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1 Aktuelle Entwicklungen im Steuerstrafrecht Prof. Dr. Markus Jäger Richter am Bundesgerichtshof

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Aktuelle Entwicklungen im Steuerstrafrecht Prof. Dr. Markus Jäger Richter am Bundesgerichtshof. Steuerstrafrecht. I. Steuerstrafrecht verstärkt im Blick der Öffentlichkeit „ Liechtensteinaffäre“ (Februar 2008) - PowerPoint PPT Presentation

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Page 1: Aktuelle Entwicklungen  im Steuerstrafrecht Prof. Dr. Markus Jäger  Richter am Bundesgerichtshof

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Aktuelle Entwicklungen

im Steuerstrafrecht

Prof. Dr. Markus Jäger

Richter am Bundesgerichtshof

Page 2: Aktuelle Entwicklungen  im Steuerstrafrecht Prof. Dr. Markus Jäger  Richter am Bundesgerichtshof

Steuerstrafrecht 2

Steuerstrafrecht

I. Steuerstrafrecht verstärkt im Blick der Öffentlichkeit

– „Liechtensteinaffäre“ (Februar 2008)

– Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofs zur Strafzumessung in Steuerstrafsachen (Dezember 2008)

– Schwarzgeldbekämpfungsgesetz (April 2011)

– Abkommen Deutschland – Schweiz (Sept. 2011/ April 2012)

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Steuerstrafrecht 3

Steuerstrafrecht als Blankettstrafrecht

Zentralnorm des Steuerstrafrechts:

§ 370 Abs. 1 Abgabenordnung (AO)

BlankettstraftatbestandErklärungsdeliktErfolgsdelikt

Page 4: Aktuelle Entwicklungen  im Steuerstrafrecht Prof. Dr. Markus Jäger  Richter am Bundesgerichtshof

Steuerstrafrecht 4

§ 370 Abs. 1 AO (Steuerhinterziehung)

Nicht vom Straftatbestand erfasst:

Bloße Nichtzahlung geschuldeter Steuern

Ausnahme: Gewerbs- oder bandenmäßige Schädigung des Umsatzsteueraufkommens durch Nicht-entrichtung in Rechnungen ausgewiesener Umsatzsteuern (§ 26c UStG)

Page 5: Aktuelle Entwicklungen  im Steuerstrafrecht Prof. Dr. Markus Jäger  Richter am Bundesgerichtshof

Steuerstrafrecht 5

§ 370 AO Steuerhinterziehung

I Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1. den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,

2. die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder

3. pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt

und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

Page 6: Aktuelle Entwicklungen  im Steuerstrafrecht Prof. Dr. Markus Jäger  Richter am Bundesgerichtshof

Steuerstrafrecht 6

§ 370 Abs. 1 AO (Steuerhinterziehung)

Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1. den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,

2. ...

3. ...

Page 7: Aktuelle Entwicklungen  im Steuerstrafrecht Prof. Dr. Markus Jäger  Richter am Bundesgerichtshof

Steuerstrafrecht 7

§ 370 Abs. 1 AO (Steuerhinterziehung)

Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1. ...

2. die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt ...

3. ...

Page 8: Aktuelle Entwicklungen  im Steuerstrafrecht Prof. Dr. Markus Jäger  Richter am Bundesgerichtshof

Steuerstrafrecht 8

§ 370 Abs. 1 AO (Steuerhinterziehung)

Erklärungspflichtig: Steuerpflichtige (§ 33 AO) Gesetzliche Vertreter natürlicher und juristischer

Personen (z. B. Geschäftsführer) sowie Vermögensverwalter (§ 34 AO)

Bestimmte Verfügungsberechtigte (§ 35 AO)

Berichtigungspflichtig: Zur Berichtigung gemäß § 153 AO verpflichtete

Personen

Page 9: Aktuelle Entwicklungen  im Steuerstrafrecht Prof. Dr. Markus Jäger  Richter am Bundesgerichtshof

Steuerstrafrecht 9

Pflicht zur Berichtigung von Erklärungen

(§ 153 Abs. 1 AO):

Erkennt ein Steuerpflichtiger nachträglich vor Ablauf der Festsetzungsfrist,

1. dass eine von ihm oder für ihn abgegebene Erklärung unrichtig ist und dass es dadurch zu einer Verkürzung von Steuern kommen kann oder bereits gekommen ist oder

2. ...

so ist er verpflichtet, dies unverzüglich anzuzeigen und die erforderliche Richtigstellung vorzunehmen.

