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Schriftliche Hausarbeit zur 2. Staatsprüfung für das
Lehramt an der Primar- und Sekundarstufe I
Einführung in die Arbeit mit Modellen am
Beispiel von Wirbelsäulenmodellen –
durchgeführt mit einer 5. Gesamtschulklasse
Vorgelegt von: Heike Lafrentz
Steenwisch 73
22527 Hamburg
Erstgutachterin: Frau Knop
Zweitgutachter: Herr Boehnke
Hauptseminarleiterin: Frau Daviter
Abgabetermin: 12. September 2006
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung und Fragestellung 1
2 Theoretische Grundlagen 3
2.1 Modellbegriff 3
2.2 Bedeutung von Modellen im Unterricht 4
2.2.1 Zur Funktion von Modellen 4
2.2.2 Anforderungen an Modelle 4
2.2.3 Einsatz von Modellen im Unterricht 5
2.3 Indikatoren der Zielerreichung 9
3 Beschreibung des Unterrichtsversuchs 11
3.1 Lerngruppe und Lernvoraussetzungen 11
3.2 Analyse des Lerngegenstandes 12
3.2.1 Wirbelsäulenmodelle (1) 12
3.2.2 Wirbelsäulenmodelle (2) 13
3.3 Kompetenzerwerb der Schüler 17
3.4 Die Unterrichtseinheit „Die Wirbelsäule“ 18
3.4.1 Wirbelsäulenmodelle (1) 19
3.4.2 Wirbelsäulenmodelle (2) 20
4 Auswertung 22
4.1 Überprüfung der Hypothesen zur Untersuchungsfrage 1 22
4.1.1 Hypothese a 22
4.1.2 Hypothese b 22
4.1.3 Hypothese c 23
4.1.4 Hypothese d 24
4.1.5 Hypothese e 26
4.2 Auswertung der Untersuchungsfrage 1 27
4.3 Überprüfung der Hypothesen zur Untersuchungsfrage 2 28
4.3.1 Hypothese f 28
4.3.2 Hypothese g 28
4.3.3 Hypothese h 29
4.3.4 Hypothese i 30
4.4 Auswertung der Untersuchungsfrage 2 30
5 Schlussbetrachtung 32
6 Literaturverzeichnis 34
Anhang 0
Erklärung
1
1 Einleitung und Fragestellung
STAECK (1998, S. 257) stellte fest, dass der Umgang mit Modellen im
Biologieunterricht trotz ihrer Bedeutsamkeit für den Erkenntnisprozess nur einen
geringen Stellenwert einnimmt. Ähnliche Beobachtungen habe ich in Hospitationen,
aber auch in meinem eigenen Unterricht gemacht: Modelle werden selten eingesetzt
und wenn, dienen sie häufig als Demonstrationsobjekt, ohne dass die Schüler die
Gelegenheit erhalten, mit dem Modell zu arbeiten, es zu begreifen – im
ursprünglichen Sinne des Wortes.
Obwohl in der didaktischen Literatur unnachgiebig gefordert (siehe 2.2.3), kommt
meiner Ansicht nach der handelnde und der kritisch reflektierende Umgang mit
Modellen im Unterricht zu kurz.
Daher möchte ich mit meinem Unterrichtsvorhaben die Schüler einer 5.
Gesamtschulklasse an einen intensiven Umgang mit Modellen heranführen. Zu den
Inhalten dieses Unterrichtsvorhaben gehört, dass die Modelle von den Schülern nach
Anleitungen selbst hergestellt werden, dass die Schüler zwischen Modell und
Original analogisieren und dass sie ein Modell zur Beantwortung einer Problemfrage
heranziehen. Weiterhin werden die Schüler aufgefordert, zwischen drei Modellen
eines Typs hinsichtlich ihres Potentials zur Veranschaulichung begründet zu wählen
sowie die Modelle bezüglich ihrer Aussagekraft und ihres Beitrages für den eigenen
Erkenntnisprozess zu bewerten.
Der Bildungsplan für die Jahrgangsstufen 5 und 6 der integrierten Gesamtschule
sieht das Thema „Der Mensch – ein besonderes Lebewesen!?“ vor, wobei u. a. das
Stütz- und Bewegungssystem des Menschen behandelt werden soll.1 Eine
Anforderung am Ende der Jahrgangsstufe 6 ist, dass die Schüler einige
lebenswichtige Aufgaben des Stütz- und Bewegungssystems des Menschen an
Beispielen erläutern können. Ich habe mich entschieden, dieser Anforderung am
Beispiel der Wirbelsäule gerecht zu werden. Bezogen auf Modelle sieht der
Bildungsplan vor, dass Schüler Modellvorstellungen nachvollziehen und einsetzen
können und erfahren, wie Modelle einen Beitrag zum Verständnis naturwissen-
schaftlicher Sachverhalte liefern können.
1 vgl. FREIE UND HANSESTADT HAMBURG, 2003, S. 11
Einleitung und Fragestellung 2
Mit dieser Arbeit möchte ich untersuchen, ob und inwieweit sich mein oben
skizziertes Unterrichtsvorhaben anhand von Wirbelsäulenmodellen in einer 5. Klasse
umsetzen lässt. Mein Hauptaugenmerk liegt hierbei auf der Fähigkeit zum Erkennen
von Parallelen zwischen Modell und Original sowie auf der Entwicklung von
kritischem Urteilsvermögen gegenüber selbstgebauten Modellen.
Meine Untersuchungsfragen lauten entsprechend:
1. Sind Schüler einer 5. Klasse zur Analogiebildung zwischen Modell und
Original in der Lage?
2. Lässt sich modellkritisches Denken bei Schülern einer 5. Klasse durch den
Vergleich von nachgebauten Modellen eines Typs und die Beurteilung
dieser fördern?
In dieser Arbeit wird ausgehend von theoretischen Überlegungen zum Begriff
„Modell“ die Bedeutung von Modellen im Unterricht anhand der einschlägigen
Literatur erläutert, wobei der Bezug zu den Untersuchungsfragen und nicht eine
ausführliche Darstellung der Bedeutungen des Modelleinsatzes im Vordergrund
steht. In dieses Kapitel geht ebenfalls eine Begründung des Themas auf der
Grundlage des Rahmenplans und gesellschaftsrelevanter Anforderungen ein. Am
Ende des Kapitels werde ich die anhand der theoretischen Grundlagen entwickelten
Kriterien zur Auswertung der Untersuchungsfragen und die Methoden meiner
Datenerhebung vorstellen.
Im darauf folgenden Kapitel erfolgt die Beschreibung der Unterrichtsplanung,
welche Angaben zu der Lerngruppe und den Lernvoraussetzungen sowie zu der
Analyse des Lerngegenstandes enthält. Des Weiteren gibt dieses Kapitel einen
Überblick über die Unterrichtseinheit und über den Kompetenzerwerb der Schüler.
Im anschließenden Kapitel erfolgt die Auswertung der gewonnenen Daten, wobei ich
schrittweise die Indikatoren zur Zielerreichung überprüfen und anhand dieser
Ergebnisse die Untersuchungsfragen beantworten werde.
Den Abschluss dieser Arbeit bildet eine Schlussbetrachtung, in der ich meine
Ergebnisse kritisch einschätze sowie Konsequenzen und Vorschläge für die
Weiterarbeit darstelle.
Theoretische Grundlagen 3
2 Theoretische Grundlagen
2.1 Modellbegriff
MEYER (1990, S. 4) definiert den Begriff Modell bezogen auf den Biologieunterricht
folgendermaßen: „Modelle sind vereinfachte ideelle oder materielle Abbildungen der
Wirklichkeit als Ganzes, eines Ausschnitts oder bestimmter Zusammenhänge der
Wirklichkeit, die der Veranschaulichung wesentlicher Struktur- oder Funktions-
merkmale originaler Objekte oder Vorgänge dienen.“
Ein Modell ist keine Kopie eines Originals, weil das Modell nur die Eigenschaften
abbildet, die für die didaktische Zielsetzung wesentlich erscheinen. Darüber hinaus
kann es sich hinsichtlich des verwendeten Materials, der Größe und der Abstraktion
vom Original unterscheiden.
Wie aus der oben stehenden Definition hervorgeht, wird generell zwischen
Denkmodellen (ideellen Modellen) und Anschauungsmodellen (materiellen
Modellen) unterschieden. Anschauungsmodelle werden nach der Art der
dargestellten Eigenschaft in statische Strukturmodelle, welche morphologische und
anatomische Merkmale vereinfacht abbilden, und dynamische Funktionsmodelle
unterteilt.2 Funktionsmodelle stellen den Verlauf von Prozessen dar und
veranschaulichen dadurch das Prinzip von Funktionen und Vorgängen. Da mit
Funktionsmodellen handelnd umgegangen werden muss, damit die Funktion deutlich
wird, sind sie in erster Linie für die Schülerhand vorgesehen und eignen sich weniger
zu Demonstrationszwecken. 3 Zwischen Funktionsmodell und Original besteht oft
wenig oder keine Ähnlichkeit, da das Modellhafte, also die Funktion, durch eine
größere Abstraktion stärker hervortritt.4 Der dieser Arbeit zugrunde liegende
Unterricht beschäftigt sich mit Funktionsmodellen. Die Angabe weiterer
Unterteilungen von Modellen ist für diese Arbeit nicht maßgeblich, kann aber bei
ESCHENHAGEN et al. (1998, S. 332) vertieft werden.
