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ALBANISCHE HEFTE ........... 4/2004 . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kann Albanien Nordkorea erklären? Überlegungen zu Phänomenen peripherer Sozialismus-Modelle ISSN 0930-1437 33. Jahrgang - 4. Quartal - 3,50 Zeitschrift für Berichte, Analysen, Meinungen aus & über Albanien Lazarat unter der Monarchie, dem Kommunismus und der Demokratie Interviews mit Bewohnern von Lazarat Albanische Studenten in Graz in der Zwischenkriegszeit Rezension zum „Lexikon zur Geschichte Südosteuropas“ Bücherreport ................... ................... Zeitläufe

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Kann Albanien Nordkorea erklären?Überlegungen zu Phänomenen peripherer

Sozialismus-Modelle

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Zeitschrift für Berichte, Analysen, Meinungen aus & über Albanien

Lazarat unter der Monarchie, demKommunismus und der DemokratieInterviews mit Bewohnern von Lazarat

Albanische Studenten in Grazin der Zwischenkriegszeit

Rezension zum „Lexikon zurGeschichte Südosteuropas“

Bücherreport...................

...................Zeitläufe

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2Albanische Hefte 4/2004

Seite „zwo“

Reiseprojekte der DAFGNach längerer Unterbrechung möchtedie DAFG interessierten Mitgliedern wieauch sonstigen Albanien-Interessiertendie Möglichkeit anbieten, das Land imRahmen einer Rundreise zu bereisen. Dievorgesehenen Programme bieten dieGelegenheit, bekannte Orte kennenzu-lernen oder wieder zu erkunden undgleichzeitig eine Reihe neuer Sehenswür-digkeiten zu entdecken, die bislang inden Reiseprogrammen fehlten. Für diebeiden angebotenen Programme habenwir bewußt unterschiedliche Schwer-punkte gesetzt und uns jeweils auf eineRegion konzentriert, da nur so auch dienotwendige Zeit für die neuen„Schmankerln“ zur Verfügung steht. Esstehen nicht nur landschaftliche Schön-heiten oder archäologische Highlightsauf dem Programm, in Gesprächen mitkompetenten albanischen Partnern undBesichtigungen von Betrieben bzw. In-stitutionen werden auch Einblicke in diegegenwärtige Entwicklung Albaniensgegeben. Die Intensität des Reise-erlebnisses steht im Vordergrund, daherist eine gewisse Flexibilität der Reise-gruppe bei den geplanten Programm-schwerpunkten und Neuerungen von-nöten. Daher ist die Teilnehmerzahlauch begrenzt. Es ist geplant, daß bei-de Reisen von Bodo Gudjons, dem Vor-sitzenden der DAFG, geführt werden.

Albanienzum (wieder) Kennenlernen

– Schwerpunkt Süden- 9-tägige Rundreise

Ein Programm, das „klassische“ Se-henswürdigkeiten mit einer Reihevon neuen Programmpunkten ver-bindet, die auch denen meist unbe-kannt sind, die früher bereits Alba-nien bereist haben.

1. Tag: Linienflug nach Rinas, Trans-fer zum Hotel. Nachmittags Stadt-besichtigung Tirana.2. Tag: Tirana Vormittag zur freienVerfügung, nachmittags Ausflug nachKruja (mit Abstecher nach Zgërdheshoder Aufstieg nach Sari Salltëk)3. Tag: Tirana - Apollonia - Berat, Üb.4. Tag: Berat – Gjirokastra, Üb. Fahrtvon Berat via Ballsh, dort Abstechernach Byllis. Weiter über Tepelenanach Gjirokastra.5. Tag: Gjirokastra – Saranda, Üb.Fahrt nach Libohova und Sofratika,

unter zum Kloster Shën Naum unmit-telbar vor der Grenze. Nach der Be-sichtigung des Klosters geht es überTushemisht nach Pogradec, Üb.5. Tag: Pogradec – Korça, Üb. Diereine Fahrtstrecke von Pogradecnach Korça beträgt nur ca. 40 km,wir machen aber einen Abstecherzum großen Prespa-See. Die Fahrtbis Liqenas ist wegen schwierigerWegstrecke nicht gerade komforta-bel, aber der Umweg entlohnt mitgrandioser Natur. Üb. in Korça6. Tag: Korça – Dardha: ÜberDrenova und Boboshtica führt dieheutige Etappe nach Dardha, einenkleinen Ort inmitten großer Wald-gebiete. Gelegenheit zur Wande-rung in herrlicher Umgebung.7. Tag: Korça – Voskopoja, Üb. Heu-te steht Voskopoja auf dem Pro-gramm, ein kleiner Ort mit großerGeschichte, Im Mittelalter eine derbedeutendsten Städte des Balkans.8. Tag: Korça – Tirana, Üb. Rückfahrtüber Pogradec, Elbasan nachDurrës. Dort Besichtigung der Stadtmit Amphitheater, Am Abend Wei-terfahrt nach Tirana, Üb.9. Tag: Tirana: Nach dem Mittages-sen Transfer nach Rinas und Rück-flug nach Frankfurt.Termin: 01.10. – 09.10.2005Teilnehmerzahl: mind. 10, max. 15Preis: 1.195,00 Euro(EZ-Zuschlag ca. 100 – 150 Euro)Anmeldeschluß: 15.08.2005

Änderungen im Programmablauf vor-behalten! Je nach Möglichkeit könnenbesondere Wünsche mit Zustimmungaller TeilnehmerInnen noch vor Ortaufgenommen und realisiert werden.

Im Reisepreis eingeschlossen sind jeweilsfolgende Leistungen: Linienflüge von/nach Frankfurt - Einreise- und Flughafens-teuer - Transfers u. Rundfahrt mit lan-desüblichem Bus - Übernachtung /HPin albanischen Mittelklassehotels im DZmit Du/WC -Programmkosten u. Ein-trittsgelder - Reiseleitung durch einen er-fahrenen deutschen (albanischs-prachigen) Reiseleiter - Informations-paket -

Ein Faltblatt mit ausführlicheren Infor-mationen kann auf der Homepage derDAFG (www.albanien-dafg.de) her-untergeladen oder bei der Geschäfts-stelle der DAFG angefordert werden:DAFG - Postfach 10 65 0544705 [email protected]

dann über den „Breiten Berg“ mitkurzem Stopp in Mesopotam nachSaranda.6. Tag: Saranda – (Butrint) - Vlora,Üb. Vormittags: Butrint Nachmit-tags: Fahrt entlang der „albanischenRiviera“ über Borsh, Qeparo (Halt inPorto Palermo), Himara, Dhërmi,Llogara-Paß, Orikum nach Vlora.7. Tag: Vlora - Durrës Üb.Vlora: Stadtbesichtigung Fahrt zurBurg von Kanina, anschließend Ab-stecher nach Zvërnec an der Lagu-ne von Narta.8. Tag: Durrës – Tirana, Üb.9. Tag: Tirana: Vormittag zur freienVerfügung, am Nachmittag Rückflugnach Frankfurt.Termin: 03.09. - 11.09.2005Teilnehmerzahl: mind. 10, max. 15Preis: 1.195,00 Euro(Zuschlag für EZ ca. 100 – 150 Euro)Anmeldeschluß: 15.07.2005

Albaniens unbekannter Osten- 9-tägige Rundreise

Ein Programm, das die landschaftli-chen Schönheiten des wenig bekann-ten Ostens Albaniens mit einem Ab-stecher nach Mazedonien verbindet:

1. Tag: Direktflug Frankfurt – Tira-na, Linienflug nach Rinas, Transferzum Hotel. Nachmittags: Stadt-besichtigung Tirana2. Tag: Tirana Stadtbesichtigung,Nachmittags Ausflug nach Kruja3. Tag: Tirana - Ohrid, Üb. Über denKrraba-Paß fahren wir nach Elbasan,kurze Stadtbesichtigung. Durch dasTal des Shkumbin geht es parallel zuralten Via Egnatia zum Ohrid-See, wowir zunächst einen kurzen Abstecherzu dem kleinen Fischerdörfchen Linam Nordwestufer des Sees machen.Dort in der Nähe besteht die Gele-genheit zur Besichtigung der Resteeiner frühchristlichen Basilika. Amspäten Nachmittag geht es dannweiter in das malerische Ohrid aufder mazedonischen Seite des gleich-namigen Sees.4. Tag: Ohrid – Pogradec, Üb. VonOhrid aus geht es den See entlangüber Gorica Richtung albanischeGrenze mit einem Abstecher die Ser-pentinen hinauf zum Preslap-Paß in-mitten des Galicica-Nationalparks.Von dort wieder denselben Weg hin-

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InhaltInhalt

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Chronik

Daten, Namen, Fakten: September - Dezember 2004

Magazin

Nachrichten aus Albanien

Zeitläufe

Lazarat unter der Monarchie,dem Kommunismus und der DemokratieInterviews mit Bewohnern aus Lazarat

Kann AlbanienNordkorea erklären?Überlegungen zu Phänomenenperipherer Sozialismus-Modelle

Albanische Studenten in Grazin der Zwischenkriegszeit

Bücherreport

Rezensionen

Blickpunkt

Die Illyrer - Europas vergessenes Volkzwischen Griechen und Kelten -Ausstellung im Museum Quintana in Künzing

Aus der DAFG

ImpressumKontaktadressen

Titel:

Dardha, Foto: Jochen Blanken

Rückseite

Archäologisches Museum in KorçaFoto: Jochen Blanken

Liebe Leserinnen,liebe Leser,

ich weiß nicht, wie oft Sie in Ihrem Freundes-und Bekanntenkreis auf Ihr Faible für Albanienangesprochen werden. Albanien steht ja seltengenug bei uns im Mittelpunkt des breiten öf-fentlichen Interesses, oft genug haben wir dasschon in den „Albanischen Heften“ beklagt.Aber Mitte Dezember wären wohl viele von unsfroh gewesen, wenn nicht ausgerechnet auf die-ses Ereignis so viele Scheinwerfer und Mikropho-ne gerichtet gewesen wären: das Geiseldramavon Athen. Nicht, weil man es aus falsch ver-standener Verbundenheit mit Land und Leutenhätte beschönigen wollen, sondern einfach ausder Tatsache heraus, daß hier die Tat einiger Ver-brecher das ohnehin nicht leichte Leben ihrerLandsleute in Griechenland erneut belastete, dasMiteinander von Griechen und Albanern er-schwerte, aber auch weit über Griechenland hin-aus in den Medien das Negativimage des Lan-des verstärkte, unter dem jede/r rechtschaffeneAlbaner/in leidet. Und rund 20 Stunden lang wur-de an jenem 15. Dezember das Bild des gewalt-tätigen Albaners via Radio und Fernsehen in dieWohnstuben in ganz Europa übertragen, zu-nächst noch spekulativ, da die nationale Zuge-hörigkeit der Geiselnehmer nicht eindeutig ge-klärt war, dann aber als „gesicherte Informati-on“. Stunde um Stunde ging die Meldung überden Äther, in jeder Nachrichtensendung. Die al-banischen Offiziellen haben diese Tat sofort ver-urteilt, der griechischen Bevölkerung gegenüberihr tiefes Bedauern ausgedrückt. Der albanischeBotschafter in Athen, Bashkim Zeneli, manchenvon Ihnen vielleicht aus seiner Zeit in Berlin per-sönlich bekannt, hat sich aktiv bei der Lösungdes Dramas engagiert. Die verstärkt negativeStimmung gegen die Albaner in Griechenlandhat das nur bedingt beeinflussen können. Unse-ren Medien aber waren diese Aspekte kaum derErwähnung wert, im Vordergrund stand alleindie „Sensation“ und wenn die auch noch in zudem bestehenden Bild paßt, dann braucht mansich um Hintergründe nicht groß zu scheren.Schon einen Tag nach dem Ende des Dramaswurde in unserer Medien kein Wort mehr dar-über verloren. Aber ist die Sache damit auch ausden Köpfen der Leser und Zuschauer?Insofern hat die Geiselnahme von Athen auchfür die AlbanerInnen, die in Deutschland leben,gar nicht meßbare negative Folgen, die nurschwer zu bekämpfen sind, da sie gerade un-terschwellig wirken. Da kann man eigentlich nurfroh sein, wenn man auf das Ereignis angespro-chen worden ist, denn so ergab sich wenigstensdie Chance, die Dinge in den realen Kontextzu setzen.

IhrBodo GudjonsChefredakteur

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4Albanische Hefte 4/2004

Chronik

■■■■■ September 2004

28. Gespräche zwischen Serbienund Kosovo: In Wien werden nacheinjähriger Pause die Gespräche zwi-schen Serbien und Kosovo fortge-setzt. Im Mittelpunkt stehen nichtnur technische Fragen, sondern auchdie verschiedenen Dezentralisie-rungskonzepte; eine Annäherungwird nicht erzielt.28. OMONIA bricht mit PSSH: Diegriechische Minderheitenorgani-sation OMONIA beschließt, das Bünd-nis mit den Sozialisten zu beendenund Gespräche mit der PDSH aufzu-nehmen. Es wird damit gerechnet,dass die ihr nahe stehende PBDNJ dieKoalition verlässt. Nach dem Austrittder LSI würde das die Koalition ver-mutlich um ihre Mehrheit bringen.29. Ermittlung gegen deutsche Di-plomaten: Die Berliner Staatsanwalt-schaft ermittelt gegen zwei Diploma-ten der deutschen Botschaft in Tira-na wegen Bestechlichkeit im Zusam-menhang mit der Ausstellung vonVisa. Darüber hinaus laufen dienstli-che Verfahren gegen weitere Mitar-beiter; mehrere albanische Kräftewurden bereits entlassen. Die Bot-schaft annulliert die verdächtigenVisa.30. PDSH für Boykott des Referen-dums: Die oppositionelle PDSH be-schließt, anders als Parteichef ArbenXhaferi vorher angekündigt hatte,einen Aufruf zum Boykott des Refe-rendums gegen das makedonischeDezentralisierungsgesetz.

■■■■■ Oktober 2004

1. Parlamentarische Prüfung derKosovo-Pogrome: DerVerteidigungsausschuss des Bundes-tages will die schweren Ausschreitun-gen in Kosovo im März 2004, bei derentgegen ursprünglichen Angabenauch im deutschen Zuständigkeits-bereich ein Serbe getötet wurde, ineinem Parlamentsgremium klärenlassen; die Opposition nimmt vonder Einsetzung eines Parlamentari-schen UntersuchungsausschussesAbstand.2. Konflikt in PSSH geht weiter: Aufeiner Sitzung des obersten Leitungs-gremiums der PSSH weist ParteichefNano die immer schärfer werdendeKritik der internationalen Organisa-tionen zurück. Der für Außen-

beziehungen zuständige Parteisekre-tär Bardhyl Agasi erklärt seinen Rück-tritt; weitere Umbesetzungen imVorstand werden erwartet.5. Bedingter Wahlaufruf Tadics: Derserbische Präsident Boris Tadic ruft dieKosovo-Serben zur Wahlteilnahmeauf, verbindet dies aber mit der Be-dingung, dass die UNMIK die lokalenAutoritäten in den serbischen Ge-meinden als Partner anerkennt. Dasführt zu einer scharfen Auseinander-setzung zwischen Tadic und Minister-präsident Kostunica; die nationalisti-schen Serben fordern Tadics Rücktrittwegen des Wahlaufrufs, währendkosovo-albanische Sprecher weisendie Kantonalisierung Kosovos ableh-nen. Die UNMIK würdigt den Aufrufzur Teilnahme. – Am 18.10. schließtsich der montenegrinische Minister-präsident Milo Djukanovic dem Wahl-aufruf Tadics an.6. Freispruch für Fatos Klosi: Der frü-here Chef des InlandsgeheimdienstesFatos Klosi wird vom Vorwurf desAmtsmissbrauch freigesprochen. Erwirft Ministerpräsident Nano vor, dasVerfahren gegen ihn angestrengt zuhaben, um einen Sündenbock für ei-gene Fehler zu haben.6. Opposition will serbischen Prä-sidenten abwählen: Die RadikalePartei (SRS) und die Sozialisten (SPS)wollen ein Abwahlverfahren gegenPräsident Boris Tadic (DS) einleiten,weil er die Kosovo-Serben zur Wahl-teilnahme aufgerufen hatte.7. Koalition akzeptiert OSZE-Vor-schläge – Edi Rama skeptisch: DieVorsitzenden der sechs Mitte-Links-Parteien, Fatos Nano (PSSH),Skënder Gjinushi (PSDSH), LufterXhuveli (PAA), Neritan Ceka (PAD),Vangjel Dule (PBDNJ) und PaskalMilo (PDS) vereinbaren, die Kritikund die Vorschläge von OSZE undODIHR zu akzeptieren und derDurchführung korrekter Wahlenhöchste Priorität einzuräumen. Dietechnische Vorbereitung (Wählerli-sten, Wahlkommissionen) solle vonden Parteien begleitet, aber nichtübernommen werden. Über eineRegierungsumbildung wird nichtgesprochen. – Edi Rama, Oberbür-germeister von Tirana, hält die ge-forderten Standards angesichts derunzureichenden Erfassung derWähleradressen nicht für realistisch.8. Albanien beteiligt sich an SFOR:Albanien wird nach Angaben des

Verteidigungsministeriums 70 Solda-ten zur SFOR-Truppe nach Bosnienschicken. Weiterhin dienen 71 Alba-ner bei den internationalen Truppenim Irak und 23 in Afghanistan.9. Niederlage gegen Dänemark:Albanien verliert in Tirana sein drit-tes WM-Qualifikationsspiel gegenDänemark mit 0:2.10. Auch PAA für Regierungsumbil-dung: Der Vorsitzende der Agrar- undUmweltpartei (PAA), Lufter Xhuveli,fordert vor der Verabschiedung desHaushaltes für 2005 eine Kabinetts-umbildung, bei der die kleinen Part-ner stärker berücksichtigt werdenmüssten. – Die PAA galt bisher alstreuester Verbündeter der PSSH.11. Kosovo-serbische Listen einge-reicht: Eine serbische Liste „FürKosovo und Metohija“ wird für dieWahlen am 23.10. registriert, an de-ren Spitze der bisherige „Povratak“-Politiker Oliver Ivanovic kandidiert.Vorher hatte sich bereits die Bürger-initiative Serbiens registrieren lassen.Die serbischen Wahlgegner wollen inMitrovica und anderswo Boykott-aktionen organisieren.12. Will Kokëdhima in die Politik?:Der Herausgeber von „Shekulli“, dergrößten Tageszeitung Albaniens,Koço Kokëdhima, erklärt in einemInterview mit seiner eigenen Zei-tung, er strebe keine politische Kar-riere an, schließe sie aber nicht aus,wenn er gezwungen werde. Da sei-ne Frau Brixhida eine der Vorsitzen-den der bisher unbedeutenden Grü-nen Partei ist, gibt es Spekulationen,er wolle wie der Herausgeber von„Koha Jonë“ und Chef der Christde-mokratischen Partei (PDK), NikollëLesi, in die Politik gehen.13. Kasachstan : Albanien 0:1: Inseinem vierten WM-Qualifikations-spiel besiegt Albanien Kasachstan inAlma-Ata mit 0:1 durch ein Tor vonAlban Bushi. Die U18 hatte am Vor-tag dasselbe Resultat erzielt.13. Rühe in Tirana: Der Vorsitzendedes Auswärtigen Ausschusses des Bun-destages, Volker Rühe (CDU), trifft inTirana mit den Spitzen von Regierungund Opposition zusammen. Er erklärtdie Bereitschaft Deutschlands, Alba-nien bei der europäischen Integrati-on zu unterstützten; dafür seien aberkorrekte und nicht umstrittene Wah-len erforderlich.14. Einigung über Wahlkommissi-on: Die Generalsekretäre der beiden

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Chronik

großen Parteien, Ruçi (PSSH) undTopi (PDSH), verständigen sich übereine Neubesetzung in der ZentralenWahlkommission; die PSSH will dasVorschlagsrecht der PDSH für einKommissionsmitglied anerkennen.Die kleinen Mitte-Links-Parteien wer-fen der PSSH vor, sich mit der Op-position auf Kosten der kleinen Part-ner zu einigen.14. Schweres Busunglück: BeimSturz eines Busses mit kosovarischenSchülern aus Malisheva in eineSchlucht bei Gjegjan bei Puka kom-men 16 Menschen ums Leben; wei-tere werden z.T. schwer verletzt. Derkosovarische Präsident Rugova ruftöffentliche Trauer aus. Verkehrsmini-ster Spartak Poçi (PSSH) sieht sichRücktrittsforderungen aus seiner ei-genen Partei ausgesetzt.15. Hochtief übernimmt Rinas: Dergrößte deutsche Baukonzern Hoch-tief übernimmt den Mutter-teresa-Flughafen in Rinas mit einem vomParlament gebilligten Konzessions-vertrag über 20 Jahre.16. Wahlkreiseinteilung: Eine Kom-mission aus Experten und Vertreternder beiden großen Parteien legt ei-nen Entwurf für die Neufestsetzungder Wahlkreise vor. Jeder Wahlkreis sollca. 12.500 Wahlberechtigte umfas-sen; die Abweichung soll in beideRichtungen nur 5 % betragen. Da-durch würde der Süden weniger, derNorden mehr Wahlkreise erhalten.17. Auch PBDNJ spaltet sich: Zweider drei PBDNJ-Abgeordneten, KristoGoçi und Ligoraq Karamelo, kündi-gen die Gründung einer neuenMenschenrechtspartei (PDNJ) an,falls Parteichef Dule das Bündnis mitden Sozialisten nicht umgehend kün-digt. Dies ist die Folge eines altenRichtungsstreits in der Partei der grie-chischen und anderer Minderheiten.– Am 6.11. verkündet Karamelo dieGründung der neuen Partei.18.-21. Stefanopulos in Tirana: Dergriechische StaatspräsidentKonstantinos Stefanopulos besuchtauf Einladung seines albanischenKollegen Moisiu Albanien. Bei denGesprächen geht es um die europäi-sche Integration Albaniens und Grie-chenlands Rolle dabei. – Der Verbandder nach dem II. Weltkrieg aus Grie-chenland vertriebenen Albaner,„Çamëria“, will gegen Stefanopulosdemonstrieren; das wird polizeilichverboten. Der griechische Präsident

hält die çamische Frage für nichtexistent. – Bei einer Ansprache inDerviçan macht er die Erfüllung al-ler Forderungen der griechischenMinderheit zur Voraussetzung füreinen EU-Beitritt Albaniens und ver-wendet den umstrittenen Begriff„Nordepirus“.21. 60.000 „Bulgaren“ in Albani-en?: Die bulgarische Regierung be-schließt einen Visums-Erlass, der dieVisumspflicht für ethnische Bulgarenaus Albanien abschafft, deren Zahlmit 60.000 angegeben wird. Bulga-rien, das traditionell die Existenz ei-ner makedonischen Nation leugnet,bezieht sich auf Makedonier, derenZahl von makedonischen Nationali-sten mit 60-100.000, von albani-schen Experten mit nur 8.000 ange-geben wird.23. Wahlen in Kosovo: An den zwei-ten Parlamentswahlen in Kosovo seitdem Ende der serbischen Herrschaftnehmen nur 51,1 % der Wahlberech-tigten teil. Die Serben folgen fast voll-ständig den Boykottaufrufen aus Bel-grad und der Orthodoxen Kirche.Wegen zahlreicher Beschwerden ord-net die Zentrale Wahlkommission am29.10. die Neuauszählung von600.000 Stimmen an. Es gibt gegen-über dem vorläufigen Ergebnis nurminimale Veränderungen: Die LDKbleibt mit 45,4 % (2001: 46,3) stärk-ste Partei vor der PDK mit 28,9 %(25,5), der AAK mit 8,4 % (7,8) undder neu gegründeten Bürgerinitiati-ve ORA um den Publizisten VetonSurroi mit 6,2 % (-,-). Die Christde-mokratische Partei (PSHDK) erhält1,8 (1,0), die türkische KDTP 1,32(0,9), die Gerechtigkeitspartei (PD)1,0 % (0,6), die Demokratische Uni-on 0,72 % (-,-), das bosnische Bünd-nis VAKAT 0,71 (1,2), die LPK 0,65% (0,6), die Liberale Partei Kosovas(PLK) 0,5 % (0,5), die DemokratischeAlternative Kosovas (ADK) 0,47 (-,-),UNIKOMB 0,37 (bisher in AAK), derBalli Kombëtar 0,37 (0,4), IRDK(Neue Demokratische InitiativeKosovas – MD) 0,36 (0,5), die Sozi-aldemokratische Partei Kosovas(PSDK) 0,33, Fuad Ramiqi 0,31 Pro-zent and die Bosniakische SDA 0,30% (0,4). Alle anderen Parteien lagenunter 0,3 %, darunter die Neue Par-tei Kosovas (PReK) des früheren Exil-ministerpräsidenten Bukoshi 0,23 %,die Serbische Liste für Kosovo undMetohija (SLKM) 0,14 % und die

