regelungstechnische optimierung der steuerung eines ...€¦ · 3.2.1 anforderungen an das modell...
Post on 18-Sep-2018
236 Views
Preview:
TRANSCRIPT
Regelungstechnische Optimierung der
Steuerung eines Brennstoffzellensystems im
dynamischen Betrieb
Dissertation
zur
Erlangung des Grades
Doktor-Ingenieur
der
Fakultat fur Maschinenbau
der Ruhr-Universitat Bochum
von
Martin Arendt
aus Alfeld
Bochum 2012
punkt weiss
Dissertation eingereicht am: 07.03.2012
Tag der mundlichen Prufung: 06.09.2012
Erster Referent: Prof. Dr.-Ing. Martin Monnigmann
Zweiter Referent: Prof. Dr.-Ing. Thomas von Unwerth
Eidesstattliche Erklarung
Ich versichere hiermit an Eides statt, dass ich die vorliegende Dissertation allein und
nur unter Verwendung der angegebenen Literatur verfasst habe. Die Arbeit hat bisher noch
nicht zu Prufungszwecken gedient.
Isenbuttel, 07.03.2012
Die Ergebnisse, Meinungen und Schlusse dieser Dissertation sind nicht notwendigerweise die
der Volkswagen AG.
Vorwort
Diese Dissertation entstand wahrend meiner Tatigkeit als Doktorand in der Abteilung
Brennstoffzellensysteme der Konzernforschung der Volkswagen AG.
Ich mochte mich bei Herrn Prof. Dr.-Ing. Martin Monnigmann fur die Betreuung, die
interessanten Diskussionen und die vielen Anregungen zum Gelingen dieser Arbeit bedanken.
Weiterhin bedanke ich mich bei Herrn Prof. Dr.-Ing. Thomas von Unwerth fur die Ubernahme
des zweiten Referats.
Mein besonderer Dank gilt Herrn Dr.-Ing. Heiko Turner fur die Betreuung dieser Ar-
beit seitens der Volkswagen AG. Des Weiteren danke ich ihm fur seine Anregungen und die
Bereitstellung seines umfangreichen Hintergrundwissens, welches zur erfolgreichen Erstellung
dieser Arbeit beitrug.
Weiterhin mochte ich mich bei allen Mitarbeitern der Volkswagen Konzernforschung
bedanken, die mir fachlich bei der Durchfuhrung meiner Experimente sowie der Korrektur
meiner Dissertation zur Seite standen. Insbesondere bedanke ich mich bei ihnen fur das
außergewohnlich angenehme Arbeitsklima wahrend meiner Zeit als Doktorand.
Ganz herzlich mochte ich mich bei meiner Verlobten Christiane Weigel fur ihr Verstandnis und
die Geduld wahrend der dreijahrigen Zeit als Doktoranden bedanken. Trotz der raumlichen
Trennung wahrend dieser Zeit, hat sie mir stets mit viel Kraft und Liebe zur Seite gestanden.
Kurzfassung
Das Ziel dieser Arbeit ist die regelungstechnische Optimierung der Steuerung eines Brennstoff-
zellensystems (BZ-System) im dynamischen Betrieb mittels des Softwareentwicklungsprozesses
des Rapid Control Prototyping (RCP). Erstens wird eine modellgefuhrte Steuerung der
H2-Konzentration mittels eines N2-Diffusionsmodells entwickelt und vorgestellt. Zweitens wird
die Optimierung der Regelung des Kuhlsystems anhand einer Storgroßenaufschaltung gezeigt
und drittens wird eine Betriebsstrategie, bestehend aus einer Pumpgrenzuberwachung und der
Regelung des Verdichter- und Kathoden-Luftmassenstroms, entworfen.
Die erste regelungstechnische Herausforderung ist die Entwicklung der modellgefuhrten
Steuerung der H2-Konzentration. Hierfur wird zunachst ein Finite-Volumen-Methode-Modell
(FVM-Modell) der Wasserstoffversorgung inklusive eines N2-Diffusionsmodells zur Abbildung
der Verunreinigung der Wasserstoffversorgung aufgebaut und validiert. Mittels dieses FVM-
Modells wird ein Zwei-Punkt-Regler entworfen, der die H2-Konzentration am Anodenaustritt
des BZ-Systems einstellt. Diese modellgefuhrte Steuerung der H2-Konzentration wird mittels
MiL- und HiL-Simulationen getestet und anschließend im Laborsystem eingesetzt.
Die Optimierung der Regelung des Kuhlsystems fuhrt zur Entwicklung einer
Storgroßenaufschaltung auf die Stellgroße der Regelung der Kuhlmitteleintrittstemperatur. Die
Kuhlmitteltemperaturdifferenz uber die Brennstoffzelle wird als Storgroße auf die Regelung
der Kuhlmitteleintrittstemperatur identifiziert und durch ein variables Totzeitglied verzogert.
Die entworfene Storgroßenaufschaltung wird mit dem RCP entwickelt und getestet. Das
Uberschwingen der Regelgroße bei großen Lastsprungen wird im Vergleich zur Regelung mittels
eines PID-Reglers von bis zu 4 % auf 1 % reduziert.
Die dritte mittels des RCP entwickelte Steuerungsfunktion ist die erarbeitete Betriebsstrategie
fur den Einsatz eines Turboverdichters im behandelten BZ-System. Diese Betriebsstrategie
beinhaltet zum einen eine Pumpgrenzuberwachung zur Gewahrleistung des sicheren Betriebes
des Turboverdichters uber den gesamten Betriebsbereich des Brennstoffzellensystems. Zum
anderen wird die Bereitstellung des erforderlichen Luftmassenstroms fur die Kathode durch die
Regelung eines Waste-Luftmassenstroms gewahrleistet.
Diese Arbeit leistet einen Beitrag zur Verbesserung der Leistungsfahigkeit und Zu-
verlassigkeit des betrachteten BZ-Systems. Die modellgefuhrte Steuerung der H2-Konzentration
und die Betriebsstrategie fur den Turboverdichter sind Losungen fur die aus der neuen
Systemarchitektur des untersuchten BZ-Systems entstandenen Herausforderungen an die
Steuerung. Die Optimierung der Regelung des Kuhlsystems ist eine Weiterentwicklung der bis
dahin bestandenen Regelung und fuhrt zu einer Verbesserung der Leistungsfahigkeit.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis v
Tabellenverzeichnis ix
Abkurzungsverzeichnis xi
1 Einleitung 1
2 Grundlagen der Steuerung eines Brennstoffzellensystems 5
2.1 Grundlagen der Brennstoffzellentechnologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7
2.1.1 Funktionsweise einer Brennstoffzelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10
2.1.2 Aufbau eines Brennstoffzellensystems . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13
2.2 Struktur der Steuerung und Regelung des Brennstoffzellensystems . . . . . . . 18
2.2.1 Prozessgefuhrte Ablaufsteuerung des Brennstoffzellensystems . . . . . 20
2.2.2 Aufbau der Steuerung eines Teilsystems . . . . . . . . . . . . . . . . . 22
2.2.3 Regelung der Teilsysteme des Brennstoffzellensystems . . . . . . . . . 25
2.2.4 Fehlerbehandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28
3 Umsetzung der Steuerungssoftware auf der Zielhardware 31
3.1 Entwicklungsprozess des Rapid Control Prototyping . . . . . . . . . . . . . . 31
3.1.1 Grafische Modellierung und Reglerentwurf . . . . . . . . . . . . . . . 35
3.1.2 Test der Steuerungssoftware mittels einer Hardware in the Loop Simulation 39
3.1.3 Applikation der Steuerungssoftware am Laborsystem . . . . . . . . . . 41
3.2 Realisierung der Steuerungssoftware auf der Zielhardware . . . . . . . . . . . . 44
3.2.1 Anforderungen an das Modell der Steuerung . . . . . . . . . . . . . . 46
3.2.2 Schnittstellen zwischen der Software und der Hardware der Steuerung . 47
3.2.3 Portierung des Modells der Steuerung auf die Zielhardware . . . . . . . 48
4 Modellgefuhrte Steuerung der Wasserstoffkonzentration 51
i
ii INHALTSVERZEICHNIS
4.1 Motivation zur Entwicklung einer modellgefuhrten Steuerung . . . . . . . . . . 52
4.2 Entwurf eines Modells zur Ermittlung der Wasserstoffkonzentration . . . . . . 54
4.2.1 Modell der Wasserstoffversorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54
4.2.2 Stickstoff-Diffusionsmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60
4.2.3 Validierung des Modells der Wasserstoffversorgung . . . . . . . . . . . 66
4.3 Modellgefuhrte Steuerung der Wasserstoffkonzentration . . . . . . . . . . . . 71
4.3.1 Aufbau des modellgefuhrten Steuerungskonzeptes . . . . . . . . . . . 71
4.3.2 Modell in the Loop Simulation der modellgefuhrten Steuerung . . . . . 75
4.4 Einsatz der modellgefuhrten Steuerung am Laborsystem . . . . . . . . . . . . 76
4.4.1 Test der modellgefuhrten Steuerung am Laborsystem . . . . . . . . . . 78
4.4.2 Bewertung der Ergebnisse der modellgefuhrten Steuerung im Einsatz
am Laborsystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81
5 Optimierung der Regelung des Kuhlsystems 83
5.1 Storgroßenaufschaltung fur die Regelung der Kuhlmitteleintrittstemperatur . . 85
5.1.1 Validierung des Simulationsmodells . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86
5.1.2 Identifizierung der Storgroßen des Kuhlsystems . . . . . . . . . . . . . 91
5.1.3 Entwurf der Storgroßenaufschaltung auf die Stellgroße . . . . . . . . . 94
5.2 Implementierung der Storgroßenaufschaltung in die Steuerungssoftware . . . . 101
5.2.1 Entwurf einer variablen Totzeit fur den Einsatz auf der Zielhardware . . 102
5.2.2 Test der optimierten Regelung mittels Hardware in the Loop Simulation 107
5.3 Einsatz des Reglers fur die Kuhlmitteleintrittstemperatur am Laborsystem . . . 110
5.3.1 Gegenuberstellung der unterschiedlichen Regelungskonzepte . . . . . . 110
5.3.2 Untersuchung der Regelung am Beispiel eines realen Fahrzyklusses . . . 112
6 Entwicklung einer Betriebsstrategie fur den Einsatz eines Turboverdichters 115
6.1 Instationarer Betrieb an der Pumpgrenze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117
6.1.1 Definition eines Parameters zur Pumpgrenzuberwachung . . . . . . . . 121
6.1.2 Entwurf der Pumpgrenzuberwachung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124
INHALTSVERZEICHNIS iii
6.2 Steuerung und Regelung der Luftversorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128
6.2.1 Entwurf der Regelung des Kathoden-Luftmassenstroms . . . . . . . . . 131
6.2.2 Entwurf der Regelung des Waste-Luftmassenstroms . . . . . . . . . . 135
6.3 Test der entwickelten Betriebsstrategie auf der Zielhardware im Laborsystem . 139
7 Zusammenfassung und Ausblick 143
8 Lebenslauf 147
A Anhang 149
A.1 Aufbau der Simulationsmodelle fur den Reglerentwurf . . . . . . . . . . . . . 149
A.1.1 Modell des Kuhlsystems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149
A.1.2 Modell der Luftversorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151
A.2 Berechnung der Kenngroßen des Laborsystems zur Berechnung des B-Parameters155
A.3 Dampftapfel fur den Sattigungszustand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157
A.4 Berechnung des Durchflusses fur ein Stellventil nach der Richtlinie VDI/VDE2173158
A.5 Berechnung der Gaszusammensetzung anhand einer Ultraschall Messsonde . . 159
Literaturverzeichnis 167
ABBILDUNGSVERZEICHNIS v
Abbildungsverzeichnis
2.1 Prinzipieller Aufbau eines Brennstoffzellen-Fahrzeuges . . . . . . . . . . . . . 5
2.2 Prinzipieller Aufbau einer einzelnen Brennstoffzelle . . . . . . . . . . . . . . . 10
2.3 Einflusse der einzelnen Uberspannungen auf die reversible Zellspannung, Strom-
Spannungs-Kennlinie nach [48] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12
2.4 Prinzipieller Aufbau des behandelten Brennstoffzellensystems . . . . . . . . . . 13
2.5 Gegenuberstellung der Energiestrome eines BZ-Fahrzeuges und eines Dieselfahr-
zeuges [17] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16
2.6 Struktur der Steuerung des behandelten Brennstoffzellensystems . . . . . . . . 19
2.7 Legende der Zustandsautomaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20
2.8 Zustandsautomat des Hauptablaufes der Steuerung . . . . . . . . . . . . . . . 22
2.9 Zustandsautomat des Teilsystems Luftversorgung . . . . . . . . . . . . . . . . 23
2.10 Struktur der Regelung des Drucksystems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27
3.1 Entwicklungsprozess nach der Methodik des V-Modells nach [1] . . . . . . . . 32
3.2 Entwicklungsprozess des Rapid Control Prototyping anhand der
Brennstoffzellensystem-Steuerung nach [34] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33
3.3 Struktur der Modellbibliothek der Matlab/Simulink R© Toolkette . . . . . . . . 35
3.4 Beispiel einer Modellierung mit Stateflow R© . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36
3.5 Block des PID-Reglers inklusive seiner Eingabemaske . . . . . . . . . . . . . . 37
3.6 Aufbau der HiL-Simulation mit dSpace HiL-Simulator, VW-FCC und Fahrzeug-
Kabelbaum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40
3.7 Bild des verwendeten Laborsystems fur den Rapid Control Prototyping Prozess 41
3.8 Allgemeine Strukur einer Steuergerate-Software . . . . . . . . . . . . . . . . . 45
3.9 Bild der Zielhardware VW-FCC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45
3.10 Prozess der automatischen Programmcode Generierung vom graphischen Modell
bis hin zum Steuergerat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48
4.1 Kennlinie einer Strahlpumpe bei realen Betriebsbedingungen . . . . . . . . . . 51
4.2 Aufbau des Modells der Wasserstoffversorgung zur Bestimmung der Wasser-
stoffkonzentration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54
vi ABBILDUNGSVERZEICHNIS
4.3 Prinzipieller Aufbau des FVM-Modells inklusive der Bezeichnungen der Volu-
menelemente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61
4.4 Prinzipieller Aufbau des getriggerten Modells der Wasserstoffversorgung . . . . 67
4.5 Vergleich indirekt gemessener Konzentrationswerte mit Simulationsergebnissen
zur Validierung des FVM-Modells [5] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68
4.6 Vergleich des Messwertes fur die H2-Konzentration mit dem simulierten Wert
wahrend eines NEDC [60] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69
4.7 Struktur der modellgefuhrten Steuerung der H2-Konzentration . . . . . . . . . 72
4.8 Struktur des Modells der Wasserstoffversorgung innerhalb der modellgefuhrten
Steuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73