Page 10: Aktuelle Entwicklungen  im Steuerstrafrecht Prof. Dr. Markus Jäger  Richter am Bundesgerichtshof

Steuerstrafrecht 10

Pflicht zur Berichtigung von Erklärungen

(§ 153 Abs. 1 Nr. 1 AO):

Eine Berichtigungspflicht besteht auch

für Erben und andere Gesamtrechtsnachfolger sowie deren gesetzliche Vertreter (vgl. §§ 34, 35 AO)

nach zunächst billigender Inkaufnahme falscher Angaben bei späterem sicheren Wissen von der Unrichtigkeit (BGH, Beschluss vom 17. März 2009 – 1 StR 479/08, NStZ 2009, 508)

Page 11: Aktuelle Entwicklungen  im Steuerstrafrecht Prof. Dr. Markus Jäger  Richter am Bundesgerichtshof

Steuerstrafrecht 11

§ 370 Abs. 1 AO (Steuerhinterziehung)

Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1. ...

2. ...

3. pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt ...

Page 12: Aktuelle Entwicklungen  im Steuerstrafrecht Prof. Dr. Markus Jäger  Richter am Bundesgerichtshof

Steuerstrafrecht 12

§ 370 Abs. 1 AO (Steuerhinterziehung)

Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1. ...

2. ...

3. ...

und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

Page 13: Aktuelle Entwicklungen  im Steuerstrafrecht Prof. Dr. Markus Jäger  Richter am Bundesgerichtshof

Steuerstrafrecht 13

Steuerhinterziehung = Erfolgsdelikt

§ 370 Abs. 4 AO:

Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig

festgesetzt werden.

Page 14: Aktuelle Entwicklungen  im Steuerstrafrecht Prof. Dr. Markus Jäger  Richter am Bundesgerichtshof

Steuerstrafrecht 14

Der Verkürzungsbetrag ergibt sich …..

……… aus der Differenz zwischen

der geschuldeten Steuer SOLL-Steuerund der festgesetzten Steuer - IST-Steuer

= Steuerverkürzung

Page 15: Aktuelle Entwicklungen  im Steuerstrafrecht Prof. Dr. Markus Jäger  Richter am Bundesgerichtshof

Steuerstrafrecht 15

Die Stellung des Bundesgerichtshofs

im Steuerstrafverfahren

Der Bundesgerichtshof ist als Revisionsinstanz oberstes Strafgericht in Deutschland

Im Bereich des Steuerstrafrechts ist der

Bundesgerichtshof zugleich oberstes

Finanzgericht

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Steuerstrafrecht 16

Die Stellung des Bundesgerichtshofs

im Steuerstrafverfahren

Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat Rücksicht zu nehmen auf die Rechtsprechung

– des Bundesfinanzhofs (BFH),

– des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG),

– des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) und des

– Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR)

Page 17: Aktuelle Entwicklungen  im Steuerstrafrecht Prof. Dr. Markus Jäger  Richter am Bundesgerichtshof

Steuerstrafrecht 17

§ 396 Abs. 1 AO: Aussetzung des Strafverfahrens

„Hängt die Beurteilung der Tat als Steuerhinterziehung davon ab,

ob ein Steueranspruch besteht, ob Steuern verkürzt oder ob nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt

sind,

so kann das Strafverfahren ausgesetzt werden, bis das Besteuerungsverfahren rechtskräftig abgeschlossen ist.“

Page 18: Aktuelle Entwicklungen  im Steuerstrafrecht Prof. Dr. Markus Jäger  Richter am Bundesgerichtshof

Steuerstrafrecht 18

Die strafbefreiende Selbstanzeige

- § 371 AO: strafbefreiende Selbstanzeige

- Geändert durch

Schwarzgeldbekämpfungsgesetz (April 2011)

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Steuerstrafrecht 19

Aktuelle Rechtsprechung

des Bundesgerichtshofs zur „grenzüberschreitenden Umsatzsteuerhinterziehung“

Maßgebliche Vorschriften: § 370 AO: nationale Blankettstrafnorm, seit dem

Jahr 2011 auch auf ausländische Umsatzsteuern anwendbar (§ 370 Abs. 6 AO)

§§ 1, 4 Nr.1b, 6a, 15 UStG, §§ 17a, c UStDV Sechste Mehrwertsteuer-Richtlinie 77/388/EG bzw.