Serbische Bürgerinitiative 0,02 %. –Die 100 Mandate nach dem Proporz-system verteilen sich so: LDK 47 Sit-ze, PDK 30, AAK 9, ORA 7, PSHDK2, PD 1, LPK 1, KDTP 1, VAKAT 1,PLK 1. Die Serben erhalten die ga-rantierten 10 Mindestsitze (Liste fürKosovo und Metohija 8, SerbischeBürgerliste 2), aber wegen des Boy-kotts keine weiteren. Von den für dienichtserbischen Minderheiten reser-vierten 10 Sitzen erhalten die KDTPweitere 2, die IRDK (Neue Demokra-tische Initiative Kosovas – MD) 2, dasBündnis VAKAT weitere 2, die PDAK(Demokratische Partei der AshkaliKosovas – MD) 1, die SDA (Partei derDemokratischen Aktion)1, die GIG(Bürgerinitiative Gora) 1 und diePREBK (Vereinigte Roma-Partei) 1Sitz.23. Strittige Personalent-scheidungen für Rechnungshofund Staatsbank: Präsident Moisiuernennt Robert Çeku (PRSH) zumChef der Obersten Staatskontrolle(Rechnungshof) und Ardian Fullanizum Gouverneur der Nationalbank.PDSH und PRSH lehnen Çeku den-noch ab. Die Sozialisten unterstüt-zen den Präsidenten. Am 25.10. for-dert die PDSH eine Debatte im Par-lament; entsprechend einer Verein-barung mit der PSSH stehe der Vor-sitz des Rechnungshofes ihr als stärk-ster Oppositionspartei zu. Parla-mentspräsident Pëllumbi verweistdarauf, dass Präsidialdekrete abge-stimmt, aber nicht debattiert werdenkönnten. Die Personal-entscheidungen werden am 28.10vom Parlament mehrheitlich bestä-tigt; dabei erhält Çeku 83 Stimmen,auch solche der Opposition.27. Milosevic-Anwälte steigen aus:Die beiden vom Haager Tribunal fürSlobodan Milosevic bestellten Anwäl-te Steven Kay und Gillian Higginslegen ihre Mandate nieder, da derAngeklagte jede Zusammenarbeitmit ihnen verweigert und daraufbesteht, sich weiter selbst zu vertei-digen. Das Gericht hatte im Hinblickauf Milosevics schlechte Gesundheitund die häufigen Verhandlungs-unterbrechungen eine Offizial-verteidigung bestellt.27. Albanisch-kosovarischerSprachpflege-Rat: Die Präsidentender Akademien von Albanien undKosovo, Ylli Popa und Rexhep Ismajli,unterzeichnen ein Abkommen zur

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6Albanische Hefte 4/2004

Chronik

Bildung eines gemeinsamen Rats zurgemeinsamen Pflege der albanischenLiteratursprache.27. Razzia in Lazarat: Die Polizeiführt in Lazarat bei Gjirokastra eineRazzia durch und nimmt einen Ver-dächtigen fest, der bei den Ausein-andersetzungen im August einenPolizeihubschrauber beschossen ha-ben soll (s. 16.8.04).28. Baulegalisierung beschlossen:Mit 69 gegen 49 Stimmen beschließtdas Parlament einen Gesetzentwurfder Regierung, in der die nachträgli-che Legalisierung ungenehmigterBauten geregelt wird. Das Gesetz siehteinen Interessenausgleich zwischenden früheren Grundeigentümern undden Besitzern illegal errichteter Bau-ten vor.28. Kosovarin in Afghanistan ent-führt: Drei Mitarbeiter des UN-Entwicklungsprogramms PNUD inKabul werden entführt, darunter dieKosovarin Shqipe Habibi. Eine isla-mische Gruppe will den Abzug derTruppen aus den Heimatländern derGeiseln durchsetzen.

■■■■■ November 2004

1. Oppositionsbündnis zerfällt: Dasbreite Rechtsbündnis „Oppositionfür den Sieg“ unter Führung vonBerishas PDSH zerfällt zusehends;auch die Partei Liberale Union (PBL)von Teodor Laço hat wie andere klei-ne Rechtsparteien ein Wahlbündnismit Leka Zogus „Bewegung für Na-tionale Entwicklung“ angekündigt.Nur die Republikaner (PRSH) haltenam Bündnis mit der PDSH fest.5. Rexhepi kandidiert nicht mehr:Der bisherige kosovarische Minister-präsident Bajram Rexhepi (PDK) er-klärt seinen Verzicht auf das Amt; sei-ne Partei werde ihren VorsitzendenHashim Thaçi vorschlagen. – LDK-Chef Rugova lehnt das Koalitionsan-gebot des AAK-Vorsitzenden RamushHaradinaj ab, der die PDK aus derRegierung herausdrängen will und fürsich selbst den Posten des Minister-präsidenten fordert.6. Enteignungen für Autobahn: DieRegierung beschließt die Bereitstel-lung einer halben Milliarde Lekë zurEntschädigung von Grundbesitzern,die wegen des AutobahnbausLushnja-Fier enteignet werden.7. Referendum in Makedonien

scheitert: Das von der nationalisti-schen Opposition durchgesetzte Re-ferendum gegen die Dezentralisie-rung Makedoniens, die die Rolle derAlbaner in dem Gemeinden stärkensollte, scheitert an der geringen Be-teiligung. Nur 436.202 (= 26,2 %)der Stimmberechtigten nehmen teil;davon stimmen 95 % mit Ja. DieEntscheidung wäre jedoch nur gül-tig, wenn sich die Mehrheit derWahlberechtigten beteiligt hätte.8. Lesis Immunität nicht aufgeho-ben – Schwere Vorwürfe gegenNano: Mit 70 gegen 62 Stimmenlehnt das Parlament die Aufhebungder Immunität des christdemokrati-schen Abgeordneten und Herausge-bers von „Koha Jonë“ Nikollë Lesi ab.Fatos Nanos Frau Xhoana hatte ihnwegen übler Nachrede verklagt. Inder Debatte warf Lesi Nano erneutKorruption, Amtsmissbrauch undVerwicklung in Waffenschiebereienund andere kriminelle Machenschaf-ten vor; er zieht ein abgehörtes Ge-spräch zwischen Nano und dem spä-teren Verfassungsgerichts-präsidenten Fatmir Abdiu aus demJahre 1997 heran, das ihm von ei-nem Unbekannten übergeben wor-den sei. Nano beantragt daraufhineine staatsanwaltliche Untersuchungder gegen ihn erhobenen Vorwürfe.8. Mehr Kompetenzen für Kosovo-Regierung: UNMIK-Chef JessenPetersen richtet den Posten des stell-vertretenden Ministerpräsidentensowie drei neue Ministerien für En-ergie, lokale Selbstverwaltung undFlüchtlings-Rückführung ein.10./11. Haradinaj verhört: Die Er-mittler des Haager Tribunals ICTYvernehmen den Chef der AAK,Ramush Haradinaj, wegen des Ver-dachts von Kriegsverbrechen. Er be-streitet alle Vorwürfe und erklärt dieAngelegenheit für erledigt. Alle al-banischen Parteien solidarisieren sichmit Haradinaj. In Belgrad wird dasVorgehen des ICTY gegen Haradinajsehr begrüßt.10. Makedonische Parteien fürWestintegration: In Ohrid unter-zeichnen auf Initiative von PräsidentCrvenkovski Vertreter der meistenwichtigen Parteien eine Erklärung,wonach sie einen Beitritt zu NATOund EU anstreben. Nikola Gruevski,der Vorsitzende der oppositionellenVMRO-DPMNE, erklärt seine Zustim-mung, boykottiert die Konferenz je-

doch aus Ablehnung gegenCrvenkovski.11. Keine Nachwahl für Kosovo-Serben: Die UNMIK erklärt, es wer-de keine Nachwahlen serbischer Ver-treter im Parlament geben. Mehrereserbische Gruppen in Kosovo und inSerbien hatten Nachwahlen gefor-dert, weil sie die Folgen des Boykottsder Wahlen am 23.10.2004 fürschädlich halten.12. Nano siegt in Prozess gegenitalienische Zeitung: Fatos Nanogewinnt einen Verleumdungs-prozess gegen die italienische Zei-tung „L’Unità“ (ehemals Zeitung derKommunistischen Partei Italiens); dasBlatt hatte ihn als Mafiapaten vonAlbanien bezeichnet. Ein Gericht inMailand verurteilt die Zeitung zurZahlung von 200.000 € an Nano.Sie, der „Corriere de la Sera“ und diealbanische Zeitung „Korrieri“ müs-sen das Urteil abdrucken.13./14. PSDSH-Kongress – Gjinushibestätigt: Die Sozialdemokratenhalten in Tirana ihren 4. Parteitag ab,auf dem auch MinisterpräsidentNano ein Grußwort hält. Sie bekräf-tigen ihr Festhalten an der Mitte-Links-Koalition. Parteichef SkënderGjinushi wird von dem früheren Ge-neralsekretär Gaqo Apostoli heraus-gefordert, setzt sich aber mit 448gegen 84 Stimmen klar durch. –Apostoli kandidiert bei der Sitzungdes Allgemeinen Leitungsrats am1.12. nicht mehr für den Parteivor-stand. Stellvertretende Vorsitzendewerden Pajtim Bello, Ingrid Shuli undEngjëll Bejtaj; Generalsekretär wirdRrustem Preçi.13. Umbesetzungen in PSSH-Füh-rung: Nach dem Rücktritt mehrererFunktionäre nimmt das AllgemeineLeitungskomitee der PSSH Umbeset-zungen vor. Gjergj Koja wird neuerParteisprecher; er ist zugleich Chefdes Jugendverbandes FRESSH. DasLeitungsgremium billigt die Dezen-tralisierung der Wahlkampagne; essoll in jedem der 100 Wahlkreise ei-gene gewählte Wahlkampfkomiteesgeben.13. Entlassungen nach Sicherungs-bruch im Gefängnis: Sechs Polizistendes Gefängnisses in Peqin werdenfristlos aus dem Dienst entfernt, nach-dem sie es wenige Tage zuvor zuge-lassen hatten, dass der zu lebenslan-ger Haft verurteilte Bandenführer„Zani“ Çaushi aus Vlora vier Gesprä-

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Chronik

che mit einem privaten Fernsehsen-der mit dem Handy führen konnte;Çaushi wird nach Tepelena verlegt.15. Kostov tritt zurück: Trotz desScheiterns des Anti-Dezentralisie-rungs-Referendums tritt Hari Kostov(parteilos, auf Vorschlag des SDSM)überraschend als Ministerpräsidentzurück, da er sich mit seinen albani-schen Koalitionspartnern (BDI) nichtüber die künftige Politik einigen kannund ihren Politikern Korruption vor-wirft. Die oppositionelle PDSH weistdie Vorwürfe Kostovs als Verleum-dung eines ganzen Volkes zurück.15. Bombenalarm bei „Koha Jonë“:Nach einer falschen Bombendrohungdurchsucht die Polizei das Büro derZeitung „Koha Jonë“; HerausgeberLesi äußerst den Verdacht, dass diePolizei Anhöranlagen installiert habe.15. Haager Tribunal gegen UÇK-Kommandeure: In Den Haag be-ginnt das erste Verfahren gegenKosovo-Albaner wegen Kriegsverbre-chen. Angeklagt sind Fatmir Limaj,Haradin Balaj und Isak Musliu wegender Folterung und Ermordung vonSerben und Albanern 1998 in einemGefangenenlager, die im Verdachtstanden, mit den serbischen Behör-den zusammenzuarbeiten. Die An-geklagten bestreiten die Vorwürfe.Vor wenigen Tagen war ein Verwand-ter Muslius in Kosovo verhaftet undnach Den Haag ausgeliefert worden,weil er Zeugen unter Druck gesetzthatte.15. PSSH will PDSH-Regierung un-tersuchen: Die PSSH-Fraktion kün-digt Anträge auf die Einsetzung vonfünf (!) parlamentarischen Untersu-chungsausschüssen zur Untersu-chung von Amtsmissbrauch durchdie PDSH-Regierungen und Präsi-dent Berisha (1992-97) an, bei de-nen Waffenschiebereien in verschie-dene Staaten untersucht werden sol-len. Sie will auch einem Ausschusszustimmen, der staatsanwaltliche Er-mittlungen gegen die Regierungüberprüfen soll.16. LSI gegen Zusammenarbeit mitKoalition: Ilir Metas LSI lehnt eineZusammenarbeit mit der regierendenMitte-Links-Koalition ab, zu der derwieder gewählte PSDSH-Chef Gjinushisie aufgefordert hatte.17. Balkankonferenz in Berlin: Mi-nisterpräsident Nano nimmt an einerinternationalen Balkankonferenz inBerlin teil, zu der Bundeskanzler

Schröder eingeladen hatte; Schröderspricht sich für eine europäische Inte-gration des Balkans aus. Schröderempfängt Nano am Folgetag; bei die-ser Gelegenheit wird der Vertrag überdie Privatisierung des Flughafens Ti-rana unterzeichnet (s. 15.10.04).17. Haradinaj wird Ministerpräsi-dent – Koalition ohne PDK – Inter-nationale Bedenken: Die LDK vonPräsident Rugova und die Parteien-koalition „Allianz für die ZukunftKosovos“ (AAK) sowie die Christde-mokraten (PSHDK) und die Parteiender nicht serbischen Minderheitenverständigen sich auf die Bildung ei-ner Koalition. Hashim Thaçis PDKgeht ebenso wie die Bürgerliste ORAdes Publizisten Veton Surroi in dieOpposition. Ministerpräsident wirdder Chef der kleinen AAK, RamushHaradinaj; Stellvertreter wird der bis-herige Parlamentspräsident NexhatDaci. Die Ministerien werden zwi-schen LDK und AAK im Verhältnis 6:4aufgeteilt. – Obwohl UNMIK-ChefSören Jessen Petersen die schnelle Re-gierungsbildung ohne Druck derUNMIK begrüßt, löst Haradinajs No-minierung internationale Besorgnisaus, da er unter dem Verdacht steht,in Kriegsverbrechen verwickelt zusein.17. Hochschullehrer streiken: Anallen Hochschulen treten die Hoch-schullehrer in einen dreitägigenStreik für bessere Bezahlung, einengesicherten personalrechtlichen Sta-tus und mehr Hochschulautonomie.Es hatte bereits vor Wochen kurzeWarnstreiks gegeben; Bildungsmini-ster Memushi war jedoch nicht in derLage, die Forderungen zu erfüllen.19. ZDF-Vorwürfe gegen BND: DasZDF berichtet, der Bundesnachrich-tendienst sei durch einen Informan-ten bereits Wochen vorher über diePlanung von antiserbischen Aus-schreitungen im März 2004 infor-miert gewesen. Dieser InformantSamedin Xhezairi sei in die Organi-sierte Kriminalität in Kosovo verwik-kelt und unterhalte Kontakte zu al-Qaeda. – Am 24.11. stellt die Parla-mentarische Kontrollkommission derGeheimdienste einstimmig fest, demBND sei kein Vorwurf zu machen.21. Angriffe auf orthodoxe Kirchenin Südalbanien: Der Metropolit vonKorça, Jovan, trifft mit demKommunalminiaster Ben Blushi(PSSH) zusammen, um Übergriffe

gegen orthodoxe Kirchen in Süd-albanien zu erörtern; bei 20 Gewalt-akten in wenigen Wochen war es zuSachbeschädigungen und Plünde-rungen gekommen, deren Hinter-grund unklar ist. Blushi sagt dem Kir-chenführer die Unterstützung derRegierung zu.22. Untersuchungsausschuss abge-lehnt: Mit knapper Mehrheit von 70gegen 56 Stimmen bei Enthaltungvon zwei Regierungsabgeordnetenlehnt das Parlament einenUntersuchungsausschuss der vonNikollë Lesi gegen Nano erhobenenVorwürfe ab.22. Kosovarin in Afghanistan wie-der frei: Shqipe Habibi und zwei an-dere UN-Mitarbeiter sind wieder frei.Unklarheit herrscht darüber, ob dieBefreiung aus der Gewalt der Gruppe„Armee der Muslime“ durch Verhand-lungen oder durch eine Befreiungs-aktion erfolgte (s. 28.10.04). Angeb-lich soll der bekannte kosovarischeUnternehmer Behxhet Pacolli 1,5 Mio.$ gezahlt haben.22. Griechische Warnung an Alba-nien: Der albanische Botschafter inAthen, Bashkim Zeneli, wird ins Au-ßenministerium zitiert, wo ihm derGeneralsekretär des Ministeriums,Jorgos Janimatis, deutlich macht,dass eine Anerkennung Makedoni-ens als „Republik Makedonien“schwere Folgen für das VerhältnisAthens zu Tirana haben würde. Erbezieht sich auf einer entsprechen-de Andeutung von Präsident Moisiubei einem Treffen mit seinem Kolle-gen Crvenkovski am 18.11..23. Privatisierung von Telekom undÖlunternehmen: Die Regierung in-seriert im „Wall Street JournalEurope“ den Verkauf der Aktien-mehrheit an Telekomi Shqiptar undan dem Erdölunternehmen Armo.23. Koalitionsparteien fordern Re-gierungsumbildung: Nach einer Sit-zung der kleinen KoalitionsparteienPSDSH, PAD, PBDNJ und PDS fordernder Vorsitzende der Sozialdemokra-ten, Gjinushi, und der Präsident derPAD, Ceka, eine Regierungsumbil-dung mit stärkerer Beteiligung derkleineren Partner bis zum15.12.2004 als Bedingung für dieZustimmung zum Haushalt 2005.Der abwesende PAA-Chef Xhuveliunterstützt die Forderung, lehnt aberein Junktim mit dem Haushalt ab.23. Kabinett Haradinaj: Die künfti-

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8Albanische Hefte 4/2004

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ge Koalition in Kosovo einigt sich auffolgende Postenverteilung:Ministerpräsident: Ramush Haradinaj(AAK) ; Stellv. Ministerpräsident:Adem Salihaj (LDK); Kommunale Ver-waltung: Lutfi Haziri (LDK); Bildungund Wissenschaft: Agim Veliu (LDK)Wirtschaft und Finanzen: Haki Shatri(LDK); Öffentliche Dienste: MelihateTërmkolli (LDK); Kultur und Sport:Astrit Haraçia (LDK); Verkehr und Te-lekommunikation: Qemal Ahmeti(LDK); Handel und Industrie: BujarDugolli (AAK); Umwelt und Raumord-nung: Bajram Kosumi (AAK); Energie:Et’hem Ceku (AAK); Arbeit und So-ziales: Ahmet Isufi (AAK); Gesundheit:Sadik Idriz (Vakat)23. Führungswechsel in Presheva:Im südserbischen Presheva wählt dasKommunalparlament Ragmi Musta-fa von der PDSH zum Vorsitzenden;die bisher regierende PVD von RizaHalimi geht in die Opposition. Vonden 38 Mandaten entfallen 15 aufdie PDSH, 12 auf die PVD, 5 auf dieLPD und 5 auf den BDL; die Serbensind durch einen Abgeordneten derRadikalen Partei vertreten.26. Buckovski nominiert: Auf einerSonderkonferenz der makedonischenSozialdemokraten wird Verteidigungs-minister Vlado Buckovski mit 391Stimmen gegen die stellv. Minister-präsidentin Radmila Sekerinska mit265 Stimmen zum neuen Parteichefgewählt und als Ministerpräsident no-miniert. Präsident Crvenkovski beauf-tragt ihn mit der Regierungsbildung;die bisherige Koalition mit dem BDIund den Liberaldemokraten soll fort-gesetzt werden.26. Albanischer Drogenring zer-schlagen: Die Polizeibehörden inNorddeutschland geben die Zer-schlagung eines albanisch-kosovarischen Drogenhändlerringesbekannt; es gibt 14 Festnahmen.28. Manolescu bleibt im rumäni-schen Parlament: Aufgrund derMinderheitenschutzklausel wird diekleine albanische Minderheit auchweiterhin durch Oana Manolescu(ALAR) vertreten; ihre Position ist unterden Albanern Rumäniens umstritten.29. 60. Befreiungstag: Albanienbegeht den 60. Jahrestag der Befrei-ung von der deutschen Besatzungmit Feiern, Großkundgebungen undeiner Militärparade. In konservativdominierten Städten wird der Tagoffiziell nicht begangen; die PDSH

geht vom 28.11. als Befreiungstagaus, der mit dem Unabhängigkeits-tag zusammenfällt.30. Quorum für Wahlkommission:Die Zentrale Wahlkommission be-schließt gemäß dem Antrag derOpposition, dass Mehrheits-entscheide mit mindestens 5:2 Stim-men getroffen werden müssen. DiePSSH hatte eine einfache 4:3-Mehr-heit gefordert, um eine Blockade desGremiums zu vermeiden.30. PPD-Chef zurückgetreten:Abdylmenaf Bexheti legt den Vorsitzder kleinen albanisch-makedoni-schen PPD nieder, um eine ranghohePosition in der Wirtschaftsverwaltunganzunehmen. Er hatte erst am23.6.2003 den Parteivorsitz über-nommen. – Am 18.12. wählt einSonderparteitag Abdyladi Vejseli zumneuen Vorsitzenden.