4.9 Einfluss der H2-Konzentration auf den StackHealth . . . . . . . . . . . . . . . 74
4.10 Verlauf der Regel- und Stellgroße der modellgefuhrten Steuerung in der MiL-
Simulation [60] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75
4.11 Verhaltnis der Rechenzeit zur Anzahl der Volumenelemente . . . . . . . . . . 77
4.12 Verhalten der modellgefuhrten Steuerung bei unterschiedlichen Betriebspunkten
des Brennstoffzellensystems am Laborsystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78
4.13 Vergleich des Messwertes fur die H2-Konzentration mit dem simulierten Wert
wahrend eines NEDC inklusive der Darstellung des Stellsignals des Purgeventils 79
4.14 Vergleich der gemittelten Messwerte fur die H2-Konzentration mit dem ge-
mittelten simulierten Wert wahrend eines NEDC inklusive der Darstellung des
Stellsignals des Purgeventils . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80
5.1 Messung des Regelverhaltens einer PID-Regelung der
Kuhlmitteleintrittstemperatur am Laborsystem . . . . . . . . . . . . . . . . . 84
5.2 Prinzipieller Aufbau des Kuhlsystems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86
5.3 Vergleich von realen Messdaten fur die Kuhlmitteleintritts- und austrittstempe-
ratur und Werte des Simulationsmodells fur unterschiedliche Stellsignale der
Aktuatoren des Kuhlsystems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88
5.4 Prozentualer Fehler zwischen den gemessenen Werten der Kuhlmitteleintritts-
und austrittstemperatur und den Werten des Simulationsmodells fur die in
Abbildung 5.3 aufgetragenen Werte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89
5.5 Messung der Temperaturmessstellen zur Verdeutlichung der im Kuhlsystem
befindlichen Totzeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90
ABBILDUNGSVERZEICHNIS vii
5.6 Blockschaltbild einer Storgroßenaufschaltung nach [43] . . . . . . . . . . . . . 95
5.7 Resultate der MiL-Simulation zum Vergleich PID-Regler gegen PID-Regler mit
Storgroßenaufschaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99
5.8 Darstellung eines FIFO Speichers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101
5.9 Aufstellung der verfugbaren Blocke zur Darstelluung von Totzeiten in Simulink R© 102
5.10 Blockschaltbild einer variablen Totzeit aus n-Integer Delays . . . . . . . . . . 103
5.11 Simulink R©Modell einer variablen Totzeit fur den Einsatz auf der Zielhardware 103
5.12 Zustandautomat zur Generierung des Triggersignals . . . . . . . . . . . . . . 104
5.13 Verlauf des Trigger-Signals in Abhangigkeit der Parameter x1 und x2 . . . . . 104
5.14 Blockschaltbild der Regelung des Kuhlsystems . . . . . . . . . . . . . . . . . 107
5.15 Resultate der HiL-Simulation zum Vergleich PID-Regler gegen PID-Regler mit
Storgroßenaufschaltung und MiL-Simulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109
5.16 Vergleich der Messdaten der Regelung mit und ohne Storgroßenaufschaltung
am Laborsystem bei einem maximalen Lastsprung der Brennstoffzellenleistung . 111
5.17 Messungen der Brennstoffzellenleistung und der Regelgroße wahrend eines
Teilabschnittes eines realitatsnahen Fahrzyklusses am Laborsystem . . . . . . . 112
6.1 Vermessenes Kennfeld eines Turboverdichters . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115
6.2 Prinzipieller Verlauf eines Pumpzyklus innerhalb eines Kennfeldes . . . . . . . 118
6.3 B-Parameter und Helmholtz-Frequenz fur unterschiedliche VP und LV bei zwei
Verdichterdrehzahlen 20000 1min
und 70000 1min
. . . . . . . . . . . . . . . . . 120
6.4 Darstellung des Effektes des Rotating Stall im Laborsystem bei 20000 1min
. . . 122
6.5 Struktur der Pumpgrenzuberwachung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125
6.6 Aktive Pumpgrenzuberwachung im betrachteten Laborsystem bei einem Last-
sprung von der maximalen Leistung bis zur Leerlauf-Leistung . . . . . . . . . . 126
6.7 Grundlegender Aufbau der Regelung der Luftversorgung . . . . . . . . . . . . 130
6.8 Sprungantwort der Luftversorgung auf vier verschiedene Verdichterdrehzahlen . 131
6.9 Bode-Diagramm der offenen Regelstrecke der Luftversorgung G(s)25% . . . . . 132
6.10 Bode-Diagramm des offenen Regelkreises . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133
6.11 Sprungantwort des Waste-Luftmassenstroms auf das Stellsignal der Waste-Klappe135
viii ABBILDUNGSVERZEICHNIS
6.12 Pol/Nullstellen Bild der Ubertragungsfunktion G(s)2,5% . . . . . . . . . . . . 137
6.13 Wurzelortskurve der offenen Regelstrecke inklusive des PI-Reglers fur G(s)2,5% 138
6.14 Struktur der entworfenen Regelung des Luftmassenstroms . . . . . . . . . . . 139
6.15 Messung der Luftmassenstrome und ihrer Sollwerte eines Volllastsprungs von
uTurbo = 20000 1min
auf uTurbo = 70000 1min
im Laborsystem . . . . . . . . . 140
6.16 Messung der Luftmassenstrome und ihrer Sollwerte wahrend eines realen Fahr-
zyklusses im Laborsystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141
A.1 Simulink R©-Modell der Kuhlmittelpumpe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150
A.2 Prinzipieller Aufbau der Luftversorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151
A.3 Aufbau des Simulink R©-Modells des Turboverdichters . . . . . . . . . . . . . . 152
A.4 Simulink R©.Modell des Befeuchters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152
A.5 Simulink R©-Modell des Volumens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153
TABELLENVERZEICHNIS ix
Tabellenverzeichnis
2.1 Brennstoffzellentypen und ihre Eigenschaften nach [16, 20, 41, 66] . . . . . . . 7
2.2 Kennzahlen von Brennstoffzellen-Fahrzeugen ausgewahlter Hersteller [2, 15, 28,
40, 57] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
2.3 Vor- und Nachteile verschiedener Verdichter in Bezug auf die Anforderungen
eines mobilen Brennstoffzellensystems [35, 50] . . . . . . . . . . . . . . . . . 15
2.4 Anforderungen an die Steuerung des Brennstoffzellensystems in Bezug auf die
Betriebsstrategie, die Regelung und die Fehlerbehandlung . . . . . . . . . . . 18
2.5 Aufstellung der Regel- und Stellgroßen eines Brennstoffzellensystems . . . . . 25
2.6 Großen in Abbildung 2.10 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27
2.7 Fehlerreaktionen und ihre Auswirkungen auf das Brennstoffzellensystem . . . 29
3.1 Grundlegende Unterschiede zwischen Softwareanwendungen auf einem PC und
einem Steuergerat nach [9] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44
3.2 Datentypen und die dazugehorigen Wertebereiche . . . . . . . . . . . . . . . 47
4.1 Messgroßen der Messstellen aus Abbildung 4.2 inklusive ihrer Einheiten . . . . 55
4.2 Einfluss der Volumenelemente auf die Rechenzeit des FVM-Modells auf der
Zielhardware . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76
5.1 Stoffwerte [64] fur die Berechnungen von Qi und dTClnt,i . . . . . . . . . . . 92
5.2 Berechnete Temperaturdifferenzen der einzelnen Warmequellen und -senken des
Kuhlsystems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93
6.1 Kenngroßen der Luftversorgung des betrachteten Brennstoffzellensystems zur
Ermittlung des B-Parameters, siehe Anhang A.2 . . . . . . . . . . . . . . . . 119
6.2 Kenngroßen der eingesetzten Messtechnik im betrachteten Laborsystem [25,
30, 49] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122
6.3 Anstiegsgeschwindigkeiten des Verdichteraustrittsdrucks und des Verdichter
Luftmassenstroms beim Rotating Stall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123
6.4 Anstiegsgeschwindigkeiten des Verdichteraustrittsdrucks und des Verdichter
Luftmassenstroms bei unterschiedlichen Betriebsweisen . . . . . . . . . . . . . 124
6.5 Variable Reglerverstarkung in Abhangigkeit der angeforderten Brennstoffzellen-
Leistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134
x TABELLENVERZEICHNIS
A.1 Dampfdruckkurve fur Wasser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157
A.2 Messgroßen und Stoffwerte inklusive ihrer Einheiten zur Berechnung der Gaszu-
sammensetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159
TABELLENVERZEICHNIS xi
Abkurzungs- und Formelzeichenverzeichnis
Abkurzungen
ABS Antiblockiersystem
AFC Alkaline Fuel Cell
APU Auxiliary Power Unit
AS Air System
BDEW Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft
BP Betriebspunkt
BZ Brennstoffzelle
CAN Controller Area Network
CCS Carbon Dioxid Capture and Storage
CEP Clean Energy Partnership
DC Direct Current
DMFC Direct Methanol Fuel Cell
DOE Departement of Energy
EEPROM Electrically Erasable Programmable Read-Only Memory
ESD Emergency Shutdown
ESP Eletronisches Stabilitatsprogramm
ETAS Engineering Tools, Application and Services
FCEV Fuel Cell Electric Vehicle
FCHV Fuel Cell Hybrid Vehicle
FEV Forschungsgesellschaft fur Energietechnik und Verbrennungs-
motoren GmbH
FIFO First In – First Out
FTP Federal Test Procedure
FVM Finite Volumen Methode
GDE Gas Diffusions Elektrode
GM General Motors
GNU GNU´s not Unix
GUI Graphical User Interface
HiL Hardware in the Loop
HV Hochvolt
i.O. in Ordnung
I/O Input/Output
IEA International Energy Agency
MCFC Molten Carbonate Fuel Cell
MiL Model in the Loop
NEDC New European Driving Cycle
xii TABELLENVERZEICHNIS
NTU Number of Transfer Unit
PAFC Phosphoric Acid Fuel Cell
PC Precontrol
PEM Polymer Elektrolyt Membran
PEMFC Polymer Electrolyt Membrane Fuel Cell
PTFE Polytetrafluorethylen
PWM Pulsweitenmodulation
RCP Rapid Control Prototyping
RTW Real Time Workshop
SFC Smart Fuel Cell
SGA Storgroßenaufschaltung
SiL Software in the Loop Simulation
SM StateManager des Simulink R© Steuerungsmodells
SOFC Solid Oxid Fuel Cell
SSK Strom Spannungs Kennlinie
UDDS Urban Dynamometer Driving Schedule
UN United Nation
VE Volumenelement
VES Verkehrswirtschaftliche Energiestrategie
VKM Verbrennungskraftmaschine
VW Volkswagen
VW FCC Volkswagen Fuel Cell Controller
WT Warmetauscher
ZEV Zero Emission Vehicle
Formelzeichen
∆G0 freie Gibb´sche Reaktionsenthalpie
∆p Druckdifferenz
∆T Temperaturdifferenz
δ Differenz
m Massenstrom
n Stoffstrom
Q Warmeleistung
ε Porositat des durchstromten Korpers
λ Stochiometrie Verhaltnis
ω Kreisfrequenz
π Druckverhaltnis
ρ Dichte
TABELLENVERZEICHNIS xiii
ρN Dichte bei Normbedigungen
τ Verschlingungsgrad oder Tortuositat
ϕ relative Feuchte
A Flache
a Schallgeschwindigkeit
AV Austritts-Querschnittsflache
B B-Parameter
BP Betriebspunkt
c Konzentration
cp spezifische Warmekapazitat bei konstantem Druck
D Dicke
D Diffusionskoeffizient
E0 reversible Zellspannung
F Faraday-Konstante
f Frequenz
G(s) Ubertragungsfunktion der Regelstrecke
Gyd(s) Ubertragungsfunktion der Storgroße
I Stromstarke
i Stromdichte
J Molenstromdichte
J Tragheitsmoment
K(s) Regler der Storgroßenaufschaltung
Kd(s) Steuerglied der Storgroßenaufschaltung
kp Verstarkungsfaktor des Regels
Ks Verstarkungsfaktor der Ubertragungsfunktion der Regelstre-
cke
KV Durchflusskoeffizient
Kyd Verstarkungsfaktor der Ubertragungsfunktion der Storgroße
l Lange
LV effektive Kanallange
M Molare Masse
m Masse
N Anzahl
n Stoffmenge
P Leistung
p Druck
Pi Port eines Multi Port Switch
pS Sattigungsdampfdruck
Q Ladungsmenge
xiv TABELLENVERZEICHNIS
QN Durchfluss bei Normbedingungen
Ru universale Gaskonstante
si Pole
s0,i Nullstelle
SH StackHealth
T Temperatur
t Zeit
tD Abweichung der variablen Totzeit
Tt Totzeit
Tt,var variable Totzeit
TTau Taupunkt-Temperatur
U Spannung
u Stellgroße
u Umfangsgeschwindigkeit
U(s) Stellgroße des Reglers
V Volumen
x1 Parameter des Triggers einer variablen Totzeit
x2 Parameter des Triggers einer variablen Totzeit
Y (s) Ausgangsgroße der Regelstrecke
Indizes
H2 Wasserstoff
H2O Wasser oder Wasserdampf
N2 Stickstoff
O2 Sauerstoff
An Anode
BZ Brennstoffzellenstapel
Clnt Kuhlmittel
Diff Diffusion
eff effektiver
elek elektrisch
erf erforderlich
FU Frequenz Umrichter
Ges Gesamt
H2S Wasserstoffversorgung
i Indize 1
in Eintritt
Ist Ist-Wert
TABELLENVERZEICHNIS xv
j Indize 2
Ka Kathode
Kon Konzentration
Luft Luftversorgung
max maximal
Mem Membran
min minimal
Mot Motor
MU Messonde Ultraschall
opt optimal
out Austritt
Pumpe Kuhlmittelpumpe
Rkt Reaktion
Soll Sollwert
SSK Strom Spannungs Kennlinie
Sys System
Tau Taupunkt
Thermo Thermostatventil
Turbo Turboverdichter
Umgeb Umgebung
Umlauf Umlauf innerhalb der Wasserstoffversorgung
var variabel
VKM Verbrennungskraftmaschine
Vtl Ventil
WT Warmeubertrager
Einleitung 1
1 Einleitung
Die International Energy Agency (IEA) erklart im World Energy Outlook 2010 [33] das Ziel,
die globale Erderwarmung auf maximal 2 ◦C uber das vorindustrielle Temperaturniveau zu
minimieren. Die Realisierung dieses Ziels kann nur erreicht werden, wenn im Schnitt alle Lander
bis 2050 ihre CO2-Emissionen um wenigsten 50 % reduzieren [69]. Auf der UN Klimakonferenz
in Kopenhagen im Dezember 2009 beschlossen die Industriestaaten und viele weitere Lander,
sich unverbindliche Emissionsziele fur 2020 zu setzen [31, 33]. Die Europaische Union will ihre
Treibhausgasemissionen bis 2020 um 20 % und bis 2050 um 60 bis 80 % unter das Niveau von
1990 reduzieren [31]. Diese Anstrengung soll zum einen durch den Ausbau und die Erweiterung
der regenerativen Energieerzeugung und zum anderen durch die Steigerung der Effizienz der
bestehenden, auf fossilen Energietragern beruhenden Kraftwerkstechnik bewaltigt werden. Des
Weiteren wird die CO2-Abscheidung und Speichertechnologie (CCS1) in einigen Staaten auf
die Machbarkeit im industriellen Maßstab anhand von Pilotanlagen untersucht [69].
