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Krikoiddruck
nötig oder schädigend ?
Annja-Petra Mathis
Weiterbildung in Anästhesiepflege und Reanimation Departement Anästhesie - Universitätsspital Basel
Kurs Juni 07
1
Vorwort
Motivation
Wie oft habe ich es schon erlebt. Man bereitet eine RSI (rapid sequence Induktion) vor.
Eine Person steht am Kopf zur Präoxigenierung, eine Person steht bereit zur Medika-
mentenverabreichung und eine zusätzliche Person steht bereit, um den Krikoiddruck zu
machen. Nicht selten hört man dann den Satz: “Wir machen zwar noch Krikoiddruck,
aber eigentlich wäre dieser nicht mehr nötig.“ Auf meine Bitte mir doch zu erklären
warum man dann noch Krikoiddruck mache, bekam ich jeweils sehr verschieden
Antworten. Einige für mich ebenfalls einleuchtend, andere aber nicht nachvollziehbar.
Ich war jeweils nicht befriedigt mit dieser Situation. Einmal abgesehen von der Begrün-
dung gab es auch immer wieder Zweifel an der Technik, wie ich diesen Krikoiddruck
ausüben soll.
Mit der Abschlussarbeit zur Anästhesiepflegefachfrau bot sich mir eine gute Gelegen-
heit, mich intensiv mit diesem Thema auseinander zu setzten. Bereits bei meinen ersten
Nachforschungen stieß ich auf viele Pro- und Contra-Argumente. Dies motivierte mich
zur genauen Bearbeitung dieses Themas.
Ziele
Ziel dieser Arbeit ist die Vertiefung der Thematik. Ich möchte herausfinden was evidenz-
basierte Praxis zum Thema Krikoiddruck ist und mir eine eigene Meinung dazu bilden,
welche ich erklären und vertreten kann. Weiter soll diese Arbeit eine Hilfe für Mitschüler*
und Mitarbeiter* werden, sich mit den vielen Antworten besser zurechtzufinden.
Dank
Mein herzlichsten Dank gilt Andreas Berset, Assistenzarzt am Departement Anästhesie
des Universitätsspital Basel. Für die Fachliche Unterstützung und die Durchsicht meiner
Arbeit. Die Diskussionen und Anmerkungen waren für mich sehr hilfreich und unterstüt-
zend. Danke auch meinem Freund David für die Hilfe bei der Bearbeitung und Gestal-
tung der Arbeit. Und zu guter letzt danke Christoph Schori. Die Gespräche mit dir waren
motivierend.
*Es wird in dieser Arbeit die männliche Form verwendet, die weibliche ist sinngemäß mitgemeint.
2
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
1. Fragestellung 3 2. Aufbau und Methodik 3 3. Eingrenzung 3
Hauptteil
4. Rapid Sequence Induction /
Ileus Einleitung oder auch Schnell- /Crusheinleitung 4
5. Was ist Krikoiddruck /Sellick Handgriff 7
6. Geschichte des Krikoiddrucks 8
7. Pro- Contra- Krikoiddruck 9
7.1 Pro Krikoiddruck 9
7.2 Contra Krikoiddruck 11
8. Wie steht das UHBS zum Thema Krikoiddruck? 13
9. Wie wird Krikoiddruck an anderen Spitälern gehandhabt? 13
Schlussteil
10. Konklusion 15
11. Eigene Meinung 15
12. Diskussion 17
13. Literaturverzeichnis 18
3
Einleitung
1. Fragestellung
Ich lasse mich von folgenden Fragestellungen leiten:
1) Ist bei einem erwachsenen Patienten Krikoiddruck bei einer Rapid Sequence Inducti-
on noch sinnvoll?
2) Wie steht das UHBS (Universitätsspital Basel) zum Thema Krikoiddruck?
3) Wie wird Krikoiddruck an anderen Spitälern gehandhabt?
2. Aufbau und Methodik
Meine Arbeit ist durch Literaturrecherchen und Telefongespräche entstanden. Ich
verwendete Fachbücher und ausgewählte publizierte Literatur aus elektronischen
Datenbanken, wie PubMed.
Im ersten Teil werde ich aufzeigen was eine RSI ist und was als Best practic in der
Literatur beschrieben wird. Im zweiten Teil möchte ich die Pro- und Contra-Argumente
zum Krikoiddruck darstellen. Drittens zeige ich die Handhabung des Krikoiddruck am
UHBS auf und werde diese mit einigen Meinungen aus anderen Spitälern vergleichen.
