2,561 - 2,999 2,390 - 2,852
300, 330 420
Sr3(PO4)2 d R-3m Nr.166 trigonal
2 12 10
2,571 - 3,113 2,435 - 2,750
367 400, 420
Sr3Eu(PO4)3e I4-3d
Nr. 220 kubisch
1 9 2,577 - 2,797 - -
Sr3(BO3)2f R-3c
Nr. 167 trigonal
1 8 2,494 -2,923 433 od. 477
585 od. 590
SrOg Fm-3m Nr. 225 kubisch
1 6 2,570 540 630
a) [Ehr06] b) [Kni94] c) [Bar98] d) [Zac48] e) [Lau07] f) [Veg75] g) [Pri48].
Abbildung 3.16 zeigt die direkte Umgebung der Strontium-Ionen in den diskutierten
Verbindungen.
3. Experimenteller Teil 53
Abb. 3.16: direkte Umgebung der Strontium-Ionen in den Verbindungen (a) SrO,
(b) und (c) Sr2P2O7, (d) Sr3(BO3)2, (e) und (f) Sr3(PO4)2, (g) SrBPO5, (h) Sr6B(PO4)4PO4