Im Bereich der erneuerbaren Energien weisen Photovoltaik, konzentrierende solarther-
mische Kraftwerke, Windenergie und Meeresenergie große Potenziale zum Erreichen der
anvisierten Ziele fur die erneuerbare Stromgewinnung auf [69]. Nach dem Bundesverband der
Energie- und Wasserwirtschaft e.V. (BDEW) lag 2010 der Anteil der erneuerbaren Energien
am gesamten Primarenergieverbrauch in Deutschland bei 9,4 % [12]. Hingegen hangt der
Verkehrssektor in Europa noch zu 97 % von fossilen Brennstoffen ab [69]. Jedoch zeichnet sich
ein Trend zur Elektrifizierung des Antriebsstranges von Fahrzeugen ab, dieses wird durch das
stetig zunehmende Angebot an Hybrid, Plug-in-Hybrid und batterieelektrischen Fahrzeugen auf
dem Automarkt verdeutlicht.
Fur die nachhaltige Reduzierung des CO2-Ausstoßes von Fahrzeugen bieten alternati-
ve Kraftstoffe aus Biomasse und die Elektromaschine mit regenerativ erzeugtem Strom,
gespeichert in einer Traktionsbatterie oder uber die Brennstoffzelle aus regenerativ erzeugtem
Wasserstoff, eine Alternative zu den fossilen Kraftstoffen an. Das lokale emissionslose
Fahren kann nur mit einem batterieelektrischen oder brennstoffzellenbetriebenen Fahrzeug
gewahrleistet werden. Der Antrieb erfolgt bei beiden Konzepten uber eine Elektromaschine.
Die derzeitig angewandte Lithium-Ionen-Batterietechnologie erlaubt Reichweiten bis
zu 150 km (Mitsubishi MiEV) [46]. Brennstoffzellen-Fahrzeuge weisen Reichweiten bis zu
830 km (Toyota FCHV adv.) [57] auf. Somit konnen die moglichen Einsatzgebiete fur
diese beiden Technologien wie folgt beschrieben werden: Batterieelektrische Fahrzeuge sind
fur den Stadtverkehr, fur die Kurzstrecke und fur die tagliche Fahrt zur Arbeit geeignet.
1CCS steht für Carbon Dioxid Capture and Storage und bezeichnet die Abscheidung von Kohlendioxidüberwiegend aus Verbrennungsabgasen zur behälterlosen Speicherung in unterirdischen Gesteinsschichtenauf unbegrenzte Zeit [32].
2
Brennstoffzellen-Fahrzeuge (BZ-Fahrzeuge) konnen noch zusatzlich die Langstreckenmobilitat
abdecken.
Bis zum Jahr 2020 mochte die deutsche Bundesregierung 1 Million elektrisch angetriebene
Fahrzeuge auf deutschen Straßen sehen [69]. In Bezug auf BZ-Fahrzeuge wird seit 2003
das Demonstationsprojekt Clean Energy Partnership CEP2 von der Bundesregierung unterstutzt.
Am CEP in Berlin nehmen die Automobilhersteller Daimler, Ford, GM/Opel, Toyota,
Honda und der Volkswagen Konzern teil. Zum derzeitigen Zeitpunkt sind bis zu 40 BZ-
Fahrzeugen aller Automobilhersteller in Berlin im Einsatz. In den Fahrzeugen des Volkswagen
Konzerns ist die 3. Generation Brennstoffzellensysteme der Volkswagen Aktiengesellschaft
verbaut, daher werden diese Systeme HyMotion3 genannt. Hy steht fur die englische
Bezeichnung des Wasserstoffs Hydrogen und Motion folgt der Firmenstrategie der Marke
Volkswagen, die Motion zur Wiedererkennung ihrer Technologien einsetzt.
In der nachsten Generation von BZ-Fahrzeugen mochte der Volkswagen Konzern den
ersten, vollstandig eigenentwickelten Brennstoffzellen-Stapel (Zusammenschluss vieler einzelner
Brennstoffzellen) einsetzen. Dieser Stapel wird uber eine ebenfalls selbstentwickelte Peripherie
mit den erforderlichen Medien Wasserstoff, Luft und Kuhlflussigkeit versorgt. Der BZ-Stapel
und die Peripherie bilden zusammen ein Brennstoffzellensystem. Werden die Peripherie und der
Stapel unter dem Gesichtspunkt der optimalen Bauraumausnutzung konstruiert, so wird von
einem Brennstoffzellen-Aggregat (BZ-Aggregat) gesprochen.
In der Volkswagen Konzernforschung wird der Hauptforschungsschwerpunkt bei den
nachsten Prototypen BZ-Fahrzeugen derzeit auf die Optimierung und Weiterentwicklung
des ersten selbstentwickelten BZ-Aggregates gelegt. Im Gegensatz zu dieser Erstentwicklung
steht fur den Betrieb dieser Aggregate eine sich uber zwei Generationen weiterentwickelte
Brennstoffzellensystem-Steuerung zur Verfugung.
Die grundlegende Ablaufsteuerung und Regelung der Peripherie wurde schon bei der
HyMotion2-Generation in der Entwicklungsumgebung Ascet erfolgreich umgesetzt, fur
HyMotion3 weiterentwickelt und fur diverse Systemanderungen angepasst. Zu Beginn dieser
Arbeit wurde die HyMotion3-Brennstoffzellensystem-Steuerung auf die Entwicklungsumgebung
Matlab/Simulink R© von The MathWorks portiert, auf das zu untersuchende Brenn-
stoffzellensystem angepasst und getestet. Diese Arbeit baut somit auf eine funktionierende und
2Das CEP ist ein Demonstrationprojekt, welches nach den Empfehlungen der VerkehrswirtschaftlichenEnergiestrategie (VES) von Fahrzeugherstellern, Energielieferanten und der deutschen Bundesregierungmit der Version einer neuen nachhaltigen emissionsfreien Mobilität mittels Wasserstoff- und Brennstoffzel-lentechnologie im Jahre 2003 gestartet wurde [13]. Das CEP befindet sich zurzeit in der dritten Phase mitdem Fokus auf die Marktvorbereitung [14].
Einleitung 3
getestete Brennstoffzellensystem-Steuerung fur das hier betrachtete Brennstoffzellensystem
auf.
Das BZ-Aggregat der nachsten Generation entwickelt sich nicht nur hinsichtlich der
Brennstoffzellen- und Peripherie-Hardware weiter, sondern soll auch in Bezug auf die
Brennstoffzellensystem-Steuerung weiter optimiert und verbessert werden. Der Fokus
wird hier zum einen auf regelungstechnische Herausforderungen und zum anderen auf die
Verbesserung des Software-Entwicklungsprozesses gelegt. Die Losung der regelungstechnischen
Herausforderungen zielt auf eine Verbesserung der Betriebsweise des Systems, auf die
Minimierung des Wasserstoffverbrauchs und auf die Erhohung der Lebensdauer ab. Der
angewandte Software-Entwicklungsprozess des Rapid-Control-Prototyping wird in Kapitel 3
erlautert und stellt das Werkzeug zur Verfugung, mit dem die regelungstechnische Optimierung
der Steuerung durchgefuhrt wird.
Die Wasserstoffversorgung der nachsten Brennstoffzellensystem-Generation wird im
Gegensatz zur vorherigen ohne eine aktive Rezirkulation mittels eines Seitenkanalgeblases
ausgestattet. In den HyMotion3-Fahrzeugen wird mit Hilfe eines Simulationsmodells, basierend
auf einem Modell des Seitenkanalgeblases, die Gaszusammensetzung bestimmt und gezielt
darauf gesteuert. Damit wird eine Reduzierung des Wasserstoffverbrauchs um 5,33 % im
Verbrauchszyklus New European Driving Cycle (NEDC) erzielt [52].
Der Wegfall des Seitenkanalgeblases im betrachteten Brennstoffzellensystem erfordert
eine Alternative zur Bestimmung der Gaszusammensetzung, damit die Verbrauchsersparnisse
weiterhin fur die neue Fahrzeug-Generation erhalten bleiben. Daher wird in Kapitel 4
eine modellgefuhrte Steuerung der Wasserstoffkonzentration entworfen, die auf einem
Stickstoff-Diffusionsmodell zur Ermittlung der Gaszusammensetzung aufbaut. Hier steht die
Funktionalitat des Simulationsmodells zur Darstellung der Machbarkeit der modellgefuhrten
Steuerung im Vordergrund.
In Kapitel 5 wird die Regelgute der Regelung des Kuhlsystems mittels einer
Storgroßenaufschaltung verbessert. Die aus HyMotion3 ubernommene Regelung der
Kuhlmitteleintrittstemperatur weist bei großen Lastsprungen Abweichung von bis zu 4 % auf.
In Verbindung mit dem eigenentwickelten Brennstoffzellen-Stapel fuhrt dies zu einer starkeren
Beeinflussung der Leistungsfahigkeit im Gegensatz zum HyMotion3-System und kann zudem
die Lebensdauer reduzieren.
Des Weiteren hat die Kuhlmittelein- und -austrittstemperatur einen Einfluss auf die
relative Feuchte der Reaktionsgase. Das Einstellen dieser Feuchten ermoglicht die Steigerung
der Zuverlassigkeit und die Verbessung des BZ-Wirkungsgrads, daher wird zurzeit an der
4
Entwicklung einer Feuchte-Regelung gearbeitet. Eine Reduzierung der Regelabweichung der
Kuhlmitteltemperaturregelung verringert die moglichen Storeinflusse auf eine Feuchte-Regelung
oder bietet im Umkehrschluss die Moglichkeit einer weiteren Stellgroße fur die Regelung
der Feuchte. Die erforderliche Verbesserung der Regelgute des Kuhlsystems wird durch den
Entwurf der Storgroßenaufschaltung in Kapitel 5 realisiert.
Die Versorgung der Brennstoffzelle mit dem notigen Luftsauerstoff wird bei vielen Au-
tomobilherstellern durch den Einsatz eines Turboverdichters realisiert [50]. Das Kennfeld eines
Turboverdichters wird durch die”Pumpgrenze“ beschrankt. Die Verletzung dieser Grenze
kann zu einer mechanischen Beschadigung des Verdichters fuhren. Das Zusammenspiel des
eingesetztes Turboverdichters mit dem Brennstoffzellen-Stapel fuhrt wahrend des Betriebes
den Verdichter nahe an seine Pumpgrenze heran. Damit wahrend des Betriebes keine
Beschadigung des Verdichters auftritt, wird in Kapitel 6 eine Betriebsstrategie entwickelt, die
den sicheren Einsatz des Turboverdichters gewahrleistet. Diese Betriebsstrategie beinhaltet
neben einer Pumpgrenzuberwachung auch die Regelung zweier Luftmassenstrome. Im
unteren Lastbereich des Brennstoffzellensystems fordert der Turboverdichter einen hoheren
Luftmassenstrom als die Brennstoffzelle benotigt, daher muss zum einen der Luftmassenstrom
des Turboverdichters und zum anderen der Luftmassenstrom der Brennstoffzelle geregelt werden.
Abschließend werden die Ergebnisse dieser Arbeit in Kapitel 7 zusammengefasst. Im
Ausblick dieses Abschnittes werden die Schritte vorgestellt, die absolviert werden mussen, um
die optimierte Steuerung fur den Fahrzeugeinsatz zu ertuchtigen.
Grundlagen der Steuerung eines Brennstoffzellensystems 5
2 Grundlagen der Steuerung eines Brennstoffzellensys-tems
Der Einsatz einer Brennstoffzelle fur automobile Anwendungen dient der Umwandlung
der chemisch gebundenen Energie des Wasserstoffs in elektrische Energie, die fur den
Antrieb eines rein elektrisch betriebenen Fahrzeuges (E-Fahrzeug) genutzt wird oder als
Hilfsenergiequelle (APU) fur das Fahrzeug eingesetzt werden kann. Der Wasserstoff wird
uber einen Onboard-Reformer aus z.B. Methanol gewonnen oder direkt in flussiger oder
gasformiger Form in einem Tank mitgefuhrt. Daher ist die Brennstoffzelle und die von ihr
benotigte Peripherie ein wichtiger Bestandteil des Antriebsstranges eines E-Fahrzeuges mit
Brennstoffzellen-Antrieb.
In Abbildung 2.1 wird der prinzipielle Aufbau eines Brennstoffzellen-Fahrzeuges darge-
stellt. Der elektrische Antrieb des Brennstoffzellen-Fahrzeuges umfasst die Elektromaschine,
den dazugehorigen Umrichter und das Getriebe. Neben dem Brennstoffzellensystem und
dem Wasserstoffspeicher ist eine Hochvolt (HV) Batterie integriert, die verschiedene
Hybridfunktionen realisieren kann. Das Brennstoffzellensystem setzt sich aus der Brennstoffzelle
und seiner Peripherie zusammen. Das 12 Volt Bordnetz und die HV Batterie sind jeweils mit
einem Umrichter an das Traktionsnetz des Fahrzeuges angeschlossen. Dieses Traktionsnetz
verbindet die Energiespeicher bzw. Energiewandler mit der Elektromaschine.
Im Konzept des Brennstoffzellen-Fahrzeuges dient das Brennstoffzellensystem hauptsachlich
als Stromerzeuger fur den elektrischen Antriebsmotor, wahrend die HV Batterie nur zur
Unterstutzung des Brennstoffzellensystems und als Speichermedium fur rekuperierte Energie
Brennstoffzellensystem
Frequenz-
Umrichter
~
=
Batteriesystem
Peripherie Brennstoffzelle
H2-
Tank
HV
12V
DC/DC
=
=
E-Antrieb,
Getriebe
M3~
DC/DC
=
=
Abbildung 2.1: Prinzipieller Aufbau eines Brennstoffzellen-Fahrzeuges
6
verwendet wird. Daher muss das Brennstoffzellensystem mit seiner Steuerung zuverlassig
arbeiten und fur unterschiedlichste Umgebungsbedingungen einen sicheren Betrieb des
Fahrzeuges gewahrleisten.
Im Hinblick auf die Dynamik des gesamten Antriebsstranges hat zusatzlich zur Dyna-
mik des Brennstoffzellensystems die Kapazitat und die kurzfristige, maximal mogliche
Leistungsabgabe der Batterie einen entscheidenden Einfluss. Daher sollte die Auswahl der
Batterie in Bezug auf die erwahnten Parameter Kapazitat und kurzfristige Leistungsfahigkeit
im Zusammenspiel mit einem intelligenten Hybridmanagementsystem getroffen werden.
