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Post on 17-Sep-2018
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Sandra Kuntsche, PhD
Emmanuel Kuntsche, PhD
Familien in der Suchtprävention: Was
wirkt? Was sind Schutz- und
Risikofaktoren?
• Im Jugendalter! Wieso?
– Einstieg in den Substanzkonsum
– Gleichzeitig Ablösen von den Eltern
– Hinwendung zu Gleichaltrigen
– Etablierung von Konsummustern: häufig stabil bis ins
(hohe) Erwachsenenalter
• Welchen Einfluss haben Eltern in der Kindheit? Wie sieht er über das Jugendalter hinaus aus?
Wann machen sich Eltern die meisten Sorgen in Bezug
auf Substanzkonsum ihres Nachwuchses?
• Sturm-und-Drang? Heftige Krisen?
• Eher: Vielzahl und Verschiedenartigkeit biopsycho-sozialer Veränderungen
• Umstrukturierung des Gehirns, Entwicklungsaufgaben vom Kind zum Erwachsenen
Das Jugendalter
Entwicklungsaufgaben Funktionen des Substanzkonsums
Wissen, wer man ist und was man will: Identitätsfindung
Ausdruck des persönlichen Stils
Suche nach grenzüberschreitenden, bewusstseins-erweiternden Erfahrungen und Erlebnissen
Aufbau von Freundschaften & Aufnahme intimer Beziehungen
Erleichterung des Zugangs zu Peergruppen
Exzessiv-ritualisiertes Verhalten
Kontaktaufnahme mit gegengeschlechtlichen Peers
Ablösung von den Eltern Unabhängigkeit von Eltern demonstrieren
Bewusste Verletzung elterlicher Kontrolle
Lebensgestaltung, -planung Teilhaben an einem subkulturellem Lebensstil
Spaß haben und Genießen
Eigenes Wertesystem entwickeln gewollte Normverletzung
Ausdruck sozialen Protests
Entwicklungsprobleme Ersatzziel
Stress- und Gefühlsbewältigung (Notfallreaktion)
Elternbezogene Risikofaktoren für Substanzkonsum im
Jugendalter
Überforderung Modell- lernen
Konsumierende Peergruppen
Vermittlung von Werten
Mechanismen / Gründe
Familien- struktur
Konsum der Eltern
Erziehungs- stile,
Monitoring
Familien- kohäsion,
Freizeit
Risikofaktoren
Elternbezogene Risikofaktoren für Substanzkonsum im
Jugendalter
Überforderung Modell- lernen
Konsumierende Peergruppen
Vermittlung von Werten
Mechanismen / Gründe
Familien- struktur
Konsum der Eltern
Erziehungs- stile,
Monitoring
Familien- kohäsion,
Freizeit
Risikofaktoren
• Riskien: d.h. muss nicht generell zutreffen!
– Starke generelle Belastung (Beruf+Kinderbetreuung+….)
– Hohes Stresslevel
– Schwierige finanzielle Situation
– Geringere Interaktionsdichte mit dem Kind
– Höheres Konfliktpotential
• Interventionsprogramme (nicht nur für Ein-Eltern Familien!):
Stärkung der (Erziehungs-)Kompetenz; Stressmanagement,
Konfliktlösestrategien; Beispiele: Triple P – Positive Parenting Program
(M. Sanders) Strenthening Families Program (R. Spoth)
Beispiel: Ein-Eltern Familien
Elternbezogene Risikofaktoren für Substanzkonsum im
Jugendalter
Überforderung Modell- lernen
Konsumierende Peergruppen
Vermittlung von Werten
Mechanismen / Gründe
Familien- struktur
Konsum der Eltern
Erziehungs- stile,
Monitoring
Familien- kohäsion,
Freizeit
Risikofaktoren
permissiv autoritativ
autoritär vernach-lässigend
Erziehungsstile
Steinberg (2001): Welcher Erziehungs-
stil die besten Entwicklungsergebnisse
hervorbringt muss aufgrund der Vielzahl
wissenschaftlicher Studien und
Ergebnisse nicht weiter untersucht
werden!
nach Baumrind (1977) bzw. Maccoby & Martin (1983)
Beibehalten von Regeln, Erziehungsmassnahmen: Eltern erfüllen ihre Erzieherrolle
emotionale Wärme, Akzeptanz, Kommunikation
• Autonomiebestrebungen, Ablöseprozesse
• Dennoch: Verbundenheit der Kinder mit den Eltern bleibt bis ins hohe Alter
• Kann Eltern geholfen werden, diese Verbundenheit aufzubauen bzw. zu verstärken?