■■■■■ Dezember 2004

1. BDI nominiert Minister: Der BDInominiert seine Mitglieder in der Ko-alitionsregierung unter VladoBuckovski. Ihre Posten sollen behal-ten: Musa Xhaferi (StellvertretenderMinisterpräsident), Aziz Pollozhani(Bildung und Wissenschaft), AgronBuxhaku (Verkehr); neu ernannt wer-den Fatmir Besimi (Wirtschaft),Rizvan Sulejmani (Kommunalverwal-tung), Sadulla Duraku (Landwirt-schaft). Der bisherige JustizministerIxhet Mehmeti soll Volksanwalt(Ombudsman) werden. – Der bishe-rige Ministerpräsident Kostov über-gibt der Staatsanwaltschaft Doku-mente, die angeblich Buxhaku derKorruption überführen.1. Wahlkreiseinteilung strittig: DieZentrale Wahlkommission beschließtmehrheitlich gegen die Stimme desVorsitzenden Ilirjan Celibashi eineneue Aufteilung der 100 Wahlkreise;Grundlage ist die Zahl der Wähler beider Kommunalwahl im Oktober2003, nicht jedoch die Zahl der Wahl-berechtigten, was auch Vertreter derOSZE unterstützten. Die PSDSH er-hebt Verfassungsklage; auch die PSSHlehnt die neue Einteilung ab.1. PDSH-Kommunalpolitiker vonHaushalt enttäuscht: Auf einer vonder Parlamentsfraktion der PDSH ein-berufenen Tagung der kommunalenMandatsträger der Partei kritisierendiese die Zuweisungen an die Kom-munen im Staatshaushalt als zu nied-rig und politisch diskriminierend.

3. Kosovo-Parlament konstituiert-Rugova und Haradinaj gewählt:Das neu gewählte Parlament tritt zurkonstituierenden Sitzung der 2. Le-gislaturperiode zusammen. NexhatDaci wird mit 99 gegen 7 Stimmenbei 2 Enthaltungen wieder zum Par-lamentspräsidenten gewählt.Ibrahim Rugova wird erst im drittenWahlgang mit einfacher Mehrheitgegen Ramë Buja (PDK) als Präsidentvon Kosovo wiedergewählt. Die Re-gierung Haradinaj erhält mit 72 ge-gen 2 Stimmen bei 5 Enthaltungenein Vertrauensvotum. 8 der 10 ser-bischen Abgeordneten boykottierendie Sitzung nach Aufforderung desserbischen Präsidenten Tadic. – Al-baniens Präsident und Regierungs-chef gratulieren ihren kosovarischenKollegen. – Das serbische Kabinettfordert auf einer Sondersitzung am4.12. die UNMIK auf, HaradinajsWahl für ungültig zu erklären.4. Überschwemmung in PräfekturShkodra: Nach extremen Regenfäl-len herrscht in der Stadt Shkodra undmehreren Dörfern der Präfektur Not-stand; die wichtigsten Straßen derStadt sind unbenutzbar, Armee undPolizei beginnen mit Evakuierungen.4. Meta gegen Koalition mit PSSH:Ilir Meta erklärt in Durrës, seine Par-tei sei nicht bereit, nach den Wah-len mit des Sozialisten zu koalieren.6. Edi Rama „Weltbürgermeister“2004: Bei der von der UN veranstal-teten Internet-Umfrage nach demangesehensten Bürgermeister einerWelthauptstadt setzt sich Edi Rama(Tirana) knapp gegen Andres LopezObrador (Mexico Ciudad) und Wal-ter Veltroni (Rom) durch.8. Kosovo-Serben brechen Bezie-hungen zu Organen ab: Die Serbenin Kosovo protestieren gegen dieWahl des als Kriegsverbrecher ver-dächtigten Ramush Haradinaj zumMinisterpräsidenten; sie kündigenjede Zusammenarbeit mit der Regie-rung und dem Parlament auf undfordern eigene Vertretungsorgane.8. Terroristen drohen mit Beschussvon Skopje: Rund 200 bewaffneteAlbaner, die seit einigen Wochen denSkopioter Vorort Kondovo kontrollie-ren, warnen die Polizei vor einemGegenangriff und drohen für diesenFall mit dem Beschuss der Haupt-stadt.9. Eklats bei Lavrovs Besuch in Ti-rana: Der russische Außenminister

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Sergej Lavrov besucht für wenigeStunden Tirana; sein Besuch wird vonmehreren Zwischenfällen (Beleidigun-gen durch eine Rundfunkjournalistin,schlechte Leistungen einer Dolmet-scherin u.a.) belastet.9./10. Balkangipfel zum inter-ethnischen Dialog: In Tirana tagenunter der Schirmherrschaft derUNESCO die Präsidenten von Alba-nien, Makedonien, Kroatien, Bosni-en, Serbien-Montenegro und Bulga-rien. Sie verpflichten sich zum Ab-bau interethnischer und inter-religiöser Spannungen, auch mit Hil-fe des Bildungswesens, und strebeneine gemeinsame europäische Inte-gration an. Serbien-Montenegro ver-hindert die Aufnahme eines Passusüber den Dialog zwischen Prishtinaund Belgrad.10. Professorenbezüge angeho-ben: Die Regierung reagiert auf ei-nen Teil der Forderungen der strei-kenden Hochschullehrer und erhöhtzum 1.1.2005 die Bezüge der Pro-fessoren und Akademie-Wissen-schaftler um ca. ein bis zwei Drittel.– Am 13.12. treten auch die Lehrerund Erzieher in einen einstündigenWarnstreik; sie fordern eine rückwir-kende 12%ige Lohnerhöhung. DieRegierung kündigt eine 11,5%igeErhöhung zum 1.1.2005 an.10. 27 % Minderheiten in Albani-en?: Kimet Fetahu, Leiter eines Zen-trums für Ethnische Studien, beziffertauf einer Konferenz der Minderheiten-partei PBDNJ die Minderheiten in Al-banien auf ca. 27 %. Demnach sol-len 7 % der Einwohner Aromunensein, 7 % sog. Ägypter, 4 % Roma, 4% Makedonier, 3 % Griechen, 1 %Serben/Montenegriner; dazu kom-men Bosnier u.a. Im Vorjahr hatte esheftige Auseinandersetzungen umden Bevölkerungsatlas gegeben, des-sen Autoren den Minderheitenanteilauf 11 % angesetzt hatten.11. Regierungsumbildung im Janu-ar?: Nach einer Besprechung der Ko-alitionsparteien teilt MinisterpräsidentNano mit, dass das Parlament erst am20.1.2005 über eine mögliche Kabi-nettsumbildung diskutieren werde.Dem widerspricht PSDSH-Chef Gjinushi,der an seinem Junktim mit derHaushaltsverschiebung festhält.11. Parteitag der Christdemokra-ten: Nikollë Lesi wird gegen AntonGurakuqi vom 5. Parteitag der PDKals Parteichef bestätigt; er kündigt

eine eigenständige Kandidatur beider Parlamentswahl und die Bereit-schaft zur Koalition mit der PDSHnach den Wahlen an.11. PDSH feiert: Die PDSH feiert ih-ren 14. Gründungstag. Berisha kün-digt an, das Ergenis der Parlaments-wahlen 2005 anzuerkennen, wennsie frei und fair seien, und richtetscharfe Angriffe nicht nur gegenPSSH-Chef Nano, sondern auch ge-gen den von ihm selbst vorgeschla-genen Präsidenten Moisiu.12. PSSH-Erfolg in Dushk: Bei vor-gezogenen Neuwahlen zum Kom-munalparlament von Dushk beiLushnja erringt die PSSH 7 Sitze(2003: 7), die PDSH 3 (%), die neugegründete LSI 2 und die Republi-kaner (1), die Sozialdemokraten (0),die Agrarpartei (0), die Demokrati-sche Allianz (2) und die neue Bewe-gung für Nationale Entwicklung je 1Mandat. – Die PDSH legt Einspruchgegen die Gültigkeit ein, weil der so-zialistische Bürgermeister das Ergeb-nis beeinflusst haben soll; die Zen-trale Wahlkommission weist dies ein-stimmig zurück.13. BDI nominiert neuen Verkehrs-minister: Xhemal Mehazi soll anStelle von Agron Buxhaku Verkehrs-minister werden, der stellvertreten-der Vorsitzender des BDI bleibt. Da-mit entschärft der BDI die Krise umdie Korruptionsvorwürfe gegenBuxhaku, die der zurückgetreteneMinisterpräsident Kostov erhobenhatte. – Das Parlament spricht derneuen Regierung am 17.12. mit71:25 Stimmen das Vertrauen aus.15. Den Haag weist serbische Kla-ge gegen NATO ab: Der Internatio-nale Gerichtshof in Den Haag weisteine Klage von Serbien-Montenegrogegen die acht NATO-StaatenDeutschland, Großbritannien, Frank-reich, Italien, Portugal, Belgien,Niederland und Kanada wegen derBombardierung 1999 ab, weil Jugo-slawien, der Vorgängerstaat vonSCG, 1999 nicht Mitglied der UNwar.15./16. Geiselnahme in Athen: ZweiAlbaner, Leonard Murataj und EltonResulaj, kapern einen voll besetztenBus, um 1 Mio. Euro und freie Ausrei-se zu erpressen; trotz ihrer Drohung,den Bus zu sprengen, geben sie kurznach Mitternacht auf. BotschafterBashkim Zeneli hatte sich in die Ver-handlungen mit den Verbrechern zur

Freilassung der Geiseln eingeschaltet.Das Verbrechen löst erneut Ausschrei-tungen gegen Albaner aus.15. Streik an Hochschulen ausge-setzt: Nach mehreren Wochen un-terbrechen die Hochschullehrer ih-ren Streik, obwohl ihre Forderungennur zum Teil erfüllt worden sind.16. Künftig weniger Fraktionen: DasParlament verabschiedet mit 75 ge-gen 12 Stimmen bei einer Enthal-tung eine neue Geschäftsordnung.Danach soll nach den Parlaments-wahlen eine Fraktion von mindestens7 Abgeordneten gebildet werdenkönnen. Bisher traten Abgeordneteder beiden großen Parteien den klei-nen Fraktionen bei, um die Mindest-zahl von 5 zu erreichen. Die Zahl derAusschüsse wird von 13 auf 8 ver-ringert.17. Bewaffnete räumen Kondovo:Auf Vermittlung der Vorsitzendenvon BDI und PDSH, Ahmeti undXhaferi, räumen die bewaffneten Al-baner Kondovo gegen die Zusiche-rung des freien Abzugs und der Straf-losigkeit.20. Streit um Amnestie für VEFA-Boss: Nachdem mehrere Abgeord-nete und Bürgermeister unter-schiedlicher Parteien sich in einemBrief an Präsident Moisiu dafür ein-gesetzt hatten, den Chef der VEFA-Holding, Vehbi Alimuça, in die jähr-liche Amnestie einzubeziehen, wirftFarudin Arapi, der Verwalter der be-schlagnahmten vermögenswerteder sog. Pyramiden-Gesellschaften,den Unterzeichnern vor, sich seiner-zeit selbst an den Spekulationen derVEFA bereichert zu haben. Der Prä-sident lehnt am 22.12. eine Amne-stierung Alimuças ab. – Am 25.12.erlässt er 22 Verurteilten den Rest,weiteren 25 einen Teil der Strafe;ausgenommen bleiben Mörder,Drogenhändler, Menschenhändlerund Zuhälter.21. Haushalt 2005 gebilligt: DasParlament nimmt mit 74 gegen 51Stimmen bei 8 Enthaltungen dasBudget für 2005 an. Die Einnahmenwerden auf 204 Milliarden Lekë (204:185 Mrd.) angesetzt, die Ausgabenauf 241 Mrd. (204: 226 Mrd.). Da-bei ist eine Rentenerhöhung von 10% eingeplant. Das Bruttoinlands-produkt soll auf ca. 9 Mrd. US-$ stei-gen, was gegenüber dem Krisenjahr1997 eine Verdreifachung bedeutenwürde.

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2005 –mehr Lebensmittelsicherheit

für die Verbraucher

Agron Duka, Minister für Landwirt-schaft und Ernährung, hat für dasJahr 2005 mehr Verbraucherschutzversprochen. 2004 hat es allein beider Produktion von Milch und son-stigen Molkereiprodukten eine Rei-he von Fällen gegeben, bei deneninsgesamt 600 t solcher Produktevernichtet worden sind, weil beideren Herstellung hygienischeMinimalstandards nicht eingehaltenworden sind. Von 327 Produktions-einheiten wurden 11 geschlossenund 49 weitere mit Bußgeldern be-legt worden. Als katastrophal geltenauch die hygienischen Bedingungenin vielen Metzgereien und Schlacht-häusern.Die einheimische Lebensmittel-industrie hat im Jahr 2004 einen Pro-duktionsanstieg von rd. 9 % zu ver-zeichnen und ca. 28 % des Marktesabgedeckt.

Bau einer Erdölpipeline Vlora– Burgas beschlossen

Ende Dezember 2004 haben dieEnergieminister von Albanien, Ma-zedonien und Bulgarien in Sofia imBeisein der Ministerpräsidenten die-ser Länder ein Memorandum ofunderstanding zum Bau einer Erdöl-pipeline zwischen der Adria unddem Schwarzen Meer unterzeich-net. Das Projekt soll vom Konsorti-um AMBO realisiert werden.Die Pipeline wird eine Länge von913 km haben, von denen ca. 200km auf albanischem Territorium lie-gen werden. Mit ihrer Kapazität vonca. 750.000 Tonnen Öl pro Tag zueiner Entlastung des Seewegesdurch den Bosporus und die Dar-danellen beitragen.Die Kosten des Projekts, dessen Bau-beginn für Juni 2005 geplant ist unddas in rd. 3 Jahren vollendet wer-den soll, werden auf 0,9 bis 1,3 Mrd.US-Dollar veranschlagt.Albanien wird rd. 50 Mio. US-$ jähr-lich für die Durchleitungsrechte er-halten. Darüber hinaus werden v.a.die Raffinerie von Ballsh und derHafen von Vlora profitieren.

Verbreitete Korruption

Die Korruption ist in Albanien einverbreitetes Phänomen, imKorruptionsbericht von „Trans-parency International“ für 2004 ran-giert das Land auf Platz 108 unter146 bewerteten Ländern. Nun wur-de die massive Verbreitung der Kor-ruption auch durch eine Umfragebestätigt, die die Vertretung der

4 Mrd. Lek für dieVerbesserung der

Bewässerungssysteme

Im Haushaltsentwurf für 2005 sindrd. 4 Mrd. Lek für die Verbesserungder Bewässerungssysteme in derLandwirtschaft vorgesehen. DieserBetrag, in dem auch ausländischeInvestitionen einberechnet sind,macht mit 48 % fast die Hälfte derfür die Landwirtschaft eingeplantenHaushaltmittel. Dennoch deckt die-se Summe nach Angaben albani-scher Landwirtschaftsexperten nurca. 1/3 des tatsächlichen Finanzbe-darfs dieses Sektors.

Landwirtschaft erwirtschaftetein Viertel des BIP

Jüngsten veröffentlichten Zahlenzufolge hat der Landwirtschafts-sektor in Albanien im Jahr 2004 24% des Bruttoinlandproduktes erwirt-schaftet. Aus der nachfolgendenTabelle ergibt sich in den letzten Jah-ren ein leicht sinkender Anteil derLandwirtschaft am BIP.

Jahr Anteil der Landwirtschaft am BIP

1996 33,0 %1997 33,6 %1998 32,6 %1999 29,5 %2000 29,1 %2001 26,0 %2002 25,4 %2003 24,7 %2004 24,0 %

Bei der Bewertung dieser Angabengilt es allerdings zu beachten, daßbis zum Jahr 2000 der Beitrag derLandwirtschaft am BIP zusammenmit dem Nahrungsmittelsektor be-rechnet worden ist, erst seit 2001werden beide Sektoren getrenntaufgeführt.

Dokumentarfilm über50 Jahre Geschichte des

albanischen Films

Eine Gruppe französischer Filmschaf-fender hat mit den Dreharbeiten füreinen Dokumentarfilm über die Ge-schichte des albanischen Films be-gonnen. Drehbuchautor ist derfranzösische Regisseur ClaudeAlbanese. Ziel dieser Co-Produktiondes französischen Fernsehsenders„France 3“ und „Mira Production“ist es, Persönlichkeiten des albani-schen Filmwesens aus Gegenwartund Vergangenheit zu zeigen, diein 50 Jahren in Hunderten von Fil-men ihr reiches Schaffen unter Be-weis gestellt haben. Die Idee zu die-ser 52 Minuten langen Dokumen-tation, die unter dem Titel „DieAlbafilm-Studios, Heiligtum im Landder Adler “

Starke Schneefälle schneidenDutzende Gemeinden von

der Außenwelt ab

Starke Schneefälle von bis zu 1,5 minnerhalb von 24 Stunden habenEnde Januar in weiten Teilen Alba-niens, in den nördlichen und nord-östlichen Regionen ebenso wie imRaum Gjirokatra, zur einer außeror-dentlich schwierigen Lage geführtund Dutzende Gemeinden von derAußenwelt abgeschnitten. Straßenmußten gesperrt werden, da dieSchneeräumdienste nicht mit derArbeit nachkamen. Hochspan-nungsleitungen brachen unter derSchneelast bzw. herabstürzendenBäumen zusammen, die Energiever-sorgung der Bevölkerung war inTeilen des Landes für längere Zeitunterbrochen, wodurch auch dieVersorgung u.a. mit Brot litt. Wie diealbanischen Medien berichten, wur-de die Bevölkerung der Gebiete, dieim Winter regelmäßig durch starkeSchneefälle isoliert sind, bis 1996aus staatlichen Reserven versorgt,seither jedoch nicht mehr.

amerikanischen USAID in Zusam-menarbeit mit dem Büro zumSchutz der Bürgerrechte durchge-führt hat. Danach zahlen rund 60% der Albaner Schmiergelder anVerwaltungsbeamte, um ihre Proble-me zu lösen.

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Magazin

Tirana – Hauptstadt mit größter Bevölkerungsdichte in Europa- bald schon mit neuem Wahrzeichen?

Tirana hat einen Rekord: Angaben der Stadtverwaltung Tiranas zufolge waren in der albanischen Hauptstadt2003 offiziell 518.000 Einwohner gemeldet. Bei einer Fläche von 41,8 km2 entspricht dies einer Bevölkerungs-dichte von 12.634 pro km2. Damit liegt die Bevölkerungsdichte von Tirana mehr als doppelt so hoch wie inLondon und gar sechsmal so hoch wie in Rom.Und mit solchen Weltstädten möchte sich die albanische Hauptstadt messen. Auf ihrem Weg zur Metropole hatTirana nun einen weiteren Schritt getan: Einen international ausgeschriebenen Wettbewerb zur Bebauung einerFläche in der Nähe des Skanderbeg-Platzes hat das dänisches Architekturbüro „Henning Larsens Tegnestue“ mitdem Entwurf eines 3-teiligen Gebäudekomplexes, u.a. mit einem 85 m hohen Turms aus Glas und Stahl, gewon-nen, dem man den bezeichnenden Namen „Eyes of Tirana“ gegeben hat. Die internationale Jury, der neben demEdi Rama als Oberbürgermeister von Tirana Architekten aus Albanien, Belgien, Deutschland, Italien, Frankreichund Kroatien angehörten, kürte diesen Entwurf, der sich so gegen Projekte eines albanischen, spanischen undholländischen Büros durchsetzte. Die Höhe des Turms war durch Planungsvorgaben der StadtSollte das Projekt, dessen Kosten noch nicht beziffert sind, realisiert werden,so würde das lichte Gebäude dasZentrum von Tirana dominieren.Kritiker des Projekts hingegen, wie der bekannte Publizist Fatos Lubonja, befürchten einen (weiteren) IdentitätverlustTiranas, zumal die urprüngliche Anlage der beiden Magistralen „Rruga e Durrësit“ und „Rruga e Kavajës“ bewußtden Blick auf die Moschee und den Uhrturm als Wahrzeichen Tiranas lenkten, diese Perspektive nun aber durchden Bau des „Zyklopen“ beeinträchtigt würde.

Nach den Vorstellungen der dänischen Architekten könnte eine neu anzulegende Grünanlage den Turm mit der Natio-nalbank und dem Museum verbinden (linke Skizze) , alternativ wird vorgeschlagen, senkrecht zur Cityachse einenneuen Platz anzulegen (rechte Skizze), so daß das neue Gebäude unnlittelbar mit dem Skanderbeg-Platz „interagiert“.

Eine ausführliche Dokumentation des preisgekrönten Entwurfs, , der auch die obigen Grafiken sowie das Foto entnommensind, befindet sich auf: http://www.hlt.dk/binfiles/Tirana-mappe.pdf

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12Albanische Hefte 4/2004

Zeitläufe

Interview mit dem93jährigen Bauern

Rustem Skendoaus Lazarat

Rund einen Monat nach derÜberraschungsaktion der Sonder-einsatzkräfte RENEA in Lazarat, beider eine Person festgenommen, eineverwundet und vier leicht verletztwurden scheint das Leben der Be-wohner sich wieder in seinen ge-wohnten Gleisen zu bewegen.Ein Morgen im Dorf beginnt mitdem üblichen Ritual, mit der Eile derBewohner, die Dinge zu erledigenhaben, mit der Fahrt vom Dorf indie Stadt Gjirokastra oder umge-kehrt, mit dem Läuten derSchulglocke und den Schülern, diein die Schule rennen, und mit demGang der ältesten Einwohner in dieLokale im Dorfzentrum zum KaffeeTrinken, zu einem Schwätzchen,zum Karten oder Domino Spielen.Auch die beiden Lokale, die bei derPolizeiaktion Schaden genommenhaben, sind wieder auf und arbei-ten wie gewöhnlich. In dieser Situa-tion entsteht der Eindruck, als hät-ten die Bewohner von Lazarat die-ses Ereignis schon vergessen, das alle

in Aufregung versetzt und Verbitte-rung geschaffen hat. Aber im Ge-spräch merkt man, dass das nichtder Fall ist und dass der letzte undfrühere Zwischenfälle mit der Poli-zei und ihre Einzelheiten nicht inVergessenheit geraten sind. Die mei-sten Einwohner meinen sogar, dassdies eine Periode der Diskriminie-rung und der Diktatur ist, genau wiedie früheren 45 Jahre unter demkommunistischen Regime, als dieBewohner von Lazarat scheel ange-sehen wurden wegen ihrer rechtenund antikommunistischen Ansich-ten.

