abteilung vii/3-wasserhaushalt (hydrographisches ......wt-poster_ccca author: standhartinger created...

1
Langzeitentwicklung der Wassertemperatur in österreichischen Fließgewässern Stefan Standharnger und Reinhold Godina BROWN, G.W., J.T. KRYGIER (1967): Changing water temperatures in small mountain streams. Journal of Soil and Water Conserva&on. Vol. 22; 242–244 DUCHARNE, A. (2008): Importance of stream temperature to climate change impact on water quality. Hydrology and Earth System Sciences. Vol. 12 (3), 797-810 DYMOND, J.R. (1984): Water temperature change caused by abstracon. Journal of Hydraulic En gineering. ASCE. Vol. 110 (7), 987-991 JANAUER, G.A. (2010): Klimawandel und aquasche Makrophyten. Auswirkungen des Klimawandels auf die österreichische Wasserwirtscha=. BMLFUW, ÖWAV (Hrsg.). Austria. Vienna, 153-165 MATULLA, C., S. SCHMUTZ, A. MELCHER, T. GERERSDORFER, P. HAAS (2007): Assessing the impact of a downscaled climate change simulaon on the fish fauna in an Inner-Alpine River. Interna&onal Journal of Biometeorology. Vol. 52 (2), 127-137. SCHÄDLER, B. (2010): Die Schweiz im Jahr 2050 – Auswirkungen des Klimawandels auf Wasserkreislauf und die Wasserwirtscha,. Auswirkungen des Klimawandels auf die österreichische Wasserwirtscha=. BMFUW, ÖWAV (Hrsg.). Austria. Vienna, 153-165. SINOKROT, B.A., H.G. STEFAN, J.H. MCCORMICK, J.G. EATON (1995): Modeling of climate change effects on stream temperatures and fish habitats below dams and near groundwater inputs. Clima&c Change. Vol. 30 (2), 181-200 VAN VLIET, M.T.H., F. LUDWIG, J.J.G. ZWOLSMAN, G.P. WEEDON, P. KABAT (2011): Global river temperatures and sensivity to atmospheric warming and changes in river flow. Water Resources Research. Vol. 47 (2) Dipl. Ing. Stefan Standhartinger, Dipl. Ing. Reinhold Godina Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Abteilung VII/3-Wasserhaushalt Marxergasse 3 1030Wien [email protected] [email protected] Die Änderungen im Temperaturregime eines Fließgewässers können sowohl natürlich als auch anthropogen sein. Menschliche Eingriffe wirken direkt, z.B. über Kühlwassereinleitung, oder indirekt, durch Regulierung, Stauhaltung, Wasserentnahme oder die Flächennutzung im Einzugsgebiet, auf die Wassertemperatur (z.B. Brown & Krygier, 1967; Dymond, 1984). Neben diesen Faktoren gibt es in den vergangenen Jahrzehnten Belege dafür, dass durch den globalen Klimawandel die Temperatur der Flüsse ansteigt (z.B. Sinokrot, 1995; Van Vliet et al., 2011). Die mittlere jährliche Wassertemperatur ist in allen untersuchten Gewässern signifikant gestiegen (p<0,05). Das Ausmaß des Anstiegs ist aber bei den einzelnen Gewässern sehr verschieden. Beispielhaft werden hier die Resultate von Donau und Salzach dargestellt, da diese Gewässer sehr unterschiedliche Ergebnisse lieferten. Was verändert die Wassertemperatur? Signifikanter Anstieg in 110 Jahren Die Grafik unten zeigt, dass die Entwicklung der Wasser- und Lufttemperatur an der Donau sehr ähnlich verläuft. Aus der Gleichung der Trendgeraden ergibt sich ein Anstieg der Temperatur in den letzten 110 Jahren um ca. 1,4°C (Wasser) bzw. 1,6°C (Luft). Mittlere jährliche Wasser– und Lufttemperatur, Messstelle: Kienstock/Donau (Wasser) – St. Pölten (Luft), in [°C] für den Zeitraum 1901-2010. Messstelle Kienstock Einzugsgebiet: 95 970 km² Höhe: 194 m ü. Adria Mittlerer Abfluss: 1877 m³/s Donau Salzach Messstelle Mittersill Einzugsgebiet: 583 km² Höhe: 783 m ü. Adria Mittlerer Abfluss: 24,6 m³/s Ganz anders als an der Donau hat sich die Temperatur der Salzach in den