Zuletzt möchte ich meine eigene Meinung zum Thema Krikoiddruck äußern.
3. Eingrenzung
In dieser Arbeit beschränke ich mich auf nicht nüchterne, erwachsene Patienten. RSI bei
Kindern klammere ich aus. Die Kinderanästhesie ist in verschiedenen Bereichen
unterschiedlich zu der Erwachsenenanästhesie und dies würde den Rahmen dieser
Untersuchung sprengen.
4
Hauptteil
4. Rapid Sequence Induction / Ileus Einleitung oder auch Schnell-
/Crusheinleitung
Definition:
Crush-Intubation: "Zügige endotracheale Intubation und sofortige Blockung des Cuffs,
ohne den Patienten zuvor mit einer Maske beatmet zu haben. Soll i.R. einer Allgemein-
anästhesie von Notfallpatienten die Gefahr der Aspiration verringern."
(aus 10)
Ziel einer RSI ist es, bei einer Narkoseeinleitung von nicht nüchternen geltenden
Patienten, eine Aspiration von Magensaft/Mageninhalt zu verhindern.
Zum Vorgehen bei einer RSI gibt es viele verschiedene Meinungen. Punkte die in der
Literatur immer wieder diskutiert werden sind: Soll man vor der Einleitung am wachen
Patienten den Magen mit Hilfe einer Magensonde absaugen oder nicht? Soll die
Magensonde zur Druckentlastung während der Einleitung belassen werden oder soll sie
wieder entfernt werden, damit sie keine Schiene für den Magensaft ist. Soll man den
Oberkörper des Patienten hoch, flach oder sogar in Trendelenburglagerung bringen? Ist
es besser zu präcurarisieren oder nicht? Ist es besser vor der Einleitung Opiate zu
geben oder nicht?
Im Lehrbuch Anästhesie von Larsen wird folgendes beschrieben4:
Zur Lagerung für eine RSI wird eine steile Oberkörper-Hochlagerung empfohlen, weil bei
dieser das Risiko zum passiven Zurücklaufen von Mageninhalt am niedrigsten ist.
Allerdings wird hierdurch die optimale Schnüffelposition, welche die Sicht auf den
Laryngs erleichtert, schwieriger.
5
Ebenso hat Sellick eine einfache und präzise Anleitung zur Lagerung für den best
möglichen Krikoiddruck gegeben.1 Er beschreibt eine Flachlagerung mit einer starken
Reklination. Ziel dieser Lagerung ist, dass man die Intubation und so die Atemwegsi-
cherung mit Cuffverschluss schnellst möglich durchführen kann.
In der Praxis hat sich gezeigt, dass eine leichte Antitrendelenburglagerung mit einer
optimalen Schnüffelposition die beste Kombinationslagerung für eine RSI ergibt.1
Zur Magenentleerung wird gesagt, dass man bei einer schon vorhandenen Magensonde
diese nach dem aktiven Absaugen zur Atmosphäre offen stehen lassen soll und nicht
entfernt werden soll. Die Sonde soll eine Luftentleerungsmöglichkeit bieten und so
Druckaufbau im Magen verhindern. Beim wachen Patienten vor Einleitung eine Magen-
sonde zu legen, wird allerdings nicht befürwortet.7
Die Narkoseeinleitung
Eine über mehrere Minuten dauernde Präoxigenierung ist unumstritten. Ebenfalls ist
eine intravenöse Einleitung absolut indiziert. Gibt es trotz guter Prämedikation Probleme
mit der Kooperation des Patienten, wird eine intramuskuläre Sedierung empfohlen.
Eingeleitet wird meist mit einer rasch wirkenden Substanz wie zum Beispiel Propofol
oder Thiopental. Auch Opiate werden bei den meisten Standards eingesetzt.5 Wird zur
Intubation Succinylcholin zur Muskelrelaxation und dadurch zur Erleichterung der
Intubation verwenden, besteht durch die Muskelfaszilationen die Gefahr einer Erhöhung
des intergastralen Druckes. Somit kann es leichter zu einer Sphinktereröffnung führen.
