„abmorgenbitteonline“: vergleichdigitaler ......originalien die zunahme der anforderungen...

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HNO Originalien HNO 2021 · 69:213–220 https://doi.org/10.1007/s00106-020-00939-5 Angenommen: 7. August 2020 Online publiziert: 14. September 2020 © Der/die Autor(en) 2020 C. Offergeld 1 · M. Ketterer 1 · M. Neudert 2 · F. Hassepaß 1 · N. Weerda 1 · B. Richter 3 · L. Traser 3 · C. Becker 1 · N. Deeg 1 · A. Knopf 1 · T. Wesarg 1 · A-K. Rauch 1 · T. Jakob 1 · F. Ferver 1 · F. Lang 1 · V. Vielsmeier 4 · S. Hackenberg 5 · M. Diensthuber 6 · M. Praetorius 7 · B. Hofauer 1 · N. Mansour 1 · S. Kuhn 8 · T. Hildenbrand 1 1 Univ.-HNO-Klinik, Med. Fakultät, Albert-Ludwigs-Universität, Freiburg, Deutschland 2 Univ.-HNO-Klinik, Med. Fakultät, Technische Universität Dresden, Dresden, Deutschland 3 Institut für Musikermedizin, Med. Fakultät, Albert-Ludwigs-Universität, Freiburg, Deutschland 4 Univ.-HNO-Klinik, Med. Fakultät, Universität Regensburg, Regensburg, Deutschland 5 Univ.-HNO-Klinik, Med. Fakultät, Julius-Maximilians-Universität, Würzburg, Deutschland 6 Univ.-HNO-Klinik, Med. Fakultät, , Goethe Universität, Frankfurt/M, Deutschland 7 Univ.-HNO-Klinik, Med. Fakultät,Ruprecht-Karls-Universität, Heidelberg, Deutschland 8 Zentrum für Orthopädie und Unfallchirurgie, Universitätsmedizin, Johannes Gutenberg-Universität, Mainz, Deutschland „Ab morgen bitte online“: Vergleich digitaler Rahmenbedingungen der curricularen Lehre an nationalen Universitäts-HNO-Kliniken in Zeiten von COVID-19 Digitale Lehre an nationalen Universitäts- HNO-Kliniken „Hochschulen sehen sich digital gut ge- rüstet für den Start ins Sommersemester“ [20]. Diese Meldung des Stiſterverbands vom 20.04.2020 ist das Ergebnis einer Umfrage bei den Hochschulleitungen be- züglich des „Corona-Semesters“ [20]. In- teressant ist diese Aussage nicht nur we- gen ihres Inhalts, sondern insbesondere wegen des Veröffentlichungsdatums. Am 19.04.2020 war der initiale Übergangs- zeitraum verstrichen, welcher in eine nor- male Präsenzlehre zurückführen sollte. An einigen Standorten wurde mit einem relativ kurzen Vorlauf von 7–14 Tagen vonseiten der Universitätsleitungen und der Medizinischen Fakultäten (MF) da- rauf hingewiesen, dass sämtliche Lehr- veranstaltungen im Zeitraum offizieller Semesterbeginn (06.04. bzw.14.04.2020) bis zum 19.04.2020 ausschließlich on- line durchgeführt werden sollten. Diese Umstellung war nur möglich, wenn auf bereits bestehende digitalisierte Lehrin- halte der Kliniken gebaut werden konnte oderdiese mitgroßem Zeitaufwand kurz- fristig digitalisiert wurden. Dies setzt ein existierendes und funktionierendes (in- terprofessionelles) Teamwork voraus. Da diese Idealvoraussetzungen nicht überall gegeben sind, wurde mancherorts im- provisiert. Die Folge war weniger die Entstehung eines wirklichen Online-An- gebots, sondern eher einer „notfallbe- dingten Fernlehre“, bei welcher zeitbe- dingt zwar Inhalte präsentiert werden, denen aber ein zugrunde liegendes di- daktisches Lehrkonzept fehlt. Vorausge- setzt, dass wie im Rahmen der aktuellen COVID-19-Pandemie Vorlesungen, Se- minare und Kurse nicht mehr stattfinden können respektive dürfen, sind an Stelle der Präsenzlehre innovative Lehrmetho- den angezeigt und mitunter alternativ- los [13, 19, 23]. In derartig unerwarteten Situationen sind Institutionen im Vor- teil, welche bereits in der Vergangenheit in adäquate Rahmenbedingungen inves- tiert haben. Als Sonderfall in der medizinischen Lehre gilt, dass gewisse Lehrinhalte und Fähigkeiten ohne die Möglichkeit prakti- scher (HNO-)Tätigkeiten nur schwer zu vermitteln sind [17]. Diese lassen sich auch durch Standardkonzepte der Uni- versitäten, die überwiegend Vorlesungs- oder Seminarcharakter haben, nur be- dingt umsetzen. Allein deshalb muss ei- ne spezifische digitale Infrastruktur bzw. Alternativlösung an einer Universitäts- klinik etabliert werden [8, 13, 19, 23]. Seit dem Beginn der Corona-Pande- mie war in den Medien immer wieder zu hören, dass Deutschland (hier: die Uni- HNO 3 · 2021 213

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HNOOriginalien

HNO 2021 · 69:213–220https://doi.org/10.1007/s00106-020-00939-5Angenommen: 7. August 2020Online publiziert: 14. September 2020© Der/die Autor(en) 2020