Dieser Hybridmanager entscheidet, inwieweit das Brennstoffzellensystem in Beschleu-
nigungsphasen unterstutzt wird, der Lastpunkt des Brennstoffzellensystems positiv fur den
Gesamtwirkungsgrad des Antriebsstranges verschoben wird und wieviel zusatzliche Energie
durch Rekuperieren beim Bremsen und normalen Verzogern zuruckgewonnen wird [3, 59]. Dies
fuhrt zu einer Verbesserung des Wirkungsgrads des Antriebsstranges, zur Verlangerung der
Lebensdauer des Brennstoffzellensystems und zu einer Minimierung des Wasserstoffverbrauchs
[3, 59]. Aufgrund der erwahnten Anforderungen an das Brennstoffzellensystem dient die Steue-
rung eines Brennstoffzellensystems in erster Linie der Gewahrleistung der Betriebssicherheit
und der Erfullung der dynamischen Anforderungen des elektrischen Antriebsstranges an das
Brennstoffzellensystem.
Eine Brennstoffzelle benotigt fur den Einsatz als elektrische Energiequelle eines Fahr-
zeugantriebsstranges eine Peripherie, die die benotigten Edukte Wasserstoff und Sauerstoff
schnellstmoglich bereitstellt und die produzierte Warme abfuhrt. Diese Peripherie besteht bei
dem in dieser Arbeit betrachteten Brennstoffzellensystem aus der Wasserstoffversorgung, der
Luftversorgung, dem Kuhlsystem, dem Tanksystem und dem Hochvoltsystem. Der genaue
Aufbau des in dieser Arbeit untersuchten Brennstoffzellensystems und der dazugehorigen,
entwickelten Steuerung wird in diesem Kapitel erlautert. Bei der Beschreibung der Steuerung
wird auf die globale Struktur der Steuerung eines Fahrzeug-Brennstoffzellensystems, die
Anforderungen an die Regelung des Gesamtsystems, inklusive seiner Teilsysteme und den
Ablauf der Steuerung eingegangen. Zusatzlich wird das Thema Fehlerbehandlung nahergehend
vorgestellt. Die Fehlerbehandlung ist ein wichtiger Bestandteil der Steuerung, der einen
zuverlassigen und robusten Betrieb des Brennstoffzellensystems gewahrleistet und somit die
Verfugbarkeit des Brennstoffzellenfahrzeuges entscheidend verbessern kann.
Bevor die Steuerung zum Thema dieses Kapitels wird, werden zunachst die Grundlagen der
Brennstoffzellentechnologie kurz erlautert und auf die verwendete Polymer-Elektrolyte-Membran
(PEM)-Brennstoffzelle eingegangen. Hier werden die Vorteile aber auch die Herausforderungen
der PEM-Technologie hinsichtlich der Anwendung fur den automobilen Sektor herausgestellt.
Grundlagen der Steuerung eines Brennstoffzellensystems 7
2.1 Grundlagen der Brennstoffzellentechnologie
Das Prinzip der Brennstoffzelle als elektrochemischer Energiewandler wurde erstmals vom
deutsch-schweizerischen Chemiker Christian Friedrich Schonbein im Jahre 1839 in der
Januarausgabe des Philosophical Magazine erlautert [41]. Ebenfalls im Jahre 1839 unter
Kenntnisnahme der Arbeit von Schonbein entwickelte der englische Naturwissenschaftler und
Jurist Sir William Grove sein Grovsches Element, welches zur damaligen Zeit als Gasbatterie
bezeichnet wurde.
Tabelle 2.1: Brennstoffzellentypen und ihre Eigenschaften nach [16, 20, 41, 66]
technische DatenBrennstoffz.typ Elektrolyt ReaktantenBetriebstemp.in ◦C
Leistung inkW
Leistungs-dichte in W
cm2
PEMFCPolymerelektrolyt-Membran Brenn-stoffzelle
feste, perfluorie-te und sulfoniertePolymermembran
Wasserstoff,Sauerstoff, Luft
60 – 801
120 – 1802mW–500 0,6
AFCAlkalische Brenn-stoffzelle
Kaliumhydroxid inWasser gelöst
Wasserstoff,Sauerstoff
20 – 90 5 – 150 0,3
DMFCDirektmethanol-Brennstoffzelle
protonleitendeMembran
Methanol, Luft 60 – 130 < 5 –
PAFCPhosporsaureBrennstoffzelle
Phosporsäure Wasserstoff,Sauerstoff, Luft
160 – 220 < 11000 0,2
MCFCKarbonatschmelzen-Brennstoffzelle
schmelzflüssigeAlkalikarbonate ineiner keramischenMatrix
reformierterWasserstoff,Sauerstoff,Carbondioxid
620 – 850 < 10000 0,1
SOFCFestoxid-Brennstoffzelle
Ytrium-dotiertesZirkondioxid
reformierterWasserstoff,Sauerstoff, Luft
800 – 1000 < 10000 0,4
In den darauf folgenden Jahrzehnten werden die Brennstoffzelle und ihre unterschiedlichen
Typen weiter erforscht, und fur einige Anwendungen, wie z.B. die EFOY-Brennstoffzelle der
SFC Energy3 wird die Brennstoffzelle in Serie gefertigt. In Tabelle 2.1 sind die sechs wichtigsten
Brennstoffzellentypen nach dem verwendeten Elektrolyten unterteilt und ihre technischen
fahrzeugrelevanten Daten aufgelistet.
1Niedertemperatur2Hochtemperatur3Firmenhomepage:http://www.sfc.com/de
8 2.1 Grundlagen der Brennstoffzellentechnologie
Fur den Einsatz der Brennstoffzellentechnologie im automobilen Sektor stellt die NT-
PEM-Brennstoffzelle die beste Losung dar [10, 21, 41]. Die NT-PEM-Brennstoffzelle weist
laut Tabelle 2.1 die hochste Leistungsdichte bezogen auf die aktive Zellflache auf und die
Betriebstemperatur liegt in einem vergleichbaren Bereich mit den Ol- und Kuhlkreislaufen in
Verbrennungskraftmaschinen fur automobile Anwendungen, somit kann mit vergleichbaren
Aufheizzeiten gerechnet werden. MCFC und SOFC benotigen ca. 30 bis 60 Minuten um auf
ihre notwendige Betriebstemperatur zu kommen. Zahlreiche Automobilhersteller wie z.B.
Daimler, Hyundai, Honda, Toyota, GM, Ford, Nissan und Volkswagen berucksichtigen bei
ihrer Entwicklung einer E-Mobilitat Brennstoffzellenfahrzeuge. Diese Brennstoffzellenfahrzeuge
werden ausschließlich mit NT-PEM-Brennstoffzellen ausgerustet.
Die PEM-Technologie erfullt uberwiegend alle Bedingungen und Herausforderungen
der Automobilindustrie. Das Department of Energy (DOE) hat fur die USA Zielwerte,
DOE-Targets, fur einige Anforderungsparameter fur Brennstoffzellen-Fahrzeuge bis 2015
festgesetzt [63]. Des Weiteren gibt die Zero Emission Vehicle (ZEV) Gesetzgebung aus
Kalifornien Vorgaben fur den Einsatz von BZ-Fahrzeugen an [36]. Die wichtigsten DOE-Targets
und ZEV-Vorgaben sind hier erwahnt:
• Dynamik des Brennstoffzellensystems von 1 Sekunde bei einem 10-90 % Lastsprung
• Reichweite aus ZEV-Gesetzgebung fur maximale Credits (UDDS-Zyklus)4 > 300 mi =
483 km
• Minimale Starttemperatur bei -40 ◦C Umgebungstemperatur und einer Haltezeit von 8
Stunden
• Lebensdauer von 5000 Betriebsstunden bei 10 % Spannungsdegradation bei PBZ,max
• Kosten des Brennstoffzellensystems von 30 $/kW bei einer Stuckzahl von 500000 pro
Jahr
Bei den beiden letztgenannten Punkten Lebensdauer und Kosten mussen zurzeit noch Abstriche
gemacht werden, aber die Daimler AG und die japanischen Automobilhersteller Honda, Toyota
und Nissan prognostizieren diese Herausforderungen bis 2015 gelost zu haben [4, 38, 47, 58].
Des Weiteren beabsichtigen Honda, Toyota, Hyundai und Daimler nach eigenen Angaben ab
2015 bzw. 2014 Brennstoffzellenfahrzeuge in Kleinserien zu produzieren [4, 35, 38, 40, 47].
4UDDS: Urban Dynometer Driving Schedule, US-amerikanischer Stadtzyklus
Grundlagen der Steuerung eines Brennstoffzellensystems 9
Die in derzeitigen Prototypenfahrzeugen verwendeten Brennstoffzellensysteme konnen eine
maximale elektrische Aggregateleistung von bis zu 100 kW an die Elektromaschine abgeben
und werden bei einer Betriebstemperatur von 60 – 80 ◦C betrieben. Die Tabelle 2.2 fasst
die wichtigsten Prototypenfahrzeuge mit den entsprechenden Kennzahlen der verschiedenen
Hersteller zusammen.
Tabelle 2.2: Kennzahlen von Brennstoffzellen-Fahrzeugen ausgewählter Hersteller[2, 15, 28, 40, 57]
Fahrzeug-bezeichnung
BZ-Aggregate-leistung
0 –100km/h
Maximal-geschw.
Wasserstoff-verbrauch
Reich-weite
Tankinhalt
in kW in s in km/h in kg/100km in km in kg (bar)5
VW HyMotion3 85 12,6 140 1,36 230 3,6 (700)
Daimler F-Cell 80 11,4 170 1,16 >400 ca. 4,3 (700)
Toyota FCHV adv. 907 10,9 155 0,88 830 6,5 (700)
Honda Clarity 100 9 161 0,969 386 3,92 (350)
GM HydroGen4 93 12 160 1,39 320 4,2 (700)
Hyundai-Kia FCEV - 12,8 160 1,0410 758 7,9 (700)
5Tankdruck bei maximalem Füllstand6Verbrauch im NEDC-Zyklus; New European Driving Cycle7Leistung des Elektromotors8Verbrauch im 10-15 Mode; Japanischer Fahrzyklus9Verbrauch im FTP75-Zyklus; Amerikanischer Fahrzyklus
10Verbrauch bei realen Fahrbedingungen
10 2.1 Grundlagen der Brennstoffzellentechnologie
2.1.1 Funktionsweise einer Brennstoffzelle
Fur ein besseres Verstandnis der Funktionsweise der PEM-Brennstoffzelle wird in Abbildung
2.2 der Aufbau einer einzelnen PEM-Brennstoffzelle, im folgenden nur Brennstoffzelle
genannt, dargestellt. Die Brennstoffzelle setzt sich aus den Komponenten Bipolarplatte,
Gasdiffusionsschicht, Elektrode und Membran zusammen.
Abbildung 2.2: Prinzipieller Aufbau einer einzelnen Brennstoffzelle
In Abbildung 2.2 ist auf beiden Seiten der protonendurchlassigen Polymermembran
jeweils eine Gasdiffusionselektrode (GDE) und eine Bipolarplatte angebunden. Eine Gasdif-
fusionselektrode besteht als Dreischichtelektrode aus einer hydrophoben, aus Kohlefasern
bestehenden Tragerschicht, einer mikroporosen Diffusionsschicht aus Kohle und Polytetrafluo-
rethylen (PTFE) sowie einer Katalysatorschicht aus kohlegetragerten Platinmetallpartikeln und
einem Polymerelektrolyten z.B. Nafion R©[39].
Der Katalysator dient als Initialisator der elektrochemischen Reaktion in der Brenn-
stoffzelle. Die in der Abbildung 2.2 links angeordnete wasserstofffuhrende Seite der Membran
wird als Anode bezeichnet, die rechts angeordnete sauerstofffuhrende Seite wird in der
Grundlagen der Steuerung eines Brennstoffzellensystems 11
Elektrochemie als Kathode bezeichnet. In die an die GDEs angrenzenden Bipolarplatten
sind Flussfelder aufgepragt oder eingeatzt, sie dienen der optimalen Zufuhr der Medien
Wasserstoff, Luft und Kuhlflussigkeit [41]. Werden die einzelnen Brennstoffzellen gasseitig
parallel und spannungsseitig in Serie geschaltet, entsteht ein sogenannter Brennstoffzellenstapel.
In der Brennstoffzelle wird die chemisch gebundene Energie des Wasserstoffs unter
Zufuhr von Sauerstoff direkt in elektrische Energie umgewandelt. Anhand der Abbildung
2.2 und im Folgenden aufgefuhrten Redoxreaktion [41] wird die chemische Reaktion verdeutlicht:
⊕ Kathode 12O2 + 2H+ + 2e− H2O E0 = 1, 23 V
Anode H2 2H+ + e− E0 = 0 V
2H2 +O2
Brennstoffzelle
Elektrolyse2H2O ∆E0 = 1, 23 V
An der Anode oxidiert das Wasserstoffmolekul H2 in zwei Protonen H+ und zwei Elektronen
e−. Die Protonen oder Wasserstoffionen diffundieren durch die protonenleitfahige Membran
und reagieren mit Hilfe eines Katalysators an der Kathode mit den dort aus dem gespaltenen
Luftsauerstoffmolekul O2 reduzierten Sauerstoffionen O2− zu Wasser in flussiger oder
gasformiger Form. Die Elektronen mussen von der Anode uber einen elektrischen Verbraucher,
in Abbildung 2.2 als Gluhlampe dargestellt, zur Kathode wandern, um das Sauerstoffmolekul in
Sauerstoffionen zu reduzieren. Das Produktwasser fallt auf der Kathode an und wird mittels
des Luftmassenstroms aus der Brennstoffzelle abtransportiert. Ein Teil des Produktwassers
verbleibt in der hydrophoben Schicht der GDE und dient dort dem internen Wassermanagement
der Brennstoffzelle [27, 41].
Anhand der Redoxreaktion betragt die maximal nutzbare Zellspannung E0 = 1, 23 V. Diese Zell-
spannung entspricht der Gibbs’schen Freien Reaktionsenthalpie von ∆G0 = −237, 13 kJ/mol
fur das Produkt flussiges Wasser. Durch Effekte bezuglich der Kinetik der Brennstoffzelle wird
die Zellspannung E0 durch Spannungsverluste verringert.
Die theoretische Zellspannung E0 kann nur im reversiblen Gleichgewicht erreicht wer-
den. Sie ist vergleichbar mit der Ruhespannung bei einer Batterie. Sobald ein Strom
fließt, treten Verluste in Form von Uberspannungen auf. Diese Uberspannungen teilen
sich in Durchtrittsuberspannung UD, Konzentrationsuberspannung UKon und Ohm’schen
Spannungsabfall UOhm auf. Diese Uberspannungen haben in Abhangigkeit der Stromdichte
unterschiedliche Einflusse.