Mehrwertsteuersystemrichtlinie 2006/112/EG

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Umsatzsteuerhinterziehung

deutscher Unternehmer

Missing trader Buffer

italienischer KfZ-Händler

ID

Strafbarkeit trotz innergemeinschaftlicher Lieferung?

Lieferung

Rechnung ohne USt

Rechnung mit USt

Rechnung mit USt

Page 21: Aktuelle Entwicklungen  im Steuerstrafrecht Prof. Dr. Markus Jäger  Richter am Bundesgerichtshof

Steuerstrafrecht 21

§ 6a UStG: Steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung

(1) Eine innergemeinschaftliche Lieferung (§ 4 Nr. 1 Buchstabe b) liegt vor, wenn bei einer Lieferung die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:

1. Der Unternehmer oder der Abnehmer hat den Gegenstand in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet;

2. der Abnehmer ista) ein Unternehmer, der den Gegenstand der Lieferung für

sein Unternehmen erworben hat,b) eine juristische Person die nicht Unternehmer ist oder die

den Gegenstand der Lieferung für ihr Unternehmen erworben hat, oder

c) bei der Lieferung eines neuen Fahrzeugs auch jeder andere Erwerber und

3. der Erwerb des Gegenstands der Lieferung unterliegt beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerung ...

Page 22: Aktuelle Entwicklungen  im Steuerstrafrecht Prof. Dr. Markus Jäger  Richter am Bundesgerichtshof

Steuerstrafrecht 22

6a UStG: Steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung

(3) Die Voraussetzungen der Absätze 1 und 3 müssen vom Unternehmer nachgewiesen sein. Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, wie der Unternehmer den Nachweis zu führen hat.

...

§§ 17a, c UStDV

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Steuerstrafrecht 23

Innergemeinschaftliche Lieferung

BGH, Beschluss vom 20. November 2008 – 1 StR 354/08, BGHSt 53, 45:

Es liegt keine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung vor,

bei kollusivem Zusammenwirken mit dem Abnehmer unter Vortäuschen der Lieferung über einen

Zwischenhändler zum Zwecke der Hinterziehung von Umsatzsteuer beim

Empfänger

Page 24: Aktuelle Entwicklungen  im Steuerstrafrecht Prof. Dr. Markus Jäger  Richter am Bundesgerichtshof

Steuerstrafrecht 24

Innergemeinschaftliche Lieferung

BGH, Beschluss vom 20. November 2008

– 1 StR 354/08, BGHSt 53, 45:

§ 6a Abs. 1 UStG bedarf einer gemeinschafts-konformen, einschränkenden Auslegung, vgl. die Rechtssachen

Halifax: EuGH, Urt. vom 21. Februar 2006, C-255/02

Collée: EuGH, Urt. vom 27. September 2007, C-146/05

Teleos: EuGH, Urt. vom 27. September 2007, C-409/04

Page 25: Aktuelle Entwicklungen  im Steuerstrafrecht Prof. Dr. Markus Jäger  Richter am Bundesgerichtshof

Steuerstrafrecht 25

Innergemeinschaftliche Lieferung

Bedenken gegen die Rechtsprechung des BGH in der Finanzgerichtsbarkeit (AdV-Verfahren):

– FG Baden-Württemberg, Beschl. vom 11. März 2009 – 1 V 4305/08: AdV gewährt.

– BFH, Beschl. vom 29. Juli 2009 – XI B 24/09, DStR 2009, 1693: Beschwerde gegen AdV zurückgewiesen

Ernstliche Bedenken im Hinblick auf– Grundsatz der steuerlichen Territorialität– Grundsatz der Neutralität der Mehrwert-

steuer, da tatsächlich ausgeführte Lieferungen (keine Scheingeschäfte)

Page 26: Aktuelle Entwicklungen  im Steuerstrafrecht Prof. Dr. Markus Jäger  Richter am Bundesgerichtshof