C. Offergeld1 · M. Ketterer1 · M. Neudert2 · F. Hassepaß1 · N. Weerda1 · B. Richter3 ·L. Traser3 · C. Becker1 · N. Deeg1 · A. Knopf1 · T. Wesarg1 · A-K. Rauch1 · T. Jakob1 ·F. Ferver1 · F. Lang1 · V. Vielsmeier4 · S. Hackenberg5 · M. Diensthuber6 ·M. Praetorius7 · B. Hofauer1 · N. Mansour1 · S. Kuhn8 · T. Hildenbrand1

1 Univ.-HNO-Klinik, Med. Fakultät, Albert-Ludwigs-Universität, Freiburg, Deutschland2Univ.-HNO-Klinik, Med. Fakultät, Technische Universität Dresden, Dresden, Deutschland3 Institut für Musikermedizin, Med. Fakultät, Albert-Ludwigs-Universität, Freiburg, Deutschland4Univ.-HNO-Klinik, Med. Fakultät, Universität Regensburg, Regensburg, Deutschland5Univ.-HNO-Klinik, Med. Fakultät, Julius-Maximilians-Universität,Würzburg, Deutschland6Univ.-HNO-Klinik, Med. Fakultät, , Goethe Universität, Frankfurt/M, Deutschland7Univ.-HNO-Klinik, Med. Fakultät, Ruprecht-Karls-Universität, Heidelberg, Deutschland8 Zentrum für Orthopädie und Unfallchirurgie, Universitätsmedizin, Johannes Gutenberg-Universität,Mainz, Deutschland

„Ab morgen bitte online“:Vergleich digitalerRahmenbedingungen dercurricularen Lehre an nationalenUniversitäts-HNO-Kliniken inZeiten von COVID-19Digitale Lehre an nationalen Universitäts-HNO-Kliniken

„Hochschulen sehen sich digital gut ge-rüstet fürdenStart ins Sommersemester“[20]. Diese Meldung des Stifterverbandsvom 20.04.2020 ist das Ergebnis einerUmfrage bei denHochschulleitungenbe-züglich des „Corona-Semesters“ [20]. In-teressant ist diese Aussage nicht nur we-gen ihres Inhalts, sondern insbesonderewegen desVeröffentlichungsdatums. Am19.04.2020 war der initiale Übergangs-zeitraumverstrichen,welcherineinenor-male Präsenzlehre zurückführen sollte.An einigen Standorten wurde mit einemrelativ kurzen Vorlauf von 7–14 Tagenvonseiten der Universitätsleitungen undder Medizinischen Fakultäten (MF) da-rauf hingewiesen, dass sämtliche Lehr-veranstaltungen im Zeitraum offiziellerSemesterbeginn (06.04. bzw.14.04.2020)bis zum 19.04.2020 ausschließlich on-line durchgeführt werden sollten. Diese

Umstellung war nur möglich, wenn aufbereits bestehende digitalisierte Lehrin-halte der Kliniken gebaut werden konnteoderdiesemitgroßemZeitaufwandkurz-fristig digitalisiert wurden. Dies setzt einexistierendes und funktionierendes (in-terprofessionelles) Teamwork voraus. Dadiese Idealvoraussetzungen nicht überallgegeben sind, wurde mancherorts im-provisiert. Die Folge war weniger dieEntstehung eines wirklichenOnline-An-gebots, sondern eher einer „notfallbe-dingten Fernlehre“, bei welcher zeitbe-dingt zwar Inhalte präsentiert werden,denen aber ein zugrunde liegendes di-daktisches Lehrkonzept fehlt. Vorausge-setzt, dass wie im Rahmen der aktuellenCOVID-19-Pandemie Vorlesungen, Se-minare undKurse nichtmehr stattfindenkönnen respektive dürfen, sind an Stelleder Präsenzlehre innovative Lehrmetho-

den angezeigt und mitunter alternativ-los [13, 19, 23]. In derartig unerwartetenSituationen sind Institutionen im Vor-teil, welche bereits in der Vergangenheitin adäquate Rahmenbedingungen inves-tiert haben.

Als Sonderfall in der medizinischenLehre gilt, dass gewisse Lehrinhalte undFähigkeiten ohne dieMöglichkeit prakti-scher (HNO-)Tätigkeiten nur schwer zuvermitteln sind [17]. Diese lassen sichauch durch Standardkonzepte der Uni-versitäten, die überwiegend Vorlesungs-oder Seminarcharakter haben, nur be-dingt umsetzen. Allein deshalb muss ei-ne spezifische digitale Infrastruktur bzw.Alternativlösung an einer Universitäts-klinik etabliert werden [8, 13, 19, 23].

Seit dem Beginn der Corona-Pande-mie war in denMedien immer wieder zuhören, dass Deutschland (hier: die Uni-

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Originalien

Abb. 19 Ergebnisdar-stellung (Mittelwerte)der Befragung vonUni-versitätsklinika (UK) undakademischen Lehrkran-kenhäuser (ALK) zur Lehr-situation an nationalenUniv.-HNO-Kliniken

versitäten) in jeder Hinsicht gut auf einesolche Krise vorbereitet sei(en). DieseFeststellungen stehen allerdings nichtimmer im Einklang mit den subjektivenBeobachtungen an medizinischen Lehr-betrieben. Die COVID-19-Pandemie

macht deutlich, dass die Bereitstellungdigitaler Lehrveranstaltungen innerhalbder jeweiligen MF in sehr unterschied-lichem Maße erfolgt [8, 10, 11, 16].Mit dem Ziel, einen objektivierbarenÜberblick über den Status quo zum Se-

mesterstart zu erlangen, führten wir eineUmfrage an allen 39 nationalen Univer-sitätskliniken (UK) und exemplarisch20 akademischen Lehrkrankenhäusern(ALK) mit HNO-Hauptabteilung durch.

