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Vom Schatten ins Licht 80 18.Jahrgang; Ausgabe 1-2011; ISSN 1435-4098; Einzelpreis: 5,– aktuell Waldforschung Das Magazin der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft und Mitgliederzeitschrift des Zentrums Wald - Forst - Holz Weihenstephan

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Page 1: a Waldforschung ktuell 80 - Bayern · 2012. 9. 21. · Vom Schatten ins Licht 80 18.Jahrgang;Ausgabe1-2011;ISSN1435-4098;Einzelpreis:€ 5,– aktuell Waldforschung Das Magazin der

Vom Schatten ins Licht

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18. Jahrgang; Ausgabe 1-2011; ISSN 1435-4098; Einzelpreis: € 5,–

aktuellWaldforschung

Das Magazin der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaftund Mitgliederzeitschrift des Zentrums Wald - Forst - Holz Weihenstephan

Page 2: a Waldforschung ktuell 80 - Bayern · 2012. 9. 21. · Vom Schatten ins Licht 80 18.Jahrgang;Ausgabe1-2011;ISSN1435-4098;Einzelpreis:€ 5,– aktuell Waldforschung Das Magazin der

INHALT

Titelseite: Vom Schatten ins Licht streben diese jungen Tannen imNaturpark Augsburg – westliche Wälder bei Landensberg in Schwaben.Der erfolgreiche Voranbau schattentoleranter Mischbaumarten imPrivatwald ist eine außerordentlich anspruchsvolle Aufgabe für unsereBeratungsförster.Foto: W. Rothkegel

Fotos: (v.o.) O. Ruppert; I. Queck; S. Thierfelder

Die Elsbeere wurde zum Baum des Jahres2011 gekürt. Förster und Waldbesitzerzählen sie zwar gerne zum »Hochadel«unter denWaldbäumen, aber vielen ist ihrtatsächlicher Wert noch immer nicht sorecht bekannt.

Der Voranbau ist ein sehr anspruchsvollesVerjüngungsverfahren. Nurmit gewissen-hafter Planung, konsequenter Umsetzungund intensiver Beratung führt er im Privat-wald langfristig zum Erfolg.

5 Voranbau von Tanne und Buche

23 Die »WaldKlimaWerkstatt«

50 Elsbeere: Trumpf im Klimawandel

LWF aktuell 80/2011

Mit der »WaldKlimaWerkstatt« zum Abi-tur: Schülerinnen und Schüler des Franz-Miltenberg-Gymnasiums in Bad Brücke-nau betreuen in P/W-Seminaren die ersteschulische Waldklimastation Bayerns.

VORANBAU – VOM SCHATTEN INS LICHT»Voranbau« – Thema des bayerischen Waldbautrainings 2009 4Martin Bachmann, Jakob Peter und Stefan Tretter

Vom Schatten ins Licht Jakob Peter, Wolfram Rothkegel und Ottmar Ruppert 5

Tannensaaten im Forstbetrieb Kelheim Erwin Engeßer, Rudolf Habereder und Veronika Mages 8

Naturschutzfachliche Aspekte zum Vorbau Martin Lauterbach und Helge Walentowski 11

»Hält der Altbestand noch?« Hannes Lemme und Ralf Petercord 14

Wachstum im Dunkel Hans-Joachim Klemmt 17

Waldbautraining: Fit für die Beratung Martin Bachmann und Michael Suda 20

WALDFORSCHUNG AKTUELLMit der WaldKlimaWerkstatt zum Abitur Kurt Amereller 23

Nachrichten und Veranstaltungen 24

SAAT UND PFLANZENZu Gast bei der Douglasie Monika Konnert 27

Kurzberichte 28

WALD-WISSENSCHAFT-PRAXISWKS-Witterungsreport: Kühler Herbst mit heißem Föhn 31Lothar Zimmermann und Stephan Raspe

WKS-Bodenfeuchtemessungen: »Herbstruhe« beim BodenwasserStephan Raspe und Winfried Grimmeisen 34

Wenn Wälder auf dem Trockenen sitzen Lothar Zimmermann 36

Stürmische Gesellen: Lothar, Kyrill & Co. Daniel Fröhlich 38

Der Kronenansatz beim Edellaubholz – nicht leicht zu halten! 41Julian Breibeck, Jakob Peter und Martin Bachmann

Wenn der Austrieb ausbleibt Jürgen Matschke 44

Vielfalt – Würze des Lebens … und des Waldes Eva Krause 47

Hochadel unter Waldbäumen: Die »Schöne Else« 50Stefan Müller-Kroehling und Christian Kölling

Holzeinschlag im Privatwald auf Rekordtief Friedrich Wühr 54

Neues Outfit und verbesserter Service Carina Schwab 57

KURZ & BÜNDIGNachrichten 58

Impressum 59

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3LWF aktuell 80/2011

Liebe Leserinnen und Leser,

»Vom Schatten ins Licht« lautet der Titel dieses waldbaulich ausgerichtetenHeftes. Es ist ein sehr anschauliches Bild für die Bedeutung der Wuchs-dynamik der Bäume und damit des Waldbaus in der Forstwirtschaft. AusdemDunkel des schützenden Altbestandes wächst, unterstützt von der Pfle-ge des Försters oder Waldbesitzers, eine neue Generation klimaangepassterBäume über mehrere Jahre dem Licht entgegen.Im Zuge der Klimaerwärmung gefährden extremeWitterungseinflüsse wie

Trockenheit, Hitze, Stürme, Hochwasser – und darauf folgend oft Schador-ganismen den heutigen Wald auf großen Flächen. Unser Klima wird sichschneller ändern als der Wald sich aus eigenen Kräften anpassen kann. DerUmbau gefährdeter Bestände in klimagerechte und standortsangepassteMischwälder hat daher oberste Priorität. Als optimales, aber auch sehr an-spruchsvolles Verfahren dazu erweist sich der Voranbau schattentoleranterMischbaumarten. Damit der Voranbau zum gewünschten Erfolg führt, sindzahlreiche Einfluss- und Störfaktoren zu berücksichtigen. Um die Voranbau-maßnahmen auf großer Fläche erfolgreich voranzubringen, erarbeitete dieBayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft im Rahmen desKlimaprogramms »Bayern 2020« ein entsprechendes Fortbildungsprogramm.In »Waldbautrainings« vermittelten »Waldbautrainer« der Bayerischen Forst-verwaltung den Beratungsförstern an den Ämtern für Ernährung, Landwirt-schaft und Forsten wichtige Kenntnisse zum Thema Voranbau. In denWald-bautrainings wurden jedoch neben dem rein waldbaulichen Wissen auchFragen zu Forsttechnik, Waldschutz und Naturschutz sowie methodisch-didaktische Hinweise vorgestellt.In diesem Heft sind die wichtigsten Ergebnisse rund um das Thema Vor-

anbau zusammengestellt. Ich wünsche Ihnen angenehme und informativeLesestunden.

EDITORIAL

Ihr

Olaf Schmidt

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VORANBAU – VOM SCHATTEN INS LICHT

LWF aktuell 80/20114

»Voranbau« – Thema des bayerischenWaldbautrainings 2009Voranbau von Buche und Tanne in Zeiten des Klimawandels

Martin Bachmann, Jakob Peter und Stefan Tretter

Rotbuche und Weißtanne am Aufbau klimatoleranter und qualitativ hochwertiger Mischbestände in Bayerns Wäldern zu betei-ligen, ist unter ökologischen, ökonomischen und soziologischen Gesichtspunkten von großer Bedeutung. Der Voranbau dieserSchattbaumarten unter Nadelholz-Altbeständen ist auf Grund zahlreicher Einfluss- und Störfaktoren gerade im Privatwald einesehr anspruchsvolle Aufgabe. Eine dazu in Bayern 2009 begonnene Fortbildungsserie – auf Neudeutsch: »Waldbautraining« –ermöglicht es den Beratungsförstern der Bayerischen Forstverwaltung, zu diesem Thema untereinander Erfahrungen auszutau-schen und Neues hinzuzulernen.

Die Schulungen wurde im Rahmen des Klimaprogramms»Bayern 2020« und dem daraus finanzierten Projekt »Wald-baukonzepte für Risikogebiete« vorbereitet (Hahn 2009). Dankder interdisziplinären Einbeziehung von Praktikern und wis-senschaftlichen Experten wurde die Zusammenführung undAufbereitung forstfachlichen sowie methodisch-didaktischenWissens, die Einrichtung geeigneter Trainingsflächen und dieQualifizierung der beiden vermittelnden Waldbautrainer er-reicht. Dies alles wurde in ein zielgruppenorientiertes und pra-xisnahes Fortbildungsprodukt umgesetzt (Bachmann und Suda,S. 20–22 in diesem Heft).

Diese konzeptionellen und inhaltlichen Arbeitspaketemünden in eine detaillierte Schulungsunterlage, deren Struk-tur Abbildung 1 zeigt. Bei der Sammlung und Verdichtungvorhandenen Wissens erwiesen sich drei Aspekte aus den Be-reichenWaldwachstum, Naturschutz undWaldschutz als be-sonders ergiebig bzw. innovativ; sie werden deshalb in diesemHeft in eigenen Beiträgen näher beleuchtet.

Literatur

Hahn, S. (2009): Dem Klimawandel in Bayerns Wäldern durch For-schung begegnen. AFZ/Der Wald 17, S. 914–916

Kölling, C.; Bachmann, M.; Falk, W.; Grünert, S.; Schaller, R.; Tretter, S.;Wilhelm, G. (2009):Klimarisikokarten für heute undmorgen.AFZ/DerWald 15, S. 806–810

Dr. Martin Bachmann leitet das Sachgebiet »Waldbau« derBayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft amZentrum Wald-Forst-Holz. [email protected] Peter bearbeitet das Projekt »Waldbaukonzepte für Risiko-gebiete« im Sachgebiet »Waldbau«.Stefan Tretter ist stellvertretender Leiter des Referats »Waldbauund Nachhaltssicherung« des Bayerischen Staatsministeriumsfür Ernährung, Landwirtschaft und Forsten.

Vor allem in Gebieten, in denen Fachleute den aktuell vorherr-schenden Nadelholz-Reinbeständen ein hohes Klimarisiko be-scheinigen (Kölling et al. 2009), ist es eine wichtige waldbauli-che Aufgabe, klimatolerante Baumarten aktiv einzubringen.Dafür eignet sich eine verstärkte Beteiligung von Schattbaum-arten an der Waldzusammensetzung. Ein bewährtes Mittel istdie künstliche Verjüngung mit Hilfe des Voranbaus unter demSchirm des Altbestandes. Diese arbeits- und kostenintensiveMaßnahme sicher und zügig zum Erfolg zu führen, erfordertvom Waldbesitzer weitreichende Kenntnisse und Kompeten-zen (Peter et al., S. 5–7 in diesem Heft). Für ihre Vermittlung sindin Bayern die verwaltungsinternen waldbaulichen Berater anden Ämtern für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu-ständig. Sie wurden 2009 in insgesamt 27 Fortbildungsveran-staltungen zum Thema »Voranbau von Mischbaumarten« aufden neuesten Stand des Wissens gebracht.

»Voranbau von Mischbaumarten«

Waldbau,Waldwachstum

Wachstum vonBuchen und Tannenunter Schirm

Kulturbegründungund Jungbestands-pflege

Gewinnung vonReferenzproben

Tipps zur Buchensaat

Methodik, DidaktikBeratung

Kursdidaktik undKursmethodik

FAQ-Liste zumThema »Voranbau«

Vorschläge zurweiteren Behandlungdes Themas am AELF

Tipps zur Anlagevon Trainingsflächen

Ökonomie

Kalkulationsgrund-lagen »Voranbau«

Schäden anVorausverjüngung

Themen werden in diesem Heft näher erläutert

Umwelteinflüsse

Jagdliche Beratung

NaturschutzfachlicheAspekte

Chronik des Schadens:klimatische Extrem-ereignisse und derenAuswirkungen

Waldschutzaspekte

Ablaufplan zum Beratungsprozess VoranbauVorüberlegungen – Planung und Festlegung vor Ort – Checkliste – Umsetzung

Hilfsmittel

Abbildung 1: Vereinfachte Struktur der Schulungsunterlage»Waldbautraining – Voranbau von Mischbaumarten«

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VORANBAU – VOM SCHATTEN INS LICHT

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Schritt 1: Vorüberlegungen

Eingangs wird anhand von planerischen Grundlagen wieStandortskarte, Baumarteneignungstabelle, Klimarisikokar-ten und fachlichen Plänen ermittelt, ob das Einbringen vonBuche und Tanne in den zu verjüngenden Bestand sinnvollist. Auf diese Weise lassen sich die biotischen und abiotischenRisiken abschätzen und mit Hilfe einer geeigneten Maßnah-menplanung verringern.

Schritt 2: Planung und Festlegung vor Ort

Die Entscheidung, ob sich ein Altbestand für eine Voranbau-maßnahme eignet, erfordert eine gründliche Analyse. Um ei-ne ausreichend lange Überschirmungsdauer der Kultur (zehnJahre und länger) zu gewährleisten, kommen nur Bestände mitausreichend stabilen (gute h/d-Werte), vitalen, großkronigenAltbäumen in Frage. Damit das Risiko nachfolgender Wind-wurf- oder Insektenschäden möglichst gering ist, müssen vor-handene Vorschädigungen wie Lücken und Anrisse in die

Vom Schatten ins LichtDer Voranbau von Buche und Tanne als Mittel des Waldumbaus

Jakob Peter, Wolfram Rothkegel und Ottmar Ruppert

In den Gebieten Bayerns mit aktuell vorherrschenden klimasensiblen Nadelholz-Reinbeständen ist der Waldumbau eine der zen-tralen Aufgaben der Forstwirtschaft. Dafür eignet sich der Voranbau der Schattbaumarten Rotbuche und Weißtanne. Bei die-sem Verjüngungsverfahren handelt es sich um eine waldbaulich anspruchsvolle Aufgabe, die nur mit gewissenhafter Planung,konsequenter Umsetzung und kontinuierlicher Beratung im Privatwald langfristig zum Erfolg führt.

Der Klimawandel wird nach den Prognosen vieler Fachleuteausgeprägte Trockenphasen und extreme Witterungsereignis-se, verbunden mit dem verstärkten Auftreten von Forstschutz-problemen mit sich bringen. Diesen Herausforderungen sindbesonders standorts- und klimatolerante Mischbestände ge-wachsen. In Bayern gelten etwa 260.000 Hektar Privat- undKörperschaftswald als umbaunotwendig. Ein Mittel zur Um-setzung ist die künstliche Verjüngung dieser Bestände mit Rot-buche und Weißtanne unter Schirm – der Voranbau. Dieseswaldbaulich anspruchsvolle Verjüngungsverfahren beugt ak-tiv den auf Freiflächen häufig auftretenden Kulturproblemenvor. Der Altholzschirm schützt die eingebrachten Jungpflan-zen vor Witterungsextremen und die schattigen Lichtverhält-nisse halten Konkurrenzvegetation zurück. Gruppen differen-zierter, geradschaftiger und feinastiger Dickungen entstehen,die qualitativ hochwertige Mischbestände erwarten lassen.Mögliche Risiken wie die Konkurrenz der Altbäume bei derWasserversorgung in Trockenjahren sowie eventuell bei derErnte des Altbestands entstehende Schäden an der Kultur sindzu berücksichtigen.

Um Voranbauten in Nadelholzbeständen zum Erfolg zuführen, sind umfassende Kenntnisse und eine durchdachtePlanung mit konsequenter Umsetzung erforderlich. Im Rah-men des Waldbautrainings der Bayerischen Forstverwaltungwurde im Jahr 2009 mit Unterstützung vieler Experten ausWissenschaft und Praxis an der Bayerischen Landesanstaltfür Wald und Forstwirtschaft eine Fortbildungsveranstaltungzum Thema »Voranbau von Mischbaumarten« entwickelt. Zielwar es, die waldbaulichen Berater/innen an den Ämtern fürErnährung, Landwirtschaft und Forsten anhand des Austau-sches von Erfahrungen und einer Reihe von Hilfsmitteln zuunterstützen. Dazu wurde ein Ablaufplan zum Beratungspro-zess Voranbau mit einer Checkliste (siehe Kasten S. 7) erar-beitet, in dem die gründliche Bestandesanalyse, die nötigenArbeitsschritte und die zu beachtenden Rahmenbedingungendargestellt sind. Dies soll im Zuge der Beratung im intensivenAustausch mit dem Waldbesitzer bei der Planung und Umset-zung einer Voranbaumaßnahme vermittelt werden. Dabei sindstets die Ziele des Waldbesitzers und die technischen Umset-zungsmöglichkeiten zu berücksichtigen.

Abbildung 1: Voranbau von Buche unter einem Fichtenbestand

Foto: O. Ruppert

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VORANBAU – VOM SCHATTEN INS LICHT

LWF aktuell 80/2011

arten sind am Saum der Altbestände zu pflanzen, da dort ge-nügend Licht vorhanden ist und die Kultur in ihrer Qualitäts-entwicklung und Struktur von der Schutzwirkung des Altholz-schirmes profitiert. Die Voranbaugruppen sind baumartenreinanzulegen, um zukünftige Pflegeprobleme auf Grund inter-spezifischer Konkurrenzsituationen zu vermeiden. Die idealeGruppengröße liegt bei 600 bis 1.000 m², bei Tanne könnendie Gruppen auch kleiner (ab 400 m²) sein. Auf größeren Flä-chen sind die Gruppen unter Berücksichtigung des Klein-standortes mosaikartig zu verteilen. Dabei sollte der Abstandzwischen den Gruppen maximal 50 bis 100 Meter betragen.Das Umpflanzen der Gruppen mit Laubbäumen bzw. eine spä-tere Unter- und Zwischenpflanzung führt zu einer für Tannen-gruppen sinnvollen Laubbaumbeimischung.

Vorbereitung der PflanzungVor der Anlieferung ist ein geeigneter Einschlagplatz für Pflan-zenmaterial mit einer ausreichenden Menge Abdeck- undSchutzmaterial vorzubereiten. Dieser Einschlagplatz solltemöglichst schattig liegen und mäßig feucht sein, damit diePflanzen bei längerem Einschlag nicht wegen starker Verduns-tung austrocknen.

Überprüfung der WaldschutzsituationFalls die Wildsituation in dem beplanten Gebiet nicht bekanntist, muss die aktuelle Verbisssituation an jungen Bäumen undSträuchern im Umfeld beurteilt werden. Gefährden nicht an-gepasste Wildbestände die Kultur, sind um die Flächen Zäu-ne zu errichten bzw. Einzelschutz (bei Tanne) an den Pflan-zen anzubringen.

Festlegung/Markierung der PflanzflächenDie Kulturflächen werden im Bestand festgelegt und zur bes-seren Übersicht klar markiert. Ein ausreichender Abstand zuRückegassen, Zäunen, Holzlagerplätzen und vorhandener Na-turverjüngung ist aus Gründen der Kultursicherung stets ein-zuhalten.

Ermittlung des PflanzgutbedarfsMit geeigneten Pflanzverbänden und den geplanten Pflanzflä-chen werden die benötigten Pflanzenzahlen je Baumart er-rechnet.

Auswahl des Pflanzverfahrens und der PflanzwerkzeugeDas richtige Pflanzverfahren ergibt sich aus der Wurzelgrößeder zu pflanzenden Baumarten. Bei Buche und Tanne emp-fiehlt sich eine Pflanzung mit dem Hohlspaten oder der Rho-dener Haue. Um sorgfältig und fachgerecht pflanzen zu kön-nen, sind sichere und funktionstüchtige Werkzeuge(Klingenschärfe, -länge) zu verwenden sowie Wurzelstauchun-gen und -drehungen zu vermeiden.

PflanzgutbestellungBei der Bestellung von Pflanzgut sind Angaben zu Baumart,Herkunft und Ersatzherkunft, Sortiment, Größe und Stück-zahl nötig. Für optimalen Anwuchs und sichere Entwicklungsollten möglichst kleine Sortimente bestellt werden (keine

Überlegungen (Lage der Voranbaugruppen) einbezogen wer-den. Der Schlussgrad des Altholzes sollte licht bis licht-ge-schlossen sein, dies entspricht einem Bestockungsgrad von0,6–0,8. Auf gut wasserversorgten, wüchsigen Standortenkann auch in geschlossenen Altbeständen unter Berücksich-tigung der Lichtansprüche der zu begründenden Baumartenein Voranbau angelegt werden. Bereits stark verkrautete odermit vitaler, mehrjähriger Fichtennaturverjüngung bewachse-ne Flächen scheiden auf Grund hoher Konkurrenzkraft undder damit verbundenen Gefahr des Überwachsens der Kulturfür Voranbaumaßnahmen aus. Bevor der Bestand bzw. in Fra-ge kommende Teilflächen ausgewählt werden, sind möglicheEinflüsse auf Nachbarbestände (z. B. Sturmschutzwald) in dieÜberlegung einzubeziehen. Eine Feinerschließung (Rückegas-sen-, Abfuhrsystem) und eine Bestandsgliederung in großenWaldkomplexen müssen vorhanden sein oder in der Planungklar festgelegt werden.

Nun kann unter Berücksichtigung der vorhandenen Gege-benheiten die Planung mit den Teilaspekten Produktionsziel,Verjüngungstempo bzw. Saumtiefe, Baumartenanteile und Mi-schungsform festgelegt werden. Ergebnis ist ein mit dem Wald-besitzer abgestimmtes Bestockungs- und Verjüngungsziel. An-schließend sind die notwendigen waldbaulichen Maßnahmenund ihre forsttechnische Umsetzung (Holzernte und Kultur-begründung) zu konkretisieren. Daraus lässt sich ein Arbeits-und Kulturplan für die Förderung ableiten.

Schritt 3: konkrete Umsetzung

Um die geplanten Voranbaumaßnahmen erfolgreich umzuset-zen, sind die folgenden Arbeitsschritte erforderlich:

Festlegung der Lage der VoranbautenHier bieten sich vorhandene, stabilisierte Bestandslücken(z. B. Käferlöcher) mit einer Größe von 200–1.000 m² oder lo-ckere Schirmstellungen an. Sind diese nicht vorhanden, las-sen sich mit einem vorbereitenden Durchforstungseingriffoder der Anlage von Femellücken die passenden Lichtverhält-nisse schaffen. Die Stabilität des Altbestandes bestimmt diemögliche Eingriffsstärke, da eine Destabilisierung unbedingtzu vermeiden ist.

Anlage der FeinerschließungFalls keine Feinerschließung im Bestand vorhanden ist, sindRückegassen zeitlich vor den Voranbaugruppen im Abstandvon i.d.R. 30 Metern anzulegen, damit langfristig eine geregel-te und schadensvermeidende Holzernte sichergestellt ist.

Baumarten/FlächenanteileBei der Auswahl der Baumart für die Voranbaugruppen sinddie Ergebnisse der Standortserkundung (Baumarteneignung)und die Aussagen der Klimarisikokarten zu berücksichtigen.Die klassischen Voranbau-Baumarten sind Buche und Tanne,aber auch Linde, Hainbuche, Bergahorn und Esche, sogar Ei-che oder Douglasie können bei entsprechendem waldbauli-chem Vorgehen verwendet werden. Lichtbedürftigere Baum-

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Großpflanzen über 80 cm); dabei sind zertifiziertes Pflanzgut(z. B. ZüF) und Pflanzen, deren Wurzeln zum Schutz gegenVerdunstung behandelt wurden (z. B. mit Agricol), zu bevor-zugen.

Pflanzenkontrolle/-einschlagDie Pflanzenanlieferung ist möglichst am Waldort zu überneh-men und sofort auf Frische und Qualität zu überprüfen. DieLieferung muss mit der Bestellung und den Angaben in denLieferpapieren (Pflanzenübernahmeprotokoll) abgeglichenwerden. Um die Qualität der Pflanzen zu sichern, sind dieseunmittelbar nach dem Abladen einzuschlagen.

Durchführung der PflanzungDie Pflanzen sind sorgfältig abzudecken, um jegliches An-trocknen der Wurzeln zu vermeiden. Wenn möglich, solltenicht bei Wind und vollem Sonnenschein gearbeitet werden.Nur so viele Pflanzen werden aus dem Einschlag entnommenwie innerhalb von 30 Minuten gepflanzt werden können. Ei-ne fachgerechte und sorgfältige Pflanzung legt den Grundsteinfür einen stabilen und wüchsigen Folgebestand und ist des-halb von besonderer Bedeutung.

KontrolleDer Zustand der Kultur ist in regelmäßigen Abständen zu kon-trollieren. Treten Schäden und Ausfälle auf, sind die Gründefestzustellen (evtl. Reklamation der Pflanzenlieferung) undnotwendige Schutzmaßnahmen, beispielsweise gegen Mäuse-schäden, Rüsselkäferfraß, Begleitflora oder Wildverbiss, zuveranlassen bzw. zu unterhalten. Nötige Nachbesserungensind schnellstmöglich durchzuführen, um die Qualitätsent-wicklung bei Eintritt in die Dickungsphase nicht zu gefähr-den. Auch der Altbestand bedarf einer regelmäßigen Kontrol-le (Borkenkäfer, Windwurf).

und nicht zu vergessen: die Nachsorge

Je nach Baumart und örtlichen Verhältnissen ist mit einemÜberschirmungszeitraum von zehn bis 20 Jahren zu rechnen,in dem immer wieder das Wachstum der Verjüngung im Zu-sammenspiel mit dem Altbestand genau zu beobachten ist. So-bald der Wuchs der Pflanzen stockt und z. B. die Höhentrie-be der Weißtannen kürzer als die Seitentriebe werden odersich bei der Buche der Terminaltrieb zur Seite neigt, ist überder Verjüngung maßvoll nachzulichten. Dabei ist auf beson-dere Sorgfalt im Hinblick auf den Schutz der Verjüngung undden Altbestand zu achten.

Die Autoren sind Mitarbeiter am Sachgebiet »Waldbau« derBayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft amZentrum Wald Forst Holz Weihenstephan.Wolfram Rothkegel ist Waldbautrainer für Südbayern,Ottmar Ruppert ist Waldbautrainer für Nordbayern.Jakob Peter bearbeitet das Projekt »Waldbaukonzepte fürRisikogebiete«. [email protected]

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Checkliste »Voranbau«(Die Prüfkriterien sind kursiv gedruckt)1. Beurteilung der Voranbaueignung des Altbestandes

1.1 StabilitätskriterienBestandesalterStabilität•Einzelbaum•Kollektiv•Trauf

Vitalität•Fäule• Insektenbefall

Vorschädigungen•Anrisse•Lücken

1.2 Waldwachstumskundliche und waldbauliche KriterienSchlussgrad/BestockungsgradGrundflächeVorratKlumpungAusgangsbaumarten und DichteBerücksichtigung des Naturverjüngungs-Potentials

2. WaldstrukturenKategorien der Waldstruktur•Grundstücksgröße•Grundstücksform•Nachbareffekte

3. Abgleich der Ziele des Waldbesitzers mit denwaldbaulichen Möglichkeiten3.1 PlanungsinhalteProduktionszielVerjüngungstempo/SaumtiefeFestlegung der BaumartenanteileMischungsform

3.2 Zu berücksichtigende Gegebenheiten/Einschränkungen für die PlanungWildverhältnisse/VegetationszustandGrob-/FeinerschließungForsttechnische GeländebeurteilungFichten-NaturverjüngungKonkurrenzfloraSaumnäheRisiken•Schädlinge• Sturm

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Tannensaaten im Forstbetrieb KelheimDie Tannen-Offensive der Bayerischen Staatsforsten im Kelheimer/Oberpfälzer Jura

Erwin Engeßer, Rudolf Habereder und Veronika Mages

Dem »Tannensterben« der 1970er und 1980er Jahre fielen auch im Kelheimer und Oberpfälzer Jura eine große Anzahl alter Weiß-tannen zum Opfer. In den letzten 20 Jahren hat sich die Tanne jedoch wieder deutlich erholt. Mit Blick auf den Klimawandel istdie verstärkte Einbringung der wärmeliebenden Tanne, vor allem in den gefährdeten Fichtenreinbeständen, unbedingt notwen-dig. Daher startete der Forstbetrieb Kelheim eine »Tannenoffensive«. Ein sehr erfolgreiches Mittel ist unter anderem die Tan-nensaat mit einem Pferdegespann.

Das »Tannensterben« zwischen 1976 und 1983

In der Phase des »Tannensterbens« zwischen 1976 und 1983gingen 60 Prozent der über hundertjährigen Tannen im Be-reich des Forstbetriebes Kelheim ein und mussten zwangswei-se eingeschlagen werden. In dieser Zeit traute man der Tanneim Jura nichts mehr zu und sie verschwand nahezu völlig ausden Bestockungszielen.

Erst im Forsteinrichtungsoperat 1992 wurden wieder vor-sichtige Tannenverjüngungsziele auf größerer Fläche formu-liert. Ab dieser Zeit war offensichtlich und auch wissenschaft-lich belegt, dass sich die Tannen wieder regeneriert hatten undzukunftsfähig waren.

Es ist ein großes Glück, dass in den meisten Altbeständendes Forstbetriebes Kelheim einige ältere Tannen diese schwie-rige Phase überlebt haben. Die aktuelle Forsteinrichtung weistin der Altersklasse VI+ (120 Jahre und älter) immerhin nocheinen Tannenanteil von drei Prozent aus.

Die Tanne im Zeichen des Klimawandels

Derzeit sind noch 50 Prozent der Forstbetriebsfläche mitFichte bestockt. Die Untersuchungen der Bayerischen Landes-anstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) zeigen, dass 80Prozent der von der Fichte dominierten Bestände im trocken-warmen Klimabereich liegen. Hier hat die Fichte als führen-de Baumart keine Zukunft. Die Tanne ist im Vergleich zurFichte wärmeliebender und hat eine größere ökologische Am-plitude. Die Weißtanne kommt mit der prognostiziertenKlimaerwärmung gut zurecht. Eine deutliche Anhebung derTannenanteile in den Verjüngungsbeständen des Forstbetrie-bes Kelheim ist daher zwingend geboten.• Die Ausgangslage ist immer noch ausgezeichnet. Es gibt über

die ganze Fläche verteilt autochthone Jura-Herkünfte, diedas »Tannensterben« überlebt haben. Zudem sind im Forst-betrieb mehrere anerkannte Saatguterntebestände ausgewie-sen und die Tanne fruktifiziert reichlich.

Der Jura-Forstbetrieb Kelheim umfasst die großen, zusammen-hängenden Staatswaldungen im Raum Kelheim – Riedenburg– Painten und kleinere Staatswalddistrikte auf der Albhoch-fläche im Oberpfälzer Jura zwischen Beilngries – Burggries-bach und Velburg – Parsberg. Die Forsteinrichtungsoperateaus der Zeit zwischen 1880 und 1920 weisen flächendeckendnoch Tannen-Anteile von 30 Prozent aus. Erstaunlich ist, dassdie Tanne auch auf trockenen, flachgründigen Jura-Standor-ten hohe Anteile erreichte. Die Tannen-Wirtschaft hat im Kel-heimer und Oberpfälzer Jura eine lange Tradition. In den auchforsthistorisch bedeutsamen »Neuessinger Wirtschaftsregeln«aus dem Jahre 1885 wurde die Lehre Karl Gayers »Vom ge-mischten Walde« zum ersten Mal in konkrete Anweisungenfür die Verjüngung auf Fichte, Tanne und Buche umgesetzt.

Abbildung 1: Junge Fichtenaltdurchforstungen mit einem lockerenMoosteppich und geringer krautiger Bodenvegetation eignen sichbesonders gut für die Tannensaat.

Foto: E. Engeßer

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VORANBAU – VOM SCHATTEN INS LICHT

LWF aktuell 80/2011

2008. Insgesamt wurden in den drei Jahren drei Tonnen Zap-fen geerntet, aus denen 400 Kilogramm reines Saatgut gewon-nen wurden.

Aussaat in fliegenden SaatbeetenDas Saatgut der Ernte aus dem Jahr 2008 wurde zunächst ein-gelagert. Die Aussaat begann im Frühjahr 2009. Die Keim-fähigkeit des Saatguts, die mit dem Tetrazoliumtest ermitteltwurde, betrug 42 Prozent.

54 Kilogramm wurden in fliegenden Saatbeeten händischin Rillen ausgesät. Die Größe der Saatbeete beträgt etwa 20 x20 Meter. Alle Saatbeetflächen wurden gezäunt. Bewährt hatsich die Aussaat in locker geschlossenen Fichtenbeständen.Hier ist Konkurrenzvegetation gegenüber den Tannenkeim-lingen gering. Aussaaten in ehemaligen Pflanzgärten habensich auf Grund der üppigen Begleitvegetation hingegen nichtbewährt. Hochgerechnet wurden hier 30 bis 40 Kilogrammpro Hektar gesät.

Direktaussaat im WaldDas übrige Saatgut (ca. 350 kg) wurde direkt in die Beständeausgesät. Kleinversuche in den Jahren 2006 und 2007 habengezeigt, dass bereits mit Saatgutmengen von circa fünf Kilo-gramm pro Hektar Tannenanteile von 30 bis 40 Prozent er-reicht werden können. Das waldbauliche Mindestziel ist einTannenanteil von 20 Prozent.

Junge Fichtenaltdurchforstungsbestände mit lockerer Bo-denvegetation bzw. mit Moosbedeckung erwiesen sich als be-sonders geeignet (Abbildung 1). Die größte Menge säte die Fir-ma, die auch die Beerntung durchführte, mit einerpferdegezogenen Sämaschine. Die Sämaschine ist für die Tan-nensaat speziell angepasst. Zwei Scheibeneggen schaffen eineausreichend tiefe Bodenverwundung (Saatrille). Das Saatgutgelangt über einen Dosierregler in den Mineralboden. ZweiZinken und ein Nachlaufrad sorgen für eine leichte Überde-ckung der Saat. Gezogen wird das Saatgerät von einem kräfti-gen Kaltblutpferd (Abbildung 2). In den Beständen wurdenentweder streifen- oder gruppenweise die Riefen gezogen. DasVerfahren ist sehr boden- und umweltschonend, da die Flä-chen nicht mit schweren Maschinen befahren werden, die ho-hen Bodendruck erzeugen. Der Vorteil liegt außerdem in derWendigkeit des Gespanns. Es ist in dicht bestockten Flächeneinsetzbar, kann enge Kurvenradien beschreiten und auch inhängigem Gelände arbeiten. Außerdem eignet sich das Pferde-gespann auch für kleine Flächen.

Neben der maschinellen Unternehmersaat wurde auchhändisch auf circa ein Quadratmeter großen Plätzen ausgesät.Hier wurden ebenfalls in Fichtenbeständen günstige Klein-standorte (Lichtschächte) ausgewählt, mit der Haue Rillen ge-zogen, das Saatgut eingesät und wieder leicht überdeckt, umes vor Austrocknung und Abschwemmung zu schützen.

Am erfolgreichsten liefen immer die Saaten auf, die im Jahrder Ernte ausgebracht wurden. Sicherlich hat die feucht-küh-le Witterung der vergangenen Sommer zum Keimerfolg erheb-lich beigetragen. Beim stratifizierten und überwinterten Saat-gut war der Auflauferfolg geringer.

• Die Waldbaugrundsätze der Bayerischen Staatsforsten zie-len auf die Schaffung stabiler, strukturreicher und vielgestal-tiger Waldaufbauformen ab. Gerade im wasserarmen Karst-gebiet des Oberpfälzer Jura sind stufig aufgebaute, gutstrukturierte Wälder besonders wichtig. Ein optimaler Bo-den- und Wasserschutz bei prognostizierten längeren Hitze-perioden und ausgeprägteren Starkregenphasen ist hier nurmit einer wesentlich höheren Beteiligung der »füllenden, fes-tigenden, schattenden« Tanne und einem tannengerechtenWaldbau in Plenterstrukturen zu erreichen.