Zwei alte Einwohner erzählen für dieTageszeitung „Panorama“ über ihrefrüheren Leiden unter dem kommu-nistischen Regime und wie sich inden Jahren der Demokratie ihre Le-bensweise geändert hat.

Rustem Skendo, jetzt 93 Jahre alt,hat unter fünf Regimes gelebt: in derZeit von König Zogu, unter zweiBesatzungen, der italienischen undder deutschen, in der Zeit des So-zialismus und jetzt in den 14 Jahrender Demokratie. Auf die Frage, wel-ches dieser Regimes für ihn das be-ste und das günstigste gewesen ist,

antwortet er, dass es die Periode derMonarchie war, als der, der arbeite-te, auch am besten lebte. Zugleichbetont er, dass Albanien am 28.November 1944 befreit wurde,denn an diesem Tag war er dienst-lich in Shkodra.

Anm. d. Red.: Es ist politisch strittig,ob die deutsche Besatzungszeit mitder Räumung Shkodras durch diedeutschen Truppen am 28. oder am29. November 1944 endete, ob alsoder Befreiungstag mit dem Tag derProklamation der Unabhängigkeitam 28.11.(1912) zusammenfällt.Die Linke hat sich auf den 29., dieRechte auf den 28.11. fest gelegt.

Panorama: Wie ist Ihr Leben verlau-fen?

Skendo: Ich bin unter Zogu Gen-darmerie-Offizier gewesen und wardas auch unter den beiden Besat-zungen. Dann kam die Kommuni-stische Partei an die Macht, und imJanuar 1945 wurde ich zusammenmit meinem älteren Bruder verhaf-tet, weil wir im Balli Kombëtar wa-ren. Ich wurde zu 10 Jahren Gefäng-nis verurteilt, von denen ich 7 Jahreund 7 Monate abgesessen habe. Ichwar im Gefängnis von Burrel, in denArbeitslagern von Tirana,Gjirokastra, Vermopojan, Bishqemund Beden; meine Frau und unserezwei Töchter warfen sie aus demHaus und gaben es Partisanen.

Panorama: Wie haben Sie die Peri-ode des Kommunismus erlebt?

Skendo: Unter dem kommunisti-schen System hat das ganze DorfLazarat seine schlimmste Periode er-lebt und hat unter sehr schlimmenBedingungen gelebt. Das Volk vonLazarat ist ein patriotisches, friedlie-bendes und leidgeprüftes Volk, dasin seinen nationalistischen Überzeu-gungen gelegt hat, ohne dass wirjemals jemandem geschadet haben.Für diese rechten Ideen wurden undwerden wir von einer Regierung

Lazarat unter derMonarchie,

dem Kommunismusund der Demokratie

Interviews aus „Panorama“

Vorbemerkung: Das Dorf Lazarat, südlich von Gjirokastra, ist wie schon infrüheren jahren 2004 gleich zweimal in die Schlagzeilen geraten, als Polizei-kräfte Razzien nach Drogen und nach mit Haftbefehl gesuchten Personendurchführten; bei einer Aktion wurde ein internationaler Polizeihubschrauberbeschossen. Lazarat, im II. Weltkrieg ein Zentrum des Balli Kombëtar, ist po-litisch eine Hochburg der Demokratischen Partei.

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Zeitläufe

nach der anderen bekämpft; nachden Jahren der Diktatur kam die So-zialistische Partei, die dieselbe Tak-tik verfolgte. Fast alle Einwohner desDorfes sind arbeitslos, haben keineFreiheiten, haben gar nichts, nurwegen ihrer antikommunistischenÜberzeugungen, dabei haben wirkeinen umgebracht und keinen aus-geraubt. Natürlich gibt es auchschlechte Menschen, wie man sosagt: „Einen Wald ohne Wildsäuegibt es nicht“, aber im Ganzen sinddie Einwohner des Dorfes fleißigeLeute.

Panorama: Wie war Ihr Leben nachIhrer Entlassung aus der Haft?

Skendo: Als ich aus dem Gefäng-nis kam, habe ich in der Genos-senschaft und in der Staatsfarmangefangen, also mit einer schwe-ren Arbeit, und der Lohn, die wirbekamen, war sehr niedrig, 60 Lekfür einen Arbeitstag. Wir hattenkeinen Besitz und nichts; wir ha-ben die ganze Zeit über gelittenund wurden von der kommunisti-schen Regierung schlecht behan-delt und wir werden von den jet-zigen Regierungen inner nochschlecht behandelt.

Panorama: Sie haben unter fünf Re-gimes gelebt. Welches war das be-ste?

Skendo: Ich will nicht über die Be-satzungen reden, weil das Volk da-mals sehr gelitten hat. Ich bin jetzt93, und meiner Ansicht nach wardie Monarchie das perfekte Sy-stem, weil es starke Gesetze gabund das Volk gut und gleichbe-rechtigt lebte. Wer gearbeitet hat,hat auch gut gelebt. Es gab inLazarat nur einen Gendarm undder setzte das Gesetz durch, undheute kommen 100 Polizisten, umdas Gesetz durchzusetzen. Überden Kommunismus habe ich schongesprochen, und nach Errichtungder Demokratie hatten wir nur einpaar freie Jahre, weil uns jetzt das-

selbe passiert wie zu Envers Zeiten.Ich kann sagen, dass zwei Tage,bevor die RENEA-Kräfte ins Dorfeinrückten, ein junges Mädchenins Dorf kam, das sich als Journali-stin vorstellte und uns fragte, wiedie Einwohner so leben, wo siewohnen, was sie so machen. Ge-nau zwei Tage, bevor dieSondereinsatzkräfte nach Lazaratkamen, um Leute festzunehmen.Später erfuhren wir, dass das Mäd-chen eine Agentin des SHISH(Staatlicher Informationsdienst)war und alle Informationen gesam-melt hat, die sie brauchten.

Bajram Basha:Wie sie uns unserenBesitz wegnahmen

Bajram Basha, Sohn eines Kulaken(Anm. der Red.: in Russland Bezeich-nung für einen reichen Bauern, wur-de in Albanien nach 1944 auf selb-ständige Bauern ausgedehnt, die sichder Kollektivierung widersetzten) ausdem Dorf, berichtet, wie man derFamilie das Eigentum des Vaterswegnahm, das bis heute nicht völ-lig zurück erstattet wurde, und er-zählt von den schwierigen Jahren,als sie darüber kein Wort reden durf-ten.

Panorama: Warum war die Periodedes sozialistischen Regimes schwie-rig für Sie?

Basha: Meine Familie und die Fa-milien meiner drei Brüder waren45 Jahre lang deklassiert und un-terdrückt, weil unser Vater einKulak war. Das damalige Regimehat uns als Kulakensöhne immermit Argwohn angesehen, und dieeinzige Chance, die sie mir gaben,um meine fünf Kinder durchzu-bringen, war schwere Arbeit mitder Spitzhacke; meine Frau war

Arbeiterin in der Genossenschaft,denn unser Dorf war eine Genos-senschaft.

Panorama: Hat man Ihnen vomBesitz Ihres Vaters etwas gelassen?Basha: Als es 1944 im Dorf Kämp-fe zwischen den Einwohnern undder Kommunistischen Partei gab,nahmen sie und alles, was wir hat-ten, den ganzen Besitz, das Land,das Vieh. Mein Vater hat zweimaldie doppelte Kriegssteuer bezahlt,bis uns nur die Kleider am Leibblieben. Die haben uns kein Beetund kein Huhn gelassen, damit wirwas zum Leben hatten.

Panorama: Wie haben Sie damalsgelebt?

Basha: Schlechter ging’s nicht. DieLöhne waren sehr niedrig, und ichsage immer, dass ich und meine Kin-der großes Glück hatten, dass wirüberlebten, denn wenn’s nach derRegierung gegangen wäre, wärenwir längst gestorben. Die meiste Zeitaßen wir Maisbrot von der schlech-testen Sorte. Das ganze Dorf wararm.

Panorama: Haben Sie an den Ver-sammlungen teilgenommen, diedamals abgehalten wurden?Basha: Wir gingen zu den Versamm-lungen und saßen dabei wie Taub-stumme, denn wenn wir was gesagthätten, hätten wir was erlebt. Ichhabe drei Monate Gefängnis be-kommen, weil ich einen Parteisekre-tär im Forstunternehmen beleidigthabe; es war ganz unmöglich, waszu sagen.

Die Interviews führte Entela Bani.Sie wurden in „Panorama“vom 9.12.2004 abgedruckt.

Übersetzung:Michael Schmidt-Neke

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14Albanische Hefte 4/2004

Zeitläufe

Das Überleben des politisch wiesozialökonomisch weltweit mittler-weile einzigartigen Systems der Ko-reanischen Demokratischen Volksre-publik (KDVR) ist nicht nur erstaun-lich, sondern auch politisch brisant.Dies gilt umso mehr, nachdem die„Sonnenscheinpolitik“ des früherensüdkoreanischen Präsidenten KimDae Jung und das Tauwetter seitensder USA, das durch den Besuch derAußenministerin Madeleine Albrightin Pyongyang bei Nordkoreas Füh-rer Kim Jong Il manifestiert wurde,nach dem Amtsantritt der Bush-Ad-ministration jäh beendet wurde.Wegen der Auseinandersetzungenum das nordkoreanische Atom-programm fand sich das Land aufder Liste der Schurkenstaaten (roguestates) wieder, wobei möglicherwei-se die taktische Überlegung eineRolle gespielt hat, wenigstens einennicht islamischen Staat in dieser Li-ste zu führen.

Zum Verständnis des nordkoreani-schen Phänomens kann ein Vergleichmit anderen Sozialismus-Modellenhilfreich sein. Hier bietet sich in er-ster Linie das kommunistische Alba-nien der 80er Jahre an. Es gibt ne-ben vielen Unterschieden eine Rei-he augenfälliger Gemeinsamkeitenzwischen beiden Systemen, die ei-nen systematischen Vergleich heraus-fordern:

1. die weltweite und regionale Isolation,

2. die ökonomische und besonders technologische Rückständigkeit gegenüber anderen Ländern der jeweiligen Region,

3. die selbst im Kontext vergleich- barer Systeme besonders autoritären Strukturen,

4. der Personenkult um den jeweiligen Führer,

5. das Bemühen, den politischen Kurs theoretisch zu überbauen,

6. das Design eines teleologischen Geschichtsbildes,

7. die Missachtung von Menschen- rechten.

Dieser Vergleich wird durch dasschwache Datenmaterial erschwert.Albanien gab damals keine statisti-schen Jahrbücher mehr heraus; dasveröffentlichte Zahlenmaterial wardurchweg geschönt. Nordkorea ver-öffentlicht fast überhaupt keine Zah-len.

1. Isolationismus

In den Zerwürfnissen innerhalb deskommunistischen Weltsystems be-zog Albanien unter Führung EnverHoxhas immer wieder neu Position.Ursprünglich war die politische An-bindung an die Kommunistische Par-tei Jugoslawiens, die an der Grün-dung der Kommunistischen ParteiAlbaniens (PKSH; ab 1948 Partei derArbeit Albaniens (PPSH)) am8.11.1941 beteiligt war, so stark,dass nach 1944 Albanien zunächstals Subsatellit des sowjetischen Sa-telliten Jugoslawien galt. 1948 ret-tete der Bruch zwischen dem sowje-tischen Lager und Jugoslawien so-wohl Albaniens Eigenständigkeit alsauch die Machtposition Hoxhas, des-

sen Loyalität zu Stalin seinen eige-nen Tod überdauern sollte. Albani-en überlebte die nächsten 13 Jahreals Außenposten des Ostblocks, dermit erheblichen Transferleistungendes RGW und dank militärischer Ab-sicherung durch den WarschauerPakt in der Lage war, seine rückstän-digen Strukturen nach dem sowjeti-schen Vorbild zu modernisieren.Chrušèevs Politik, das Verhältnis zuJugoslawien zu normalisieren undgleichzeitig mit dem Erbe Stalins teil-weise zu brechen, war für die Füh-rung in Tirana nicht akzeptabel, weildamit ihre eigene Legitimation inFrage gestellt wurde.Hoxha wählte den spektakulärenWeg, Albanien aus dem östlichenBündnissystem herauszuziehen undes zum „Vorposten Chinas“ zu ma-chen. Dies hatte für ihn den großenVorzug, einen starken Partner zu fin-den, der bereit war, Albanien zu un-terstützen, ohne sich allzu sehr inseine inneren Angelegenheiten ein-zumischen. Der kulturelle Einfluss derAllianz mit China blieb eine quantiténégligeable im Vergleich zu der frü-heren sowjetischen Dominanz. Sowar es der Parteiführung möglich, inden späten 60er Jahren eine eigeneVersion der Kulturrevolution aufzu-legen, die von der Partei initiiert undin jeder Phase kontrolliert wurde –ganz im Gegensatz zur Großen Pro-letarischen Kulturrevolution in Chi-na, deren Zentralfigur Mao Zedongwar, die sich aber mit seiner Legiti-mation gegen das Establishment derKommunistischen Partei Chinas rich-tete.Mit dem Kurswechsel der politischenFührung in Peking nach Maos Todwurde Albanien als Partner ebensoteuer wie verzichtbar. China stellteseine Hilfslieferungen ein, und Alba-nien trat (nachdem Versuche ge-scheitert waren, wirtschaftliche Kon-takte zum Westen aufzubauen, anden engen ideologischen Vorgabenjedoch unverändert festzuhalten) ineine 12 Jahre währende Phase desIsolationismus ein. Dazu gehörten dieWeigerung, diplomatische Beziehun-gen mit politisch missliebigen Staa-ten (USA, UdSSR, Israel) aufzuneh-men, die Ablehnung ausländischerHilfe bei Notlagen (Erdbeben, Über-schwemmungen) sowie die in Art. 28der Verfassung von 1976 verankertewirtschaftliche Abschottung:

Kann Albanien Nordkorea erklären?

Überlegungenzu Phänomenen peripherer

Sozialismus-Modelle

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Zeitläufe

„In der Sozialistischen VolksrepublikAlbanien sind die Vergabe von Kon-zessionen, die Schaffung von auslän-dischen oder mit kapitalistischen,bürgerlichen und revisionistischenMonopolen oder Staaten gemeinsa-men Wirtschafts- und Finanz-gesellschaften oder anderen derarti-gen Institutionen sowie die Annah-me von Krediten von diesen verbo-ten.“

Nordkoreas außenpolitischer Wegwar ein weitaus geschickterer, vonoffensichtlichen Brüchen freier Balan-ceakt zwischen den beiden soziali-stischen Großmächten. Dafür gibt esgeopolitische Gründe: Nordkoreagrenzt an China und im äußerstenNordosten an Russland; Albanienbefand sich nach dem Bruch derKominform mit Tito in der Lage ei-ner Exklave des Ostblocks ohne di-rekte Grenze mit einem „Bruder-staat“, was ihm andere Handlungs-spielräume eröffnete, als sie z.B. Ru-mänien hatte.Kim Il Sung hatte seine Lehrjahresowohl unter den chinesischen Kom-munisten als auch in der Roten Ar-mee absolviert und war faktisch vonder sowjetischen Administration (ge-gen Konkurrenten, die weniger demsowjetischen Kurs verpflichtet waren)eingesetzt worden. Er hatte es weni-ge Jahre der chinesischen Interven-tion zu verdanken, dass er mit sei-nem System nicht im Koreakrieg un-terging. Im Konflikt zwischen Mos-kau und Beijing vermied er es, sichtrotz einer Nähe zu China eindeutig

zu einer Seite zu bekennen, und zoges vor, von beiden Seiten Wirtschafts-und Militärhilfe anzunehmen. Kim IlSung vermied es, der UdSSR unddem Ostblock den Charakter als so-zialistische Länder abzusprechen. Ersuchte nicht die Auseinandersetzungdarum, wer der wahre Gralshüter desMarxismus-Leninismus sei, sondernbetonte mit der Juche-Ideologie dieEigenständigkeit jeder Revolution.Der Personenkult war damit mehr alseine Übernahme einer stalinistischenPraxis, sondern eine den koreani-schen Verhältnissen angemesseneForm der Führerverehrung.Nordkorea trat weder dem War-schauer Pakt noch dem RGW bei,denunzierte sie aber auch nicht alsWerkzeug der „sozialimperia-listischen“ Politik der UdSSR, wie Al-banien dies spätestens ab 1968 tat,als es seine formale Mitgliedschaft imöstlichen Verteidigungsbündnis we-gen der Besetzung der Tschechoslo-wakei beendete. An dieser Politik derÄquidistanz hält Pyongyang bis heu-te fest, was auch die beiden 2004kurz nacheinander erfolgten BesucheKim Jong Ils in Russland und Chinazeigen.Nationale Identität, soziale Homoge-nität und politische Einheit bildetendie Grundwerte im sozialistischenpolitischen System Albaniens. Dieswar durch die historische Entwick-lung, besonders den traumatischenmehrfachen Verlust der spät errun-genen Unabhängigkeit, vorgegebenund verstärkte sich nach jedem Bruchmit einem außenpolitischen Partner.

Während im Ostblock der „unzer-störbare Bruderbund“ mit der sozia-listischen Staatengemeinschaft undbesonders mit dem „brüderlichenSowjetvolk“ propagiert wurde, leb-te Albanien nach 1961 und nochmehr nach 1978 in radikaler Abgren-zung, in der Vorstellung von der „Be-lagerung“ (rrethim) durch die Impe-rialisten (= Westen) und Revisionisten(= Jugoslawien und Ostblock).Das Gegengewicht sollte durch dieEinheit (unitet) gebildet werden.Hierbei knüpfte die PKSH/PPSHschon im LANÇ an die alten Tradi-tionen der Einheit der Nation (unitetkombëtar) an und ergänzte sie ent-sprechend der Doppelgleisigkeit die-ses Kampfes für Unabhängigkeit (ge-gen die Besatzungsmächte) und so-ziale Revolution (gegen die konkur-rierenden Bewegungen) durch dasKonzept der Einheit des Volkes (uniteti popullit); „Volk“ bedeutete in die-sem Zusammenhang „die Klassenund Schichten der Gesellschaft, die(...) die Aufgaben der progressiven,revolutionären Entwicklung einesLandes in einer bestimmten Etappelösen. (...) Das Volk ist der Schöpferder Geschichte“ . Diese Einheit warin den gemeinsamen Interessen die-ser nichtantagonistischen Klassenund Schichten (Arbeiterklasse,Genossenschafts-, zunächst auchKleinbauern, „Volksintelligenz“) be-gründet und fand ihren Ausdruck inder Diktatur des Proletariats, derVolksmacht (pushtet popullor) . Da diePartei und der von ihr geführte Staatper definitionem diese Interessen ver-