Jede Brennstoffzelle ist durch eine Strom-Spannungs-Kennlinie gekennzeichnet. Sie
charakterisiert das Verhalten einer Brennstoffzelle in Abhangigkeit von der Stromdichte. Die
12 2.1 Grundlagen der Brennstoffzellentechnologie
Ohm´scher
Spannungsabfall UOhm
Stromdichte in A/cm2
Ze
llsp
an
nu
ng
in V
reversible Zellspannung
Konzentration-
überspannung UKon
U0 Durchtritts-
überspannung UD
Elektrische Leistung
Wärme
E0
Abbildung 2.3: Einflüsse der einzelnen Überspannungen auf die reversible Zellspan-nung, Strom-Spannungs-Kennlinie nach [48]
Abbildung 2.3 stellt die Einflusse der einzelnen Uberspannungen auf die reversible Zellspannung
E0 dar. Abbildung 2.3 zeigt den typischen Verlauf einer Strom-Spannungs-Kennlinie. In
der Strom-Spannungs-Kennlinie wird die Spannung einer Einzelzelle uber die Stromdichte,
die dem Quotienten aus Stromstarke und aktiver Zellflache entspricht, aufgetragen. Der
charakteristische Verlauf einer Strom-Spannungs-Kennlinie ist ein Resultat aus der Differenz
zwischen reversibler Zellspannung E0 und der Summe der Uberspannungen UGes
E(i) = E0 − UGes,
= E0 − (UD − UKon − UOhm). (2.1)
Im Ruhezustand i = 0 beginnt der Verlauf bei einer Spannung U0 unterhalb der reversiblen Zell-
spannung E0, da die Kathodenreaktion im Ruhezustand irreversibel verlauft. Im Bereich geringer
Belastung bzw. niedriger Stromdichte fallt der Verlauf aufgrund der Durchtrittsuberspannung
UD stark ab. Im Teillastbereich stellt sich ein linearer Verlauf ein. Hier uberwiegt der Ohm’sche
Spannungsabfall UOhm. Die Konzentrationsuberspannung UKon begrenzt die maximale Strom-
dichte der Brennstoffzelle.
Grundlagen der Steuerung eines Brennstoffzellensystems 13
2.1.2 Aufbau eines Brennstoffzellensystems
Ein Brennstoffzellensystem setzt sich aus einer Brennstoffzelle inklusive dem dazugehorigen
Hochvoltsystem und ihrer Peripherie bestehend aus den vier Teilsystemen der Medien
Wasserstoff, Luft und Kuhlmedium zusammen. Die Abbildung 2.4 zeigt den prinzipiellen
Aufbau des behandelten Brennstoffzellensystems mit den erwahnten Teilsystemen.
Die Brennstoffzelle bestehend aus Anode und Kathode ist als zentrales Element mit-
tig dargestellt, das Hochvoltsystem umfasst neben der Brennstoffzelle jeweils ein Schutz fur
den positiven und den negativen elektrischen Anschluss der Brennstoffzelle an das Hochvoltnetz
des Traktionsnetzes und einen DC/DC-Umrichter, der uber einen Spannungssollwert die
abzugebende Brennstoffzellenleistung einstellt. Diese Schutze dienen als Sicherheitseinrichtung,
um im Fehlerfall oder bei Nichtbetrieb des Brennstoffzellensystems die Brennstoffzelle von dem
Rest des Traktionsnetzes trennen zu konnen.
Das Teilsystem der Wasserstoffversorgung ist orange, der Luftversorgung hellblau, des
Kuhlsystems grun, des Tanksystems gelb und des Hochvoltsystems grau hinterlegt.
Kühlsystem
M
Kühlmittel-
pumpe
Kühler
Thermostatventil
Lüfter
Rezirkula-
tionseinheit
Purgeventil
Druckregelventil
Luft-
versorgung
LuftfilterVerdichter
Drossel-
klappe
M
Wärme-
übertrager
Befeuchter
Waste-
klappe
Befeuchter-
klappeH2O Ausgleichs-
behälter
H2-Tank
+
-Schütze
Hochvoltsystem
Tankventil
Brennstoffzelle
Anode
Kathode
H2O-Abscheider
Tanksystem
Wasserstoffversorgung
DC/DC
Umrichter=
=
Abbildung 2.4: Prinzipieller Aufbau des behandelten Brennstoffzellensystems
14 2.1 Grundlagen der Brennstoffzellentechnologie
Wasserstoffversorgung und Tanksystem
Der erforderliche Wasserstoff zur Generierung der elektrischen Energie wird an Bord eines
Fahrzeuges gasformig in einem Drucktank bei 350 bar oder 700 bar gespeichert, siehe
Tabelle 2.2. Uber Tankventile wird der Wasserstoff der Wasserstoffversorgung zugefuhrt und
mittels des Druckregelventils stellt die Steuerung den Anodeneintrittsdruck ein. In der Re-
zirkulationseinheit wird der Frischwasserstoff aus dem Tank mit dem Abgas der Anode vermischt.
Die Rezirkulationseinheit wird aus einem Rezirkulationsgeblase, einer oder mehreren
Strahlpumpen oder einer Kombination aus Rezirkulationsgeblase und Strahlpumpe gebildet
[52, 59]. In dem hier behandelten System wird eine Strahlpumpe betrachtet, die passiv uber
einen hohen Eintrittsdruck des Wasserstoffes die angesaugten Gase beschleunigen und somit
in Abhangigkeit des Massenstroms des zugefuhrten Wasserstoffes eine definierte Menge an
Anodenabgas rezirkulieren kann. Innerhalb der Wasserstoffversorgung fallt in Abhangigkeit von
der Betriebsweise flussiges Wasser an, welches im Wasserabscheider aufgefangen wird und
mittels eines Ventils an die Umgebung abgeschieden werden kann.
Der Wasserdampf- und Stickstoffpartialdruckunterschied zwischen der Anode und der
Kathode uber die Polymermembran fuhrt zu einer Diffusion des Stickstoffs und des Wasser-
dampfes von der Kathode zur Anode. Diese auftretenden Verunreinigungen (Stickstoff und
Wasserdampf) reichern sich innerhalb der Wasserstoffversorgung aufgrund der Rezirkulation an.
Die damit verbundene Verringerung der Wasserstoffkonzentration fuhrt zu einer Abnahme des
Brennstoffzellenwirkungsgrads. Diesem Effekt kann durch das Offnen des Purgeventils (vgl.
Abb. 2.4) entgegengewirkt werden, da das verunreinigte Gasgemisch der Wasserstoffversorgung
uber das Purgeventil ausgetragen werden kann. Durch den nachstromenden reinen Wasserstoff
wird die Wasserstoffkonzentration wieder angehoben.
Das Bestimmen des Diffusionsstroms der Verunreinigungen und der Wasserstoffkon-
zentration zur Entwicklung einer modellgefuhrten Steuerung der Wasserstoffkonzentration wird
im Kapitel 4 bearbeitet.
Luftversorgung
Der erforderliche Sauerstoff fur die elektrochemische Reaktion innerhalb der Brennstoffzelle
wird aus der Umgebungsluft uber die Luftversorgung bereitgestellt. Die Luft wird zunachst in
der Luftversorgung gefiltert und anschließend mit einem Luftverdichter auf den erforderlichen
Betriebsdruck erhoht, um nach der Durchstromung des Befeuchters und der Brennstoffzelle
den Luftmassenstrom wieder der Umgebung zuzufuhren.
Grundlagen der Steuerung eines Brennstoffzellensystems 15
Die Bereitstellung von Sauerstoff geschieht bei mobilen Brennstoffzellenanwendungen
durch die Zufuhr von Luftsauerstoff uber ein Geblase, einen Turboverdichter, einen Schrauben-
verdichter oder uber andere Bauarten von Luftverdichtern. Die Tabelle 2.3 stellt die Vor- und
Nachteile der einzelnen Luftverdichter den Anforderung eines Brennstoffzellensystems an die
Luftversorgung gegenuber. Das in der Tabelle aufgefuhrte Druckverhaltnis π entspricht dem
Quotienten aus dem Verdichteraustrittsdruck und dem Druck der angesaugten Luft.
Tabelle 2.3: Vor- und Nachteile verschiedener Verdichter in Bezug auf die Anforde-rungen eines mobilen Brennstoffzellensystems [35, 50]
Bauart Druckverhältnisπ
Wirkungsgradin %
Bauraum Akustik
BZ-Anforderungen
bis 2,5 ⊕ ⊕ ⊕
Schrauben-verdichter
bis 3 65 � �
Turbo-verdichter
bis 3,5 75 ⊕ ⊕
Rootsgebläse bis 2 55 �
Aufgrund des hohen Wirkungsgrads, des passenden Druckverhaltnisses und des geringsten
Bauraumes der aufgefuhrten Verdichterbauarten bietet sich der Turboverdichter fur die
Luftversorgung eines Brennstoffzellensystems an. Ein weiterer entscheidender Vorteil des
Turboverdichters ist die Akustik. Aufgrund des Verdichtungsprinzips einer Stromungsmaschine
erzeugt der Turboverdichter eine gleichmaßige Stromung mit einer geringeren Schallemission
als der Schraubenverdichter. Der Schraubenverdichter verursacht als Verdrangermaschine
eine pulsierte Stromung mit einem hoheren Schallpegel [45]. Somit tragt der Turboverdichter
zu einer kaum wahrnehmbaren Gerauschemission des Brennstoffzellensystems in einem
BZ-Fahrzeug bei.
Der verdichtete Luftmassenstrom wird im Anschluss des Turboverdichters in Abhangigkeit der
Verdichteraustrittstemperatur im Warmeubertrager auf die gewunschte Betriebstemperatur
gekuhlt oder erwarmt. Die verdichtete und temperierte Luft wird anschließend dem Befeuchter
auf der kathodenzugewandten Seite zugefuhrt. Das entstehende Produktwasser der Brennstoff-
zelle fallt fast ausschließend an der Kathode an, wird vom Luftmassenstrom aufgenommen und
durchstromt anschließend den Befeuchter auf der kathodenabgewandten Seite.
Innerhalb des Befeuchters gibt das feuchte Kathodenabgas einen Teil des gasformigen
Produktwassers an den trockenen verdichteten Luftmassenstrom vom Turboverdichter
kommend ab. Nach der Durchstromung der Brennstoffzelle stellt mit der anschließenden
16 2.1 Grundlagen der Brennstoffzellentechnologie
Drosselklappe die Steuerung den erforderlichen Eintrittsdruck der Kathode ein.
Aufgrund komponentenbedingter Betriebszustande des Turboverdichters muss in unte-
ren Betriebspunkten ein Teil des geforderten Luftmassenstroms an der Brennstoffzelle vorbei
uber die Wasteklappe geleitet werden. Zusatzlich kann beim Betrieb eines Turboverdichters
das Instabilitatsproblem des”Pumpens“ auftreten. Aufgrund dieser Tatsachen wird eine
geeignete Betriebsstrategie fur einen Turboverdichter innerhalb des zu untersuchenden
Brennstoffzellensystems in Kapitel 6 erarbeitet und diskutiert.
Kuhlsystem
Die elektrochemische Reaktion innerhalb einer Brennstoffzelle ist ein exothermer Prozess und die
dabei entstehende Warme muss aus der Brennstoffzelle abgefuhrt werden, um die gewunschte
Betriebstemperatur einhalten zu konnen. Die anfallende Warme des Brennstoffzellensystems
wird mittels des Kuhlsystems analog zum Verbrennungsmotor an die Umgebung abgegeben.
Die auftretenden Energiestrome der Energiewandlungsprozesse eines Brennstoffzellenfahrzeuges
und eines Dieselfahrzeuges werden qualitativ in der Abbildung 2.5 gegenuber gestellt. Die rechte
Seite der Abbildung 2.5 stellt die Energiestrome eines Dieselfahrzeuges dar. Die Energiestrome
sind so skaliert, dass der Betrag der mechanischen Antriebsarbeit beim Dieselfahrzeug
der mechanischen Antriebsarbeit eines BZ-Fahrzeuges identisch ist [17]. Somit muss das
Dieselfahrzeug aufgrund des schlechteren Wirkungsgrads der Verbrennungskraftmaschine ca.
35% mehr Energie fur die selbe mechanische Leistung einsetzen.
Die im Wasserstoff chemisch gebundene Energie wird in einem Brennstoffzellensystem
Abbildung 2.5: Gegenüberstellung der Energieströme eines BZ-Fahrzeuges undeines Dieselfahrzeuges [17]
Grundlagen der Steuerung eines Brennstoffzellensystems 17
zu ca. 50 % in elektrische Energie zum Antrieb eines BZ-Fahrzeuges umgewandelt. Die restliche
Energie muss in Form von Warme aus dem System abtransportiert werden [50]. Aufgrund der
geringen Temperaturdifferenz zwischen dem Kathodenabgas und der Umgebungstemperatur
wird nur ca. 5 bis 10 % der Warme uber das Abgas ausgetragen [8]. Somit muss das
Kuhlmedium des Kuhlsystems 40 bis 45 % der Warme aufnehmen und uber den Fahrzeugkuhler
an die Umgebungsluft wieder abgeben.
Die hohen auftretenden Brennraumtemperaturen bei einer Verbrennungskraftmaschine
(VKM) fuhren dazu, dass ein großer Teil der Prozesswarme uber das Abgas abgefuhrt
werden kann. Die eingesetzte Energie teilt sich somit in drei etwa gleichgroße Teile auf:
Antriebsenergie, Abwarme uber das Abgas und Abwarme uber die Kuhlung sowie Reibverluste,
Strahlung und Ladeluftkuhlung. Dies zeigt auf, dass trotz des besseren Systemwirkungsgrads
eines Brennstoffzellensystems gegenuber einer Verbrennungskraftmaschine, das Kuhlsystem
eines BZ-Fahrzeuges eine großere Warmemenge abtransportieren muss. Hinzu kommt noch
die geringere Betriebstemperatur der Brennstoffzelle 50 ◦C > TBZ < 80 ◦C im Vergleich
zur Verbrennungskraftmaschine 80 ◦C > TV KM < 120 ◦C und damit ist eine kleinere
Temperaturdifferenz uber den Fahrzeugkuhler zur Umgebungstemperatur verbunden.
Die Regelung auf eine konstante Kuhlmitteleintrittstemperatur ist fur die Einstellung
der relativen Feuchte der Kathode und Anode, die optimale Leistungsfahigkeit und
Gewahrleistung einer langen Lebensdauer der Brennstoffzelle ein wichtiger Bestandteil [8].
Zusatzlich zu der Eintrittstemperatur des Kuhlmittels ist fur die Einstellung der relativen
Feuchte und den Abtransport des Produktwassers die Temperaturdifferenz des Kuhlmittels
uber die Brennstoffzelle entscheidend. Das Kuhlmittel fließt innerhalb der Bipolarplatten im
Gleichstrom zum Kathoden-Luftmassenstrom und fuhrt durch die Aufnahme der BZ-Abwarme
zu einer gleichzeitigen Erhohung der Austrittstemperatur des Kathodengases und des
Kuhlmittels.
Die Kuhlmittelpumpe fordert das Kuhlmittel innerhalb des Kuhlsystems und kann uber die
Variation der Drehzahl den Temperaturgradienten uber die Brennstoffzelle verandern. Die
Kuhlmitteleintrittstemperatur wird mittels des Thermostatventils auf eine gewunschte Betriebs-
temperatur eingestellt. Des Weiteren umfasst das Kuhlsystem einen Ausgleichsbehalter, der
ein Ausgleichsvolumen zur Aufnahme des durch Erwarmung ausgedehnten Kuhlmediums vorhalt.