• Auf Grund der hohen Naturschutzauflagen des Forstbetrie-bes Kelheim (960 ha Naturschutzgebiete und 4.000 ha FFH-Gebiete) kommt der heimischen Tanne beim klimabeding-ten Waldumbau eine wesentlich größere Bedeutung zu alsder Douglasie.

Die »Tannen-Offensive«

Die Erholung der Tanne nach dem »Tannensterben«, die Be-deutung der Tanne für den Wald in einer Zeit wärmeren Kli-mas und die günstige Ausgangssituation für eine erfolgreicheEinbringung der Tanne sind die wichtigsten Gründe, dass derForstbetrieb Kelheim seine »Tannen-Offensive« ins Leben rief.Die Offensive stützt sich auf drei Säulen: Sicherung der Ver-jüngung, Intensivierung der Pflege und Tannensaaten.• Frühzeitigste Sicherung von Tannen-Naturverjüngung mit

Einzelschutz (Streichmittel, Schafwolle). In Schneebruch-lücken fichtenreicher Bestände muss z. B. bereits im Stan-genholzstadium damit begonnen werden. Den Einzelschutzmüssen zunehmend die Pirschbezirksinhaber durchführen.

• Eine Intensivierung der Jungwuchspflege zu Gunsten derTanne soll die Tanne erhalten und fördern. Dies gilt insbe-sondere in Bereichen mit üppiger Buchen-Naturverjüngung.

• In Fichten-Reinbeständen werden großflächige Tannen-saaten durchgeführt, sobald sich der Waldboden leicht be-grünt. Die kalk- und nährstoffreichen Jurastandorte neigenschon bei geringer Belichtung zur Verunkrautung und sindfängisch für den Fichten-Anflug. Auch hier muss daher früh-zeitig mit den Tannensaaten begonnen werden. Je nach Ver-bisssituation wird eine »Grundsicherung« der Tannensaatenmit Drahthosen durchgeführt. Hierzu werden im Abstandvon etwa 15 Metern zwei oder drei Tannensämlinge imTrupp geschützt, also ca. 100 Stück pro Hektar.

Tannensaaten zwischen 2008 und 2010

Erntemöglichkeiten und ErnteverfahrenIm Sommer 2008 trugen alle Tannen der Oberschicht reich-lich Zapfen. Nachdem eine Zapfenprobe einen geringen Hohl-kornanteil aufwies, wurde in den zugelassenen Beständen desForstbetriebes geerntet. Zapfenpflücker einer Saatgutfirmaernteten in nur drei Tagen 1,7 Tonnen Zapfen. Das Tannen-saatgut wurde in der Klenge in Laufen gereinigt und lieferte246 Kilogramm reines Saatgut. Auch in den Jahren 2009 und2010 wurde geerntet. Die Erträge waren jedoch geringer als

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Je nach Gruppengröße wurden 100 bis 200 Gramm Tannen-saatgut benötigt. Bei der Frühjahrsaktion wurden zehn Kilo-gramm an einem Tag ausgebracht, im Herbst sogar 25 Kilo-gramm. Dies entspricht einer reduzierten Saatfläche von 1,0bzw. 2,5 Hektar.

Die Gruppen wurden im Gelände dauerhaft markiert undauf Karten festgehalten. Auf Schutzmaßnahmen gegen Wild-verbiss wurde bisher verzichtet.

Die Witterungsverhältnisse (viel Regen) waren bei beidenAktionen gut. Die Saat lief sehr gut auf. Am besten keimtendie Samen bei Mineralbodenanschluss ohne Moosauflage. Die»Tannensterne« haben sich nun schon zu zweijährigen Tan-nen gemausert.

Erwin Engeßer leitet den Forstbetrieb Kelheim der BayerischenStaatsforsten. Rudi Habereder ist stellvertretender Forstbetriebs-leiter. Veronika Mages leitet das Revier [email protected]

KostenDer unmittelbare Arbeitsaufwand für die Saat selbst ist gering.Bei einem Einsatz von fünf Kilogramm Saatgut je Hektar undeiner Ausbringung auf einer Länge von 1.500 Metern beträgtder Kostenaufwand für die Saat 475 Euro je Hektar Waldflä-che (Tabelle 1). Wenn ein Einzelschutz mit Drahthosen not-wendig ist, kommen noch etwa 600 Euro hinzu.

Durchführung der Tannensaaten im Revier Beilngries

Das Revier Beilngries repräsentiert die im Weißen Jura übli-che Standortspalette. Neben mäßig trockenen Kalkverwitte-rungslehmen finden sich auf großer Fläche mäßig frische bisfrische Feinlehmstandorte. Hier dominieren die 40 bis 60 Jah-re alten Fichtenbestände, in denen die Tannensaaten durch-geführt wurden, um dem Fichtenanflug und der Verwilderungmit Brombeere zuvor zu kommen.

Um die räumliche Ordnung und die Kontrolle der Saatenzu gewährleisten, wurden die Saaten »gruppenartig« angelegt.Im Vorfeld wurden geeignete Bestandeslücken zwischen denRückegassen ausgewählt und die Mitte mit einem Papierbandmarkiert. Wichtig für die Auswahl waren neben dem Beschir-mungsgrad ein guter Bodenzustand (keine Naturverjüngungund Verunkrautung) und ein ausreichender Abstand zur Fein-erschließung. Die Gruppengröße liegt im Schnitt bei 150 Qua-dratmetern. Das Pferd zog dann rund um diesen Mittelpunktseine Kreise mit der Sämaschine.

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Abbildung 3: Tannensämlinge im Frühjahr 2009

Foto: E. Engeßer

Abbildung 2: Die Saat mit Pferd und Sämaschine schont nicht nurden Boden. Da das Gespann außerordentlich wendig ist, ist es auchsehr pfleglich gegenüber dem Waldbestand.

Foto: K. Fottner, BaySF

Tabelle 1: Kosten der Tannensaat im Forstbetrieb Kelheim

Maßnahme Kosten

pro Einheit pro Hektar

Beerntung 17 €/kg 85 €

Klengung 9 €/kg 45 €

Ausbringung 0,23 €/lfm 345 €

Gesamtkosten 475 €

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Totholz und Biotopbäume

In nicht bewirtschafteten und naturnahen Wäldern erreichenTotholzmassen enorme Werte, teilweise bis weit über 100 Fest-meter pro Hektar. Totholz und Biotopbäume (lebende Bäumemit Pilzkonsolen, Höhlen-/Spaltenquartierbäume, Horstbäu-me) sind in Abständen von nur wenigen zehn Metern über dieFläche verteilt und bilden dort i. d. R. keinen Mangelfaktor.Viele heute seltene Waldarten sind auf bestimmte Totholz- undBiotopbaummengen angewiesen. Beispielsweise benötigenFliegenschnäpper mindestens acht Kleinhöhlen (Müller 2005),die Bechsteinfledermaus mindestens fünf bis neun Höhlen-bäume und die Mopsfledermaus vier bis sechs Quartierbäume(lebende oder tote Bäume mit abstehender Rinde, Druckzwie-sel, Höhlenbäume) jeweils je Hektar (LWF und LfU 2009). InWirtschaftswäldern sollten mindestens sechs bis zehn Biotop-bäume je Hektar erhalten werden, um dieses reiche Angebotnaturnaher Wälder zu imitieren. Dies ist besonders bei denvorbereitenden Hiebsmaßnahmen zu beachten, bei denen

Naturschutzfachliche Aspekte zum VoranbauOb Gruppengrößen, Biotopbäume oder Verjüngungszeiträume – ein erfolgreicherVoranbau berücksichtigt Naturschutzbelange bereits in der Planungsphase

Martin Lauterbach und Helge Walentowski

Aus naturschutzfachlicher Sicht ist der Umbau nicht standortsgerechter Wälder in naturnahe Laub- und Laubmischwaldgesell-schaften generell positiv zu bewerten. Dies gilt im Besonderen für die Förderung von Waldgesellschaften, in denen Buchen, Edel-laubbäume sowie Buchen und Tannen dominieren, weil wir für diese Wälder weltweit große Verantwortung tragen.

Für die Einbringung bzw. Vorausverjüngung von Schatt- undHalbschattbaumarten wie Buche, Tanne oder Edellaubbäume(Abs et al. 2008) ist der Voranbau unter einem Altholzschirmder zielführendste Weg. Um jedoch mögliche Zielkonflikte zuvermeiden, sind bei den einzelnen Arbeits- und Planungs-schritten einige, hier vorgestellte naturschutzfachliche Prinzi-pien zu beachten.

Vorbereitungshiebe und Voranbaugruppen

Natürliche Laubmischwälder verjüngen sich in Mitteleuropai. d. R. nicht über großflächige Katastrophenflächen, sondernim kleinparzellierten Mosaik in langen Zeiträumen. In nichtbewirtschafteten Buchenurwäldern wurden pro Hektar durch-schnittlich sechs von acht Entwicklungsphasen mit einerdurchschnittlichen Größe von nur etwa 500 Quadratmeternermittelt (Winter 2008). Die Verjüngung vollzieht sich dort vorallem in Baumsturzlücken oder unter einem sich auflichten-den Kronendach alter Bäume. Gruppengrößen für denVoranbau von 20 x 30 bis 40 x 30 Metern imitieren dieseskleinflächige Mosaik am besten. Großflächig einheitliche undgleichaltrige Voranbaumaßnahmen sollten vermieden werden.

Veränderung von Bestandesstrukturen

Waldtypische Tier- und Pflanzenarten sind sehr stark an be-stimmte Bestandesstrukturen (z. B. Überschirmungsgrad,Schichtigkeit, Mischungsverhältnis) gebunden. VorbereitendeHiebsmaßnahmen sollten deshalb nicht bereits mit einem ein-zigen Eingriff den Bestandescharakter vollständig verändern.Als grober Richtwert kann die 30-Prozent-Regel gelten: z. B.nicht mehr als 30 Prozent der vorhandenen Bestandesmassein einem Durchforstungsdurchgang entnehmen; geschlosseneBestände nur soweit auflichten, dass Teilbereiche mit mindes-tens 70 Prozent Kronenüberschirmung erhalten bleiben etc.Bestandesbereiche mit Unter- und Zwischenstand sollten zwi-schen den Voranbaugruppen verbleiben. Gleiches gilt für un-bepflanzte Bestandeslücken, um auf Teilflächen eine natürli-che Sukzession zu ermöglichen.

Abbildung 1: Im Rahmen der Vorbereitungshiebe sollten gezieltauch Biotopbäume belassen werden – vorzugsweise am Rand derVoranbaugruppen. Die mit einer Welle markierte Fichte im Bildrechts beherbergt mehrere Buntspechthöhlen.

Foto: M. Lauterbach

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Baumartenanteile für FFH-WaldlebensraumtypenFür die untere Erfassungsschwelle eines Waldbestandes alsFFH-Waldlebensraumtyp bzw. als bedingt naturnahe Waldge-sellschaft (Wertstufe C) müssen alle drei nachfolgenden Be-stockungsparameter gleichzeitig erfüllt sein (siehe Tabelle 1):• Grundflächenanteil der gesellschaftstypischen = standorts-

heimischen Haupt-, Neben- und Pionierbaumarten mindes-tens 70 Prozent

• Grundflächenanteil der standortsheimischen Haupt- undNebenbaumarten mindestens 50 Prozent

• Grundflächenanteil der standortsheimischen Hauptbaumar-ten mindestens 30 Prozent (dabei mindestens 10 % in derOberschicht).

Gesellschaftsfremde, aber heimische Baumarten dürfen einenmaximalen Anteil von 30 Prozent erreichen, für gesellschafts-fremde, nicht heimische Baumarten reduziert sich der Anteilauf maximal 20 Prozent. Zu beachten ist, dass in der Hart-holzaue der Bergahorn auf maximal 30 Prozent in der Ober-schicht zu begrenzen ist und Hybridpappeln mit höchstens 25Prozent vertreten sein dürfen.

Herkunft der Baumarten

Sofern die in den Wuchsgebieten vorkommenden Baumarten-Herkünfte die auf Grund säkularer Selektions- und Anpas-sungsmechanismen erworbene regionaltypische genetischeVielfalt aufweisen, ist die Naturverjüngung der künstlichenBegründung vorzuziehen. Bei der künstlichen Begründung istdie Wahl der »richtigen Herkunft« für die Vitalität der Wald-bestände von entscheidender Bedeutung (Walentowski et al.2009).

i. d. R. zuerst qualitativ schlechte Stämme (»Protzen«) entnom-men werden. Gerade diese haben aber meist eine besondersgroße Bedeutung als potentielle Biotopbäume. Sofern es dieStabilität des Altholzbestandes erlaubt, sollte das Nutzungs-alter oder die Umtriebszeit möglichst hoch angesetzt werden.Im Überhaltbetrieb (z. B. in der Kiefer) sollten stammzahlrei-che Bestände (ca. 20–30 Bäume/ha) angestrebt werden.

Verjüngungszeitraum

Die Fähigkeit, den Standort zu wechseln bzw. sich an neueStandortsverhältnisse anzupassen, ist bei Arten unterschied-lich ausgeprägt. Es ist deshalb wichtig, die Verjüngungszeit-räume bei großflächigen Pflanzmaßnahmen möglichst lang-fristig zu planen. Nur so können sich spezialisierte Arten andie neuen Bestandesstrukturen gewöhnen bzw. rechtzeitigAusweichhabitate aufsuchen (z. B. austrocknungsempfindli-che epiphytische Flechtenarten).

Baumartenwahl und Mischungsverhältnisse

Die Verjüngungsziele des Jungbestandes sollten sich an denBaumartenanteilen der jeweils natürlichen Waldgesellschaftoder dem FFH-Waldlebensraumtyp orientieren (Walentowskiet al. 2006; LfU und LWF 2007). In standortsgerechten, natur-nahen Waldbeständen nehmen Haupt- und Nebenbaumartenbestimmte Mischungsverhältnisse ein, wobei ein Mindestan-teil der Hauptbaumarten nicht unterschritten werden sollte.Ebenso sollte auf die Einbringung von Nebenbaumarten kei-nesfalls verzichtet werden. Fremdländische Baumarten sindnur im bemessenen Umfang beizumischen. Dabei sind beson-ders die standörtlichen Ausgangsbedingungen, die Boden-pfleglichkeit und mögliche Auswirkungen auf benachbarteLebensraumtypen zu berücksichtigen (Vermeidung invasiverAusbreitung in benachbarte Waldbiotope auf Sonderstandor-ten; Walentowski 2008).

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Tabelle 1: Baumartenanteile für FFH-Waldlebensraumtypen

Erhebungsmerkmal Wertstufe A»hervorragend«

Wertstufe B»gut«

Wertstufe C»mittel bis schlecht«

H mind. 50 % mind. 30 % mind. 30%

H + N mind. 70 % mind. 50 % mind. 50 %

H + N + P mind. 90 % mind. 80 % mind. 70 %

sonstige Hinweise fürgesellschaftstypische BA

jede Hauptbaumartmind. 5 %

jede Hauptbaumartmind. 1 %

keine nadelblättrige Neben- oderPionierbaumart (außer Tanne)über 50 %

gesellschaftsfremde BA hG max. 10 %nG unter 1 %

hG max. 20 %nG max. 10 %

hG max. 30 %nG max. 20 %

Gesellschaftstypische Baumarten (BA): H = Hauptbaumart; N = Nebenbaumart; P = PionierbaumartGesellschaftsfremde Baumarten (BA): hG = heimisch; nG = nicht heimisch

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Fazit

Die genannten Schlüsselkriterien und Kenngrößen gewähr-leisten eine hohe Wirkungseffizienz hinsichtlich der Erhaltungund Förderung der biologischen Vielfalt und der ökologischenNachhaltigkeit im genutzten Wald.

Literatur

Abs, C.; Ewald, J.; Walentowski, H.; Winter, S. (2008):Untersuchung derSchattentoleranz von Baumarten auf Grundlage der Datenbank bayeri-scher Naturwaldreservate. Tuexenia 28, S. 23–40

Lauterbach, M. (2009): Vögel als Indikatoren für die Nachhaltigkeit.LWF aktuell 69, S. 36–39

Lauterbach, M. (2007): Kiefernwälder – Lebensraum für Vögel? LWFWissen Nr. 57, S. 47–51

LfU; LWF – Bayerisches Landesamt für Umwelt; Bayerische Landesan-stalt für Wald und Forstwirtschaft (2007):Handbuch der Lebensraum-typen nach Anhang I der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie in Bayern. 162S. + Anhang, Augsburg, Freising-Weihenstephan

LWF – Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (2008):Arbeitsanweisung zur Erfassung und Bewertung vonWaldvogelarten inNatura 2000-Vogelschutzgebieten (SPA). Freising, Weihenstephan, 54 S.

LWF; LfU – Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft;Bayerisches Landesamt für Umwelt (2009): Kartieranleitungen für dieAnh. II-Arten der FFH-RL. Freising, Augsburg

Müller, J. (2005):Waldstrukturen als Steuergröße für Artengemeinschaf-ten in kollinen bis submontanen Buchenwäldern.Dissertation Techni-sche Universität München, 197 S.

Walentowski, H. (2008):Die Douglasie naturschutzfachlich betrachtet.LWF Wissen 59, S. 67–69

Walentowski, H.; Bolte, A.; Ibisch, P.; Glogner, K.; Reif, A. (2009): AFSV-Konzeptpapier »Wald im Klimawandel« – Möglichkeiten der Risikomi-nimierung. Forst und Holz 64 (9), S. 10–13

Walentowski, H.; Ewald, J.; Fischer, A.; Kölling, C.; Türk, W. (2006):Handbuch der natürlichen Waldgesellschaften Bayerns. Ein auf geobo-tanischer Grundlage entwickelter Leitfaden für die Praxis in Forstwirt-schaft und Naturschutz. 2. überarbeitete Auflage, 441 S.

Winter, S. (2008): Mikrohabitate und Phasenkartierung als Kern derBiodiversitätserfassung im Wald. LWF Wissen 61, S. 52–56

Martin Lauterbach ist Sachbearbeiter für Vogelschutzfragen imSachgebiet »Naturschutz« der Bayerischen Landesanstalt für Waldund Forstwirtschaft (LWF). [email protected]. Helge Walentowski leitet das Sachgebiet »Naturschutz« derLWF im Zentrum Wald-Forst-Holz [email protected]

Beachtung besonderer Schutzgüter

Trotz Beachtung dieser Grundsätze können in den beplantenWaldflächen naturschutzfachlich besonders wertvolle Schutz-güter betroffen sein, für die spezielle Schutzmaßnahmen zubeachten sind. Hier ist vor allem an §30 BNatSchG-Flächenwie z. B. Wälder trocken-warmer Standorte, Bruch-, Moor-,Sumpf- und Auwälder, aber auch an Lebensstätten europäischgeschützter Arten (z. B. Fledermäuse und Vögel) zu denken.In ausgewiesenen Naturschutz- und Natura 2000-Gebieten(= FFH- und Vogelschutzgebiete) sind diese Erhaltungszieleklar formuliert und können bei den entsprechenden Behördenangefragt werden. Die Bewirtschaftungsmaßnahmen sind hierauf die besonderen Anforderungen abzustimmen (z. B. Erhaltlichter Waldbestände).

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Informationsmaterialien zum Voranbau• Artenhandbuch der für den Wald relevanten Tier- und

Pflanzenarten des Anhanges II der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie und des Anhanges I der Vogelschutz-Richtliniein Bayern (LWF, Juni 2006)www.lwf.bayern.de/publikationen/daten/sonstiges/p_34538.pdf

• Arbeitsanweisung zur Erfassung und Bewertung vonWaldvogelarten in Natura 2000-Vogelschutzgebieten (SPA)www.lwf.bayern.de/publikationen/daten/sonstiges/p_33034.pdf

• Bestimmungsschlüssel für Flächen nach§ 30 BNatSchG/Art. 13 d (1) BayNatSchGwww.lfu.bayern.de/natur/fachinformationen/biotopkartierung_flachland/kartieranleitungen/doc/bestimmungsschluessel_30_201003.pdf

• Arbeitsanweisung zur Fertigung der Managementpläne fürWaldflächen in Natura 2000-Gebieten, Dezember 2004www.lwf.bayern.de/publikationen/daten/sonstiges/p_34539.pdf

• Anweisung für die FFH-Inventur, Januar 2007www.lwf.bayern.de/publikationen/daten/sonstiges/p_34530.pdf

• Handbuch der Lebensraumtypen nach Anhang I derFauna-Flora-Habitat-Richtlinie in Bayern, März 2007www.lwf.bayern.de/publikationen/daten/sonstiges/p_34537.pdf

• LWF-Merkblatt Nr. 21 »Vogelschutz im Wald«• LWF-Merkblatt Nr. 17 »Biotopbäume und Totholz –

Vielfalt im Wald«

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»Hält der Altbestand noch?«Waldschutzaspekte beim Voranbau

Hannes Lemme und Ralf Petercord

Ein Voranbau kann nur mit einem stabilen Altholzschirm gelingen – eine Binsenweisheit. Dennoch ist die Einschätzung des Wald-schutzrisikos »Wie lange hält der Schirm?« nicht einfach. Mit Hilfe einer »Checkliste« wird der Förster gehalten, Fragen zu Stand-orts- als auch Bestandesparametern zu beantworten. Damit kann er die Gefährdung auf Grund von Sturm und Borkenkäferbesser einschätzen. Die systematisch und transparent aufgebaute Checkliste unterstützt den Beratungsförster in Verbindungmit seiner örtlichen Erfahrung bei der Entscheidung »Voranbau ja oder nein«.

• Die Auflichtung des Altbestandes führt in den ersten Jahrennach dem Eingriff zu einer geringeren Sturmstabilität desverbleibenden Schirms.

• Die Auflichtung führt zu einer Wärmezunahme im Bestand,die Borkenkäfer an der Fichte fördern kann.

• Die Anlage der Gruppenschirmstellung und Nachlichtun-gen erfordern regelmäßige Hiebsmaßnahmen. Damit fälltfür Borkenkäfer bruttaugliches Material an. Bei nicht sau-berer Bewirtschaftung erhöht sich das Befallsrisiko für Bor-kenkäfer.

• Nach Sturmereignissen kann zudem weiteres bruttauglichesMaterial anfallen und einen Stehendbefall auslösen.

Damit muss das resultierende Sturmwurfrisiko als auch dieDisposition des Bestandes für einen Borkenkäferbefall einge-schätzt werden.

Ein wesentlicher Punkt bei einer Entscheidung für einen auf-wändigen Voranbau ist eine »positive« Einschätzung der Sta-bilität des Altholzschirms. Der Überschirmungszeitraum derVorbauten variiert in der Regel zwischen zehn und 30 Jahren.Bei der Risikoabschätzung zur Stabilität des Altholzschirmsmuss daher geklärt werden, ob auf der Grundlage von Bestan-des- und Standortseigenschaften der Altholzschirm über die-sen Zeitraum gehalten werden kann. Aber gerade bei Fichten-beständen mit hoher Umbaurelevanz ist die notwendigeStabilität des Altholzschirms sehr oft nicht gegeben. Zudemmüssen weitere Punkte berücksichtigt werden:

Abbildung 2: Voranbau ja oder nein? Dieser Fichtenreinbestand beiNaila im Frankenwald kommt für einen Voranbau nicht in Frage.

Foto: H. Lemme

Abbildung 1: Trägt der Altbestand? Nach Einschätzung der Wald-schutzexperten der LWF unter Zuhilfenahme der Checkliste istdieser Fichtenbestand bei Traunreut für einen Voranbau geeignet.

Foto: H. Lemme

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im Bestand oder Umfeld« eine größere Bedeutung beigemes-sen als der »Exposition«. Die Ausprägung eines Kriteriumswird bewertet, beispielsweise wird ein Alter der Fichte > 100Jahre mit dem Wert 1 höher bewertet als ein Alter 60–79 Jah-re mit einem Wert 0,6. Damit signalisiert eine hohe Bewertunggrundsätzlich eine höhere Gefährdung. Die Checkliste kannunter www.lwf.bayern.de/veroeffentlichungen/lwf-aktuell/80-Voranbau heruntergeladen werden.

An zwei, auf dem ersten Blick recht ähnlichen Fichtenbe-ständen (Abbildungen 1 und 2) bei Traunreut (WuchsgebietSchwäbisch-Bayerische Schotterplatte und Altmoränenland-schaft) und bei Naila (Wuchsgebiet Frankenwald, Fichtelge-birge und Steinwald) sollen Anwendung, Bewertung und Ent-scheidung »Voranbau ja oder nein« demonstriert werden. Einehohe waldbauliche Veränderungsnotwendigkeit kennzeichnetbeide Bestände: hoher Fichtenanteil sowie eine hohe Klimari-sikobewertung in der Zukunft. Dennoch bestehen zwischenden Beständen markante Unterschiede (Tabellen 1 und 2).

Eine »Checkliste« als Entscheidungshilfe

Um den Entscheidungsprozess zu systematisieren und als Ar-gumentationshilfe für den Beratungsförster im Privatwaldnutzbar zu machen, wurde eine »Checkliste« zusammenge-stellt (Tabellen 1 und 2). Alle Kriterien des Bestandes als auchdes Standortes basieren auf bekanntem Erfahrungswissen, dasfür Sturm von Rottmann (1986) sowie für Borkenkäfer erstmalsvon Netherer und Nopp-Mayr (2005) zusammengefasst und be-wertet wurde.

Diese Liste besteht aus den zwei großen Blöcken »Sturm«und »Borkenkäfer«. In jedem Block gibt es Abfragen zum Be-stand und Standort. Jedes Kriterium ist in bestimmte Ausprä-gungen unterteilt, denen eine Bewertungsziffer zugeordnet ist.Das Kriterium erhält entsprechend seiner Bedeutung einenGewichtungsfaktor. So wird dem Kriterium »aktueller Befall

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Tabelle 1: Standorts- und Bestandesparameter mit Wichtung(W) zur Prüfung der Sturmgefährdung

Tabelle 2: Standorts- und Bestandesparameter mit Wichtung(W) zur Prüfung der Borkenkäfergefährdung

Sturmgefährdung (in Anlehnung an Rottmann 1996)

Standorts- undBestandesparametermit Wichtung W

Kriterium undBewertungsziffer

Naila Traunreut

Bestandes-oberhöhe [m](W = sehr hoch)

> 25 = 120–25 = 0,815–20 = 0,410–15 = 0,2< 10 = 0

32 33

h/d-Verhältnis(W = hoch)

> 90 = 190–85 = 0,770–85 = 0,5< 70 = 0

80 76

Baumartenzusam-mensetzung(Nadelbäume N,Laubbäume L)(W = hoch)

100 % N = 1N mit L = 0,6L mit N = 0,3100 % L = 0

100 % N 100 % N

Kronenanteil [%](W = mittel)

< 30 = 130–50 = 0,5> 50 = 0

42 46

räumliche Ordnungdes Bestandes inHauptwindrichtung(W = mittel)

angerisseneNW-Seite,keinVorbestandim NW (Sturm-schäden)

Waldinnenlage

Anteil Rotfäule /Rückeschäden [%](W = mittel)

> 30 = 130–10 = 0,5< 10 = 0

< 10 < 10

wechselfeuchterStandort(W = sehr hoch)

ja = 1nein = 0

nein nein

Hanglage(W = sehr hoch)

Kamm,Oberhang = 1Unterhang,Plateau = 2Mittelhang = 1

Kuppe undOberhang querzur Haupt-windrichtung

Ebene

Exposition(W = mittel)

Luv = 3Ebene = 2Lee = 1

Luv (West) Ebene

Borkenkäfergefährdung (in Anlehnung an Netherer und Nopp-Mayr 2005)

Standorts- und Be-standesparametermit Wichtung W

Kriterium undBewertungsziffer

Naila Traunreut

aktueller Befallim Bestand oderUmfeld(W = sehr hoch)

kein Befall = 0Befall = 1

aktuellesKäferlochWestseitedes Bestandes

kein Befall

Fichtenanteil [%](W = sehr hoch)

> 70 = 150–70 = 0,825–49 = 0,5

100,einschichtig

100,einschichtig

Alter der Fichte[Jahre](W = sehr hoch)

> 100 = 180–100 = 0,960–79 = 0,6

80–110 80

mittlere AnzahlBorkenkäfer-generationen (G)(W = hoch)

≥ 2 G = 12 > G ≥ 1 = 0,6< 1 G = 0

≥ 2 G ≥ 2 G

Wasserhaushalt(W = hoch)

trocken = 1mäßig trocken = 0,8mäßig frisch = 0,4frisch = 0feucht = 0,4nass/sumpfig = 0,6

mäßig frisch frisch

Niederschlag[mm](Mai-September)(W = mittel)

< 360 = 1> 360 = 0

380 630

Geländemor-phologie(W = mittel)

Oberhang, Rücken,Kuppe = 1Mittelhang = 0,7Unterhang,Ebene = 0,1

Oberhang,Mittelhang

Ebene

Exposition(W = mittel)

Süd = 1West = 0,6Nord = 0Ost = 0,4

Westsüdwest Ebene

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LWF aktuell 80/2011

WindwurfrisikoDas Windwurfrisiko ist im Bestand Traunreut wegen der Be-standes- als auch Standortsparameter deutlich geringer als imBestand Naila. Mit einem h/d-Verhältnis von 76 und einemKronenanteil von 46 Prozent ist die Einzelbaumstabilität inTraunreut ausreichend. Mit einer Waldinnenlage bei ebenerExposition auf einem stabilen Standort sind ebenso standorts-bedingte Sturmrisiken geringer als im Bestand Naila.

Ergebnis aus der ChecklisteWird die Checkliste Punkt für Punkt beantwortet, ergibt sichein klares Bild: Der Bestand in Traunreut weist eine geringe-re Gefährdung durch Käfer und Sturmschäden auf. Deshalbwurde im Bestand Traunreut ein Tannen-Buchen-Voranbauempfohlen. Der aktuelle Borkenkäferbefall im Bestand Nailaals auch die Sturmschäden von Emma und Kyrill im vorgela-gerten Waldkomplex erklären den Handlungsdruck des Wald-besitzers, weisen aber gerade auf die Instabilität dieses Bestan-des hin. Ein Voranbau kann daher für diesen Bestand nichtempfohlen werden.

Das letzte Wort: die örtliche Erfahrung desBeratungsförsters

Die zusammenfassende und abschließende Bewertung allerKriterien zu einem Ergebnis – Voranbau wird empfohlen / Vor-anbau wird nicht empfohlen – muss der beratende Förstertransparent für den Beratungskunden durchführen. Bei die-ser Entscheidung fließen auch örtliche waldbauliche Erfah-rung und bisherige Effektivität bei der Borkenkäferbekämp-fung des zu beratenden Waldbesitzers ein. Die Wichtung undBewertung der Kriterien mit Punkten soll dabei den beraten-de Förster im Entscheidungsprozess lediglich unterstützten.Auf eine abschließende, zusammenfassende Bewertung mit ei-nem »Punktesystem« wurde ganz bewusst verzichtet. Das ent-scheidende Element bei der Beurteilung muss der beratendeFörster mit seiner Erfahrung bleiben.

Literatur

Netherer, S.; Nopp-Mayr, U. (2005): Predisposition assessment systems(PAS) as supportive tools in forest management—rating of site and stand-related hazards of bark beetle infestation in the High Tatra Mountainsas an example for system application and verification. Forest Ecologyand Management (207), S. 99–107

Rottman, M. (1986): Wind- und Sturmschäden im Wald. Sauerländi-scher Verlag Frankfurt a. M.

Dr. Hannes Lemme ist Mitarbeiter im Sachgebiet »Waldbau«der Bayerischen Landesanstalt für Wald und [email protected]. Ralf Petercord leitet das Sachgebiet »Waldschutz« der [email protected]

Gefährdung durch BorkenkäferBeide Reinbestände sind auf Grund ihres Alters und derBaumartenzusammensetzung sowie der Klimabedingungen,die dem Buchdrucker mindestens zwei Generationen ermög-lichen, grundsätzlich für Borkenkäferbefall disponiert. Der Be-stand bei Traunreut ist jedoch mit deutlich höheren Nieder-schlägen in der Vegetationsperiode, einem frischen Standortsowie auf Grund der Lage und Exposition (Ebene) geringfü-gig besser gegen Borkenkäferbefall geschützt als der Bestandbei Naila.

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»Schutzmaßnahmen gegen Wildschäden im Wald – Verfahren,Technik, Kosten« lautet das neue Merkblatt des Kuratoriums fürWaldarbeit und Forsttechnik e.V. (KWF), das im Oktober 2010erschienen ist.

Das Thema Wildschadensverhütung steht nach wie vor aufder Tagesordnung. Auch wenn viele Anstrengungen unternom-men werden, mit jagdlichen Mitteln Lösungen zu finden, wer-den weiterhin technische Hilfsmittel benötigt, um junge Wald-bäume überhaupt aufwachsen lassen zu können und sie imweiteren Baumleben vor Schäden zu bewahren. Unter Federfüh-rung des KWF-Arbeitsausschusses »Waldbau und Forsttechnik«wurde ein Kompendium für Waldbesitzer, Forstleute und Unter-nehmer erarbeitet, das eine schnelle, auch im Hinblick auf Kos-ten und Effizienz bewertete Information gestattet und die täg-liche Arbeit unterstützt. red

KWF-Merkblatt Nr. 16Schutzmaßnahmen gegenWildschäden im Wald –Verfahren, Technik, KostenUmfang: 40 SeitenHerausgeber:Kuratorium für Waldarbeitund Forsttechnik e.V.Spremberger Straße 164820 Groß-Umstadtwww.kwf.online.dePreis: 5 Euro(KWF-Mitglieder 2 Euro)

KWF-Merkblatt zur Wildschadensverhütung

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den. Nach v. Lüpke (1998) ist diese Belichtungsgrenze typischfür Bestände mit Lückengrößen von 125 bis 1.000 Quadrat-metern pro Hektar. Paci und Ciambelli (1996) halten relative An-teile an photosynthetisch aktiver Strahlung zwischen vier und50 Prozent der vergleichbaren Freilandwerte als optimal fürdas Wachstum der Buche in der Verjüngungsschicht. Das EU-Projekt SUSTMAN ermittelte zwischen 2002 und 2005 in ei-nem europäischen Forschungsverbund die ökologischen undwaldbaulichen Grundlagen für Buchenvoranbauten unterFichtenschirm (Tabelle 1). Tabelle 1 ermöglicht eine Einwer-tung der Beziehungen zwischen der relativen Lichtintensitätund den Bestockungsverhältnissen am Beispiel eines hundert-jährigen Fichtenbestandes. In Abbildung 1 ist nach einer Ar-beit von Franz et al. (1989) der auf der nordbayerischen Ver-suchsfläche Rothenbuch 640 ermittelte Zusammenhangzwischen Höhenzuwachs, Überschirmungssituation und Al-ter der Buchenverjüngung dargestellt. Collet et al. (2002) er-forschten ebenso das Wachstum von Buchennaturverjüngungunter variierenden Belichtungsverhältnissen im NordostenFrankreichs. Die Naturverjüngung wurde in im Jahre 1995 an-gelegten Bestandeslücken mit Durchmessern zwischen zehnund 20 Metern untersucht. Die Pflanzen in den Lücken wie-sen dabei Alter zwischen ein und 24 Jahren auf. Der Grad des

Wachstum im DunkelEckdaten einer Literaturstudie zur Vorbereitung des Waldbautrainings zum Thema»Voranbau«

Hans-Joachim Klemmt

Den heimischen Baumarten Buche und Tanne kommt auf Grund ihrer Klimatoleranz aktuell und zukünftig eine wich-tige Rolle für Aufbau und Verjüngung großer Waldlandschaften in Europa zu. Ein erster Schritt zur Vorbereitungvon Schulungen zum Thema »Voranbau von Buche und Tanne« ist eine umfassende Aufbereitung der waldwachs-tumskundlichen Literatur. Die Kenntnisse über das Wachstumsverhalten beider Baumarten unter überschirmtenVerhältnissen helfen, den Schulungserfolg zu sichern und zu verbessern.