vergangenen 110 Jahren entwickelt. Die Wassertemperatur nahm nur um ca. 0,3°C zu. Von den untersuchten Gewässern war dies der niedrigste Wert des Temperaturanstiegs. Die Lufttemperatur hingegen stieg — wie im niederösterreichischen Donauraum — um etwa 1,6°C. Mittlere jährliche Wasser– und Lufttemperatur, Messstelle: Salzach/Mittersill (Wasser) – Zell am See (Luft), in [°C] für den Zeitraum 1901-2010. Gewässercharakteristik ist maßgebend Je kleiner das Einzugsgebiet (EZG), desto geringer wird der Einfluss der Lufttemperatur auf die Wassertemperatur, da hydrologische Faktoren in den Vordergrund treten. Die Einzugsgebietsgröße steht dabei für die Gewässereigenschaften wie Seehöhe, Abflussregime oder Schneeverhältnisse und ist somit ein guter Indikator für die Charakteristik eines Gewässers. Jahresgang der mittleren monatlichen Temperatur von Wasser [blau] und Luft [rot] im Zeitraum 2000-2010. Großes EZG (Donau): Kleines EZG (Salzach): Je größer EZG desto länger ist das Wasser der globalen Strahlung ausgesetzt. Wasser Lufttemperatur Grundwasserhaushalt, Gletscher-, Schneeschmelze, etc. beeinflussen Wassertemperatur klimabeeinflusst hydrologisch beeinflusst Die Erwärmung wird stärker Auswirkungen Der Anstieg der Luft- und Wassertemperatur verläuft nicht regelmäßig, sondern weist deutliche Trendänderungen auf. An der Donau lassen sich zwei Abschnitte mit unterschiedlichem Trend ausmachen: 1901 - 1970 Anstieg = 0,1 °C pro Dekade 1970 - 2010 Anstieg = 0,3 °C pro Dekade Betrachtet man die absolute Temperatur, sind etwa zwei Drittel des Gesamtanstiegs in den vergangenen 40 Jahren passiert. Änderung im Trend und Gleichungen der Trendgeraden der mittleren jährlichen Luftemperatur (links) und Wassertemperatur (rechts) in Kienstock/Donau . Bundesministerium für Land– und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Abteilung VII/3-Wasserhaushalt (Hydrographisches Zentralbüro) Die Wassertemperatur ist einer der wichtigsten physikalischen Parameter in Fließgewässern. Sie hat Einfluss auf die physikalischen, chemischen und biologischen Prozesse, die in einem Flusssystem stattfinden und hat somit direkte Auswirkungen auf die Ökologie eines Gewässers und die verschiedensten Nutzungen durch den Menschen. Die Wassertemperatur ist somit nicht nur ökologisch, sondern auch ökonomisch von Bedeutung, wie folgende Beispiele veranschaulichen sollen: Foto: BMLFUW/Paul Plappart—Donau Eingang Wachau Foto: BMLFUW/Rita Newman—Donauinsel Foto: BMLFUW/Gabriele Müller Foto: BMLFUW/Rita Newman—Junge Huchen In alpinen Fließgewässern kommt es zu massiven Lebensraumverlusten für kälteliebende Fischbestände (Matulla et al., 2007). Dies könnte in weiterer Folge zum Aussterben mancher Arten führen. Als Folge des Temperaturanstieges könnten mehr Makrophyten aus südlicheren Gebieten migrieren, die unter Umständen heimische Arten verdrängen (Janauer, 2007). Eine Erwärmung der Wassertemperatur beeinflusst direkt die Industrie, da weniger Kühlleistung aus den Flüssen bezogen werden kann (Schädler, 2010). Schwebstoffkonzentration und die Menge an gelösten Gasen sind von der Temperatur abhängig und entscheidend für die Wasserqualität (Ducharn, 2008). Vor diesen Hintergründen sei die Wichtigkeit der Datenerfassung durch das hydrographische Messwesen erwähnt. Nur dadurch können negative Entwicklungen erkannt und wenn nötig Gegenmaßnahmen gesetzt werden. In diesem Zusammenhang ist man besonders auf langjährige Daten angewiesen. Entscheidend dafür ist die lückenlose Messung und Qualitätssicherung durch den Hydrographischen Dienst.