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Zusammenfassung · Abstract

HNO 2021 · 69:213–220 https://doi.org/10.1007/s00106-020-00939-5© Der/die Autor(en) 2020

C. Offergeld · M. Ketterer · M. Neudert · F. Hassepaß · N. Weerda · B. Richter · L. Traser · C. Becker · N. Deeg · A. Knopf · T. Wesarg · A. Rauch ·T. Jakob · F. Ferver · F. Lang · V. Vielsmeier · S. Hackenberg · M. Diensthuber · M. Praetorius · B. Hofauer · N. Mansour · S. Kuhn · T. Hildenbrand

„Abmorgen bitte online“: Vergleich digitaler Rahmenbedingungen der curricularen Lehre annationalen Universitäts-HNO-Kliniken in Zeiten von COVID-19. Digitale Lehre an nationalenUniversitäts-HNO-Kliniken

ZusammenfassungHintergrund. Die Corona-Krise beeinflusstnicht nur das professionelle Handeln, sondernauch die Lehre an den Universitäten. Schlag-worte wie „E-Learning“ und „Digitalisierung“suggerieren die Möglichkeit innovativer,ad hoc verfügbarer Lösungsansätze für dieLehre in der aktuellen COVID-19-Situation.Die aktuelle Umstellung auf digitale Lehreist aber nicht primär durch eine didaktischeSinnhaftigkeit oder institutionelle Strategie,sondern durch äußere Notwendigkeit geprägt.Ziel der Arbeit. Ziel der Arbeit war dieErfassung der Lehrsituation an nationalenUniversitäts-HNO-Kliniken und akademischenLehrkrankenhäusern zu Beginn des virtuellenCorona-Sommersemesters 2020.Material und Methode. Ein eigens erstellterFragebogen zur jeweiligen lokalen Situation,

den örtlichen Rahmenbedingungen sowiezu bundesweiten Szenarien wurde an alle39 nationalen Universitäts-HNO-Kliniken und20 akademischen Lehrkrankenhäuser mitHNO-Hauptabteilung versandt.Ergebnisse. Die ausgefüllten Fragebögenvon 31 Universitätskliniken (UK) und10 akademische Lehrkrankenhäuser (ALK)gingen in die Auswertung ein. Es zeigtensich offensichtliche Diskrepanzen zwischenverfügbaren Ressourcen und tatsächlichverfügbaren digitalisierten Lehrinhalten.Weitere Kritikpunkte offenbarten sichin Bezug auf die Kommunikation mitder Medizinischen Fakultät, die digitaleInfrastruktur und insbesondere in der oftmalsmangelnden Kollaboration mit den zentralen

Supportstrukturen, wie Medien-, Didaktik-und Rechenzentren.Schlussfolgerung. Es gibt durchaus positiveBeispiele für eine gelungene Überführungder Präsenzlehre in das ausschließlichvirtuelle Sommersemester 2020 innerhalb derUniversitäts-HNO-Kliniken. Mehrheitlich aberüberwiegen kritische Einschätzungen derLehrbeauftragten bzw. Ärztlichen Direktorengegenüber der aktuellen Lehrsituation. Einezeitkritische strategischeWeiterentwicklungist dringend erforderlich.

SchlüsselwörterMedizinische Lehre · Digitalisierung · HNO-Heilkunde · Covid-19 · RahmenbedingungenLehre

“Online from tomorrow on please”: comparison of digital framework conditions of curricular teachingat national university ENT clinics in times of COVID-19. Digital teaching at national university ENTclinics

AbstractBackground. The corona crisis not only affectsprofessional activities but also teaching andlearning at universities. Buzzwords, such ase-learning and digitalization suggest thepossibility of innovative teaching approachesthat are readily available to solve the problemsof teaching in the current COVID-19 pandemic.The current conversion to digital teachingis not primarily driven by didactic rationaleor institutional strategy but by externalcircumstances.Objective. The aim of the study was todetermine the teaching situation at nationaluniversity ENT clinics and academic teachinghospitals at the start of the virtual coronasummer semester in 2020.

Material and methods. A specifically self-designed questionnaire regarding the localsituation and conditions as well as nationwidescenarios was sent to all 39 national universityENT clinics and 20 ENT departments atacademic teaching hospitals.Results. A total of 31 university hospitals and10 academic teaching hospitals took part inthe survey. There were obvious discrepanciesbetween available resources and effectivelyavailable digital teaching and learningcontents. Further criticism was expressedregarding the communication with themedical faculty, the digital infrastructure andparticularly the frequent lack of collaboration

with central support facilities, such as media,didactics and datacenters.Conclusion. There are positive examplesof successful transformation of classroomteaching to an exclusively virtual summersemester 2020 within the university ENTclinics; however, critical ratings of assistantprofessors and medical directors regardingthe current teaching situation predominated.A time-critical strategic advancement isurgently needed.