Verjüngungsaufnahmen auf ertragskundlichen Versuchsflä-chen, Aufnahmen im Rahmen von Forstinventuren sowie Ver-jüngungsaufnahmen im Rahmen spezieller Studien liefernwichtige Datengrundlagen für die Aus- und Fortbildung desforstlichen Fachpersonals.

Im Rahmen des Klimaprogramms Bayern 2020 werden imProjekt KLIP 7 im Sachgebiet »Waldbau« der Bayerischen Lan-desanstalt für Wald und Forstwirtschaft waldbauliche Bewirt-schaftungs- und Pflegekonzepte zur Prävention und Schadens-bewältigung an die sich rasch ändernden Klimabedingungenbearbeitet. Dabei werden Beratungshilfsmittel für die Forst-verwaltung entwickelt. Zu Beginn dieses Projektes stand aucheine Literaturstudie, die sich intensiv mit Ergebnissen wald-wachstumskundlicher und waldbaulicher Forschungsarbeitenbefasste. Nachfolgend werden für die Baumarten Buche (Fa-gus sylvatica) und Tanne (Abies alba) quantitative Erkenntnis-se aus derartigen Studien zum Wachstumsverhalten in der Ver-jüngungsschicht unter dem Schutz des Altbestandsschirmsdargestellt. Der vorliegende Beitrag ist keine vollständige Dar-stellung aller 120 in die vorbereitende Literaturstudie einbe-zogenen wissenschaftlichen Arbeiten. Vielmehr werden Eck-daten für Verjüngungsentwicklungen exemplarisch angeführtund damit der Wert für die Vorbereitung und Durchführungvon Voranbauschulungen aufgezeigt.

Buche

BelichtungssituationDie weitaus größte Zahl waldwachstumskundlicher Arbeitenzur Verjüngungsentwicklung der Buche befasst sich mit derSteuerung der Verjüngungsentwicklung über die Veränderungder Belichtungssituation. Burschel und Schmaltz (1965) beschrei-ben als kritische Belichtungsgrenze zehn Prozent der relativenBeleuchtungsstärke des Freilandes, unterhalb derer dasWachstum von Buchen in der Verjüngungsschicht unterdrücktbis ganz unterbunden wird. Aranda et al. (2004) beschreiben amanderen Ende der Verteilung eine Obergrenze des licht-limi-tierten Wachstums bei 40 Prozent des entsprechenden Frei-landwertes, über deren Grenze sich die Höhenzuwachswertenicht mehr von entsprechenden Freilandwerten unterschei-

Tabelle 1: Relative Lichtintensitäten am Waldboden in einemhundertjährigen Fichtenbestand im Verhältnis zu Grundflächeund Kronenbedeckung

verändert nach Oleskog und Löf 2005

Über-schirmung

Grundfläche[m²/ha]

Kronen-bedeckung[%]

Relative Licht-intensität

~PFD rel [%]

geschlossen 45 90 3

dicht 40 80 5

35 60 8

30 53 12

lückig 25 40 17

20 30 25

15 18 38

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Saat und PflanzungLeder et al. (2003) widmeten sich dem Themenkomplex »Keim-erfolg/Saat, Pflanzung«. Sie verfolgten die Entwicklung vonBuchensaaten unter Fichtenschirmen unterschiedlicher Dich-te (Grundflächenhaltungen zwischen 35 und 55 m²/ha) aufStandorten in Arnsberg (NRW), Tharandt (Sachsen) und Frei-sing (Bayern). Unter anderem beobachteten sie eine Abnahmeder Pflanzenzahlen mit dichter werdendem Schirm nach dreiJahren. Die Versuchsstandorte unterschieden sich dabei un-tereinander signifikant. Die unterschiedlichen Grundflächen-haltungen des Oberstandes der Versuchsparzellen erklärtendie Varianz der Buchenlängen (26–33 cm in der dritten Vege-tationsperiode nach der Saat). Dagegen konnte weder ein Ef-fekt der Kalkung noch des unterschiedlichen Standortes aufdie Höhenentwicklung der Buchen nachgewiesen werden. Am-mer und El Kateb (2006) verglichen gesäte und gepflanzte Bu-chen (5.000 Buchen/ha) in Fichtenaltholzbeständen in Frei-sing und Landshut. Nach sieben Beobachtungsjahren standendabei die gesäten Buchen den gepflanzten in der Höhenent-wicklung nicht nach (mittlere Höhen zwischen 70 und 110cm). Daraus wurde abgeleitet, dass sich beide Verfahren zumVoranbau von Buchen in besonderer Weise eignen. »Einegelungene Saat bietet dabei eine höhere Ausgangsdichte (aus-gebracht wurden im Mittel 112.500 Bucheckern mit Keim-lingszahlen zwischen 11.180 und 28.700/ha bzw. mit Pflan-zenzahlen nach sieben Vegetationsperioden zwischen 8.350und 24.750 Buchen/ha), die gesäten Buchen stehen den ge-pflanzten im Höhenwachstum in keinem Fall nach. Saat eig-net sich allerdings nicht in allen Ausgangssituationen und be-darf der intensiveren Vorbereitung und Ausführung«.

Gemmel et al. (1997) befassten sich mit den unterschiedli-chen Effekten der Pflanzortvorbereitung, der Altbestandsdich-te sowie der Pflanztiefe auf Überlebenswahrscheinlichkeitbzw. Mortalität und das Wachstum gepflanzter Eichen undBuchen in Südschweden. Bei der Buche wirkte sich die Ein-richtung von Pflanzhügeln positiv auf das Wachstum und dieÜberlebenswahrscheinlichkeit der Pflanzen aus, bei der Eichedagegen konnte weder für ein Verfahren der Pflanzortvorbe-reitung noch für eine spezielle Pflanztiefe ein Effekt nachge-wiesen werden. Mit zunehmender Überschirmung stiegenauch die Mortalitätsraten für die Buche von 1,5 Prozent aufder Freifläche über 3,1 Prozent unter lichtem Schirm bis 6,8Prozent unter dichter Überschirmung.

Tanne

Für die Tanne standen deutlich weniger waldwachstumskund-liche Arbeiten zum Wachstumsverhalten in der Verjüngungs-schicht für die Literaturstudie zur Verfügung.

Kronenschlusses wirkte sich nachweisbar auf das Wachstumder Sämlinge aus. Keimlinge in Lücken (ca. 25–50 % der Frei-landbelichtung) waren größer (im Mittel 29,1 cm Höhe und5,1 mm Wurzelhalsdurchmesser) und hatten zudem größeresekundäre Zuwächse als Sämlinge unter geschlossenemSchirm mit 5 bis 15 Prozent der Freilandbelichtung (im Mit-tel 19,8 cm Höhe und 3,1 mm Wurzelhalsdurchmesser).

NährstoffversorgungKazda und Heinen (2006) gingen dem Einfluss der Nährstoffver-sorgung auf einem mäßig trockenen, nährstoffarmen Stand-ort (Tmittel im Jahr 7 °C, Höhe zwischen 850 und 910 m ü. NN,NS. 700 mm/a) in Niederösterreich auf das Wachstum von2.000 gepflanzten Buchenwildlingen nach. Eine Calcium-Mag-nesium-Düngung hat dabei sowohl zu einem statistisch nach-weisbar größeren Zuwachs an den Wurzelhälsen als auch beiden Höhenzuwächsen geführt. Dieser Effekt hielt im Vergleichzu Kontrollpflanzen zwei bis drei Jahre an. Sie folgern, dasseine verbesserte Nährstoffversorgung sich positiv auf Schat-tentoleranz und Wachstum der Buchen auswirkt. Auf Stand-orten, die über eine geringe Basenausstattung verfügen undauf denen eine Stickstoffsättigung anzunehmen ist, kann fürden Waldumbau mit Laubholzeinbringung eine Calcium-Mag-nesium-Düngung eindeutig empfohlen werden.

TrockenstressCzajkowski et al. (2005) durchleuchteten die Auswirkungen vonTrockenstress auf das Wachstum der Buchennaturverjüngungam östlichen Rand des aktuellen Verbreitungsgebietes (Polen)auf trockenen Sandstandorten (mittlere Jahresniederschlägezwischen 513 und 625 mm/Jahr). Sie ermittelten, dass sich dieTrockenheit 2003 statistisch nachweisbar negativ auf Längen-und Durchmesserzuwachs in den Jahren 2003 und 2004 aus-wirkte.

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Jäh

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Alter [Ja

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Überschirmung [%]

Abbildung 1: Zusammenhänge zwischen Höhenzuwachs,Beschirmungsgrad und Alter der Buchenverjüngung auf derVersuchsfläche Rothenbuch 640 verändert nach Franz et al. 1989

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BelichtungssituationBrunner und Huss (1994) betrachteten die Entwicklung von Berg-mischwaldkulturen auf 26 Versuchsparzellen in den Chiem-gauer Alpen (850–1.200 m ü. NN). 13 Jahre lang wurde unteranderem das Wachstum gepflanzter Tannen und andererBaumarten in verschieden stark aufgelichteten Altbeständen(voll überschirmt, schwacher Schirmhieb=Entnahme von30 % der Grundfläche, starker Schirmhieb=Reduktion derGrundfläche um 50 %, Lochhieb mit 30 m Durchmesser, Frei-fläche auf 0,5 ha) beobachtet. Die mittleren jährlichen Höhen-zuwächse der Tannen lagen dabei zwischen 0 und 30 Zenti-metern. Zwischen Lichtangebot und Höhenzuwachs wurdeein hochsignifikanter Einfluss festgestellt. In den unbehandel-ten, geschlossenen Altbeständen wurden Spitzenhöhen in derVerjüngung gemessen, die kaum höher lagen als zu Versuchs-beginn. Auf den Freiflächen hingegen erreichten die TannenSpitzenhöhen von knapp zwei Metern, allerdings waren sievon Tannentrieblausbefall gefährdet. Auch nach 13 Jahrenkonnte im Bergmischwald bei den gegebenen Höhenzuwäch-sen der Tanne noch nicht von einer gesicherten Verjüngungausgegangen werden.

Wildlinge und BaumschulpflanzenNörr (2006) verglich den Kulturerfolg von Tannen- und Buchen-wildlingen mit Baumschulpflanzen. Der Versuch wurde 2002im Tertiären Hügelland (800 mm Niederschlag, 7,5 °C Durch-schnittstemperatur) in vollbestockten 60- bis 80jährigen Fich-tenbeständen (mäßig frische Sande, frische, sandige Lehme)angelegt. Die insgesamt eher schlechten Verjüngungsergebnis-se, insbesondere bei der Tanne, sind vermutlich vor allem aufdie Trockenheit im Jahr 2003 zurückzuführen. Tannenwild-linge (26 cm) und Tannenbaumschulpflanzen (28 cm) wiesenzu Beobachtungsbeginn gleiche Sprosslängen auf. Der Wur-zelhalsdurchmesser der Tannenbaumschulpflanzen über-schritt mit einem Mittelwert von elf Millimetern den der Wild-linge um mehr als die Hälfte. Bereits nach dem ersten Jahrfielen bei den Tannen 19 Prozent der Wildlinge und 16 Pro-zent der Baumschulpflanzen aus. Beide Tannensortimentewuchsen nur sehr langsam und wiesen maximale Trieblängenzwischen drei und acht Zentimetern auf. Im Jahr 2004 warenbereits 47 Prozent der Tannenwildlinge und 58 Prozent derBaumschulpflanzen abgestorben. Im Jahr 2006 konnten nachdieser Studie nur noch acht Prozent der ursprünglich einge-brachten Tannenwildlinge und drei Prozent der Baumschul-pflanzen als sehr vital angesprochen werden. Eine endgültigeBeurteilung soll allerdings frühestens zu Beginn des Dickungs-schlusses getroffen werden.

Folgerungen für die Voranbauschulungen

Nach Durchführung der Voranbauschulungen im Rahmen desKLIP 7-Projektes für alle Revierleiter in Bayern zeigt sich, dasswaldwachstumskundliche Literaturstudien sowohl für dieVorbereitung von Schulungsveranstaltungen als auch für ihreDurchführung selbst einen großen Wert besitzen. Zum einendienen sie der Festlegung von Programmen und Beratungshil-

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fen. Zum anderen liefern sie den forstlichen Praktikern quan-titative Grundlagen für ihre Beratungstätigkeit. Diese helfen,lokale Beratungssituationen zu entwickeln und verbessern dieBeratungssicherheit, da sie Kenntnis über grundlegende quan-titative Beziehungen und Größenordnungen erhöhen. Sie soll-ten daher auch weiterhin einen festen Bestandteil für die Vor-bereitung und Durchführung eines Waldbautrainings bilden.

Literatur

Eine detaillierte Literaturliste zu dieser Literaturstudie, dieüber die angeführten Arbeiten hinaus weitere waldwachstums-kundliche Arbeiten zum Wachstum unter Schirm enthält,kann auf der Internetseite der Bayerischen Landesanstaltfür Wald und Forstwirtschaft abgerufen werden:www.lwf.bayern.de/mitarbeiterverzeichnis/j-m/klemmt/

Dr. Hans-Joachim Klemmt ist Mitarbeiter im Sachgebiet »Waldbau«der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft imZentrum Wald-Forst-Holz [email protected]

Im Mittelpunkt der Förderung wird auch in diesem Jahr der we-gen des Klimawandels erforderliche Waldumbau vor allem in kli-matolerante Mischwälder stehen. Von den 260.000 Hektar akutgefährdeten Fichtenwäldern sollen bis 2020 etwa 100.000 Hek-tar in klimatolerante Wälder umgebaut werden. In den Jahren2008 und 2009 konnte die durch Beratung und Förderung akti-vierte Waldumbaufläche auf insgesamt 14.000 Hektar gesteigertwerden. Auch für das Jahr 2010 wird mit einer Fläche von über6.000 Hektar gerechnet.

Der Freistaat Bayern steht den Waldbesitzern bei ihren An-strengungen mit einem umfassenden Leistungspaket aus Bera-tung, finanzieller Förderung sowie Aus- und Fortbildung weiter-hin zur Seite.

Die Förderanträge müssen vor Beginn der Maßnahmen ge-stellt werden. Die Sätze für Pflanzungen liegen zwischen 1.900und 5.200 Euro pro Hektar. Gemischte Naturverjüngung wirdmit 1.000 Euro pro Hektar unterstützt, Jungbestandspflege mit400 Euro pro Hektar. Zum Ausgleich der schwierigen Arbeitsbe-dingungen im Schutz-, Berg- und Erholungswald wird dort einZuschlag von 50 Prozent gewährt. Ansprechpartner für die För-derabwicklung sind die Försterinnen und Förster an den Ämternfür Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Die Kontaktdatenfinden sich im Internet unter www.forst.bayern.de. stmelf

Waldumbau: Fördermittel rechtzeitig beantragen

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Waldbautraining: Fit für die BeratungZukunftsfähige waldbauliche Fortbildungskonzepte der Bayerischen Forstverwaltung

Martin Bachmann und Michael Suda

Eine Vielzahl bundesdeutscher Forstverwaltungen leistet sie sich: »Die Waldbautrainer«. Ihre Aufgabe in Bayern ist es, die»Verwaltungsangehörigen« im Zusammenspiel zwischen waldbaulicher Kompetenz und den praktischen Anforderungen in derBeratung zu unterstützen. Das Spielfeld ist meist der Wald, in dem waldbauliche Fortbildungsveranstaltungen stattfinden, die»Waldbautrainings«: ein Fortbildungskonzept, mit dem es gelingen kann, Wissen in gebündelter Form praxisnah zu vermitteln.

Der Handlungsbedarf

Im Rahmen der Forstreform hat die Politik entschieden, dieBewirtschaftung des Staatswaldes in die Hände einer Körper-schaft des öffentlichen Rechts zu geben und die Forstverwal-tung neu zu organisieren. Bestand bis zu diesem Zeitpunkt dieMöglichkeit, den praktischen Erfahrungsschatz im Umgangmit den Wäldern zu teilen, muss dieser Austausch heute zweiInstitutionen mit unterschiedlichen Zielen und Anforderun-gen berücksichtigen. Der waldbauliche Erfahrungsschatz unddas im praktischen Tun bestätigte Wissen bedürfen innerhalbder Verwaltung anderer Quellen, da der Zugriff auf das An-schauungsobjekt auf anderem Wege und nicht mehr im bishe-rigen Umfang gewährleistet ist. Aus Sicht der beratenden Re-vierleiter spielt diese fachliche Kompetenz eine zentrale Rollefür die Glaubwürdigkeit im Beratungsprozess. Das Sachgebiet»Waldbau« der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forst-wirtschaft griff dieses Problemfeld auf und entwickelte mitden »Waldbautrainern« ein Format der Wissensvermittlung,das einer denkbaren Erosion des waldbaulichen Wissens ent-gegentritt.

Ein weiterer Handlungsbedarf, der die Notwendigkeit vonFortbildungskonzepten und ihrer Anwendung verstärkt, istdas Themengebiet »Klimawandel« und der vielerorts erforder-liche Waldumbau in Verbindung mit einem veränderten Port-folio an Baumarten und Behandlungsstrategien.Das entwickelte Fortbildungskonzept stützt sich dabei auf dietragende Rolle der »Waldbautrainer« und verläuft in drei Pha-sen:• Phase 1 sammelt und bündelt Informationen zu einem wald-

baulich aktuellen Thema.• Phase 2 übersetzt diese Inhalte in ein kompaktes »Dreh-

buch» für einen Trainingstag.• Phase 3 bringt das Training – für jeweils zwei Ämter – auf

die Fläche.Im nachfolgenden Kasten werden die vier zentralen Elemen-te und deren Umsetzung im Jahr 2010 skizziert.

Nachfolgend skizzieren wir die vier wesentlichen Elemente desWaldbau-Fortbildungskonzeptes, verdeutlichen die Idee an-hand praktischer Beispiele aus dem Trainingsjahr 2010 zumThema »Jungbestandspflege« und versuchen einen Ausblickauf die künftige Organisation dieses Fortbildungszweiges derBayerischen Forstverwaltung.

Abbildung 1: Beratungsförster auf dem Waldbautraining imOberen Bayerischen Wald bei Michelsneukirchen

Foto: O. Ruppert

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Die vier Elemente des Waldbau-Fortbildungskonzeptes

Der »Tausendsassa« Waldbautrainer

Die Aufgabe ist klar: Es geht um die Organisation, Durchfüh-rung und Nachbereitung von Fortbildungen zu waldbaulichenFragestellungen. Dazu gehört auch, vorhandenes Wissen zurecherchieren, zu praxistauglichen Konzepten zu verdichtenund diese dann mit Hilfe anschlussfähiger »Waldbilder« zutransportieren.

Neben ganz unterschiedlichen fachlichen Kompetenzen –Waldbau ist eine Disziplin, die viele andere Fachrichtungenwie Ertragskunde, Forsttechnik und Waldschutz einbezieht –stehen persönliche und methodische Kompetenzen im Vorder-grund, die viel mit denjenigen eines »Erwachsenenpädagogen«gemein haben. Dazu zählen pädagogisch-didaktisch Befähi-gungen für einen stringenten Aufbau der Veranstaltungen, einhohes Maß an Flexibilität und Mobilität, eine souveräne Ge-sprächsleitung sowie ein authentisches Auftreten, das vonTransparenz und Klarheit (z.B. bei den Übungsinstruktionen),aber auch von tragfähigen Regeln begleitet wird. Ebenso be-schreibt die eigentlich für Führungskräfte geltende 4-M-Regel»Man muss Menschen mögen« treffend die geforderte Sozial-kompetenz, wenn es darum geht, alle Fortbildungsteilneh-mer/innen wertzuschätzen, Ernst zu nehmen und zuzuhören,um deren Erfahrungen, Erwartungen, aber auch deren Wider-stand motivierend und zielführend in den Veranstaltungsver-lauf einzubinden.

Mit Recht werden Sie sagen: »So einen Tausendsassa gibtes nicht!« Umso wichtiger ist es, bereits in der Personalaus-wahl – z. B. mit Hilfe strukturierter Interviews – die gesuch-ten Kompetenzen ins Zentrum zu stellen und die ausgewähl-ten Personen fachlich und außerfachlich konsequent weiterzu qualifizieren. Dazu gehört auch ein regelmäßiger länder-übergreifender Austausch mit den Kollegen – und keinesfallszu vergessen: ein leistungsstarkes »Back Office« zur Unterstüt-zung und Organisation der Veranstaltungen.

Beispiele aus dem Trainingsjahr 2010

Die WaldbautrainerAlle Veranstaltungen 2010 planten die beiden bereits im März2009 »berufenen« Waldbautrainer Wolfram Rothkegel (Südbay-ern) und Ottmar Ruppert (Nordbayern), führten sie durch undbereiteten sie nach.

Qualifizierungsmaßnahmen•Mitwirkung am Workshop zur neuen Buchen-Pflegerichtlinie der

BaySF•Fortbildung »Aktuelle Bewirtschaftung der Fichte«, Nordwest-

deutsche Forstliche Versuchsanstalt•Intensivseminar »Umgang mit schwierigen Situationen bei der

Kursleitung«

»Back Office«: Jakob Peter

11 »Welche Waldbauthemen sind überhaupt interessant?«

Bei der Beantwortung der Frage gilt es zwei unterschiedlichePerspektiven einzunehmen:•Der »Beratungsförster« bezieht als Fortbildungskunde auch

die Interessen seiner Waldbesitzer ein. Er kann deshalb alsTeilnehmer im Zuge der schriftlichen Bewertung einer lau-fenden Veranstaltung auch ein Waldbauthema für das Fol-gejahr nennen.

•Das beauftragende ministerielle Referat »Waldbau undNachhaltssicherung« prüft, ob das gewünschte Thema zuden forst- und förderpolitischen Rahmenbedingungen passt,und nimmt bei Bedarf Kurskorrekturen vor.

Wenn das Thema feststeht, geht es darum, vorhandenes Wis-sen – insbesondere anschlussfähige waldbauliche Konzepte –zu recherchieren. Zusammen mit Partnern anderer Fachrich-tungen werden dann die Brauchbarkeit der »Fundstellen« dis-kutiert sowie gemeinsame Ziele und ein konkreten Hand-lungsplan vereinbart.

»Oh wie theoretisch!« Um gerade das zu vermeiden, arbei-ten in moderiertenWorkshops zehn bis 20 Experten aus Pra-xis und Theorie eng zusammen. Es handelt sich sowohl umwaldbauliche Berater eines Amtes für Ernährung, Landwirt-schaft und Forsten als auch umpraxisnahe Forscher bzw. Leh-rer am Zentrum Wald-Forst-Holz Weihenstephan, an forstli-chen Schulen oder am Amt für Saat- und PflanzenzuchtTeisendorf. Der intensive Austausch findet bereits hier anhandgeeigneter Waldbilder statt.

Beispiele aus dem Trainingsjahr 2010

Wahl des Waldbauthemas2009 nutzten 50 Prozent der 550 Teilnehmer die Möglichkeit derThemenwahl für das Folgejahr. Knapp die Hälfte davon entschiedsich für die »Pflege junger Bestände«.

Aufbereitung des Themas Im Zuge zweier interdisziplinär besetzter Experten-Workshops wur-de das waldbauliche Vorgehen konkretisiert und mit Hilfsmittelnhinterlegt. Letztere unterstützen eine solide Bestandesdiagnose,die Herleitung von Pflegeziel und -auftrag sowie die Einschätzungder förder- bzw. verfahrenstechnischen Bedingungen und der Hö-henentwicklung der beteiligten Baumarten.

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Das eigentliche Waldbautraining – aktuell, praxisnah,zielgruppengerecht

Auch wenn die vorausgehende Einbeziehung der Praktiker indie Themenwahl, in die Festlegung der (Trainings-)Problem-flächen und in die Formulierung »des«Waldbaukonzeptes we-sentliche Erfolgsfaktoren darstellen, kann im Fortbildungsbe-trieb noch einiges schief gehen. Hilfreich ist eine gute Balancezwischen bekannten und neuen Informationen, zwischen Er-fahrungsaustausch und konstruktiver Diskussion sowie zwi-schen praktischen Übungen und dem gemeinsamen Zusam-mentragen von Hilfsmitteln und Tipps.

Die Arbeit an konkreten Waldobjekten – sei es individu-ell, in der Kleingruppe oder im Plenum – nimmt etwa zweiDrittel des Fortbildungstages ein. Dabei bietet es sich an, dassdie Fortbildungsteilnehmer ihre Behandlungsvorschläge sicht-bar machen und vor den Kolleg/innen vertreten. Auch die Ge-genüberstellung von Lösungsvorschlägen der Waldbautraineroder von Null- (unbehandelten) Flächen ist ein probates Mit-tel auf dem Weg zum Schulungsziel.

Dabei tritt immer wieder die Frage auf »Ist das hier ein Be-ratungs- oder einWaldbautraining? « und die Antwort ist nichttrivial! Einerseits wollen wir in erster Linie die waldbaulicheKompetenzen unserer Beraterinnen und Berater stärken, an-dererseits muss am Ende der Schulung immer auch die Trans-ferleistung für den Beratungskunden benannt werden. Ziel istnatürlich, dass die fachlichen Impulse an den Ämtern aufge-griffen werden und in entsprechenden thematischen Bera-tungsschwerpunkten münden.

Außerdem sollten alle dargebotenen Fortbildungselemen-te hinsichtlich Haltung und methodischem Vorgehen auch ei-ne gewisse Vorbildlichkeit für den Beratungsalltag besitzen.

Beispiele aus dem Trainingsjahr 2010

Drehbuch (gilt für jede der 30 eintägigen mit 20 bis 25 Teilnehmern besetz-ten Veranstaltungen, 41 Ämter)• Begrüßung, Orientierung, Erwartungen (½ h)•Theorie: waldbauliches Vorgehen und Hilfsmittel (1½ h)•Übungen an drei unterschiedlichen Waldobjekten inklusive Um-

setzen (4½ h)•Transferleistungen, Evaluierung und Verabschiedung (½ h)

TransferleistungenNach einigen Wochen wurden vier bis fünf Personen je Veranstal-tung zu verbliebenen Eindrücken, zur Art und Weise der Anschluss-verwertung und zu weiteren Hilfsmittelwünschen befragt.

»Kein Training ohne Spielfeld« – die Trainingsflächen

Hinsichtlich ihrer Problematik aktuelle, zum Thema passen-de, zahlenmäßig charakterisierte Bestände bilden das prakti-sche Rückgrat jeder Fortbildungsveranstaltung. Sie werden un-ter Einbeziehung der waldbaulichen Berater am Amtausgewählt und festgelegt und schließen natürlich den Wald-besitzer nebst seiner Zielsetzung mit ein. Der Aufnahme undAuswertung liegen diejenigen ertragskundliche Merkmale zu-grunde, die für ein zielorientiertes waldbauliches Vorgehen erforderlich sind. Je nach Flächenanzahl und -größe, Individu-enzahl und gewählten Baummerkmalen binden die Trainings-flächen ganz erhebliche Teile des Fortbildungsbudgets. Ihrespätere Verwertung im Rahmen von Veranstaltungen der Ämter und forstlichen Zusammenschlüsse oder ihre Einbezie-hung in wissenschaftliche Arbeiten etc. rechtfertigt und sichertdie Investitionen.

Beispiele aus dem Trainingsjahr 2010

Auswahl und Etablierung

Aus über 100 gemeldeten Problemflächen wurden 69 Flächen je0,1 Hektar ausgewählt. Ein »Trainingsparcours« besteht aus dreizentral gelegenen Flächen mit unterschiedlichen Fragestellungen,z. B. Eichenpflege, Mischungsregulierung im führenden Nadelholzetc.

Ertragskundliche Merkmale Höhen- und Durchmesserbefunde positiv veranlagter Einzelbäumeund ihrer Kontrahenten

33 44

Eine mögliche Zukunft

»Waldbautraining in der Bayerischen Forstverwaltung« ist inden Jahren 2009 und 2010 zu einem Begriff geworden. Dahin-ter steht eine Teilfinanzierung aus dem Klimaprogramm Bay-ern 2010, die 2012 zu Neige geht. Ziel ist es, die Waldbautrai-nings zu einem festen Bestandteil im Jahresbildungsprogrammfür unsere Beschäftigten zu machen. Dazu gibt es bereits ers-te Ideen:a) Eine Projektgruppe könnte z. B. unter dem Motto »Wald-

bauliche Handlungsempfehlungen der Bayerischen Forst-verwaltung für den Privatwald« im Vorlauf zu den Trainingsfachlich-inhaltliche Teile bereitstellen (z. B. baumartenspe-zifische Handlungsempfehlungen).

b) In einer bundesländerübergreifenden Zusammenarbeit al-ler Waldbautrainer lägen Synergien, die wiederum als Res-sourceneinsparung genutzt werden könnten (z. B. gemein-same Fortbildungskonzepte für relevante Waldbauthemen,gemeinsame Trainingsflächen). Dr. Martin Bachmann leitet das Sachgebiet »Waldbau« der Bayeri-

schen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft am ZentrumWald-Forst-Holz Weihenstephan. [email protected]. Dr. Michael Suda leitet den Lehrstuhl für Wald- und Umwelt-politik der TU München. [email protected]

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Ausgabe 39|2011

Nachrichten aus dem Zentrum Wald-Forst-Holz

Waldforschung aktuell

P- und W-Seminare zur Vorbereitung aufwissenschaftliches Arbeiten sind eine zen-trale Anforderung des G 8 für das Abitur.Im Wissenschaftspropädeutischen Seminar(kurz: W-Seminar) soll das wissenschaftlicheArbeiten erlernt werden. Das Projekt-Semi-nar (P-Seminar) unterstützt die Jugendli-chen bei ihrer Studien- und Berufsorientie-rung. Mit ihrer neu erarbeiteten Broschüre»Forstliche P- und W-Seminare« greift dieForstverwaltung diese aktuelle Anforde-rung an die Schulen auf und bietet zum bei-derseitigen Nutzen eine Vielzahl an Projekt-vorschlägen an. Einerseits wird bei denJugendlichen Interesse für Wald und Forst-wirtschaft geweckt, die Lehrerinnen undLehrer werden sensibilisiert für vielfältigeThemen aus dem Wald und die Forstver-waltung wird im Bereich Bildung für nach-haltige Entwicklung gestärkt. Aber auchdie Gymnasien und ihre Schüler/innen zie-hen Nutzen aus den Seminaren. Sie erhal-ten Einblicke in das forstliche Berufs- und

Arbeitsfeld und ihre sozialen und methodi-schen Kompetenzen werden gefördert.

Ein solches P/W-Seminar ist unter ande-rem auch die »WaldKlimaWerkstatt«. Mitwissenschaftlichen Methoden können dieGymnasiasten in ihrer neu errichtetenWaldKlimaWerkstatt Zusammenhängezwischen Klima, Umweltbelastungen undden Reaktionen des Waldes messen unddaraus Rückschlüsse auf eigenes Umwelt-verhalten ziehen. Damit wird das Gymnasi-um einer Anforderung des G 8 gerecht, dasfür die Oberstufe Seminare zur Heranfüh-rung an wissenschaftliches Arbeiten vor-sieht. Die Bayerische Landesanstalt fürWald und Forstwirtschaft (LWF) unter-stützt das Projekt mit Methoden und Ge-rätschaften.

Das Projekt beruht auf einem waldpäda-gogischen Konzept der Bayerischen Forst-verwaltung. Unter dem Titel »Wald, Klima& Du« bietet sie ein Heft mit Aktivitäten fürKinder und Jugendliche an, die forstwissen-

Mit der WaldKlimaWerkstattzum AbiturP/W-Seminare führen Forstverwaltungin die Gymnasien

Kurt Amereller

Ende Oktober 2010 begann ein in Bayern bisher einmaliges Gemeinschaftsprojektzwischen Schule und Forstwissenschaft. Das Franz-Miltenberg-Gymnasium in BadBrückenau nahm seine neu errichtete WaldKlimaWerkstatt in Betrieb. Mit wissen-schaftlichen Methoden der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaftkönnen die Gymnasiasten Wirkungen von Klima und Umwelt auf das ÖkosystemWald messen, analysieren und begreifen.

AUS DEM ZENTRUM WALD-FORST-HOLZ

schaftliche Methoden anschaulich und ver-ständlich machen. Die Kinder lernen aufdiese Weise Zusammenhänge im Ökosys-tem. Gleichzeitig werden auch Auswirkun-gen des eigenen täglichen Handelns, z. B.Konsumgewohnheiten, auf die Umweltaufgezeigt.

Die WaldKlimaWerkstatt greift auf wis-senschaftliche Methoden und Geräte ech-ter Waldklimastationen zurück. An 18Standorten verfolgt die LWF mit diesenMessstationen laufend Reaktionen desWaldes auf Klimabedingungen und Um-welteinflüsse. Das seit 20 Jahren bestehen-de Messnetz liefert wichtige Daten zumVerständnis des Ökosystems Wald und seiner Reaktionen auf Umwelteinflüsse.Wegen des Klimawandels haben die Wald-klimastationen noch an Bedeutung gewon-nen.

Kurt Amereller leitet das Sachgebiet»Wissenstransfer und Waldpädagogik«der Bayerischen Landesanstalt für Waldund [email protected]

Abbildung 1: Ein Schüler des Franz-Miltenberg-Gymnasiums erläutert die Stammabfluss- Messung an einer Buche.

Foto: I. Queck

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Waldforschung aktuell 39|2011

Zehn Jahre WZW – Wissenschafts-zentrum Weihenstephan

Mit hochrangigen Gästen aus Politik, Wis-senschaft und Gesellschaft hat der Präsi-dent der Technischen Universität München(TUM), Prof. Dr. Wolfgang A. Herrmann,am 30. September das zehnjährige Beste-hen des Wissenschaftszentrums Weihenste-phan für Ernährung, Landnutzung undUmwelt (WZW) gefeiert. Die Fakultät giltals eine der modernsten interdisziplinärenFakultäten für »Life Sciences« im deutsch-sprachigen Raum. Der Wissenschaftscam-pus Weihenstephan der TU München bil-det heute mit circa 90 Professuren und3.500 Studierenden die größte Fakultät derTUM. Gegründet wurde das WZW am 1.Oktober 2000, indem man die drei Fakultä-ten »Landwirtschaft und Gartenbau«,»Brauwesen, Lebensmitteltechnologie undMilchwissenschaft« sowie »Forstwissen-schaft« zu einer neuen, interdisziplinärenEinheit zusammenschloss.

Für ihre maßgeblichen Initiativen unddie Begleitung des Reformprozesses wurdeFrau Prof. Anna-Maria Reichlmayr-Lais alslangjährige Beauftragte des Präsidentenfür das Wissenschaftszentrum Weihenste-phan mit dem Ehrenring der TechnischenUniversität München ausgezeichnet. Derzum 1. Oktober aus dem Amt scheidendehauptamtliche WZW-Dekan Prof. GerhardWenzel erhielt die »Heinz Maier-Leibnitz-Medaille» für besondere wissenschaftlicheVerdienste um die TUM. Der BayerischeStaatsminister für Wissenschaft, Forschungund Kunst, Dr. Wolfgang Heubisch, sowieFreisings Oberbürgermeister, Dieter Thal-hammer, begrüßten die zahlreichen Gäste.Den Festvortrag hielt Prof. Jörg Hacker, Prä-

sident der Deutschen Akademie der Natur-forscher Leopoldina – Nationale Akademieder Wissenschaften.