Upload: others

Post on 02-Apr-2021

2 views

Category:

Documents


0 download

TRANSCRIPT

Page 1: Abteilung VII/3-Wasserhaushalt (Hydrographisches ......WT-Poster_CCCA Author: Standhartinger Created Date: 4/16/2013 2:55:13 PM

Langzeitentwicklung der Wassertemperatur in österreichischen Fließgewässern

Stefan Standhar�nger und Reinhold Godina

BROWN, G.W., J.T. KRYGIER (1967): Changing water temperatures in small mountain streams. Journal of Soil

and Water Conserva&on. Vol. 22; 242–244

DUCHARNE, A. (2008): Importance of stream temperature to climate change impact on water quality.

Hydrology and Earth System Sciences. Vol. 12 (3), 797-810

DYMOND, J.R. (1984): Water temperature change caused by abstrac�on. Journal of Hydraulic En gineering.

ASCE. Vol. 110 (7), 987-991

JANAUER, G.A. (2010): Klimawandel und aqua�sche Makrophyten. Auswirkungen des Klimawandels auf die

österreichische Wasserwirtscha=. BMLFUW, ÖWAV (Hrsg.). Austria. Vienna, 153-165 MATULLA, C., S. SCHMUTZ, A. MELCHER, T. GERERSDORFER, P. HAAS (2007): Assessing the impact of a

downscaled climate change simula�on on the fish fauna in an Inner-Alpine River. Interna&onal Journal of

Biometeorology. Vol. 52 (2), 127-137.

SCHÄDLER, B. (2010): Die Schweiz im Jahr 2050 – Auswirkungen des Klimawandels auf Wasserkreislauf und

die Wasserwirtscha,. Auswirkungen des Klimawandels auf die österreichische Wasserwirtscha=.

BMFUW, ÖWAV (Hrsg.). Austria. Vienna, 153-165.

SINOKROT, B.A., H.G. STEFAN, J.H. MCCORMICK, J.G. EATON (1995): Modeling of climate change effects on

stream temperatures and fish habitats below dams and near groundwater inputs. Clima&c Change.

Vol. 30 (2), 181-200

VAN VLIET, M.T.H., F. LUDWIG, J.J.G. ZWOLSMAN, G.P. WEEDON, P. KABAT (2011): Global river temperatures

and sensi�vity to atmospheric warming and changes in river flow. Water Resources Research. Vol. 47 (2)

Dipl. Ing. Stefan Standhartinger, Dipl. Ing. Reinhold Godina

Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

Abteilung VII/3-Wasserhaushalt Marxergasse 3

1030Wien [email protected]

[email protected]

Die Änderungen im Temperaturregime eines Fließgewässers können sowohl natürlich als auch anthropogen sein. Menschliche Eingriffe wirken direkt, z.B. über Kühlwassereinleitung, oder indirekt, durch Regulierung, Stauhaltung, Wasserentnahme oder die Flächennutzung im Einzugsgebiet, auf die Wassertemperatur (z.B. Brown & Krygier, 1967; Dymond, 1984). Neben diesen Faktoren gibt

es in den vergangenen Jahrzehnten Belege dafür, dass durch den globalen Klimawandel die Temperatur der Flüsse ansteigt (z.B. Sinokrot, 1995; Van Vliet et al., 2011).

Die mittlere jährliche Wassertemperatur ist in allen untersuchten Gewässern signifikant gestiegen (p<0,05). Das Ausmaß des Anstiegs ist aber bei den einzelnen Gewässern sehr verschieden. Beispielhaft werden hier die Resultate von Donau und Salzach dargestellt, da diese Gewässer sehr unterschiedliche Ergebnisse lieferten.

Was verändert die Wassertemperatur?

Signifikanter Anstieg in 110 Jahren

Die Grafik unten zeigt, dass die Entwicklung der Wasser- und Lufttemperatur an der Donau sehr ähnlich verläuft. Aus der Gleichung der Trendgeraden ergibt sich ein Anstieg der

Temperatur in den letzten 110 Jahren um ca. 1,4°C

(Wasser) bzw. 1,6°C (Luft).

Mittlere jährliche Wasser– und Lufttemperatur, Messstelle: Kienstock/Donau (Wasser) – St. Pölten (Luft), in [°C] für den Zeitraum 1901-2010.