2 vgl. ESCHENHAGEN et al., 1998, S. 334 3 vgl. REICHART , 1978, S. 23 4 vgl. MEYER, 1990, S. 6
Theoretische Grundlagen 4
2.2 Bedeutung von Modellen im Unterricht
2.2.1 Zur Funktion von Modellen
Zwar gibt es bisher nur wenige empirische Untersuchungen zur Effektivität von
Modellen im Unterricht, dennoch herrscht in der Fachliteratur Einigkeit über die
große didaktische Bedeutung von Modellen im Biologieunterricht. KILLERMANN und
STÖHR konnten nachweisen, dass sich der Lernzuwachs und die Behaltensleistung
durch den Einsatz von Modellen erhöhen. 5
Dieser belegbare Wissenszuwachs liegt darin begründet, dass Modelle den
Erkenntnisgewinn unterstützen, indem sie
- das Erfassen von Sachverhalten durch die didaktisch vereinfachte Abbildung
erleichtern (denkökonomische Funktion),
- nur wesentliche Teile abbilden und somit die Problemfindung und
-eingrenzung erleichtern (heuristische Funktion),
- Strukturen und Prozesse veranschaulichen (Anschauungsfunktion).6
Eine weitere wichtige Funktion, nämlich die Schulung der Kritikfähigkeit und des
Reflexionsvermögens, erfüllt der Einsatz von Modellen, indem Original und Modell
gegenüber gestellt werden und die Aussagekraft von Modellen sowie ihr Wert für
den eigenen Erkenntnisprozess mit den Schülern diskutiert werden (siehe 2.2.3).
2.2.2 Anforderungen an Modelle
Damit Modelle den genannten Funktionen entsprechen können, stellt die didaktische
Literatur verschiedene Anforderungen an sie, die ich an dieser Stelle
zusammenfassen werde.7
1. Das Modell muss dem Original in wesentlichen Eigenschaften entsprechen
und ihm in den Hauptmerkmalen ähnlich sein. Die entsprechende Funktion
oder Struktur muss sachlich richtig abgebildet sein (Merkmal der
Ähnlichkeit).
5 vgl. KILLERMANN; STÖHR, 1980, S. 224-230 6 vgl. ESCHENHAGEN et al., 1998, S. 331 7 vgl. ESCHENHAGEN et al., 1998, S. 331 und MEYER, 1990, S. 10
Theoretische Grundlagen 5
2. Das Modell soll gegenüber dem Original vereinfacht sein und die
wesentlichen Eigenschaften adäquat abbilden. Unwesentliche Eigenschaften
sollen vermieden bzw. nicht aufdringlich sein, um das Vorstellungsvermögen
der Schüler nicht zu überfordern (Merkmal der Einfachheit).
3. Das Modell soll so genau sein, dass es unter bestimmten Bedingungen
Voraussagen über das Original ermöglicht (Merkmal der Exaktheit).
4. Das Modell soll die Eigenschaften besonders deutlich hervorheben, die mit
dem Lernziel übereinstimmen (Hervorhebungsmerkmal).
5. Das Modell soll entsprechend der Entwicklungssituation und des
Vorstellungsvermögens der Schüler erstellt bzw. verwendet werden
(Subjektivierungsmerkmal).
Da Funktionsmodelle oft keine naturalistische Struktur benötigen, um Prinzipien
oder Funktionen zu veranschaulichen, sind sie auf das Wesentliche reduziert und die
Anforderung der Ähnlichkeit bezüglich des Aussehens tritt somit zurück. Neben der
Forderung nach Einfachheit und Exaktheit sollte sich der Grad der Abstraktion von
Funktionsmodellen meiner Ansicht nach besonders an dem Subjektivierungsmerkmal
und an dem Hervorhebungsmerkmal orientieren. Dies bedeutet, dass der Grad der
Reduktion von dem Unterrichtsziel und dem Vorstellungsvermögen der Schüler
abhängig sein muss.
2.2.3 Einsatz von Modellen im Unterricht
Auch wenn nichts so eindrücklich ist wie die Begegnung mit dem Original, so ist der
Einsatz von Modellen im Unterricht gerechtfertigt, wenn die Originalbegegnung
nicht möglich ist, wenn die Schüler über das Realobjekt nicht zu den angestrebten
Einsichten kommen oder wenn sich natürliche Vorgänge und Prozesse nicht erfassen
lassen. 8 Darüber hinaus lässt der Modelleinsatz die Durchführung von Experimenten
zu, die am Original nicht möglich wären.
Modelle sind Anschauungsmittel mit der Funktion mentale Bilder, also
Vorstellungen zu erzeugen. Das Bilden von Vorstellungen ist ein aktiver Prozess, der
über die Wahrnehmung mit dem Auge und das Begreifen mit der Hand erfolgt und
8 vgl. STAECK, 1998, S. 257
Theoretische Grundlagen 6
so zu einem umfassenden Verständnis beim Schüler führt. Besonders intensiv sind
die aktive Auseinandersetzung mit dem Lerngegenstand und seine „Begreifbarkeit“
bei selbst hergestellten Modellen.
Entsprechend des naturwissenschaftlichen Erkenntnisgewinns, ist auch im Unterricht
bei der Arbeit mit Modellen das hypothetisch-deduktive Verfahren üblich: Die
Schüler werden mit einer Frage oder einem Problem konfrontiert, zu dem sie
zunächst Vermutungen äußern. Darauf folgt die Phase der Durchführung, die den
Bau der Modelle und Experimente mit ihnen einschließt. Die Ergebnisse werden
anschließend ausgewertet, wobei ein Vergleich zwischen Modell und Original
unabdingbar ist, um die Schlussfolgerungen zu übertragen und den Schülern
vorhandene Grenzen der Übertragbarkeit bewusst zu machen.
Auch die induktive Herangehensweise ist möglich: Ausgehend von bekannten
Sachverhalten sollen diese den Schülern veranschaulicht werden oder aber sie
werden aufgefordert, die bekannten Zusammenhänge, Fakten, usw. mit geeigneten
Modellen darzustellen.
Der Rahmensplan fordert, erste Grundkenntnisse und Fertigkeiten im wissenschaft-
lichen Arbeiten anzubahnen. Dies wird in diesem Unterricht über das hypothetisch-
deduktive Herangehen an eine Fragestellung sowie über die Entwicklung der
Einsicht, wie Modellvorstellungen zum Verständnis naturwissenschaftlicher Sach-
verhalte beit ragen können, umgesetzt.9 Das Einsetzen und das Nachvollziehen
einfacher Modellvorstellungen sowie das Aufbauen, Durchführen und Protokollieren
von Versuchen nach Anleitung gehören ebenfalls zu den Anforderungen und Be-
urteilungskriterien am Ende der Klassenstufe 6.10
Über die Vorgaben des Rahmenplans hinaus spricht für den Modelleinsatz, dass
Modellen im Unterricht insofern eine besondere Bedeutung zukommt, als dass sie
eine anschauliche und leicht erfassbare Darstellung komplizierter Sachverhalte
ermöglichen sowie Zugangsweisen für unterschiedliche Lerntypen bieten. Neben
dem überwiegenden verbal-akustischen Typ werden sie auch dem optischen und
haptischen Typ gerecht.11
9 vgl. FREIE UND HANSESTADT HAMBURG, 2003, S. 7 10 vgl. FREIE UND HANSESTADT HAMBURG, 2003, S. 23 11 vgl. REICHART , 1978, S. 16, 28
Theoretische Grundlagen 7
Das modellkritische Verhalten ist besonders wichtig im Umgang mit Modellen,
damit den Schülern deutlich wird, dass ein Modell nicht lediglich die Realität
nachbildet, sondern ein Konstrukt wesentlicher Eigenschaften des Originals ist, das
dem Kenntnisgewinn dient. STACHOWIAK (1980, S. 96) erinnert daran, dass oft
unreflektiert bleibt, „was eigentlich im Modell wiedergegeben wird, so daß [!]
Modelle sich zu einer eigenständigen Wirklichkeit verselbstständigen“. Um dem
entgegen zu wirken, ist es beim Einsatz von Modellen im Unterricht notwendig, dass
bereits zu Beginn des Modelleinsatzes Original und Modell gegenübergestellt und
Entsprechungen der jeweiligen Begriffe vorgenommen werden. Abschließend
müssen die am Modell gewonnenen Erkenntnisse durch Analogieschlüsse wieder auf
das Original übertragen werden, um so Aussagen über dieses treffen zu können. 12
Besonders wichtig ist die Parallelisierung zwischen Modell und Realität bei
Funktionsmodellen, da morphologische und anatomische Eigenschaften oft nicht
wiedergegeben werden. Hierbei werden den Schülern Stärken aber auch Schwächen
der vereinfachten Modelle bewusst und sie sind zunehmend in der Lage, die
Aussagekraft der gewonnenen Erkenntnisse realistisch und in den Grenzen der
verwendeten Methode einzuschätzen.