In den vergangenen zehn Jahren wurden am WZW zum Beispiel neue, zukunftsweisende Fächer etabliert und in-terdisziplinäre, fakultätsübergreifende Ein-richtungen wie das »Zentrum Wald-Forst-Holz«, das »Zentralinstitut für Ernährungs-und Lebensmittelforschung« sowie das»Hans-Eisenmann-Zentrum für Agrarwis-senschaften Weihenstephan« gegründet.Da das WZW für permanente institutionel-le Neuerungen steht, wächst es räumlichund inhaltlich weiter. Bis Ende 2012 sollenNeubauten für das Hans-Eisenmann-Zen-trum für Agrarwissenschaften und für dasInternationale GetränkewissenschaftlicheZentrum Weihenstephan (iGZW) entste-hen. Das Nettoneubauvolumen im Wissen-schaftszentrum Weihenstephan umfasstüber 130 Millionen Euro, zahlreiche Sanie-rungsmaßnahmen nicht mitgerechnet. red

Regionale Waldbesitzertagein Bayern 2010

Die vielen privaten Waldeigentümer in Bay-ern leisten mit der Bewirtschaftung ihresBesitzes wertvolle Hilfe für Klimaschutz, Ge-sellschaft und Wirtschaft. Doch nicht alleBesitzer sind sich der wirtschaftlichen undforstwirtschaftlichen Möglichkeiten be-wusst. Deshalb hat das Zentrum Wald-Forst-Holz in Weihenstephan zusammenmit dem Cluster Forst und Holz in Bayerndas Veranstaltungskonzept der »Bayeri-schen Regionalen Waldbesitzertage« insLeben gerufen.

Unter Federführung der Ämter für Er-nährung, Landwirtschaft und Forsten derBayerischen Forstverwaltung und den ört-lichen Privatwaldvereinigungen soll den

Waldbesitzern vor Ort die Möglichkeit ge-boten werden, Kontakte zu knüpfen undsich über die Zukunft der Waldwirtschaft,über Absatzmärkte und Beratungseinrich-tungen zu informieren. Insgesamt schrie-ben dazu die Landwirtschaftlichen Berufs-genossenschaften im Jahr 2010 fast 30.000Waldbesitzer an.

Den ersten Regionalen Waldbesitzertagdes letzten Jahres in Roggenburg besuch-ten bereits einige Tausend am Wald Inter -essierte, um sich bei strahlender Herbst -sonne unter anderem über aktuelleEntwicklungen in der Forsttechnik und Be-treuungsmöglichkeiten in der Waldbewirt-schaftung zu informieren. Auch die drei an-deren Waldbesitzertage in Bayreuth(Oberfranken), Schwandorf (Oberpfalz)und Oberthulba (Unterfranken) waren mitmehreren tausend Besuchern sehr gut fre-quentiert.

Eines hatten alle Regionalen Wald -be sitzertage gemeinsam: Ein abwechs-lungs reiches Programm mit Vorträgen, Gerätevorführungen, Ausstellungen undExkursionen. Dieses Programm wendet sichan die privaten Waldbesitzer, die an diesemTag ihre Partner in der Forstverwaltungund den Forstbetriebsgemeinschaften ken-nenlernen können. In Fachvorträgen infor-mieren Experten aus Weihenstephan undder jeweiligen Region zu aktuellen forstli-chen Themen. In der Ausstellung erfahrendie Besucher alles über Maschinen, Geräteund Dienstleister, die sie für die Bewirt-schaftung ihres Waldes benötigen.

»Ziel eines Regionalen Waldbesitzerta-ges ist es, den Waldbesitzern zu sagen:Ihr seid nicht allein, es gibt kompetente Partner, die Euch bei der Waldwirtschaftunterstützen«, bringt es Heinrich Förster, Geschäftsführer des Zentrums Wald-Forst-Holz Weihenstephan, auf den Punkt. »Ge-rade durch den Generationswechsel in derehemals bäuerlichen Waldbesitzerschafthin zum urbanen Waldbesitzer gibt es ei-nen massiven Wissensverlust beim ThemaForstwirtschaft. Diesem Umstand wollenwir mit gezielter Information an den Wald-besitzertagen entgegentreten«.

Die Planungen für die Regionalen Wald-besitzertage 2011 laufen bereits. red

Prof. Dr. Alfons Gierl (li.) löst Prof. Dr. GerhardWenzel (re.) als neuer WZW-Dekan ab.

Foto: TUM Fotostelle

Foto: T. Bosch

AUS DEM ZENTRUM WALD-FORST-HOLZ

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Waldforschung aktuell 39|2011

15. Münchener HolzkolloquiumProfessor Dr. Gerd Wegener, Ordinarius fürHolzkunde und Holztechnik der Techni-schen Universität München (TUM), wurdeAnfang Oktober 2010 im Rahmen des 15.Münchener Holzkolloquiums feierlich inden Ruhestand verabschiedet.

Prof. Dr.-Ing. Jan-Willem van de Kuilenmoderierte die von mehr als 350 Gästen be-

suchte Veranstaltung im Audimax der TUMunter dem Motto »Holzforschung – Zu-kunft durch Vielfalt«. Hochrangige Refe-renten aus Wissenschaft, Industrie und Po-litik gestalteten das Kolloquium inhaltlich.

Zwei Preisverleihungen bildeten weite-re Höhepunkte. Der Präsident der TUM,Prof. Dr. Herrmann, vergab die »Leo-Schörghuber-Preise« an Herrn Dr. Wolf-

gang Zillig und Herrn Konrad Hillebrand fürihre Arbeiten auf dem Gebiet der Holzfor-schung; Prof. Dr. Wegener erhielt den»Bayerischen Löwen« vom bayerischenStaatsminister Brunner für seinen Einsatzund die besonderen Verdienste um dieForst- und Holzwirtschaft in Bayern. förster

Neuer Professor an der Hoch -schule Weihenstephan-Triesdorf

Auf die an der Fakultät Wald und Forstwirt-schaft neu geschaffene Professur für Infor-mationsmanagement und Logistik wurdeProf. Dr. Knut Hildebrand berufen.

Neben bestehenden forst- und land-wirtschaftlichen Studiengängen wird Prof.Dr. Hildebrand vor allem den neuen fakul-tätsübergreifenden Studiengang »Ma-nagement erneuerbarer Energien« derHochschule Weihenstephan-Triesdorf mit-gestal ten. Prof. Dr. Hildebrand forscht undlehrt seit dem Wintersemester 2010 an derHochschule Weihenstephan-Triesdorf inden Studiengängen Management erneuer-barer Energien, Forstingenieurwesen undWirtschaftsingenieurwesen, Agrarmarke-ting und Management. mergler

Prof. Kennel für Leistungen für dieForstwirtschaft geehrt

Das Fachgebiet für Waldinventur und nach-haltige Nutzung der TU München veran-staltete ein Festkolloquium aus Anlass des70. Geburtstages von Herrn Prof. Dr. Eck-hard Kennel, der vor seiner EmeritierungLeiter des ehemaligen Fachgebietes fürWaldinventur und Forstbetriebsplanungwar. Mit seinen Arbeiten eröffnete Prof. Dr.Kennel der Forstwissenschaft eine wissen-schaftliche Perspektive zur Weiterentwick-lung eines modernen Waldmonitorings.

Das Kolloquium griff aktuelle Fragen derWaldinventuren auf. Im ersten Block ginges um Waldinventuren und ihre wissen-schaftlichen Perspektiven. Die besonderenLeistungen von Eckhard Kennel zur Ent-wicklung von Waldinventuren standen imMittelpunkt des zweiten Veranstaltungs-

IM BLITZLICHT

Foto: K. Hildebrand

Foto: F. Mergler

Georg Windisch (re.), Leiter der BayerischenForstverwaltung, dankt Prof. Kennel für seineLeistungen für die bayerische Forstwirtschaft.

Michael Schmidt erhältHanskarl-Goettling-Preis 2010

Im November 2010 wurde im Rathaussaalder Stadt Freising der Forschungspreis derHanskarl-Goettling-Stiftung verliehen. DieStiftung ehrt damit Wissenschaftler, die sichum die angewandte forstliche Forschungbesonders verdient gemacht haben. DerPreis ging an Michael Schmidt, langjährigerMitarbeiter der Holzforschung München.

Michael Schmidt hat einen wesentlichenBeitrag dazu geleistet, dass Leimbinderauch aus Buchenholz hergestellt werdenkönnen. Der Fokus seiner Untersuchungenlag auf der Verklebung. Dazu hat Schmidtauch den intensiven Kontakt zur Industriegesucht. So konnten die Forschungsergeb-nisse direkt in die Praxis einfließen. Mittler-weile werden bereits tragende Konstruk-tionen aus Buchenholz in Deutschlandhergestellt. Für die gesamte Forst-Holz-Ket-te ist dies ein wichtiger Schritt, da für dassteigende Angebot von Buchenrundholznun ein neuer Absatzmarkt geschaffenwurde. Für Bauingenieure und Architektenergeben sich zudem neue Möglichkeitenden Baustoff Holz zu verwenden. Die Kon-kurrenzfähigkeit des nachwachsenden

Foto: F. Mergler

Rohstoffs gegenüber Stahl und Beton wur-de erheblich gesteigert.

Der Laudator, Stefan Rathke (BSHD), unterstrich die Bedeutung der Arbeit fürdie Sägeindustrie und lobte den Preis trägerals einen »neuen Typus von Förster«. red

Olaf Schmidt, Vorstand der Hanskarl-Goettling-Stiftung, überreicht dem Preisträger MichaelSchmidt (li.) die Urkunde.

blocks. Mit dem von ihm entwickelten Ver-fahren der Waldzustandserhebung hat erals Erster ein Konzept für eine objektive Er-fassung des gesundheitlichen Zustandesdes Waldes bereitgestellt.

Ministerialrat Georg Windisch über-brachte Prof. Dr. Kennel für seine Leistun-gen den Dank des bayerischen Forstminis-ters, Helmut Brunner, verbunden miteinem kleinen Präsent. mergler

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Waldforschung aktuell 39|2011

AUS DER LESEECKE

Forstliche Klassiker – Hans Dietrichvon Zanthier»Mit auf eigenen Erfahrungen und Versu-chen beruhenden Fachkenntnissen suchteZanthier den Wissensstand seiner Berufs-kollegen zu fördern. Er verbindet dabei denWissensstand eines Holzgerechten Jägersmit dem eines Kameralisten. Er ist als einerster Vertreter der aufkeimenden Forst-wissenschaft im 18. Jahrhundert anzuse-hen«. So beurteilte kein Geringerer als derForsthistoriker Ekkehard Schwartz denOberforst- und Jägermeister der GrafschaftStolberg-Wernigerode, Hans Dietrich vonZanthier (1717–1778).

1785 brachte der Verleger Johann Samu-el Heinsius neben einem Manuskript deskursächsischen Hofjägers Johann SamuelKröhne zwei Manuskripte Zanthiers unterdem Titel »Der wohlgeübte und erfahrneFörster – Ein Beytrag zu H. W. Döbels Jäger-practica« heraus. Das mehrfach mit wohl-wollenden Kritiken bedachte Buch ist nunin der Nachdruckreihe »Forstliche Klassi-ker« des Verlages Kessel erschienen. red

Von Aspe bis ZirbelkieferDie Kompaktausgabe »Bäume Mitteleuro-pas«, das wissenschaftliche Standardwerkzu den Holzgewächsen der Welt, stellt diewichtigsten heimischen Baumarten vor.Fachkundige Autoren vermitteln den aktu-ellen Stand des Wissens über die heimischeGehölzflora für Baumkenner und solche,die es werden wollen. Insgesamt werden47 Baumarten aus 24 Gattungen vorge-

me sind Weißtannen weitaus besser gerüs-tet als Fichten. Wolf Hockenjos beschreibtin 17 Kapiteln die mitunter tragische Ge-schichte, aber auch die Chancen dieserBaumart im Wald der Zukunft. red

Hans Dietrich von ZanthierDer wohlgeübte und erfahrne Förster –Ein Beytrag zu H. W. Döbels JägerpracticaNachdruck in der Reihe Forstliche KlassikerVerlag Kessel, 2010, 220 SeitenHerausgeber: B. BendixISBN: 978-3-941300-37-8Preis: 18,00 €

Andreas Roloff, Horst Weisgerber,Ulla Lang und Bernd StimmBäume MitteleuropasWiley-VCH, Weinheim, 2010480 Seiten, 450 AbbildungenISBN: 978-3-527-32825-3Preis: 24,90 Euro

Wolf HockenjosTannenbäume – Eine Zukunft fürAbies albaDRW-Verlag Weinbrenner GmbH & Co.KG, 2008232 Seiten,165 FarbabbildungenFormat: 19 x 26 cm, ISBN: 978-3-87181-723-6Preis: 29,90 €

stellt. Auch alle Bäume des Jahres von 1989bis 2010 sind enthalten. Von jeder Gattungwerden eine oder zwei Arten exemplarischin ausführlicher Form dargestellt, die übri-gen Arten im Kurzportrait. red

Tannenbäume – Eine Zukunftfür Abies albaDie Weißtanne ist ein Baum naturnaherBergmischwälder mit einer großen natürli-chen Verbreitung von Italien bis Polen. Den-noch ist Abies alba bedroht. In manchenGebieten steht die Tanne vor dem Ausster-ben. Dabei könnte sie im Bergwald einewichtige ökologische und ökonomischeRolle übernehmen. Seit der Schwefelgehaltder Luft wieder reduziert werden konnte,bieten Mischwälder mit Tannen auch undgerade unter den Vorzeichen des Klima-wandels neue Zukunftsperspektiven. Ge-gen Trockenheit, Schadinsekten und Stür-

Von Holzäpfeln und SaubirnenAls »wildes Obst« wurden einst von derSchweiz bis Niederösterreich, von Südtirolbis Thüringen Holzapfel und Wildbirne be-zeichnet. Die kleinen Früchte dieser Obst-bäume, zwei heute stark bedrohte Arten,waren für breite Bevölkerungsschichten alsNahrungs- und Futtermittel unentbehrlich.Kulturhistorisch ist das »wilde Obst« vor al-lem interessant wegen der Fülle detaillier-ter Gesetze und Verordnungen zu unter-schiedlichen Nutzungen sowie wegen derheftigen Sanktionen bei Obstbaumfrevelund -diebstahl. Sie belegen, welch mannig-faltige und teils widersprüchliche Interes-sen am Gebrauch dieser aus heutiger Sichtso gering anmutenden Ressourcen bestan-den. Über das »wilde Obst« offenbart sichauch der eklatante Ressourcenmangel dervorindustriellen Zeit.

Als Historiker immer nahe an den Quel-len gewährt der Autor anschaulich und ver-ständlich Einblicke in die Geschichte des Ap-fels und der Birne, wie es sie bisher nochnicht gab. Das Buch beschreibt jedoch nichtnur die Kulturgeschichte des »wilden Obs-tes«, sondern erschließt mit seinem interdis-ziplinären Ansatz wichtige Informationensowohl zur Rechts-, Sozial- und Wirtschafts-geschichte als auch zur Botanik, historischenAgrargeografie und Ökologie. red

Rainer SchöllerWildes ObstRombach Verlag FreiburgReihe Ökologie Band 93, 66 Seiten,18 AbbildungenISBN: 978-3-7930-9623-8Preis: 49,80 Euro

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Schemas für Douglasie in den USA. Im Juliletzten Jahres reisten zwei Mitarbeiter desAmtes für forstliche Saat- und Pflanzen-zucht (ASP) nach Nord-West-Washington,um sich vor Ort über die Qualität der Ern-

tebestände, die praktische Durchführungvon Ernten und die Kontrollstrukturen zuinformieren. Neben der Besichtigung zahl-reicher Bestände in den für Bayern wichti-gen Samenzonen 422, 430 und 403 stan-den Gespräche mit den Kontrollbehördenfür Forstvermehrungsgut im Staate Wa-shington und ein Besuch der Firma SilvaSeed, dem wichtigsten Lieferanten für Dou-glasiensaatgut nach Deutschland, auf demProgramm.

Die besichtigten Bestände sind i.d.R. vonsehr guter Qualität. Die meist im Staats-wald liegenden Ernteeinheiten sind sehrgroß (bis zu mehreren hundert Hektar)und bestehen aus zusammenhängendenoder von kleineren Kahlschlägen unterbro-chenen alten oder älteren, natürlich ver-jüngten Wäldern. Die Douglasie ist mit Anteilen von über 80 Prozent die dominie-rende Baumart. Neben den sehr gutenphänotypischen Eigenschaften ist hervor-zuheben, dass es sich hier zum Unterschiedvon den Beständen in Bayern um sehr gro-ße Bestäubungseinheiten handelt. Dies be-einflusst die genetische Qualität des Saat-gutes positiv.

Das Saatgut ernten jedoch nicht Zapfen-pflücker hoch oben in den Baumkronen.Das nordamerikanische Grauhörnchen, ei-ne Eichhörnchenart, wirft die Zapfen vonden Bäumen und sammelt sie am Boden ingut getarnten Verstecken. Sammler suchendiese Verstecke und entnehmen die Zap-fen. Grundsätzlich wird nur in alten Bestän-den gesammelt, weil nur diese den Lebens-raum für die Eichhörnchen bieten. Geerntetwird nur in Jahren mit guter Mast.

Für die Kontrolle zuständig ist die Wa-shington State Crop Improvement Associa-tion (WSCIA). Die Behörde kontrolliert Ern-

Zu Gast bei der DouglasieSaatgutimporte aus den USA wieder möglich

Monika Konnert

Im Klimawandel wird die maßvolle Erhöhung des Douglasienanteils in den WäldernBayerns als sinnvoll und notwendig erachtet, auch als teilweiser Ersatz für die Fichte.Aus vielen Herkunftsversuchen weiß man, dass die Küstendouglasie (GrüneDouglasie) aus Nord-West-Washington bei uns am besten wächst. Ein erfolgreicherAnbau der Grünen Douglasie erfordert daher hochwertiges Saat- und Pflanzgut. EineMöglichkeit zur Verbesserung der Versorgung und zur Erweiterung der genetischenBasis ist der Import aus den Ursprungsgebieten in den USA.

Seit knapp einem Jahr ist der Import vonDouglasiensaatgut und -pflanzen nachDeutschland für forstliche Zwecke wiedermöglich. Grundlage ist ein Beschluss der EU-Kommission und die Umsetzung des OECD-

Nachrichten aus dem Amt für forstliche Saat- und Pflanzenzucht

Saat und Pflanzen

FORSTGENETIK

Abbildung 1: Dr. Monika Konnert und Dr. Wolf Ruetz vor einer alten Douglasie bei Darrington

Foto: W. Ruetz

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AUS DER FORSCHUNG

Japanische Maximowicz-Birkenim Anbauversuch

Versuchspflanzungen mit fremdlän disch enBaumarten haben am ASP Tradition. ImFrühjahr 2006 wurden bei Tännes berg(Oberpfalz) und Freilassing (Oberbay ern)Versuchsflächen mit der japanischen Maxi-mowicz-Birke (Betula maximowic zia na) undden heimischen Arten Sandbirke undMoorbirke angelegt.

Die Maximowicz-Birke ist langlebiger alsdie europäischen Birken und erreicht Hö-hen von 30 Metern und Durchmesser von60 Zentimetern. Sie bevorzugt mäßig fri-sche bis frische Lehmböden mittlerer Nähr-stoff versorgung der kollinen und submon-tanen Stufe. Gegen Sommer trockenheitund Schneedruck ist sie unempfindlicher alsdie heimischen Birken. Ihre Blätter ähnelnder Linde (Foto). Gute Schaftformen undein rasches Jugend wachstum werden ihrnach gesagt.

Die Aufnahmeergebnisse der beidenVer suchs flächen bestätigten dies. Die Aus-fallquote der Japanbirke liegt mit 25 Pro-zent etwa auf dem Niveau der heimischenBirken. In der Anwuchsphase braucht sie je-doch mehr Pflege, da sie stärker unter Kon-kurrenz vege tation (Brombeere) leidet. Ihrmittler er Brusthöhendurchmesser liegt mit2,9 Zentimetern etwas unterhalb dem der

Sand birke. Im Höhenwachstum ist die Ja -pan birke überlegen. Auf der FreilassingerFläche erreicht sie im Mittel 435 ZentimeterHöhe und überragt die benachbartenSandbirken durchschnittlich um 24 Zenti -me ter. Auf beiden Flächen ist die Gast -baum art mit 418 Zentimetern höher als dieSand- und Moorbirken.

Besonders fällt die überdurch schnitt -liche Schaftqualität der Japanbirken auf. 73Prozent zeigen geradschaftige Formen. Beiden europäischen Birken kann nur ein gu-tes Drittel diese Qualität aufweisen.

Das ASP wird die Versuche in den nächs-ten Jahren fortsetzen und mit Recherchenzur Herkunftsfrage ergänzen. faust

Reger Fachaustausch am ASP

In der zweiten Jahreshälfte 2010 be -grüßten wir am ASP wieder Fachkollegenund Wissenschaftler aus aller Welt.

Im Juni 2010 fand in Köln der Weltkon -g ress der ISTA (International Seed TestingAssociation) statt. Im Rahmen einer vonder Landesanstalt für Landwirtschaft (FrauDr. Killermann) organisierten Post-Kon-gress-Tour besuchten Kollegen aus Brasi-lien, Kenia, England und den USA auch dasASP (Foto). Neben der Vorstellung der viel-fältigen Aufgaben des ASP lag ein Besuchs-

schwerpunkt natürlich bei der Saatgutprü-fung und der Tätigkeit der ge netischen La-bore zur Herkunfts kon trol le.

Im Juli kamen zwei Wissen schaftler ausder Japanischen Forstlichen Forschungsan-stalt, Dr. Hiroshi Hishi, Direk tor der Abtei-lung Züchtung, und Frau Dr. Mineko Ohira,zu Besuch an das ASP. Sie informierten sichüber das gesamte Auf gabenspektrum undbesuch ten einige Versuchsflächen sowieden Ver suchs garten in Laufen. Erstaunt wa-ren die Gäste über das gute Wachstum »ih-rer Japan birken« (siehe nebenstehendenBeitrag). Weitere Kontakte sowie der Aus-tausch von Informationen und Saatgutwurden vereinbart.

Ebenfalls im Juli 2010 besuchten chine si -sche Forstleute aus der Inneren Mongoleifür einen Tag das ASP. Als wesent lichsterPunkt stand eine Exkursion zu Ver suchs-und Energiewaldflächen auf der Ta ges -ordnung.

Die der genetische Überprüfung und Zer-tifizierung von Saatgut standen im Mittel-punkt des zweitägigen Besuchs fran -zösischer Fachkollegen im August. Mit demGeschäftsführer der Saatgutfirma Vil mo rin(einer der führenden Saatgutfirmen inEuropa), der Leiterin der Vereinigung fran-zösischer Baumschulbetriebe sowie dem Lei-ter der Forschungsanstalt für Forst genetikund Forstpflanzenzüchtung aus Orleans wardie Delegation hoch ka rä tig besetzt. DieMöglichkeit, ein europä isches Zertifizie-rungssystem für forstliches Vermehrungsgutähnlich dem süddeut schen ZüF-System zuetablieren, stand im Mittelpunkt der Diskus-sionen. Es wurde angeregt, dass das ASP sei-ne weitrei chen den Erfahrungen bei der Her-kunftskon trolle mittels genetischer Analysenauch in einem zukünftigen europäischenSystem einbringen kann und soll. konnert

Foto: ASP

LWF aktuell 80/201128

Foto: ASP

te, Pflanzenproduktion und Vertrieb. ZweiWochen vor Erntebeginn muss die Ernteangemeldet werden. Die Kontrollregelun-gen ähneln denen des Forstvermehr-ungsgutgesetzes und entsprechen den Anforderungen des OECD-Schemas. Bei derErntefirma Silva Seed werden die einzelnenErntepartien getrennt aufbereitet und gelagert. Auf einem Rundgang durch Klen-

ge und Gewächshäuser von Silva Seed be-schrieben die Inhaber die einzelnen Arbeits-schritte sowie die Dokumentation und Ab-wicklung des Verkaufs.

Das ASP beurteilt die Möglichkeiten desImports von Douglasiensaatgut aus dembereisten Gebiet positiv. Die mancherortsgeäußerten Bedenken fehlender Erntebe-stände oder nicht kontrollierbarer Herkunft

treffen nicht zu. Der Bezug von Douglasien-saatgut, aber auch die Anlage von Erntebe-ständen in Bayern mit genetisch überprüf-tem Saatgut aus bewährten WashingtonerVorkommen können zusätzlich zu den vomASP bereits 1990 angelegten vier Erntebe-ständen helfen, die Saatgutversorgunglangfristig zu sichern.

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AUS DER LANDESSTELLE

Erntezulassungsregister in NRW,Hessen und Bayern Pünktlich zum Beginn der Saatguternte am1. September 2010 haben die drei Bundes-länder Nordrhein-Westfalen, Hessen undBayern das gemeinsame Erntezulassungs-register in Betrieb genommen. Grundlagewar eine Vereinbarung zwischen den zu-ständigen Ministerien zur Entwicklung eines länderübergreifenden IT-Fachverfah-rens »Erntezulassungsregister Bundeslän-der (EZR-B)«. Als Entwicklungsbasis dientedas vom Bayerischen Staatsministerium fürErnährung, Landwirtschaft und Forstenund vom Bayerischen Amt für forstlicheSaat- und Pflanzenzucht entwickelte web-basierte Erntezulassungsregister, das seit2007 in Bayern eingesetzt wird und denBayern-Online Preis 2007 erhalten hat. Diegemeinsame Nutzung des IT-Fachverfah-rens berührt die im Forstvermehrungsgut-gesetz (FoVG) geregelten Zuständigkeitender Länder nicht. Das Verfahren und dasRollen-/Rechtekonzept gewährleisten auchweiterhin eine länderspezifische Speiche-rung und Sicht der Daten sowie ein unab-hängiges Zugriffsmanagement für die be-teiligten Bundesländer.

Das Erntezulassungsregister wird überdas Internet aufgerufen. Den technischenBetrieb des Registers gewährleistet das Re-chenzentrum Süd in München. Die Fachbe-treuung und Weiterentwicklung des Ver-fahrens koordiniert das ASP in engerAbstimmung mit den anderen Bundeslän-dern.

Ziel der gemeinsamen Initiative istes, die Markttransparenz zu verbessern, ei-ne zeitgemäße Informationsmöglichkeitüber zugelassene Erntebestände für alleMarktteilnehmer zu schaffen sowie denVerwaltungsaufwand zu vermindern undbehördeninterne Verfahrensabläufe zu ver-bessern. Der Beitritt weiterer Bundesländerzum gemeinsamen EZR-Betrieb, den diebisherigen Partner ausdrücklich begrüßen,ist Teil der unterzeichneten Verein-barung. Externe Nutzer haben Zugangüber eine Gastkennung oder nach einereinmaligen Online-Registrierung. Der Zu-griff erfolgt über die Internetadresse:www.stmelf.bayern.de/ezr/ huber

Im Fokus: Herkunftsempfehlungen– Fakten für die PraxisIn letzter Zeit häufen sich am ASP Fragenzu den Herkunftsempfehlungen. Daherstellen wir wichtige Fakten zu diesem The-ma hier zusammen. • Die Verwendung geeigneten forstlichen

Saat- und Pflanzgutes ist die Vorausset-zung für die Begründung gesunder, betriebssicherer und leistungsfähigerWälder. Neben der Verwendung stand-ortsgemäßer Baumarten kommt daherder Wahl geeigneter Herkünfte größteBedeutung zu.

• Der Leitfaden für die Praxis sind die vomASP erstellten »Herkunftsempfehlungenfür forstliches Vermehrungsgut in Bay-ern«. Grundlage sind wissenschaftlicheErkenntnisse und Anbauerfahrungen ausder Praxis. Die aktuelle Version steht aufder Internetseite www.forst.bayern.de/asp/. Eine Gesamtfassung und eine Auf-listung nach Baumarten ermöglichendem Anwender einen raschen Zugriff aufalle wichtigen Informationen.

• Im Staats- und Körperschaftswald istdie Einhaltung der Herkunftsempfeh-lungen verbindlich (vorbildliche Waldbe-wirtschaftung nach Art. 18 und 19 Bay-WaldG).

• Im Privatwald ist sie förderrelevant.• Die Verwendung herkunftsgerechten

Saat- und Pflanzgutes ist Grundlage fürdie Bewirtschaftung PEFC-zertifizierterWälder (www.pefc.de).

• Für ein Herkunftsgebiet einer Baumartwerden eine oder vereinzelt mehrereHerkünfte empfohlen. Sind diese nichtverfügbar, kann auf die angegebenen Er-satzherkünfte ausgewichen werden.

• Die Grenzen der Herkunftsgebiete sind inder Forstvermehrungsgut-Herkunftsge-bietsverordnung (FoVHgV) festgelegt.Daher sind diese für die Waldbesitzer undfür die Ämter für Ernährung, Landwirt-schaft und Forsten (ÄELF) bei der vorbild-lichen Waldbewirtschaftung sowie derFörderung verbindlich.

• Das ASP hat 2010 die Flächen der Her-kunftsgebiete digitalisiert. Die digitalenKarten können von den ÄELF in der GIS-Anwendung LaFIS eingesehen sowie mitFlurkarten und Luftbildern verschnittenwerden. Damit können die Waldbesitzerzuverlässig beraten werden.

• In Bayern ist die Anzahl der Herkunftsge-biete je nach Baumart unterschiedlich.Beispielsweise gibt es für die Roteiche nurein Herkunftsgebiet, für die Fichte wer-den hingegen 17 Herkunftsgebiete aus-gewiesen. Ein Herkunftsgebiet ist nicht einem forstlichen Wuchsgebiet gleichzu-setzen. Es besteht aus unterschiedlichen»Ökologischen Grundeinheiten«, die wie-derum auf der Untergliederung der forst-lichen Wuchsgebiete aufbauen.

• Die Orientierung an den forstlichenWuchsgebieten kann daher zu Fehlernbei der Wahl geeigneter Herkünfte füh-ren. Erst wenn das Herkunftsgebiet, indem gepflanzt werden soll, bekannt ist,kann die passende Herkunft oder Ersatz-herkunft ausgewählt werden. muninger

Praxisschulung ForstvermehrungsgutrechtIm Oktober 2010 trafen sich 18 Kollegender Forstverwaltung an der Forstschule inLohr zum Seminar »Forstvermehrungsgut-recht in der Praxis«. Die Schulung gestalte-ten das ASP sowie die Kontroll- und Service-stelle FoVG 1 am Amt für Ernährung,Landwirtschaft und Forsten Karlstadt. Pra-xisnahe Beispiele aus der Arbeit der Landes-stelle und der Kontrollbeamten wie die Zu-lassung der Erntebestände, die Bedienungdes Erntezulassungsregisters, der Ablauf ei-ner Ernte und die hoheitlichen Kontrollenbrachten die meist als trocken angeseheneMaterie des Forstvermehrungsgutrechtsanschaulich allen Teilnehmern näher. Dassdies den beiden Referenten Gert Günzel-mann und Maximilian Muninger gelungenist, zeigten die vielen Fragen der Teilneh-mer und die rege Diskussion. Dieser Kurswird auch 2011 wieder angeboten.

muninger

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»Der Natur auf der Spur«: ASP auf der LGS in Rosenheim

Im August 2010 präsentierte das ASP im»Forstpavillon« die Ausstellung »Der Naturauf der Spur: Unsere Wälder – Herkunftund Zukunft«. Die Ausstellung, konzipiertund betreut von Dr. Klaus Freyer, zeigte dievor- und nacheiszeitliche Klimaentwick-lung, die Reaktion der Baumarten auf Pha-sen der Abkühlung und der Wiedererwär-mung sowie die Bodenbildungsprozesse.Pollenanalysen, Jahrringanalysen und ge-netische Analysen wurden als unterschied-liche Ansätze vorgestellt, um die Rückwan-derungswege der Baumarten aus deneiszeitlichen Rückzugsgebieten nachzuvoll-ziehen sowie Zusammenhängen zwischenKlima und Wachstum nachzugehen. Diemitgebrachten Stammscheiben und Pollen-präparate stießen bei den Besuchern auf re-ges Interesse.

Baumarten können sich an unterschied-lichste klimatische Verhältnisse natürlich an-passen. Voraussetzung dafür ist eine großeVielfalt im Erbmaterial. Sie ermöglicht dasÜberleben bei sich ändernden Umweltbe-dingungen. In diesem Zusammenhangwurden die gesetzlichen Vorgaben zumHandel mit forstlichem Vermehrungsgut er-läutert. Sie sollen dazu beitragen, die na-türliche genetische Vielfalt über die Zeit zusichern. Weitere Themen waren der Anbaufremdländischer Baumarten und die begrenzenden Faktoren (z. B. fehlendeFrosthärte). An regenfreien Tagen stellteAlexander Nickl die Arbeit eines Zapfen-pflückers vor und erntete für seine Seilauf-stiege viel Aufmerksamkeit und Applaus.

Während der neun Tage war die Aus-stellung ständig von sehr interessiertemund auch diskussionsfreudigem Publikumbesucht. freyer

Personalwechsel am ASP

Im Juli 2010 übernahm Frau Karolina Faustdie Nachfolge von Herrn Harald Siegler imSachgebiet »Energiewald und Feldver -suche«. Nach ihrer Übernahme in denForstdienst war Frau Faust zunächst Ge-schäftsaushilfe im Amt für Ernährung,Land wirtschaft und Forsten Weilheim-Schongau. Nun ist sie verantwortlich fürdie Pflege des Versuchspflanzgartens in Laufen. Dazu kommt die Mitarbeit beiNachkommenschaftsprüfungen, Kurzum-triebsplantagen sowie Anbau- und Prove-nienzversuchen in ganz Bayern.

Nach 21 Jahren kehrt Alois Zollner wie-der zu seinen beruflichen Ursprünge an dasASP zurück. Nach der »Großen ForstlichenStaatsprüfung« 1989 begann er seine forst-liche Laufbahn an der damaligen LASP.Über das frühere Forstamt Rosenheim führ-te ihn dann sein beruflicher Weg zur ehe-maligen Forstdirektion München. Von dortwechselte er 1992 an die Landesanstalt fürWald und Forstwirtschaft in Freising. Ab2002 war er stellvertretender Leiter derWaldarbeitsschule Laubau in Ruhpolding.Mit der Forstreform 2005 übernahm er dieLeitung des Forstlichen BildungszentrumsLaubau der Bayerischen Staatsforsten inRuhpolding. Zum 1. Oktober 2010 wechsel-te er als Leiter des Sachgebietes »Hoheit -liche Aufgaben gemäß Forstvermehrungs-gutgesetz, Generhaltung« an das ASP undist nun erster Ansprechpartner bei allenFragen rund um die Umsetzung des Forst-vermehrungsgutgesetzes. konnert

40 Jahre im Dienste der Forstverwaltung

In einer kleinen Feierstunde würdigtenFrau Dr. Monika Konnert (Leiterin des ASP)und Herr Michael Luckas (Personalratsvor-sitzender) im Namen des ASP Forstwirt-schaftsmeister Ferdl Fürmann (Bild Mitte),der seit 40 Jahren bei der Bayerischen Forst-verwaltung tätig ist. Vom vorbildlichen En-gagement und dem unbeschreiblichen Wis-sen dieses »Urgesteins« des ASP habenmittlerweile ganze Förstergenerationenprofitiert. Darüber hinaus ist er als langjäh-riger Ausbilder der Zapfenpflücker in derganzen Forstverwaltung bekannt und ge-schätzt. luckas

Zusammenarbeit mit Öko-klimatologie der TU MünchenAm ASP liegen langjährige Daten zumBlüh- und Fruktifikationsgeschehen derBaumarten sowie zur Saatgutprüfung vor.Zusammen mit dem Fachgebiet Ökoklima-tologie der TU München (Prof. Dr. AnnetteMenzel) werden Möglichkeiten geprüft,diese Daten auch im Hinblick auf den Kli-mawandel zu nutzen. Dazu muss das um-fangreiche Material zunächst digital erfasstwerden. Von einer darauf folgenden Ver-schneidung mit Klimadaten werden Er-kenntnisse über Zusammenhänge von Kli-ma und Fruktifikation erwartet.

