ausländer in deutschland seit dem zweiten...
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72Nationalatlas Bundesrepublik Deutschland – Bevölkerung
Ausländer in Deutschland seit dem Zweiten WeltkriegGünther Glebe und Günter Thieme
1965 bis 1986 mit einer Reihe sozialisti-scher Staaten in Osteuropa, Asien undAfrika sowie mit Kuba.
Bis Mitte der 1960er Jahre stieg dieZahl der Zuzüge von Ausländern in dieBundesrepublik stetig bis auf über600.000 Personen pro Jahr. Das ändertesich erstmals beim konjunkturellen Ein-bruch der Jahre 1966/67. 1967 sankendie Zuzugszahlen dramatisch und blie-ben deutlich hinter den Fortzügen zu-rück. In der nachfolgenden wirtschaftli-chen Boomphase von 1968 bis 1973 er-reichte die Zuwanderung im Jahr 1970mit knapp einer Million Menschen ei-nen vorläufigen Höhepunkt.
Die Ölkrise von 1973 und der Wirt-schaftseinbruch der Jahre 1974/75 lös-ten eine Periode verstärkter Remigrati-on unter der ausländischen Bevölkerungaus und beendeten mit dem Anwerbe-stopp die Periode der vertragsbezogenenArbeitsmigration. Die Wanderungsver-luste wurden jedoch bald durch eine Zu-wanderungswelle von Familienan- R R R R R
Wachstumsratedes BSP
Zuzüge vonAusländern
Fortzüge vonAusländern
Zahl der Zu- und Fortzügein Tsd.
Wachstumsrate des BSPin %
Zu- und Fortzüge von Ausländern undWachstumsrate des BSP 1954-1998
-2
0
2
4
6
8
10
12
14
55 1960 65 1970 75 1980 85 1990 95-200
0
200
400
600
800
1000
1200
1400
Jahr© Institut für Länderkunde, Leipzig 2001
Italienehem. JugoslawienTürkeisonstige
Ausländeranteil
GroßbritannienPortugalSpanienÖsterreichPolenGriechenland
VietnamRumänienFrankreichUSANiederlandeIran
Bevölkerungsanteil der Ausländer und die15 wichtigsten Herkunftsländer 1967-1999
Ausländer in Mio. Bevölkerungsanteil in %
0
1
2
3
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5
6
7
8
67 1970 75 1980 85 1990 95 990
2
4
6
8
10
Jahr
16
14
12
© Institut für Länderkunde, Leipzig 2001
Anteil der Ausländer aushoch entwickelten Ländernan allen Ausländern
Luxemburg
Norwegen
Kanada
Finnland
Schweden
Dänemark
Belgien
Japan
Schweiz
Frankreich
USA
Niederlande
Großbritannien
Österreich
Ausländer in Tsd. Anteil in %
Jahr
0
5
10
15
20
25
67 1970 75 1980 85 1990 95 990
100
200
300
400
500
600
700
800
900
30
45
40
35
© Institut für Länderkunde, Leipzig 2001
Ausländer aus hoch entwickelten Ländern undihr Anteil an allen Ausländern 1967-1999
Köpenick
Spandau
Pankow
Zehlendorf
Reinickendorf
Treptow
Neukölln
SteglitzTempelhof
Marzahn
Wilmersdorf
Hellersdorf
Weißensee
Mitte
Charlottenburg
Wedding
Tiergarten
Hohenschön- hausen
Kreuzberg
Schöne- berg
Prenzlauer Berg
Friedrichshain
Lichten-berg
NeuköllnKreuzberg
Schöne- berg
Tiergarten
Wedding
Anteil der Ausländer ander Gesamtbevölkerung Prozent
nicht erfasste Gebiete(Einwohnerzahl < 500)
< 5 5 - 1010 - 2020 - 30
> 30_
StadtbezirksgrenzeGrenze des statistischen Gebietes
Herkunftsland
ehem. Jugoslawien
Polen
ehem. UdSSR
Griechenland
Italien
Großbritannien
Frankreich
USA
Vietnam
Portugal
sonstige
Türkei
1 mm² = 150 Ausländer
Gesamtzahlder Ausländernach Stadtbezirken
6333350000
25000
1000050002100
BerlinAnzahl, Anteil und Herkunftsländer der Ausländer 1998nach Stadtbezirken und statistischen Gebieten
Autoren: G.Glebe, G.Thieme© Institut für Länderkunde, Leipzig 2001 Maßstab 1: 300000
0 5 10 km
Ausländer sind ein integraler Bestandteilder deutschen Gesellschaft. Zu Ende desJahres 1998 lebten gut 7,3 Mio. Men-schen in Deutschland, die nicht diedeutsche Staatsangehörigkeit besaßen –ca. 9% der Gesamtbevölkerung. Der Be-griff Ausländer ist zwar klar definiert,hinter ihm verbergen sich aber eineVielzahl unterschiedlicher Personengrup-pen mit jeweils spezifischen Lebenssitua-tionen und Problemlagen.