Das Üben von Modellkritik ist nicht explizit im Rahmenplan ausgewiesen, sollte
aber nach einhelliger Meinung der Fachdidaktiker grundsätzlicher und
selbstverständlicher Bestandteil des Modelleinsatzes sein.13 WENK (1978, S. 272)
stellt heraus, dass die Arbeit mit Modellen im naturwissenschaftlichen Unterricht
neben der Veranschaulichung eines Sachverhaltes als ein „durchgängiges
erzieherisches Prinzip“ verstanden werden muss, weil auf diese Weise der Aufgabe,
die Kritikfähigkeit zu wecken und zu fördern, Rechnung getragen werden kann.
Durch das Üben von Modellkritik können die Schüler zu der Einsicht kommen, dass
ein Modell nur eine Hilfskonstruktionen der menschlichen Erkenntnis sind, in der ein
Original für bestimmte Zwecke vereinfacht und akzentuiert wird. Dadurch wird
verhindert, dass sich falsche Vorstellungen über die Realität bei den Schülern bilden
und verfestigen. 14
12 vgl. KILLERMANN et al., 2005, S. 168 13 vgl. MEYER, 1990, S. 8 und STAECK, 1998, S. 259 und ESCHENHAGEN et al., 1998, S. 33 14 vgl. STACHOWIAK, 1980, S. 98
Theoretische Grundlagen 8
Diese Fertigkeit hat eine hohe außerschulische Relevanz, denn eine ausgeprägte
Kritikfähigkeit kann vor einer unangemessenen Übertragung von Vorstellungen und
Begriffen auf die Wirklichkeit schützen, wie beispielsweise im Bereich der Werbung
oder der Politik.
Theoretische Grundlagen 9
2.3 Indikatoren der Zielerreichung
Grundlage zur Auswertung der Untersuchungsfragen sind die Aufzeichnungen der
Schüler, die sie während und nach der Arbeit mit den Modellen gemacht haben.
Hinsichtlich der Untersuchungsfrage 1 beziehen sich die Aufzeichnungen auf ein
Modell zur Beweglichkeit der Wirbelsäule 15, hinsichtlich der Untersuchungsfrage 2
beziehen sie sich auf drei ähnliche Modelle zur Belastbarkeit der Wirbelsäule16.
Die Beantwortung der Untersuchungsfragen erfolgt anhand von Indikatoren, die ich
im Folgenden vorstellen werde. Die Indikatoren sind in Form von Hypothesen
formuliert. Diese ergeben sich aus meinen Erwartungen an die Schülerleistungen und
lassen sich aus der vorgestellten Literatur ableiten.
Zu der Untersuchungsfrage 1 „Sind Schüler einer 5. Klasse zur Analogiebildung
zwischen Modell und Original in der Lage?“ stelle ich folgende Hypothesen auf:
a) Die Schüler erkennen, dass das Modell aus Holzscheiben und
Schaumstoffscheiben unserer Wirbelsäule entspricht.
b) Die Schüler erkennen, welche Teile an dem Modell der menschlichen
Wirbelsäule entsprechen.
c) Die Schüler können benennen, welche Teile der Wirbelsäule in dem
Modell anders dargestellt sind bzw. fehlen.
d) Die Schüler können die Funktion der Bandscheiben und Bewegungen der
Wirbelsäule mithilfe des Modells erklären.
e) Die Schüler schätzen den Wert der Wirbelsäulenmodelle für ihren
Erkenntnisprozess ein, indem sie darstellen, wie ihnen das Modell (1) zur
Beantwortung der Forscherfrage 17 geholfen hat.
Zur Untersuchungsfrage 2 „Lässt sich modellkritisches Denken bei Schülern einer 5.
Klasse durch den Vergleich von nach gebauten Modellen eines Typs und die
Beurteilung dieser fördern?“, die sich auf das Wirbelsäulenmodell (2) bezieht,
ergeben sich folgende Hypothesen:
15 Im weiteren Verlauf der Arbeit als Wirbelsäulenmodell (1) bezeichnet. Zur Beschreibung des
Modells siehe 3.2.1 16 Im weiteren Verlauf der Arbeit als Wirbelsäulenmodell (2) bezeichnet. Zur Beschreibung der
Modelle siehe 3.2.2 17 siehe Anhang I
Theoretische Grundlagen 10
f) Die Schüler sind auf der Grundlage ihrer Versuchsbeobachtungen zu drei
ähnlichen Modellen in der Lage, sich für ein geeignetes Modell zur
Belastbarkeit der Wirbelsäule zu entscheiden.
g) Die Schüler sind in der Lage, die Begründung für ihre Entscheidung von f)
explizit und nachvollziehbar zu formulieren.
h) Einige Schüler können zusätzlich zu g) nachvollziehbar begründen, warum
sich bestimmte Modelle zur Belastbarkeit der Wirbelsäule nicht eignen.
i) Die Schüler beurteilen den Wert des Modells (2) für das Verständnis der
Belastbarkeit der Wirbelsäule.
Der nachfolgenden Tabelle lässt sich entnehmen, welche Schüleraufzeichnungen zur
Überprüfung der jeweiligen Hypothese herangezogen werden (zur genaueren
Beschreibung der Aufgabenstellungen siehe 3.3.1 und 3.3.2).
Tab. 1: Dokumente zur Überprüfung der Hypothesen
Hypothese
Schüleraufzeichnungen zu
zu finden in
a Aufgabe 2 Anhang II (oben) b Aufgabe 1, 2 Anhang III c Aufgabe 3 Anhang III d Aufgabe 3, 4 Anhang II e Aufgabe 4 Anhang III f Aufgabe 2, 3 Anhang IV, V g Aufgabe 4 Anhang V h Zusatzaufgabe Anhang VI i Aufgabe 5 Anhang VI
Beschreibung des Unterrichtsversuchs 11
3 Beschreibung des Unterrichtsversuchs
3.1 Lerngruppe und Lernvoraussetzungen
Die Untersuchung fand in einer 5. integrativen Gesamtschulklasse mit insgesamt 22
Schülern statt. Ich unterrichte in dieser Klasse seit Beginn des Schuljahres 05/06 mit
zwei Stunden pro Woche Biologie. Bezüglich des Leistungsniveaus befindet sich
etwa ein Drittel der Schüler im leistungsstarken Bereich, etwas weniger Schüler sind
eher leistungsschwach, die restlichen Schüler bewegen sich auf durchschnittlichem
Niveau. 18
Den Schülern ist die hypothetisch-deduktive Herangehensweise an einen
Lerngegenstand von Experimenten zu den Keimungsbedingungen bekannt, d. h. sie
kennen den Ablauf vom Aufstellen einer Hypothese, Planen und Durchführen eines
Experimentes, Beobachten und Auswerten der Ergebnisse. Hinsichtlich eines
genauen Beobachtens und der ausführlichen Dokumentation der Beobachtungen
sowie der Auswertung haben viele Schüler aber noch Schwierigkeiten. Dies führe ich
– mit Ausnahme der Ergebnisauswertung bei den leistungsschwächeren Schülern –
auf mangelnde Gründlichkeit und Ausführlichkeit zurück, was ich durch wiederholte
Hinweise auszugleichen versuche.
Ebenso fällt es einigen Schülern schwer, Arbeitsaufträge selbstständig zu erfassen
und exakt durchzuführen, was weniger auf das Anspruchsniveau der Aufgaben
zurückzuführen ist, als vielmehr darauf, dass diese Schüler vorschnell handeln ohne
ihr Vorgehen ausreichend zu planen. Um allen Schülern dennoch Erfolgserlebnisse
zu vermitteln und sie zum Lösen der Aufgaben zu befähigen, arbeiten die Schüler in
Gruppen, da sie sich so einerseits gegenseitig beraten und helfen können,
andererseits ein planvolles Vorgehen notwendig wird, wenn alle Gruppenmitglieder
zusammenarbeiten.
Zu den Fähigkeiten der Schüler im Umgang mit Modellen kann ich mich nicht
äußern, da ich bisher keine Modelle im Unterricht eingesetzt habe.
18 Auf den Leistungsstand der zwei geistig behinderten Integrationskinder möchte ich an dieser Stelle
nicht eingehen, da ich ihre gezeigten Fähigkeiten im Umgang mit Modellen von der Auswertung ausschließen werde.
Beschreibung des Unterrichtsversuchs 12
3.2 Analyse des Lerngegenstandes
In diesem Abschnitt werde ich eine Analyse der im Unterricht eingesetzten Modelle
vornehmen. Obwohl auch der kritische Umgang mit Modellen in dieser
Unterrichtseinheit Lerngegenstand ist, werde ich darauf an dieser Stelle nicht noch
einmal eingehen, da dies ausreichend im theoretischen Teil der Arbeit geschehen ist
(siehe v. a. 2.2.3).
3.2.1 Wirbelsäulenmodelle (1)
Bei dem Modell 1b (siehe Abb. 1b), das aus abwechselnd übereinander geschichteten
Holz- und Schaumstoffscheiben besteht, handelt es sich um ein Funktionsmodell, das
stark vom tatsächlichen Bau der Wirbelsäule abstrahiert ist. Lediglich die
wechselhafte Anordnung von Wirbel und Bandscheiben lässt sich parallelisieren.
Andere Eigenschaften, wie die doppel-S-Form, die Proportionen von Bandscheiben
und Wirbel, die Form der einzelnen Wirbel und die Länge der Wirbelsäule werden
vernachlässigt.