Deshalb wird in einigen Artikeln eine Präcurarisation mit einem nicht depolarisierenden
Muskelrelaxanz empfohlen. Dies ist allerdings umstritten, da Succinylcholin ebenfalls
eine Erhöhung des gastroösophagalen Sphinktertonus bewirken soll und so schon
selbst vor einer Sphinktereröffnung schützt. Eine nationale Studie zur Anwendung einer
RSI hat ergeben, dass die Präcurarisierung nicht zu den häufigsten Standards gehört.5
Ist der Patient nun bewusstlos wird auf den Krikoidknorpel einen Druck von 40 Newton
ausgeübt.5 Einige wenige Autoren empfehlen bereits einen Druck von 10 N beim
wachen Patienten.7 Auf keinen Fall soll der Patient zwischen Einleitung und Intubation
Maskenbeatmet werden. Sobald die Muskelrelaxation vorhanden ist, wird laryngosko-
6
piert und intubiert, die Tubuslage verifiziert und der Krikoiddruck losgelassen. Die
Narkose kann nun wie gewohnt weitergeführt werden.5
Bei Extubation ist zu beachten, dass alle Schutzreflexe vollständig zurückgekehrt sind,
eine suffiziente Atmung vorhanden ist und der Patient wach ist.
Abbildung 1
7
5. Was ist Krikoiddruck /Sellick Handgriff
Definition nach Pschyrembel: manuelle Aspirationsprophylaxe durch Druck auf den
Ringknorpel (Krioiddruck) während der Narkoseeinleitung; führt zum Verschluss der
Ösophagus. (S.1527)
Definition nach Larsen: Hierbei wird der Kehlkopf von einem Helfer durch Druck (ca. 4,5
kg) auf den Ringknorpel (“Krikoidknorpel”) nach hinten gegen die Wirbelsäule verscho-
ben und der Ösophagus hierdurch verschlossen. (S. 491)
Definition nach Sellick : Dieses Manöver beinhaltet einen temporärenVerschluss des
oberen Ösophagusendes, durch Zurückdrücken des Krikoidknorpels gegen die Wirbel-
säule.1
Für einen optimalen Krikoiddruck wird mit dem Daumen auf einer Seite und mit dem
Mittelfinger und Zeigefinger auf der anderen Seite des Krikoidknorpels mit 4 kg nach
hinten zur Wirbelsäule gedrückt. Diese Methode nennt man Einhandtechnik. Bei der
Zweihandtechnik wird die andere Hand in den Nacken geschoben und damit ein
Gegendruck ausgeübt. Verbreiteter ist allerdings die Einhandtechnik.
Abbildung 2 Abbildung 3
8
6. Geschichte des Krikoiddrucks
Der Krikoiddruck wurde erstmals in einer Publikation von Monro 1770 erwähnt. Er wurde
als Prävention von Magenaufblähung während Lungenbeatmung beschrieben. 1776
wurde von Hunter der Druck auf den Larynxs wieder aufgenommen. Auch er beschrieb
es als eine Prävention zur Magenaufblähung, sagte allerdings, dass zu viel Druck die
Lungenbeatmung erschweren würde. Brian Sellick beschrieb dann 1961 erstmals den
Krikoiddruck zur Verhinderung von Regurgitation während der Anästhesieeinleitung. Ob
er sich von den Studien von Monro und Hunter beeinflussen ließ, ist nicht ersichtlicht.2
Sellicks Erkenntnisse stammen von einer Studie die er mit 26 Patienten mit hohem
Aspirationsrisiko gemacht hatte. In 23 Fällen war kein Regurgitieren oder Erbrechen
während der Einleitung mit Krikoiddruck beobachtet worden. Bei drei Fällen aber folgte
auf Entlastung des Krikoiddruckes nach Intubation und Cuffen eine Regurgitation von
Magensaft in den Pharynxbereich. Sellick interpretierte dies als Evidenz für die Ausfüh-
rung von Krikoiddruck. Nach der Veröffentlichung seiner Studie wurde weltweit in den
Anästhesiekreisen der Krikoiddruck zur Prävention von Regurgitation und pulmonale
Aspiration bei RSI eingeführt. Und tatsächlich wurden zu der Zeit nach Selliks Erkennt-
nissen weniger Todesopfer aufgrund pulmonaler Aspiration festgestellt.6
9
7. Pro- Contra- Krikoiddruck
Es gibt sehr viele Diskussionen ob der Krikoiddruck zur Verhinderung von Aspiration
dient oder ob Krikoiddruck eher Schaden und Komplikationen auslöst. Ich möchte hier
einige Beispiele aufzeigen und sie von der Pro wie auch von der Contra Seite betracht.