Steuerstrafrecht 26

Innergemeinschaftliche Lieferung

BGH: Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH, Beschl. vom 7. Juli 2009 – 1 StR 41/09, DStR 2009, 1688

betr. die Auslegung des Art. 28c Teil A Buchstabe a der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie

Vorlagefragen: Ausschluss der Steuerbefreiung– bei Beteiligung an Warenumsatz, der auf

Mehrwertsteuerhinterziehung ausgelegt ist?– bei Verschleierung des Erwerbers, um

Mehrwertsteuerhinterziehung zu ermöglichen? Der BGH hält in der Vorlage an seiner

Rechtsauffassung fest

Page 27: Aktuelle Entwicklungen  im Steuerstrafrecht Prof. Dr. Markus Jäger  Richter am Bundesgerichtshof

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Umsatzsteuerhinterziehung

deutscher Unternehmer

Missing trader Buffer

italienischer KfZ-Händler

ID

Strafbarkeit trotz innergemeinschaftlicher Lieferung?

Lieferung

Rechnung ohne USt

Rechnung mit USt

Rechnung mit USt

Page 28: Aktuelle Entwicklungen  im Steuerstrafrecht Prof. Dr. Markus Jäger  Richter am Bundesgerichtshof

Steuerstrafrecht 28

Innergemeinschaftliche Lieferung

EuGH, Urteil vom 7. Dezember 2010 - C-285/09:

1. Bei Verschleierung des Empfängers kann der

Ausgangsmitgliedstaat die Umsatzsteuerbefreiung

versagen

2. Wenn ernsthafte Gründe bestehen, dass der Erwerb

im Bestimmungsland der Besteuerung entgeht, muss

die Steuerbefreiung versagt werden

Page 29: Aktuelle Entwicklungen  im Steuerstrafrecht Prof. Dr. Markus Jäger  Richter am Bundesgerichtshof

Steuerstrafrecht 29

Innergemeinschaftliche Lieferung

BVerfG, Beschluss vom 16. Juni 2011 - 2 BvR 542/09:

- Die vom Bundesgerichtshof vorgenommene Auslegung

des Worts „unterliegt“ in § 6a Abs. 1 Nr. 3 UStG verstößt

nicht gegen den Bestimmtheitsgrundsatz des Art. 103

Abs. 2 GG

Page 30: Aktuelle Entwicklungen  im Steuerstrafrecht Prof. Dr. Markus Jäger  Richter am Bundesgerichtshof

Steuerstrafrecht 30

Innergemeinschaftliche Lieferung

BGH, Beschluss vom 20. Oktober 2011 - 1 StR 41/09:

Die Versagung der Steuerbefreiung beruht im vorliegenden

Fall auf zwei nebeneinander bestehenden Gründen:

1. Wegen kollusivem Zusammenwirken fehlt es an den

Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 Nr. 3 UStG

2. Es fehlt an den Voraussetzungen des § 6a Abs. 3 UStG i.V.m.

§§ 17a, 17c UStDV (Buch- und Belegnachweis), weil mit

falscher Buch- und Belegführung den wahren Erwerbern eine

Umsatzsteuerhinterziehung ermöglicht werden sollte

Page 31: Aktuelle Entwicklungen  im Steuerstrafrecht Prof. Dr. Markus Jäger  Richter am Bundesgerichtshof

Steuerstrafrecht 31

Hinterziehung von Umsatzsteuer

Unzulässiger Vorsteuerabzug im

„Hinterziehungssystem“

BGH, Beschluss vom 24. Februar 2011

- 1 StR 24/10 -

Page 32: Aktuelle Entwicklungen  im Steuerstrafrecht Prof. Dr. Markus Jäger  Richter am Bundesgerichtshof

Steuerstrafrecht 32

Rechtsprechung zur Strafzumessung

bei Steuerhinterziehung

Grundsatzurteil vom 2. Dezember 2008 -

1 StR 416/08, BGHSt 53, 71

Anlass: Gesetzliche Änderung der Regelbeispiele für einen besonders schweren Fall der Steuerhinterziehung in § 370 Abs. 3 Satz 2 AO durch Gesetz vom 21.12.2007 (BGBl. 3198) mit Wirkung ab 1.1.2008

Page 33: Aktuelle Entwicklungen  im Steuerstrafrecht Prof. Dr. Markus Jäger  Richter am Bundesgerichtshof