Die Regelung der Kuhlmitteleintrittstemperatur wird durch mehrere Faktoren so stark
beeinflusst, das eine Optimierung der bestehenden Regelung der derzeitigen Brennstoffzel-
lensysteme bei Volkswagen in Betracht gezogen werden muss. In Kapitel 5 werden diese
Einflussfaktoren naher vorgestellt und eine Losung dieser Herausforderung erarbeitet, getestet
und anschließend bewertet.
18 2.2 Struktur der Steuerung und Regelung des Brennstoffzellensystems
2.2 Struktur der Steuerung und Regelung des Brennstoffzellensys-tems
Der Einsatz eines Brennstoffzellensystems zur Bereitstellung der elektrischen Energie fur den
Antrieb eines BZ-Fahrzeuges stellt hohe Anforderungen an die Steuerung des Brennstoffzel-
lensystems. Diese Anforderungen setzen sich zum einen aus der sicheren und dynamischen
Regelung des Brennstoffzellensystems bei unterschiedlichen Betriebsstrategien zusammen.
Zum anderen muss die Steuerung die Betriebssicherheit des Systems gewahrleisten und eine
Kommunikation mit den beteiligten Systemen des Fahrzeuges und des Brennstoffzellensystems
bereitstellen.
Diese Anforderungen werden in der Tabelle 2.4 konkretisiert und hinsichtlich der An-
forderungen an die Betriebsstrategie, die Regelung und die Fehlerbehandlung untergliedert.
Tabelle 2.4: Anforderungen an die Steuerung des Brennstoffzellensystems in Bezugauf die Betriebsstrategie, die Regelung und die Fehlerbehandlung
Anforderungen an die Betriebsstrategie
Optimale Betriebsweise hinsichtlich Zuverlässigkeit und Wirkungsgrad
Vermeidung von lebensdauerschädlichen Zuständen
Schnelles Erreichen der Betriebsbereitschaft bei Kaltstart, Froststart und Start-Stopp
Anforderungen an die Regelung
Einstellen der Partialdrücke der Reaktanten
Einstellen der relativen Feuchte der Reaktanten
Einstellen der Betriebstemperatur
Einstellen der Lastspannung
Anforderungen an die Fehlerbehandlung
Überwachen und Einhalten der Betriebsgrenzen
Diagnose
Die in Abbildung 2.6 dargestellte Struktur der Steuerung des behandelten Brennstoffzellensys-
tems stellt ein strukturelles Gerust bereit, um die an die Steuerung des Brennstoffzellensystems
gestellten Anforderungen aus Tabelle 2.4 bestmoglich erfullen zu konnen.
Oben angestellt ist die Plattform der Zustandssteuerung, die die unterschiedlichen
Betriebsstrategien und die Ablaufsteuerung des Gesamtsystems beinhaltet. Diese Zu-
standssteuerung greift in die weiteren Plattformen, wie die Fehlerbehandlung und die
Regelung/Steuerung-Plattform ein und kommuniziert uber die Kommunikationsplattform mit
Grundlagen der Steuerung eines Brennstoffzellensystems 19
Kommunikationsplattform
Bus-Kommunikation Digital-Kommunikation Analog-Kommunikation
Fehlerbehandlung
Kommunikation Grenzwerte Fehlerreaktionen
Zustandssteuerung
Betriebsstrategie
E-Fahrzeug
Fahrzeugsteuerung
Regelung / Steuerung
Luftversorgung
• Turboverdichter• Befeuchterklappe• Wasteklappe
H2-Versorgung
• Purgeventil•Wasserabscheider
Kühlsystem
• Thermostatventil
• Kühlmittelpumpe
• Kühlerlüfter
Drucksystem
• Drosselklappe• H
2-Druckregelventil
Hochvoltsystem
• BZ-Schütze
• DC/DC-WandlerTanksystem
• Tankventile
BZ-System
Ablaufsteuerung
• Pumpgrenzüberwachung
• Leistungsreduktion
• Druckdifferenz Membran
Kühlsystem
Tanksystem
Hochvoltsystem
WasserstoffversorgungLuftversorgung
Abbildung 2.6: Struktur der Steuerung des behandelten Brennstoffzellensystems
den Komponenten des Brennstoffzellensystems und mit der Fahrzeugsteuerung.
Die Plattform der Regelung/Steuerung umfasst die Regelung der Peripherie des Brennstoff-
zellensystems. Die hohe Komplexitat der Regelung der Gasdrucke fuhrt zu einem eigenen
Regelungssystem, dem Drucksystem. Die Regelung/Steuerung-Plattform wird von der
Fehlerbehandlung uberwacht, ubergeordnet von der Zustandssteuerung angesteuert und ist
uber die Kommunikationsplattform mit den Systemkomponenten verbunden.
Komplexere Steuerungsalgorithmen, die hinter den in Abbildung 2.6 farblich gekennzeichneten
Begriffen stehen, wie Pumpgrenzuberwachung, Druckdifferenz Membran und Leistungs-
reduktion setzen sich neben ihrer regelungstechnischen Funktion auch aus Funktionen
der Betriebsstrategie und Fehlerbehandlung zusammen. Diese Zusammenhange konnen
nicht entkoppelt und in die jeweilige Plattform unterbracht werden, daher sind diese drei
Steuerungsaufgaben in der Plattform Regelung/Steuerung untergebracht.
Die bereits erwahnte Fehlerbehandlung dient der Uberwachung von festen Grenzwer-
ten fur die Betriebsparameter des Brennstoffzellensystems, der Detektierung auftretender
20 2.2 Struktur der Steuerung und Regelung des Brennstoffzellensystems
Fehler in der Kommunikation, z.B. Kabelbruch oder Fehler in der Bus-Kommunikation, und
der Ausfuhrung einer definierten Fehlerreaktion bei der Identifikation eines Fehlers. Die
Fehlerbehandlung ist der Zustandssteuerung untergeordnet, uberwacht die gesamte Plattform
der Steuerung/Regelung und ist mit der Kommunikationsplattform vernetzt.
Die Kommunikationsplattform dient als Schnittstelle zwischen den Plattformen Rege-
lung/Steuerung, Fehlerbehandlung und den Aktuatoren und Systemkomponenten des
Brennstoffzellensystems. Zusatzlich wird uber diese Plattform die Kommunikation mit der
Fahrzeugsteuerung hergestellt. Die Kommunikation kann analog, digital oder uber den
CAN-Bus (Controller Area Network) erfolgen.
2.2.1 Prozessgefuhrte Ablaufsteuerung des Brennstoffzellensystems
In der ubergeordneten Zustandssteuerung wird unterschieden zwischen der Betriebsstrategie
und der Ablaufsteuerung. Unter der Betriebsstrategie ist das unterschiedliche Verhalten der
Steuerung auf veranderte Randbedingungen und Anforderungen an das Brennstoffzellensys-
tem zu verstehen. Hier sind exemplarisch einige Situationen aufgefuhrt, die unterschiedliche
Betriebsstrategien erfordern, wie z.B. extreme Witterungsbedingungen, Start-Stopp, Tanken
und sportliches Fahren. Fur die Bewaltigung dieser unterschiedlichen Randbedingungen muss
die Betriebsstrategie eng mit der Ablaufsteuerung verknupft sein, um die Sollwerte oder die
Dynamik der Regelung der Teilsysteme zu variieren, Grenzwerte zu verschieben und Fehlerreak-
tionen der Fehlerbehandlung zu andern. Zusatzlich kann eine veranderte Strategie den Ablauf
so beeinflussen, dass einige Situationen zu parallelen Pfaden in der Ablaufsteuerung fuhren.
Daher wird die Betriebsstrategie auf der obersten Plattform der Steuerung auf eine Ebene mit
der Ablaufsteuerung gesetzt.
Anfang
/Ende
Aktion
EntscheidungZustandswechsel
Abbildung 2.7: Legende der Zustandsautomaten
Bei der Erlauterung der Ablaufsteuerung wird nicht auf die Auswirkung der unterschiedli-
chen Betriebsstrategien eingegangen, sondern der Ablauf bei Normal-Bedingungen dargestellt.
Die Ablaufsteuerung wird als eine prozessgefuhrte Ablaufsteuerung bezeichnet, da ihre Zu-
standsanderungen von den Signalen des gesteuerten Systems (Prozess) abhangen [1]. Die
Programmierung der prozessgefuhrten Ablaufsteuerung wird mittels Stateflow R© von Ma-
thworks durchgefuhrt. Innerhalb dieser Arbeit wird fur die Ubersichtlichkeit und ein besseres
Grundlagen der Steuerung eines Brennstoffzellensystems 21
Verstandnis die Ablaufsteuerung anhand von Zustandsautomaten erlautert. Die Abbildung 2.7
dient als Legende fur die folgenden Zustandsautomaten.
• Ein Quadrat mit abgerundeten Ecken steht fur einen Start- oder Endzustand eines
Zustandsautomaten. Dieser Zustand wird nur einmal eingenommen.
• Ein Quadrat mit scharfen Ecken steht fur einen Zustand, der eine Aktion zur Folge hat.
Dieser Zustand kann mehrfach eintreten.
• Ein Rhombus ist ein Entscheidungszustand, entweder eine Ja/Nein Abfrage oder eine
logische Abfrage (><≤≥≡).
• Ein Pfeil verbindet die einzelnen Zustande und bezeichnet die Zustandsanderung oder
das Ergebnis einer Abfrage.
In der Abbildung 2.8 wird der Hauptablauf der Steuerung des Brennstoffzellensystems
aufgezeigt, dieser Zustandsautomat wird in der Steuerungssoftware in Simulink R© als
StateManager (SM) bezeichnet. Die Zustande des StateManagers sind allein fur das Starten,
Abfahren und Betreiben des Gesamtsystems samt seiner Teilsysteme verantwortlich. Die
Darstellung der Pfeile fur die Zustandsanderungen unterscheidet sich in Form und Farbe nach
dem Verursacher der jeweiligen Zustandsanderung.
Die Steuerung des Brennstoffzellensystems wird von der ubergeordneten Fahrzeugsteuerung
gestartet und fuhrt zunachst eine Prufung auf Wasserstoff im Fahrzeug durch. Hierbei werden
die Messwerte der im gesamten Fahrzeug verbauten Wasserstoffsensoren uberpruft und bei einer
Uberschreitung der festgesetzten Grenzwerte wird das Brennstoffzellensystem in den sicheren
OFF-Modus versetzt. Dieser Zustand gewahrleistet geschlossene Tank- und Wasserstoffab-
sperrventile, sodass kein Wasserstoff aus den Tanks in das Brennstoffzellensystem stromen kann.
Nach einer erfolgreichen Prufung auf Wasserstoff im Fahrzeug entscheidet der Fahrer
uber den Betriebszustand des Brennstoffzellensystems, diese Entscheidung wird uber die
Fahrzeugsteuerung der System-Steuerung mitgeteilt. Fur das Betanken des Fahrzeuges mit
Wasserstoff stellt die Steuerung den Tank Modus bereit und fur den Normalzustand Fahren
mit Brennstoffzelle wird in den BZ Modus gewechselt.
Wahrend des Tank Modus wird der eigentliche Tankvorgang und die Kommunikation
mit dem Tanksystem von der Steuerung uberwacht. Aus dem Zustand Tank Modus kann nur
uber den OFF Modus, also Fahrzeug ist abgestellt in den Zustand BZ Modus zuruckgekehrt
werden. Dies soll ein ungewolltes Starten des Brennstoffzellensystems oder das Losfahren
wahrend des Tank Modus verhindern.
22 2.2 Struktur der Steuerung und Regelung des Brennstoffzellensystems
Start BZ
System
Wasserstoff
Prüfung
BZ Modus Tank
Modus
Startprozedur
Betrieb
Abfahrprozedur
OFF-Modus
Auswahl des Betriebszustandes der BZ
i.O.
nicht i.O.
Zustandsänderung in den Off-Zustand auf Grund eines
Fehlers im BZ-System oder im Fahrzeug
Zustandsänderung durch die Fahrzeugsteuerung
Zustandsänderung durch die BZ-Steuerung
Abbildung 2.8: Zustandsautomat des Hauptablaufes der Steuerung
Wenn der BZ Modus ausgewahlt wurde, wird die Startprozedur aus dem BZ Modus
heraus fur das Brennstoffzellensystem eingeleitet und nach erfolgreichem Abschluss dieser
Prozedur wird der Zustand Betrieb erreicht. Dieser Zustand wird verlassen, falls der Fahrer
das Fahrzeug abstellen mochte oder falls das System aufgrund eines Fehlers im Brennstoff-
zellensystem oder im Fahrzeug das System sicher runter gefahren werden muss. Wenn diese
Zustandsanderung nicht aufgrund eines Fehlers stattfindet, wird die Abfahrprozedur durchlaufen
und anschließend der OFF Modus eingestellt. Einige Fehler veranlassen den StateManager die
Abfahrprozedur zu umgehen und direkt den OFF Modus fur die Brennstoffzelle einzustellen.
2.2.2 Aufbau der Steuerung eines Teilsystems
Die Teilsysteme besitzen jeweils einen ahnlichen Zustandsautomaten wie der des Hauptablaufes
in Abbildung 2.8. Der Aufbau der Zustandssteuerung eines Teilsystems wird beispielhaft
Grundlagen der Steuerung eines Brennstoffzellensystems 23
anhand der Luftversorgung (AS steht fur Air System) in der Abbildung 2.9 verdeutlicht. Die
Zustandsanderungen werden vom Zustandsautomaten der Hauptsteuerung oder durch Ereignisse
innerhalb des eigenen Teilsystems ausgelost. Diese unterschiedlichen Auslosemechanismen sind
farblich kenntlich gemacht und der Abbildung 2.9 zu entnehmen.
Der Zustandsautomat eines Teilsystems startet im Standby Zustand, der alle Aktua-
toren und Komponenten des Teilsystems deaktiviert halt. Durch die Aufforderung des
StateManagers SM stStartAS wird das Teilsystem gestartet und in den Start Modus
gefuhrt. Innerhalb dieses Modus werden die Befeuchterklappe und die Wasteklappe sowie der
Turboverdichter initialisiert und in einen betriebsbereiten Zustand gebracht. Anschließend
wird der Turboverdichter gestartet und ein Start-Luftmassenstrom soll eingeregelt werden.
Wenn die Regelabweichung hinreichend gering ist wird dem StateManager der Steuerung die
Einsatzfahigkeit der Luftversorgung gemeldet. Falls die Luftversorgung Gegenteiliges meldet,
wird die Hauptsteuerung die Startprozedur unterbrechen und in den OFF Modus wechseln,
Standby AS
AS OFF-Modus
SM_stStartAS
Zustandsänderung durch ein Ereignis eines Teilsystems
Zustandsänderung durch die Hauptsteuerung
Start Turboverdichter
Start Luftmassenstromregelung
Ist die
Luftmassenstromregelung
in Ordnung?
AS meldet SM i.O. AS meldet SM nicht i.O.