KeywordsMedical education · Digitization · Otorhino-laryngology · Covid-19 · Educational frameconditions

Material undMethode

Alle nationalen UK (n= 39) und 20 ALKmit HNO-Hauptabteilung (ALK) wur-den mit der Bitte um Teilnahme kon-taktiert. Die Auswahl der ALK geschahzufällig unter Berücksichtigung einerausgewogenen geografischen Verteilung.Zusätzlich wurde ein Bundeswehrkran-

kenhaus angeschrieben, welches in derAuswertungdenALKzugeordnetwurde.

DieFragebögenwurdenam21.04.2020per E-Mail versendet. Aufgrund desCharakters einer Blitzumfrage wurdedas Zeitfenster für die Teilnahme be-wusst auf eine Woche begrenzt. DieÄrztlichen Direktoren und Chefärzte(bzw. Lehrbeauftragten) wurden gebe-

ten, den 8 Items umfassenden Frage-bogen auszufüllen und umgehend zu-rückzusenden. Die Fragen fokussiertenauf die aktuelle Lehrsituation in Bezugauf digitalisierte Lehrinhalte, die Unter-stützung bzw. Schaffung von adäquatenRahmenbedingungen durch die medi-zinische Fakultät und IT-Einrichtungensowie auf Kenntnis analoger Situationen

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Originalien

Tab. 1 Ergebnisdarstellung (prozentual) der Antwortverteilung nach Institution

FrageNr.

Zutreffend(%)

Eherzutreffend(%)

Unentschieden(%)

Eher nichtzutreffend(%)

Nichtzutreffend(%)

1 UK 25,8 9,7 32,3 12,9 19,4

1 ALK 30 20 30 0 20

2 UK 25,8 22,6 12,9 22,6 16,1

2 ALK 10 10 30 20 30

3 UK 29 32,3 6,5 9,7 22,6

3 ALK 20 20 10 40 10

4 UK 12,9 29 22,6 22,6 12,9

4 ALK 20 10 10 20 40

5 UK 19,4 38,7 22,6 12,9 6,5

5 ALK 10 20 30 20 20

6a UK 38,7 41,9 3,2 12,9 3,2

6a ALK 10 10 20 20 40

6b UK 16,1 35,5 16,1 19,4 12,9

6b ALK 11,1 0 11,1 22,2 55,6

6c UK 9,7 25,8 19,4 19,4 25,8

6C ALK 0 0 33,3 11,1 55,6

6d UK 3,2 3,2 19,4 32,3 41,9

6d ALK 0 0 0 12,5 87,5

6e UK 3,2 25,8 22,6 22,6 25,8

6e ALK 22,2 0 11,1 22,2 44,4

7 UK 12,9 16,1 12,9 25,8 32,3

7 ALK 10 0 10 50 30

8 UK 26,7 33,3 6,7 13,3 20

8 ALK 10 0 20 30 40

UK Universitätsklinikum, ALK akademisches Lehrkrankenhaus

in anderen vergleichbaren Einrichtun-gen (. Abb. 1). Diese Einschätzungenkonnten auf einer 5-stufigen endpunkt-benannten Skala von 1 (trifft voll zu) bis5 (trifft gar nicht zu) vermerkt werden.Ursprüngliche Intention der Berücksich-tigung eines Studiendekanats und jeweilseiner universitären chirurgischen undmedizinischen Klinik war es, möglicheGemeinsamkeiten und/oder Diskrepan-zen in der Wahrnehmung zwischen denInstitutionen respektive Fachbereichenzu berücksichtigen. Da tendenziell einestarke Übereinstimmung der Ergebnis-se abzulesen war, wurden diese in derAuswertung der UK integriert. Einsen-deschluss für die Fragebögen war der29.04.2020 (Rücklauffrist 8 Tage).

DieErgebnisse derEvaluationwurdenmit SPSS (IBM SPSS Statistics für Win-dows, Version 24.0, Fa. IBM Corp. 2015,Armonk, NY, USA) deskriptiv ausgewer-tet. Die Erstellung der Tabellen erfolgte

mit Excel bzw.Word (Fa.Microsoft 2010,Redmond, WA, USA).

Ergebnisse

31 UK und 10 ALK beantworteten denFragebogen und gingen in die Auswer-tung ein. Die Rücklaufquote bezogen aufdie UK betrug 74,4%, die der ALK 50%.3 UK sandten Fragebögen nach Ablaufder Frist ein und wurden nicht berück-sichtigt. Von den Antwortenden waren77%Lehrbeauftragte. Die Ergebnisse dereinzelnen Fragen (Mittelwerte) sind der. Abb. 1 zu entnehmen. Die prozentua-le Verteilung der Antwortmöglichkeitenist in . Tab. 1 sowohl für UK als auchALK aufgeführt. Mögliche Freitextkom-mentarewurdenthematischkategorisiertund nach Häufigkeit gerankt.