Mir ist durchaus bewusst, dass es weitere Argumente geben würde.
7.1 Pro Krikoiddruck
Zuerst möchte ich erwähnen, dass Krikoiddruck seit 1961 in vielen Institutionen zum
Standart einer RSI gehört. Noch wird er praktiziert, was bedeutet, dass nicht genug
handfeste Argumente vorhanden sind um den Gesamtnutzen zu widerlegen.
Ebenfalls gab es eine Reduktion von Todesfällen aufgrund von Aspiration seit Einfüh-
rung von Sellicks Krikoiddruck. Deshalb befürchtet man, dass auch wieder mehr
Todesfälle aufgrund von Aspiration auftreten werden,wenn man zur RSI ohne Krikoid-
druck zurückkehrt.7
Kadaverstudien die von B. Sellick gemacht wurden zeigen deutlich, dass ein passives
Zurücklaufen von Mageninhalt mit Krikoiddruck verhindert werden kann, sogar wenn
sich der Patient in Trendelenburglagerung befindet.1 Hierzu wurde Kontrastmittel in den
Magen gefüllt und anhand Röntgenbilder konnte so der tatsächliche Verschluss des
Ösophagus gezeigt werden.3
Da B. Sellick sich nicht über die nötige Kraft mit der man auf den Krikoidknorpel drücken
muss äusserte, wurde dies später anhand verschiedener Studien erforscht. Mehrere
Autoren fassen zusammen, dass mit 40 Newton (4kg) ein Verschluss des Ösophagus
bewirkt wird. Ob bereits am wachen Patient mit 10 Newton gedrückt werden soll, ist man
sich nicht einig, da beim wachen Patient die Gefahr besteht, dass der Krikoiddruck
Erbrechen auslöst. 2 3 6 Untersuchungen zeigten, dass der Druck im Magen bei einer
RSI mit Succinylcholin ungefähr 25mmHg beträgt. Daher sollte ein Kraftaufwand von
10
30N eigentlich genügen zum Oesophagusverschluss. Bei 30 N ist zudem das Komplika-
tionsrisiko sehr gering.7
Es wird teilweise argumentiert, dass der Krikoiddruck die Maskenbeatmung erschweren
kann. Dem widersprechen Baskett & Baskett (2004) in ihrem Artikel über die Erkennt-
nisse von Brian Sellick. Sie sagten, dass eine Maskenbeatmung mit Krikoiddruck sehr
wohl möglich sei. Durch den Krikoiddruck wird der Ösophagus so zusammengedrückt,
dass eine Magenüberblähung verhindert wird. Gibt es also ein Problem bei der Intubati-
on, ist eine Oxygenierung über eine Maske dank Kirkoiddruck durchaus möglich.
Die Optimierung der Kopflagerung spielt auch eine wichtige Rolle. Hiermit wird zudem
bereits ein partieller Verschluss des Ösophagus bewirkt. Mit der Erhöhung der Schultern
und einer starken Reklination wird der Ösophagus bereits komprimiert und es ist nur
noch ein leichter Druck nötig zum vollständigen Verschluss.2 Diese Lagerung bietet
zusätzlich optimale Intubationsbedingungen. Ebenfalls kann ein modifizierter Krikoid-
druck zu einem BURP (Backward Upwards Rightward Pressure) führen und so eine
Intubationshilfe sein.2
Kam es trotz Krikoiddruck zu Aspirationszwischenfällen, so war ein Grund häufig, dass
der Krikoiddruck zu früh losgelassen wurde.3 Erwähnt wird zu diesem Aspekt, dass
Aspirationszwischenfälle vor allem auch nach Extubationen beobachtet wurden.7
Ein weiteres Argument für den Krikoiddruck, welches in der Praxis auch immer wieder
genannt wird, ist, dass bei einer RSI mit Krikoiddruck jeweils mindestens drei Personen
anwesend sind. Hat man tatsächlich ein Regurgitationsproblem, so hat man bereits
mehr Ressourcen zur Hilfe als bei einer Zweimann-Einleitung.