Abb. 1a: Modell 1a Abb. 1b: Modell 1b
Das Modell eignet sich, besonders im Vergleich mit dem Modell 1a (siehe Abb. 1a),
das lediglich aus übereinander geschichteten Holzscheiben besteht, um die Funktion
der Bandscheiben zu verdeutlichen. Durch die Versuche, beide Modell zusammen zu
drücken und zur Seite zu biegen, gelangen die Schüler zu der Erkenntnis, dass die
Bandscheiben als Puffer gegen Stöße wirken und die Beweglichkeit der Wirbelsäule
gewährleisten, da sie sich bei Vor- und Seitwärtsbewegungen und beim Einwirken
Beschreibung des Unterrichtsversuchs 13
von Belastungen von oben bzw. unten entsprechend verformen. Dass die Vor- und
Seitwärtsbewegungen durch ein Verschieben des Gallertkernes in den Bandscheiben
erfolgen, wird nicht thematisiert.
Das Modell lässt die Durchführung unkomplizierter Versuche zu und ist daher für
das forschende Lernen sehr geeignet. Hinzu kommt, dass alle im theoretischen Teil
aufgeführten Anforderungen an Modelle (siehe 2.2.2), besonders das Merkmal der
Einfachheit sowie das Subjektivierungsmerkmal erfüllt sind.
3.2.2 Wirbelsäulenmodelle (2)
Die drei Modelle 2a, 2b und 2c gehören alle zu einem Modelltyp, bei dem es sich
ebenfalls um ein Funktionsmodell handelt. Die Modelle bestehen aus Draht bzw. aus
Stahlband, welches C-förmig, S-förmig oder doppel-S-förmig gebogen ist und damit
der Wirbelsäule eines Affen oder eines Menschen entspricht (die S-Form als
Vereinfachung der doppel-S-Form).
Die Modelle sind mit der Intention entwickelt worden, die Funktion der doppel-S-
Form der menschlichen Wirbelsäule zu veranschaulichen. Diese Form ermöglicht
den aufrechten Gang, da sie zum einen aufgrund ihrer Elastizität Erschütterungen
abfängt und zum anderen bewirkt diese Form eine hohe Stabilität in sich, da sie der
Körperachse gegenüber Abbiegungen größere Widerstandsfähigkeit verleiht. Daher
kann diese Form Belastungen durch das Tragen schwerer Gegenstände besonders gut
auffangen. Die Form bewirkt ebenfalls, dass der Kopf und Oberkörper auch im
aufgerichteten Zustand senkrecht über den Fußsohlen stehen, so dass das Schwerelot
direkt auf die Standfläche trifft und nicht wie bei der C-förmigen Wirbelsäule vor die
Standfläche und damit den Oberkörper nach unten zieht.19 Die Veranschaulichung
der hohen Belastbarkeit der menschlichen Wirbelsäule im Vergleich zu anderen
Wirbelsäulenformen steht bei diesem Modelltyp im Vordergrund. Entsprechend
sollte der doppel-S-förmig gebogene Draht auch durch das Anhängen eines
Gewichtes in seiner aufrechten Form stabil bleiben und lediglich etwas gestaucht
werden. Bei dem S-förmigen Draht sollte diese Stauchung stärker sein und der C-
förmig gebogene Draht sollte durch das Gewicht nach unten gezogen werden, so dass
sich die Krümmung stark verstärkt (siehe Abb. 2).
19 vgl. SCHNEIDER, 1979, S. 6
Beschreibung des Unterrichtsversuchs 14
Abb. 2: Versuche mit den Wirbelsäulenmodellen (2)20
Im Folgenden möchte ich die drei Modelle dieses Modelltyps einzeln vorstellen, da
sie sich in entscheidenden Punkten und damit in ihrer Eignung voneinander
unterscheiden.
Modell 2a
Die Bauanleitung21 für dieses Modell ist dem Biologiebuch22 „Erlebnis Biologie 1“,
mit dem die Schüler arbeiten, entnommen. Alle drei oben genannten
Wirbelsäulenformen werden in diesem Modell mit Klingeldraht zu einer Höhe von 8
cm gebogen. Die Drähte werden an einer Grundplatte befestigt, indem die
Drahtenden um diese geschlungen werden (siehe Abb. 3a).
Abb. 3a: Modell 2a ohne Gewichte Abb. 3b: Modell 2a mit Gewichten
Die Drähte sollen von den Schülern zunächst mit 10, anschließend mit 20
Büroklammern beschwert werden. Die erwarteten Beobachtungen (siehe oben)
20 Abbildung entnommen aus: KEIL, 1998, S. 24 21 siehe Anhang VIII 22 vgl. DOBERS; RABISCH, 2005, S. 136
Beschreibung des Unterrichtsversuchs 15
können an diesem Modell allerdings nicht gemacht werden, da der Draht eine zu
hohe Stabilität und Festigkeit aufweist, so dass sich keine Form unter den zu
geringen Gewichten verändert (siehe Abb. 3b).
Die entscheidende Anforderung der Exaktheit ist bei diesem Modell nicht gegeben,
weshalb es sich ohne optimierende Veränderungen zur Veranschaulichung nicht
eignet – obwohl das Modell alle anderen geforderten Merkmale besitzt.
Modell 2b
Die Anleitung23 für dieses Modell entstammt dem Buch24 „Biologie einfach
anschaulich“. Hiernach soll Stahlband einmal S-förmig und einmal C-förmig zu einer
in der Anleitung nicht vorgegebenen Höhe 25 gebogen und auf einer Grundplatte mit
Holzschrauben befestigt werden (siehe Abb. 4a).
Abb. 4a: Modell 2b ohne Gewichte Abb. 4b: Modell 2b mit Gewichten
Die Gewichte bilden Filmdosen, die mit Schraubenmuttern gefüllt und an die
Wirbelsäulenformen gehängt werden. Da die Formen dieses Modells in ihren Propor-
tionen (Höhe, Dicke, Stabilität) den Wirbelsäulen des Menschen und des Affen nahe
kommen, können die erwarteten Beobachtungen gemacht werden (siehe Abb. 4b).
23 siehe Anhang VIIII 24 vgl. SCHMIDT; BYERS, 1995, S. 91 25 Von den Schülern zu einer Höhe von 24 cm gebogen.
Beschreibung des Unterrichtsversuchs 16
Auch wenn das Merkmal der Ähnlichkeit bezüglich der Form der menschlichen
Wirbelsäule vernachlässigt wurde, eignet sich dieses Modell zur Veranschaulichung
des genannten Sachverhaltes, da die Beobachtungen gegenüber einem doppel-S-
förmig gebogenen Stahlband lediglich etwas weniger deutlich ausfallen. Die übrigen
geforderten Merkmale sind in dem Modell vereint.
Modell 2c
Dieses Modell bauten die Schüler nach einer Anleitung26, die ebenfalls in einem
Biologiebuch27 mit dem Titel „Biologie 1“ zu finden ist. 2 mm starker Draht soll hier
zu den drei genannten Formen mit einer Höhe von 35 cm gebogen werden (siehe
Abb. 5a). Beschwert werden die Drähte mit 50 g schweren Sandsäckchen.
Abb. 5b: Modell 2c mit Gewichten
Abb. 5a: Modell 2c ohne Gewichte
Da die Wirbelsäulenformen im Verhältnis zum Original zu lang und zu dünn sind,
können die erwarteten Beobachtungen nicht gemacht werden. Alle drei Formen
biegen sich unter den zu schweren Gewichten bis zum Boden, weshalb das Merkmal
der Exaktheit nicht realisiert und damit das Modell nicht zur Veranschaulichung der
Belastbarkeit der Wirbelsäule geeignet ist (siehe Abb. 5b).
26 siehe Anhang X 27 vgl. BUDDENBERG, MARTIN et al., 1992, S. 24
Beschreibung des Unterrichtsversuchs 17
3.3 Kompetenzerwerb der Schüler
An dieser Stelle, sollen die Lernziele genannt werden, die sich unmittelbar auf die
Zielstellung dieser Arbeit beziehen. 28 Diese Ziele beziehen sich ausschließlich auf
den Kompetenzbereich der Erkenntnisgewinnung.
Ziele, die sich auf die Arbeit am Wirbelsäulenmodell (1) beziehen:
(1) Die Schüler erkennen und verbalisieren Entsprechungen zwischen den Teilen
der Wirbelsäule und denen der Modelle.
(2) Die Schüler können die Eigenschaften der Wirbelsäule, die im Modell
vernachlässigt wurden, benennen.
(3) Die Schüler sind in der Lage, die Erkenntnisse, die sie aus den mit den
Modellen durchgeführten Versuchen gewonnenen haben, auf die menschliche
Wirbelsäule zu übertragen und so die Funktion der Bandscheiben zu erklären.
(4) Die Schüler reflektieren den Wert von Wirbelsäulenmodellen für ihren
Erkenntnisprozess.
Ziele, die sich auf die Arbeit am Wirbelsäulenmodell (2) beziehen:
(5) Die Schüler sind in der Lage, sich auf der Grundlage ihrer erworbenen
Sachkenntnisse für ein geeignetes Modell aus einer Auswahl zu entscheiden.