Nein
Ja
Betrieb AS
SM_state==Run
Stopp Turboverdichter
Stopp Luftmassenstromregelung
SM_state==Idle OR Discharge OR Shutdown
SM_state==Off
Zustandsänderung in den Off-Zustand auf Grund eines
Fehlers im BZ-System oder im Fahrzeug
Abbildung 2.9: Zustandsautomat des Teilsystems Luftversorgung
24 2.2 Struktur der Steuerung und Regelung des Brennstoffzellensystems
siehe Abbildung 2.8. Es wird ein Fehlereintrag in den Fehlerspeicher geschrieben, um eine
spatere Auswertung und Fehlerverfolgung zu ermoglichen, siehe Kapitel 2.2.4.
Alle Teilsysteme des Brennstoffzellensystems mussen ihre Einsatzfahigkeit der Haupt-
steuerung melden. Wenn dies erfolgreich geschehen ist, wechselt der StateManager in den
Zustand Betrieb und meldet dies mit SM state==Run den Teilsystemen. Damit befinden sich
alle Teilsysteme im Betrieb und konnen ihre Regelungs- und Steuerungsaufgaben erfullen.
Den Zustand Betrieb mussen die Teilsysteme verlassen, wenn der StateManager der
Hauptsteuerung das Runterfahren des Brennstoffzellensystems einleitet. Anhand der Meldung
SM state==Idle OR Discharge OR Shutdown wird die Abfahrprozedur der Teilsysteme
begonnen. Im Falle der Luftversorgung, siehe Abbildung 2.9, wird der Turboverdichter
angehalten und somit die Luftmassenstromregelung beendet. Die Hauptsteuerung uberwacht
die Abfahrprozedur der Teilsysteme und in deren Anschluss wird das gesamte Brennstoffzellen-
system in den OFF Modus gesetzt. Die direkte Zustandsanderung in den OFF Modus kann
jeder Zeit auch aufgrund eines Fehlers im Brennstoffzellensystem oder im Fahrzeug aus den
ubrigen Zustanden durchgefuhrt werden.
Grundlagen der Steuerung eines Brennstoffzellensystems 25
2.2.3 Regelung der Teilsysteme des Brennstoffzellensystems
Die Aufgabe einer Regelung eines dynamischen Systems, der Regelstrecke, besteht in der
Einhaltung messbarer Großen, der Regelgroßen, auf einen konstanten oder zeitlich veranderbaren
Sollwert durch die außere Beeinflussung von weiteren Großen, den Stellgroßen. Des Weiteren
soll die Auswirkung von Storgroßen auf die Regelgroßen ausgeregelt werden [43]. Die einzelnen
Regel- und Stellgroßen und die dazugehorige Regelstrecke des Brennstoffzellensystems sind in
der Tabelle 2.5 vorgestellt.
Tabelle 2.5: Aufstellung der Regel- und Stellgrößen eines Brennstoffzellensystems
Regelstrecke Regelgröße Stellgröße
Wasserstoff-versorgung
·H2-Konzentration ·Öffnungszeit und -intervall desPurgeventils
Luftversorgung · Luftmassenstrom durch die BZ ·Öffnung der Wasteklappe
· Luftmassenstrom des Verdichters ·Drehzahl des Luftverdichters
Kühlsystem ·Kühlmitteleintrittstemperatur derBrennstoffzelle
· Stellung des Thermostatventils
·Kühlmitteltemperaturdifferenzüber die Brennstoffzelle
· Drehzahl der Kühlmittelpumpe
Drucksystem ·H2-Druck am Anodeneintritt ·Öffnung des H2 Regelventils
· Luftdruck am Kathodeneintritt ·Öffnung der Drosselklappe
Hochvoltsystem · Leistung der Brennstoffzelle · Soll-Spannung des DC/DC-Unrichter
In dieser Arbeit wird die Regelung eines Brennstoffzellensystems in die funf Teilsysteme
Wasserstoffversorgung, Luftversorgung, Drucksystem, Kuhlsystem und Hochvoltsystem
aufgeteilt. Das sechste Teilsystem, das Tanksystem der Regelung/Steuerung Plattform
aus Abbildung 2.6 beinhaltet reine Steuerungsaufgaben und ist somit fur die Betrachtung
der Regelung eines Brennstoffzellensystems irrelevant. Die Einfuhrung eines Drucksystems
ist der Komplexitat der regelungstechnischen Anforderungen an die Gasdrucke geschuldet.
Aufgrund der Einhaltung einer vorgegebenen Druckdifferenz uber der Membran ist immer
ein Sollwert eines Gases direkt an den Istwert des anderen Gasen gekoppelt. Somit muss
diese Wechselwirkung berucksichtigt werden und mundet in einer mehrdimensionellen
Regelungsaufgabe.
Die Struktur und der Entwurf der Regelung der Teilsysteme Wasserstoffversorgung,
Luftversorgung und Kuhlsystem und die zu losenden Herausforderung bei der Implementierung
dieser Regelungen auf die Zielhardware sind Bestandteil der Kapitel 4, 5 und 6. Daher werden
26 2.2 Struktur der Steuerung und Regelung des Brennstoffzellensystems
in den zwei folgenden Abschnitten die Teilsysteme Hochvoltsystem und Drucksystem nur kurz
erlautert und hinsichtlich der anderen Teilsysteme wird auf die Kapitel 4, 5 und 6 verwiesen.
Hochvoltsystem
Innerhalb des Hochvoltsystems wird die Spannung des fur das Brennstoffzellensystem
verantwortlichen DC/DC-Umrichters eingestellt, um die angeforderte Leistung dem Antriebs-
strang bereitstellen zu konnen. Zusatzlich werden hierzu die Sollwerte der Regelung der
Teilsysteme uber Kennlinien direkt von der Leistungsanforderung der Fahrzeugsteuerung an das
Brennstoffzellensystem erzeugt und den Teilsystemen zugefuhrt.
Mit der Regelung der Spannung wird gleichzeitig eine Leistungsfreigabe des Brenn-
stoffzellensystems berechnet und der Fahrzeugsteuerung zur Verfugung gestellt. Diese
Leistungsfreigabe gibt in Abhangigkeit der zu diesem Zeitpunkt bereitgestellten Gase die
maximal zu entnehmende Leistung an. Bei einem dynamischen Lastwechsel fuhrt der
sprunghafte Anstieg der angeforderten Leistung ebenfalls zu einem sprunghaften Anstieg der
Sollwerte der Regelung der Teilsysteme und somit werden die Gase schnellstmoglich in ihren
neuen angeforderten Zustand bezuglich Massenstrom und Druck eingestellt. Dementsprechend
folgt die Leistungsfreigabe mit der Dynamik des tragsten Systems und stellt damit immer die
Versorgung der Anode und Kathode mit den erforderlichen Gasen auch wahrend des Ubergangs
in einen neuen Betriebspunkt sicher.
Fur die Ermittlung der Sollwerte fur die Regelung der Teilsysteme wird uber eine ver-
messene P/I-Kennlinie des Brennstoffzellensystems direkt aus der angeforderten Leistung ein
Sollstrom fur das Brennstoffzellensystem errechnet. Mit Hilfe des Sollstroms lasst sich z.B.
der Sollwert fur die Regelung des Luftmassenstroms berechnen, siehe Kapitel 6.2.1, oder eine
stromabhangige Kennlinie fuhrt zu den Sollwerten fur die Regelung der ubrigen Regelgroßen
aus Tabelle 2.5.
Drucksystem
Innerhalb der Regelstrecke Drucksystem werden die Eintrittsdrucke der Anode und Kathode
eingestellt. Des Weiteren gilt die Anforderung des Einhaltens einer konstanten Druckdifferenz
uber die Membran. Dies fuhrt zu einer Koppelung von Regelgroßen und Sollwerten der beiden
Gasdrucke [59]. Die Abbildung 2.10 gibt einen Uberblick uber die Struktur der Regelung des-
Drucksystems mit einer integrierten Sollwertvorgabe. Die verwendeten Großen in der Abbildung
2.10 sind der Tabelle 2.6 zu entnehmen.
Grundlagen der Steuerung eines Brennstoffzellensystems 27
Der vom Hochvoltsystem stammende leistungsabhangige Sollwert Anodeneintrittsdruck
pH2,BZin,Set wird dem PID-Eingroßenregler fur die Anode als Sollwert ubergeben. Fur den
Kathodeneintrittsdruck wird der Sollwert aus der Differenz von pH2,BZin,Set und ∆pLuft,H2,Set
ermittelt.
-Regelstrecke
PID-
Regler
inBZLuftp ,
-
inBZHp ,2+
IstBZm ,&
SetBZH inp ,,2
SetHLuftp ,, 2∆
+
uPurgeventil
RegelstreckePID-
Regler
K1(s)
K2(s)
-
uDruckregelventil
uDrosselklappe
Abbildung 2.10: Struktur der Regelung des Drucksystems
Tabelle 2.6: Größen in Abbildung 2.10
Größe Bezeichnung Einheit Größe Bezeichnung Einheit
pH2,BZinAnodeneintrittsdruck bar pH2,BZin,Set
Sollwert Anodenein-trittsdruck bar
pLuft,BZinKathodeneintrittsdruck bar ∆pLuft,H2,Set
Sollwert Druckdiffe-renz bar
mBZistKathodenluftmassen-strom
g/s uPurgeventil Stellsignal Purgeventil %
uDruckregelventil Stellsignal Druckregel-ventil
%
Der Regler des Anodeneintrittsdrucks pH2,BZinbedient sich einer proportionalen
Storgroßenaufschaltung K1(s) auf sein Stellsignal des Druckregelventils. K1(s) ist di-
rekt proportional zu dem Stellsignal des Purgeventils und gleicht den Einfluss des Offnens
des Purgeventils (sprunghafter Anstieg des Wasserstoffverbrauchs) auf pH2,BZindurch einen
sprunghaften Anstieg des Stellsignals des Druckregelventils aus.
Fur die Regelung des Kathodeneintrittsdrucks wird ebenfalls eine Storgroßenaufschaltung K2(s)
auf das Stellsignal der Drosselklappe des Reglers geschaltet. K2(s) ist direkt proportional zu
28 2.2 Struktur der Steuerung und Regelung des Brennstoffzellensystems
dem Kathoden-Luftmassenstrom. Dies fuhrt zu der Kompensation des Einfluss eines schnellen
Anstieges des Luftmassenstroms auf den Druckaufbau in der Luftversorgung.
2.2.4 Fehlerbehandlung
Die Fehlerbehandlung gibt der Steuerung die Moglichkeit, ein System zu diagnostizieren, um
den Fahrer uber den Zustand des System zu informieren oder ein bestimmtes Betriebsverhalten
zur spateren Auswertung aufzuzeichnen. Des Weiteren kann die Fehlerbehandlung aktiv in die
Steuerung eingreifen und mittels einer Fehlerreaktion Komponenten vor lebendauerschadlichen
Betriebsweisen oder vor Zerstorung zu bewahren. Der wichtigste Aspekt ist der Schutz von
Leib und Leben von Personen. Dies soll durch fruhzeitige Erkennung moglicher Gefahren und
durch einer der Gefahr entsprechender Fehlerreaktion durch die Fehlerbehandlung gewahrleistet
werden.
Die Einsatzfahigkeit der Systemkomponenten wird in Abhangigkeit der eingesetzten
Kommunikationsschnittstelle uberpruft. Wird uber CAN-Bus kommuniziert, konnen die in der
CAN-Bus Kommunikation eingesetzten Sicherheitsmechanismen, wie Checksummenberechnung,
Timeout-Uberwachung oder Messagecounter, verwendet werden [9]. Aktuatoren, die analog
oder digital angesteuert werden, senden teilweise ein digitales oder analoges Statussignal
zuruck, welches zur Fehleruberwachung genutzt werden kann. Aktuatoren, die nicht uber eine
Status- oder Stellsignalruckmeldung verfugen, konnen nur indirekt uber das zu erwartende
Systemverhalten als Reaktion auf das Stellsignal uberpruft werden.
Sicherheitsrelevante Komponenten wie die Wasserstoffsensoren kommunizieren ausschließlich
uber den CAN-Bus mit der Steuerung und mussen die erwahnten Sicherheitsmechanismen
nutzten.
Die analoge Sensorik wird uber ihren physikalischen Messwert in Volt uberpruft. Die
eingesetzte Sensorik fur Druck, Temperatur und Massenstrommessung erzeugt ein Messsignal
mit einem Spannungsniveau von 0,5 bis 4,5 V. Die analogen Messeingange des verwendeten
Steuergerates konnen Spannungen von 0 bis 5 V auswerten. Werden die Grenzwerte 0 und 5 V,
die nicht von der Sensorik erzeugt werden konnen, von der Steuerung gemessen weist dies auf
einen Fehler hin. Wenn die Fehlerbehandlung die Spannungsversorgung der Sensorik, passive
Versorgung uber den Messeingang oder aktive uber einen eigenen Spannungsversorgung, mit
berucksichtigt kann ein Ruckschluss auf die Art des Fehlers gezogen werden.
Wird eine Spannung von 0 V gemessen, bedeutet dies einen Kurzschluss in der Verka-
belung eines Sensors mit passiver Spannungsversorgung oder direkt in diesem Sensor.
Gemessene 5 V weisen bei einer Sensorik mit passiver Spannungsversorgung auf ein durch-
Grundlagen der Steuerung eines Brennstoffzellensystems 29
trenntes Kabel, ein nicht angeschlossener Sensor oder einen Defekt des Sensors hin. Bei der
Sensorik mit aktiver eigener Spannungsversorgung fuhren die gemessenen Grenzwerte von 0
und 5V genau zu den entgegengesetzten Schlussfolgerungen.
Jedes Uber- oder Unterschreiten eines Grenzwertes, der Ausfall einer Systemkompo-
nente oder der Sensorik fuhrt eine Fehlerreaktion nach sich und wird in dem Fehlerspeicher der
Zielhardware fur eine spatere Fehlerauswertung gespeichert. Diese Fehlerreaktion ist direkt mit
der Hauptablaufsteuerung des Brennstoffzellensystems verknupft und ist somit in der Lage, in
Abhangigkeit der Fehlerreaktion das System sofort in einen sicheren Zustand zu bewegen.
Die Art der Fehlerreaktion entscheidet, welche Auswirkung sie auf das Brennstoffzel-
lensystem hat. Diese Auswirkungen erstrecken sich von einer Information oder Warnung fur
den Fahrer uber eine Leistungsreduktion bis hin zu einem Emergency Shutdown (ESD). In der
Tabelle 2.7 sind die vier moglichen Fehlerreaktionen der Steuerung eines Brennstoffzellensystems
mit ihrer Bezeichnung und Auswirkung auf das System aufgefuhrt.
Ein ESD ist die letzte Moglichkeit, eine Gefahrdung fur das Leib und Leben von Personen
zu verhindern. Hier steht die Minimierung des Gefahrenpotentials durch Wasserstoffaustritt
oder eine eventuelle Brandgefahr im Vordergrund, wahrend der Schutz einzelner Komponenten
vor Zerstorung an zweiter Stelle steht. Daher werden die Schutze zuerst geoffnet, die
Abfahrprozedur missachtet und alle Systeme gleichzeitig ausgeschaltet.