11
7.2 Contra Krikoiddruck
Mehrere Autoren setzten sich kritisch mit der ursprünglichen Studie von B. Sellick
auseinander. Kritisiert wurde insbesondere die Grösse der Studie. Es waren gerade mal
26 Patienten mit hohem Aspirationsrisiko, die an der Studie teilnahmen. Eine Kontroll-
gruppe gab es nicht. Die Anästhesieeinleitungen wurden in elektiven Verhältnissen
durchgeführt. In 23 Fällen war keine Regurgitation vor oder nach der Einleitung mit
Krikoiddruck ersichtlich. Nur bei drei Fällen war nach der Intubation und nach loslassen
vom Krikoiddruck eine Regurgitation von Mageninhalt in den Pharynx sichtbar. Sellick
nahm diese drei Beispiele später als Evidenz für den Krikoiddruck.3 6 Heute wird der
Krikoiddruck aber häufig auch in der Notfallmedizin angewendet, obwohl Sellicks Studie
nicht von Notfällen ausging. Ebenso wird bemängelt, dass Sellick keine Angaben über
die Kraftanwendung des Krikoiddruck machte und es wird nichts über die Medikamente
und deren Interaktionen gesagt. Gerade bei einer RSI, wo nach wie vor häufig Succinyl-
cholin eingesetzt wird, muss man sich fragen, welchen Einfluss dieses Medikament auf
den Sphinctertonus hat.
Und obwohl ab 1961 das Sellickmanöver weltweit standardmässig zur RSI gehört,
beschäftigte man sich in der Literatur erst ab den 70er Jahren, in grösserem Masse
sogar erst ab den 90er Jahren wieder mit diesem Thema.
Verschiedene Studien zur Lage des Krikoidknorpels zeigten, dass der Ösophagus in nur
49% der Fälle gerade hinter dem Krikoidknorpel liegt. 3 6 Wenn man nun bei diesen
Fällen Krikoiddruck anwendet, wird kein kompletter Verschluss erreicht und somit wäre
eine Regurgitation trotzdem möglich.
Wie wir gesehen haben ist Maskenbeatmung bei Krikoiddruck möglich. 1 In einigen
Studien konnte aber gezeigt werden, dass die Maskenbeatmung deutlich erschwert ist
und dass in mehr als 50% der Atemwege durch den Krikoiddruck teilweise verschlossen
wird. 2 3 6 Gerade bei Frauen sei dies häufiger zu beobachten, da sie eine kleinere
Anatomie haben. Das Tidalvolumen wird erheblich kleiner und man erhöht den Inspirati-
onsdruck. Dies hat zur Folge, dass die Gefahr der Magenaufblähung steigt. Da aber in
den meisten Fällen bei einer RSI nicht zwischenbeatmet wird, kann man dieses Argu-
ment wohl eher ausser Acht lassen. Durch den teilweisen Verschluss der Atemwege ist
aber auch ein passives Gaseinströmen nur erschwert möglich.
12
Man hat sich auch ausführlich mit der nötigen Kraft für den Krikoiddruck beschäftigt.2 3 6
Es zeigte sich, dass mit 40 Newton ein Verschluss des Ösophagus erreicht werden
kann, allerdings gleichzeitig teilweise schlechterer Sicht auf die Stimmritzen produziert.
Bei einer Kraft von 10 Newton wurde keine Sichtverschlechterung nachgewiesen, aber
damit wird der Ösophagus auch nicht verschlossen. Es zeigte sich auch, dass der
Sphingtertonus des Magens abhängig ist vom Tonus im oberen trachealen Bereich.
Erhöht man nun den Druck im oberen Bereich, nimmt der Sphinctertonus ab. Eine
Sphincteröffnung ist leichter zu erwarten.3 7
Ein anderer Aspekt ist auch die Technik, mit welcher der Krikoiddruck ausgeführt wird.
Es hat sich gezeigt, dass viele verschiedene Handhabungen verbreitet sind. Der genaue
Ort, sowie der Kraftaufwand sind bei vielen Anästhesiepersonen nicht bekannt. Häufig
wird ein modifizierter BURB angewandt, was für den eigentlichen kompletten Verschluss
des Ösophagus nichts nützt. Gelingt die Intubation nicht unter Krikoiddruck, wird häufig
der Krikoiddruck weggelassen. Durch die verminderte Sicht kann es zu Zeitverzögerung
in der Atemwegsicherung kommen, was zu einer Entsättigung des Patienten führen
kann.