(6) Die Schüler können ihre Entscheidung für ein geeignetes Modell begründen,
indem sie Stärken und Schwächen der Modelle benennen.
(7) Die Schüler kommen zu der Einsicht, dass sie die Funktionalität von (in
Schulbüchern angegebenen) Modellen kritisch hinterfragen müssen.
28 Weitere Lern ziele, die für die Schüler darüber hinaus angestrebt wurden, finden sich im Anhang
VII - VIII.
Beschreibung des Unterrichtsversuchs 18
3.4 Die Unterrichtseinheit „Die Wirbelsäule“
Stunde Stundenfrage
- Inhalt
1. – 2. Wie ist unsere Wirbelsäule aufgebaut?
- Aktivierung der Schülervorstellungen durch Zeichnungen
- Erarbeitung von grundlegenden Begriffen zum Bau der Wirbelsäule am anatomischen Wirbelsäulenmodell und anhand von Abbildungen
3. – 5. Wirbelsäulenmodelle (1) (Anhang I – III)
Welche Vorteile hat es, dass zwischen den Wirbeln Bandscheiben liegen? (Forscherfrage)
- Vermutungen aufstellen - Modelle bauen und Versuche durchführen - Beobachtungen erklären - Vermutungen überprüfen und Forscherfrage
beantworten - Transfer der Erkenntnisse auf die menschliche
Wirbelsäule - Modellkritik üben
6. Welche Vorteile hat die doppel-S-Form unserer Wirbelsäule?
- Erarbeitung der Stundenfrage durch einen Vergleich der doppel-S-förmigen Wirbelsäule des Menschen mit der C-förmigen Wirbelsäule des Affen
7. – 11. Wirbelsäulenmodelle (2) (Anhang IV – VI)
Welches Modell kann Schülern am besten die Belastbarkeit der menschlichen Wirbelsäule veranschaulichen? (Lehrerfrage)
- Modelle bauen und Versuche durchführen - Entscheidung für das brauchbarste Modell mit
Begründung - Einschätzung des Wertes des Modells für den
Verstehensprozess - Zusatzaufgabe: Darstellung der Schwächen der
ausgeschloss-enen Modelle
Beschreibung des Unterrichtsversuchs 19
Im Folgenden werde ich die oben dargestellte Übersicht über die Unterrichtseinheit
um eine detailliertere Beschreibung des Unterrichtsablaufes, auf den sich die
Untersuchungsfragen beziehen, ergänzen. Es handelt sich hierbei um die
Unterrichtsphasen „Wirbelsäulenmodelle (1)“ und „Wirbelsäulenmodelle (2)“.
3.4.1 Wirbelsäulenmodelle (1)
Wie aus der inhaltlichen Abfolge in der Übersicht hervorgeht, handelt es sich bei
diesem Unterrichtsabschnitt um ein hypothetisch-deduktives Vorgehen. Die Schüler
erhielten die Gelegenheit, in die Rolle eines Forschers zu schlüpfen und in
Anlehnung an seine naturwissenschaftliche Tätigkeit vorzugehen, um eine Antwort
auf die gestellte Forscherfrage zu finden (siehe Anhang I – III). Konkret bedeutete
dies, dass die Schüler zunächst, nachdem sie sich in der Einstiegsphase der
Unterrichtseinheit einige Informationen zum Bau der Wirbelsäule erarbeitet hatten,
eine Hypothese zur Forscherfrage aufstellten (Anhang I, Aufgabe 1). Um ihre
Hypothese überprüfen zu können, bauten sie zwei Modelle (Modell 1a und1b) und
führten Versuche mit ihnen durch (Anhang I, Aufgabe 2). Durch dieses Vorgehen
konnten die Schüler bekannte wissenschaftliche Erkenntnisse in Form einer
„didaktischen Heuristik“29 selbst finden und somit ihre Hypothese überprüfen sowie
die Forscherfrage beantworten (Anhang II, Aufgabe 3a, b). Nach der Arbeit mit den
Modellen wurden die Schüler aufgefordert, ihre erworbenen Kenntnisse auf die
Realität, also auf die menschliche Wirbelsäule zu übertragen, indem sie bestimmte
Bewegungen durchführten, diese mit der Funktion der Bandscheiben in Beziehung
setzten und sie mithilfe des Modells erklärten (Anhang II, Aufgabe 4a, b).
Abschließend wurden die Schüler aufgefordert, das Modell, welches der
menschlichen Wirbelsäule entspricht, zu bewerten (Anhang III), d. h. Parallelen
zwischen Modell und Realität aufzuzeigen, Abweichungen darzustellen und den
Wert des Modells für ihren Erkenntnisprozess einzuschätzen.
29 vgl. BERCK, 2001, S. 130
Beschreibung des Unterrichtsversuchs 20
Die Schüler führten die Aufgaben selbstständig durch. Abschließend wurden die
gefundenen Antworten lediglich vorgelesen, um den Schülern eine Rückmeldung zu
geben.
3.4.2 Wirbelsäulenmodelle (2)
Bei diesem Unterrichtsabschnitt wurden die Schüler nicht forschend tätig, sondern
sie sollten ausgehend von einem bekannten Sachverhalt zur Belastbarkeit der
menschlichen Wirbelsäule, der zuvor erarbeitet wurde, drei Modelle zur
Veranschaulichung dieses Sachverhaltes kritisch auf ihre Eignung für Schüler
bewerten. Da dieses Vorgehen dem eines Lehrers entspricht, sollten sich die Schüler
in die Rolle eines Lehrers hineinversetzen und sie bekamen in Analogie zum
vorangegangenen Unterrichtsabschnitt eine Lehrerfrage gestellt (siehe Anhang IV –
VI). Um diese Frage beantworten und damit eine Beurteilung über die drei Modelle
abgeben zu können, wurden diese von den Schülern in Gruppen gebaut.30 Weiterhin
äußerten die Schüler auf der Grundlage ihrer Sachkenntnis, welche Beobachtungen
sie bei der Belastung der verschiedenen Wirbelsäulenformen erwarten. Anschließend
wurden die beschriebenen Versuche durchgeführt und die Beobachtungen schriftlich
festgehalten (Anhang IV, Aufgabe 1,2). Hieran schloss sich eine begründete
Entscheidung für das tauglichste Modell an, wobei die Schüler die Aspekte zur
kritischen Betrachtung von Modellen (Größenverhältnis, Form, Material,…), die sie
sich durch den Umgang mit den Wirbelsäulenmodellen (1) angeeignet hatten,
heranzogen (Anhang V, Aufgabe 3, 4). Abschließend sollten die Schüler auf einer
Skala von 0 – 5 einschätzen, wie sehr das Modell zu dem Verstehensprozess im
Hinblick auf die Belastbarkeit der Wirbelsäule beitragen kann (Anhang VI, Aufgabe
5). Als Zusatz für schnelle Schüler war eine Aufgabe vorgesehen, bei der begründet
werden sollte, warum sich die zwei übrigen Modelle nicht oder weniger zur
Veranschaulichung des benannten Sachverhaltes eignen (Anhang VI,
Zusatzaufgabe).
30 Da sich herausstellte, dass das Biegen der Drähte eine sehr hohe motorische Anforderungen
darstellt und es für die Versuche notwendig ist, dass sich die Aufhängung für die Gewichte senkrecht über der Befestigung auf der Grundplatte befindet, bekamen die Schüler Vorlagen, nach welchen sie die Drähte gebogen haben.
Beschreibung des Unterrichtsversuchs 21
Die forschende Tätigkeit stand hier im Gegensatz zum ersten Teil der
Unterrichtseinheit im Hintergrund, da ich mit der beschriebenen Herangehensweise
die kritische Betrachtung stärker herauszufordern beabsichtigte.
22
4 Auswertung
Im Folgenden werde ich meine aufgestellten Hypothesen zu den beiden
Untersuchungsfragen anhand der Schüleraufzeichnungen überprüfen und anschließend
Stellung zu den Untersuchungsfragen nehmen. Die Aufzeichnungen der beiden
Integrationsschüler berücksichtige ich bei der Auswertung nicht, so dass ich mich –
falls im Folgenden nicht anders erwähnt – bei der Untersuchungsfrage 1 auf die
schriftlichen Arbeiten von 20 Schülern beziehe, bei der Untersuchungsfrage 2 auf 18
Arbeiten.
4.1 Überprüfung der Hypothesen zur Untersuchungsfrage 1
4.1.1 Hypothese a
Die Schüler erkennen, dass das Modell aus Holzscheiben und Schaumstoffscheiben
unserer Wirbelsäule entspricht.
Mit Ausnahme eines Schülers, der hinsichtlich dieser Fragestelle keine Aussage
gemacht hat, haben alle Schüler erkannt, dass das Modell 1b, bei welchem Schaum-
stoffscheiben zwischen den Holzscheiben liegen, unserer Wirbelsäule entspricht.
Diese Hypothese ist somit verifiziert.
4.1.2 Hypothese b
Die Schüler erkennen, was an dem Modell der menschlichen Wirbelsäule entspricht.
Zwei Schüleraufzeichnungen müssen aus dieser Auswertung ausgeschlossen werden,
da diese Schüler die Aufgabenstellung falsch verstanden haben. Von den
verbleibenden 18 Schülern haben alle Schüler Analogien zwischen dem Modell und
der menschlichen Wirbelsäule benannt, womit die Hypothese verifiziert ist.