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16Albanische Hefte 4/2004

Zeitläufe

traten, lag darin bereits ihre Legiti-mation; jedes Nachdenken über Al-ternativen musste ein Abrücken vonden Interessen des popull bedeuten,daher musste es illegal bleiben unddurfte weder bei Wahlen noch inanderer Form artikuliert werden. Diestatische Gesellschaft wurde mit demSlogan „Stählerne Faust um die Par-tei“ (Grusht çeliku rreth Partisë) postu-liert. Ihren Ausdruck fand dieses Ver-ständnis der Einheit in Albanien wiein Nordkorea in Wahlen, die nichtwie in der DDR wenigstens Promil-le-Anteile der Dissidenz einräumten,sondern offiziell 100 % Wahlbeteili-gung und 100 % Zustimmung zumEinheitswahlvorschlag verkündeten6.Beide Systeme sind aus Befreiungs-kriegen hervorgegangen, und beidewaren darüber hinaus imminentenoder akuten Bedrohungen ausge-setzt. Aus dem Trauma der verlore-nen Unabhängigkeit zogen EnverHoxha und Kim Il Sung die Konse-quenz, ihre Gesellschaften zu milita-risieren, zum einen durch den Auf-bau unangemessen großer Streitkräf-te, zum anderen in die Einbeziehungmöglichst der gesamten Bevölke-rung in ständige Verteidigungsbe-reitschaft. In der nordkoreanischenPropaganda wird immer wieder be-tont, dass Nordkorea Frieden wolle,aber nicht darum betteln werde undbereit sei, den „Sieg“ von 1953 zuwiederholen. Das Aufrüstungspro-gramm, zu dem auch U-Boote undRaketen gehören, verschlang in den70er Jahren 30 % des Nationalein-kommens !Hoxha teilte die chinesische Ansichtnicht, dass der Gegensatz zwischenUSA und UdSSR unvermeidlich zumnuklearen Krieg führen müsse, derAlbanien in Mitleidenschaft gezogenhätte, lehnte aber alle internationa-len Strukturen ab, die diesen Kon-flikt moderieren sollten; Albaniennahm als einziges europäisches Landnicht an der KSZE teil.Albanien baute in den 70er Jahrenein Territorialverteidigungskonzeptauf, das im Falle eines Angriffs – obdurch die NATO, den WarschauerPakt oder Jugoslawien – nicht denRückzug ins unwegsame Gebirgeund die Führung eines Guerillakrie-ges, sondern die Verteidigung direktan den Grenzen zum Ziel hatte; des-wegen wurde das gesamte Land mitmehreren 100.000 Bunkern ausge-

stattet. Die Parole: „In einer Hand dieSpitzhacke, in der anderen das Ge-wehr“ wurde durch die Erziehungder gesamten Bevölkerung von denSchülern bis zu den Hochschulleh-rern zu ständiger Verteidigungsbe-reitschaft realisiert.Der kulturelle Isolationismus beiderSysteme richtete sich besonders ge-gen westliche modernistische Einflüs-se. In Albanien löste ein Schlager-konzert in den frühen 70er Jahreneine Säuberungswelle im Kulturbe-reich aus. Zum 40. Gründungstagder KDVR wurde ans Volk appelliert:„Lasst uns strikt die reaktionäre ideo-logische und kulturelle Infiltrationunter Kontrolle haben wie auch dasEindringen aller Arten fremder Ele-mente. Lasst uns ungesunde Modenund Lebensweisen ablehnen und dieganze Gesellschaft mit frischen so-zialistischen Zügen des Lebens über-fließen.“Der albanische Isolationismus warnicht undurchlässig. Insbesondereder Zugang zu griechischem undbesonders italienischem Fernsehen,der nicht systematisch durch Stör-sender unterbunden wurde, war fürdie meisten Albaner ein Fenster zurWelt. Viele Albaner waren schon vor1991 erstaunlich gut über Entwick-lungen und Ereignisse im Auslandinformiert. Ausländische klassischeMusik und zahlreiche Werke derWeltliteratur waren ihnen zugäng-lich.Eine geringere Rolle spielte der ab-sichtlich auf sehr niedrigem Niveaugehaltene Tourismus. Reisegruppen,die Albanien in den 70er oder 80erJahren besuchten, waren zwar an eindurchorganisiertes Reiseprogrammgebunden, doch gab es bereits Mit-te der 70er Jahre wenigstens kurzeGelegenheiten zu Spaziergängen aufeigene Faust, auch in Städten, beidenen man allerdings nicht unbeob-achtet war und (schon wegen derSprachbarriere) keine Kontakte an-knüpfen konnte. Kleidungs-, Frisur-und Bartvorschriften wurden in den70er Jahren auch gegenüber Touri-sten durchgesetzt.In Nordkorea hingegen konntenwestlich-demokratische Einflüsse diebeherrschende Stellung neo-konfuzianischer Strukturen nicht ver-drängen. Sie geht nicht von Gleich-rangigkeit und Partizipation, sondernvon Unterordnung und Loyalität in

allen Gesellschaftsbereichen aus, in-nerhalb der Ehe, zwischen älterenund jüngeren Geschwistern, zwi-schen Eltern und Kindern, zwischenVorgesetzten und Untergebenenund natürlich ganz besonders zwi-schen Herrschern und Untertanen(„Drei Tugenden“ und „Fünf Bezie-hungen“)9. Die Substruktur Nordko-reas ist kein Geflecht familiärer Be-ziehungen wie in Albanien, sonderndieses Denken machte die Vater-Sohn-Abfolge in der Führung mög-lich, ja sogar notwendig und erklärtbestimmte Abläufe durch vorgege-bene Riten: Nach Kim Il Sungs Todwar eine dreijährige Trauerzeit ein-zuhalten; Kim Jong Il hätte sich alsäußerst pietätlos erwiesen, hätte erdie Staats- und Parteiorgane unver-züglich über die Nachfolge beschlie-ßen lassen. Nichts spricht dafür, dassim Zeitraum 1994 bis 1997 ungelö-ste Nachfolgeprobleme durch lang-wierige Machtkämpfe entschiedenworden wären.Die wirtschaftliche Öffnung signali-sierte den Zerfall des albanischenKommunismus. Unter dem Eindruckdes Systemwechsels im Ostblockbeschloss das ZK der PPSH im Herbst1989 und im Frühjahr 1990 unterheftigen internen Auseinanderset-zungen eine Reihe von grundsätzli-chen Reformen, die das Erbe EnverHoxhas angeblich aktualisierten, tat-sächlich aber über Bord warfen unddie Kontrolle der Partei nicht mehrsichern konnten. Neben politischenLiberalisierungen (Aufhebung desReligionsverbots, Justizreform u.a.).Im Juli 1990 verabschiedete das Par-lament Gesetze über Joint Venturesund über Investitionsschutz für Aus-länder, die jedoch bereits wenig spä-ter Makulatur waren.Nordkorea orientierte sich insoweitam chinesischen Modell, als es schonin den 80er Jahren, verstärkt ab den90ern, die gesetzlichen Grundlagendafür schuf, bestimmte Bereichender Wirtschaft und sogar einzelne Re-gionen, die als Sonderwirtschafts-zonen faktisch vom Rest des Landesabgespalten werden, für ausländi-sches (vor allem südkoreanisches,aber auch chinesisches) Kapital zuöffnen.Auch wegen der sprachlichen Isola-tion des Koreanischen und der kaumvorhandenen Möglichkeit, an aus-ländische Medien zu kommen, sind

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Zeitläufe

die meisten Nordkoreaner über dasAusland kaum informiert. Das nord-koreanische Fernsehen befasst sich inseinen Nachrichtensendungen prak-tisch ausschließlich mit AuftrittenKim Jong Ils in Betrieben oder beiArmeeeinheiten.Die große Ausnahme waren die XIII.„Weltfestspiele der Jugend und derStudenten“ im Juli 1989, die zumAnlass für ein gigantomanischesFacelifting der Hauptstadt für 4,7Milliarden $ genommen wurden;Nordkorea wollte in direkte Konkur-renz zu den Olympischen Spielen inSeoul treten, nachdem seine Bemü-hungen, beide koreanischen Staatenzum Austragungsort zu machen,gescheitert ware . Auch dieses Ereig-nis führte nicht zu einer Öffnungoder auch nur zu dauerhaftenmenschlichen Kontakten.Schließlich sind beide Nationen ge-teilt, mit dem wesentlichen Unter-schied, dass in Korea zwei Staatenexistieren, während der kompaktealbanische Siedlungsraum auf demBalkan außer Albanien erheblicheGebiete Jugoslawiens (SozialistischeAutoAutonome Region Kosovo alsTeil der Sozialistischen Republik Ser-bien, benachbarte Gebiete Kern-Ser-biens sowie Teile der SozialistischenRepubliken Makedonien undMontenegro) mit damals ca. 2 Mio.Menschen umfasste. Hoxha nahm indieser Frage eine realistische Haltungein und verzichtete aufirredentistische Forderungen; Alba-nien mahnte mehr politische Rechtefür die Albaner Jugoslawiens an, wiesaber jugoslawische Anschuldigungenzurück, es verfolge einen groß-albanischen Kurs. KosovarischeFlüchtlinge wurden meist nach Jugo-slawien zurückgeschickt.Nordkorea hält bis heute an der Ver-einigung beider Staaten fest. Zu Zei-ten der Militärdiktaturen in Seoulsetzte es auf eine Destabilisierung desRegimes mit terroristischen Mitteln.Nach dem derzeitigen Plan sprichtsich Pyongyang für eine Konfödera-tion aus, dessen beide Mitgliedsstaa-ten ihre unterschiedlichen politi-schen und ökonomischen Systemebehalten sollten. Dieses Modell wirdin Seoul ebenso wenig ernst genom-men, wie eine Wiedervereinigungauf der Grundlage des südkorea-nischen Systems ernsthaft angestrebtwird; die Erfahrungen in Deutsch-

land sind nicht ermutigend, und derEntwicklungsabstand zwischen denbeiden koreanischen Staaten ist weitgrößer als der zwischen BRD undDDR.

2. Indikatoren derRückständigkeit

In den 80er Jahren waren dieBevölkerungsdiagramme Albaniensund Nordkoreas fast deckungsglei-che echte Pyramiden mit breitemSockel und immer schmaler werden-der Spitze. Die nach den jeweiligenKriegen verbesserte Versorgungsla-ge, der Aufbau eines für alle zugäng-lichen Gesundheitswesens und eineentschiedene pronatalistische Politiksollte die Basis sowohl für den wirt-schaftlichen Aufbau als auch für dieLandesverteidigung schaffen. DieWachstumsraten der Bevölkerunglagen in beiden Ländern deutlichüber 2 % p.a..Beide Länder setzten daher auf ex-tensive Nutzung der Arbeitskräftestatt auf Arbeit sparende technolo-gische Innovation. Die Frauen wur-den in praktisch alle Berufssparteneingebunden, doch blieben sie fak-tisch weiter für Haushalt und Erzie-hung zuständig, soweit der Staat sienicht durch Tagesbetreuung entla-stete. Die aus der UdSSR und Chinaübernommenen Arbeitskampagnenund der „freiwillige“ Verzicht auf Frei-zeit und Urlaub verplante zusammenmit der Pflicht zur politischen Bildungdie Zeit der Menschen außerhalb derreinen Ruhezeit, wobei Nordkoreamit dem illusorischen Anspruch, denTag zu je einem Drittel mit Arbeit,ideologischer Schulung und Ruheeinzuteilen, weiter als Albanien ging.Das Symbol des sozialistischen Auf-baus ist Chollima, ein mythischesPferd, das 400 km am Tag rennenkann; monatelange „Tempo-schlachten“ sollen das Maximum anArbeitskraft aus den Menschen her-aus holen und sie zugleich militari-sieren .Innerhalb des ohnehin rückständi-gen Balkan nahm Albanien nach denmeisten Kennziffern den letzten Platzein. 1987 produzierte es 4.392 GWh(Jugoslawien 80.792, Bulgarien43.473) . Das Eisenbahnnetzumfasste nur 550 km (19,1 km/

1.000 km²) (Bulgarien 38,7, Rumä-nien 47,1) . Albanien produzierte1988 3,2 t/ha Weizen (Bulgarien4,01, Rumänien 3,58); der Milcher-trag pro Kuh und Jahr lag bei 1.274l (Bulgarien 3.397, Rumänien2.074) .Die albanische Wirtschaft bezahltefür das Verbot von Krediten und JointVentures einen zu hohen Preis: Al-banien war zu keiner technologi-schen Innovation fähig; der vorhan-dene Maschinenpark veraltete undkonnte nicht einmal mehr mit Ersatz-teilen in Betrieb gehalten werden.Die Produktion und damit die Ver-sorgung und der Export stagniertenund gingen schließlich in die Rezes-sion über .Anders als Albanien, dessen Rück-ständigkeit umfassend war und ist,fällt in Nordkorea die Diskrepanzzwischen dem minimalen Konsum-niveau, das selbst im Elementar-bereich nur durch Importe erreichtwird, und seiner weltweit herausra-genden Position als Waffenherstellerund -exporteur ins Auge. In die zivi-le Nutzung der Atomenergie ist dasLand mit den AtomkraftwerkenYongbyon und Taechon eingestiegenund hat damit die Grundlage für einAtomwaffenprogramm geschaffen.Die Mittelstreckenrakete „Rodong“wurde 1993/94 zielgenau ins Japani-sche Meer gelenkt, und mit der Lang-streckenrakete „Daepodong-1“ wur-de 1998 ein Satellit ins All befördert .Gemessen an dem Anspruch desMarxismus, dass der Sozialismus dieProduktivkräfte besser entfalten wer-de, als es dem Kapitalismus jemalsmöglich sei, haben die kommunisti-schen Systeme immer stärkere Ab-striche vom materiellen Lebensni-veau des Volkes gemacht. EineMinimalversorgung mit Ernährung,Kleidung, Wohnraum, Wasserversor-gung ohne (offiziell immer abgeleug-nete) strukturelle Arbeitslosigkeit galtbereits als Realisierung der Träumevergangener Generationen.Kim Il Sung setzte 1987 einenSchwerpunkt in der Verbesserungder Ernährungslage, die Vorrang vorder Bekleidungsindustrie haben müs-se, und brachte dies auf die Formel:„Reis – das ist eben Kommunismus“und reduzierte so die Zukunftsper-spektive noch weiter auf eine ausrei-chende Versorgung mit dem Grund-nahrungsmittel.

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Zeitläufe

Die Wege zum internationalen Kre-ditmarkt sind Nordkorea verschlos-sen, da es seit 1975 seine Zinsennicht mehr bedient. Bis 1990 konn-te es mit den sozialistischen StaatenClearinghandel betreiben, was nachder Auflösung des RGW schlagartigwegfiel. Eine Rezession war die Fol-ge, die durch Naturkatastrophenund Missernten verschärft wurde.Die Getreideproduktion sank in den90er Jahren von 8 auf 3 Mio. Ton-nen. Die Zahl der Opfer der Hungers-not, die ihren Gipfel in den Jahren1996-98 erreichte, ist sehr umstrit-ten; die Maximalschätzung liegt beidrei Mio. Toten. Abgesehen von To-desfällen sind die Folgen von Unter-und Fehlernährung gerade bei Kin-dern unübersehbar. 1991 gab es er-ste Appelle, weniger zu essen; Ratio-nierungen der Grundnahrungsmittelauf ein äußerst geringes Niveau folg-ten. Ab 1994 war Hunger ein The-ma der Medien, und 1995 nahm derStaat offiziell ausländische humani-täre Hilfe an .Nach Berechnungen dersüdkoreanischen Nationalbank be-trug 1999 das BruttoinlandsproduktNordkoreas nur 12,6 Milliarden US-$ (Südkorea: 316,8), das Außenhan-delsvolumen lag bei nur 2,26 Milli-arden US-$ (Südkorea 314,6), die En-ergieerzeugung betrug 7.770.000kw (Südkorea: 53.800.000 kw); dasStraßennetz des flächenmäßig grö-ßeren Nordens umfasste 24.449 km(Südkorea: 96.037 km). Nur bei derKohleproduktion lag der gebirgigeNorden mit 21,9 Mio. t vor Südko-rea mit 3,32 Mio. t und beim Eisen-bahnnetz mit 5.235 km (Südkorea:3.129 km).

3. Autoritäre Strukturen

Gemeinsam ist beiden politischenKulturen, dass sie nie pluralistischedemokratische Strukturen entwickelnkonnten. Nach seiner verspätetenUnabhängigkeit 1912 durchlief Alba-nien eine Abfolge autoritärerHerrschaftssysteme und Besatzungs-regimes; lediglich in einer kurzenPhase zwischen 1920 und 1924 be-gannen sich pluralistische Strukturenzu entwickeln, ohne auch nurParteiensystem wie in den übrigenBalkanstaaten herauszubilden. DieFamilie im Sinne der Großfamilie undin Nordalbanien der Stamm (fis) und

damit die Unterwerfung unter patri-archalische Ordnungsstrukturen, imSüden hingegen die beherrschendeRolle der Großgrundbesitzer, dieauch die politische Macht ausübten,machten die Advokaten der„Okzidentalisierung“ zu Außensei-tern.Auffallende Parallelen zeigen sichsomit in der Geschichte der PPSHund der PAK. Hoxha und Kim Il Sungergriffen die Macht in vor-industriellen Gesellschaften mit ei-nem minimalen Proletarisierungsan-teil als Führer sehr spät entstande-ner kommunistischer Parteien. Siekonstituierten sich nicht durch dieSezession des linken Flügels einer So-zialdemokratie, sondern über örtli-che und regionale Zirkel und Grup-pen, die sich als kommunistisch be-zeichneten.In Albanien existierten kommunisti-sche Gruppen vor allem in Korça (seit1928) und in Shkodra (seit 1934).1928 hatten einige Emigranten inder UdSSR eine kommunistischeGruppe gebildet, andere inFrankreich. Einer der „Moskauer“, AliKelmendi, hatte in den frühen 30erJahren vergeblich versucht, im Auf-trag der Komintern die kommunisti-sche Bewegung zu organisieren. ImRahmen des Volksfrontkurses nah-men Kommunisten an Aufständenund Protestaktionen gegen denKönigsdiktator Zogu teil und gewan-nen Einfluss auf die sich in den ita-lienischen Unternehmen bildendengewerkschaftlichen Organisationen.Doch litten sie an einem doppeltenDilemma: Nirgends in Europa warder Widerspruch zwischen Marx’Theorie und Lenins Praxis so deut-lich wie in Albanien, einem fast reinagrarischen Land, in dem die Kom-munisten die Avantgarde einer sichgerade erst herausbildenden Arbei-terklasse zu sein hatten und gar de-ren Herrschaft durchsetzen sollten.Zum anderen waren die Kommuni-sten weltweit zwischen 1939 und1941 durch die sowjetische Deutsch-landpolitik gelähmt. Die wenigenhundert albanischen Kommunistenwaren über ideologische, taktischeund organisatorische Fragen zerstrit-ten. Während die einen Parolen wie„Für ein Sowjetalbanien! Für einkommunistisches Albanien!“ ausga-ben, wollten andere die herrschen-den Organisationen und Institutio-

nen unterwandern, während wiederandere den Faschismus als notwen-dige Entwicklungsdiktatur begriffen,der in Albanien erst kapitalistischeund damit vorrevolutionäre Bedin-gungen schaffen würde. Nachdemdie Bildung eines gemeinsamen Zen-tralkomitees der beiden Hauptgrup-pen (ohne jugoslawische Beteili-gung) nicht zu einer einheitlichenBewegung geführt hatte, musste derdeutsche Überfall auf die UdSSR ge-radezu erlösend wirken: Die neueEinschätzung des II. Weltkriegs alsantifaschistischer Befreiungskriegbedeutete die Notwendigkeit, dieParteigründung endlich zu vollzie-hen und dann den Widerstand als„Antifaschistischen Nationalen Be-freiungskampf“ (LANÇ) zu orga-nisieren, der sich sonst ohne dieKommunisten zu entwickeln drohte.So wurde im November 1941 vonDelegierten aller Gruppen die Kom-munistische Partei Albaniens (PKSH)mit zunächst nur ca. 200 Mitgliederder Gruppen gegründet. Ins ZK wur-den Leute gewählt, die nicht zu denExponenten der Gruppenkämpfegehört hatten. Unter ihnen setztesich Enver Hoxha bis zu einer Lan-deskonferenz im März 1943 als Ge-neralsekretär durch. Und schließlichführten noch 1990 Albanien undSerbien Polemiken über die Frage,wie groß der Anteil der jugo-slawischen KP an der Parteigründungwar, die zwei Vertreter, MiladinPopoviæ und Dušan Mugoša, zurOrganisierung der PKSH nach Alba-nien entsandt hatte.Die Geschichte der PKSH ist von An-fang an eine Folge ungewöhnlich ri-gider Säuberungen gewesen. DieEinheit war brüchig. Die GruppeZjarri (Feuer) war der Vereinigungbereits fern geblieben. Schon am28./29.6.1942 schloss eine Außeror-dentliche Konferenz die Führer desGrupi i të Rinjve (Gruppe der „Jun-gen“) aus.Die organisatorische Konstante in deralbanischen Gesellschaft war und istbis heute die Familie. Damit ist nichtdie im Westen vorherrschende Zwei-Generationen-Familie gemeint, son-dern das Beziehungsgeflecht aller,die über ihre Väter miteinander auchnoch so entfernt miteinander ver-wandt sind. Es hatte nach 1944 (an-ders als 1912) erstmals einen Wech-sel der sozialen Elite gegeben: Die

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Zeitläufe

alten Feudal- und Stammesführer-sippen und -familien hatten ihreMacht verloren; die neue Elite be-stand aus den Führern der PKSH undder Partisanenbewegung, in ersterLinie Intellektuellen, aber auch Leu-ten, die aus der Bauernschaft oderder rudimentären Arbeiterklassestammten. Auch wenn die PKSH/PPSH nur langsam und kontrolliertwuchs, gehörte keineswegs die ge-samte Parteimitgliedschaft zur „Neu-en Klasse“. Diese neue Elite war un-gewöhnlich schmal; sie musste nachMöglichkeiten suchen, ihre Macht zustabilisieren. Sie fand einen Weg ingegenseitiger Vernetzung undSelbstreproduktion, indem sie an diealten Traditionen der Großfamilieanknüpfte. Was in den Anfängennoch selbstverständliche Folge stän-diger Zusammenarbeit war, entwik-kelte sich bereits früh zu einem na-hezu geschlossenen System von mit-einander verbundenen Familien undClans. Manche inhaltlichen und per-sonellen Entwicklungen sind kaumverständlich, wenn man das darun-ter liegende familiäre Beziehungs-netz nicht rekonstruieren kann. Die-ses die albanische Elite durchdrin-gende Myzel war und ist akephal; esgab und gibt keine „royal family“.Um Hoxhas Vorfahren (er entstamm-te dem Bürgertum von Gjirokastra)gab es keine Legendenbildungen.Enver Hoxhas Frau Nexhmije war po-litisch durchsetzungsfähig genug,um eine eigene und starke Macht-position zu entwickeln, insbesonde-re, weil ihr Mann aufgrund seinerDiabetes immer wieder längereKrankheitsausfälle hatte.Mittelfristig führte dies zu einer Aus-differenzierung der Gesellschaft in„gute“ und „schlechte“ Familien,d.h. in die Sieger und Verlierer des„Klassenkampfes“. „Gute“ Familienwaren die von Parteimitgliedern,wobei „die Zweihundert“, also dieGründungsmitglieder, das höchstePrestige genossen, und von Partisa-nen. An der Spitze der „guten“ Fa-milien standen die der engeren Par-tei- und Staatsführung. Diese teiltendie Machtpositionen unter sich aufund bestimmten, wer für die Eliterekrutiert wurde. Damit war natür-lich in ständig zunehmendem Maßeder Zugang zu materiellen Privilegi-en verbunden. Die bevorzugteUnterbringung mündete schließlich

in die Errichtung des „Blocks“, einesabgeriegelten Villenviertels im Zen-trum Tiranas mit hoch privilegierterVersorgung, auch mit westlichenImportgütern, in dem 1990, unmit-telbar vor seiner Auflösung, 26 Fa-milien lebten. Der Führung standeneine Spezialklinik, ein Fuhrpark, un-begrenzte Telefonmöglichkeiten mitdem Ausland, importierte Literatursowie zahlreiches Personal zur Ver-fügung. Auch die Möglichkeit zuAuslandsreisen einschließlich medi-zinischer Behandlung im Ausland(bzw. der Einreise ausländischer Spe-zialisten nach Albanien) nahmenüberhand. Diese Privilegien wurdennicht nur von den Mitgliedern derFührung, sondern auch von ihrenAngehörigen (Eltern, Ehepartnern,Kindern, Schwiegersöhnen und -töchtern, Enkeln, manchmal auchweiteren Verwandten) ausgenutzt; eswar geradezu selbstverständlich,dass die Kinder der engeren Füh-rungsgruppe auf Staatskosten imAusland studierten. Die Begünstig-ten zahlten nur kleine Anteile derKosten. Ca. 0,2 % des Staatshaus-haltes wurden für jene 26 herrschen-den Familien ausgegeben. Dies istkeine sehr dramatische Zahl; dochmuss der schreiende Widerspruchzwischen dem sehr niedrigen und inden 80er Jahren sinkenden Lebens-standard der Bevölkerung und derVersorgung der Spitzenfunktionäresowie zwischen der Propaganda vonder egalitären, privilegienfreien Ge-sellschaft und der persönlichen Be-reicherung der Führung gesehenwerden.Je niedriger die Ebene war, destobescheidener fielen die Privilegienaus. Eine Parteimitgliedschaft, derenHürden recht hoch waren, bedeute-te nicht automatisch materielle Pri-vilegien, doch war sie in der RegelVoraussetzung für solche. Z.B. wardie Zuteilung eines privaten Telefon-anschlusses ohne Parteibuch kaumzu erhalten. Die PPSH-Mitgliederbesetzten in Industrie und Landwirt-schaft die Verwaltungspositionen mitFestlöhnen, die, anders als die der inder Produktion Beschäftigten, nichtertragsabhängig waren.Am unteren Rand der Gesellschaftstanden die „schlechten“ Familien,also zunächst die der gestürzten Eli-te, der Grundbesitzer, Großbürger,höheren Geistlichen, von Kollabora-

teuren sowie Mitgliedern konservativerBewegungen aus der Zeit des Krieges.Die Parallele zu den Privilegien war eineextreme Form der Sippenhaft, die überdrei Generationen anhalten konnte.Während in vielen Fällen Personen, diesich im Krieg kompromittiert hatten, flie-hen konnten, wurde ihre gesamte imLand verbliebene Verwandtschaft hartenSanktionen ausgesetzt. Im mindestenFall war eine solche Familie sozial aus-gegrenzt, auf Kontakte und Heirats-beziehungen mit ihresgleichen be-schränkt, für Führungspositionen undParteimitgliedschaft von vornherein dis-qualifiziert; oft blieben den Kindern sol-cher Familien auch höhere Bildungs-chancen verschlossen. Im schlimmerenund häufigeren Fall gerieten diese Fa-milien in die Mühle der Internierungsla-ger und Verbanntendörfer, wo ihnenselbst die elementarste Bildungs- undGesundheitsversorgung verwehrt wur-de. Derartige Praktiken richteten sichnicht nur gegen die Angehörigen vonehemals Prominenten, sondern auchvon Unbekannten, die auf der falschenSeite gestanden hatten.Dieses System war durchlässig, allerdingsfast nur in einer Richtung: Während dieRehabilitation einer „schlechten“ Fami-lie praktisch nicht vorkam, konnten„gute“ Familien von einem Tag auf denanderen abstürzen, wenn eines ihrerMitglieder einer Säuberungswelle zumOpfer fiel. Je prominenter der Gestürztewar, desto unnachsichtiger fielen dieFolgen für seine Angehörigen aus. ImFalle der Familie Mehmet Shehus z. B.wurden nicht nur diejenigen Verwand-ten abgeurteilt, die tatsächlich Trägervon Macht waren wie seine Frau Fiqrete,die in der Gefangenschaft starb, sondernauch sein jüngerer Sohn, der Schriftstel-ler Bashkim, wurde für neun Jahre in-haftiert.Auf den Ehepartner eines Verhaftetenoder Internierten wurde regelmäßigDruck ausgeübt, sich scheiden zu lassen,um die schlimmsten Folgen von sichabzuwenden; Angehörige waren oft ge-zwungen, jeden Brief- oder Besuchs-kontakt zu dem Inhaftierten abzubre-chen. Dadurch wurde dessen Isolationvollkommen und seine Überlebenschan-cen gemindert, weil er so keine Chancemehr hatte, zusätzliche Lebensmittel vonaußen zu erhalten.Die albanische Führung hatte die Ergeb-nisse des XX. Parteitags der KPdSU zwarin sehr abgemilderter Form veröffent-licht, aber weder einen Bruch mit dem