– Monitoring, d.h. Interesse für die Aktivitäten
– Klären das Regeln auch im Jugendalter bestehen
– Im Gespräch bleiben
– Beispiel: “Substained Parenting”, Präventionsprogramm von
Turrisi et al.
Nun ist das Jugendalter eine Phase des Umbruchs…
…das richtige Maß an Beaufsichtigung (Monitoring) zu
finden
• Monitoring einer der wichtigsten Faktoren zur Vorhersage
von Problemverhalten im Jugendalter
• Monitoring ist Wissen, wo sich Kinder aufhalten und was sie
ausserhalb der direkten Aufsicht der Eltern tun
• Stattin & Kerr (2000): Dieses Wissen stammt nicht von
Beaufsichtigung (!) sondern vom spontanen “Öffnen”
(disclosure) der Jugendlichen
• Grundvoraussetzung: Vertrauensverhältnis und Setzen
bestimmter Regeln (und Kontrollieren)
Im Jugendalter ist es nicht so einfach……
…mit Regeln umzugehen
• Viele Regeln (Wahl eigener Kleidung, Musik, intimer Freundschaften usw.) werden verhandelbar und müssen für eine gesunde Entwicklung verhandelbar werden
• Unterdrückte Autonomiebestrebungen können zur Abkehr von den Eltern und hin zu devianten Gleichaltrigengruppen führen (Kuntsche, Reizle & Silbereisen, 2003)
Im Jugendalter ist es nicht so einfach……
• als (gute) Ratgeber wahrgenommen werden
• Zuverlässig und erreichbar (“da”) sein
• Einfühlungsvermögen (Empathie) und Verständnis zeigen
• Offen zu sein (sich selbst einbringen); eigene Ansichten und Gefühle klar und deutlich äussern
• Ruhig und entspannt zu kommunizieren, dabei direkt sein und auf den Anderen eingehen
• Unterstützung signalisieren und geben, Konflikte gemeinsam “bearbeiten”
• Effekte in einer Vielzahl an Studien nachgewiesen
Wie sollten Eltern also sein…
• Sollten Eltern ihren Kindern mit dem Eintritt ins
Jugendalter beibringen, moderat zu trinken?
• Warner & White (2003): Je früher Jugendliche im
Elternhaus trinken, desto früher trinken sie mit
Gleichaltrigen und desto früher betrinken sie sich
• Das Beharren der Eltern auf restriktiven Regeln in Bezug
auf Substanzkonsum führt zu einem späteren Einstieg
und weniger Problemen, wie das Örebro Prevention
Program (Koutakis, Stattin & Kerr, 2008) zeigen konnte
Und in Bezug auf Substanzkonsum?
Elternbezogene Risikofaktoren für Substanzkonsum im
Jugendalter
Überforderung Modell- lernen
Konsumierende Peergruppen
Vermittlung von Werten
Mechanismen / Gründe
Familien- struktur
Konsum der Eltern
Erziehungs- stile,
Monitoring
Familien- kohäsion,
Freizeit
Risikofaktoren
• Risikofaktoren können aktiv ausgeglichen werden
• Das Risiko häufigen und exzessiven Alkoholkonsums bei 15-Jährigen wurde verringert (Kuntsche & Kuendig, 2006):
– Interesse an den Sorgen und Belangen des Kindes,
– gemeinsames Verbringen der Freizeit,
– wenn nötig Hilfe gewähren
• Der Zusammenhang war unabhängig von der Familienstruktur (Alleinerziehende vs. Nicht) und der Wahrnehmung die Eltern würden zuviel Alkohol trinkenen
„Ausschalten“ von Risikofaktoren
• “Organized out-of-school activities” (J. Mahoney) Street-work (Effekte kaum international publiziert)
• Programme dieser Art finden sich vermehrt in der Intervention bei Übergewicht bzw. mangelnder physischer Aktivität, Delinquenz etc.
• Ein Programm mit explizitem Fokus auf Substanzkonsum: TimeWise - Taking Charge of Leisure Time (L. Cadwell)
• Als Präventionsansatz für Eltern ???
Organisierte Freizeitgestaltung: präventiv?
• Windlin & Kuntsche, 2011: Aussagen von 13- bis 16-Jährigen zu familiären Aktivitäten (TV, Spiele, Besuche, Sport, Gespräche, gemeinsames Essen etc.): Wie häufig? und Mögen sie diese Aktivitäten?