Die prozentualen Ergebnisse ergabenin Bezug auf die Informationspolitik derMF tendenziell eher zustimmendeWerte

für UK und ALK, bezüglich des Zeitver-laufs aber deutlich dissoziierende Wer-te zum inhaltlichen Informationsgehalt(. Tab. 1). 35,5% der UK und 50% derALKfühltensichmitausreichendemzeit-lichenVorlauf vonseiten derMF über diezu erwartenden Lehrbedingungen infor-miert. Über das zu erwartende Szenarioder reinen „Online-Lehre“ fühlten sichinhaltlich 48,4% der UK, aber nur 20%derALKausreichendinformiert.DieFra-gen 3–5 zur lokalenLehrsituation zeigtensowohl Gemeinsamkeiten als auch Un-terschiede zwischen UK und ALK. DieFrage3zur InformationdurchdieKlinik-direktion wurde sowohl bei UK (61,3%)als auch bei ALK (40%) positiv beschie-den. Bezüglich der Verfügbarkeit einereigenen adäquaten digitalen Infrastruk-tur (Frage 4) votierten 41,9% der UKeher für zutreffend, während demgegen-über 60% der ALK dies eher vernein-ten. In der Frage 5 zu angemessenen lo-kalen Rahmenbedingungen, wie Akzep-tanz, Unterstützung, Personal oder In-vestitionen, zeigten sich die ausgepräg-testen Divergenzen. Während 58,1% derUK hier (eher) zutreffend angaben, wa-ren 40% auf der ALK-Seite der Mei-nung, dass dies (eher) nicht zutraf. Inder unterteilten Frage 6 wurde die Unter-stützung bei der Erstellung von Online-Lehrinhalten behandelt. Abgefragt wur-de die Unterstützung durch die eigeneKlinik, MF, IT der Klinik, Rechenzen-tren und Universitäten. Die ALK zeigtenhier stringent in die negative Richtung(60–100%), was die UK nur in Bezugauf klinikassoziierte IT, RechenzentrumundUniversität taten (45–74%). Immer-hin votierten noch 35,5% positiv für dieklinikeigene IT, während die medizini-sche Fakultät (51,6%)unddie eigeneKli-nik (80,6%) mehrheitlich positiv beur-teilt wurden. Die Frage 7 zum Vorliegendigitaler Lehrinhalte vor demPandemie-beginnwurdenmit58,1%(UK)und80%(ALK) eindeutig als nicht zutreffend ein-gestuft (. Abb. 1; . Tab. 1). In der letztenFrage 8wurde nachderKenntnis anderervergleichbarer Situationen im Bundesge-biet gefragt. Hierbei attestierten 60% derUK, darüber analog Kenntnisse zu besit-zen, während 70% der ALK dies negier-ten (. Tab. 1).

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Zudem bestand die Möglichkeit, inFreitextform additive Kommentare ab-zugeben. Hier kristallisierten sich orga-nisatorische, technische, inhaltliche unddidaktische Aspekte heraus:

Organisatorisch

4 Unzureichende Konkretisierung desInformationsflusses vonseiten desStudiendekanats

4 Unzureichende Personalressourcenin Kliniken als limitierender Faktor,aus diesemGrund erfolgte die Digita-lisierung von Lehrinhalten z.T. durch(PJ-)Studierende

Technisch

4 Unzufriedenheit mit Unterstützungdurch Rechenzentren aufgrund man-gelnder struktureller und personellerKapazitäten

4 Uneinheitliche/widersprüchlicheArgumentationen bezüglich Daten-schutz bei Anwendung von Video-konferenzsystemen

4 Möglichkeiten zur Live-Übertragungvon Lehrveranstaltungen scheitertenan nicht ausreichender Bereitstellungvon Netzkapazität

Inhaltlich

4 Aktueller „Notfallunterricht“ ori-entiert sich nicht am „constructivealignment“ (oder zu Deutsch „didak-tische Kohärenz“) der MF. Darunterversteht man ein ausbalanciertesSystem, in dem die relevanten Lern-aktivitäten mit den Lernzielen undderen Prüfung korrespondieren. Diesgilt unverändert in einer digitalenLernumgebung.

4 Fehlende Infrastruktur für inhaltlicheNeugestaltung des Lehrangebots(Zeitspanne)

4 Mangel an kurzfristig verfügbarendigitalen Lehrmaterialien

Didaktisch

4 Wunsch nach einheitlicher nationalerGestaltung des Lehrbetriebs (ggf.unter Beteiligung der DGHNO-KHC[Deutschen Gesellschaft für Hals-

Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- undHals-Chirurgie e. V.])

4 Wunsch nach Fortsetzung/Aufrechterhaltung von Intensi-tät der Digitalisierungsbestrebungennach Ende der Corona-Pandemie

4 Mangelnde kollegiale und inter-professionelle Unterstützung derdidaktischen Umsetzung eines Lehr-konzepts

Diskussion

Unsere Umfrage zeigt, dass die kurzfris-tige Umstellung auf eine rein digitaleLehre vielerorts mit großen Schwierig-keiten verbunden war. Es wäre eigent-lich zu erwarten, dass in einer in vie-len Bereichen digitalisierten Welt einekurzfristigeUmstellungaufeinenvirtuel-lenLehrbetriebvergleichsweiseproblem-los zu meistern sein sollte. Tatsächlichwird wohl unbekannt bleiben, von wel-chen Rahmenbedingungen die zuständi-gen Institutionen bei ihrer Planung aus-gegangen sind. Die MF reichten diesebrisante und zeitlich terminierte Aufga-be Kraft ihrer Weisungsbefugnis an dieFachbereiche/Kliniken weiter. Der Zeit-punkt dieser Delegation war bundesweitnicht einheitlich, aber doch zeitlich rechteng benachbart.