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Pressespiegel

Stalinismus noch mit der Person Sta-lins eingeleitet. Auf einer Parteikon-ferenz in Tirana am 14.4.1956 wur-de gefordert, die Moskauer Beschlüs-se in Albanien zu veröffentlichen undumzusetzen, die Säuberungen derVergangenheit zu überprüfen unddie Parteibeziehungen zu den jugo-slawischen Kommunisten zu norma-lisieren. Es bedurfte des persönlichenEingreifens Enver Hoxhas, den offe-nen Protest gegen seinen Kurs in denGriff zu bekommen und die inner-parteiliche Opposition als AgentenJugoslawiens zu denunzieren. FünfJahre später, als der Bruch mit derUdSSR vollzogen war, wurde diesnicht als strategische Differenz zwi-schen sozialistischen Ländern darge-stellt, sondern als offener Verrat dersowjetischen Führung unterChrušèev am Marxismus-Leninismusinterpretiert, dem sich innerhalb Eu-ropas nur Albanien widersetzt habe,das an den Grundsätzen des Marxis-mus-Leninismus festhielte.Die albanischen Kommunisten hat-ten neben der wirtschaftlichen auchdie kulturelle Rückständigkeit ihresLandes zu überwinden. DieAlphabetisierung der Bevölkerungeinschließlich der Erwachsenen warauch Voraussetzung dafür, dem Volkdie Ideologie der Partei nahe zu brin-gen. Die Entwicklung kultureller In-stitutionen und die Förderung lite-rarischer und künstlerischer Kreativi-tät, aber auch die Abgrenzung ge-genüber der Literatur der Vorkriegs-zeit, die zum größten Teil als rück-schrittlich und volksfeindlich verwor-fen wurde, oblag dem Schriftsteller-und Künstlerverband, der sehr baldan die kurze Kette des SozialistischenRealismus als alleiniger Kunstdoktringelegt wurde. Die kulturelle Entwick-lung in Albanien diversifizierte sichzunehmend auf alle kulturellen Spar-ten; mit sowjetischer Unterstützungwurde seit den 50er Jahren auch dasFilmwesen entwickelt.Während zahlreiche ranghohe Par-teiführer einer Säuberung zum Op-fer fielen, gab es mit Ausnahme desZK-Mitglieds und Vize-Verteidi-gungsministers Panajot Plaku, dersich 1957 nach Jugoslawien absetz-te , keinen Prominenten, der vonAuslandsreisen nicht zurückkehrte.Der Asylantrag, den der Schriftstel-ler Ismail Kadare im Oktober 1990in Frankreich stellte, war sowohl Aus-

druck wie Katalysator der Auflösungdes Regimes.Ähnlich schwierig wie in Albanienverlief die Gründung der kommuni-stischen Bewegung in Korea, wo inden 20er Jahren örtliche kommuni-stische Organisationen, zum Teil mitParteianspruch, gegründet wurden.Die erste Kommunistische Partei Ko-reas wurde im April 1925 gegrün-det, hört aber bereits nach drei Jah-ren auf zu existieren. Wie die KPJGeburtshelfer bei der Gründung derPKSH gewesen war, so standen diesowjetischen und noch stärker diechinesischen Kommunisten an derWiege der Koreanischen KP .Anders als Albanien, bei dessen Be-freiung von der faschistischen Besat-zung weder die Rote Armee noch diejugoslawischen Partisanen eine direk-te Rolle gespielt hatten, gehört Nord-korea zum Kreis derjenigen kommu-nistischen Staaten, in denen die Re-volution direkte Folge der sowjeti-schen Militärpräsenz war. General-major Romanenko, der politischeLeiter der sowjetischen Truppen inNordkorea, präsentierte einer Mas-senkundgebung am 14.10.1945 KimIl Sung, den Helden des Befreiungs-krieges, als künftigen Führer des Vol-kes. Doch wurde nicht er erster Re-gierungschef, sondern der Chef ei-ner nationalistischen Partei, ChoMan Sik. Diese Volksfronttaktik en-dete bereits Anfang 1946 mit ChosVerhaftung, der MachtübernahmeKim Il Sungs und schließlich nachWahlen mit Einheitsliste der Ausru-fung der Koreanischen Demokrati-schen Volksrepublik am 9.9.1948 .Die vom Kim Il Sung geführten nord-koreanischen Kommunisten schlos-sen sich zunächst 1946 mit einergrößeren Linkspartei, der NeuenVolkspartei, zur Partei der Arbeit zu-sammen. Erst im Juni 1949 gingendie verschiedenen Fraktionen derkoreanischen Kommunisten, die inder Sowjetunion, in China bzw. imeigenen Land organisiert waren, inder Partei der Arbeit Koreas auf, wäh-rend der Chef der einheimischenkommunistischen Fraktion Pak HonYong Kim Il Sungs Stellvertreter wur-de. Die einheimischen Kommuni-sten, deren Zentrum ursprünglich imSüden gelegen hatte, wurden nachdem Korea-Krieg ausgeschaltet, PakHon Yong sogar wegen angeblicherSpionage im Dezember 1955 hinge-

richtet. Kim Il Sung führte währendder 50er Jahre nacheinander Schlä-ge gegen die Exponenten aller Flü-gel der Partei. 1956 war nicht nurfür die Stalinisten in Europa das gro-ße Krisenjahr. Ende August 1956wurde er auf einem ZK-Plenum of-fen angegriffen und seine Politik als„volksfeindlich“ kritisiert. Es gelangihm wie Hoxha, den Widerstand zuunterdrücken und die Partei weitervon seinen Gegnern zu säubern . Inden 60er und 70er Jahren folgtenweitere Säuberungen in Partei undArmee, die z.T. mit der Durchsetzungdes jungen Kim als Nachfolger sei-nes Vaters, die vom VI. (und bisherletzten) Parteitag 1980 besiegeltwurde, zusammen hingen .In beiden Systemen wurde, getreudem Vorbild Stalins, der innerpartei-liche Gegner (der sich allzu oft garnicht als Gegner des Führers sah)moralisch ausgegrenzt, indem er mitdem Vorwurf des Verrats, desAgententums im ausländischen Soldund der Sabotage überzogen wur-de. Damit konnte es nicht beim Ver-lust des Amtes bleiben. Unmittelbarnach seinem Sturz oder nach einerkurzen Zeit der beruflichen Degra-dierung folgte meistens die Verhaf-tung und Aburteilung zum Todeoder zu langer Gefängnishaft oderdie Internierung ohne Urteil.Albanien hielt an dieser Praxis bis indie 80er Jahre fest. Nach dem nochimmer nicht völlig geklärten Selbst-mord des MinisterpräsidentenMehmet Shehu am 18.12.1981 blie-ben mehrere ihm nahe stehende Mi-nister zunächst im Amt, verschwan-den dann aber im Lauf des folgen-den Jahres, bis Hoxha enthüllte,Shehu und seine Anhänger hättenmit mehreren ausländischen Ge-heimdiensten kollaboriert. NachGeheimprozessen wurden mehrereMinister hingerichtet, andere ende-ten im Gefängnis.Kim Il Sung milderte sein Vorgehenin den späten 60er Jahren und beließes in vielen Fällen beim Machtverlust;es gehörte sogar zu seinem Herr-schaftssystem, Karrieren nicht gradli-nig verlaufen zu lassen und nach Ab-stufungen in der Hierarchie politischeComebacks zuzulassen (1988 kehrteder 1969 entlassene GeneralstabschefChoe Kuan in sein Amt zurück) .Nordkorea ging einen anderen Wegals Albanien; die darstellenden Kün-

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Zeitläufe

ste haben die Literatur fast völlig ver-drängt. Entsprechend der zentralenRolle des Militärs werden Soldaten-chöre besonders gepflegt. Analogzur Kulturpolitik der chinesischenKulturrevolution, bei der einige we-nige revolutionäre Peking-Opern dastraditionelle Bühnenschaffen ersetz-ten und bei der Medien wie Plakat-malerei und Bildergeschichten ohneNennung ihrer Autoren und Zeich-ner nicht nur gegen die traditionellechinesische Kultur, sondern gegendie Weltkultur insgesamt ins Feldgeführt wurde, kann von einer nord-koreanischen Gegenwartsliteraturpraktisch nicht mehr die Rede sein .In Buchhandlungen für Ausländerwerden hauptsächlich politische Bü-cher wie die Werke der beiden Kimsund Bildbände und sehr wenig lan-deskundliche Darstellungen angebo-ten; das einzige, was mit Belletristikzu tun hat, sind moralisierende Bil-dergeschichten, deren Zeichenstilmitunter nicht zufällig an die Walt-Disney-Studios erinnert, die Auftrags-arbeiten in Nordkorea in Auftraggaben.Die soziale Stratifikation ist in Nord-korea weit differenzierter als in denübrigen kommunistischen Regimes.In den 80er Jahren wurde eine Listevon nicht weniger als 51 sozialenGruppen veröffentlicht, die nach ih-rer Loyalität bzw. vermuteten Illoya-lität in drei Schichten (Hauptschichtmit 12 Gruppen, unsichere Schichtmit 9 Gruppen und feindlicheSchicht mit 30 Gruppen) eingestuftwurden und dementsprechend füreine Mitgliedschaft in der PAK undfür eine Funktionärskarriere in Be-tracht kamen oder unter Beobach-tung durch den Geheimdienst zuhalten waren. Dazu gehört wie imkommunistischen Albanien aucheine Sippenhaftung, die es den An-gehörigen von Kollaborateuren, Re-publikflüchtlingen und in UngnadeGefallenen unmöglich macht, eineberufliche oder gar politische Karrierezu machen.In Albanien, das auch vor 1939 keinParteiensystem im westlichen Ver-ständnis entwickelt hatte, gab es wiein Jugoslawien keinen Raum für dieEntstehung von Satellitenparteien. Inder Volksrepublik China existierenneben der Kommunistischen Parteiacht Satellitenparteien, die in einerpolitischen Konsultativkonferenz

zusammengefasst sind. In Nordko-rea existiert eine „DemokratischeFront für die Vereinigung des Vater-landes“, in der neben der PAK dieGewerkschaften, der Verband derKimilsungistischen Jugend der ArbeitKoreas, der Verband der Werktätigender Landwirtschaft Koreas, der De-mokratische Frauenbund Koreas so-wie zwei Parteien vertreten sind, diebei erst nach dem Ende der japani-schen Besatzungszeit gegründetwurden, nämlich eine „Sozialdemo-kratische Partei Koreas“ (auch: Sozia-listische Demokratische Partei Kore-as) mit rund 25.000 Mitgliedern unddie „Ch’ondo-Chong’u-Partei“, die1946 gegründet wurde und rund15.000 Bauern organisieren soll.Angesichts der schwindenden Be-deutung der PAK ist es nicht überra-schend, dass diese beiden Satelliten-parteien kein erkennbares politischesEigengewicht haben; es gibt sogarDoppelmitgliedschaften zwischender PAK und den Satellitenparteiengeben, deren Spitzenfunktionäre di-rekt von der PAK abgeordnet wer-den, z.B. der Chef der Sozialdemo-kraten Kim Young Tae, der früher lei-tender Funktionär der PAK war .Wie in Albanien gab es viele promi-nente Säuberungsopfer. In beidenLändern war der Entschluss, das Landzu verlassen (sofern man es über-haupt konnte), mit der Gewissheitverbunden, seine Angehörigenscharfen Repressalien auszusetzen.Abgesehen von einigen Diplomatenwar es einer der ranghöchsten Füh-rer, der ZK-Sekretär und Theoretikerder Juche-Ideologie Hwang Jang Yop,der 1997 (auf dem Höhepunkt derHungersnot) nicht zurückkehrte undseine Flucht mit dem Verrat Kim JongIls an den Idealen des Juche begrün-dete .

4. Führerkult

Der „Führer“-Titel kann im Deut-schen nicht konnotationsfrei verwen-det werden. Er war aber keineswegsauf Hitler bzw. die anderen Führerfaschistischer Parteien und Staatenbeschränkt. Die Verwendung des in-formellen Titels „vo•d“ gehörte auchzum Personenkult um Stalin undwurde sowohl hinsichtlich seinerFührungsrolle innerhalb der Sowjet-union als auch in der Formel „Der

Führer des Weltproletariats“ verwen-det, hatte aber im Unterschied zumTitel Hitlers ab 1934 („Führer undReichskanzler“). keinen verfassungs-rechtlichen Status.Es gibt nur einen Fall eines lagerüber-greifenden Gebrauchs des Führer-Titels, durch den ein kommunisti-scher Staats- und Parteiführerbewusst an einen faschistischen Re-gierungschef anknüpfte, nämlichRumänien. Nicolae Ceaucescu ver-wendete seit den frühen 70er Jah-ren den Titel conducãtor; mit demKurs der gegen die UdSSR gerichte-ten Unabhängigkeit bei gleichzeiti-gem Verbleib in den Ostblock-Struk-turen des Warschauer Paktes und desRGW wurde gerade dieser Titel in-tensiver gebraucht und bildete denEckpfeiler des Personenkultes, zudem ein wissenschaftlich untermau-ertes populäres Geschichtsbild ge-hörte, in dem Ceauºescu als Vollen-der des Kampfes des rumänischenVolkes und seiner Führer für natio-nale Unabhängigkeit propagiertwurde. In den 80er Jahren schreckteder rumänische Propagandaapparatnicht einmal mehr vor der Tabu-verletzung zurück, eine ansatzweiseRehabilitierung des Diktators IonAntonescu einzuleiten, was einen frü-her kaum vorstellbaren Affront ge-gen die UdSSR bedeutete. Damit er-hielt der conducãtor -Titel einen ganzanderen Stellenwert.Hoxha und Kim Il Sung weisen be-merkenswerte Parallelen ihrer Karrie-re auf. Beide kamen als Führer ver-spätet und erst nach mehreren An-läufen gegründeter kommunistischerParteien in Ländern mit schwachenindustriellen Strukturen an dieMacht; diese Machtübernahme ver-lief nicht durch eine proletarischeRevolution oder durch Wahlen, son-dern durch einen militärischen Siegüber die Besatzungsmächte. Derwesentliche Unterschied liegt in derRolle, die die Rote Armee bei diesemSieg spielte.Für Enver Hoxha wurde spätestensseit den späten 50er Jahren nebenden offiziellen Titeln Generaloberst,Generalsekretär der Partei bzw. spä-ter Erster Sekretär des Zentralkomi-tees der Partei, Vorsitzender des Mi-nisterrats immer häufiger das alba-nische Äquivalent für Führer,udhëheqës, verwendet, meist mitdem Epitheton i dashur (geliebt). Das

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Zeitläufe

war im Albanischen konnotationsfreiund griff den Führer-Titel Stalins auf,insbesondere, nachdem Albanienmit der Sowjetunion offiziell gebro-chen hatte.Da Hoxha die PPSH faktisch seit ih-rer Gründung bis zu seinem Tode1985 leitete, hatte er für seine Parteiund seinen Staat einen Stellenwert,der selbst den von Tito übertrifft undallenfalls in Mao Zedong, FidelCastro oder eben Kim II Sung Paral-lelen findet. Das muss nicht bedeu-ten, dass seine Stellung immer un-angefochten war oder dass er zu je-dem Zeitpunkt die Fäden in derHand hatte. Erst 1943 wurde er offi-ziell Generalsekretär. 1944-48 deu-tete alles auf seinen Sturz durch dieprojugoslawische Fraktion um KoçiXoxe hin. Der XX. Parteitag derKPdSU hatte auch Auswirkungen indie PPSH hinein; eine Kreis-parteikonferenz in Tirana am 14.-16.4.1956 forderte Konsequenzenauch für Albanien, die Verbreitungder sowjetischen Parteitags-dokumente, die Rehabilitierung derSäuberungsopfer Xoxe, Tuk Jakovaund Bedri Spahiu, eine Annäherungan Jugoslawien und ein Ende desHoxha-Kultes. Erst das persönlicheEingreifen Hoxhas und die Denun-ziation der Kritiker als Agenten Ju-goslawiens brachte die Konferenz aufdie Linie des ZK.Seit Anfang der 70er Jahren bis zuseinem Tode wurde seine Positionpermanent durch seinen schlechten

Gesundheitszustand beeinträchtigt.Diabetes hatte Herz und Nieren inMitleidenschaft gezogen und 1973zu einem schweren Herzinfarkt ge-führt; dies zwang ihn dazu, sich im-mer wieder für längere Zeit von denGeschäften zurückzuziehen. 1976konnte er nur Anfang und Schlussseines Parteitagsberichtes persönlichverlesen; der größte Teil wurde denDelegierten vom Band vorgespielt.Spätestens seit dem Sommer 1982war er offenbar nicht mehr in derLage, die Geschäfte zu führen; selbstdie physische Anwesenheit bei offi-ziellen Anlässen überforderte ihn. Zudiesem Zeitpunkt war aber die Nach-folgefrage bereits (durch den TodKapos und die Beseitigung der Grup-pe um Shehu) in seinem Sinne gere-gelt.Hoxha hatte im Krieg Charisma ge-wonnen, das auf Kosten andererPartisanenführer propagandistischimmer mehr aufgewertet wurde. Erbrauchte nach 1944 lange, um ausdem Schatten der großen Vorbilderherauszutreten (in der Nachkriegs-zeit war die optische Imitation Titosunverkennbar). Umso gründlicherwurde er zum Schiedsrichter allernationalen und internationalen Be-lange:Seit 1968 erschien die Werkausgabe,die 1990 mit Band 71 (mit Textenvon 1979) abgebrochen wurde. Siewird ergänzt durch Tagebücher,Briefwechsel, thematisch zusammen-gestellte Textsammlungen, theoreti-

sche Abhandlungen und Memoiren-bände - das bei Weitem umfang-reichste Textkorpus, das überhauptvon einem albanischen Autor exi-stiert, wobei die tatsächlicheAutorenschaft bei vielen Texten, be-sonders aus seinem letzten Le-bensabschnitt, nicht zu klären ist; esist vielmehr davon auszugehen, dassdas Institut für Marxistisch-Leninisti-sche Studien unter Leitung seinerFrau mehr als nur die formale Redak-tion besorgt hat.Dieses Schaffen überlagerte nicht nurdie kritische Rezeption marxistischerund leninistischer Literatur, sondernauch jede kritische, quellen-orientierte Geschichtsschreibung.Das galt nicht nur für die Kriegs- undNachkriegszeit: Seit Hoxha den„Haxhi-Qamil-Aufstand“, eine Revol-te mittelalbanischer muslimischerBauern gegen den von den Groß-mächten eingesetzten deutschenFürsten Wilhelm, von 1914 zur pa-triotischen und sozialrevolutionärenBewegung erklärt hatte, konnte keinHistoriker ihn mehr als pro-osma-nisch-islamische, von Esat PashaToptani inspirierte Revolte darstellen,die der ersten Unabhängigkeit einenentscheidenden Schlag versetzt hat-te. Es wurde üblich, nahezu jedemwissenschaftlichen Werk als „Leitmo-tiv“ ein Hoxha-Zitat voranzustellenund die Bibliographie in mehrereTeile zu gliedern; der erste Teil wa-ren die Klassiker des Marxismus-Le-ninismus, der zweite die Schriften