Die Unterscheidung zwischen Deut-schen und Ausländern ist nach demStaatsbürgerschaftsrecht festgelegt. DieNeufassung mit Wirkung vom 1. Januar2000 entfernt sich vom reinen Abstam-mungsprinzip (ius sanguinis), erleichtertdie Einbürgerung und gibt Kindern aus-ländischer Eltern unter bestimmten Vo-raussetzungen die Option auf die deut-sche Staatsangehörigkeit. Wer einendeutschen Pass besitzt, ist Deutscher,unabhängig von ethnischer Herkunftoder kultureller Orientierung. Währenddie folgenden Analysen auf dieser Defi-
nition von Ausländern und Deutschenbasieren, treffen in der gesellschaftli-chen Realität Personen ausländischerHerkunft oder Spätaussiedler mit deut-scher Nationalität auf ähnliche Proble-me wie Ausländer im juristischen Sin-ne. Meist schließt der Erwerb der deut-schen Staatsbürgerschaft nicht einenIntegrationsprozess ab, sondern stehtam Anfang der Eingliederung.
Zuwanderung und WirtschaftDie Ausländerzuwanderung in die Bun-desrepublik Deutschland setzte Mitteder 1950er Jahre ein 1 . Eine erste Wel-le begann auf der Grundlage von Ar-beitsverträgen. 1955 war mit Italien alserstem Land ein Vertrag zur Anwerbungausländischer Arbeitskräfte, den sog.Gastarbeitern, geschlossen worden.1960 folgten vergleichbare Abkommenmit Griechenland und Spanien, 1961mit der Türkei, bis 1968 mit Marokko,Portugal, Tunesien und Jugoslawien.Ähnliche Verträge schloss die DDR
C
4
A
B
73Ausländer in Deutschland seit dem Zweiten Weltkrieg
Bodensee
Kiel
SchwerinHamburg
Bremen
Hannover
Magdeburg
BERLIN
Potsdam
Dresden
D
Erfurt
Wies-baden
Saar-brücken
Stutt-gart
München
Mainz
Düsseldorf
© Institut für Länderkunde, Leipzig 2001
Ausländische Bevölkerung nach Herkunftsregionen 1997nach Kreisen
Autoren: G.Glebe, G.Thieme
Maßstab 1: 2750000
0 50 100 km7525
450
400
350
300
250
200
150
100
50
25
105
1
478819
50000
5000
100000
280
AusländischeBevölkerung
in Tsd.
Herkunftsregionen auslän-discher Bevölkerungnach ausgewählten Nationalitäten1)
sonstige Nationalitäten
Entwicklungsländer 6)
ost- und südosteuropäischeTransformationsländer 5)
sonstige hoch entwickelteIndustrieländer 4)
sonstige ehemalige Anwerbeländer 3)
EU 2)
< 1000 Ausländer
Anteil der ausländischenBevölkerung an derGesamtbevölkerung Prozent
1) unter 1000 Ausländer entfällt die Differenzierung2) außer Schweden, Finnland und Norwegen3) Türkei, Nachfolgestaaten des früheren
Jugoslawien, Marokko, Tunesien4) USA, Kanada, Japan, Schweiz5) Polen, Tschech. Republik, Ungarn, Rumänien,
Russ. Föderation, Ukraine6) Ghana, Afghanistan, Indien, Iran, Libanon,
Pakistan, Philippinen, Sri Lanka, Vietnam
Zahl der Ausländer =(Säulenhöhe x 10)²
> 15,010,0 - 15,05,0 - 10,02,5 - 5,0
0 - 2,5
_
E
74Nationalatlas Bundesrepublik Deutschland – Bevölkerung
Lokationsquotient
1,5 bis 2,0
1,0 bis 1,5
0,5 bis 1,0
0,1 bis 0,5
keine
> 2,0
StaatsgrenzeLändergrenzeKreisgrenze
LokationsquotientDer Lokationsquotient vergleicht denAnteil einer Bevölkerungsgruppe ander Gesamtbevölkerung in einemTeilgebiet mit dem entsprechendenAnteil der Bevölkerungsgruppe an derGesamtbevölkerung im Gesamtraum.