• Weniger die Frequenz als eher das Mögen familiärer Aktivitäten ging mit einem geringeren Risiko für jugendliches Problemverhalten einher.
• Die Qualität familiärer Aktivitäten scheint somit entscheidender als deren Quantität zu sein.
Familienfreizeit: machen oder mögen?
Elternbezogene Risikofaktoren für Substanzkonsum im
Jugendalter
Überforderung Modell- lernen
Konsumierende Peergruppen
Vermittlung von Werten
Mechanismen / Gründe
Familien- struktur
Konsum der Eltern
Erziehungs- stile,
Monitoring
Familien- kohäsion,
Freizeit
Risikofaktoren
• Ab wann entwickeln Kinder eine Idee darüber was Alkohol (oder Zigaretten) sind, was sie tun, wer sie benutzt oder benutzen darf, in welchem Kontext und mit welcher Absicht?
• Forschung konzentrierte sich bisher häufig auf späte Kindheit oder Pubertät
• Aber, ab einem Alter von 2 Jahren - quasi sobald sie sprechen können - haben Kinder eine subjektive Theorie (Ahnung) über den Alkohol- und Zigarettenkonsum Erwachsener, d.h. wer was wann trinkt / raucht, wann dies normal (=normativ) ist und wann nicht.
Mit welchem Alter wissen Kinder “Bescheid” über
Alkohol und Zigaretten?
2- bis 6-Jährige:
• 28.3% kauften Zigarretten von denen 17.7% die Marke unterscheiden konnten
• 61.7% kauften alkoholische Getränke von denen 58.1% die Art (Bier, Wein usw.) unterscheiden konnten
• 11.7% kauften eine Tageszeitung
Doll-Play
Scenario
von
Dalton et
al
• Genetik
• Modelllernen
• Bedeutung von Kognitionen und Erwartungen:
– Elterliches Trinken → Trinkmotive Jugendlicher
– Trinkmotive Jugendlicher → Trunkenheit
– Der Einfluss der Eltern ist kein direkter, steht aber in Zusammenhang mit jugendlichem Alkoholkonsum
Intergenerationale Weitergabe
• Für die Eltern:
– Interventionsmassnahmen bei den Eltern und dies möglichst
früh: z.B. Angebote zum Rauchstopp
– Systemische Psychotherapieansätze in der Familie
• Für Kinder:
– Allgemeine Lebenskompetenzprogramme
Vorteil: beginnen früh, „Nachteil“: substanzunspezifisch
– Modelllernen: verringern der Visibilität von Alkohol???
Was heisst das für die Prävention?
• Bisher werden Familien mehrheitlich über den Zugang
“Schule” erreicht
• “Risikogruppen” (fremdsprachige Familien, solche mit
geringem Bildungshintergrund, ein-Eltern-Familien usw.)
werden kaum erreicht, da z.B.
– Flyer werden von Kindern nicht überbracht oder von den Eltern
nicht gelesen (verstanden)
– Elternabende werden kaum besucht
• Ergo hohe Beteiligungsrate ohnehin gebildeter und
interessierter Eltern – mit wenig Handlungsrelevanz
• Dies schränkt die Relevanz dieser Programme deutlich ein
Hindernisse aktueller Präventionsprogramme
• Allgemein
– Aufwand und Kostenaspekt im Auge behalten
– Zugeschnitten auf Bedürfnisse: nicht alle konsumieren aus den
gleichen Gründen
– Wichtig: Diagnosestellung
• Risikogruppen
– Identifikation der Risikogruppen und der jeweiligen Risiken
– Gezielter Zugang (Verwendung von Mediatoren – Ämter,
Vertrauenslehrer, Jugendbetreuende, Sportgruppenleiter etc. –
identifizieren anderer)
– Motivation zur (vollständigen) Teilnahme
Aufgaben zukünftiger Prävention
• Substanzkonsum im Jugendalter ist ziemlich gut erforscht, aber…
• …Was passiert davor? Verhaltensauffälligkeiten, Persönlichkeit (sensation-seeking), Gene (Serotonin) vs. Substanz spezifische Kognitionen, Modelllernen, Umweltfaktoren
• …Was passiert danach? Wieviel des Rauchens und Trinkens im Erwachsenen-alter (Platz 2 und 3 vermeidbarer Todesursachen) ist dem Jugendalter bzw. dem Kindesalter verschuldet?
Fragen für zukünftige Forschung
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