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Hoxhas (mitunter wurden sogar bei-de zusammengezogen), dann erstkamen Quellen und Sekundärlitera-tur.Hoxha manipulierte aber auch sei-ne eigenen Darstellungen; in der er-sten Auflage seiner Memoiren überdie Parteigründung wird Shehunoch positiv gewürdigt, in späterenAuflagen ignoriert. Gleiches gilt fürdie Werkausgabe: Da sie erst in derPhase des Bündnisses mit China ein-setzt, sind die Texte bis 1948 vonprojugoslawischen Äußerungen fastvöllig gesäubert worden; dieprosowjetischen blieben nur erhal-ten, wenn es um die UdSSR Stalinsging oder wenn demonstriert wer-den sollte, dass es nicht Albanienwar, das die Brücken abgebrochenhatte. In den Bänden, die ab 1978erschienen, wurden Huldigungen anMao Zedong gestrichen.Der Hoxha-Kult schlug sich optischin den allgegenwärtigen Spruch-bändern und Plakaten mit Zitatenoder Hochrufen auf ihn nieder, inParolen, die mit hellen Steinen aufBerghängen meilenweit sichtbarwaren (wie der das zentralistischeunitet-Konzept verkörpernde Slo-gan: Popull - Parti – Enver (Volk –Partei – Enver), in den Feiern undArbeitsappellen zu seinem Geburts-tag am 16. Oktober, (Dita e Enverit– Enver-Tag), in Bildbänden zu je-dem „runden“ Geburtstag, inPseudofolkloristik, in zahllosen, viel-fach prämierten, Gemälden undSkulpturen, im Vorschul- und Schul-unterricht.Dabei wurde anderswo erprobtePropagandatopik übernommen:Hoxha ließ sich oft mit einer Schirm-mütze, dem Attribut des Proletari-ers und Lenins, abbilden. In StalinsTradition hatte er sich mit dem öf-fentlichen Schwur, an dessen Wegfestzuhalten, gestellt - so wie es Sta-lin nach Lenins Tod getan hatte . Diefesten Bestandteile des Stalin-Kultskopierte auch Hoxha: das Bild deseinsamen, in später Nacht noch er-leuchteten Arbeitszimmers und dasPrestige des persönlich allem Kultund allen Privilegien abgeneigtensparsamen Landesvaters.Wenn die Geschichte nicht nach ei-nem Wellenmodell verlief, sondernin ständig aufsteigender Linie, ergabsich daraus eine Konsequenz, dieRamiz Alia in seiner Gedenkrede für

Hoxha erstmals offen zog, als er ihnals den „größten Mann, den die al-banische Erde bis heute hervorge-bracht hat“, bezeichnete , ihn alsoüber den NationalheldenSkanderbeg stellte.Der Kult um Hoxha verstieg sich niezu den bizarren Ausmaßen der Hul-digungen an Mao, Ceauºescu oderKim Il Sung. In der seinem Tode fol-genden Phase diente er seinen Er-ben als Legitimationsstifter; bis zumX. Parteitag, auf dem sich die PPSHin die Sozialistische Partei Albanienumkonstituierte und über dem nochein Porträt Hoxhas prangte, wurdebei keiner Gelegenheit versäumt, aufihn Bezug zu nehmen. Die Errich-tung von drei überlebensgroßen Sta-tuen in Tirana, Korça und Gjirokastrasowie der Bau des hochmodernenund teuren „Enver-Hoxha-National-museums“ symbolisierten die Konti-nuität; der Denkmalssturz am20.2.1991 wurde folgerichtig Sinn-bild des Umbruchs, der mit derUmbestattung Hoxhas und andererParteiführer vom Heldenfriedhof inTirana am 2. /3.5.1992 vorerst en-dete. Sehr statisch wurde sein Erbedabei vom „konservativen“ Lagerum seine Witwe interpretiert, wäh-rend der Flügel um Alia 1989 zu ei-ner Politik systemimmanenter Refor-men überging. Obwohl dabei bisEnde 1990 sämtliche Essentials vonHoxhas Politik geopfert wurden,wurde dies immer noch als Kon-tinuität zu Hoxhas dynamischer Po-litik interpretiert; in diesem Sinnehatte Alia in einem 1988 erschiene-nen Buch das Bild eines beständigum Verbesserungen und Reformen,um Überzeugung und Ausgleichbemühten Staatsmannes gezeichnet.Die Mystifikation, mit denen Kim IlSung und Kim Jong Il ihre eigenenLebensläufe umgaben, macht es au-ßerordentlich schwer, Beweisbaresvon Mythen und Gegenmythen ih-rer Gegner zu unterscheiden. Dasgipfelt im Zweifel daran, ob Kim IlSung tatsächlich mit dem gleichna-migen Partisanenführer identisch istoder ob die Sowjetunion nach derVertreibung der Japaner einfach ei-nen jungen koreanischen Sowjet-major namens Kim Sung Cho als denangeblichen Partisanengeneral KimIl Sung präsentiert habe.Er verwendete erst seit Ende der 60erJahre den bis dahin für Stalin reser-

vierten Titel „Großer Führer“(uidaehan suryong) . Bereits 1980wurde sein Sohn Kim Jong Il auf demVI. Parteitag der PAK als Nachfolgerdesigniert und mit dem Titel „Ge-liebter Führer“ (chinaehanun chidoja)ausgestattet. Unübersehbar nivelliertdie deutsche Übersetzung „Führer“zwei völlig verschiedene koreanischeWörter.Der Personenkult um Kim Il Sungeskalierte nach dem XX. Parteitag derKPdSU, als sich die meisten anderenstalinistischen und poststalinistischenSysteme von ihm distanzierten. Diegesamte Propaganda und Ge-schichtsschreibung wurde auf ihn hinausgerichtet; sowohl im Befreiungs-krieg als auch nach 1945 wurde erpersönlich als Vater aller Erfolge undSiege in den Himmel gehoben; Miss-erfolge, Teilerfolge und Niederlagen(besonders das für einen furchtba-ren Preis erkaufte Unentschieden imKoreakrieg) wurden in Triumphe vonweltgeschichtlichen Dimensionenumgemünzt. Die persönliche Inbe-sitznahme jedes einzelnen Nordko-reaners durch Kim Il Sung wird au-genfällig durch die Pflicht jedes Bür-gers (außer Kindern), eine Ansteck-nadel mit seinem Bild an der Klei-dung zu tragen. Wie in Albanienwurde sein Geburtstag zum Anlassfür Mobilisierungskampagnen ge-nommen, wie überhaupt in beidenLändern der ideelle Stimulus denmateriellen Leistungsansatz ver-drängte; dabei ging Albanien offen-bar noch einen Schritt weiter bei derAngleichung der Einkommen. Dasgesamte Land wurde trotzRessourcenknappheit mit Denkmä-lern, Propagandatafeln, in Stein undin Felswände (wie aus buddhisti-scher Zeit) gehauenen Zitaten, Ge-denkstätten an seine Besuche (aufdie ein eigens kreiertes Verkehrszei-chen hinweist) und Prunkbauten,die seinen Namen tragen, dekoriert.Eine Verehrung, ja Anbetung in gott-ähnlicher Form krönte diesen Kult,wobei die Vorstellung von Götternin dem von nicht theistischen Reli-gionen und Weltanschauungen ge-prägten Korea nicht mit der im mo-notheistisch beeinflussten Westenidentisch ist.Der frühere Präsidentenpalast wur-de in ein höchst aufwändiges Mau-soleum für Kim Il Sung verwandelt,in dem seine einbalsamierte Leiche

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Zeitläufe

nach dem Vorbild Lenins, Stalins undMaos aufgebahrt ist.Die bewusste Emanzipation desnordkoreanischen Sozialismus vonallen bisherigen Marxismen-Leninismen drückte sich auch in derEinführung einer neuen parallelenZeitrechnung nach Kim Il Sungs Todaus. Parallel zur international übli-chen AD-Jahreszählung werdenJahresangaben mit der Angabe Juchemit einer Zählung ab 1912 = Juche1 versehen (2004 ist Juche 93), alsodem Geburtsjahr Kim Il Sungs; nichtdie Entwicklung oder Umsetzungdieser Philosophie, sondern die Ge-burt ihres Begründers markiert alsodie neue Zeitrechnung. Eine ver-gleichbare doppelte Zeitrechnunghatte zuletzt der italienische Faschis-mus eingeführt, der parallel zur AD-Jahreszählung ab seiner Machtüber-nahme 1922 zählte.Anders als in Albanien ist das Herr-schaftssystem Nordkoreas nichtdurch ein Geflecht mächtiger Fami-lien bestimmt, sondern es ist dyna-stisch. Die „royal family“ wurde miteiner legendären Tradition ausgestat-tet, indem allen möglichen Vorfah-ren bedeutende patriotische Leistun-gen angedichtet wurden ; so soll einUrgroßvater Kim Il Sungs 1869 dasamerikanische Schiff „GeneralSherman“ im Taedong versenkt ha-ben. Es spricht einiges dafür, dass deroffiziell 62jährige Kim Jong Il einenseiner Söhne, die er aus verschiede-nen Verbindungen hat, für die Nach-folge vorgesehen hat, nicht klar ist,welchen. Die Verwandtschaft mitKim Il Sung bedeutet keine Garantieauf eine Machtposition im innerenZirkel.Der Personenkult ist in der 1998weitgehend novellierten Verfassungverankert, deren Präambel eineEloge auf den zum „ewigen Präsi-denten“ erklärten Kim Il Sung ist .Der Führerkult wirkt nicht nur nachinnen; auch Ausländer werden auf-gefordert, sich vor der riesigen Sta-tue Kim Il Sungs im Zentrum vonPyongyang zu verbeugen und einenBlumenstrauß niederzulegen; auchgehört das Internationale Freund-schaftsmuseum in Myohyang zumPflichtprogramm, in dem nach offi-ziellen Angaben rund 300.000 offi-zielle und individuelle Geschenke anKim Il Sung, seine Frau und Kim JongIl aus dem Ausland gezeigt werden.

Damit verbinden sich drei Botschaf-ten:

- „Unser Land ist nicht isoliert,wennseine Führer Geschenke ausnahezu jedem Land bekommen.“

- „Unsere Führer sind keine Despo-ten, sondern international geschätz-te Staatsmänner, die mit Geschen-ken von Regierungen, Unterneh-men, Institutionen und Einzelperso-nen geehrt werden.“

- „Unser Land ist ein so wichtigerFaktor, dass ihm von allüberallTributgaben gezollt werden.“

Im öffentlichen Raum sind die bil-denden Künste in erster Linie in denDienst des Personenkults gestellt,wovon kaum zählbare DenkmälerKim Il Sungs und großflächigeWandgemälde dominieren, die KimIl Sung allein oder mit Kim Jong Ilin den immer gleichen Situationenals gütige Landesväter, als Partisa-nenführer, bei der Anleitung vonWirtschaftsbetrieben oder Militär-einheiten oder in einer Art Mars-landschaft zeigen.Um Kim Jong Il wurden mindestensgenau so viele Legenden gestricktwie um seinen Vater. Es gilt aufgrundder historischen Abläufe als kaumwahrscheinlich, dass er tatsächlicham 16. Februar 1942 am „HeiligenBerg der Revolution“ Paekdu-sangeboren wurde; einiges spricht da-für, dass er bereits ein Jahr früher ineinem sowjetischen Militärlager inChabarovsk geboren wurde. Den-noch sind Bilder seines angeblichenGeburtshauses am Paekdu-san über-all zu sehen. Bei seiner Geburt wur-den angeblich Zeichen am Himmelgesehen, die offenbar dem Sternvon Bethlehem nachempfundenwurden . Der Knabe soll sich schonseit frühester Jugend durch ein ge-radezu übermenschliches Ausmaßan Klugheit, Fleiß und Tapferkeitausgezeichnet haben. Tatsächlichgab es erst 1973 die ersten Anzei-chen für eine dynastische Erbfolge,als Kim Jong Il in hohe Parteiämterberufen wurde und die Titel „Gelieb-ter (oder: Respektierter) Führer“ und„Zentrum der Partei“ führte. Außer-dem leitete er die „Bewegung derTeams für die drei Revolutionen“,eine Art Rote Garden, die die in Art.9 der Verfassung verankerten drei

Revolutionen (die ideologische, dietechnologische und die kulturelle)vor allem gegen der Arbeiterklasseentfremdete „Bürokraten“ durchset-zen sollte .Nach dem Tod seines Vaters ließ KimJong Il die Kontinuität bis hin zurIdentität betonen; in allen Gebäu-den und öffentlichen Räumen undwohl auch in den Wohnungen hän-gen gleich große Bilder beider ne-beneinander.Die ihm zugeschriebene Omni-kompetenz wird mit Wunderzeichenverbunden: wenn Kim Jong Il eineArmeeeinheit besucht, überblickt erTerrain und Lage besser als alle an-deren und bei seinem Eintreffen ver-flüchtigen sich die dichtesten Nebel.Anders als bei seinem Vater ist dieDiskrepanz zwischen Kult und Er-scheinungsbild frappant: Kim JongIl hält nur selten öffentliche Anspra-chen, die auch nicht ausgestrahltwerden; der Verdacht einer Sprach-behinderung ist von seinen Ge-sprächspartnern allerdings widerlegtworden; sein uncharismatisches Aus-sehen wird - anders als früher - meistdurch unvorteilhafte Kleidung unter-strichen . Es ist davon auszugehen,dass er sich damit vom Erschei-nungsbild seines Vaters absetzenwill, der im Alter als jovialer, fülli-ger, breit lächelnder Landesvater mitHornbrille und gut sitzenden Anzü-gen dargestellt wurde, und den mi-litärischen Charakter seiner Führungunterstreichen will.Das Genre des Films genießt die per-sönliche Förderung Kim Jong Ils, derauch selbst Regie bei vielen Filmengeführt haben soll. Gesicherter isthingegen, dass er die Entführungsüdkoreanischer und ausländischerSchauspieler in Auftrag gegebenhat, um die Qualität des nordkorea-nischen Filmschaffens zu erhöhen.(Der Führer, in dem sich das Juche-Prinzip verwirklicht, weist interessan-te Parallelen zu der Übermenschen-Theorie („Operierende Thetanen“)des Begründers der Scientology-Sek-te, Lafayette Ronald Hubbard, auf,dessen Eklektizismus sich unter an-derem auch beim Buddhismus undanderen östlichen Philosophien be-dient hat .)

Fortsetzung des Artikels in Ausgabe1-2005 der Albanischen Hefte

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Zeitläufe

Dieses Foto ist ein seltenes Doku-ment der Präsenz albanischer Stu-denten im Österreich derZwischenkriegszeit. Da Albanienkeine eigenen Hochschulen besaß,studierten die Albaner aus derOberschicht, häuf ig mitRegierungsstipendien, im Ausland.Orientierten sich die Muslime vorder Unabhängigkeit in erster Linienach Konstantinopel, gingen siespäter nach Italien, nach Frank-reich (dort studierte auch EnverHoxha) oder in den deutschspra-chigen Raum. Besonders die öster-reichischen Hochschulen zogensehr viele junge Albaner an. DieKatholiken hatten schon vor 1912nur vor der Wahl: Italien oderÖsterreich, gestanden. In seinerStudie “Studentët shqiptarë tëAustrisë dhe veprimtaria e tyre“(Die albanischen Studenten inÖsterreich und ihre Tätigkeit), Ti-rana 2000, trug Uran Asllani bio-graphische Angaben zu über 400Albanern zusammen, die später inVerwaltung, Armee, Medizin,Kunst und Kultur, Wirtschaft undKlerus. Dieses Foto, das wahr-scheinlich anlässlich der Gründungdes Studentenvereins „Albania“am 30.4.1924 aufgenommen wur-de, trägt den Stempel eines Gra-zer Ateliers. Gemäß der umseitigen

Beschriftung sind von links nachrechts zu erkennen: AsimAbdurrahmani ( l inks s i tzend)(1905 Shkodra – 1945) (studierteChemie in Graz und München,Apotheker, Repräsentant der Bay-er-Werke in Albanien, Pharmazie-Großhändler, 1944 verhaftet, 1945erschossen) (Gjon) Temali (ste-hend) (1903 Shkodra – 1951 Tira-na, studierte in Wien Landwirt-schaft und in Wien Militärwesen,1928-34 in der Präfektur-verwaltung in Shkodra,, 1934-38studierte er in Florenz Pharmazie,1938-51 in Krankenhaus Tirana,bei einer Säuberung nach einemSprengstoffanschlag auf die sowje-tische Botschaft erschossen HajroXhunga (8.12.1905 Ballaban beiPërmet – 6.12.1991 Tirana, stu-dierte 1927-33 Geodäsie in Graz,wurde bereits während des Studi-ums zur Planung von Bauprojek-ten in Albanien herangezogen,1933-39 Lehrer an der damals ge-rade verstaatlichten US-amerikani-schen Berufsschule in Tirana,1939-44 an der Technischen Schu-le in Korça, nach der Befreiungkurzzeitig als Ingenieur tätig, ge-riet dann in politische Verfolgungs-wellen, wurde zeitweilig verhaftet,1958-68 im Bauministerium tätig)Esat Bushati (gebeugt stehend)

Albanische Studentenin Graz

(keine Informationen erhältlich)(Nexhmedin) Vrioni (1901 Berat -???, keine weiteren Informationenerhält l ich) (Kolë) Mirdita(24.12.1900 Shkodra – 3.10.1936Prossomato, studierte in Graz Phi-losophie und Jura, literarische Ver-suche unter dem PseudonymHelenau, Mitherausgeber einerFestschrift zum 25. Todestag vonNaim Frashëri, ab 1926 im Justiz-minister ium, st i rbt an einerLungenkrankheit) Mihal Zallari(1894 Frashër – 17.3.1976 Tirana,studierte 1918-24 in Graz Politik-wissenschaft, ab 1925 Lehrer inGjirokastra und Tirana, 1943 Prä-sident der „Nationalversamm-lung“ während der deutschen Be-satzung, deshalb bis 1962 inhaf-tiert, danach Übersetzer) TeofikBekteshi (gebeugt stehend) (1905Shkodra -1965, besuchte Gymna-sien in Wien und Graz, studierteWirtschaftswissenschaften inStraßburg, Kommunalpolitiker inShkodra und Elbasan, dort Bürger-meister und während der italieni-schen Besatzung Mitglied desStaatsrates, 1946 wegen opposi-tioneller Äußerungen verhaftetund für ca. 10 Jahre inhaftiert undinterniert) Rrok Kolaj (6.12.1898Shkodra – 14.6.1950 Tirana, be-suchte das Gymnasium und dieUniversität Graz, studierte Jura, lei-tete dort die Studentenzeitschrift„Minerva“, 1925 Promotion, da-nach in Albanien Richter, 1933Rechtsanwalt, während der deut-schen Besatzung Justizminister,1944 verhaftet, 1945 zu 15 JahrenGefängnis verurteilt, 1950 ausGesundheitsgründen frei gelassen,aber kurz darauf an TBC gestor-ben) Kr ist Maloki (stehend)(8.4.1900 Prizren – 24.11.1972Rom, studierte 1921-29 Philoso-phie und Musik, dann bis 1934Jura in Graz, zahlreiche literarischeund musikalische Veröffentlichun-gen, besonders in Zeitschriften;seine Schriften über die Notwen-digkeit einer Orientierung zurwestlichen Kultur werden derzeitwieder entdeckt; 1940-66 Profes-sor in Graz)

Michael Schmidt-Neke

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Bücherreport

Neuerscheinungen

In dieser Rubrik sollen Veröffentlichun-gen angezeigt werden, für die keineausführliche Besprechung imRezensionsteil vorgesehen ist - Bücherebenso wie interessante Zeitschriften-artikel, die sich mit Albanien oder al-banischen Themen befassen. UmMissverständnisse zu vermeiden:Wenn eine Veröffentlichung angezeigtwird, bedeutet das weder eine Emp-fehlung noch, dass die Redaktion sichmit dem Inhalt identifiziert. Für Hin-weise unserer Leser auf weitere Veröf-fentlichungen wären wir dankbar.

Melanie Friend:No Place Like Home. Echoes

from Kosovo.

San Francisco 2001. Kart. 148 S.ISBN 1-57344-119-8 (Statementsvon Betroffenen mit Fotos) US-$39,95

Fergus Greer:Kosovo. Irish Guards Battle

Group in the BalkansApril – June 1999.

Los Angeles 2001. Paperback m. OU128 S. ISBN 0-9708277-0-9 (Foto-reportage des “Officially AccreditedWar Artist, Ministry of Defence”)

Independent InternationalCommission on Kosovo (Hrsg.):

Kosovo Report: Conflict –International Response – Lessons

Learned.

Oxford 2000. Paperback 373 S.ISBN 0-19-924309-3

Otamr Jenner: Berichte vomEnde der Welt. Von Bagdad zum

Prenzlauer Berg.

Berlin 1995. Paperback 203 S. ISBN3-86163-068-0. DM 25,80 (S. 33-46: Familienfehde. Kosovo – Febru-ar 1993)

Kia Vahland:Ich-Erzähler der neuen Zeit,in: art – Das Kunstmagazin.

Nr. 1/2005,

S. 20-33. € 7,80 (junge Künstleraus Serbien und Albanien)

Edgar Hösch,Karl Nehring,

Holm Sundhaussen(Hrsg.):

Lexikon zur GeschichteSüdosteuropas.