Im Projekt »Genetisches Langzeitmoni-toring« führt das Fachgebiet auf der Moni-toringfläche Freising phänotypische Erhe-bungen durch und wertet sie nachmodernsten Verfahren aus. Dies verbessertdas Monitoring deutlich und erhöht seineAussagekraft. konnert

VERSCHIEDENES

Foto: ASP

Foto: S. Krause

Foto: M. Heintz

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Kühler Herbst mit heißem FöhnWKS-Witterungsreport: Kein »Altweibersommer« im September, dafür ein»Goldener Oktober« mit Schönheitsfehlern

Lothar Zimmermann und Stephan Raspe

Mit dem September kehrte Ruhe ins Witterungsgeschehen ein. Nach den heftigen Regenfällen im August blieb es im Septemberfast überall niederschlagsarm und kälter als im langjährigen Mittel. Der Oktober war kühl und es regnete weniger als sonst, dafür schien häufig die Sonne.

Als sei es die Entschädigung für einen total verregneten Au-gust und einen zu kühlen September, stellte sich das Wetterpünktlich zum Oktoberbeginn auf eine »goldene« Oktoberwet-terlage um. Allerdings war es ein »Goldener Oktober« mit ei-nigen Schönheitsfehlern.

»Stabil unbeständiger« September

Im Gegensatz zum Jahr 2009, das uns mit einem schönen »Alt-weibersommer« verwöhnte, blieb es im Herbst 2010 um eini-ges kühler. Die mittleren Tagestemperaturen in den erstenzehn Septembertagen lagen bei 10,0 °C, im Jahr 2009 wurdennoch 13,5 °C erreicht. Dafür regnete es diesen September vie-lerorts weniger als üblich. Sonniges Spätsommerwetter mitmittleren Maximaltemperaturen um 20 °C hielt sich immernur wenige Tage, wie um den 12. und den 24. September.

NiederschlagMittlere Abweichung allerWKS zum Mittel 1961–1990

– 21 %

September

Oktober

Positive Abweichung

Negative AbweichungKürzel für die Waldklimastationen(siehe Tabelle)

– 35 %

SON

TemperaturMittlere Abweichung allerWKS zum Mittel 1961–1990

September

Oktober

– 2,2°C – 1,8°C

Abbildung 1: Kampf der Jahreszeiten; Blick vom winterlichen Wendelstein in das noch schneefreie Leitzachtal

Foto: C. Hinz

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LWF aktuell 80/2011

druckzone sorgte für sonniges Wetter und die Böden konn-ten abtrocknen. Sie führte aber auch nach Strahlungsnächten,beispielsweise im Donautal, zu Nebel und zum ersten nächt-lichen Luftfrost (WKS Altdorf 19.9. 6 Uhr MEZ: –1,6 °C).Nach dem kalendarischen Herbstanfang, der Tag- und Nacht-gleiche am 23.September, werden zwar die Nächte länger, aberder Hochdruck ließ auch den Altweibersommer noch einmalkurz aufleben mit einer Spitzentemperatur an der Waldklima-station (WKS) Altötting von fast 24 °C. Vom Atlantik schwenk-te dann ein Tiefdruckkomplex herein, der viele Wolken mitRegen und teils für die Jahreszeit ungewöhnlich kräftige Ge-witter mitbrachte, in der Folge kühlte es deutlich ab. Die küh-le Witterung begünstigte den Fortschritt der Blattverfärbungund die bunten Herbstboten waren bald nicht mehr zu über-sehen.

Insgesamt war der ganze Monat deutlich zu kühl (–2,2Grad) und sommerliche Temperaturen herrschten nur an we-nigen Tagen. Im Norden war die negative Abweichung höherals im Süden. Spitzenreiter war die WKS Altdorf mit –3,6Grad unter dem langjährigen Mittel, die geringste Abweichungmit –1,4 Grad wurde an den WKS Mitterfels im VorderenBayerischen Wald und im Alpenbereich an der WKS Berch-tesgaden gemessen. Dafür war der September aber mit einemViertel weniger Regen als normal vergleichsweise trocken.Richtung Alpen nahm diesmal die negative Abweichung zu,die höchsten Werte um –50 Prozent wurden an den Waldkli-mastationen Altötting und Sonthofen erreicht. Die Sonnen-

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Mittlere Lufttemperatur und Niederschlagssumme an den Waldklimastationen sowie der Wetterstation Taferlruck

Klimastation Höhe September Oktober

m ü. NN Temp °C NS l/m2 Temp °C NS l/m2

Altdorf (ALT) 406 9,4 52 5,5 34

Altötting (AOE) 415 11,2 39 6,2 41

Bad Brückenau (BBR) 812 8,8 59 5,6 45

Berchtesgaden (BER) 1500 8,1 109 5,2 117

Dinkelsbühl (DIN) 468 9,7 37 5,4 37

Ebersberg (EBE) 540 10,5 56 6,1 33

Flossenbürg (FLO) 840 9,1 66 4,6 31

Freising (FRE) 508 10,8 64 6,2 32

Goldkronach (GOL) 800 7,6 53 3,2 14

Kreuth (KRE) 1100 9,1 94 6,0 110

Mitterfels (MIT) 1025 8,7 76 5,3 28

Riedenburg (RIE) 475 10,2 41 6,1 26

Rothenkirchen (ROK) 670 9,2 59 4,7 31

Rothenbuch (ROT) 470 8,9 68 4,9 48

Sonthofen (SON) 1170 9,3 88 6,0 115

Taferlruck (TAF) 770 8,3 49 4,3 25

Würzburg (WUE) 330 11,7 50 7,6 24

Die WKS Landau und Zusmarshausen wurden zum 31.12.2009 beendet.

Wie der Föhn entsteht

Als Föhn wird in Bayern meist ein warm-trockener Fallwindauf der Alpennordseite bezeichnet, der bis in das Alpenvor-land hineinreicht. Verbunden ist er mit deutlichen Tempera-turerhöhungen von zehn bis 20 Grad sowie trockener, extremklarer Luft und hervorragender Fernsicht. Antrieb ist einHochdruckgebiet südöstlich der Alpen und ein Tief über West-europa, die in dieser Kombination eine Luftmassenströmungüber die Alpen erzwingen. Bei der Hebung der Luftmassen aufder Alpensüdseite kühlt sich die feuchte Luft auf Grund desmit der Höhe abnehmenden Temperaturgradienten ab. Diesführt zur Kondensation und in der Folge zum Abregnen aufder Südseite. Solange noch keine Kondensation stattfindet, be-trägt die Temperaturabnahme ein Grad pro 100 Höhenmeter.Sobald zusätzliche Kondensationswärme frei wird, fällt dieTemperatur nur noch um 0,65 Grad pro 100 Meter. Nach Über-strömen des Hauptkammes sinkt die nun trockene Luft wie-der herab und wird dabei um ein Grad pro 100 Meter erwärmt.Deshalb steigt die Lufttemperatur deutlich, die Wolken lösensich auf. Besonders charakteristisch für Föhn ist eine Wolken-bank, die sich über dem Gebirgskamm bildet und als »Föhn-mauer« bezeichnet wird. Bei stärkeren Druckgegensätzen erreicht die Strömung auf den Bergspitzen bisweilen Orkan-stärke, dann spricht man von Föhnsturm. Bei Föhn bildensich manchmal in Lee in einiger Entfernung und parallel zumGebirgskamm schmale, linsenförmige Wolken, die im Volks-mund »Föhnfische« genannt werden und zum Wolkentyp »Altocumulus lenticularis« gezählt werden.

Es bilden sich Wolken,Schnee und Regen fällt

Föhnmauer

Die Wolken lösen sich auf

Alpen

Süden Norden

Trockene Luft sinkt ab

Feuc

hte

Luftm

asse

n ste

igen

auf

22 °C16 °C

– 10 °C

Quelle: DWD-Witterungsexpress Oktober 2010; verändert

Bei vergleichsweise kühlen Temperaturen wechselten sich inregelmäßiger Folge freundliche und unbeständige Tage ab.Diese Witterungsperiode wurde als »stabile Unbeständigkeit«bezeichnet. Zur Monatsmitte steuerte ein Tief über Skandina-vien eine Kaltfront über Deutschland hinweg bis in den Sü-den hinein, die auch dort Niederschläge mit sich brachte.Doch nach viel Tiefdruck kommt irgendwann mal auch wieder Hochdruck. Er sorgte dafür, dass eine hochwasser-trächtige Vb-Wetterlage, in der typischerweise warm-feuchteLuftmassen ostwärts um die Alpen ziehen, ausblieb. Die Hoch-

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LWF aktuell 80/2011

Der Oktober war 1,8 Grad kälter als im langjährigen Mittel.Die stärkste Abweichung trat im Norden an der WKS Gold-kronach auf (–3,1 Grad), aber auch im Süden wurden größe-re Abweichungen ermittelt (WKS Kreuth –2,6 Grad). Insge-samt war die regionale Differenzierung jedoch eher gering. ImMittel aller Waldklimastationen gab es schon fast elf Frostta-ge, an den Waldklimastationen Dinkelsbühl und Goldkronachwurden sogar 16 Tage mit einem Minimum der Lufttempera-tur unter dem Gefrierpunkt gemessen. Mit 35 Prozent weni-ger Regen war es im Oktober deutlich niederschlagsärmer alsim langjährigen Mittel. Die östlichen Stationen, im Bayeri-schen Wald (WKS Mitterfels, Wetterstation Taferlruck jeweils–70 %) aber auch die WKS Goldkronach im Fichtelgebirge(–82 %), zeigten dabei die deutlichsten Abweichungen. Dafürgab es bei der Sonnenscheindauer mit 125 Stunden ein leich-tes Plus (+6 %), die Sonne verwöhnte besonders die Unterfran-ken mit einem Plus von 25 bis 50 Prozent. Nachdem das Jahr2010 wegen des strengen und langen Winters, der vielen Nie-derschläge und der wenigen Sonne in den Monaten Augustund September für den Wein eher schwierig war, machte derOktober wenigstens zur Weinlese seinem Beinamen »Wein-monat« alle Ehre.

Dr. Lothar Zimmermann und Dr. Stephan Raspe sind Mitarbeiterim Sachgebiet »Klima und Wasserschutz« der Bayerischen Landes-anstalt für Wald und [email protected], [email protected]

scheindauer war mit 151 Sonnenstunden eher durchschnitt-lich (–6 %), und wenn sich wie im Donautal die Nebelfelderlänger halten konnten, schien die Sonne deutlich weniger.

»Goldener Oktober« mit Föhnsturm

Nachdem der September zum Ausklang noch einmal kühl- regnerisch war, brachte sich der Oktober 2010 »golden« in Er-innerung. Ruhiges Herbstwetter mit oftmals trockenen undsonnigen Abschnitten prägte den Monat.

Zu Beginn des Oktobers blockierte ein kräftiges Hoch überOsteuropa und Skandinavien die West-Ost-Zugbahn der atlan-tischen Tiefdruckgebiete. Außerdem setzte mit einer südlichenStrömung die Zufuhr milder Luftmassen ein, die nochmals ört-lich für sommerliche Temperaturen sorgten. Zum Jubiläums-tag der deutschen Einheit entschädigte uns eine mittlere Ma-ximaltemperatur von 17,3 °C an den Waldklimastationen,mithin die höchsten Temperaturen des Monats. Die kräftigesüdliche Strömung sorgte in den Alpen für einen Föhnsturm,der auf der Zugspitze Orkanstärke erreichte, aber an den tie-fer gelegenen Waldklimastationen nur als stärkerer Wind re-gistriert wurde. Die Hochdruck-Wetterlage ist für Anfang Ok-tober nicht ungewöhnlich, in dieser Zeit kommen trockeneund milde Herbsttage häufig vor. Der »Goldene Oktober« isteiner der markantesten wiederkehrenden Witterungsabschnit-te (Wettersingularitäten). Doch nicht überall war das Wetterimmer so »golden«. In den jetzt schon langen Nächten kühlteder Boden stark aus, die ersten Bodenfröste waren die Folge.Die nächtliche Auskühlung war aber auch dafür verantwort-lich, dass sich größere Nebel- und Hochnebelfelder bildeten.Da die Sonne tagsüber schon recht tief steht, hat sie nichtmehr die Energie, die Nebelfelder vollständig aufzulösen, so-dass sie sich oft recht zäh hielten. Bis zur Monatsmitte bliebes weitgehend niederschlagsfrei. Dann stellte sich die Wetter-lage auf nördliche Richtungen um. Es wurde kühler und reg-nerisch, der »Goldene Oktober« fand sein Ende. In Gebietenoberhalb von 800 Metern ü. NN gab es kurzfristig eine Schnee-decke, unterhalb die ersten Schneeregen. Am 20. Oktober mel-dete die in der Nähe der WKS Sonthofen gelegene DWD-Sta-tion Oy-Mittelberg im Allgäu eine 13 Zentimeter hoheSchneedecke. In den letzten zehn Oktobertagen wurde es wie-der trockener und wärmer. Zum Monatsende stürmte nocheinmal ein Föhn über den Alpenraum, der auf den Berggip-feln, z. B. auf der Zugspitze, Orkanstärke erreichte.

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Die EU fördert die Messungen an den Waldklima-stationen seit dem 1. Januar 2009 im Rahmen desLife+ Projektes FutMon.

Holz ist erneuerbare Energie, die beinachhaltiger Forstwirtschaft immer zurVerfügung steht, Kaminöfen liefern ge-mütliche Wärme mit nachwachsenderBiomasse – alles perfekt also?

Jeder kennt die qualmenden Schorn-steine und viele fühlen sich von demRauch beeinträchtigt. Kaminöfen sindwegen ihrer weiten Verbreitung undvielfach auch wegen technischer Mängelund fehlerhafter Bedienung häufig Ur-sache dieser Rauchbelästigungen. Dasmuss jedoch nicht sein. Denn emissions-armes, also rauch- und schadstoffarmes

Heizen mit Holz ist keine Hexerei. Hohe Feuerraumtemperaturund richtige Luftzufuhr sind Voraussetzungen für eine emissi-onsarme Verbrennung. Wie dies erreicht werden kann und wel-che Maßnahmen sonst noch wichtig sind für eine saubere Ver-brennung von Scheitholz und Holzbriketts zeigt die Broschüre»Heizen mit Holz in Kaminöfen«. red

Die 25-seitige Broschüre des Bayerischen Landesamtes fürUmwelt kann kostenlos unter http://www.lfu.bayern.de/publikationen/index.htm heruntergeladen werden.

Richtiges Heizen mit Holz

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WALD -WISSENSCHAFT-PRAXIS

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»Herbstruhe« beim BodenwasserIm September und Oktober veränderten sich die Bodenwasservorräte nur wenig

Stephan Raspe und Winfried Grimmeisen

Nach den sehr feuchten Sommermonaten blieben die Wasserspeicher der Waldböden in den Mittelgebirgen auch im Herbst wei-ter randvoll. Grund- und Oberflächenwasser wurden auch weiterhin aus den Waldböden gespeist. Im Flachland nahmen dage-gen die Bodenwasservorräte auf Grund der Transpiration der Waldbäume im September nochmals deutlich ab. Im Oktober setz-te die Vegetationsruhe ein und der Wasserverbrauch vor allem der Laubwälder ging langsam zurück. Nur Nadelwäldertranspirierten auch im November noch.

normal (Zimmermann und Raspe, S. 31–33 in diesem Heft), gingendie Bodenwasservorräte an den Waldklimastationen nur leichtzurück (siehe Grafik).

Randvolle Wasserspeicher im Mittelgebirge

An den Mittelgebirgsstationen, wie z. B. die in der Grafik dar-gestellten Waldklimastationen Flossenbürg und Mitterfels,blieben die Böden auch im Herbst weiter sehr feucht. Im letz-ten Heft berichteten wir davon, dass die Wassergehalte in denWaldböden im Sommer bereits zum Teil über der Feldkapazi-tätsgrenze lagen (Raspe und Grimmeisen 2010). In Flossenbürgund Mitterfels wurde diese Grenze auch in den Herbstmona-ten nicht unterschritten. Bis zur Feldkapazität kann Wasserin den Waldböden gespeichert werden. Wasser, das darüberhinaus im Boden vorhanden ist, ist frei beweglich und kannentweder ins Grundwasser sickern oder die Pegel von Bächenoder Flüssen ansteigen lassen. Es verwundert daher nicht, dasswährend regenfreier Perioden der Wasservorrat der Bödenoberhalb der Feldkapazitätsgrenze an den Waldklimastatio-nen in den Mittelgebirgen relativ rasch reagierte. Dabei spiel-te es auch keine Rolle, ob die Bäume noch belaubt waren oderder herbstliche Blattfall bereits eingesetzt hatte, wie beispiels-weise im Oktober an der WKS Mitterfels. Nur im Fichten -bestand an der WKS Flossenbürg kam zu der schwerkraft -getriebenen Wasserabnahme des Bodenwasserspeichers dieTranspiration der Bäume noch hinzu.

Herbstlicher Rückgang der Transpiration im Laubwald

Im Flachland waren die Böden deutlich trockener als in denMittelgebirgen. In der Münchener Schotterebene (WKS Ebers-berg) und im Tertiär-Hügelland (WKS Freising) gingen die Bo-denwasservorräte im September deutlich unter die Feldkapa-zität zurück. Dafür dürfte vor allem die Transpiration derBäume verantwortlich sein, da mit abnehmendem Wasservor-rat im Boden auch die Bedeutung der schwerkraftgetriebenenWasserbewegung abnimmt. Auch die fast doppelt so hohe Ab-nahme der Bodenfeuchte im September unter den Fichten an

Ab September neigt sich die forstliche Vegetationszeit langsamdem Ende zu. Der Wasserbedarf vor allem der Laubbäumenimmt ab. Deshalb wirken sich auch längere niederschlags-freie Perioden nicht mehr so stark auf den Bodenwasservor-rat aus wie etwa im Frühjahr oder gar im Sommer. Genau dieser Effekt war auch in diesem Herbst an den Waldklima-stationen (WKS) zu beobachten. Obwohl im September undvor allem im Oktober deutlich weniger Niederschlag fiel als

Bayerns Wäldern geht es wieder besser. Sie leiden nicht mehr unter den Folgen des extrem heißen und trockenen Jahrhun-dertsommers 2003. So ist der durchschnittliche Nadel- und Blatt-verlust im Jahr 2010 im Vergleich zum Vorjahr um 0,7 Prozent-punkte auf 20,1 Prozent zurück gegangen und liegt damiterstmals wieder auf dem Niveau der Jahre vor 2003. Der Anteildeutlich geschädigter Bäume, die mehr als ein Viertel ihrer Blät-ter oder Nadeln verloren haben, ist um 1,6 Prozentpunkte auf27,4 Prozent gesunken. Vor allem die Buchen, deren starkeFruchtbildung im Jahr 2009 für eine geringe Belaubung gesorgthatte, sind gesünder. Der durchschnittliche Blattverlust ging heu-er um 2,4 Prozentpunkte auf 24,6 Prozent zurück, der Anteildeutlicher Schäden um elf auf 40,1 Prozent.

Anlass zur Sorge gibt dagegen die Eiche. Der durchschnittli-che Blattverlust ist um 4,6 Prozentpunkte auf 34 Prozent, derAnteil deutlicher Schäden um 12,6 auf fast 71 Prozent gestiegen.Grund für diesen Anstieg sind vor allem der massive und vielfachgleichzeitige Befall durch Insekten und Pilze wie Eichenwickler,Eichenprozessionsspinner und Mehltau. Forstminister Brunnerhat die Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaftbeauftragt, die Gründe für die Anfälligkeit der Eichen zu klären.

Die Ergebnisse basieren auf einer Untersuchung der Baum-kronen: Auf Basis eines Rasters von 16 x 16 Kilometern und ei-nes von 8 x 8 Kilometern (bei Eiche und Tanne) waren dazu imSommer 2010 an bayernweit 154 Inventurpunkten insgesamtrund 2.600 Bäume erfasst worden. Die kompletten Ergebnisseder Erhebung 2010 finden sich im Internet unterwww.forst.bayern.de. red

Bayerns Wälder erholen sich

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WALD -WISSENSCHAFT-PRAXIS

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Waldklimastation Ebersberg, Fichte

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Waldklimastation Mitterfels, Buche

Nov DezJan Feb Mär Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt

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Waldklimastation Flossenbürg, Fichte

Nov DezJan Feb Mär Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt

Wasservorrat im Gesamtboden

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Waldklimastation Freising, Buche/Eiche

Nov DezJan Feb Mär Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt

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150

Wertebereich 2000 – 200820102009

der WKS Ebersberg (40 l/m²) im Vergleich zum Buchenbe-stand an der WKS Freising (25 l/m²) spricht für diese Vermu-tung. Ende September stieg dann der Wasservorrat an beidenWaldklimastationen nach heftigen Niederschlägen rasch anund sank dann im Oktober wieder langsam ab. Der trotz dergeringen Niederschläge im Oktober nur noch schwache Rück-gang der Bodenfeuchte spiegelt deutlich die beginnende Vege-tationsruhe wieder. Bei den Buchen in Freising setzte zu die-ser Zeit die Herbstverfärbung ein. Ab Mitte des Monats gingdie Transpiration der Bäume vollständig zurück, so dass derWasservorrat im Boden kontinuierlich wieder anstieg. Der im-mergrüne Fichtenwald an der WKS Ebersberg entnahm dage-gen auch später im Oktober und noch im November weiterWasser aus dem Boden, um seinen Transpirationsbedarf zudecken. Deshalb sank der Bodenwasservorrat bis in die zwei-te Oktoberhälfte und nach einer kurzen Auffüllphase auch imNovember weiter ab. Zu einem Engpass in der Wasserversor-gung der Bestände kam es jedoch zu keiner Zeit.

Literatur

Raspe, S.; Grimmeisen, W. (2010): Sommer 2010: Wasser »satt« in Bay-erns Waldböden. LWF aktuell 79, S. 40–41

Dr. Stephan Raspe und Winfried Grimmeisen sind Mitarbeiter imSachgebiet »Klima und Wasserschutz« der Bayerischen Landesan-stalt für Wald und [email protected],[email protected]

Die EU fördert die Bodenfeuchtemessungen an denWaldklimastationen seit dem 1. Januar 2009 imRahmen des Life+ Projektes FutMon.

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WALD -WISSENSCHAFT-PRAXIS

LWF aktuell 80/201136

Wenn Wälder auf dem Trockenen sitzenLeistungsfähige Rechenmodelle beschreiben zukünftige Wasserhaushaltssituationen

Lothar Zimmermann

Regionale Klimaszenarien sagen neben einer Zunahme der Temperatur auch eine jahreszeitliche Umverteilung des Niederschlagsvom Sommer in den Winter voraus. Die Grundwasserneubildung kann zwar ansteigen, aber auch längere und stärkere Periodenmit Trockenstress im Sommer sind möglich. Moderne Wasserhaushaltsmodelle geben erste Antworten für die ferne Zukunft.

Der Wasserhaushalt steuert entscheidend die Vitalität und dasWachstum von Wäldern. Der Klimawandel mit seiner Tempe-raturzunahme und seinen Änderungen in der jahreszeitlichenVerteilung der Niederschläge wird den Wasserhaushalt in derZukunft verändern. Damit werden Wald und Forstwirtschaftmit Umweltfaktoren konfrontiert, die es in der Vergangenheitzum Teil noch nicht gab. Eine wesentliche Anpassungsmaß-nahme liegt auf Grund der langen Wachstumszyklen in derWahl der geeigneten Baumarten, da Klima und Boden als wei-tere bestimmende Faktoren des Wasserhaushalts nicht beein-flusst werden können.

Regionale Klimaszenarien erlauben die Übertragung mög-licher, zukünftiger Klimate aus den globalen Klimamodellenin lokale Modelle, wie sie in der Klimafolgenforschung ver-wendet werden. Der Standortswasserhaushalt von Wäldernwird heute mit Hilfe physikalisch basierter Modelle beschrie-ben. Diese Modelle »übersetzen« die Witterung in den Was-serhaushalt von Wäldern. Dies ist weit weniger aufwendig alsdie Bodenfeuchte oder die Verdunstung im Wald direkt zumessen. Der Vorteil solcher Modelle liegt auch darin, bishernoch nie beobachtete meteorologische Zeitreihen in Boden-feuchte und Transpirationsströme zu übertragen, wie sie even-tuell künftig auftreten können.

Standorte und Modell

Aus dem Messnetz der Waldklimastationen (WKS) desforstlichen Umweltmonitorings wurden exemplarisch zweiStandorte mit deutlich unterschiedlichen klimatischenBedingungen ausgewählt. Die nordbayerische WKS Würzburgist ein Standort in der trockensten und wärmsten RegionBayerns (mittlerer Jahresniederschlag 1961–1990: 614 mm/a,mittlere Jahreslufttemperatur: 9,1 °C). Als Kontrast wurde imSüden ein gut wasserversorgter Standort im Tertiärhügelland,die WKS Freising, herangezogen (mittlerer Jahresniederschlag:788 mm/a, mittlere Jahreslufttemperatur: 7,5 °C). BeideStandorte haben schluffig-lehmige Böden (WKS WürzburgBraunerde-Pseudogley auf Unterem Keuper; WKS FreisingBraunerde-Parabraunerde auf quartärem Lößlehm überTertiärsedimenten), unterscheiden sich aber deutlich in ihrernutzbaren Feldkapazität. In Würzburg handelt es sichum einen Standort mit geringer bis mittlerer nutzbarer

Feldkapazität (nFKWe: 148 mm), der Standort in Freisingweist eine hohe Speicherleistung bei geringem Skelettgehaltund tiefer Durchwurzelung bis 1,5 Meter Tiefe auf (nFKWe:233 mm). Der Wasserhaushalt wurde für beide Standorte mitdem Wasserhaushaltsmodell LWF-BROOK90 (Hammel undKennel 2001) mit meteorologischen Zeitreihen des regionalenKlimamodells WETTREG (Spekat et al. 2007) in täglicherAuflösung der nahegelegenen Klimastationen Freising/Weihenstephan bzw. Würzburg für das Ist-Klima 1961 bis1990 sowie ein Zukunftsszenario 2071 bis 2100 gerechnet.

Der statistische Ansatz dieses Klimamodells ermöglicht es,die Unsicherheit der künftigen, möglichen Änderung im Nie-derschlag zu berücksichtigen, weil sowohl eine trockene alsauch eine feuchte Variante für das mittlere Emissionsszenario(SRES A1B) verwendet wird. Im Wasserhaushaltsmodell sindneben detaillierten Angaben zur Bodenphysik auch Informa-tionen zum Bestand (Durchwurzelung, Bestandeshöhe, Be-standesrauigkeit sowie Blattflächenindex) enthalten. Nebender derzeitigen Bestandesvegetation (WKS Würzburg 104-jäh-riger Eichen-Buchenmischbestand mit maximaler Durchwur-zelungstiefe bis 115 cm; WKS Freising 157-jähriger Buchen-Ei-chenmischbestand mit maximaler Durchwurzelung bis 150cm) wurden als weitere Vegetationsvarianten jeweils ein 92-jähriger Fichten- sowie ein 80-jähriger Buchenreinbestand miteiner maximalen Durchwurzelungstiefe von 80 Zentimeterngewählt.

Wesentliche Ausgabegrößen der Wasserhaushaltsmodellie-rung sind Verdunstungskomponenten sowie Bodenwasserge-halte und zahlreiche weitere Fluss- und Zustandsgrößen. ZurCharakterisierung potentiell wirksamer Trockenstressperi-oden wurde die Verdunstungsdifferenz ETdiff (Differenz vonaktueller zu potentieller Transpiration und Bodenevaporation)sowie die Transpirationsdifferenz herangezogen.

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WALD -WISSENSCHAFT-PRAXIS

LWF aktuell 80/2011

In Freising ist beim trockenen Szenario ein deutlicherRückgang der Grundwasserneubildung um mehr als die Hälftebei allen Baumarten zu beobachten, im feuchten Szenariowird eine vergleichbare Höhe wie im derzeitigen Klima 1961bis 1990 erreicht (Abbildung 1). Anders verhält es sich inWürzburg. Dort nimmt im trockenen wie im feuchtenSzenario die Grundwasserneubildung zu, bei Buche und Eichestärker als bei Fichte. Die Verdunstungsdifferenz (ETdiff) alsDifferenz zwischen potentieller und aktueller Transpirationund Bodenevaporation steigt in den Szenarien stark, inWürzburg liegt sie doppelt so hoch wie in Freising. DieHäufigkeit von Jahren mit hoher Transpirationsdifferenzsteigert sich beträchtlich, besonders deutlich an der WKSWürzburg. Im Gegensatz zum Jahrhundertsommer 2003werden dort für einen zukünftigen Extremsommer einfrüherer Beginn und eine deutlich längere Dauer hoherTranspirationsdifferenzen vorhergesagt (Abbildung 2).

Die Grundwasserneubildung profitiert von der deutlichenNiederschlagsumverteilung in Würzburg, der Trockenstressim Sommer dagegen wächst. Bei beiden Standorten tritt dasbessere Abschneiden bei den Verdunstungsdifferenzen derBuche und Eiche gegenüber Fichte zutage, dies wird amtrocken-warmen Standort Würzburg besonders deutlich.

Literatur

Im Internet unter www.lwf.bayern.de

Dr. Lothar Zimmermann ist Mitarbeiter im Sachgebiet »Klima undWasserschutz« der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forst-wirtschaft. [email protected]

Mehr Trockenstress trotz mehr Grundwasser

Beim Jahresniederschlag zeigten sich zwischen den beidenNiederschlagsvarianten »feucht« und »trocken« Unterschiede.In Würzburg nahm in der feuchten Zukunftsvariante der Nie-derschlag um 13 Prozent zu, in Freising nur um zwei Prozent.Bei der trockenen Variante stieg der Niederschlag in Würz-burg um sechs Prozent an bzw. nahm in Freising um elf Pro-zent ab. Wie bei anderen Emissionsszenarien zeigt sich zusätz-lich auch eine Niederschlagsverschiebung vom Sommer- insWinterhalbjahr. Sie wird besonders stark in Würzburg ausfal-len, dort werden künftig zwei Drittel des Jahresniederschlagsim Winter fallen (Tabelle 1).

In Freising stieg die Gesamtverdunstung in den Szenarienbei allen Vegetationsvarianten gegenüber dem Ist-Klima an, inWürzburg dagegen ging sie beim trockenen Szenario zurück.

37

Ort Zeitreihe Quelle NS Winter(Okt–Apr) [%]

Freising 1961–1990 DWD1 43

Freising 1961–1990 Ist-Klima2 49

Freising 2071–2100 A1B-trocken2 58

Freising 2071–2100 A1B-feucht2 58

Würzburg 1961–1990 DWD1 54

Würzburg 1961–1990 Ist-Klima2 56

Würzburg 2071–2100 A1B-trocken2 67

Würzburg 2071–2100 A1B-feucht2 67

Mittlere jährliche Grundwasserneubildung250

200

150

100

50

0Buche

(150 cm)Buche

(80 cm)

Freising Würzburg

Fichte(80 cm)

Eiche(115 cm)

Buche(80 cm)

Fichte(80 cm)

Gru

nd

was

sern

eub

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ng

[mm

/a]

1961–90 (Referenz Ist-Klima) Szenario trocken Szenario feucht

Abbildung 1: Mittlere jährliche Grundwasserneubildung fürBaumarten- und Niederschlagsvarianten (WETTREG SRES A1B,2071–2100 zu 1961–1990)

Tabelle 1: Anteil des Winterniederschlags am Jahresnieder-schlag für die WKS Freising und Würzburg (WETTREG A1B trocken und feucht, 2071–2100 zu Ist-Klima 1961–1990)

Transpirationsdifferenzen im Jahresverlauf7

6

5

4

3

2

1

0

26/0

3

09/0

4

23/0

4

07/0

5

21/0

5

04/0

6

18/0

6

02/0

7

16/0

7

30/0

7

13/0

8

27/0

8

10/0

9

24/0

9

08/1

0

22/1

0

05/1

1

19/1

1

Tägl

ich

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sdif

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[mm

/d]

Extremjahr aus A1B 2071-2100 trocken Trockenjahr 2003

Abbildung 2: Transpirationsdifferenzen im Jahresverlauf 2003sowie eines Extremjahres aus dem trockenen Szenario A1B(2071–2100) an der WKS Würzburg für Fichte mit maximalerDurchwurzelung bis 80 cm Bodentiefe (aus Zimmermann 2009)

1DWD: Deutscher Wetterdienst; 2WETTREG A1B, 2071–2100

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LWF aktuell 80/201138

Stürmische Gesellen: Lothar, Kyrill & Co.Zur Problematik, die künftige Entwicklung von Winterstürmen abzuschätzen

Daniel Fröhlich

Über die voraussichtlichen Veränderungen von Lufttemperaturen und Niederschlägen im Zuge des Klimawandels wird viel be-richtet. Aber auch andere wichtige atmosphärische Zustände könnten sich verändern, zum Beispiel die Entstehung von Hoch-und Tiefdruckgebieten und die Druckdifferenzen zwischen ihnen. Dies könnte zahlreichere und verheerendere Stürme zur Fol-ge haben, die ein planvolles Handeln in der Forstwirtschaft konterkarieren würden. Die Auswertung wissenschaftlicher Fach -artikel, die sich mit der Entwicklung des Wind- und Sturmgeschehens in Europa befassen, gibt einen Einblick in die aktuelle wissenschaftliche Diskussion.

gleichzeitigen, räumlichen Luftdruckunterschieden auf dieWindgeschwindigkeiten zu schließen. Solche Datensätze exis-tieren auch als Reanalysedaten. Sie sind an den Gitterpunk-ten zwischen den Messstationen mit Hilfe von Modellen in-terpoliert. Die Maschenweite der Gitterpunkte beträgt 2,5 x2,5 Grad, das entspricht in Bayern Seitenlängen von circa 278auf 184 Kilometern. An diesem Punkt setzen meistens Model-lierungen für die Zukunft unter Verwendung von Klimasze-narien an (siehe Fröhlich et al. 2010). Eine dritte Erhebung be-steht darin, die Schäden der vergangenen Jahrzehnte zubilanzieren, die eindeutig auf Sturmereignisse zurückzufüh-ren sind. Da jede Datenbasis ihre eigenen »Tücken« hat, ist eswichtig, sie mit unterschiedlichen Methoden auszuwerten. Aufdiese Weise wird die Sicherheit der Aussagen erhöht.

Instrumentelle Windmessungen begannen erst in den1950er Jahren. Die Messinstrumente wurden seitdem stets ver-bessert und entsprechend häufig ausgetauscht. Ferner unter-liegt die Landschaft einem steten Wandel, Veränderungen bau-licher Art oder in der Vegetationsstruktur können dieMesswerte beeinflussen. Daher gibt es nur wenige auswert -bare Messreihen über längere Zeiträume (d. h. 50 Jahre odermehr). Aus diesem Grund ist der »Umweg« über Luftdruck -unterschiede sehr nützlich, da sich hier die Messtechnik kaumgeändert hat und dementsprechend Messungen über langeZeiträume vorhanden sind. Allerdings ist die Datenlage überden Ozeanen sehr dünn, da auf dem Wasser keine festen Sta-tionen existieren, sondern nur Schiffe und Bojen. Auch beiden Reanalysedaten, die dieses Manko mit Rechenmodellenausgleichen, ist die Gitterweite noch so groß, dass kleinereDruckgebiete leicht »übersehen« werden können (Klawa 2001).Eine retrospektive Bilanzierung von z. B. Windschäden imForst als dritte Möglichkeit erfasst nicht nur das eigentlicheKlimasignal. Bei ihrer Interpretation müssen die Vorratsent-wicklung in den Wäldern bzw. die Marktsituation und derHolzabsatz oder die waldbaulichen Vorlieben berücksichtigwerden.

Stürme sind eine ernst zu nehmende Gefahr für die Forstwirt-schaft in Europa. In den letzten beiden Jahrzehnten tratenhäufiger schwere Stürme auf, die starke Schäden in den Wäl-dern verursachten (Abbildung 1). Gut in Erinnerung geblie-ben sind die Stürme Vivian und Wiebke (1990), Lothar (1999),Kyrill (2007) und Martin (2009). In den 1970er Jahren warennur wenige starke Stürme zu verzeichnen, seit den 1990er Jah-ren nahmen sie wieder zu und stellen sich als scheinbare Zeu-gen des Klimawandels dar.