Zur Art und Differenzierung der Analogisierungen siehe Tab. 2.
Auswertung 23
Tab. 2: Analogisierungen zwischen Modell 1b und der menschlichen Wirbelsäule Analogi-sierung bezüglich
des Baus ? Holzscheiben entsprechen den Wirbel, Schaumstoffscheiben den Bandscheiben
der Funktion ? Modell ist wie die menschliche Wirbelsäule beweglich, lässt sich drücken und biegen
Fabian X x Mareike x x Janek x x Soheila x x Melissa x Lara x x Marie x Anton x x Sebastian x Fenja x Celina x x Niklas x x Tom x Malte x Miguel x Jonathan x Philipp x Nicole - Michelle x Dominik -
Zeichenerklärung für diese x trifft zu und folgende Tabellen: - Aufgabe nicht bearbeitet
f. E. fehlerhafte Erklärung n. n. Begründung nicht nachvollziehbar oder sachlich
falsch Beob. nur Beobachtung, keine Begründung
4.1.3 Hypothese c
Die Schüler können benennen, welche Teile der Wirbelsäule in dem Modell anders
dargestellt sind bzw. fehlen.
Alle 20 Schüler konnten wenigstens ein Teil benennen, das in dem Modell anders
dargestellt ist oder fehlt, womit die aufgestellte Hypothese verifiziert ist.
Dabei sind 19 Schüler auf die fehlenden Teile der Wirbelsäule im Modell
eingegangen, 11 Schüler darauf, dass das Modell nur eine stark abstrahierte Form der
Wirbelsäule wiedergibt, und 7 Schüler haben festgehalten, dass das für das Modell
verwendete Material nicht mit dem Originalmaterial identisch ist.
Wie ausführlich die Schüler die Teile gegenübergestellt haben, ist der Tab. 3 zu
entnehmen.
Auswertung 24
Tab. 3: Abweichungen zwischen Modell 1b und der menschlichen Wirbelsäule Anders dargestellte oder fehlende Teile bezüglich
des Baus der Form des Materials
Dor
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Fabian x x x x x x Mareike x x x Janek x x x Soheila x x x x x Melissa x x x x x x x Lara x x x x x Marie x Anton x x x Sebastian x x Fenja x x x x x x Celina x x x x x Niklas x x x x x Tom x x x x x Malte x x x x x Miguel x Jonathan x x x x x Philipp x x x x x Nicole x x x Michelle „anders, andere Teile“ Dominik x x x
Der hohe Anteil an Schülern, die zwischen den Teilen von Modell und Original
analogisiert haben, ergibt sich vermutlich aus der Aufgabenstellung, in welcher
explizit nach anderen oder fehlenden Teilen gefragt wurde. Darüber hinaus haben
viele Schüler selbstständig Parallelen zwischen der Form und des Materials gezogen
und die Umsetzung im Modell kritisiert.
4.1.4 Hypothese d
Die Schüler können die Funktion der Bandscheiben und Bewegungen der Wirbelsäule
mithilfe des Modells erklären.
Auswertung 25
Zur Überprüfung dieser Hypothese ist es notwendig, diese in drei darin enthaltene
Aussagen aufzugliedern, nämlich die Erklärung der Funktion der Bandscheiben, der
Bewegungen bei einer Rolle sowie der Bewegungen bei einem Sprung.
Hinsichtlich der Funktion der Bandscheiben lässt sich die Hypothese für 12 Schüler
verifizieren, da sie erklären, die Bandscheiben ermöglichen Bewegungen, federn Stöße
ab und verhindern eine Reibung zwischen den Wirbeln.
Für 8 Schüler lässt sich die Richtigkeit des ersten Teils der Hypothese nicht bestätigen,
da sie die Aufgabe nicht bearbeitet haben.
Der zweite Teil der Hypothese, der sich auf die Erklärung der Bewegung einer Rolle
bezieht, lässt sich für 16 Schüler bestätigen, da sie in Analogie zu den Modell-
versuchen angeben, dass die Bandscheiben bei dieser Bewegung das Beugen der
Wirbelsäule ermöglichen und als Puffer zwischen den Wirbeln fungieren. Für vier
Schüler, die diese Aufgabe ausließen, lässt sich die Hypothese nicht bestätigen.
Der dritte Teil der Hypothese, der sich auf die Bedeutung der Bandscheiben bei einem
Sprung bezieht, lässt sich für neun Schüler bestätigen. Sie erachten die Bandscheiben
bei einem Sprung für notwendig, weil sie „den Sprung abfedern“, denn „sie sind weich
wie Schaumstoff und lassen sich zusammendrücken“. Hier ist deutlich eine
Analogisierung zwischen Modell und Original erkennbar. Für 11 Schüler lässt sich
dieser Hypothesenteil nicht bestätigen, da sie die Aufgabe nicht bearbeitet haben (vier
Schüler) bzw. eine fehlerhafte Erklärung gefunden haben (7 Schüler).
Tab. 4: Erklärungen der Funktion der Bandscheiben und der durchgeführten Bewegungen Erklär-ung
der Funktion der Bandscheiben
der Bewegung bei einer Rolle
der Bewegung beim Sprung
Bewegungen ermöglichen (zur Seite neigen, Rücken rund machen)
Stöße oder Sprünge abfedern
Aufeinanderprallen der Wirbel verhindern
Beugen der Wirbelsäule ermög-lichen
Puffer zwischen den Wirbel verhindert Reibung
Stöße abfedern, Druck auf die Wirbel abfangen
Fabian
x - x
Mareike
x x x x
Janek
x x f. E.
Soheila
x x f. E.
Lara x x f. E. Celina
x x f. E.
Auswertung 26
Niklas
x x x x
Tom x x x x Malte
x x x x
Jonathan
x x x
Philipp
x x x
Michelle
x x f. E.
Nicole
- x f. E.
Fenja
- x x
Melissa
- x x
Anton
- x f. E.
Dominik
- x -
Marie
- - -
Sebastian
- - -
Miguel
- - -
Hypothese verifiziert für
12 Schüler 16 Schüler 9 Schüler
4.1.5 Hypothese e
Die Schüler schätzen den Wert der Wirbelsäulenmodelle für ihren Erkenntnisprozess
ein, indem sie darstellen, wie ihnen das Modell 1 zur Beantwortung der Forscherfrage
geholfen hat.
10 Schüler haben geantwortet, dass ihnen das Modell bei der Beantwortung der
Forscherfrage geholfen hat, weil „es so ist wie die Wirbelsäule“, „weil man es so
bewegen kann wie die menschliche Wirbelsäule“, „weil es der Wirbelsäule entspricht,
denn man kann es zusammendrücken und biegen“, „weil man sehen konnte, dass man
es zusammendrücken und biegen kann“ und „weil man etwas sehen konnte, was man
sonst nicht sieht“. Der Wert des Modells liegt für diese Schüler im wörtlichen Sinne
des Begreifens und in der Ähnlichkeit zum Original, so dass sie ihre Erkenntnisse vom
Modell auf das Original übertragen konnten. Damit sprechen die Schüler explizit die
Anschauungsfunktion von Modellen an (siehe 2.2.1). Für diese Schüler ist die
Hypothese bestätigt.
Auswertung 27
Sieben Schüler haben lediglich geschrieben, dass ihnen das Modell geholfen hat, die
Forscherfrage zu beantworten, allerdings haben sie nicht weiter ausgeführt auf welche
Art und Weise. Für diese Schüler kann die Hypothese nicht sicher bestätigt werden.
Drei Schülern hat das Modell nicht geholfen. Einer von ihnen „wusste es schon“, die
anderen gaben an, dass das Modell „nur aus Schaumstoff und Holz bestand“ und „man
es sich nicht so gut vorstellen konnte“. Interessant ist, dass diese zwei Schüler die
Forscherfrage und die Bewegungen unzureichend und z. T. falsch erklärten, woraus
die Notwendigkeit der eigenen Vorstellung eines Sachverhaltes deutlich wird, um ihn
erklären zu können. Für diese Schüler lässt sich die Hypothese nicht verifizieren.
4.2 Auswertung der Untersuchungsfrage 1
Sind Schüler einer 5. Klasse zur Analogiebildung zwischen Modell und Original
in der Lage?
Die Hypothesen a – c konnten bei nahezu allen Schülern bestätigt werden, weshalb ich
sagen kann, dass das Analogisieren zwischen Teilen von Modell und Original keine
Schwierigkeit darstellt.
Deutlich anspruchsvoller ist das Analogisieren hinsichtlich der Ergebnisse, also das
Heranziehen von Erkenntnissen, die am Modell gewonnen wurden, zur Erklärung
realer Sachverhalte. Dies zeigt die Auswertung der Hypothese d, die für knapp die
Hälfte der Schüler nicht verifiziert werden konnte.
Die Mehrheit der Schüler empfindet die Arbeit mit Modellen als hilfreich für das
Erklären von realen Sachverhalten durch das Übertragen von am Modell gewonnenen
Erkenntnissen. Nur die Hälfte der Klasse kann allerdings explizit ausdrücken,
inwiefern ihnen Modelle helfen. Wie auch im Rahmenplan gefordert (s. Einleitung)
sollte also mit den Schülern thematisiert werden, welchen Beitrag Modelle für das
naturwissenschaftliche Arbeiten und für ihren Lernprozess leisten.
Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass diese Schüler der 5. Klasse durchaus in
Grundzügen zur Analogiebildung in der Lage sind. Besonders wenn man bedenkt,
dass die Ergebnisse auf relativ selbstständiger Schülerarbeit ohne viel Unterstützung
seitens der Lehrkraft basieren, lässt sich hier auf ausbaufähige Fähigkeiten schließen.
Auswertung 28
Förderungsbedarf besteht deutlich hinsichtlich des Übertragens von am Modell
gewonnenen Erkenntnissen auf das Original.
4.3 Überprüfung der Hypothesen zur Untersuchungsfrage 2
4.3.1 Hypothese f
Die Schüler sind auf der Grundlage ihrer Versuchsbeobachtungen zu drei ähnlichen
Modellen in der Lage, sich für ein geeignetes Modell zur Belastbarkeit der
Wirbelsäule zu entscheiden.
Mit Ausnahme eines Schülers, der das Modell 2a bevorzugt, entscheiden sich alle
Schüler für das geeignete Modell 2b, womit diese Hypothese verifiziert ist.
4.3.2 Hypothese g
Die Schüler sind in der Lage, die Begründung für ihre Entscheidung von f) explizit
und nachvollziehbar zu formulieren.
11 von 18 Schülern können ihre Entscheidung für das geeignete Modell 2b
nachvollziehbar begründen, weshalb die Hypothese für diese Schüler verifiziert ist.
Wie differenziert die Begründungen der Schüler sind, lässt sich aus Tab. 5 entnehmen.
Zehn dieser Schüler begründen ihre Entscheidung, indem sie angeben, dass sich das
Modell 2b mit ihren Erwartungen deckt und die S-förmige Wirbelsäule im Gegensatz
zur C-förmigen Wirbelsäule unter einer Belastung formstabil ist.
Bei 2 Schülern ist der erste Teil ihrer Begründung richtig, der zweite Teil hingegen ist
fehlerhaft (Melissa, Fabian). Für diese Schüler lässt sich die Hypothese nicht eindeutig
bestätigen. 5 Schüler begründen ihre Entscheidung entweder gar nicht, fehlerhaft oder
unzureichend (d. h. die Begründung trifft nicht nur spezifisch auf das ausgewählte
Modell zu), weshalb sich die Hypothese für sie nicht verifizieren lässt.
Auswertung 29
Tab. 5: Begründungen für das Modell 2b als geeignetes Modell zur Veranschaulichung
Erwartung an Modell erfüllt
Größen- und/oder Gewichtsverhältnisse stimmen
Material eignet sich
S-Form als Vereinfachung der doppel -S-Form
Unterschied zwischen C- und S-förmiger Wirbelsäule wird deutlich
Mareike x Janek x Soheila x Marie x Anton x Fenja x x Niklas x x x Tom x x Jonathan
x x x
Philipp x x Dominik x Melissa x n. n. Fabian x n. n. Malte n. n. Sebastian
n. n.
Celina n. n. Nicole n. n. Miguel -
4.3.3 Hypothese h
Einige Schüler können zusätzlich zu g) nachvollziehbar begründen, warum sich
bestimmte Modelle zur Belastbarkeit der Wirbelsäule nicht eignen.
Für acht von 17 Schülern, die die Zusatzaufgabe bearbeitet haben, lässt sich die
Hypothese bestätigen, da sie zur Begründung der Nichteignung das nicht angemessene
Verhältnis zwischen der Länge der Drähte und der Schwere der Gewichte angeführt
haben. Von diesen Schülern ist ein Schüler (Philipp) auf die Elastizität der Drähte
eingegangen und damit auf das Verhältnis zwischen Länge und Durchmesser der
Drähte.
Für einen Schüler lässt sich die Hypothese nur in Bezug auf Modell c bestätigen, da er
bezüglich des Modells a nur seine Beobachtung geschildert hat.
Für neun Schüler lässt sich die Hypothese nicht verifizieren, da sie als Begründung
lediglich ihre Versuchsbeobachtungen herangezogen haben ohne diese zu erklären,
bzw. ihre Begründung nicht nachvollziehbar ist.
Tab. 6: Begründungen für ungeeignete Modelle
Modell a Modell c
Auswertung 30
Drähte zu kurz
Gewicht zu leicht
Drähte zu unbeweglich
Drähte zu lang
Gewichte zu schwer
Drähte zu elastisch
Mareike x x x x Janek x x x Soheila x x Fenja x x x x Jonathan x x x Philipp x x Dominik x x x x Fabian x x Sebastian Beob. x Malte Beob. Tom Beob. Niklas Beob. Anton Beob. Celina Beob. Nicole n. n. Miguel n. n. Melissa n. n.
4.3.4 Hypothese i
Die Schüler beurteilen den Wert des Modells 2 für das Verständnis der Belastbarkeit
der Wirbelsäule.
Auf einer Skala von 0 – 5, auf der die Schüler einschätzen sollten wie sehr ihnen das
Wirbelsäulenmodell zum Verständnis der Belastbarkeit der Wirbelsäule hilft (0: gar
nicht, 5: sehr), haben sieben Schüler 5 angekreuzt, acht Schüler 4 und ein Schüler 3.
Dies zeigt, dass nahezu alle Schüler den Wert des Modells als sehr hoch bzw. hoch
einschätzen.
4.4 Auswertung der Untersuchungsfrage 2
Lässt sich modellkritisches Denken bei Schülern einer 5. Klasse durch den
Vergleich von nach gebauten Modellen eines Typs und die Beurteilung dieser
hinsichtlich ihrer Eignung fördern?
Die Schüler haben gezeigt, dass sie in der Lage sind, sich Modellen gegenüber kritisch
zu verhalten, obwohl deren Bauanleitungen in Schulbüchern abgedruckt sind und sie
daher eigentlich von ihrer Eignung ausgehen könnten. Nahezu alle Schüler haben sich
Auswertung 31
daher nur für ein Modell, das sie für die Veranschaulichung geeignet halten,
entschieden.
Bei den Begründungen für das Modell ihrer Wahl haben die Schüler zwischen dem
Original und dem Modell analogisiert, d. h. sie haben ihre zuvor erworbenen
Kenntnisse über die Vorteile der doppel-S-förmigen Wirbelsäule beim Menschen im
Gegensatz zur C-förmigen Wirbelsäule auf die Modelle übertragen, indem sie
Erwartungen hinsichtlich der Versuchsergebnisse an die Modelle stellten. Da nur ein
Modell der drei gebauten Modelle ihre Erwartungen erfüllte, haben sie sich für dieses
entschieden. Diese Begründungen explizit zu formulieren gelang allerdings etwa
einem Drittel der Schüler nicht bzw. ihre Begründungen waren nicht nachvollziehbar.
Besonders hinsichtlich der Begründung von nicht geeigneten Modellen war auffällig,
dass etwa die Hälfte der Schüler lediglich Beobachtungen anführte, aber keine
Begründungen für diese notierte.
Die Schüler selbst schätzten den Wert des Modells für das Verständnis der
Belastbarkeit der Wirbelsäule hoch bis sehr hoch ein, was sich durchaus mit meiner
Einschätzung des Modells deckt (siehe 3.2.2).
Zusammenfassend lässt sich zu dieser Fragestellung sagen, dass sich das kritische
Denken der Schüler auf die vorgestellte Weise durchaus fördern lässt.
Förderungsbedarf besteht allerdings hinsichtlich der Fähigkeiten zu zunehmend
differenzierten Begründungen. Darüber hinaus ist es notwenig den Unterschied
zwischen Beobachtung und Deutung zu thematisieren und zu klären.
32
5 Schlussbetrachtung
Zu Beginn meiner Schlussbetrachtung möchte ich anmerken, dass auf der Grundlage
meines Unterrichtsversuches keine allgemeingültigen Aussagen getroffen werden
können, da der Unterricht lediglich in einer Lerngruppe mit ihren spezifischen
Voraussetzungen durchgeführt wurde. Hinzu kommt, dass die Beurteilungen und
Einschätzungen der Schülerleistungen kaum objektivierbar sind, sondern auf meinen
subjektiven Wahrnehmungen, Interpretationen und Maßstäben beruhen.
Bezüglich der Lernziele war die Unterrichtseinheit überwiegend erfolgreich und es
wurde deutlich, dass die Schüler einer 5. Klasse zur Analogisierung zwischen Modell
und Original sowie zu kritischem Verhalten gegenüber selbst gefertigter Modelle in
der Lage sind bzw. die Grundlagen hierfür vorhanden sind.
Lediglich zwei Ziele konnten nicht von allen Schülern erreicht werden. Dies ist zum
einen das dritte Ziel31, aus dessen Nichterreichen deutlich wird, dass das Analogisieren
zwischen den für die Modellversuche gefundenen Erklärungen und den Erklärungen
für reale Bewegungen eine große Herausforderung darstellt, die nicht zu bewältigende
Schwierigkeiten für knapp die Hälfte der Schüler mit sich zieht. Daher sollte auf das
Trainieren dieser Fähigkeit verstärkt Wert gelegt werden, wobei an die grundlegenden
Fähigkeiten, die alle Schüler durch das gelungene Analogisieren zwischen den Teilen
des Modells und des Originals unter Beweis stellten, angeknüpft werden kann.