Das Einführen einer ILMA bei fehlgeschlagener konventioneller ITN unter Krikoiddruck
kann schwierig sein und die Intubation über die ILMA unter Krikoiddruck in Einzelfällen
nicht möglich.2 7
Krikoidruck kann die Patienten auch anders gefährden, insbesondere wenn er nicht
korrekt durchgeführt wird. So wurden Larynxsverletzungen mit anschliessenden Blutun-
gen sowie Ösophagusrupturen aufgrund Vomitus unter Krikoiddruck beschrieben. Es
gibt auch Fallbeispiele, in denen eine Krikoidfraktur oder eine Wirbelsäulenverschiebung
provoziert worden sind.4
Daher wird empfohlen, dass das Anästhesiepersonal in der genauen Anwendung des
Krikoiddrucks und für das Gefühl des Kraftaufwands trainiert wird.
Priebe (2008) sagt, dass jeder Mensch eine individuelle Lage des Krikoid und des
Ösophagus habe. Deshalb brauche es eine individuelle Kraftanwendung, damit der
Ösophagus verschlossen wird. Mit allen Aspekten des Krikoiddruck ist daher ein
Atemwegsmanagment durch den Krikoiddruck eher gefährdet.6
13
8. Wie steht das UHBS zum Thema Krikoiddruck?
Im UHBS wird bei jeder RSI Krikoiddruck ausgeführt. Gemäß aktuellem Stand des
Wissens gibt es nicht genügend handfeste und auf Evidenz basierte, zwingende
Argumente für den Verzicht oder das Beibehalten des Krikoiddrucks. Somit ist beim
momentanen Stand der Literatur die Anwendung des Krikoiddruckes “Experience“
basiert und nicht „Evidence“ basiert. Da erfahrungsgemäß der Krikoiddurck aber sinnvoll
sein kann, wird er am UHBS vorläufig beibehalten. Gemäß Literatur ist bei korrekter
Technik der Patient nicht gefährdet. Bei falscher Technik kann man aber wie erwähnt
den Patienten in eine gefährliche Lage bringen. Es sollte deshalb unbedingt darauf
geachtete werden, dass die Technik korrekt durchgeführt wird.
9. Wie wird Krikoiddruck an anderen Spitälern gehandhabt?
Ich habe zu dieser Frage 12 Telefongespräche geführt und wollte erfahren wo und mit
welcher Begründung man den Krikoiddruck noch oder eben nicht mehr anwendet und in
welche Richtung die Tendenz geht.
Die Gespräche zeigten Folgendes. In 4 Spitälern wird noch Krikoiddruck angewandt.
Argumentiert wurde teilweise damit, dass bei Aspirationskomplikationen in rechtlichen
Fällen der Krikoiddruck als Aspirationsschutz verlangt wird. Weiter wurde zur Begrün-
dung genannt, dass noch keine Untersuchungsergebnisse vorliegen welche belegen,
dass der Oesophagusverschluss bei richtiger Anwendung von Krikoiddruck nicht
möglich sei und dass der Krikoiddruck somit weiterhin zum Standart einer RSI gehört,
bis bei diesem Thema Einigkeit besteht.
In 2 Spitälern, nämlich im Kantonsspital Luzern und im Universitätsspital Genf wird den
verantwortlichen Oberärzten die freie Wahl gelassen, ob sie den Krikoiddruck anwen-
den wollen. In Genf machen die meisten Verantwortlichen den Krikoiddruck nur noch bei
14
denjenigen RSI`s, wo der Patient über Übelkeit und Brechreiz klagt. Bei den anderen
nicht nüchternen Patienten will man den Krikoiddruck vermeiden.
In 6 Spitälern wurde der Krikoiddruck vor einiger Zeit abgeschafft. In den meisten dieser
Spitälern wurde das Sellickmanöver innerhalb des letzten Jahres aus dem RSI-Standart
entfernt. Die meisten Gesprächspartner haben ausgesagt, dass ihre Entscheidung
aufgrund interner Recherchen oder aufgrund von Referaten externer Personen getroffen
wurde. Ausschlaggebend war bei einigen der Gesprächspartner, dass der Krikoidknor-
pel nicht direkt vor dem Oesophagus liege. Häufig wurde aber auch genannt, dass die
Ausführung vom Krikoiddruck vom Anästhesiepersonal meist nicht korrekt gemacht
wurde und so nichts nützte und zusätzliche Gefahr für Komplikationen biete.
In dieser Tabelle ist aufgeführt in welchen Spitälern Krikoiddruck ausgeführt wird und in
welchen nicht.