Hintergründe zu Daten und Methoden

Aussagen zur Windklimatologie können auf verschiedenenDatengrundlagen beruhen. Am naheliegendsten ist es, dieMessreihen von Klimastationen über die Zeit aufzutragen undzu sehen, ob ein Trend daraus abzulesen ist. Eine weitere Mög-lichkeit besteht darin, aus Luftdruckmessungen und den

Abbildung 1: Ein vom Sturmtief Kyrill am 18./19. Januar 2007 geworfener Bestand im Bayerischen Wald

Foto: D. Fröhlich

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LWF aktuell 80/2011

Womit ist für bayerische Wälder zu rechnen?

Auf ein vergleichsweise sturmarmes Intervall folgten in denletzten beiden Jahrzehnten zahlreiche starke Stürme. Eine wei-tere wesentliche Steigerung in Häufigkeit und Intensität derWinterstürme gegenüber dem Zeitabschnitt 1990 bis 2010 er-warten die Spezialisten der meteorologischen Fachgebiete der-zeit weniger (Tabelle 1). Daher soll der Schadholzanfall, wieihn für den Zeitraum um die Jahrtausendwende Majunke et al.(2008) zusammengestellt hatten, als Grundlage für die Ab-schätzung eines in den nächsten Jahren zu erwartendenSchadholzanfalls dienen. Zwischen 1993 und 2007 verursach-ten Stürme in Deutschland 90,5 Millionen Kubikmeter Schad-holz. Bezogen auf den Zeitraum bedeutet dies, es wäre mit ei-nem Sturmholzanfall von sechs Millionen Kubikmetern proJahr zu rechnen. Dabei ist allerdings zu beachten, dass sichzwei einzelne Ereignisse mit einem jeweiligen Schadholzan-fall von über 30 Millionen Kubikmetern besonders stark aus-gewirkt haben. An den beiden großen Ereignissen (Lothar undKyrill) war Bayern mit 13 bzw. 11 Prozent am bundesweitenSturmholzaufkommen beteiligt. In Festmetern ausgedrücktlag das Schadholzaufkommen bei vier Millionen (www.forst-bayern.de) und entspricht fast einem Viertel des jährlichenHolzeinschlags in Bayern. Dies sind die Größenordnungen,mit denen im zehnjährigen Rhythmus gerechnet werden muss.Darüber hinaus besteht die Gefahr, dass ein Ereignis Bayernaußergewöhnlich stark trifft wie beispielsweise im Frühjahr1990 Vivian und Wiebke – 23 Millionen Kubikmeter Schad-holz allein in Bayern.

Nachdem sich Sturmintensität und Sturmhäufigkeit nichtsteuern lassen und in dieser Hinsicht auch keine Entwarnungzu den Verhältnissen der letzten Jahre gegeben werden kann,sind die genannten Zahlen nur anhand einer Gefährdungs -abschätzung und darauf aufbauenden waldbaulichen Anpas-sungen zu beeinflussen. Daran wird an der Bayerischen Lan-desanstalt für Wald und Forstwirtschaft aktuell im Rahmendes Klimaprogramms 2020 gearbeitet. In Zukunft könntenverbesserte Ausgangsdaten wie zum Beispiel eine konsequen-te Dokumentation von Sturmschäden oder die Erfassung mitt-lerer Bestandesoberhöhen, deren flächige Aufnahme mittelsLIDAR-Messungen (LIDAR = Light detection and ranging)möglich wäre, die Aussagekraft solcher Gefahrenmodelle wei-ter erhöhen.

Ergebnisse der Literaturrecherche

Da jede Methode ihre Vor- und Nachteile hat, sind alle vorge-stellten Verfahren berücksichtigt, ohne einen Anspruch aufVollständigkeit zu erheben. Tabelle 1 zeigt eine Literaturaus-wahl zur Entwicklung der Häufigkeit von Stürmen im vergan-genen Jahrhundert bzw. zu Hochrechnungen ihres zukünfti-gen Auftretens. In der Tabelle erscheint das ganze Spektrumvon einer Abnahme der Sturmhäufigkeiten bzw. -intensitätenüber gleichbleibende Verhältnisse bis hin zu einer Zunahme.Die überwiegende Zahl der Autoren geht von einem, bezogenauf die letzten beiden Jahrzehnte, gleichbleibenden Niveauaus. Die Sturmentwicklung über dem Nordatlantik korrespon-diert mit den Druckunterschieden zwischen Azorenhoch undIslandtief (Seierstad et al. 2009; Wang et al. 2009; WASA Group1998) – ein wichtiger Punkt in diesem Zusammenhang. Inwie-fern Temperaturen, Schichtung und Strömungen des Ozeansauf die Luftdruckunterschiede rückwirken, ist nicht abschlie-ßend geklärt. Die Ergebnisse über die zu erwartende Sturm-entwicklung, insbesondere aber die Vorhersagen zum Auftre-ten von Winterstürmen, könnte bei genauerer Kenntnis dieserZusammenhänge verfeinert werden.

39

Literaturstelle/Referenzperiode

Sturmentwicklung Methode

Barredo (1970–2008) unverändert 4

Beersma (1955–1993) unsicher 3

Bengtsson (32 Jahre) unverändert 3,2,5*

Bjil (1843–1992) unverändert 1

WASA Group (1961–1987) unverändert 1,2

Donat (1961–2000) zunehmend 3*

Fischer-Bruns (1851–1990) unsicher 2

Gulev (1949–1993) unverändert 4

Majunke (1920–2007) zunehmend 4

Plochmann (1750–1950) unsicher 4

Pinto (1860–2000) zunehmend 3,5*

Rauthe (1971–2050) unverändert 3

Schmith (1875–1995) unsicher 1

Seierstad (2081–2099) abnehmend 5*

Smits (1965–2002) abnehmend 2

Wang (1874–2007) unsicher 1

Weisse (1958–2001) unsicher 3

* u.a. unter dem Szenario A1B; 1 Luftrduckmessungen; 2 Windmessungen; 3 Reanalysedaten; 4 Bilanzierung von Schäden; 5 Zukunftsszenarien

Tabelle 1: Auswertung einer Literaturrecherche mit Angabenzu Sturmentwicklung und Arbeitsmethoden

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LWF aktuell 80/2011

Donat, M.G; Leckebusch, G.C.; Pinto, J. G.; Ulbrich, U. (2010): Europe-an storminess and associated circulation weather types: future changesdeduced from a multi-model ensemble of GCM simulations. Climate Research 42, S. 27–43

Fischer-Bruns, I; v. Storch, H.; Gonzáles-Rouco, F.; Zorita, E. (2005):Mo-delling the variability of mitlatitude storm activity on decadal to centu-ry time scales. Climate Dynamics 25, S. 461–476

Fröhlich, D.; Zimmermann, L.; Schulz, C. (2010):Klimawandelforschung:Nostradamismus, Futurologie und Wissenschaft. LWF aktuell 77,S. 38–42

Gulev, K.S.; Hasse, L. (1999): Changes of wind waves in the North Atlan-tic over the last 30 years. International Journal of Climatology 19,S. 1.091–1.117

Klawa, M. (2001): Extreme Sturmereignisse in Deutschland: Entwick-lung, Zusammenhang mit der Nordatlantischen Oszillation und Auswir-kungen auf die Versicherungswirtschaft. Dissertation Universität zuKöln

Majunke C.; Matz, S.; Müller, M. (2008): Sturmschäden in DeutschlandsWäldern von 1920 bis 2007. AFZ/Der Wald 7, S. 380–381

Plochmann R.; Hieke C. (1986): Schadereignisse in den Wäldern Bay-erns - Eine Zusammenstellung der forstlichen Literatur seit Beginn des18. Jahrhunderts. Forstliche Forschungsberichte München, Nr. 71

Pinto, J.G.; Froehlich, E.L.; Leckebusch, G.C.; Ulbrich, U. (2007):Changing European storm loss otentials under modified climate condi-tions according to ensemble simulations of the ECHAM5/MPI-OM1GCM. Natural Hazards and Earth System Sciences 7 (1), S. 165–175

Rauthe, M.; Kunz, M.; Kottmeier, C. (2010): Changes in wind gust ex-tremes over Central Europe derived from a small ensemble of high reso-lution regional climate models. Meteorologische Zeitschrift 19 (3),S. 299–312

Schmith, T.; Kaas, E.; Li, T.S. (1998): Northeast Atlantic winter stormi-ness 1875-1995 re-analysed. Climate Dynamics 14, S. 529–536

Seierstad, I.A.; Bader, J. (2009): Impact of a projected future Arctic SeaIce reduction on extratropical storminess and the NAO. Climate Dyna -mics 33, S. 937–943

Smits, A.; Klein Tank, A.M.G.; Können, G.P. (2005): Trends in stormi-ness over the Netherlands 1962-2002. International Journal of Clima-tology 25, S. 1.331–1.344

The WASA (Waves and Storms in the North Atlantic) Group (1998):Chaning Waves and Storms in the Northeast Atlantic? Bulletin of theAmerican Meteorological Society 79 (5), S. 741–760

Wang, X. L.; Zwiers, F.; Swail, V.R.; Feng, Y. (2009): Trends and variabi-lity of storminess in the Northeast Atlantic region 1874–2007. ClimateDynamics 33, S. 1.179–1.195

Weisse, R.; v. Storch, H.; Feser, F. (2005):North East Atlantik and NorthSea storminess as simulated by a regional climate model during 1958-2001 and comparison with observations. American Meterological Soci-ety 18, S. 465–479

Dr. Daniel Fröhlich bearbeitet das Projekt Bereitstellung aktuellerund zukünftiger klimatischer Flächendaten zur Charakterisierungder forstlichen Standorte heute und in Zukunft in Bayern. Er ist Mitarbeiter im Sachgebiet »Klima und Wasserschutz« der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft im Zentrum Wald-Forst-Holz [email protected]

Literatur

Barredo, J.I. (2010): No upward trend in normalized wind storm lossesin Europe: 1970-2008.Natural Hazards and Earth System Sciences 10,S. 97–104

Beersma, J.J.; Rider, K.M.; Komen, G.J.; Kaas, E.; Kahrin, V.V. (1997): Ananalysis of extra-tropical storms in the North Atlantic region as simula-ted in a control and 2xCO2 time-slice experiment with a high-resolutionatmospheric model. Tellus 49A, S. 347–361

Bengtsson, L.; Hodges, K.; Keenlyside, N. (2009): Will extratropicalstorms intensify in a warmer climate? Journal of Climate 22 (9),S. 2.276–2.301

Bijl, W.; Flather, R.; de Ronde, J.G.; Schmith, T. (1999): Changing stor-miness? An analysis of long-term sea level data sets. Climate Research11, S. 161–172

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Wenig Zeit und hohe Mobilität bei gleichzeitigem Zwang, einewachsende Informationsfülle bewältigen zu müssen, sind heuteein generelles Dilemma in der Arbeitswelt. Auch Förster undWaldbesitzer verbringen deutlich mehr Zeit im Auto als mit demLesen von Fachartikeln. Was liegt näher, als solche »unprodukti-ven« Zeiten zur Aufnahme von Informationen zu nutzen. Ein Pro-jekt am Zentrum Wald-Horst-Holz macht unter dem Titel »Forst-cast« das vor allem in Hörfunkmedien gängige Format derPodcasts auch für Fachinformationen aus Wald und Forst nutzbar.

Podcasts sind Hör-Dateien, die aus dem Internet herunterge-laden und dann auf jedem gängigen MP3-Player abgespielt wer-den können. Die Bayerische Landesanstalt für Wald und Forst-wirtschaft (LWF) sieht in forstlichen Podcasts einen weiterenWeg, Wissen über Wald und Umwelt an wichtige Zielgruppenheranzubringen.

Auf ihrer Internetseite bietet die LWF Waldwissen in der neu-en, leicht verständlichen Form an. Die Bayerische Forstverwal-tung bedient parallel dazu mit ihrem Podcast-Angebot die brei-tere Öffentlichkeit. Im Jahr 2010 produzierten LWF undForstverwaltung 24 Podcasts für Waldfreunde und Waldexper-ten, die unter www.lwf.bayern.de und www.forst.bayern.de so-wie unter www.forstcast.net im Netz zu finden sind. amereller

Wer nicht lesen will, kann hören – »Forstcasts«

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LWF aktuell 80/2011 41

Mit der Bekanntmachung der Edellaubbaumrichtlinie hat dieBayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF)in zwei Beständen in den Isarauen bei Oberhummel und Ro-senau (Lkrs. Freising) den Versuch WB 3.2 angelegt. Von be-sonderem Interesse waren die Durchmesser- und Kronenent-wicklung sowie die Neigung zur Wasserreiserbildung.

Die erste positive Auslese im Zuge der Einzelbaumlichtungnahm die LWF im mittleren Bestandesalter von 18 Jahren (Ro-senau) bzw. 23 Jahren (Oberhummel) vor. In Rosenau wurden28,54 Vorratsfestmeter pro Hektar (Vfm/ha) und in Oberhum-mel 18,66 Vfm/ha entnommen. Weitere Durchforstungen folg-ten nach sechs und wiederum nach drei Jahren. Die Z-Baum-Zahl der Versuchsflächen beläuft sich im Jahr 2010 auf 79Stück/ha bei einer Gesamtfläche von 0,49 Hektar. Seit der letz-ten Durchforstung sind nun drei Jahre vergangen.

Um Wasserreiser zu vermeiden, ist die »Stellschraube derHiebswiederkehr« von zentraler Bedeutung. Hier ist hoheswaldbauliches Geschick und ein hohes Maß an Sensibilität so-wohl bei der Wahl der zeitlichen Intervalle als auch bei der In-tensität der Eingriffe gefragt. Gängige Meinung bei der Esche

Der Kronenansatz beim Edellaubholz –nicht leicht zu halten!Durchmesser- und Qualitätsentwicklung von Edellaub-Z-Bäumen

Julian Breibeck, Jakob Peter und Martin Bachmann

»Auf schnellstem Wege zu qualitativ hochwertigem und stark dimensioniertem Stammholz« lautet das Ziel des Edellaubbaum-Pflegekonzeptes der Bayerischen Forstverwaltung aus dem Jahr 1999. Doch wie reagieren Bergahorn und Esche, wenn sie wie-derholt freigestellt werden? Antworten liefern zwei parallel zum Richtlinienbeginn angelegte und konzeptgerecht behandelteBeobachtungsflächen. Nach zehn Jahren ist die Zeit reif für eine Zwischenbilanz.

Nach den Sturmwurfereignissen der 1990er Jahre und aufGrund des klimawandelbedingt steigenden Trockenstresseswurden in Bayern flächenmäßig bedeutsame Edellaubbaum-Kulturen begründet. Diese Bestände kommen nun bzw. in ab-sehbarer Zukunft hinsichtlich der Qualitäts- und Wertentwick-lung in die entscheidende Phase ihres Bestandeslebens. Daszweistufige Edellaubbaum-Pflegekonzept der BayerischenForstverwaltung mit den beiden Phasen der Qualifizierungund Dimensionierung beschreibt eine zeitgemäße waldbauli-che Behandlung der Bestände.

Das Konzept und seine Umsetzung

Ziel des zweiphasigen Edellaubbaum-Pflegekonzeptes ist es,rationell starkes, astfreies und farbkernfreies Stammholz zuerziehen. Da bei Edellaubbäumen der Zuwachs sehr frühzei-tig kulminiert und anschließend rasch abfällt, muss sehr frühzugunsten einer begrenzten Anzahl an Auslesebäumen einge-griffen werden. Realistisch sind etwa 60 bis 80 Auslesebäumepro Hektar. Diese reagieren auf konsequente Kronenfreistel-lung sehr stark, soweit die Eingriffe noch vor der Kulminati-on des Volumenzuwachses (Alter ca. 25–30 Jahre) eingeleitetwerden. Wird dieser Zeitpunkt verpasst, reagieren die Aus -lesebäume auf spätere Eingriffe nur noch sehr eingeschränkthinsichtlich Kronenausbau und Durchmessersteigerung, eineProduktion starken, fehlerfreien Holzes wird kaum mehr ge-lingen. Kronen- bzw. Stammdimension, die in der Zeitspannezwischen dem 20. und 50. Lebensjahr nicht erreicht wird, lässtsich zu einem späteren Zeitpunkt kaum noch ohne qualitati-ve Einbußen nachholen. Qualitätseinbußen entstehen vor al-lem auf Grund von Farbkernbildung, wenn an den Ansatzstel-len stärkerer Totäste Sauerstoff ins Stamminnere eintritt. Umein Absterben der Äste oberhalb der gewünschten astfreienSchaftlänge von circa einem Viertel der standörtlich mögli-chen Endbaumhöhe zu vermeiden, sieht das Edellaubbaum-Pflegekonzept vor, die Kronen der Auslesebäume konti-nuierlich und vollständig zu umlichten. Dieser zweite, Dimen-sionierung genannte Abschnitt nach Abschluss der Qualifizie-rungsphase soll den Kronenansatz bis zum Erreichen der Zielstärke »einfrieren« und ein möglichst rasches Dicken-wachstum erzielen.

Abbildung 1: Eschen-Z-Baum auf der Versuchsfläche Oberhummel,September 2010

Foto: J. Breibeck

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Zielvorgabe der Einzelbaumlichtung ist Dickenwachstum derAuslesebäume bei voller Kronenumlichtung. In den Jahrenvon 1999 bis 2009 schwanken die mittleren jährlichen Durch-messerzuwächse der Z-Bäume beim Bergahorn zwischen 0,5und 0,9 cm, die Esche weist ein etwas höheres Niveau zwi-schen 0,7 und 1,0 cm auf. Beim Bergahorn liegt der Mittelwertdes Zuwachses im Jahr 2009 knapp unter 0,9 cm, bei der Escheknapp über 0,9 cm. Über die Jahre hinweg schwanken die imMittel erreichten Werte um 0,8 cm (Abbildung 2). Als Ziel-durchmesser nennt das Edellaubbaum-Pflegekonzept für Berg-ahorn eine Stärke von circa 60 cm, die in einem Alter von 80bis 100 Jahren erreicht werden soll. Für die Esche ist einDurchmesser von 70 cm innerhalb eines Produktionszeit-raums von 70 bis 90 Jahren vorgesehen. Im Jahr 1998 wiesendie Bergahorn-Z-Bäume einen mittleren Brusthöhendurch-messer (BHD) von 17 cm auf. Nach elf Jahren nahm der BHDum 8 cm auf 25 cm zu. Die Esche begann 1998 mit einem mitt-leren BHD von 13 cm und erreichte 2009 einen Durchmesservon 22 cm. Einzelne Bergahorne und Eschen weisen aber auchschon Werte oberhalb von 30 cm BHD auf.

Kronenentwicklung

Die Kronenentwicklung der Auslesebäume wird anhand derKronenparameter Kronenansatzhöhe, Kronenlänge, Kronen-durchmesser und Kronenschirmfläche beschrieben (Abbildun-gen 3 und 4). Vor allem bei der Esche zeigt sich auch bei ständigem Lichtstand der Krone ein Ansteigen des Kronenan-satzes von 1998 bis 2007 (Abbildung 3). Die mittlere Kronen-ansatzhöhe der Esche steigt dabei von 8,4 m im Jahr 1998 auf10,7 m im Jahr 2007, die des Bergahorns von 8,07 m auf 9,23m. Das entspricht einem rechnerischen Anstieg des Kronen-ansatzes von 25 cm pro Jahr bei der Esche und 13 cm pro Jahrbeim Bergahorn. Bei den übrigen gemessenen Kronenparame-tern fällt bei der Esche auf, dass die gemittelten Werte der Kro-nenschirmflächen und der Kronendurchmesser mittlerweiledeutlich oberhalb der Mittelwerte des Ahorns liegen, obwohldie Ahorn-Z-Bäume im Mittel noch größere Kronen aufwei-sen (Abbildung 4).

Von Interesse ist auch, ob vor allem beim Bergahorn dergewählte Verlauf der Kronenfreistellung zu verstärkter Was-serreiserausbildung geführt hat, oder ob entsprechend demPflegekonzept das schrittweise Vorgehen bei der Freistellungdie Ausbildung von Wasserreisern unterbunden hat. Im Zugeeiner Flächenbereisung im Sommer 2010 wurden an insgesamtneun Z-Bäumen Wasserreiser beobachtet, jedoch lediglich anvier Bäumen war ein verstärktes Auftreten festzustellen. Ei-ner dieser vier Bäume wies einen Kronenbruch auf, der zwei-te war ein Randbaum, dessen Stamm intensiv belichtet ist. Esist also bisher kein erhöhtes Risiko einer Wasserreiserbildungnach der Freistellung bei den Bergahorn-Auslesebäumen zubeobachten.

Sehr auffällig war 2010 der sehr frühzeitige Laubabwurfbei den Eschen im August, teilweise waren sie bereits MitteSeptember vollständig entlaubt (Abbildung 1). Weitere Symp-tome des Eschentriebsterbens wie z. B. das Zurücksterben von

ist dagegen, dass diese weitgehend in einem Schritt freigestelltwerden kann, da sie im Vergleich zum Bergahorn eine deut-lich geringere Tendenz zur Ausbildung von Wasserreisern aufweist. Diese Aspekte wurden bei den Durchforstungsmaß-nahmen berücksichtigt. Abbildung 1 zeigt den verfügbarenKronenraum eines Eschen-Z-Baumes Mitte September 2010.Die stärkere Freistellung der Eschen im ersten Schritt ist beieinigen Z-Bäumen noch heute zu erkennen. Beim Bergahornsind zunächst längere und schmalere Kronen zu erwarten, dieEsche kann sich früher stärker seitlich ausdehnen.

Durchmesserzuwachs und Durchmesserentwicklung

In den Auswertungen wurde auf die parzellenweise Trennungder analysierten Versuchsbäume verzichtet, da die beiden Flä-chen nach gleichem Konzept behandelt wurden und sich hin-sichtlich des Oberhöhenverlaufs und des Standortes nur un-wesentlich unterscheiden. Allerdings liegt das mittlere Alterdes Bestandes in Oberhummel fünf Jahre über dem mittlerenAlter des Bestandes Rosenau.

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Abbildung 2: Durchmesserzuwachs für Bergahorn und Esche

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sen relativ lang und hätte gegebenenfalls etwas kürzer gewähltwerden sollen. Die Verschiebung des Kronenansatzes setztsich bei der Esche auch während des zweiten Durchforstungs-intervalls von 2004 bis 2007 fort, obwohl die Z-Stämme nachwie vor voll umlichtet sind. Im Vergleich zur nur mäßig zuneh-menden Kronenlänge steigen die Werte von Kronenschirmflä-che und Kronendurchmessers deutlich stärker an. Diese aus-geprägtere seitliche Ausdehnung der Z-Baum-Kronen ist vorallem bei der Esche deutlich zu erkennen. Hier wäre noch zuklären, ob wegen der damit verbundenen stärkeren Beschat-tung die untersten Kronenäste absterben können und der Kro-nenansatz in der Folge sich weiter nach oben verschiebt. DerZ-Baum würde seine Schattenkrone also bei verstärkter Sei-tenausdehnung selbst ausdunkeln. Sollte dies tatsächlich derGrund für die gegebene Verschiebung des Kronenansatzessein, müsste eine radikale Freistellung der Esche in einemSchritt eventuell neu überdacht werden. Zu hoffen bleibt, dassder Versuch WB 3.2 in den nächsten Jahren keinen nachhal-tigen Schaden wegen des auch in den Isarauen vermehrt auf-tretenden Eschentriebsterbens nimmt und weiterhin wertvol-le Ergebnisse für die Praxis liefern wird.

Julian Breibeck betreut die waldbaulichen Versuchsflächen im Sachgebiet »Waldbau« der Bayerischen Landesanstalt für Waldund Forstwirtschaft (LWF). [email protected] Peter bearbeitet im Sachgebiet »Waldbau« im Rahmen desKlimaprogramms Bayern 2020 das Projekt KLIP7, in dem waldbau -liche Bewirtschaftungs- und Pflegekonzepte an die sich änderndenKlimabedingungen angepasst werden. [email protected] Bachmann leitet das Sachgebiet »Waldbau« der LWF imZentrum Wald-Forst-Holz [email protected]

Trieben in der Krone waren auf den Versuchsflächen dagegenbisher nur sehr vereinzelt festzustellen.

Zusammenfassung

Im Wesentlichen verläuft die Entwicklung der Z-Bäume ent-sprechend den Vorgaben des Edellaubbaum-Pflegekonzeptes.Sowohl die Zuwachs- als auch die Durchmesserentwicklunglassen ein vorzeitiges Erreichen der Zielstärke gegenüber dervom Konzept vorgegebenen Zeitspanne erwarten. Der Durch-messerzuwachs liegt bei beiden Baumarten noch auf hohemNiveau, die Jahre nach den Durchforstungen ergeben beimBergahorn klar die höchsten Zuwachsmittelwerte in den Jah-ren 2005 und 2008, bei der Esche ist das Bild unschärfer, wohlauch wegen der starken Freistellung bereits bei der erstenDurchforstung. Beim Bergahorn sind auch die Trockenjahre2003 und 2006 deutlich an den relativ geringen Mittelwertender Durchmesserzuwächse zu erkennen, die Esche zeichnetnur 2003 deutlich.

Hinsichtlich der astfreien Schaftlänge ist die Zielvorgabedes Konzeptes bei Esche und Bergahorn eine Länge von sie-ben bis 10 Metern, der Maximalwert für Esche auf Spitzen-standorten beträgt 12 Meter. Zum Zeitpunkt der Freistellungim Jahr 1998 liegt der mittlere Kronenansatz mit einer Höhevon etwa 8 Metern innerhalb dieser Zielvorgaben. Im Jahr2007 übersteigt der mittlere Kronenansatz bei der Esche mit10,66 Meter die geforderte Höhe von einem Viertel der End-baumhöhe, beim Bergahorn liegt der Wert mit 9,23 Metern in-nerhalb der Rahmenwerte des Konzeptes. Der Anstieg desKronenansatzes der Z-Bäume vor allem bei der Esche ist aller-dings während des ersten Durchforstungsintervalls von 1998bis 2004 am deutlichsten. Das Intervall der Hiebswiederkehrist mit sechs Jahren in diesem Alter mit seinen hohen Zuwäch-

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Abbildung 3: Boxplot-Darstellung der Kronenansatzhöhen von1998 bis 2007 für Bergahorn und Esche

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KronenschirmflächeKronenlängeKronendurchmesser

BergahornEsche

Abbildung 4: Entwicklung verschiedener Kronenparameterder Z-Bäume von 1998 bis 2007 für Bergahorn und Esche

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das Resultat additiver Einflussgrößen. Häufig versucht man,die Ausfälle mit Frostschaden, Sonnenbrand, Mikroorganis-men- oder Insektenbefall etc. zu erklären. Bei falschen Anspra-chen werden sogar Empfehlungen für weitere Behandlungender betroffenen Bäume gegeben, die die Situation der Bäumenoch weiter verschlechtert. In der Folge gehen derart vor -belastete Sämlinge und Jungpflanzen noch zusätzlich ge-schwächt in die Abhärtungs- sowie Enthärtungsphasen.

Belastung beginnt auf Zellebene

Pflanzliche Zellen sind in Folge ihrer genetischen Veranlagungdurchaus in der Lage, natürliche Belastungen wie Tempera-turschwankungen, intensive Sonneneinstrahlung, Wasser-mangel und/oder eine hohe Salzdosis mittels eigener Schutz-und Entgiftungsmechanismen teilweise auszugleichen. Stra-pazieren jedoch zusätzlich belastende Einflüsse aus einerschlecht geführten Kultur diese Schutzmechanismen längereZeit über Gebühr, kommt es zur Erschöpfung des Reparatur-mechanismus. Die Folge sind chronische Schädigungen, phy-siologische und morphologische Veränderungen sowie eine zu-nehmende Anfälligkeit gegenüber mikrobiellen und tierischenParasiten. Es handelt sich also keinesfalls um nur eine Ursa-che. Die Schäden sind grundsätzlich das Resultat verschiede-ner Einflussgrößen, vorrangig im Zusammenhang mit herbizi-den Hemmstoffen des Eiweiß- und/oder Zellstoffwechsels.Solche herbiziden Hemmstoffe senken das Wasserpotential,verändern den pH-Gradienten im Zellsaft und reduzieren denTurgor und die Festigkeit der Zellen. Zudem reichern sich ins-besondere bei intensiver Sonneneinstrahlung Radikale an, diedie Zellmembranen zerstören, der Transport durch Membra-nen über Trägerproteine wird gestört und die Phytohormonewerden unkontrolliert in den Zellen umverteilt. Insbesonde-re die Änderungen der Konzentration der Phytohormone ha-ben schwerwiegende Folgen, beispielsweise:• Brechung der Apikaldominanz (Verbuschung, Zwiesel);• Störungen des Pflanzenwachstums und Verminderung der

Wuchsleistung;• Reduktion der kambialen Aktivität sowie gestörte Bildung

von Phloem- und Xylemzellen;• erhöhte Empfindlichkeit gegenüber weiteren Belastungen.

Wenn der Austrieb ausbleibtFehler bei der Pflege und übermäßiger Herbizideinsatz in Weihnachtsbaumkulturenschädigen häufig den Austrieb

Jürgen Matschke

Immer häufiger sind vor allem in neu angelegten Christbaumkulturen, insbesondere bei Nordmannstannen, z.T. erhebliche Schä-den am Austrieb zu beobachten. Sie sind auf physiologische Mechanismen und damit verbundene, morphologische Veränderun-gen in den Zellen und Geweben der Meristeme in den Knospen und Wurzeln zurückzuführen. Genetische Veranlagungen, aberauch Kulturfehler im Zusammenhang mit Umwelteinflüssen gehören zu den auslösenden Ursachen.

Ziel jedes Anbaus von Weihnachtsbäumen ist es, möglichstviele verkaufsfähige Bäume spätestens ab einem Alter von achtJahren in bester Qualität zu produzieren. Wenn zu Beginn derVegetationszeit viele Bäume unzureichend oder überhauptnicht austreiben, bedeutet dies für den Produzenten gravieren-de finanzielle Verluste. Im Frühjahr 2010 waren auf vielen An-bauflächen Austriebsschäden zu beobachten. In manchen Kul-turen haben sogar über die Hälfte der Pflanzen gar nichtausgetrieben. Vielfach werden für Austriebsschäden aus-schließlich Umwelteinflüsse, häufig Frosteinwirkungen, ver-antwortlich gemacht. Im Jahr 2009 fielen nach einem warmenNovember und Dezember innerhalb weniger Tage die Tempe-raturen auf mancherorts unter –20 Grad. Es wäre aber zu ein-fach, die Austriebsschäden nur auf diese Temperaturereignis-se zurückzuführen. Leider denkt man nur zu selten an sehrfrühe, schon im Sämlingsstadium begangene Kulturfehler undan eine möglicherweise falsche Herkunftswahl für seinen An-baustandort. Bei den meisten Schadbildern handelt es sich um

Abbildung 1: Austriebsschädigungen können bei unsachgemäßerKultur bereits im Verschulbeet beginnen. Bei dieser jungen Nord-mannstanne trieben nur die Seitenknospen, nicht jedoch die Termi-nalknopse aus.

Foto: J. Matschke

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Praktische Empfehlungen für den Weihnachtsbaumanbau1. Guter Bodenkontakt nach der Verschulung: Er gewährleis-

tet eine gute Wasserversorgung der verschulten Jungpflan-zen. Eine zu starke Verdichtung des Bodens ist wegen Sau-erstoffmangel für die Wurzeln zu vermeiden.

2. Vermeidung von Wassermangel: Die Pflanzen dürfen erstnach erfolgreichem Anwachsen vorsichtig gedüngt werden,Kontakt mit unverträglichen Herbiziden ist nach Möglich-keit ab dem Stadium der Sämlingskultur auszuschließen.

3. Vermeidung extremer Einstrahlung: Um die Bildung schäd-licher Radikale in den Zellen zu verhindern, können dieJungpflanzen mit einem Vlies abgedeckt werden. Der An-bau von Getreide zwischen den Reihen schützt die Jung-pflanzen vor übermäßiger Sonnen- und UV-Strahlung, Be-windung und Austrocknung (Abbildung 2).

4. Vermeidung von Herbizidkontakten: Es gibt keine ausgewie-sene Resistenz der Koniferen gegenüber Herbiziden, allen-falls eine gewisse Selektivität und Toleranz gegenüber eini-gen Wirkstoffen in geringen Konzentrationen. Deshalb istdie mechanische Pflege zu bevorzugen bzw. sind die Pflan-zen bei der Herbizidanwendung abzuschirmen.

5. Reduzierung des Kältestresses: Früh- und Spätfröste kön-nen zu gravierenden Schäden führen. Der Anbau geeigne-ter Herkünfte aus niederen Höhenlagen verhindert ein vorzeitiges Austreiben. Wird auf den Herbizideinsatz ver-zichtet, ist der Kontakt mit herbiziden Hemmstoffen ausge-schlossen, die die »Kältehärtungs-Schutzstoffe« der Pflan-zen schädigen können. Der Abdeckschutz ist für dieJungpflanzen eine sinnvolle, zusätzliche Maßnahme.

6. Kultur- und standortsangepasste Düngung: Damit die Pflan-zen die Abhärtungsphase im Herbst, die kalten Wintertem-peraturen sowie die allmähliche Enthärtung vor dem Austreiben im Frühjahr überstehen, sollten temperaturemp-findliche Triebbildungen mit Hilfe einer optimalen, den Kul-turen angepassten Düngung (nach Nadel-, keinesfalls nurnach Bodenanalysen) vermieden werden; optimale Nährstoff-verhältnisse in den Nadeln sind: N/K >0,55, N/Ca >0,55,N/Mg >0,13, N/P > 0,13, N/Fe >0,010, N/B 0,002, N/Zn0,003. Eine zu späte, suboptimale und auch überhöhte N-Düngung bei geringen Kaliumgaben muss vermieden werden;optimale N-Nadelgehalte liegen bei 1,4 Prozent; ausgewoge-ne Verhältnisse der Phytohormone sind damit zu erreichen.

7. Regelmäßige Nadelanalysen: Bodenanalysen sind unzurei-chend, da zerstörte Wurzelspitzen aus der Bodenlösung kei-ne Nährstoffe aufnehmen können. Bodenanalysen ergebendaher keinen Anhalt für den Ernährungszustand gesunderoder belasteter Pflanzen.

8. Vorprüfungen in Frage kommender Herkünfte: Die Eignungvorgesehener Herkünfte für die eigenen Anbaustandortesollten vor ihrem Anbau geprüft werden.

9. Anbau standortsangepasster Herkünfte: Eine zu späte, unzu-reichende Ausbildung und Aushärtung der Meristeme sollverhindert werden; für die betreffenden Standorte sind ge-eignete Arten und Herkünfte aus entsprechenden Höhenla-gen (< 1.300 m ü. NN) und Breitengraden auszuwählen so-wie ihre nicht belastende Kultur zu garantieren.

Bäume, die einer Stressbelastung ausgesetzt sind, aktivierenPhytohormone (Abscisine, Jasmonate, Äthylen), die die Alte-rung der Pflanzen bedingen. Sie sind unter anderem dafür ver-antwortlich, dass die Spaltöffnungen zu früh geschlossen wer-den und die Zellen zu schnell altern. Die Meristeme werdenunzureichend ausgebildet, die Ruhephase wird vorzeitig ein-geleitet. Eine Stressbelastung der Zellen führt auch zu einerVerminderung der in den Wurzeln gebildeten physiologischaktiven Cytokinine, jedoch nicht ihrer Speicherformen. Cyto-kinine nehmen eine Schlüsselfunktion bei den Wachstums-,Induktions- und Ausdifferenzierungsprozessen ein. Eine un-zureichende Konzentration physiologisch aktiver Cytokinin-formen reduziert Zahl und Ausbildung von Haupt- und Sei-tenknospen und hemmt oder verhindert den Knospenaustriebim Frühjahr. Ursache des Cytokininmangels ist ein gestörtesund vor allem verzögertes Wachstum der Wurzelspitzen.