Zum anderen konnte das sechste Ziel32 nicht von allen Schülern erreicht werden. Ich
denke, diese Schwierigkeit ergab sich besonders dadurch, dass vielen Schülern keine
Beurteilungskriterien zur Verfügung standen. Obwohl sie sich diese z. T. durch die
Arbeit mit dem Wirbelsäulenmodell (1) erarbeitet haben, konnte nur ein kleiner Teil
der Schüler diese für die Begründung ihrer Entscheidung für ein geeignetes Modell
nutzen. Dem kann durch eine präzisere Erarbeitung und Vermittlung von Kriterien zur
Beurteilung und Begründung begegnet werden. Dies schließt ein, dass im Unterricht
immer wieder das Begründen von Entscheidungen und Meinungen eingefordert wird.
31 Die Schüler sind in der Lage, die Erkenntnisse, die sie aus den mit den Modellen durchgeführten
Versuchen gewonnenen haben, auf die menschliche Wirbelsäule zu übertragen und so die Funktion der Bandscheiben zu erklären.
32 Die Schüler können ihre Entscheidung für ein geeignetes Modell begründen, indem sie Stärken und Schwächen der Modelle benennen
Schlussbetrachtung 33
Hinsichtlich der Beurteilung der Ausgangsfragen war das Vorgehen zum Überprüfen
der Untersuchungsfrage 1 aufschlussreich, da es zeigte, in welchen Bereichen die
Schüler Stärken besitzen und wo weiterer Förderungsbedarf liegt. Hinsichtlich des
Wirbelsäulenmodells (1) bin ich der Meinung eine gute Wahl getroffen zu haben, denn
sein hoher Abstraktionsgrad macht die Notwendigkeit einer sehr kritischen
Übertragung auf das Original wesentlich deutlicher, als ein realitätsnäheres Modell es
hätte tun können. Ich halte es daher für die Anbahnung von Fähigkeiten zum
Analogisieren und kritischen Betrachten sehr geeignet.
Das Vorgehen zum Überprüfen der Untersuchungsfrage 2 hingegen hätte optimiert
werden können, indem ich Modelle einander gegenüber gestellt hätte, deren Eignung
bzw. Nichteignung weniger offensichtlich ist. Dadurch wären die Schüler verstärkt zu
differenzierteren Begründungen und zur Angabe von Stärken und Schwächen der
Modelle gefordert worden. „Der Versuch klappt“ oder „Der Versuch klappt nicht“
reicht dann nicht mehr als Begründung aus. Andererseits ist zu bedenken, dass einige
leistungsschwächere Schüler selbst hinsichtlich der eindeutigen Nichteignung der
Modelle a und c Probleme bei einer nachvollziehbaren Begründung hatten.
Über die der Auswertung zugrunde liegenden Aufgabenstellungen hinaus, ist mir bei
einigen Schülern aufgefallen, dass zur Erklärung der Modellversuche Begriffe des
Realobjektes herangezogen haben, z. B. „Ich kann das Modell nicht zur Seite biegen,
weil es keine Bandscheiben hat.“ oder „Zusammendrücken geht nicht, weil kein
Schaumstoff zwischen den Wirbeln ist.“ Auch wenn hier durchaus das Richtige
gemeint ist, wird es mir zukünftig wichtig sein, auf eine sprachliche Unterscheidung
zwischen den Bestandteilen des Modells und des Originals zu achten.
Abschließend bleibt zu sagen, dass der Lerngegenstand im nachfolgenden
Biologieunterricht (wie auch in anderen Fächern) immer wieder aufzugreifen und
weiterzuentwickeln ist. Die Fragen, welche Teile eines Modells dem Original
entsprechen, welches irrelevante Bestandteile sind und inwiefern das Modell
vereinfacht ist, sollten fortwährend thematisiert werden. Denn hierdurch können die
Schüler lernen, die am Modell gewonnenen Erkenntnisse sinnvoll und sachgerecht auf
ein Realobjekt oder -prozess zu übertragen und darüber hinaus wird das kritische
Bewusstsein der Schüler gestärkt.
34
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Rahmenplan Naturwissenschaften. Bildungsplan, integrierte Gesamtschule,
Jahrgangsstufen 5 und 6. Hamburg
KEIL, MANFRED (1998): BIOS 5/6. Verlag Diesterweg, Frankfurt am Main
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insbesondere Modellmethode im Biologieunterricht. In: Rodi, Dieter; Bauer, Ernst W.
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Biologieunterricht heute. Eine moderne Fachdidaktik. Auer-Verlag, Donauwörth
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REICHART, GERHARD (1978): Modelle im Unterricht. In: Wenk, Klaus; Trommer,
Gerhard: Unterrichten mit Modellen. Westermann, Braunschweig
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WENK, KLAUS (1978): Unterrichten mit Modellen. In: Wenk, Klaus; Trommer,
Gerhard: Unterrichten mit Modellen. Westermann, Braunschweig
Anhang
I – III Arbeitsblätter „Wirbelsäulenmodelle (1)“
IV – VI Arbeitsblätter „Wirbelsäulenmodelle (2)“
VII Weitere Lernziele
VIII Anleitung zu Modell 2a
VIIII Anleitung zu Modell 2b
X Anleitung zu Modell 2c
XI Auswertungsbeispiele zur Hypothese b, c
XII Auswertungsbeispiele zur Hypothese d
XIII Auswertungsbeispiele zur Hypothese e
XIV Auswertungsbeispiele zur Hypothese g, h
Anhang VII
Weitere Lernziele Fachwissen:
Die Schüler
- kennen den Bau der Wirbelsäule und können die Teile der Wirbelsäule mit den
Fachbegriffen bezeichnen.
- können die Notwendigkeit der Bandscheiben mit ihrer Voraussetzung für
Bewegungen und für das Abfedern von Belastungen erklären.
- wissen, dass die menschliche Wirbelsäule wie ein doppeltes S gekrümmt ist.
- wissen, dass die doppel-S-Form der menschlichen Wirbelsäule aufgrund einer
hohen Stabilität und Belastbarkeit für den aufrechten Gang notwendig ist.
Erkenntnisgewinnung:
Die Schüler
- vertiefen ihre Fähigkeiten im Formulieren von Hypothesen zu einer
Forscherfrage.
- können Wirbelsäulenmodelle nach Anleitung erstellen und angegebene
Versuche mit ihnen durchführen.
- können Beobachtungen aus den Versuchen erklären und ihre gewonnenen
Erkenntnisse zur Beantwortung der Forscherfrage heranziehen.
- können Modelle zeichnen und beschreiben.
- können die Tragfähigkeit und Belastbarkeit sowie die Stabilität und Flexibilität
von verschiedenen Wirbelsäulenformen mit deren Bauweise in Beziehung
setzen.
Kommunikation:
Die Schüler
- verwenden die erworbene Fachsprache hinsichtlich des Baus der Wirbelsäule
und des naturwissenschaftlichen Arbeitens.
- können Informationen aus Texten entnehmen und mit ihnen Fragen
beantworten sowie Abbildungen beschriften.
- können ihre Arbeitsergebnisse schriftlich aufführen.
- können ihr geplantes Vorgehen verbalisieren und es zur Absprache mit
Mitschülern in die Gruppe geben.
Anhang XI
Auswertungsbeispiele zur Hypothese b Aufgabenstellung: Was entspricht an dem Modell der menschlichen Wirbelsäule? Soheila:
Fenja:
Auswertungsbeispiele zur Hypothese c Aufgabenstellung: Welche Teile der Wirbelsäule sind anders oder fehlen völlig? Celina:
Anton:
Anhang XII
Auswertungsbeispiel zur Hypothese d Aufgabenstellung: Beantworte die Forscherfrage. Erkläre ausführlich mithilfe des Modells, das der menschlichen Wirbelsäule entspricht. Mareike:
Niklas:
Aufgabenstellung: Mache eine Rolle vorwärts. Warum sind die Bandscheiben bei dieser Bewegung notwendig? Vergleiche mit dem Modell, das der menschlichen WS entspricht. Hilft dir auch hier das Modell? Philipp:
Fenja:
Anhang XIII
Aufgabenstellung: Springe vom Stuhl. Warum sind die Bandscheiben bei dieser Bewegung notwendig? Vergleiche mit dem Modell, das der menschlichen WS entspricht. Hilft dir auch hier das Modell? Tom:
Auswertungsbeispiele zur Hypothese e Aufgabenstellung: Inwiefern hat dir das Modell geholfen, die Ausgangsfrage zu beantworten? Janek:
Malte:
Anhang XIV
Auswertungsbeispiele zur Hypothese g Aufgabenstellung: Begründe ausführlich die Entscheidung für das Modell deiner Wahl. Niklas
Jonathan:
Auswertungsbeispiele zur Hypothese h Aufgabenstellung: Du hast schon geschrieben, für welches Modell du dich entschieden hast und warum. Nun sollst du noch begründen, warum sich die beiden anderen Modelle deiner Meinung nach nicht zur Veranschaulichung eignen. Fenja:
Janek:
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