Entsprechend zeigte sich in unsererUmfrage hinsichtlich der zeitlichen Vor-bereitung auf die zu erwartenden beson-derenLehrbedingungen (Rahmenbedin-gungen, Fristen, Prüfungen) durch dieMF vor Ort ein gemischtes Bild. So ga-ben 35,5% der teilnehmenden UK und50% der ALK an, dass sie zeitgerechtüber die zu erwartenden Lehrbedingun-gen informiertwurden. Immerhin32,2%der UK und 20% der ALK empfandendie Vorbereitungszeit jedoch als ungenü-gend.ÜberdieTatsache einer ausschließ-lichen Online-Lehre fühlten sich 48,4%derUKundnur 20%derALK rechtzeitiginformiert. Zum Teil wurde hier in denfreien Kommentaren jedoch Verständ-nis für die wenig vorhersehbare Situationsignalisiert. Aufgrund dieser Unvorher-sehbarkeit befanden sich MF und ALK,die Universitäten und die dazugehörigenSupporteinrichtungen (Stand: Mai 2020)vielfach in einer reaktiven Haltung aufäußereGegebenheitenderCorona-Krise.

Die digitale Transformation derHochschullehre soll von allen Akteu-ren als ein langanhaltender disruptiverVeränderungs- und Innovationsprozessverstanden werden, der die Strukturen,Prozesse und Kulturen und damit dieRollen, Kompetenzen und Koopera-tionen stark verändern wird [8]. Zumjetzigen Zeitpunkt ist jedoch die Not-wendigkeit zum unmittelbaren Handelndie bestimmende Kraft [3, 5], wenn-gleich bekannterweise ein Bedarf andigitalisierten (prä- und postgradu-ierten) Lehrinhalten und -konzepten,gerade in der HNO-Heilkunde, besteht[4, 21, 22]. Digitales Lernen und Leh-ren flächendeckend zu implementieren,setzt Prozesse auf verschiedenen Ebe-nen der Bildungsinstitutionen voraus:strategische Prozesse aufseiten der Lei-tungen, fachübergreifende Prozesse beiden Kompetenzzentren der Bildungsin-stitutionen, fachliche Prozesse bei denLehrenden [8].

Digitale Lehr- und Lernformate sindin der aktuellen Situation vielerorts dieeinzige Alternative, um ein Studium zuermöglichen. Für die weitere Entwick-lungdesaktuellen„Notfall-Lehrbetriebs“muss dieser Prozess aber vom didak-tisch Sinnvollen und nicht nur von denäußeren Gegebenheiten bestimmt wer-den. Mit digitalen Lerntechnologien istdie Herausforderung für die didaktischeGestaltung gestiegen. In unserer Umfra-ge zeigt sich, dass der Einsatz digitalerLehre an den beteiligten Bildungsinsti-tutionen sehr heterogen, jedoch insge-samt eher gering ausgeprägt war. Dieskann in der aktuellen Situation eine Rei-he von Schwierigkeiten bedingen. Auf-seiten der Dozierenden bestehen mitun-ter Defizite bei den technischen und z. T.bei den didaktischen Fertigkeiten [5, 10].Gleichzeitig besteht für die Dozenten imersten Schritt ein hoher Mehraufwandohne adäquaten Support [5, 27]. Leh-rende müssten für die Umsetzung digi-taler Kompetenzen durch eigene Fort-bildungsmaßnahmen qualifiziert und inder Umsetzung unterstützt werden. Diesumfasst sowohl neue technischeAspekteals auch digitale didaktische Methoden.„Constructive alignment“ muss auch inder digital unterstützten Lehre im Zen-trum stehen.

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Originalien

Die Zunahme der Anforderungendurch eine Professionalisierung der Leh-re macht sich auch in den Klinikenbemerkbar [2, 4, 6, 15–17, 24]. Durchdie Notwendigkeiten der COVID-19-Pandemie zeigte sich, dass eine digitaleInfrastruktur für höhergradige Anforde-rungen vielerorts quasi nicht existent istund/oder (momentan) nicht realisiertwerden kann. Diese Inkongruenz lässtsich am ehesten auf bisher nicht genutzteMöglichkeiten bei der Umsetzung derdigitalen Transformation zurückführen,da der (politische) Wille zur Digitalisie-rung seit Jahren besteht und finanziellgefördert wird [1, 10, 11]. In unsererUmfrage gaben lediglich29%derUnikli-niken und 10% der ALK an, dass bereitsvor der Corona-Pandemie ein umfang-reiches digitales Lehrangebot vorhandenwar. Bedauerlicherweise unterstreichtdies, wie wenig Progress es seit einerUmfrage an deutschen Universitäts-HNO-Kliniken 2016 zu geben scheint.Hierbei befragten von Saß et al. den Ein-satz von E-Learning ausschließlich beiden Lehrverantwortlichen und den stu-dentischen medizinischen Fachschaften.Interessant hierbei ist, dass vonseiten derStudierenden das E-Learning-Angebotim Gesamt-Curriculum, im Gegensatzzu den Lehrverantwortlichen, als geringbis nicht existent eingeschätzt wurde[21]. Unsere o. g. Zahlen zeigen aberauch, dass ein einige UK in puncto„digitalisierte Lehre“ schon frühzeitigEigeninitiative entwickelt und Koopera-tionen gebildet haben [16]. Folglich warfür diese Zentren die zeitnahe Umstel-lung auf Online-Lehre kein wesentlichesProblem.