In Folge eines Cytokininmangels werden zu wenige Ei-weißverbindungen für den Zellaufbau, aber auch für denTransport anderer Hormone und Nährstoffe bereitgestellt.Auslöser dieser Mangelsymptome sind unter anderem herbi-zide Stoffe, die die Eiweißbildung und Zellteilung hemmen,z. B. Sulfonylharnstoffe, Glyphosat oder Glufosinate. Zuneh-mend werden für die »Pflege« von Sämlingen und Kulturendie Wirkstoffe Flufenacet und Metosulam eingesetzt, die sichähnlich wie Sulfonylharnstoffe verhalten. Die Koniferen be-sitzen keine Mechanismen, um diese Wirkstoffe zu entgiften.

Insgesamt bedingen die den Pflanzen zugemuteten jährli-chen Belastungen – als Summe unterschiedlicher Einflüsse –eine beschleunigte Alterung der Zellen und damit eine unzu-reichende Ausbildung der Knospen-Meristeme vor der Herbst-periode. Zunächst lösen fehlgesteuerte biochemische Stoff-wechselvorgänge in Abhängigkeit von Umweltbedingungenund im Zusammenhang mit Kontakten unverträglicher Her-bizide diesen Zustand aus.

Abbildung 2: Der Schatten spendende Anbau von Getreide zwischen den Reihen wirkt ausgleichend auf die Bodentemperatur.

Foto: J. Matschke

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Heinrich Mayr’s Name ist unzertrennlich mit dem Forstlichen Ver-suchsgarten Grafrath verbunden. Als 1881 König Ludwig II. inMünchen die Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt grün-dete, war Mayr Assistent bei dem berühmten Forstwissenschaft-ler Robert Hartig. Seit 1882 war Heinrich Mayr für den forstli-chen Versuchsgarten in Grafrath verantwortlich, in dem erzusammen mit Robert Hartig ausländische Baumarten anbauteund erforschte.

Heinrich Mayr war der Sohn des königlich bayerischen Forst-beamten Clemens Mayr, der zuletzt als Oberförster im RevierGrafrath wirkte. Nach seinem »Staatskonkurs« im Jahr 1880 wur-de er Assistent bei Robert Hartig und promovierte in der bota-nischen Abteilung der Forstlichen Versuchsanstalt.

Unterstützt von Ministerialrat August von Ganghofer führteihn eine Studienreise nach Nordamerika, Japan und China. Nach-dem er nach Bayern zurückgekehrt war, begründete er in Graf-rath Versuchsanbauten mit amerikanischen und japanischenBaumarten, um die Anbaumöglichkeiten dieser Baumarten inDeutschland und Europa zu erkunden. Das auf seinen Reisen ge-wonnene Wissen schrieb er in mehreren Büchern nieder. Mit die-sen Werken hatte sich Mayr einen so guten Ruf erworben, dassihn die Staatswirtschaftliche Fakultät der Universität Münchennach der Emeritierung Karl Gayers 1892 zu dessen Nachfolgerauf dem Lehrstuhl für Waldbau und Forstliche Produktionsleh-re berief.

Kurze Zeit nach einem Schlaganfall, den er auf seinem Kathe-der erlitt, starb er am 24. Januar 1911 in München. red

100. Todestag von Prof. Heinrich Mayr

Belastungen für Pflanzen reduzieren

Werden Herbizide mit ihrem breiten Wirkungsspektrum ge-genüber Unkräutern als Hemmstoffe des pflanzlichen Eiweiß-stoffwechsels, der Zellteilung und der Zellstreckung ausge-bracht, sollten nach Möglichkeit die Koniferen abgeschirmtbehandelt werden, damit sie nicht direkt in Kontakt mit denHerbiziden kommen. Überhaupt sind die Weihnachtsbaum-produzenten gut beraten, negativ wirkende Einflüsse von Be-ginn der Sämlingskultur an niedrig zu halten. Dabei liegt dieBetonung bewusst auf »von Beginn der Sämlingskultur an«,da die Baumschulen keinesfalls derart vorbelastet Sämlingeden Anbauern übergeben sollten. Auf folgende Punkte solltedaher besonders geachtet werden (siehe auch Kasten):• Guter Bodenkontakt nach der Verschulung• Vermeidung von Wassermangel• Vermeidung extremer Einstrahlung• Vermeidung von Kontakten mit Herbiziden• Reduzierung des Kältestresses• Kultur- und standortsangepasste, optimale

Düngung erst nach dem Anwachsen• Regelmäßige Nadelanalysen• Vorprüfungen in Frage kommender Herkünfte• Anbau standortsangepasster, geprüfter Herkünfte

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Frostschutz-Anlagen in Knospen

Schnitte durch eine unbeeinflusste, gesunde (links) und be-einflusste (rechts) Terminalknospe während des Winters. Dermit Luft gefüllte Hohlraum (Pfeil) und ein aus mehreren Zell-reihen bestehendes Festigungsgewebe mit verstärkten Zell-wänden (Collenchymzellen) schützen das darüber liegendeMeristem im Vegetationskegel der Knospe. Bei vorgeschädig-ten Knospen fehlt der Hohlraum und das Collenchymgewebeist mit deutlich weniger Zellreihen ausgestattet.

Besondere Bedeutung für den Weihnachtsbaumanbau hat dieKlimaerwärmung. Die zunehmende Erwärmung wird die Ab-härtungsphasen in ihrer Länge und Intensität verändern. Die-se Phasen haben sich zumeist verkürzt; auf warme, zumeisttrockene Sommer folgen schnell zu feuchte Herbstmonate, ei-ne kurzzeitige Frostperiode sowie eine Enthärtungsphase, beider sich nach kurzer Erwärmung ein schneller Temperatur-sturz in den Monaten Februar/März anschließt. Da ein uni-verseller Mechanismus zur Frostresistenz nicht zu existierenscheint, setzt das terminlich nicht verzögerte, jedoch voll aus-gebildete Knospen-Meristeme voraus.

Zusammenfassung

Die zunehmend zu beobachtenden Schädigungen des Austrie-bes in Weihnachtsbaumkulturen haben genetische und phy-siologisch-anatomisch bedingte Ursachen. Baumschulen undAnbauer sind gut beraten, wenn sie für ihre Anbaustandortegeeignete Herkünfte aus niederen Höhenlagen verwenden so-wie eine den Kulturen angepasste, optimale Pflege bereits abdem Stadium der Jungpflanzen anstreben und damit die nega-tiven Einflüsse möglichst gering halten (z. B. Herbizide). Nurdies sichert die frühzeitige, ungestörte Ausbildung aller Knos-pen-Meristeme sowie die Synthese notwendiger Schutzstoffegegenüber Umweltbelastungen.

Prof. Dr. Jürgen Matschke war langjähriger Leiter des Versuchszen-trums im Gartenbauzentrum Westfalen-Lippe und beschäftigt sichseit vielen Jahren mit der Züchtung und optimalen Produktion vonWeihnachtsbäumen. [email protected]

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Vielfalt – Würze des Lebens … und des Waldes»Urbane Waldbesitzer« mit ihren vielfältigen Motiven stellen die forstliche Beratungvor neue Herausforderungen

Eva Krause

Stündlich erbt oder übernimmt in Bayern eine Person einen Waldbesitz. Jede zweite davon lebt außerhalb der Land- und Forst-wirtschaft. Der »urbane« Waldbesitzer löst mehr und mehr den »traditionellen« Waldbesitzer ab. »Einen« urbanen Waldbesit-zer gibt es jedoch nicht. Diese Gruppe zeigt unterschiedlichste Motive, die sie mit ihrem Waldbesitz verbinden. Auf die darausentstehende Vielfalt muss sich auch die forstliche Beratungsstrategie einstellen, will sie weiterhin erfolgreich arbeiten.

des als traditionell verstandenen Waldbesitzers abweichenund mit den gewohnten Beratungs- oder Kommunikationsstra-tegien kaum noch erreicht werden.

2007 hat der Lehrstuhl für Wald- und Umweltpolitik derTU München schriftlich bayerische Beratungsförstern/innenbefragt, um herauszufinden, was die Revierleiter/innen unterdem Begriff »Urbane Waldbesitzer« verstehen. Die Antwortender 208 Teilnehmer/innen verdeutlichen, anhand welcherMerkmale Waldbesitzer/innen als »Urbane Waldbesitzer« ein-gestuft werden, welche Schwierigkeiten in der Beratung ent-sprechend eingeordneter »Urbaner Waldbesitzer« gesehen undwelche Chancen für die forstlichen Beratung identifiziert wer-den. Die Beratungsförster/innen verstehen unter dem Termi-nus »Urbane Waldbesitzer« Waldbesitzer/innen, auf die vorallem folgende Merkmale zutreffen:

Was sind Waldbesitzer? Von außen betrachtet könnte man dieFrage, was ein Waldbesitzer ist, allgemein beantworten mit:»Waldbesitzer sind Menschen, die Wald besitzen.« Sprichtman in Bayern von Waldbesitzern, haben viele ein konkretesBild im Kopf. Dieses Bild zeigt meistens einen männlichenWaldbesitzer, der im dörflichen Umfeld lebt, eng mit der Land-wirtschaft verbunden ist und seinen Wald als Quelle für Holzund zusätzliches finanzielles Einkommen nutzt. In der Ver-gangenheit war es weitgehend möglich, entsprechend diesemBild die Variable »Mensch« mit »Landwirt« zu ersetzen. ImJahr 1977 lag der Flächenanteil bäuerlichen Waldbesitzes imostbayerischen Raum bei über 90 Prozent (Lammel und Ploch-mann 1977). Der Strukturwandel in der Landwirtschaft sowiedie paritätische Vererbung haben dieses Bild deutlich geän-dert. Landwirtschaftliche Betriebe wurden und werden aufge-geben, der Wald wird an weibliche und männliche Nachkom-men auch außerhalb der Landwirtschaft übertragen. Immermehr Wald steht im Eigentum nicht-bäuerlicher Waldbesitzerund Waldbesitzerinnen. Suda, Schaffner et al. (2006) schätzen,dass gegenwärtig 40 Prozent der Privatwaldflächen nicht-bäu-erlichen Waldbesitzern gehören. Gleichzeitig mit der Abnah-me landwirtschaftlicher Waldeigentümer nehmen die forstli-chen Berater an den Ämtern für Ernährung, Landwirtschaftund Forsten bei ihrer Beratungsklientel zunehmend Verände-rungen wahr; demnach scheint die im Zuge der Beratung gewohnte, traditionelle Waldeigentümerschaft seltener zu wer-den. Die Waldbesitzer weisen eine wachsende Vielfalt auf. Ent-sprechend kann die Antwort, was ein Waldbesitzer ist, folgen-dermaßen erweitert werden: »Waldbesitzer sind Männer undFrauen mit verschiedenen Berufen in allen Sektoren, die Waldbesitzen«.

Der Begriff »Urbane Waldbesitzer«

Im Zusammenhang mit der wachsenden Vielfalt nimmt dasThema »Urbane Waldbesitzer« an Bedeutung zu. Wenn diewachsende Entfernung zwischen Wohnort und Waldbesitz,abnehmende Kenntnisse und forstliche Fähigkeiten oder feh-lende Zeit für Waldeigentum behandelt werden, dann meistim Verbindung mit dem Begriff »Urbane Waldbesitzer«. Da-mit werden vor allem Waldbesitzer beschrieben, die vom Bild

Abbildung 1: Die Motive urbaner und traditioneller Waldbesitzerund Waldbesitzerinnen unterscheiden sich oft deutlich. Die »Urba-nen« bringen ihrem Wald ebenfalls Waldgesinnung und Interesseentgegen, oft mit neuen Aspekten.

Foto: E. Krause

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Entsprechend früheren Forschungsarbeiten zu Motiven vonWaldbesitzern (z.B. Hogl et al. 2003) wird ein Unterschied zwi-schen landwirtschaftlichen Waldbesitzern und Waldbesitzernohne landwirtschaftlichen Bezug gesehen, denn ihre Motiveam Waldbesitz unterscheiden sich.

Der Begriff »Urbane Waldbesitzer« beschreibt vor allemein Phänomen: Neue Motive und Motivkombinationen außer-halb der bekannten landwirtschaftlich geprägten und bekann-ten Ausprägungen ergänzen bzw. bereichern die Waldbesitzer-landschaft. Darauf weisen die Ergebnisse der Interviews mitWaldbesitzern hin. Die entsprechende Antwort zur eingangsgestellten Frage nach der Definition von Waldbesitzern kannauf Grund der Ergebnisse der Interviews mit Waldbesitzernabermals erweitert werden: »Waldbesitzer sind Männer undFrauen die Wald besitzen, mit verschiedenen Berufen in allenSektoren, mit unterschiedlichsten Motiven und Motivkombi-nationen hinsichtlich ihres Waldbesitzes«.

• Die Waldbesitzer kommen nicht mehr aus der Landwirt-schaft.

• Sie weisen Defizite verschiedenster Art gegenüber einer alstraditionell verstandenen Waldbesitzerklientel auf.

• Bei der Beratung werden die forstlichen Berater/innen hin-sichtlich ihrer eigenen Erwartungen enttäuscht.

• Die Waldbesitzer haben vorrangig immaterielle Motive hin-sichtlich ihres Waldeigentums.

Der gemeinsame Kern dieser Sichtweisen besteht darin, dassWaldbesitzer/innen, die in irgendeiner Form von den Norm-vorstellungen der forstlichen Berater über traditionelle Wald-besitzer abweichen, als »Urbane Waldbesitzer« angesehen wer-den.

Ebenso uneinheitlich wie in seiner inhaltlichen Definitionbewertet ein Teil der Berater den Begriff »Urbane Waldbesit-zer« positiv, der andere Teil negativ bzw. problembezogen. Die-ser Problembezug entsteht vor allem in der Wahrnehmung,dass »Urbane« für die forstliche Beratung nur schwer zu errei-chen sind, die Lage ihrer Grundstücke oft nicht kennen, ge-ringe forstliche Kenntnisse und Fertigkeiten aufweisen sowiebisher ungewohnte Interessen an ihrem Waldgrundstück ver-folgen. Insgesamt erleben die Berater und Beraterinnen einenerhöhten Aufwand in der Arbeit mit diesen Waldbesitzernbzw. ordnen entsprechende Waldbesitzer/innen in Gedankender Kategorie »Urbane Waldbesitzer« zu.

Waldbesitzer ist nicht gleich Waldbesitzer…

Jeder Berater und jede Beraterin hat zu »Urbanen Waldbesit-zern« eine individuell geprägte Perspektive, bestehend aus per-sönlichen Erfahrungen, eigenen forstlichen Vorstellungen undübernommenen Erlebnissen und Sichtweisen von Bezugsper-sonen. Dennoch zeigt sich, dass trotz der heterogenen Inter-pretationen »Urbane Waldbesitzer« in der Wahrnehmung derforstlichen Berater/innen eine reale Zielgruppe darstellen.Vorrangig dient der Begriff »Urbane Waldbesitzer« einer The-matisierung von Veränderungen, die die Berater/innen beob-achten. Für die Definition einer Zielgruppe eignet sich der Be-griff »Urbane Waldbesitzer« mit den dahinter stehendenindividuellen Interpretationsmustern kaum, sind darunterdoch, je nach Berater/in unterschiedlichste Waldbesit-zer/innen mit unterschiedlichsten Herangehensweisen an ih-ren Wald eingestuft.

Interviews mit »Urbanen Waldbesitzern« bestätigen dieVielfalt und Unterschiedlichkeit dieser Waldbesitzer/innen.Bei den Befragten sind unterschiedlichste Motive in unter-schiedlicher Kombination und Ausprägung zu finden. Die ein-zelnen Motive, die aus den Interviews identifiziert wurden,lassen sich unter sechs Hauptkategorien bzw. Motivgruppeneinordnen (siehe auch Kasten):• Selbstverwirklichung und Ausgleich• Naturbegeisterung• Generationenbewusstsein• Soziale Integration• Autarkie und Eigentum• Waldertrag

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Ergebnisse des Leitfadeninterviews•Selbstverwirklichung und Ausgleich: Die Persönlichkeitsent-

faltung des Waldbesitzers steht im Vordergrund. Der Wald-besitzer arbeitet im Wald nach seinen Vorstellungen. Dabeibietet das Waldeigentum einen Kontrast, oft Ausgleich, zumArbeitsalltag.•Naturbegeisterung: Hier liegt der Fokus auf dem Waldbesitz

als Naturraum. Der Wald wird als Lebensraum für Bäume,Pflanzen und Tiere gesehen und ist mit Wertschätzung undFaszination belegt.•Generationenbewusstsein: Die Motivgruppe bezieht sich vor

allem auf Erhalt und Weiterführung von Familienwertenund Familienerbe. Der Wald wird zum Bindeglied zwischenden Generationen, zwischen der Vergangenheit, Gegenwartund Zukunft.•Soziale Integration: Der Wald wird als Zugangsschlüssel und

Zugehörigkeitssymbol zu einem sozialen Umfeld gesehen.Waldbesitz bzw. Handeln am Waldeigentum wird mit demBedürfnis nach sozialer Anerkennung und Zugehörigkeit zueinem sozialen Netzwerk (z. B. Familie, Freundeskreis etc.)begründet.•Autarkie und Eigentum: Der Rohstoff Holz und andere Er-

träge aus dem Waldbesitz (Beeren, Pilze, Christbaum etc.)werden als Symbol der persönlichen Unabhängigkeit unddes Eigentums als wichtig erachtet.•Waldertrag: Der materielle Ertrag aus dem eigenen Wald

steht im Vordergrund. Wald bedeutet Ertrag und finanziel-len Vorteil, entweder über die Vermarktung des RohstoffesHolz, Einnahmen über Selbstwerber oder mögliche Einspa-rungen, weil Holz als Energie- oder Bauholz zur Verfügungsteht.

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Fazit

Stündlich gibt es in Bayern mindestens eine Person, die Wald-besitz neu übernimmt bzw. erbt, jede zweite davon arbeitet au-ßerhalb der Land- oder Forstwirtschaft. Glaubt man Progno-sen, wird der Anteil der nicht-bäuerlichen Waldbesitzer bis2030 auf circa 60 Prozent steigen (Suda, Schaffner et al. 2006).Der Beratungsaufwand wird angesichts dieser Zahlen in denkommenden Jahren wachsen. Es gilt Beratungsstrategien zuentwickeln, die mit möglichst geringem Aufwand künftig ei-ne breite Masse an Waldbesitzern/innen erreicht. Bei diesenStrategien müssen Motive der Waldbesitzer, Fähigkeiten undFertigkeiten sowie terminliche Rahmenbedingungen gleicher-maßen berücksichtigt werden. Hier stellt sich die Frage, wel-chen Aufwand in Form der 1:1-Beratung die forstliche Bera-tung leisten kann. Ein Teil des Informations- undBeratungsbedarfs kann auch unter Zuhilfenahme von Inter-net, Printmedien oder z. B. einem telefonischen Beratungsan-gebot gedeckt werden.

In jedem Fall wird der Schlüssel zur Beratung der Waldbe-sitzer/innen die Berücksichtigung ihrer Motive sein sowie ei-ne flexible Anpassung der Beratungsinhalte. Wichtig ist dieAbkehr von alten Denkweisen wie »Nur ein genutzter Waldist ein guter Wald« und tradierten Normvorstellungen. DieAntwort auf die eingangs gestellte Frage: »Waldbesitzer sindMenschen, die Wald besitzen – und so vielfältig und unter-schiedlich wie ihre Wälder sind auch die Waldbesitzer selbst«.

Literatur

Hogl, K.; Pregernig, M. et al. (2003): Wer sind Österreichs Waldeigen-tümerInnen? – Einstellungen und Verhalten traditioneller und »neuer«Waldeigentümergruppen im Vergleich. Institute für Sozioökonomik derForst- und Holzwirtschaft, Universität für Bodenkultur, DokumentP/2003-1. Wien

Lammel, R.; Plochmann, R. (1977):Die Nutzung des Kleinprivatwaldesin Ostbayern und Perspektiven ihrer künftigen Entwicklung – Ergebnis-se einer sozialempirischen Untersuchung über das Verhalten von Wald-besitzern. Institut für Forstpolitik und forstliche Betriebswirtschafts-lehre der Forstlichen Forschungsanstalt München, ForstlicheForschungsberichte Nr. 34, München

Schraml, U. (2005): Die Konstruktion des Kleinwaldbesitzers – Unter-suchungen zum wissenschaftlichen und politischen Umgang mit einerfremden Waldbesitzart. Habilitation Fakultät für Forst- und Umwelt-wissenschaften, Albert-Ludwigs-Universität, Freiburg i. Br.

Suda, M.; Schaffner, S. et al. (2006):Waldbesitzer im Aufbruch – Struk-turwandel des Waldbesitzes als Herausforderung für die Forstlichen Zu-sammenschlüsse. Lehrstuhl für Forstpolitik und Forstgeschichte, Tech-nische Universität München, Bayerischer Waldbesitzertag am30.08.2007, Freising/Weihenstephan

Dipl.-Forstingenieurin Eva Krause promoviert am Lehrstuhl fürWald- und Umweltpolitik der Technischen Universität Münchenzum Thema »Urbane Waldbesitzer«[email protected]

Folgerungen für die forstliche Beratung

Sowohl die Ergebnisse der Interviews als auch die Antwortender Revierleiterbefragung verdeutlichen, wie heterogen dieWaldbesitzerlandschaft in Bayern ist. Was bedeutet das nunfür die forstliche Beratung an den Ämtern für Ernährung,Landwirtschaft und Forsten?

Vielfältige Waldbesitzer und Waldbesitzermotive erfordernvielfältige Beratungsstrategien seitens der Forstverwaltung.Gegenwärtig sind die Inhalte der forstlichen Beratung vor al-lem auf die Motivgruppen »Waldertrag« sowie »Autarkie undEigentum« ausgerichtet, also auf Waldbesitzer, bei denenWaldbau, Holz und Holzernte eine vorrangige Stellung ein-nehmen. Die Motive anderer Motivgruppen blieben bisher un-berücksichtigt. Teilweise streben Berater/innen danach, dieals »Urbane Waldbesitzer« eingeschätzten Personen zu ändernund in die Gruppe der »Normwaldbesitzer« zu überführen.Dieser Vorgehensweise liegt der Gedanke zugrunde, die ge-wohnten, erprobten Beratungsstrategien könnten nach einer»Wiedereingliederung« bei den dann ehemaligen »UrbanenWaldbesitzern« greifen. Der Haken bei diesem scheinbarenVorteil liegt in der Vielfalt der Motive und Interessen der Wald-besitzer/innen, die nicht der gewohnten oder gewünschtenNorm entsprechen. Eine Eingliederung in die traditionell er-lebten Netzwerke, Motivgefüge oder Wissensbestände ist we-der sinnvoll noch möglich.

Betrachtet man Definitionen von Beratung, beinhalten siemeist den Aspekt Hilfe zur Selbsthilfe, also die Befähigung derzu Beratenden, selbst Entscheidungen zu treffen. Beratung be-inhaltet nicht, die Interessen des Beratenen zu modifizieren,Beratung bedeutet, interessenbezogene Lösungsmöglichkei-ten aufzuzeigen. Die Entscheidungshoheit bleibt beim Wald-besitzer. Jeder Waldbesitzer ist mit seinen individuellen Moti-ven am Waldbesitz, mit seiner individuellen Bindung an denWald im Zuge der Beratung als Entscheidungsträger anzuspre-chen und einzubeziehen.

Betrachtet man die Ausrichtung der forstlichen Beratung,ist bisher klarer Schwerpunkt die Beseitigung von »Defiziten«bzw. »Hindernissen«. Die Berater/innen identifizieren bei denWaldbesitzern/innen Hindernisse, die Waldbau und Holzern-te widersprechen oder entgegenstehen wie »fehlende Ausrüs-tungsgegenstände« oder »unzureichendes waldbauliches Wis-sen«. Beratungsziel ist die Beseitigung dieser Hindernisse, dieKommunikation mit und über die Waldbesitzer/innen ist ent-sprechend problemzentriert. Um Waldbesitzer für ihr Waldei-gentum zu aktivieren und eine positive Beziehung der Wald-besitzer zum Wald zu ermöglichen und zu festigen, ist esjedoch wichtig, bei der forstlichen Beratung künftig stärkermögliche individuelle Motivatoren am Waldeigentum zu be-rücksichtigen. Für viele Waldbesitzer wirken andere bzw. zu-sätzliche Aspekte am Waldbesitz motivierend und beziehungs-fördernd und nicht nur Holzernte und Waldbau.

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Hochadel unter Waldbäumen: Die »Schöne Else«Die Elsbeere ist eine Baumart mit vielen ökologischen und ökonomischenMöglichkeiten und … »Baum des Jahres 2011«

Stefan Müller-Kroehling und Christian Kölling

Man nennt sie poetisch auch die »Rose unter den Waldbäumen«, doch ist die Elsbeere nicht nur wegen ihrer Attraktivität inte-ressant. Bevorzugt doch dieser »heimische Exot« die wärmeren Lagen und wäre daher für die Anpassung der Wälder an den Klimawandel eine echte Alternative. Zusammen mit anderen wärmeliebenden Mischbaumarten kann die Elsbeere zudem einenwichtigen Beitrag zur Stabilisierung der von Waldschutzproblemen geplagten Eichenwälder leisten. Und auf Grund der hohenPreise, die das Holz als »Schweizer Birnbaum« erzielen kann, lohnt sich der Anbau auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten.

In seinen monographischen Arbeiten von 1980 und 1994 hatProfessor Kausch-Blecken von Schmeling umfangreiches Wis-sen rund um die Elsbeere gebündelt. Auch betreute er zahlrei-che Diplomarbeiten zum Vorkommen dieser Baumart in ganzDeutschland. Die auf das bayerische Gebiet bezogenen Arbei-ten stellten Müller-Kroehling und Franz (1999) zusammen.

Die Elsbeere in Europa und in Bayern

Die Elsbeere (Sorbus torminalis) besitzt ein nicht sehr ausge-dehntes Verbreitungsgebiet mit Schwerpunkt vom südlichenMitteleuropa bis zum nördlichen Südeuropa (Abbildung 1).In Deutschland gelangt sie im Mittelgebirge und im Nordenbereits an ihre Kältegrenze. Große Bedeutung hat sie in Frank-reich in Z-Baum-orientierten Eichenmischwald- und mittel-waldartigen Waldbausystemen (Literaturzitat).

Die Elsbeere kommt natürlicherweise vor allem als Misch-baumart in Labkraut-Hainbuchenmischwäldern vor, danebenaber auch in vielen anderen wärmeliebenden Laubwaldgesell-schaften bis hin zum Flaumeichenwald. In den Buchenwald-gesellschaften ist sie hingegen selten, nur im Seggen- oder Or-chideenbuchenwald ist ihre relative Konkurrenzstärkegegenüber der Rotbuche für ein Überleben groß genug.

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Besonders auf Grund der Arbeiten von Düll (1961) ist die Ver-breitung der Elsbeere in Bayern gut bekannt. Geologie undKlima bestimmen ihr Verbreitungsmuster wesentlich. Siekommt in Bayern vor allem im unterfränkischen Muschelkalk-gebiet und auf kalkreichen Standorten des Keupers, im Jurasowie auf der kalkhaltigen oder tonigen Jungmoräne des Fünf-Seen-Landes vor. Die Elsbeere tritt jedoch beispielsweise amJuratrauf mit seiner abwechslungsreichen Geologie durchausauf Böden aus verschiedenen Gesteinen auf, wie die Kartie-rungen von Wolf (1993, 1999) im Bereich des Forstamtes Neu-markt in der Oberpfalz zeigen. Neben Weißem Jura (Kalk) undOrnatenton (karbonatischer Ton) kommen Elsbeeren auch aufdem ja meist kalküberrollten Eisensandstein des Braunen Ju-ra vor.

Am seidenen Faden in SüdbayernSelten ist die Elsbeere südlich der Donau. Das Vorkommen imFünf-Seen-Land hat Huber (2008) untersucht. Die Elsbeere be-findet sich hier heute an ihrem klimatischen Arealrand undkann den subozeanischen Einfluss des »Seeklimas« nutzen. Indiesem niederschlagsreichen Gebiet wird sie besonders starkvon der Buche auf Sonderstandorte und Waldränder abge-drängt oder fällt bei ausbleibender Förderung in die unterenBaumschichten zurück. Noch seltener ist die Elsbeere an den

Quelle: Bohn et al. 2000/2003

Abbildung 1: Areal der Elsbeere nach den Angabender Karte der natürlichen Vegetation Europas

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Elsbeere günstigen Regionen auf Grund des Klimawandelsausdehnen. Ihr Anbau ist bereits jetzt auch im südbayerischenHügelland aus klimatischen Gesichtspunkten gut möglich. Fa-zit: Die Bereitschaft zur Pflege vorausgesetzt, gibt es keinenGrund, ihren Anbau auf die genannten »Sonderstandorte«oder das Weinbauklima zu begrenzen, wenn nur die Basen-versorgung ausreicht und die Temperaturen nicht zu niedrigsind.

Die Elsbeere – nicht nur eine »Mittelwald«-Baumart

In der Roten Liste für Bayern wird die Elsbeere trotz des Rück-ganges und der Gefahr des regionalen Aussterbens aktuellnicht als gefährdete Art geführt. Dennoch ist davon auszuge-hen, dass es sich in vielen Teilen Bayerns, und auch insgesamt,um eine seltene Art mit starkem Rückgang handelt. Für denErhalt der Elsbeere wird immer wieder die »traditionelle Mit-telwaldnutzung« beschworen. Allerdings ist sie Elsbeere kei-nesfalls an diese Wirtschaftsform gebunden und kann auch inHochwald-Betriebsformen erfolgreich bewirtschaftet werden.Die ungeregelte, »plenterartige« Nutzung der Wälder bis zumEinsetzen der ersten Forstordnungen (Forstamt Arnstein1988) und dem Beginn der Mittelwaldwirtschaft hat sie unbe-schadet überdauert. Als Baumart verfügt dieser »nomadischeSpätpionier« durchaus über mehrere erfolgversprechende Stra-tegien, die Beteiligung am Bestandsaufbau zu erreichen.

Je extremer die Standortsverhältnisse für das Vorkommender Baumart sind, d. h. vor allem auf strengen Tonen oder tro-ckenen Kalkböden, desto weniger Förderung im Rahmen derMischwuchsregulierung oder gar einer bestimmten Betriebs-form wie der Mittelwaldwirtschaft bedarf die Elsbeere. Umge-kehrt braucht sie auf »Buchenstandorten« dringend die Unter-stützung gegen die Konkurrenz durch Schattbaumarten, wenn

Hängen von Donau und Isar. Ihr Vorkommen in der nordex-ponierten, steilen Isarleite zwischen Landshut und Dingolfingbesteht nur noch aus wenigen Exemplaren, die an einem ein-zigen Fundort an einem halboffenen Oberhang überdauern.Ein Wildschutzzaun soll im Rahmen des FFH-Management-planes der zahlreichen Wurzelbrut zu einem Durchwachsenverhelfen.

Die Hauptfaktoren: Boden und Klima

Reichliche Vorkommen der Elsbeere sind in auffallender Wei-se mit den geologischen Verhältnissen korreliert. Der Grundist in der Konkurrenzschwäche der Elsbeere auf mittleren undguten Standorten begründet. Auf den tonigen und trockenenStandorten hingegen besitzt sie einen Vorteil, da diese Bödenfür die sonst konkurrenzstärkere Buche zu trocken oder auchzu tonig sind. Eine Stärke dieser Baumart ist also ihre speziel-le Anpassung an einige forstlich »problematische« Standorte.Hinsichtlich des Luft- (Porenvolumen) und Wasserhaushaltsist die Elsbeere sehr tolerant. Sie ist sowohl auf trockenen alsauch auf wechselfeuchten Standorten zu finden. Insgesamt istihre Toleranz gegenüber strengen Tonböden dabei ausgepräg-ter als gegenüber stark wechselfeuchten Böden (Levy et al.1993). Eine hohe Basensättigung zumindest im Unterboden istaber die notwendige Voraussetzung für gutes Gedeihen. Be-vorzugt findet sich die Elsbeere auf Standorten mit den Tie-fenprofiltypen der Basensättigung 1 und 2 (Abbildung 2).

Der zweite wichtige Faktor ist das Klima. Die Elsbeere isteine wärmeliebende Baumart und fehlt daher beispielsweisein der Hohen Rhön und den raueren Lagen der Vorrhön trotzzusagender Geologie weitgehend (Düll 1961). Sie erträgt ein Kli-ma, das noch wärmer ist als unser Weinbauklima. Die Klima-hülle (Abbildung 3) zeigt: In Bayern werden sich die für die

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Klima Zukunft Klima Gegenwart (Waldfläche Bayern)

Klima Elsbeere

Abbildung 3: Klimahülle der Elsbeere aus Kölling 2007

Abbildung 2: Häufigkeit und Verteilung der Tiefenprofiltypen imBZE-Datensatz; die für die Elsbeere günstigen chemischen Boden-verhältnisse sind die Typen 1 und 2. aus Kölling 2010

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man sie hier am Bestandsaufbau beteiligen möchte. Auf die-sen Standorten hat die Ausweitung der Eichen(misch)wälderim Zuge der Mittelwaldwirtschaft in vergangenen Jahrhunder-ten die Elsbeere begünstigt.

Der Rückgang der Elsbeere sollte nicht nur auf den Rück-gang und die systematische Ablösung der Mittelwälder im 20.Jahrhundert reduziert werden. Auch weitere Faktoren wie einzu uniformer Waldbau, verbreitete Schirmhiebe und »Dunkel-schlagwirtschaft« (Gayer in StMELF 1986), und vor allem Wild-schäden, die für diese gegenüber Rehwildverbiss empfindlicheBaumart kritisch sein können, sind zu nennen (Künneth 1982).

Vogelsaat, Wurzelbrut und Plusbaumsaatgut

Von Natur aus verjüngt sich die Elsbeere theoretisch sowohlüber Wurzelbrut als auch als Kernwuchs aus Vogelsaat. Diegenerative Verjüngung ist jedoch anfällig gegenüber Trocken-heit und daher oftmals nicht ausreichend (Kausch 1980; Brau-ner 1992). Kausch (1994b) empfiehlt, die Fläche nach der Nut-zung älterer Stämme im Radius von 15 Metern abzuräumenund einzuzäunen, damit die Wurzelbrut-Verjüngung zum Tra-gen kommen kann. Brauner (1992) zählte auf gezäunten Flä-chen im Altmühltal circa 300 Elsbeeren pro Hektar, überwie-gend aus Wurzelbrut.

Die Elsbeere unterliegt nicht dem Forstlichen Vermeh-rungsgutgesetz (FoVG). Das für die künstliche (Wieder-)Ein-bringung benötigte Vermehrungsgut sollte dennoch oder ge-rade deswegen aus autochthonen Vorkommen stammen. AuchVermehrungsgut sogenannter Plusbäume steht teilweise zurVerfügung, wobei sich einige bayerische Herkünfte auchdeutschlandweit als besonders interessant erwiesen haben(Bamberger 1990). Neben privaten Forstbaumschulen wirkenauch das Bayerische Amt für forstliches Saat- und Pflanzgut

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(ASP) und die Bayerische Landesanstalt für Weinbau undGartenbau (LWG) seit Jahrzehnten erfolgreich an der Vermeh-rung dieser seltenen Baumart mit (Dellinger 1988).Die Anzuchtgalt lange als schwierig, so dass die ausreichende Versorgungmit Vermehrungsgut nicht gewährleistet war. Mittlerweile istsie so ausgereift, dass hohe Keimquoten erreicht und großeMengen Pflanzen erzeugt werden können (Dellinger 1988). Beikeiner Baumgattung sind regionale Besonderheiten so ausge-prägt wie bei der Gattung Sorbus. Daher sollte bei Pflanzun-gen nach Möglichkeit auf örtliche Herkünfte Wert gelegt werden. Zumindest, wenn die Anpflanzungen (auch) zu Na-turschutz-Zwecken erfolgen, sollten auch die endemischenKleinarten nach Möglichkeit Berücksichtigung finden (Meyer2010).