Böhlau und UTB. Wien, Köln,Weimar 2004. 770 S. ISBN 3-

8252-8270-8 (Paperback) 34,90 €ISBN 3-205-77193-1 (Hardcover)

Das Münchner Südost-Institut, des-sen Zukunft heute weniger gesichertist denn je, hatte 1976-81 einvierbändiges „Biographisches Lexi-kon zur Geschichte Südosteuropas“mit umfangreichen Essays über diewichtigsten Persönlichkeiten derGeschichte dieses Raumes vomFrühmittelalter bis zur Zeitgeschich-te herausgebracht; dabei wird imArbeitsbegriff des SOI Südosteuro-pa nicht mit der Balkanhalbinselgleichgesetzt, sondern schließt dieSlowakei, Ungarn, Moldawien, Zy-pern und die Türkei sowie die mul-tinationalen Großreiche Osmani-sches Reich und Österreich(-Ungarn)mit ein. Im Umfang von einem Banderschien jetzt ein Lexikon mit rund550 historischen Sachbegriffen, dievon über 60 deutschsprachigen Spe-zialisten unter der Redaktion vonKonrad Clewing in Form kurzer Es-says von 0,5-4 Seiten mit kurzen –z.T. überholten - Literaturangabenerarbeitet wurden. Viele davon sindlandesspezifisch; so beschreibt Pe-ter Bartl die Entwicklung der Alba-ner bis 1912 unter dem Lemma „Al-baner“, die des Staates Albanien seit1912 unter „Albanien“; entspre-

chend wird bei den anderen Staatbildenden Völkern verfahren. Ande-re widmen sich Regionen, so gleichhinter einander „Banat“, „Banija“,„Baranya“ und „Batschka“ sowienatürlich „Kosovo“ und „KosovoPolje“. Minderheiten nehmen einenbreiten Raum ein („Armenier“,„Istrorumänen“, „Aromunen“,„ M e g l e n o r u m ä n e n “ ,„Sarakatsanen“, „Roma“, „Székler“,auch längst untergegangeneEthnien wie die „Jassen“);unverständlicherweise wird auf diepolitisch relevante Vielfalt der „Zi-geuner“, von denen sich viele ebennicht als Roma verstehen (Ashkali,sog. Ägypter u.a.) nicht eingegan-gen. Sozio-ökonomische Kategori-en („Adel“, „Arbeiter“, „Blutrache“(nicht: Gewohnheitsrecht), „Bürger-tum“, „Dorf/Dorfgemeinschaft“,„Komplexe Familienformen“ – einschwer aufzufindender Begriff;„Großfamilie“ wäre nicht die reineLehre, aber benutzerfreundlichergewesen -, die verschiedenen Wäh-rungseinheiten) und politischeStrukturen („Diktaturen“, „Faschis-mus“ sowie als eigene Begriffe „Ei-serne Garde“, „Pfeilkreuzler“ und„Ustase“, „Parteien“ (länder-spezifisch), „Großwesir“, Gewerk-schaften“, „Esnaf“ – gemeint sindGilden oder Zünfte; wie das und dieanderen Begriffe aus dem osmani-schen Verwaltungssystems jemandfinden soll, der mit der Materienicht bereits bestens vertraut ist,bleibt das Geheimnis der Herausge-ber! – und die verschiedenen Dy-nastien) bilden das Gerüst diesesHandbuches. Religion hat nirgendsin Europa so viel mit Politik zu tunwie in Südosteuropa; dieser Kom-plex wird besonders intensiv behan-delt („Aleviten“, „Bektaschi“, „Is-lam“, „Hesychasmus“, „Katholizis-mus“, „Mönchtum (orthodoxes)“,„Orthodoxie“, „Synkretismus“u.a.), aber der Begriff „Juden“ bzw.„Judentum“ fehlt sowohl als religiö-se wie auch als ethnische Katego-rie; stattdessen findet sich„Holocaust“. Nur gelegentlich wirdein Ausflug in die Ethnographie un-ternommen; warum dann aber derVampir-Mythos unter „Dracula“

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behandelt wird, ist nicht plausibel.Manches ist zu spezialistisch; ein ei-genes Stichwort gilt dem „Syntag-ma des Matthaios Blastares“ (ein by-zantinisches kirchenrechtlichesHandbuch aus dem 14. Jh.). Natür-lich ist es in dieser gedrängten Formnicht immer möglich, Forschungs-kontroversen breit darzustellen.Etwa die seit 80 Jahren geführte Dis-kussion um einen generischenFaschismusbegriff unter besondererBerücksichtigung der Balkan-faschismen auf zwei Seiten zu resü-mieren, wie Armin Heinen, Autorder maßgeblichen Studie über dierumänische „Eiserne Garde“, es un-ternimmt, kann nur skizzenhaft blei-ben. Die Albanien-spezifischen Bei-träge stammen fast durchweg ausder Feder des Münchner EmeritusPeter Bartl, was hohe Qualität ga-rantiert. Leider haben die Autorenvieler übergreifender Artikel wie sohäufig Albanien als quantiténégligeable angesehen und nichtsystematisch mit berücksichtigt,während Ungarn zu den betreffen-den Stichworten oft einen gesonder-ten Eintrag erhalten hat. Das bleibtwohl Albaniens ewiges Schicksal!Die bisweilen eigenwill igenLemmata wären leichter zu nutzen,wenn man die Mühen und Kosteneines Registers nicht gescheut hät-te, das auch bei einem Sachlexikonmit umfangreichen Artikeln nützlichist. Fehler sind bei einem solchenBand noch weniger vermeidbar alsbei einer Monographie (S. 209:Euro-Einführung in Griechenlandzum 1.1.2001; S. 576: „Rippentrop-Molotov-Pakt“). Wer sich für dieGeschichte oder die GegenwartSüdosteuropas interessiert, wirdtrotz der Fülle an Büchern an die-sem Lexikon nicht vorbei kommen.Zumindest die Paperback-Ausgabeist mit knapp 40 € noch für ein brei-teres Publikum erschwinglich, wasdiesem Band eine größere Verbrei-tung sichern wird, als das Biogra-phische Lexikon erreichen konnte.

Michael Schmidt-Neke

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28Albanische Hefte 4/2004

Blickpunkt

Albanien ist trotz der größer wer-denden Europäischen Union heutenoch immer „Europas vergessenesLand“. Doch ist es als altes Kultur-land eng mit den Entwicklungenverbunden, die das benachbarteGriechenland zur Europa prägendenHochkultur aufsteigen ließen. Alba-nien ist seit dem 2. Jahrtausend v.Chr. das zentrale Gebiet desillyrischen Volkes, das neben Grie-chen und Kelten in der europäischenEisenzeit zu den bedeutendsten Völ-kern zählte. Die Illyrer waren zwarnamentlich durch antike Schriftstel-ler bekannt, wurden jedoch oftfalsch lokalisiert und interpretiert.Die Ausstellung stellt 1000 JahreKultur der Illyrer in einer bemerkens-werten Schau dar. Die Entwicklun-gen in diesem Zeitraum – der spä-ten Bronze- und Eisenzeit - zeigendie nachhaltige Veränderung derGesellschaftsstruktur und politischenOrganisation der einzelnen Stämmedieses Volkes bis es im 4. Jh. v. Chr.zu einer staatlichen Gemeinschaftverschmilzt.

Das Archäologische Museum Tiranahat seine Vitrinen geöffnet: Über300 originale Fundobjekte, die erst-mals in Deutschland gezeigt wer-den, geben Einblick in das illyrischeHandwerk der Eisenzeit. Die reicheVielfalt und hohe Qualität der Ex-ponate zeugt von der Kultur einesVolkes, das zwischen Griechen undKelten siedelte und durch enge Kon-takte auch Einflüsse dieser Kulturenaufnahm. Diese Beeinflussung lässtsich beispielhaft an der Entwicklung

der Keramik nachvollziehen. DerHandelskontakt mit den Griechenführte zu einem beachtlichen Wohl-stand der sozialen Führungsschichtder Illyrer, der sich in allen Fundstük-ken niederschlägt.

Einer der Höhepunkte der Ausstel-lung ist die Präsentation des mitüberaus reichen Grabbeigaben aus-gestatteten Fürstengrabes vonBelsh. Als Herrscher über eine befe-stigte Bergstadt an der Haupt-handelroute, die von der Adria insnördliche Griechenland führte,konnte er im 4. Jh. v. Chr. beträcht-lichen Reichtum erwerben. In sei-nem an prominenten Platz gelege-nen Grab fanden sich etwa 70prunkvolle Fundstücke: Keramik-und Bronzegefäße, Waffen undSchmuck.

Die Sonderausstellung mit archäo-logischen Fundstücken aus der Re-publik Albanien wurde in Zusam-menarbeit mit der Akademie derWissenschaften in Albanien, demInstitut für Ur- und FrühgeschichteWien und dem Niederösterreichi-schen Landesmuseum Asparn a.d.Zaya erarbeitet. Die Präsentation derAusstellung im Museum Quintana– Archäologie in Künzing und denKeltenmuseen Heuneburg wird vonder Europäischen Union in derGemeinschaftsinitiative Leader+ imProjekt „Transnationales Museums-netzwerk“ gefördert. Mit ihremStandorten Museum Quintana inKünzing und nachfolgend (1.7. –1.11.2005) den Keltenmuseen

Heuneburg in Hundersingen a. d.Donau werden eine Vielzahl dieserantiken Objekte, die die bedeuten-de Phase der illyrischen Ethnogeneseim 1. Jahrtausend v. Chr. beleuch-ten, erstmals in Deutschland präsen-tiert.

Museum Quintana Künzing

Osterhofener Str. 294550 Künzing (Lkr. Deggendorf)Tel.: 08549/9731-12

Geöffnet täglich außer MontagOktober - April 10.00 - 16.00 UhrMai - September 10.00 - 17.00 Uhr

Weitere Informationen unter:www.museum-quintana.de

Sonderausstellung:Archäologische Schätze aus Albanien:

DIE ILLYREREuropas vergessenes Volk

zwischen Griechen und Kelten

vom 3.3. – 12.6. 2005im Museum Quintana in Künzing

„European EconomicStudies“ in Tirana

nach dem Vorbild derUniversität Bamberg

Seit dem 10. Dezember 2004 stu-dieren an der Universität Tirana 37Studenten im Rahmen des Master-studiengangs „European EconomicStudies (EES)“, der nach dem Vor-bild der Universität Bamberg orga-nisiert ist. Vorausgegeangen warrund ein Jahr der Umsetzung derbeschlossenen Lehrkonzepte, insbe-sondere der Vorbereitung der Kurs-verantwortlichen auf die verschiede-nen Module des albanischen EES-Masterprogramms. Das bis zumHerbst 2006 angelegte Programmwird durch Dozenten und Dozenten-fortbildung seitens der UniversitätBamberg begleitet.Ein weiteres Ziel des Programmsbesteht darin, die „EconomicsFaculty“ in Tirana zu einem „regio-nalen Kompetenzzentrum“ für denalbanischsprachigen Raum auszu-bauen, das Lehrmodule für die wirt-schaftswissenschaftliche Aus-bildungsgänge u.a. an den Univer-sitäten in Vlora, Elbasan, Prishtinaund Tetovo entwickelt sowie Maß-nahmen zur Fortbildung der Dozen-ten organisiert. Darüber hinaus wirddie Universität Tirana dabei unter-stützt, alle bisherigen Diplom-studiengänge an dieser Fakultät aufdas zweistufige Bachelor/Master-system umzustellen.

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AFG

! Aus der DAFG

Werden auch SieMitglied in der DAFG!

Der Ruf Albaniens in der breitenÖffentlichkeit ist nicht der beste. Allzuoft wird er durch (teils kriminelle)Aktivitäten von gesellschaftlichenRandgruppen bestimmt, die so dasBild eines ganzen Volkes prägen. Diekulturellen Werte dieses kleinen Volkessind viel zu wenig bekannt.Unsere Gesellschaft verfolgt daheru.a. folgende Ziele:

Förderung aller freundschaftlichenBestrebungen zwischen demdeutschen und albanischen Volk;

Entwicklung vielfältiger,gegenseitiger Beziehungenzwischen beiden Völkern auf allenEbenen;

in beiden Ländern umfassendeInformation über die Gegebenhei-ten des anderen Landes, derenjeweilige Geschichte, Gegenwartund Kultur;

Durchführung von wissenschaftli-chen und allgemeinbildendenVeranstaltungen;

Förderung und Vertiefung gegen-seitigen Verständnisses durch denAbbau von individuellen undgesellschaftlichen Vorurteilen;

die Entwicklung menschlicherBeziehungen, bilateraler Begeg-nungen und Austausch-möglichkeiten auf allen Ebenen;

Förderung und Verbreitung sowiePflege der Kunst und Folklore desalbanischen Volkes;

Förderung von Organisationen inAlbanien, welche das Ziel einesAustauschs mit Deutschland auffachlichem oder kulturellem Gebietverfolgen;

Herausgabe und Verbreitung vonPublikationen über und ausAlbanien.

Mit jedem neuen Mitglied wachsenunsere Möglichkeiten, diese Zielset-zungen ein Stück weit mehr mitLeben zu erfüllen!

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..DAFG-Ortsgruppe Hamburg weiter auf Erfolgskurs

Die Ortsgruppe Hamburg der DAFG hielt am 14.1.2005 im Hamburg-HausEimsbüttel ihre jährliche Mitgliederversammlung ab, auf der ein neues Mit-glied begrüßt werden konnte. Der Vorsitzende der Ortsgruppe, Kay Schlette,legte eine beeindruckende Bilanz des Jahres 2004 vor. Nicht weniger alsacht Vortragsveranstaltungen wurden in Eigenregie durchgeführt. Die The-men reichten vom albanischen Schulwesen bis zur Wirtschaft, von der inter-nationalen Präsenz in Kosovo bis zur Verteidigungspolitik Albaniens, voneiner Lesung mit Waltraud Bejko aus ihren bei der DAFG erschienenen Erin-nerungen bis zur Rettung der Juden in Albanien während des II. Weltkriegs.Darüber hinaus konnten die Hamburger Albanienfreunde an Theater- undFilmvorführungen, an einem Fest zum Nationalfeiertag und an der interna-tional beachteten Ausstellung des Künstlers Anri Sala in den Deichtorhallenteilnehmen.Der stellvertretende Vereinsvorsitzende Michael Schmidt-Neke berichtete überdie Aktivitäten des Vereins im abgelaufenen Jahr und über die Planungen für2005; er dankte der Ortsgruppe und besonders Kay Schlette für die intensi-ve Arbeit, die leider andernorts nicht geleistet wird.Für 2005 stehen bisher eine Filmvorführung und Vorträge über die Lage inAlbanien nach den Parlamentswahlen und über die Geschichte der albani-schen Sprache fest. Die Planung für weitere Veranstaltungen läuft. Das An-gebot kann auf der Website des Vereins www.albanien-dafg.de bzw. derOrtsgruppe www.dafg.de eingesehen werden.Die anwesenden Mitglieder wählten Kay Schlette wieder zum Vorsitzendenund Dietmar Kurzeja zum Stellvertreter.

„Umzug“ des DAFG-Literaturvertriebs

Der Litvertrieb der DAFG ist umgezogen, allerdings nur virtuell! BesuchenSie uns doch einmal unter der neuen Adresse: www.dafg-litvertrieb.de

Mitgliederversammlung am 5. November 2005 in Dortmund

Der Vorstand hat auf seiner letzten Sitzung im Oktober 2004 beschlossen,die nächste Mitgliederversammlung (u.a. mit Neuwahl des Vorstands) tur-nusmäßig im Herbst 2005 durchzuführen. Als Termin wurde der 5. Novem-ber festgelegt.Als zentral gut erreichbaren Ort haben wir wieder Dortmund ausgewählt,wo wir - wie schon in der Vergangenheit - die Räume der Auslandsgesell-schaft Nordrhein-Westfalen nutzen können.

Neben der eigentlichen Mitgliederversammlung wollen wir den Termin auchdazu nutzen, uns im Rahmen einer öffentlichen Veranstaltung mit einemThema der aktuellen Entwicklung Albaniens zu beschäftigen. Dazu werdenwir uns bemühen, einen Referenten aus Albanien zu gewinnen.Ausführliche Unterlagen zur Mitgliederversammlung (inklusive Rechenschafts-bericht und genauer Tagesordnung) werden den Mitgliedern rechtzeitiginnerhalb der satzungsmäßigen Frist zugehen.Der Vorstand wird sich auch bemühen, nähere Einzelheiten zu der geplan-ten Veranstaltung frühzeitig bekanntzugeben.

Der Vorstand der DAFG möchte jetzt schon alle Mitglieder und interessier-ten Leser der „Albanischen Hefte“ bitten, sich den Termin vorzumerken:

Mitgliederversammlung der DAFG05.11.2005 - (ab ca. 14.00 Uhr)Auslandsgesellschaft Nordrhein-WestfalenSteinstr. 48 - 44135 Dortmund

Die Auslandsgesellschaft NRW ist optimal mit der Bahn zu erreichen, da sichdas Gebäude direkt auf der Rückseite des Dortmunder Bahnhofs befindet.

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30Albanische Hefte 4/2004

Aus der DAFG

Mitgliedschaft in der DAFG!Der satzungsmäßige Beitrag von z.Z.60,00 € jährlich schließt den Bezug der“ALBANISCHEN HEFTE” ein.

Ein mit einem Vereinsmitgliedzusammenlebendes Vereinsmitgliedzahlt die Hälfte, jedes weitereFamilienmitglied ein Viertel dessatzungsmäßigen Beitrages (ohneBezug der “ALBANISCHEN HEFTE”)

Ja, ich möchte

Mitglied

Fördermitglied

in der Deutsch-AlbanischenFreundschaftsgesellschaft e.V. werden,meine Mitgliedschaft soll beginnen

am..........................................

Ich zahle

den regulären Bei-trag (60,00 €)auf das Konto der DAFG(Kto.-Nr. 35981-202 bei derPostbank HamburgBLZ 200 100 20)

einen Förderbeitragin Höhe von

Ich beantrageBeitragsermäßigung

(bitte Begründung beifügen)

Abo der ALBANISCHEN HEFTEIch möchte

die ALBANISCHEN HEFTEzum Preis von z.Z. 17,90 €p.a. (inkl. Versand)abonnieren.

Ich füge einen Schecküber diese Summe bei.

Ich habe die Summe auf dasLiteratur-Konto der DAFG(Kto.-Nr. 741577-202 bei derPostbank HamburgBLZ 200 100 20) überwiesen.

Name ..............................................

Vorname ..............................................

Straße / Hausnummer ........................................

PLZ / Ort .............................................

Datum / Unterschrift ............................................. ....

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ALBANISCHE HEFTEZeitschrift für Berichte,Analysen, Meinungen ausund über AlbanienISSN 0930 - 1437

Die ALBANISCHEN HEFTEwerden vom Vorstand derD e u t s c h - A l b a n i s c h e nFreundschaftsgesellschafte.V. herausgegeben.

V.i.S.d.P.: Bodo Gudjons,Friederikastr. 9744789 Bochum

Redaktion:Bodo Gudjons(verantwortlich), BochumDr. Michael Schmidt-Neke,Kiel,Stephan Lipsius, Kassel

MitarbeiterInnendieser Ausgabe:Jochen Blanken, Tirana; Rena-te Pietrek, Dinslaken;

Gestaltungskonzept:Thomas Schauerte, Dorsten

Satz + DTP:Skanderbeg GmbH,Bochum

Druck:DigitaldruckGilbertdruck, Bochum

Vertrieb:Skanderbeg GmbH,Bochum

Abonnements:DAFG-LiteraturvertriebPostfach 10 05 6544705 BochumFriederikastr. 9744789 Bochum

Preise:Einzelheft: 3,75 € zzgl. Porto- Abonnement: 17,90 € (4Ausgaben p.A. -jeweils zumQuartalsende - inkl. Porto)Für Mitglieder der DAFG ist derBezug der ALBANISCHEN HEF-TE im Beitrag enthalten.

Redaktionsschlußdieser Ausgabe:

15.01.2005

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Kontakt zur DAFG

Büro der DAFG + Redaktion der ALBANISCHEN HEFTEFriederikastr. 97 - 44789 BochumPostfach 10 05 65 - 44705 BochumTel.: 0234 / 30 86 86Fax: 0234 / 30 85 05e-mail: [email protected]

Vorstand:Bodo Gudjons, VorsitzenderPostfach 10 22 04 ▲ 44722 BochumFriederikastr. 97 ▼ 44789 BochumTel.: (0234) 30 86 86Fax: (0234) 30 85 05e-mail: [email protected]

Jochen Blanken, stv. Vorsitzenderz.Z. Tiranae-mail: [email protected]

Dr. Michael Schmidt-Neke, stv. Vors.Goethestr. 3 ▲ 24116 Kiele-mail: [email protected]

Stephan LipsiusMoselweg 57 ▲ 34131 KasselTel.: (0561) 31 24 17Fax: (0561) 31 24 16e-mail: [email protected]

Wolfgang Pietrek, KassiererAm Talgraben 22 ▲ 46539 DinslakenTel.: (02064) 8 21 60Fax: (02064) 8 21 61e-mail: [email protected]

Xhevat UkshiniHochstr. 17 ▲ 45964 Gladbecke-mail: [email protected]

Ortsgruppen

Ortsgruppe BerlinPostfach 30 34 27 ▲ 10728 Berlinoder: c/o Günter MarxKrumme Str. 3210627 BerlinTel.: (030) 312 39 80

Ortsgruppe Hamburgc/o Kay SchletteGriesstr. 8620535 HamburgTel: (040) 511 96 94

e-mail: [email protected]

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Bunte Seite

Kush është? Ku është?Wer ist’s? Wo ist’s?

In Archiven gekramt...Gesucht war: Bukarest

Unter den von den Osmanen einge-setzten Fürsten der Walachei (Haupt-stadt Bukarest) und der Moldau(Hauptstadt Iasi) gab es im 17.-19.Jahrhundert zahlreiche aus der Fami-lie Ghica (= alb. Gjika), die aus Alba-nien stammte. Zu dieser Familie ge-hörte auch Elena Ghica (1828-1882),die unter dem Namen Dora d’Istriaals Völkerkundlerin und Kultur-wissenschaftlerin populär wurde. InBukarest wurden u.a. die meistenWerke von Naim Frashëri und meh-rere seines Bruders Sami verlegt,ebenso die Zeitung „Shqipëtari –Albanezul“ (1888-1903) und untergleichem Namen wieder seit 1993als Sprachrohr der kleinen albani-schen Minderheit. Die albanischeKolonie in Rumänien bereitete 1912die Proklamation der Unabhängig-keit intensiv vor. Hier lebte auchAsdreni (Aleksandër Sotir Drenova),der Dichter der Fahnenhymne, dieals Nationalhymne von den Rumä-nen Ciprian Porumbescu vertontwurde, der auch die rumänischeHymne komponierte. Der gewaltsa-me Sturz Ceausescus im Dezember1989 wirkte anregend auf die alba-nische Oppositionsbewegung.

Wir gratulieren: Dietmar Kurzeja ausHamburg, dem Alleslöser.Herzlichen Glückwunsch und…

Auf ein Neues:

Wer sich für Technik interessiert, hat’sheute leichter. Denn die Bahnstrek-ke, deren Bau unser in Venedig ge-borener, aber aus einer albanischenFamilie stammender Ingenieur gelei-tet hat, war zu ihrer Zeit (imwahrsten Sinne des Wortes) Bahnbrechend und gilt bis heute als Vor-bild für Gebirgsbahnen; 1998 wur-de sie in die UNESCO-Liste des Welt-kulturerbes aufgenommen. Sie ist 41km lang, durchfährt 15 Tunnel undsteigt steil an bis auf fast 900 Meter.Unser Mann wurde für sein Werkgeadelt und starb mit (vermutlich)58 Jahren.

Wir wollen wissen, wie der Mannheißt und wie die Bahnstrecke ge-nannt wird, die er erbaut hat.

Wer den Gesuchten kennt, schicktdie Lösung per Post oder e-mail([email protected]) an die Al-

banischen Hefte. Einsendeschluss istder 15.03.2005 Unter den richtigenEinsendungen wird ein Buch verlost

Töpfermarkt in Lushnja

Wochenmarkt in Lushnja

Strohhütte in Lushnja

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32Albanische Hefte 4/2004

Archäologisches Museum in Korça