Die digitale Transformation scheintan deutschen UK de facto nur parti-ell und/oder mit Zeitverzug stattzufin-den. Sie zeigt sich oftmals abhängig vompersönlichenEngagementeinzelnerFüh-rungskräfte und vom berufspolitischenWillen zur interprofessionellen Koope-ration (z.B. Rechenzentrum). Die digi-tale Infrastruktur, als Conditio sine quanon stellt sichmitunter als unerwarteter-weise unvorbereitet dar und wird in denverschiedenen Kliniken in unserer Um-frage sehr unterschiedlich beurteilt. Hierzeigt sich v. a. bei denALK ein deutlicherBedarf. Dies ist in gewisser Weise nach-

vollziehbar, da die Lehre als integralerBestandteil der Hochschulmedizin denUK zugeordnet wird. Jedoch gaben im-merhin noch ein Drittel der UK an, dasseine adäquate digitale Ausstattung ehernicht vorhanden ist.

Zudem zeigte sich in unserer Umfra-ge, dass die Kliniken in der Vorbereitungund Erstellung der Online-Lehrinhaltemeist auf sich selbst gestellt waren, mitz. T. noch etwas Unterstützung durch dieMF. Scheinbar gängig war die Nutzungzusätzlicher Personalressourcen (Studie-rende im Praktischen Jahr, Famuli), dasie vermutlich unter den gegebenenZeit-verhältnissenamschnellstenundkosten-günstigstenzurealisierenwar.Vorteilhafterscheint zudem, dass viele der Studie-renden eine professionelle Lehre wert-schätzen und somit weder einer beson-derenMotivationnocheiner technischenEinweisung bedürfen (Generation „digi-tal natives“) [9–11]. Die geringste Un-terstützung erhielten die Kliniken durchdie Rechenzentren und Universitäten.

DieCorona-Krise hat Schwachpunkteaufgedeckt. Sie hat aber auchZeitkontin-gente durchdie Reduktiondes Patienten-aufkommens geschaffen, welche anmeh-reren Kliniken zu Mitarbeitereinteilun-gen für Digitalisierungs-/Lehraufgabengeführt hat. Die Entwicklung der Coro-na-Rahmenbedingungen mit ErhöhungdesPatientenaufkommensseitApril2020lässt jedoch vermuten, dass dies nichtaufrechterhalten werden kann. Diese Be-obachtung wird gestützt durch unsereUmfrageergebnisse: Lediglich 58,1% derUK bzw. 30% der ALK stimmten derAussage zu, dass generell bezüglich derLehre angemessene Rahmenbedingun-gen, wie Akzeptanz, Unterstützung, per-sonelleAusstattungundInvestitionen, ander jeweiligen Klinik bestehen. Ohne inExtreme zu verfallen, scheint es doch zu-mindest ein Problem der Priorisierungzusein,wennes sichumThemenhandelt,welchevorrangigdieLehrebetreffen.An-gesichts des Transformationsdrucks ent-stehenauchinderpostgraduellenWeiter-bildung digitale Curricula, die standort-übergreifend Ressourcen bündeln [18].

Zur systematischen und zielgerich-teten Weiterentwicklung bieten sich inAnlehnung an den Strategieprozess von

Kuhn et al. [8] folgende Handlungsemp-fehlungen an:

Rahmenbedingungen anUniversitätskliniken undLehrkrankenhäusern schaffen

Um eine erfolgreiche Implementierungdigitaler Bildungskonzepten zu ermög-lichen, sollen Bildungsinstitutionen dieorganisatorischen, technischen, didakti-schen und personellen Rahmenbedin-gungen schaffen [5, 25, 26]. Von der Po-litik ist hierbei sicherzustellen, dass diefinanziellen Mittel bereitgestellt werdenund flächendeckend gleichwertiger Zu-gang zur digitalen Infrastruktur besteht[5, 8].

Digitale Transformation durchCo-Design gestalten

Aktuelle und zukünftige Entwicklungender digitalen Transformation könnendurch eine intensive Kooperation mitden Studierenden (Co-Design) entwi-ckelt und implementiert werden. Siesollten sich an den Anforderungen undBedürfnissenderStudierendenundnichtam technisch Machbaren orientieren.

Prozess agil entwickeln

Bei der Implementierung sollte die hoheGeschwindigkeit des derzeitigen Verän-derungsprozesses berücksichtigt werdenundbewusstFreiräumezuriterativenAn-passung geschaffen werden.

Es bleibt festzustellen, dass der Stu-diengang Humanmedizin wohl kaum imVerbund der Nicht-Präsenz-Lehre zu er-warten ist. Allein die regelhaft persön-lich notwendige Vermittlung praktischerFertigkeiten sowie die so wichtige Ver-mittlungvonFertigkeitenderGesprächs-und Patientenführung sollte möglichenPlänen eines reinen „Fernstudiums“ zu-widerlaufen. Gleichwohl sind interessan-te „Mischformen“ der Lehre zukünftig zuerwarten.