Messstelle Kienstock

• Einzugsgebiet: 95 970 km² • Höhe: 194 m ü. Adria • Mittlerer Abfluss: 1877 m³/s

Donau

Salzach

Messstelle Mittersill

• Einzugsgebiet: 583 km² • Höhe: 783 m ü. Adria • Mittlerer Abfluss: 24,6 m³/s

Ganz anders als an der Donau hat sich die Temperatur der Salzach in den vergangenen 110 Jahren entwickelt. Die Wassertemperatur nahm nur um ca. 0,3°C zu. Von den untersuchten Gewässern war dies der niedrigste Wert des Temperaturanstiegs. Die Lufttemperatur hingegen stieg — wie im niederösterreichischen Donauraum — um etwa 1,6°C.

Mittlere jährliche Wasser– und Lufttemperatur, Messstelle: Salzach/Mittersill (Wasser) – Zell am See (Luft), in [°C] für den Zeitraum 1901-2010.

Gewässercharakteristik ist maßgebend

• Je kleiner das Einzugsgebiet (EZG), desto geringer wird der Einfluss der Lufttemperatur auf die Wassertemperatur, da hydrologische Faktoren in den Vordergrund treten.

• Die Einzugsgebietsgröße steht dabei für die Gewässereigenschaften wie Seehöhe, Abflussregime oder Schneeverhältnisse und ist somit ein guter Indikator für die Charakteristik eines Gewässers.

Jahresgang der mittleren monatlichen Temperatur von Wasser [blau] und Luft [rot] im Zeitraum 2000-2010.

Großes EZG (Donau): Kleines EZG (Salzach):

Je größer EZG desto länger ist das Wasser der globalen Strahlung ausgesetzt.

Wasser ≈ Lufttemperatur

Grundwasserhaushalt,

Gletscher-, Schneeschmelze, etc.

beeinflussen Wassertemperatur

klimabeeinflusst hydrologisch beeinflusst

Die Erwärmung wird stärker

Auswirkungen

Der Anstieg der Luft- und Wassertemperatur verläuft nicht regelmäßig, sondern weist deutliche Trendänderungen auf. An der Donau lassen sich zwei Abschnitte mit unterschiedlichem Trend ausmachen:

• 1901 - 1970 Anstieg = 0,1 °C pro Dekade

• 1970 - 2010 Anstieg = 0,3 °C pro Dekade

Betrachtet man die absolute Temperatur, sind etwa zwei

Drittel des Gesamtanstiegs in den vergangenen 40

Jahren passiert.

Änderung im Trend und Gleichungen der Trendgeraden der mittleren jährlichen Luftemperatur (links) und Wassertemperatur (rechts) in Kienstock/Donau .

Bundesministerium für Land– und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Abteilung VII/3-Wasserhaushalt (Hydrographisches Zentralbüro)

Die Wassertemperatur ist einer der wichtigsten physikalischen Parameter in Fließgewässern. Sie hat Einfluss auf die physikalischen, chemischen und biologischen

Prozesse, die in einem Flusssystem stattfinden und hat somit direkte Auswirkungen auf die Ökologie eines Gewässers und die verschiedensten Nutzungen durch den Menschen. Die Wassertemperatur ist somit nicht nur ökologisch, sondern auch ökonomisch von Bedeutung, wie folgende Beispiele veranschaulichen sollen:

Foto: BMLFUW/Paul Plappart—Donau Eingang Wachau

Foto: BMLFUW/Rita Newman—Donauinsel

Foto: BMLFUW/Gabriele Müller

Foto: BMLFUW/Rita Newman—Junge Huchen

• In alpinen Fließgewässern kommt es zu massiven Lebensraumverlusten für kälteliebende Fischbestände (Matulla et al., 2007). Dies könnte in weiterer Folge zum Aussterben mancher Arten führen.

• Als Folge des Temperaturanstieges könnten mehr Makrophyten aus südlicheren Gebieten migrieren, die unter Umständen heimische Arten verdrängen (Janauer, 2007).

• Eine Erwärmung der Wassertemperatur beeinflusst direkt die Industrie, da weniger Kühlleistung aus den Flüssen bezogen werden kann (Schädler, 2010).

• Schwebstoffkonzentration und die Menge an gelösten Gasen sind von der Temperatur abhängig und entscheidend für die Wasserqualität (Ducharn, 2008).

Vor diesen Hintergründen sei die Wichtigkeit der Datenerfassung durch das hydrographische Messwesen

erwähnt. Nur dadurch können negative Entwicklungen erkannt und wenn nötig Gegenmaßnahmen gesetzt werden.

In diesem Zusammenhang ist man besonders auf langjährige Daten angewiesen. Entscheidend dafür ist die lückenlose

Messung und Qualitätssicherung durch den Hydrographischen Dienst.