Ausländer aushoch entwickeltenLändern
Ausländer ausEntwicklungs-ländern
Autoren: G.Glebe, G.Thieme
© Institut für Länderkunde, Leipzig 2001
AfghanenVietnamesen
ausgewählte StaatenLokationsquotient nach Kreisen
Türken Ausländer ausehemaligenAnwerbeländern
Italiener
Niederländer Japaner
Ausländer in Deutschland 1997gehörigen der verbliebenen Arbeitsmig-ranten ausgeglichen 2 , bevor Bemü-hungen der Bundesregierung, durch fi-nanzielle Unterstützung die Rückwan-derung zu fördern, zu Beginn der 1980erJahre zu einem Rückgang führten.
Die zunehmende Internationalisie-rung und Globalisierung der Wirtschaftverstärkten die Zuwanderung von hoch-qualifizierten Migranten aus den hoch-entwickelten Ländern 3 . Viele von ih-nen bleiben als Führungskräfte in aus-ländischen Unternehmen nur wenigeJahre, so dass sie als Zuwanderungsgrup-pe von der Öffentlichkeit kaum wahrge-nommen werden.
Eine gewisse Entkoppelung von Wirt-schaftswachstum und Außenwanderungerfolgte Ende der 1980er Jahre mit dengeopolitischen Veränderungen in Oste-uropa sowie den Bürgerkriegen in Süd-osteuropa und in verschiedenen Län-dern der Dritten Welt. Sie lösten eineWelle der Asylbewerber- und Flücht-lingszuwanderung in die Bundesrepublikaus (AA Beitrag Wendt, S. 136) undführten zu einer stärkeren Diversifizie-rung der ausländischen Bevölkerung.
Die Anstieg der Zuwanderungszahlenverlief zu Beginn dieser Phase zunächstnoch annähernd parallel zum vereini-gungsbedingten Wirtschaftsboom 1989bis 1991. Die höchste Zuzugszahl vonüber 1,2 Mio. Menschen einschließlich450.000 Asylbewerbern wurde jedocherst 1992 erreicht, als die Wachstumsra-te der deutschen Volkswirtschaft bereitsdeutlich rückläufig war. Seither hat sich– bei meist bescheidenem Wirtschafts-wachstum – die Zuwanderung tendenzi-ell deutlich abgeschwächt, und 1997 so-wie 1998 verzeichnete Deutschlanderstmals wieder einen Überschuss anFortzügen von Ausländern.
Räumliche DifferenzierungDie in Deutschland lebenden Auslän-dergruppen weisen in ihrer regionalenVerteilung differenzierte nationalitäten-spezifische Raummuster auf. Der Aus-länderanteil liegt in den meisten Krei-sen Ostdeutschlands unter 3%, da zuDDR-Zeiten nur eine geringe, staatlichgelenkte Zuwanderung erfolgte. In denalten Ländern treten vor allem die Ver-dichtungsräume mit hohen Ausländer-konzentrationen in Erscheinung, die ineinigen kreisfreien Städten Werte vonüber 20% erreichen 5 .
Die großräumige Verteilung von Aus-ländern aus hochentwickelten Ländernzeigt extreme Unterschiede 7 . Bei Mi-granten aus den westlich angrenzendenStaaten lässt sich ein ausgeprägterNachbarschaftseffekt mit hohenDichten in den Grenzregionen erken-nen. Die ehemaligen Besatzungszonenspiegeln sich in den Verteilungsmusternder Migranten Großbritanniens, Frank-reichs und der USA deutlich wider.Überwiegend ökonomische Faktorenbestimmen dagegen die Verteilung derJapaner 6 , deren Siedlungsschwer-punkte in den bedeutendsten Dienst-leistungszentren Westdeutschlands lie-gen.