Über lange Zeiten wurden zum Erreichen gemischter Wäl-der baumweise Einzelmischungen, sogenannte Buntmischun-gen, gepflanzt. Diese haben sich jedoch für die konkurrenz-schwächeren Mischbaumarten nicht bewährt (Fleder 1988).Das gilt nach Kausch (1994b) auch für das Auspflanzen von Ver-jüngungslücken. Künstlich eingebracht wird die Elsbeere vorallem trupp- und gruppenweise, vor allem in Mischung zu Stiel-oder Traubeneiche, Hainbuche oder Edellaubholz. Auch dieNaturverjüngung aus Wurzelbrut tritt meist horstweise auf.In der Regel werden wurzelnackte dreijährige Pflanzen im Ver-band 2 x 1,5 Meter, teilweise auch fünfjährige Containerpflan-zen ausgebracht.

Eine Zäunung ist meist unverzichtbar, da die Elsbeere be-vorzugt vom Rehwild verbissen wird. Das Jugendwachstum istzum Teil ausgesprochen rasch, so dass sie dem Äser innerhalbweniger Jahre entwachsen kann, wenn sie die Gelegenheit da-zu bekommt. Gegenüber biotischen Schäden ist sie insgesamtwenig empfindlich.

Waldbauliche Behandlung

Die Elsbeere wird in Bayern meist nicht über 25 Meter hoch,erreicht aber Brusthöhendurchmesser von 60 Zentimeternund mehr (Müller-Kroehling und Franz 1999). Endhöhen von über30 Metern werden nur vom norddeutschen Rand ihres Ver-breitungsgebietes beschrieben (Kausch 1980).

Als Licht- bzw. Halblichtbaumart ist die konsequente För-derung bis hin zur Freistellung bereits ab dem Jungwuchssta-dium wichtig. Dies fördert eine positive Entwicklung undschöpft ihr beachtliches jugendliches Wachstumspotential aus.Bei meist gut angelegten Schaftformen verhelfen diese Frei-stellungen der Elsbeere zu den erwünschten starken Dimen-sionen. Die Astreinigung ist gut.

Auch in den späteren Wuchsphasen muss die Elsbeere ge-zielt gefördert werden, wenn sie auf »normalen« Standortenim Hochwald eine Stellung in der (mit)herrschenden Schichteinnehmen soll. Eine kontinuierliche, nicht zu abrupte (aberauch nicht zu zögerliche) Kronenumlichtung verhindert eineunerwünschte Totastbildung mit einer Falsch-Farbkernent-wicklung.

Abbildung 4: Diese Methusalem-Elsbeere in der Steinleiten beiJachsheim in Unterfranken ist 200 Jahre alt und stattliche 72 cmdick. Die »gelockte« Borke ist ein Erkennungsmerkmal.

Foto: S. Thierfelder

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Recht schattentolerant zeigt sich diese Baumart im Unter- undZwischenstand. Sie erreicht hier zwar nur geringe Dimensio-nen, es ist jedoch möglich, solche Bäume als »Überhälter« indie nächste Generation einwachsen zu lassen. Zu einer star-ken Wasserreiserbildung kommt es dabei nur relativ selten.Auch eine späte Förderung bei versäumter Pflege kommt oft-mals noch nicht zu spät, da die Elsbeere darauf oft noch miteinem späteren Kronenausbau reagieren kann (Elflein et al.2008).

Als »Schweizer Birnbaum«: Prädikat »Sehr wertvoll«

Das Holz der Elsbeeren eignet sich für verschiedene hochwer-tige Verwendungen. Die Mindestanforderungen an die Dimen-sion (30 cm Durchmesser und 2,20 Länge; Kohl 1988) sind da-bei recht moderat. Möglichst kernfreies Holz ist dasQualitätsmerkmal besonders guten Elsbeerenholzes (Kohl1988; Remler 1988). Es erzielt Preise bis zu 10.000 Euro pro Fest-meter. Die Elsbeere wird zur Holzartengruppe »SchweizerBirnbaum« gestellt und gilt als das am besten bezahlte Fur-nierholz Mitteleuropas. Durchschnittlich 90 Prozent des baye-rischen Elsbeerenholzes kommen aus Unterfranken. Mindes-tens 90 Prozent des Bedarfes an der Holzgruppe »SchweizerBirnbaum« stammt gegenwärtig allerdings aus Frankreich(Bamberger 1990).

Zur Wertschätzung der Elsbeere in Bayern

An Appellen, diese Baumart stärker zu berücksichtigen, hates seit mindestens 100 Jahren nicht gefehlt. Die Elsbeere führtdennoch weiterhin ein Schatten- und Nischendasein undihr Anbau gilt eher als »Liebhaberei«. In vielen Ei-chen(misch)waldgebieten nimmt sie bei weitem nicht die Rolle ein, die sie einnehmen könnte. Anstatt auf diesen Stand-orten händeringend nach fremdländischen Alternativ-Baum-arten zu suchen, bieten sich viele »heimische Exoten« wie dieElsbeere geradezu an, insbesondere wenn sie gleichermaßenbei uns wie auch in den südlicheren Wärmegebieten verbrei-tet und damit sowohl an unsere kühlen Winter als auch an be-sonders hohe Temperaturen angepasst sind. Dort wo uns derKlimawandel künftig Jahresdurchschnittstemperaturen über11 °C beschert, zählen Baumarten wie die Elsbeere zu denwichtigsten Bestockungsalternativen.

Eine stärkere Beteiligung der heimischen und standorts-heimischen Elsbeere erhöht nicht nur die Naturnähe und Ar-tenvielfalt, sie steigert auch den ökonomischen Wert der Wald-bestände erheblich. Auch der ästhetische Wert wird durch eineBeteiligung der Elsbeere mit ihrer attraktiven Herbstfärbunggesteigert. Die Elsbeere würde darüber hinaus mit hoherWahrscheinlichkeit auch zu einer erheblichen Stabilisierungdes von einer großen Zahl von Schädlingen »geplagten« Wald-typs der Eichen-Hainbuchenwälder Frankens beitragen (Fleder1988). Diese Wälder sind von Natur aus sehr reich an Misch-baumarten. Neben der Elsbeere sind Feldahorn, Aspe, Win-terlinde und Hainbuche zu nennen, die ebenfalls mit tonigen

Abbildung 5: Als »Schweizer Birnbaum« erzielt Elsbeerenholzhöchste Erlöse. (Foto: S. Thierfelder)

Foto: S. Thierfelder

Böden zurechtkommen. Weitere Baumarten wie Speierling,Wildbirne, Vogelkirsche und Walnuss ergänzten auf trocken-warmen Standorten ursprünglich die Baumartenvielfalt die-ser Wälder. In vielen heutigen, oftmals fast reinen Eichen-Mit-telwäldern fehlen diese Mischbaumarten weitgehend, waswohl ein Grund dafür ist, dass diese Wälder so hoch anfälliggegenüber der »Eichen-Fraßgesellschaft« sind.

Mut zur Elsbeere!

Wertholzerwartung und Spitzenerlöse, günstige Prognose imKlimawandel, Fähigkeit zum Anbau auf schwierigen Stand -orten, jedoch keine Beschränkung darauf, einfache waldbau-liche Förderung, schlimmstenfalls auch nachgeholt, weit -gehende Unempfindlichkeit gegenüber Schädlingen undWitterungsunbilden: die Elsbeere müsste eigentlich eine »Modebaumart« werden.

War diese Forderung lange Zeit nur ein gut gemeinter Rat-schlag, so wird sie in Zeiten des Klimawandels und angesichtszunehmender Schäden an Eichenwäldern immer mehr zumPflichtprogramm.

Literatur

Im Internet unter: www.lwf.bayern.de

Stefan Müller-Kroehling ist wissenschaftlicher Mitarbeiteram Sachgebiet »Naturschutz«[email protected]. Christian Kölling leitet das Sachgebiet »Standort und Bodenschutz« der Bayerischen Landesanstalt für Wald- undForstwirtschaft im Zentrum Wald-Forst-Holz [email protected]

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17 Privatwald- und 25 Körperschaftswaldbetriebe beteiligtensich im Wirtschaftsjahr 2009 am Testbetriebsnetz Forstwirt-schaft. Gegenüber dem Vorjahr konnten im Körperschaftswaldzwei neue Betriebe und im Privatwald ein neuer Betrieb fürdie Teilnahme gewonnen werden.

Hinsichtlich der Verteilung auf die Größenklassen stelltesich die Situation im Privatwald relativ ausgewogen dar. In al-len drei Größenklassen waren mindestens drei Betriebe ver-treten: Auch in diesem Jahr überwog die Zahl der Betriebe miteiner Holzbodenfläche von unter 500 Hektar. Ein anderes Bildbot sich bei der Betrachtung der Verteilung der Teilnehmer aufdie Regierungsbezirke. Zehn Betriebe und damit mehr als dieHälfte lagen in den Bezirken Oberbayern und Schwaben. Ausden Bezirken Niederbayern und Oberpfalz waren fünf Betrie-be vertreten. Lediglich zwei Betriebe beteiligen sich aus demfränkischen Raum. Analog zu den Vorjahren dominierte auch2009 bei drei Viertel der teilnehmenden Betriebe die Baum-art Fichte. Die Laubholzregion wurde von drei Betrieben re-präsentiert.

Im Körperschaftswald streute die Zusammensetzung desKollektivs breiter. Die Vergleichsmöglichkeit für die Betriebein den Auswertungskategorien Größenklasse, Regierungsbe-zirk, und Hauptbaumart war gegeben. Jeder Teilnehmer konn-te somit seine einzelbetriebliche Kenngröße den Mittelwertender Vergleichsbetriebe gegenüberstellen.

Anteil der zufälligen Nutzungen weiter rückläufig

Bei den »Zufälligen Nutzungen« (ZE) zeichnete sich eine Fort-setzung des Vorjahrestrends ab (Abbildung 2). Im Privatwaldhalbierte sich der ZE-Anteil auf 25 Prozent (2008: 50 %) desHolzeinschlags. Ähnlich war auch das Ergebnis im Körper-schaftswald. Von 28 Prozent im Jahr 2008 sank der Anteil derzufälligen Nutzungen auf 17 Prozent im Berichtsjahr.

Holzeinschlag im Privatwald auf RekordtiefTestbetriebsnetz 2009: Privat- und Körperschaftswald leiden weiter unterrückläufigen Unternehmenserträgen

Friedrich Wühr

Im Wirtschaftsjahr 2009 konnten nur die Testbetriebe aus dem Privatwald ein positives Betriebsergebnis erwirtschaften. Für dieTeilnehmer aus dem Körperschaftswald fiel das Gesamtergebnis erstmals seit Jahren negativ aus. Der Privatwald erzielte einenReinertrag von 131 Euro je Hektar (ohne Fördermittel) und lag damit um 35 Euro niedriger als im Vorjahr. Dies ist auf den kon-junkturbedingt geringeren Holzeinschlag zurückzuführen, der sich von 10,1 auf 7,4 Festmeter je Hektar verringerte. Der Körper-schaftswald wies mit –21 Euro je Hektar (ohne Fördermittel) einen negativen Reinertrag auf und erreichte den tiefsten Standseit acht Jahren. Die Gewinneinbrüche in beiden Besitzarten konnten durch die Förderung teilweise ausgeglichen werden.

WALD -WISSENSCHAFT-PRAXIS

LWF aktuell 80/201154

Abbildung 1: Im Jahr 2009 schlugen die Privatwaldbesitzer, aberauch der Körperschaftswald deutlich weniger Holz ein als in denJahren zuvor.

Foto: M. Senoldo, Fotolia

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WALD -WISSENSCHAFT-PRAXIS

LWF aktuell 80/2011 55

Ertrag

Im Privatwald lag der Anteil des Holzverkaufs, bezogen aufden Hektar Holzbodenfläche, am Gesamtertrag bei 93 Pro-zent. In absoluten Zahlen bezifferte sich der Holzertrag im Pri-vatwald auf 421 Euro je Hektar Holzboden (Tabelle 1). Dazukamen 34 Euro je Hektar aus dem Verkauf forstlicher Neben-erzeugnisse, der Jagd und der Fischerei sowie der Nutzung vonLiegenschaften. Als Ergebnis konnte in den Produktbereichen1 bis 5 ein Erlös von 455 Euro verbucht werden.

Die teilnehmenden Privatwaldbetriebe erhielten durch-schnittlich 60 Euro Fördermittel je Hektar.

Die Körperschaftswaldbetriebe erwirtschafteten einen Ge-samtertrag in den Produktbereichen 1 bis 5 von 372 Euro jeHektar (2008: 460 €/ha). Der Produktbereich »Produktionvon Holz und anderen Erzeugnissen« (PB 1) schloss mit einemErgebnis von 343 Euro je Hektar ab, davon entfielen auf Holz-erträge 318 Euro. Mit den sonstigen Erträgen aus dem Verkaufvon forstlichen Nebenprodukten, der Jagd und Fischerei so-wie der Nutzung von Liegenschaften erzielten die Körper-schaften einen Ertrag von 28 Euro je Hektar. Dieser setzte sichzusammen aus Leistungen im Produktbereich 3 »Erholungund Umweltbildung« mit zwei Euro je Hektar und Leistungenim Produktbereich 4 »Leistungen für Dritte« mit 26 Euro jeHektar.

Die Testbetriebe im Körperschaftswald erhielten insgesamt25 Euro je Hektar an Fördermitteln (inkl. Personalkostenzu-schüsse), 22 Euro davon für den Produktbereich 1.

Deutliche Abnahme des Holzeinschlags

Die rezessive Wirtschaftlage blieb auch auf dem Holzmarktnicht ohne Auswirkungen. Die Waldbesitzer reagierten mit ei-nem deutlich schwächeren Holzeinschlag. Sowohl im Privat-wald mit 7,4 Erntefestmeter pro Hektar (2008: 10,1 Efm/ha)als auch im Körperschaftswald mit 6,4 Erntefestmeter proHektar (2008: 8,0 Efm/ha) lagen die geernteten Holzmengendeutlich unter denjenigen der Vorjahre (Abbildung 3).

Holzerntekosten

Bei den Forstbetrieben setzte sich die seit längerem abzeich-nende Tendenz weiter fort, immer weniger Betriebsarbeitendurch eigenes Personal durchführen zu lassen.

Die aufgewendeten Arbeitsstunden je Hektar sanken imPrivatwald auf 2,5 Stunden. Im Körperschaftswald wurdeebenfalls ein Rückgang von 4,7 auf 4,3 Stunden je Hektar ver-zeichnet.

Im Privatwald erhöhten sich die Holzerntekosten für Re-gie- und Unternehmerarbeiten auf circa 26 Euro pro Festme-ter (2008: 23 €/Fm), im Körperschaftswald blieben sie mit 25Euro pro Festmeter gegenüber dem Vorjahr unverändert.

Im Privatwald erledigten Unternehmer 59 Prozent der Holz erntearbeiten (2008: 45 %). Mit Hilfe von Selbstwerbernwurden nur noch 13 Prozent des Holzeinschlags durchgeführt.Der Einsatz von eigenen Arbeitskräften ging auf 28 Prozentzurück (2008: 40%).

Der Körperschaftswald setzte hingegen vermehrt Selbst-werber ein. Diese führten 34 Prozent des Einschlags durch.17 Prozent der Holzmenge ließen die Betriebe von Unter -nehmern aufarbeiten (2008: 23 %). In Eigenregie wurden49 Prozent der Holzerntearbeiten motormanuell durchgeführt(2008: 23 %).

An

teil

ZE [

%]

Zufällige Nutzungen im Holzeinschlag60

55

50

45

40

35

30

25

20

15

10

5

01999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009

Privatwald Körperschaftswald

Abbildung 2: Durchschnittliche Anteile der zufälligen Nutzungen imPrivat und Körperschaftswald von 1999 bis 2009

Ein

sch

lag

[fm

/ha]

Entwicklung des Holzeinschlags14

12

10

8

6

4

2

01999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009

Privatwald Körperschaftswald

Abbildung 3: Entwicklung des Holzeinschlags im Privat- und Körper-schaftswald von 1999 bis 2009

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Für den Produktbereich 1 »Produktion von Holz« lag derDurchschnittswert bei 24 Euro je Hektar (2008: 76 €/ha). Inden Produktbereichen 2 bis 5 deckten die Erträge (28 Euro jeHektar) den Aufwand (153 Euro je Hektar) nur noch zu etwa18 Prozent (2008: 24 %).

Im Körperschaftswald stieg die Zahl der Betriebe mit ne-gativem Reinertrag I auf 44 Prozent (2008: 35 %).

Der Tabellenteil zum Testbetriebsnetz Forst 2009 steht auf der In-ternetseite der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirt-schaft (www.lwf.bayern.de) zum Herunterladen bereit. Sie könnenihn auch als Ausdruck anfordern oder sich als PDF-Datei schickenlassen. Anfragen richten Sie bitte an Friedrich Wü[email protected]

Friedrich Wühr ist als Mitarbeiter im Sachgebiet »Forstpolitik« derBayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft zuständigfür das Testbetriebsnetz [email protected]

Aufwand

In beiden Besitzarten entstand, analog zum Ertrag, der Auf-wand überwiegend im Produktbereich 1 »Produktion vonHolz und anderen Erzeugnissen«. Im Privatwald erreichte ereinen Anteil von 95 Prozent (307 Euro je Hektar), im Körper-schaftswald von 81 Prozent (319 Euro je Hektar) (Tabelle 2).

Der Aufwand in den Produktbereichen 2 bis 5 summiertesich im Privatwald auf 18 Euro je Hektar. Davon entfielen elfEuro je Hektar auf »Leistungen für Dritte«, fünf Euro je Hekt -ar auf »Schutz und Sanierung« und je einen Euro je Hektarauf »Erholung und Umweltbildung« und »Hoheitliche Aufga-ben«.

Im Körperschaftswald bezifferte sich der Aufwand in denProduktbereichen 2 bis 5 auf insgesamt 74 Euro je Hektar. DerProduktbereich 4 »Leistungen für Dritte« schlug mit 30 Euroje Hektar in dieser Kategorie am meisten zu Buche.

Das Wirtschaftsjahr hat der Privatwald mit einem Gesamt-aufwand von 324 Euro je Hektar und der Körperschaftswaldmit 392 Euro je Hektar abgeschlossen.

Erfolgsrechnung

Der Unternehmensertrag für die privaten Testbetriebe fiel mit131 Euro je Hektar (ohne Förderung) gegenüber dem Vorjahr(176 €/ha) deutlich niedriger aus.

Der Reinertrag im Produktbereich 1 »Produktion vonHolz« belief sich dabei auf 148 Euro je Hektar (2008: 182€/ha). Die Zahl der Privatwaldbetriebe mit negativem Rein-ertrag I lag bei circa 12 Prozent.

Im Körperschaftswald errechnete sich im Mittel erstmalsseit Jahren ein negatives Gesamtergebnis von –21 Euro je Hekt ar (ohne Förderung) (2008: 29 €/ha).

WALD -WISSENSCHAFT-PRAXIS

LWF aktuell 80/201156

Tabelle 1: Ertrag nach Produktbereichen und Besitzarten Tabelle 2: Aufwand nach Produktbereichen

Ertrag aus Produkt-bereich in €/ha

Privat-wald

Körperschafts-wald

PB 1 Holz 421 318

Forstliche Neben-erzeugnisse

34 25

PB 2 Schutz undSanierung

0 0

PB 3 Erholung undUmweltbildung

0 2

PB 4 Leistung fürDritte

0 26

PB 5 HoheitlicheAufgaben

0 0

Fördermittel PB 1 60 22

Fördermittel PB 2 bis 5 0 3

Betriebsauf für Pro-duktbereich in €/ha

Privat-wald

Körperschafts-wald

PB 1 Produktion von Holz und andere Erzeugnisse

Holzernte 115 108

Walderneuerung 23 35

Waldpflege 19 16

Waldschutz 15 16

SonstigeKostenstellen

29 42

Verwaltung 106 101

PB 2 Schutz und Sanierung 5 14

PB 3 Erholung undUmweltbildung

1 19

PB 4 Leistungen für Dritte 11 30

PB 5 Hoheitliche Aufgaben 1 11

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LWF aktuell 80/2011 57

»Mein Waldwissen«

Sowohl die bereits bestehende Bewertungsfunktion als auchdie Möglichkeit, Artikel zu kommentieren, werden beibehal-ten. Für den angemeldeten Nutzer kommen unter »Mein Wald-wissen« jetzt noch mehrere Funktionen hinzu.

Sie haben auf waldwissen.net einen Artikel gelesen, der Siebesonders interessiert hat? Sie möchten diesen Beitrag gerneim Auge behalten, um Änderungen sofort zu sehen und Be-merkungen anderer Leser nachverfolgen zu können? Mit»Mein Waldwissen« kein Problem, dort können Sie auch Ihreganz persönliche Ordnerstruktur anlegen, um Beiträge nachIhren Ansprüchen zu sortieren und eigene kleine »Dossiers«zusammenzustellen, zum Beispiel zu einem für Sie sehr wich-tigen Thema.

Der sicherlich innovativste Service ist der »Empfehlungs-dienst«. Bei der Anmeldung kann der User Angaben zu seinerPerson und seinen Interessen abspeichern. Aufbauend auf die-sen Informationen werden ihm dann passende Beiträge emp-fohlen. Auf diese Weise erhält jeder Nutzer den Artikel, der zuseinen Interessen passt.

Daneben gibt es noch weitere Neuerungen. Am besten Sieprobieren einfach aus, was genau sich hinter dem »neuen«waldwissen.net noch alles verbirgt.

Carina Schwab ist hauptverantwortliche Redakteurin der Internet-plattform waldwissen.net an der Bayerischen Landesanstaltfür Wald und Forstwirtschaft im Zentrum Wald-Forst-Holz Weihen-stephan. [email protected]

Neues Outfit und verbesserter ServiceDie Internetplattform waldwissen.net wird neu gestaltet

Carina Schwab

Das länderübergreifende Wissensportal waldwissen.net ist die Adresse für alle, die auf dem Gebiet der Forstwirtschaft tätigsind. Damit die Informationen künftig noch leichter zu finden sind und den Nutzern optimal angeboten werden können, habendie vier Herausgeber die Internetseite verbessert. Pünktlich zum Jahr der Wälder 2011 geht das »neue« waldwissen.net onlineund ist auf alle Fälle einen Klick wert.

Die Internetplattform waldwissen.net wurde am 16. Februar2010 fünf Jahre alt. Das hört sich im ersten Moment wenig an,ist aber in der Welt des Internets, die sich stetig weiterentwi-ckelt, eine kleine Ewigkeit. Höchste Zeit also für die vier Herausgeber, die Bayerische Landesanstalt für Wald undForstwirtschaft (LWF), das Bundesforschungs- und Ausbil-dungszentrum für Wald, Naturgefahren und Landschaft(BFW), die Eidgenössische Forschungsanstalt für Wald,Schnee und Landschaft (WSL) und die Forstliche Versuchs-und Forschungsanstalt Baden-Württemberg (FVA), den proMonat über 120.000 Usern eine angepasste und verbessertewaldwissen.net-Seite zu bieten. Nach etwa einem Jahr Ent-wicklungs- und Umsetzungszeit geht das »neue« waldwis-sen.net pünktlich zum Jahr der Wälder 2011 online.

Die erste Seite

Schon auf der Startseite erkennt der geübte Nutzer, dass sicheiniges geändert hat auf waldwissen.net.Wurden dort bisherimmer sieben von der Redaktion ausgewählte Artikel präsen-tiert, die sich aus neuen Beiträgen sowie aktuellen Themen zu-sammensetzten und wöchentlich wechselten, erscheinen künf-tig zwei hochaktuelle Themen und drei ausgewählte neueArtikel.

Auch die Navigation ist eine andere. Sie war bisher zwarfür forstliche Fachleute zu durchschauen, aber nicht für alleNutzergruppen verständlich. Einen Artikel zu einem bestimm-ten Thema zu finden, war oftmals eine langwierige Angelegen-heit. Dem wird nun mit der neuen Struktur von waldwis-sen.net abgeholfen. Neben diesen optischen und praktischen»Kleinigkeiten« wird dem User vor allem aber eines geboten:ein vielfältiger und umfassender Service.

WALD -WISSENSCHAFT-PRAXIS

Abbildung 1: Das neue Logo von waldwissen.net ist dieaugenscheinlichste, aber bei Weitem nicht die einzige Innovationauf der Internetplattform.

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NachrichtenNachrichten

Nachrichten Nachrichten

Nachrichten

NachrichtenNachrichten

»Fachberatung Holz« wird es weiter geben

Die im Jahr 20010 neu gegründete Zukunft Holz GmbH(ZHG) ist in ihrer Arbeit wieder einen Schritt weiter: Das Pro-jekt »Fachberatung Holz« ist auf den Weg gebracht. Im Novem-ber letzten Jahres stimmten die beteiligten Unternehmen undOrganisationen der Vergabe des Auftrages an die Gruppe derregionalen Fachberater des früheren Holzabsatzfonds (HAF)zu. Damit sind die Voraussetzungen für die Beauftragungdurch die Zukunft Holz GmbH geschaffen.

Der mit der Leitung des Projekts beauftragte Norbert Bud-dendick betont die Notwendigkeit, der Branche die Details derFachberatung Holz nun auch inhaltlich nahezubringen undappellierte an die Unternehmen, Betriebe, Institutionen und

KURZ UND BÜNDIG

LWF aktuell 80/201158

»biomasse 2010» in Rosenheim

Vom 22. bis 24. Oktober 2010 fand die »biomasse 2010« alsFach- und Verbrauchermesse für Nachwachsende Rohstoffeund Solarenergie im Lokschuppen in Rosenheim statt. Auchdie Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft(LWF) war wieder auf der »biomasse« mit einem Messestandvertreten und informierte die Besucher zu den Themen Holz-energie und Kurzumtriebsplantagen.

Die über 4.000 Besucher konnten sich, bei freiem Eintritt,an den drei Messetagen von 50 Ausstellern über die neuestenEntwicklungen in den Bereichen Heizen, Bauen, Solarener-gie, Holzaufbereitung und biologisch abbaubare Werkstoffeinformieren und beraten lassen.

Am im Design des Zentrums Wald Forst Holz - Weihenste-phan gestalteten Messestand der LWF konnten sich die Besu-cher anhand einer Posterserie, zahlreichen Exponaten sowieder LWF-Merkblätter zu den Themen Holzenergie aus Scheit-holz, Pellets und Hackschnitzel informieren. Auf großes Inte-resse stieß dabei das diesjährige Schwerpunktthema »Holz-energie vom Acker«. In zahlreichen Gesprächen mit derStandbetreuung konnten den Messebesuchern viele offeneFragen zum Anbau und Ernte von Kurzumtriebsplantagen be-antwortet werden. höge

Foto: R. Sliwinski

Holz – perfekt verarbeitet

Kein anderer Werkstoff ist so vielseitig und zugleich einzig -artig wie Holz. Wie der heimische Werkstoff perfekt zu inno-vativen Möbeln verarbeitet werden kann, zeigt alljährlich einWettbewerb, den das bayerische Forstministerium gemeinsammit dem Schreinerhandwerk durchführt. Auch 2010 zeichne-ten Bayerns Forstminister Helmut Brunner und der Präsidentdes Bayerischen Schreinerhandwerks, Konrad Steininger, aufder »Heim + Handwerk« in München zehn Möbelstücke aus.

Für das Motto »Möbel mit Ausstrahlung« hatten die Schrei-ner ihrer Kreativität freien Lauf gelassen und ausgefallene Stü-cke geschaffen – vom leuchtenden »Feuertisch« bis zum »Kühl-turm« für die eigene Bar.

Die zehn ausgezeichneten Preisträger und die Beschrei-bung ihre prämierten Möbelstücke sind unter www.stmelf.bayern.de/presse/2010/ zu sehen. red

Foto: StMELF

Forstminister Helmut Brunner, Präsident Konrad Steininger, Schreiner Josef Öttl und Veronika Wernberger vor dem »Kühlturm«

Organisationen der Branche Forst und Holz, sich aktiv an derweiteren Gestaltung des Projekts zu beteiligen.

Insbesondere die regionale Fachberatung soll als eines derHauptanliegen der Projektgruppe weiter bestehen. Auf Grundder bislang begrenzten Mittel sind die Fachberater für dieDurchführung ihrer Aktivitäten jedoch auf regionale Struktu-ren wie Landesbeiräte oder Clusterinitiativen angewiesen. red

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KURZ UND BÜNDIG

59

Impressum

LWF aktuell – Magazin der Bayerischen Landesanstaltfür Wald und Forstwirtschaft und Mitgliederzeitschriftdes Zentrums Wald-Forst-Holz WeihenstephanLWF aktuell erscheint sechsmal jährlich zuzüglich Sonderausgaben.Erscheinungsdatum der vorliegenden Ausgabe: 10. Januar 2011Namentlich gezeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinungdes Herausgebers wieder.

Herausgeber:Olaf Schmidt für die Bayerische Landesanstalt für Wald und ForstwirtschaftProf. Dr. Anton Fischer für das Zentrum Wald-Forst-Holz WeihenstephanHans-Carl-von-Carlowitz-Platz 1, 85354 FreisingTelefon: 0 8161|71-4881, Telefax: 0 81 61|71-4971www.lwf.bayern.de und [email protected]:Michael Mößnang V.i.S.d.P.Redaktion: Dr. Alexandra Wauer, Florian Mergler (Waldforschung aktuell)Gestaltung: Christine HopfLayout: Grafikstudio 8, LangenbachDruck: Kastner AG, WolnzachAuflage: 2.500 StückPapier: aus nachhaltiger Forstwirtschaft

Bezugspreis: EUR 5,– zzgl. Versandfür Mitglieder des Zentrums Wald-Forst-Holz Weihenstephan e.V. kostenlosMitgliedsbeiträge: Studenten EUR 10,– / Privatpersonen EUR 30,– /Vereine, Verbände, Firmen, Institute EUR 60,–ISSN 1435-4098

Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck, auch auszugsweise, erwünscht,aber nur nach Rücksprache mit dem Herausgeber (schriftliche Genehmigung).Wir bitten um Quellenangabe und Überlassung von Belegexemplaren.

Nächste Ausgabe:Internationales Jahr der WälderDie Generalversammlung der Vereinten Nationen hat dasJahr 2011 zum »Internationalen Jahr der Wälder« erklärt.Die Staatengemeinschaft will damit auf die besondereBedeutung desWaldes und einer nachhaltigenWaldbewirt-schaftung sowie die Bekämpfung der Armut hinweisen. Ent-sprechende internationale Aktivitäten werden vom Wald-forum der VereintenNationen (UNFF) in Zusammenarbeitmit der Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Natio-nen (FAO) koordiniert und sollen durch nationale Aktivi-täten unterstützt und ergänzt werden.

In Deutschland übernimmt Bundespräsident ChristianWulff die Schirmherrschaft für das »Jahr derWälder 2011«.Mit der Übernahme durch den Bundespräsidenten werdedie zentrale Bedeutung der Wälder für die Lebensqualitätin besonderem Maße gewürdigt, erklärte Bundesagrarmi-nisterin Ilse Aigner in Berlin. In Deutschlandwird das JahrderWälder von den Forstverwaltungen des Bundes und derLänder getragen und vom Bundesministerium für Ernäh-rung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz koordiniert.In Bayern hat sich eine Arbeitsgruppe gebildet, die die UN-Initiative für eine intensive forstliche Öffentlichkeitsarbeitnutzt. Die Aktivitäten stehen unter dem Motto »Forstwirt-schaft schafft Leben« und sollen insbesondere die Notwen-digkeit derWaldnutzung vermitteln. Die Arbeitsgruppe willmit dem Slogan »Forstwirtschaft schafft Leben« die bayeri-sche Forstwirtschaft im Jahr der Wälder positionieren. red

LWF aktuell 80/2011

Tannentagung der LWF

Sie ist einer der ganz großen Hoffungsträger der Forstwirt-schaft, wenn es darum geht, große Teile unsererWälder in kli-magerechte und standortsgemäße Mischbestände umzubau-en, und somit fit zu machen für die eine wärmere Zukunft –die Weißtanne.

Nachdem sich die Bayerische Landesanstalt fürWald undForstwirtschaft in ihrer Veranstaltungsreihe »Wälder im Kli-mawandel« in den Jahren 2008 und 2009 intensiv mit denBaumarten Douglasie und Fichte auseinandersetzte, werdenin diesem Jahr Wissenschaftler und Praktiker Förstern undWaldbauern wichtige Informationen über die Perspektiven derWeißtanne im Klimawandel präsentieren. Der Schwerpunktder Tagung sind aktuelle, möglichst neue, fachliche Informa-tionen zu folgenden Themen: Praxisnahe Tannen-Wirtschaft,standörtliche und genetische künftige Eignung, Waldschutz,Erfahrungen aus dem »Tannenland« Baden-Württemberg oderHolzmarkt und Waldumbau. Ein Beitrag wird sich auch miteiner nahen Verwandten, der Großen Küstentanne, und ih-rem Platz in Mischbeständen befassen

Die Tagung findet am 10.März 2011 in Freising-Weihenste-phan statt. Informationen unter: www.lwf.bayern.de red

Der Luchs – Wildtier des Jahres 2011

Vor 100 Jahren war der Luchs in Deutschland nahezu ausge-rottet. Ein ähnliches Schicksal erlitten schon etwas früherauch die beiden anderen Großraubtiere Bär undWolf. Im Ge-gensatz zu Bär und Wolf hat es der Luchs jedoch geschafft,sich in Deutschland und bei uns in Bayern im BayerischenWald wieder anzusiedeln. Die Wiederansiedlung in den1980er Jahren auf tschechischer Seite ermöglichte es demLuchs, auf bayerischer Seite Fuß zu fassen. Inzwischen gibt esbei uns wieder mehr Luchse. Zu Gesicht bekommen wird densehr scheuen und heimlichen Jäger jedoch kaum jemand. FürMenschen ist die Raubkatze in der Regel völlig ungefährlich.

Die Schutzgemeinschaft Deutsches Wild hat den LuchszumWildtier des Jahres 2011 gewählt. red

Foto: M. Dimitrij, Fotolia

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Der Waldhammer und sein Förster

Mit Hammer und Schwert durchstreifte m

ancher mittelalterliche

Förster die Wälder. Das lag allerdings nicht (nur) an

dem üblen

Gesindel, das sichdamals in den Wäldern verbarg. Mit einem

Waldhammer zeichnete er Bestände aus un

dmarkierte Holzstäm-

me. Mit der scharfen Beilseite plätzte er die Rinde ab und mit

der Hammerseite

schlug er Wappen oder Namenszug seines Forstherr

n in das Holz. Im Laufe der Zeit

wandelte sich der einfacheWaldhammer zu einem

aufwendig gestalteten Insigne. Im

extra langen Stiel eines reich verziertenW

aldhammers aus demJahre 1577 war soga

r

eine ein Meter lange Schwertklinge verborgen. Der

art ausgestattet strahlte sein Trä-

ger nicht nur Würde aus, sondern demonstrierte auchMacht.

Heute sind unsere FörsterInnenweniger bewaffnet,

und auch ihre Geräte sind

wieder um vieles einfacher gestaltet. Neben Laptop

oder Sprühdose verwendenman-

che doch noch gerne Reißhaken oder Anschalmbeilc

hen.

AusgezeichnetErlesenes aus alten Quellen

Foto:GermanischesNationalmuseumNürnberg