Spital Krikoiddruck wird
gemacht bei einer RSI
Krikoiddruck wird
nicht gemacht bei
einer RSI
Universitätsspital Zürich X
Triemlispital Zürich X
Kantonspital St.Gallen X
Inselspital Bern X
Kantonspital Luzern X X
Spital Aarau X
Spital Solothurn X
Spital Olten X
Spital Liestal X
Universitätsspital Genf X X
Universitätsspital Lausanne X
Spital Lugano X
15
Schlussteil
10. Konklusion
Zum Schluss möchte ich die wichtigsten Punkte zusammenfassen.
Die Lagerung vom Kopf und vom Nacken kann sich wesentlich auf den Oesophagus
und auf die Stimmritzensicht auswirken. Die Pro Krikiddruck Seite argumentiert damit,
dass mit 40 Newton Druck auf den Krikoidknorpel den Oesophagus verschlossen
werden kann. Dies wird anhand Kadaverstudien und Röntgenaufnahmen bewiesen. Die
Contra Krikoiddruck Seite argumentiert, dass der Krikoidknorpel nicht immer direkt vor
dem Oesophagus liegt und daher mit Druck nicht vollständig verschlossen werden kann.
Ebenfalls wird die Anwendungstechnik des Krikoiddrucks in Frage gestellt. Die Urstudie
von B. Sellick wird heftig diskutiert und einige Mängel offengelegt. Weiter wird von
Laryngsverletzungen, Blutungen und Vomitusreiz berichtet. Durch den Krikoiddruck
kann eine Sichtverschlechterung entstehen und damit auch die Intubation verzögern.
Im Allgemeinen sieht man anhand der verschiedenen Angaben von den Befragungen
der verschiedenen Spitälern, dass Krikoiddruck noch nicht fertig diskutiert wurde.
Fazit: Es ist wohl so, dass man sich im Thema Kridoiddruck nicht einig ist und die
Meinungen der Anästhesifachleute sich im Wandeln befinden.
11. Eigene Meinung
Wie wir gesehen haben gibt es viele Argumente, die gegen die Anwendung des Krikoid-
drucks sprechen, aber ebenso auch viele dafür. Wenn man am richtigen Ort mit ange-
passter Kraft Krikoiddruck anwendet, kann man womöglich einen Verschluss des
Ösophagus bewirken und so eine Regurgitation verhindern. Wird allerdings eine falsche
Technik am falschen Ort mit zuviel oder zu wenig Kraft gemacht, ist die Anwendung
unnützlich und kann sogar negative Komplikationen hervorrufen.
16
Ich persönlich find es sehr schwierig sich für oder gegen den Krikoiddruck zu entschei-
den. Wenn Krikiddruck richtig angewendet wird, können womöglich Aspirationskomplika-
tionen verhindert werden. Auffallend ist aber, dass so viele negative Aspekte auftreten,
wenn Krikoiddruck nicht richtig angewendet wird. Und dies ist leider häufig der Fall, wie
man anhand Messergebnissen von verschiedenen Spitälern sieht. Und auch im UHBS
wurden leider einige Schwierigkeiten erkannt. Ich glaube, da eine optimale Schulung
des Anästhesiepersonals häufig nicht gewährleistet ist, wäre es besser den Krikoiddruck
wegzulassen. Stattdessen sollte man eine optimale Vorbereitungen zu einer raschen
Intubation und zum raschen cuffen des Tubus anstreben. Ebenfalls denke ich, ist es
sehr sinnvoll Patienten in eine leichte Antitrendelenburglagerung und eine optimale
Schnüffelposition zu bringen. So wird ein eventuelles passives Zurücklaufen von
Mageninhalt physikalisch erschwert und eine bessere Intubationssicht gewährleistet. In
der Praxis, ist es wichtig, dass vor einer RSI eine gute Absprache der Anästhesisten
vorhanden ist. Schwierigkeiten und deren Interventionsmöglichkeiten sollten allen klar
sein. Ebenso der Ablauf und Prioritätensetzung sollte für alle bekannt sein. Ich denke
auch, dass es wichtig ist, sich vor einer RSI die Gefahren nochmals bewusst zu machen
und Vorsichtsmassnahmen zu treffen. Zum Beispiel eine Absaugmöglichkeit bereitstel-
len und eventuell mehr personelle Ressourcen bereithalten. Grundsätzlich vertrete ich
aber die Meinung, sich an die hausinternen Richtlinien zu halten und mit den Ergebnis-
sen seiner persönlichen Erfahrungen zu arbeiten.