F
75Ausländer in Deutschland seit dem Zweiten Weltkrieg
Bodensee
* USA und Kanada** Summierte Darstellung der
Nationalitäten, wenn derenjeweilige Sektorenflächeunter 1mm² liegt.
Duisburg/Essen
Düsseldorf
Köln
Berlin
München
Stuttgart
Rhein-Main
Hamburg
Autoren: G.Glebe, G.Thieme
Ausländer aus ausgewählten westlichen Industrieländern 1997nach Raumordnungsregionen
© Institut für Länderkunde, Leipzig 2001 Maßstab 1: 3750000
0 50 100 km7525
Nationalitäten
Dänen
JapanerSchweizerFranzosenNiederländerBritenNordamerikaner*Österreicher
Belgier
Iren
Anzahl der westlichen Ausländer85784
50000
20000
10000
500020001000159
1mm² = 75 Ausländer
gemischt**
Grenze der Raum-ordnungsregion
Ländergrenze
Staatsgrenze
Anteil der westlichen anallen Ausländern Prozent
15 - 20
10 - 15
5 - 10
< 5
> 20_
Bei Migranten aus den Anwerbeländernreflektieren die Raummuster der einzel-nen Nationalitäten deutlich die raum-zeitliche Entwicklung der Arbeitsmigra-tion, die Lage der Herkunftsländer unddie Wirtschaftsstruktur der Hauptzielre-gionen in Deutschland. So weisen dieam frühesten zugewanderten Italienereine Konzentration in den süddeutschenLändern auf, während die später zuge-wanderten Türken und Marokkaner wei-ter nördlich, insbesondere im Rhein-Ruhr-Raum ihre Siedlungsschwerpunktehaben.
Die Zuwanderung aus ost- und südost-europäischen Ländern und Entwick-lungsländern erfolgte überwiegend nachden geopolitischen Veränderungen inOsteuropa mit hohen Anteilen vonAsylbewerbern und Bürgerkriegsflücht-lingen. Die hohen Anteile der Nationa-litäten mit großen Asylbewerberzahlengerade in einigen verdichtungsraumfer-neren Gebieten ist eine Folge der staat-lichen Verteilungsregulation.
Ausländer in StädtenDie Konzentration von Ausländern istüberwiegend ein Phänomen der Groß-städte. Hier bieten sich ein besondersbreites Spektrum von Beschäftigungs-möglichkeiten und ein breit gefächerterWohnungsmarkt. Innerhalb der Groß-städte treten deutliche Konzentrationenauf, die zur Herausbildung ethnischerStadtviertel führen, welche sowohl vonder Zusammensetzung ihrer Wohnbe-völkerung als auch vom Geschäftslebenher durch einzelne Nationalitäten starkgeprägt sind.
Berlin 4 weist mit 440.000 Auslän-dern den höchsten absoluten Wert derdeutschen Großstädte auf. Der relativeAusländeranteil beträgt zwar nur 13%(1998), schwankt jedoch zwischen über30% in den Stadtbezirken Kreuzbergund Wedding und unter 5% in derMehrzahl der Bezirke im Ostteil derStadt. Im früheren Westberlin sind dieTürken die stärkste Ausländergruppe.Sie stellen in einigen Bezirken 50%und mehr aller Ausländer. Die Ange-hörigen der früheren alliierten Besat-zungsmächte – Franzosen, Briten undUS-Amerikaner – konzentrieren sichin ihren ehemaligen Sektoren. Im Os-ten Berlins treten vor allem die Natio-nalitäten aus Osteuropa deutlichhervor. Ein Erbe der DDR-Vergangen-heit ist der relativ hohe Anteil der Vi-etnamesen, die von der DDR-Führungals Kontraktarbeiter aus Nord-Vietnamangeworben wurden.
Ein wichtiger Indikator für die gesell-schaftliche Integration ausländischerBevölkerungsgruppen ist der Grad ihrerräumlichen Trennung von der deut-schen Bevölkerung sowie ihrer Separie-rung untereinander. Das Ausmaß dieserSegregation ist z.B. zwischen Türkenund Deutschen oder zwischen Türkenund Vietnamesen recht stark ausge-prägt, während die Staatsangehörigender ehemaligen Anwerbeländer Türkei,Griechenland und Jugoslawien deutlichweniger voneinander separiert leben.?
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