Als Folge der bisherigen Corona-Erfahrungen und um in diesen Zeiteneinen konstruktiven Beitrag zum dau-erhaften Strukturaufbau zu leisten, hatsich die Arbeitsgruppe „Lehren undPrüfen in der HNO-Heilkunde“ (ArGru

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Page 7: „Abmorgenbitteonline“: Vergleichdigitaler ......Originalien Die Zunahme der Anforderungen durcheineProfessionalisierungderLeh-re macht sich auch in den Kliniken bemerkbar [2, 4,

LuP) der Deutschen Gesellschaft fürHNO-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chi-rurgie (DGHNO-KHC) entschlossen,den Fundus für eine Plattform zu legen,auf welcher digitalisierte Lehrmateriali-en für alle bundesweiten HNO-Klinikenkostenfrei zurVerfügung gestellt werden.Die primären Inhalte aus den UK Dres-den, Frankfurt, Freiburg, Regensburgund Würzburg stehen bereits kosten-frei zur Verfügung und sollen zukünftigaufgestockt werden. Neue oder fehlendeLehrinhalte können und sollen auch vonanderen Kliniken wünschenswerterwei-se eingestellt werden. Momentan habenbereits die UK Jena und Köln ihre Be-reitschaft zur Partizipation in Aussichtgestellt. Diese zukunftsorientierte Akti-on kann bereits aktuell helfen, Problemezu lösen [5]. Sie erfolgt in Kooperation(„HNO-Lehrmaterialien“) zwischen derArGru LuP und der DGHNO-KHC.

Eine weitere erwähnenswerte Initiati-ve kommt von der NKLM-Geschäftsstel-le. Seit nunmehr 2 Jahren wird der aktu-elle „Nationale kompetenzbasierte Lern-zielkatalog Medizin“ (NKLM), auch un-ter aktiver Mitarbeit einer Task Force derDGHNO-KHC, in einem aufwendigenProzess weiterentwickelt [14]. Dies ge-schieht auf einer onlinebasierten Daten-bankplattform namens LOOOP (Learn-ing Opportunities, Objectives and Out-comes Platform). Diese an der Charitéentwickelte Datenbank wurde vor dernotwendigenBündelungvonRessourcenfür die Sammlung und Vernetzung vonvirtuellen und digitalen Lehrinhalten er-weitert [12]. Hier können alle MF die be-reits am Standort vorhandenen digitalenAngebote auflisten und zunächst gegenden alten NKLMmappen. Die Plattformhält dabei nicht die Materialien selbstvor, sondern die Links zu den Fakul-tätsseiten, auf denen diese abgelegt sind.Durch direkten Absprung auf die Lern-managementseite der Fakultäten könnendie Inhalte dann eingesehen werden.

Fazit

Die Corona-Krise sollte als Chance ge-sehen werden, bisher Versäumtes zu ver-bessern und nicht genutzte Potenzialefreizusetzen. Es gilt nun, adäquate Rah-menbedingungen für die professionelle,

digitalisierte Lehre zu schaffen, und we-niger, sichmit den aktuell implementier-ten Lehrinhalten einer „notfallbedingtenFernlehre“ zu arrangieren.Vielmehr soll-te eine kritische Auslese der erworbenenErfahrungen aus diesem virtuellen Se-mester erfolgen, um eine systematische,zielgerichtete respektive konzeptionelleWeiterentwicklung der Lehre zu gewähr-leisten.Die Hoffnung auf die Aufrechter-haltung des gegenwärtigen Impulses zurDigitalisierung wurde auch durch einigeTeilnehmer der Umfrage formuliert. Dadie Limitation dieser Studie in der feh-lenden Mittelfristanalyse deutlich wird,sollte dies in einer Folgestudie erörtertwerden.

Korrespondenzadresse

Prof. Dr. C. OffergeldUniv.-HNO-Klinik, Med. Fakultät, Albert-Ludwigs-UniversitätKillianstraße 5, 79106 Freiburg, [email protected]

Funding. Open Access funding provided by ProjektDEAL.

Einhaltung ethischer Richtlinien

Interessenkonflikt. C. Offergeld,M. Ketterer,M. Neu-dert, F. Hassepaß, N.Weerda, B. Richter, L. Traser,C. Becker, N. Deeg, A. Knopf, T.Wesarg, A.-K. Rauch,T. Jakob, F. Ferver, F. Lang, V. Vielsmeier, S. Hackenberg,M. Diensthuber,M. Praetorius, B. Hofauer, N.Man-sour, S. KuhnundT. Hildenbrandgeben an, dass keinInteressenkonflikt besteht.

Für diesenBeitragwurden vondenAutoren keineStudien anMenschenoder Tierendurchgeführt.Für die aufgeführten Studiengelten die jeweils dortangegebenen ethischenRichtlinien.

Open Access.Dieser Artikelwird unter der CreativeCommonsNamensnennung4.0 International Lizenzveröffentlicht, welche dieNutzung, Vervielfältigung,Bearbeitung, VerbreitungundWiedergabe in jegli-chemMediumundFormat erlaubt, sofern Sie den/dieursprünglichenAutor(en)unddieQuelle ordnungsge-mäßnennen, einen Link zur Creative Commons Lizenzbeifügenundangeben, obÄnderungen vorgenom-menwurden.

Die in diesemArtikel enthaltenenBilder und sonstigesDrittmaterial unterliegen ebenfalls der genanntenCreative Commons Lizenz, sofern sich aus der Abbil-dungslegendenichts anderes ergibt. Sofern das be-treffendeMaterial nicht unter der genanntenCreativeCommons Lizenz steht unddie betreffendeHandlungnicht nachgesetzlichenVorschriften erlaubt ist, ist fürdie oben aufgeführtenWeiterverwendungendesMa-terials die Einwilligungdes jeweiligen Rechteinhaberseinzuholen.

WeitereDetails zur Lizenz entnehmenSie bitte derLizenzinformation auf http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/deed.de.

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