Ebenfalls sieht man anhand der Aussagen der Verantwortlichen von den verschiedenen
Spitälern, dass Krikoiddruck bei einer RSI nach wie vor ein Diskussionsthema ist. Die
Meinungen wandeln sich aber. Ich vermute, dass sich in einigen Jahren die Meinungen
eher gegen den Krikoiddruck verschieben werden. Sich dann wieder mit dieser Thema-
tik auseinander zu setzten wäre bestimmt sehr interessant.
Rückblickend auf meine Fragestellungen muss ich also sagen, dass ich keine klare
Antwort auf meine erste Frage geben konnte. Die Auseinadersetzung mit den Meinun-
gen des UHBS und anderen Spitälern ist mir aber gelungen. Mit der Erarbeitung dieses
Themas konnte ich aber die Vor und Nachteile des Krikoiddrucks erkennen und kann
nun mein Handeln besser einschätzen und besser durchführen.
17
12. Diskussion
Zum Schluss möchte ich mir einige Gedanken über meine Arbeit und meine Arbeitswei-
se machen. Ich habe mich intensiv mit dem Thema Krikoiddruck beschäftigt. Ich konnte
aus der Literatur viele pro und contra Argumente entnehmen und auch viele Diskussio-
nen führen, die mir viele verschiedene Ansichten gezeigt haben. Es war erstaunlich wie
sehr das Thema Krikoiddruck eine Unstimmigkeit und ein Zweifeln bei den Anästhesie-
fachpersonen auslöst. Ich musste allerdings erkennen, dass es noch keine ideale
Lösung für oder gegen den Krikoiddruck gibt und auch ich mich nicht klar dafür oder
dagegen entscheiden kann.
Mit dieser Arbeit konnte ich meine Kenntnisse in der Literatursuche vertiefen. Ich war
erstaunt wie gut man auch fremdsprachige Fachliteratur, vor allem englisch, verstehen
kann. Mir fiel es mit der Zeit immer leichter mich in der Fachliteratur zurechtzufinden
und ich fand gefallen beim Lesen der verschiedenen Fachartikel, auch solche die
eigentlich nicht zu meinem Diplomarbeitthema gehörten. Ich denke ich konnte Vertrauen
finden und werde mich in Zukunft bestimmt öfters mit verschiedenen Fachartikeln
auseinandersetzten.
Ich hoffe, dass diese Arbeit für meine Mitarbeiter eine Fachinformation ist, welche ihnen
hilft mit den Fragen zum Krikoiddruck umzugehen.
18
13. Literaturverzeichnis
1 Baskett, P. J. F. & Baskett, T. F. (2004) Brian Sellick, Cricoid Pressure and the Sellick
Manoeuvre. Resurcitation, 61(1), 5-7.
2 Brimacombe,J.& Berry, A. M. (1997) Rreview Article Cricoid pressure. Canadian
journal of anaesthesiea, 44(4),414-425.
3 Ellis, D. Y., Harris, T. & Zidemann, D. (2007) Cricioid Pressure in Emergency Depart-
ment Rapid Sequence Tracheal Intubations: A Risk-Benefit Analysis. Annals of Emer-
gency Medicine, 50(6), 653-665.
4 Larsen, R. (2006) Anästhesie. München Jena: Urban & Fischer, 8. Auflage.
5 Morrris, J. & Cook,T. M. (2001) Rapid sequence induction: a national survey of prac-
tice. Anaesthesia, 56, 1090-1115.
6 Priebe,H-J. (2008) Cricoid Pressure: More ritual than effective measure?. Workshop
Euro Anaesthesia, 217-221.
Pschyrembel, W. (2002) Pschyrembel Klinisches Wörterbuch. Berlin New York: Walter
de Gruyter, 259. Auflage.
7 Vanner, R. G. & Asai, T. (1999) Editorial Safe use of cricoid pressare. Anaesthesia,
54,1-3.
8 http://www.narkosearzt-hamburg.de/crush%20induction.htm (Zugriff am 19.1.09)
19
Abbildungen
Abbildung 1: Schünke, M. & Schünke, G. (2004) Der Körper des Menschen Einführung
in Bau und Funktion. Stuttgart New York: Georg Thieme.
Abbildung 2: http://www.pflege-reanimation.de/bilder/intubation9.jpg ( Zugriff am 4.1.09)
Abbildung 3: http://pflege.klinikum-grosshadern.de/campus/intensiv/intubat/11.gif (Zugriff
am 4.1.09)
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