Steuerstrafrecht 33

Gesetzliche Strafrahmen

für Steuerhinterziehung

Grundtatbestand (§ 370 Abs. 1 AO):

Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren

Strafzumessungsregel für besonders schwere Fälle der Steuerhinterziehung (§ 370 Abs. 3 AO):

Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren

Bei mehreren Taten: Gesamtstrafenbildung (§ 53 StGB)

Erhöhung der höchsten Einzelstrafe

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Steuerstrafrecht 34

Grundsätze der Strafzumessung

Grundlage für die Strafzumessung ist die persönliche Schuld des Täters

Bei der Zumessung der Strafe wägt das Gericht die Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, gegeneinander ab (§ 46 Abs. 2 Satz 1 StGB)

Bestimmende Strafzumessungsgründe sind insbesondere die in § 46 Abs. 2 Satz 2 StGB genannten Umstände

Page 35: Aktuelle Entwicklungen  im Steuerstrafrecht Prof. Dr. Markus Jäger  Richter am Bundesgerichtshof

Steuerstrafrecht 35

Strafzumessung

BGH: Bei der Steuerhinterziehung hat das Kriterium der

„verschuldeten Auswirkungen der Tat“ besonderes Gewicht

Deshalb ist die Höhe der verkürzten Steuern stets ein bestimmender Strafzumessungsgrund

Das Merkmal des „großen Ausmaßes“ der Steuerverkürzung (§ 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO) ist nach objektiven Maßstäben zu bestimmen

Page 36: Aktuelle Entwicklungen  im Steuerstrafrecht Prof. Dr. Markus Jäger  Richter am Bundesgerichtshof

Steuerstrafrecht 36

Strafzumessung

BGH: Die Grenze des „großen Ausmaßes“ ist erreicht, wenn

der Hinterziehungsbetrag 50.000 € übersteigt.

Das Überschreiten der Grenze führt nicht automatisch zu einem besonders schweren Fall

Das „große Ausmaß hat lediglich Indizwirkung, die

– durch Milderungsgründe beseitigt und– durch Strafschärfungsgründe verstärkt werden kann

Page 37: Aktuelle Entwicklungen  im Steuerstrafrecht Prof. Dr. Markus Jäger  Richter am Bundesgerichtshof

Steuerstrafrecht 37

Strafzumessung

BGH: Erforderlich ist stets eine Gesamtwürdigung aller

Umstände

Bei einem bloßen Gefährdungsschaden liegt die Schwelle zum besonders schweren Fall etwa bei einer Verkürzung von 100.000 €

Ob ein großes Ausmaß vorliegt, ist für jede Tat im materiellen Sinn gesondert zu bestimmen

Page 38: Aktuelle Entwicklungen  im Steuerstrafrecht Prof. Dr. Markus Jäger  Richter am Bundesgerichtshof

Steuerstrafrecht 38

Strafzumessung

BGH zur Gesamtwürdigung:

Strafmildernd wirkt z.B.: Geständnis Schadenswiedergutmachung überwiegend steuerehrliches Verhalten

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Steuerstrafrecht 39

Strafzumessung

BGH zur Gesamtwürdigung:

Strafschärfend wirkt z.B.: Steuerhinterziehung als Gewerbe

z.B. „Serviceunternehmen“ für Scheinrechnungen

Aufbau eines aufwändigen Täuschungssystems z.B. Umsatzsteuerkarusselle

Verstrickung anderer Personen größere buchtechnische Manipulationen Schaffung schwer aufklärbarer

Auslandssachverhalte

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Steuerstrafrecht 40

Strafzumessung

BGH: Bei Hinterziehung in Millionenhöhe ...

kommt Strafaussetzung zur Bewährung nur bei Vorliegen besonders gewichtiger Milderungsgründe noch in Betracht

scheidet das Strafbefehlsverfahren regelmäßig aus

Page 41: Aktuelle Entwicklungen  im Steuerstrafrecht Prof. Dr. Markus Jäger  Richter am Bundesgerichtshof

Steuerstrafrecht 41

Strafverfolgungsverjährung

Verjährungsfrist:

fünf Jahre

in den in § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO genannten Fällen besonders schwerer Steuerhinterziehung zehn Jahre

Es kommt auf die Erfüllung des Regelbeispiels an, nicht auf die Qualifizierung als besonders schwer im Einzelfall