Falls nicht sicherheitskritische Grenzen verletzt werden, sondern nur einige System-
komponenten geschutzt werden sollen, wird ein Shutdown, die normale Abfahrprozedur,
durchgefuhrt.
Tabelle 2.7: Fehlerreaktionen und ihre Auswirkungen auf das Brennstoffzellensystem
Fehlerreaktion Bezeichnung(engl.)
Auswirkungen auf das BZ-System
Warnmeldung Warning Meldung an den Fahrer; z.B. Werkstatt-Service
Leistungsreaktion P-Reduction Freigegebene Leistung des BZ-Systems wird in Ab-hängigkeit von Systemgrößen wie z.B. der Tempe-ratur reduziert
Runterfahren Shutdown BZ-System wird mit der Abfahrprozedur heruntergefahren
Notaus ESD Schütze des Hochvoltsystems werden geöffnet undalle Teilsysteme werden sofort in den OFF Modusversetzt
30 2.2 Struktur der Steuerung und Regelung des Brennstoffzellensystems
Bevor das System aufgrund einer Grenzwertverletzung herunter gefahren werden soll,
erfolgt in den meisten Fallen eine Leistungsreduktion, die den Anstieg auf zu hohe
Temperaturen der Medien oder zu hohe Strome bzw. Spannungen verhindern soll.
Umsetzung der Steuerungssoftware auf der Zielhardware 31
3 Umsetzung der Steuerungssoftware auf der Zielhard-ware
Die in Kapitel 2 beschriebene Steuerung des Brennstoffzellensystems ist mit einer auf
Matlab/Simulink R© basierenden Toolkette entwickelt worden. Dieser Entwicklungsprozess
beginnend mit der graphischen Modellierung der Steuerung bis hin zu der Umsetzung dieser
Steuerung auf einem fur automobile Fahrzeuganwendungen tauglichen Steuergerat durchlauft
mehrere Schritte. Die Erlauterung dieses Prozesses wird der Inhalt dieses Kapitels sein.
Zunachst wird der angewendete Entwicklungsprozess des Rapid Control Prototyping fur
graphisch modellierte Steuerungssoftware ganzheitlich beschrieben. Im weiteren Verlauf des
Kapitels werden die einzelnen Schritte, die diesen Prozess kennzeichnen, genauer unter die
Lupe genommen und anhand der Entwicklung der Steuerung des Brennstoffzellensystems
fur ein BZ-Prototypenfahrzeug verdeutlicht. Des Weiteren wird die erforderliche Toolket-
te erklart und samtliche aufgetretene Herausforderungen werden samt ihrer Losungen aufgezeigt.
Des Weiteren ist zu erwahnen, dass die entwickelte und hier beschriebene Steuerung
des Brennstoffzellensystems auf dem Volkswagen Brennstoffzellen-Steuergerat VW-FCC11
umgesetzt wird und in den zukunftigen Brennstoffzellenfahrzeugen zum Einsatz kommt.
3.1 Entwicklungsprozess des Rapid Control Prototyping
In den Entwicklungsprozessen heutiger Systeme im automobilen Sektor, wie z.B. Mo-
torsteuerung, ABS, ESP, automatische Klimatisierung und ahnliches, ziehen zunehmend
mechatronische Systeme ein. Mit dem Zusammenspiel von mechanischen und elektronischen
Komponenten bekommt die Steuerungs-, Regelungs- und Automatisierungstechnik eine
immer hohere Bedeutung [1]. Dies fuhrt zu der Entwicklung von neuen Entwurfsmethoden
im Bereich der Steuerungs- und Regelungstechnik, die der Komplexitat und zunehmenden
Funktionsvielfalt Rechnung tragen. Ein bewahrter Entwicklungsprozess der Steuerungs- und
Regelungstechnik ist das”Rapid Control Prototyping“ (RCP) [1, 9]. Das Rapid Control
Prototyping ist ein integrierter, rechnergestutzter Entwicklungsprozess fur mechatronische
Systeme. Dieser Entwicklungsprozess basiert auf einem klassischen Entwicklungsprozess fur
Automatisierungslosungen, welcher nach dem so genannten V-Modell beschrieben wird [29].
Im linken Zweig des V-Modells in Abbildung 3.1 wird auf einem hohen Abstraktions-
niveau z.B. mit der Beschreibung der Aufgabenstellung oder eines Lastenheftes begonnen.
Mit zunehmender Annaherung zur unteren Spitze nimmt der Detaillierungsgrad bis hin
zum Programmcode der Regelungs- und Steuerungsalgorithmen auf der Zielhardware zu.
11Der VW-FuelCellController ist ein von Volkswagen in Zusammenarbeit mit der IAV GmbH eigenent-wickeltes, automotivtaugliches Brennstoffzellensteuergerät
32 3.1 Entwicklungsprozess des Rapid Control Prototyping
Systemdesign
Analyse
Modellierung
Simulation
Reglerentwicklung
Reglererprobung
Codierung
Implementierung
Iterations-
zyklen
Regler-Spezifikation Regler
Test des
Gesamtsystems
Test von
Teilsystemen (z.B.
Kühlsystem)
Komponententests
(Diffusionsmodell)
Abbildung 3.1: Entwicklungsprozess nach der Methodik des V-Modells nach [1]
Aufsteigend auf dem rechten Zweig des V-Modells nimmt der Detaillierungsgrad wieder
ab, auf diesem Pfad befinden sich zunachst Tests der einzelnen Komponenten, gefolgt von
Teilsystemen bis hin zum Gesamtsystem und der abschließenden Erfullung des Lastenhefts. Die
Abarbeitung der beschriebenen Schritte der beiden Zweige erlauben das Uberspringen oder
Auslassen von einzelnen Schritten und jederzeit konnen sich Iterationsschleifen ergeben.
Nachteilig fur den Entwicklungsprozess nach dem klassischen V-Modell ist das Iterieren
nur in vertikaler Richtung. Zum Beispiel konnen erst Fehler bei den Test der Teilsysteme
erkannt werden, wenn alle voran gegangenen Entwicklungsschritte durchgefuhrt worden sind.
Weiterhin stehen zurzeit fur alle in Abbildung 3.1 beschriebenen Schritte Softwarewerkzeuge
zur Verfugung, aber die Kompatibilitat der einzelnen Werkzeuge untereinander ist in den
meisten Fallen nicht gegeben. Aus diesen Nachteilen heraus wurde der Prozess des Rapid
Control Prototyping entwickelt. Er vereint die Vorteile des gut strukturierten Vorgehens des
V-Modells und bietet Moglichkeiten zur Losung der erwahnten Nachteile.
Eine unabdingbare Voraussetzung fur das RCP ist eine durchgangige Toolkette, die
ein reibungsloses Abarbeiten der einzelnen Schritte ermoglicht und daruber hinaus auch
Iterationsschleifen in horizontaler Richtung erlaubt. Beispielsweise kann ein entworfener Regler
fur ein Teilsystem auch ohne die dafur vorgesehene Zielhardware innerhalb einer Software in the
Loop Simulation (SiL) getestet werden. Somit werden dem Entwickler mehrere zeitaufwendige
Schritte erspart und dadurch konnen fruhzeitig Fehler erkannt und behoben werden.
Rapid Control Prototyping unterstutzt somit einen schnellen und zuverlassigen Entwurf der
Automatisierungsfunktionen fur eine Steuerung z.B. eines Brennstoffzellensystems. Am Beispiel
des betrachteten Brennstoffzellensystems werden die einzelnen Entwicklungsschritte anhand
der Abbildung 3.2 aufgezeigt und sehen wie folgt aus:
Umsetzung der Steuerungssoftware auf der Zielhardware 33
Sy
ste
ma
bd
eck
un
g
Grafische
Modellierung und
Reglerentwurf
MiL-Simulation
Kompo-
nenten
Sub-
system
Gesamt-
system
Simulation
PC
HiL-
Simulation
HiL-Simulator
Simulation
reale HW
Applikation
am Fahrzeug
nur reale
HW
Fahrzeug
Laborsystem
mit E-Fahrzeug-
simulation
Laborsystem
Simulation
reale HW
VW-
FCC
VW-
FCC
VW-
FCC
Abbildung 3.2: Entwicklungsprozess des Rapid Control Prototyping anhand derBrennstoffzellensystem-Steuerung nach [34]
1. Grafische Modellierung und Simulation der Aufgabenstellung mit anschließendem Regler-
entwurf und Model in the Loop Simulationen (MiL-Simulation)
2. Test der entworfenen Regler auf der Zielhardware mittels einer Hardware in the Loop
Simulation (HiL-Simulation) der einzelnen Teilsysteme und des gesamten Brennstoffzel-
lensystems
3. Erprobung der Steuerung auf der Zielhardware am Laborsystem mit einer integrierten
E-Fahrzeugsimulation
4. Applikation der Steuerung auf der Zielhardware im Prototypenfahrzeug
Im unteren Bereich der Abbildung 3.2 ist fur jeden Entwicklungsschritt die geleistete
Systemabdeckung des Brennstoffzellensystems in Simulation durch Software oder Einsatz von
realer Hardware aufgeteilt.
Die umfangreiche und komplexe Aufgabe der grafischen Modellierung und Simulation
des Brennstoffzellensystems samt der Verifikation und Validierung wird mit dem ebenfalls
arbeitsaufwendigen Entwurf der Regelung und Steuerung, inklusive der erforderlichen Tests, zu
einem Schritt zusammengefasst. Diese Zusammenfuhrung wurde, durch das bereits vorhan-
dene funktionsfahige, validierte Simulationsmodell des HyMotion3-Brennstoffzellensystems
ermoglicht. Die hohe Ahnlichkeit im Bereich der Verschaltung und des Aufbaus des
34 3.1 Entwicklungsprozess des Rapid Control Prototyping
HyMotion3-Systems mit dem hier untersuchten Brennstoffzellensystem fuhrte zu einem
Aufbau eines Simulationsmodells basierend auf das HyMotion3-Simulationsmodell mit vielen
Uberschneidungen. Dieser Modellaufbau mit anschließender Verifizierung und Validierung wurde
im Vorfeld dieser Arbeit bereits durchgefuhrt. Der erste Schritt des Rapid Control Prototyping
Prozesses im Rahmen dieser Arbeit besteht daher hauptsachlich aus dem Reglerentwurf und
bedient sich weitestgehend validierter Modelle.
Im nachsten Schritt des Entwicklungsprozesses wird die erste Stufe auf dem Weg zu
einer kompletten Systemabdeckung mit realer Systemhardware bestiegen. Das VW-FCC
kommt mit der im ersten Schritt entworfenen Steuerung des Brennstoffzellensystems
innerhalb der HiL-Simulationen zum Einsatz. Die entworfenen Ablaufsteuerungen und Regler
werden zu einem Modell zusammengefasst und als Assembler-Code auf die Zielhardware
das VW-FCC aufgespielt, siehe nachfolgendes Kapitel 3.2. Das VW-FCC wird uber einen
Kabelbaum mit einem HiL-Simulator verbunden. Dieser HiL-Simulator ist ein echtzeitfahiger
Hochleistungsrechner, der das Brennstoffzellensystem in seinen zu regelnden Prozessen
in Echtzeit beschreibt. Die HiL-Simulation dient der Uberprufung der Steuerung auf
vollstandige Funktionsfahigkeit, Robustheit und Sicherheit [1]. Vorteile der HiL-Simulation
sind automatisierbare und kostengunstige Funktionstests und die einfache Variation der
Regelstrecken in ihrem Verhalten.
Nach einem erfolgreichen Abschluss der Funktionstests mittels HiL-Simulationen wird
der HiL-Simulator gegen ein reales System, in diesem Falle das betrachtete Laborsystem,
ausgetauscht. Dieser Schritt dient der Uberprufung der Ergebnisse der HiL-Simulation, um
abschließende Validierungszyklen einzuleiten oder die Validierung zu beenden. Des Weiteren
kann die HiL-Simulation auch nur begrenzt die Realitat abbilden und abschließende Tests mit
dem realen Gesamtsystem durfen nicht ausgelassen werden, sondern sind ein sehr wichtiger
Bestandteil des Entwicklungsprozesses RCP. Fur einige Steuerungs- und Regelungsalgo-
rithmen wird keine HiL-Simulation benotigt, wahrend andere aufgrund nicht existierender
Simulationsmodelle, wie z.B. bei der Modellierung des Pumpens eines Turboverdichters
siehe Kapitel 6, nicht durch einen HiL-Simulator dargestellt werden konnen. In diesen Fallen
kann die HiL-Simulation ausgelassen werden und die entworfenen Algorithmen werden
sofort am Laborsystem getestet. Innerhalb dieses Schrittes wird eine hohe Systemabdeckung
durch reale Hardware erreicht. Die einzige simulative Komponente ist der Prufstand, der
mit dem Laborsystem verbunden ist. Dieser Prufstand simuliert die Leistungsanforderung,
die CAN-Kommunikation und das Lastprofil realer oder synthetischer Fahrzyklen eines
brennstoffzellenbetriebenen E-Fahrzeuges.
Ein Entwicklungszyklus innerhalb des RCP-Prozesses wird durch die Applikation der
Zielhardware in einem Prototypenfahrzeug abgeschlossen. Innerhalb dieser Arbeit kann aufgrund
Umsetzung der Steuerungssoftware auf der Zielhardware 35
der Tatsache, dass kein Prototypenfahrzeug mit dem untersuchten Brennstoffzellensystem
verfugbar war, dieser Schritt nicht behandelt werden. Zurzeit des Abschlusses dieser
Arbeit befand sich das Brenstoffzellenfahrzeug der nachsten Generation im Aufbau. Die
Erprobung der entwickelten Steuerung und des entwickelten VW-FCC innerhalb einer realen
Fahrzeugumgebung stellt nichtsdestotrotz eine vollstandige Systemabdeckung durch reale
Hardware dar und rundet die Test- und Erprobungsphase einer mittels des RCP entwickelten
Steuerung ab.
3.1.1 Grafische Modellierung und Reglerentwurf
Die Grundvoraussetzung fur den Einsatz des Entwicklungsprozesses RCP besteht in der
Bereitstellung einer durchgangigen Toolkette, die aus der grafischen Modellierung heraus
den Reglerentwurf, die Validierung und die automatische Programmcode-Generierung fur die
Zielhardware ermoglicht. Der Entwurf der Steuerung des Brennstoffzellensystems wird mit
einer eigens fur diese Anwendung entwickelte Toolkette basierend auf Matlab/Simulink R©
durchgefuhrt. Diese Toolkette beinhaltet eine Modellbibliothek BZ Tools Blockset fur die
Software/Hardwareschnittstellen zwischen dem Simulationsmodell des Brennstoffzellensystems
und den Anschlussen der Zielhardware VW-FCC. Die in dieser Modellbibliothek enthaltenen
Modelle dienen dem Simulationsmodell der Steuerung als Ein- bzw. Ausgangsgroßen und
enthalten fur eine spatere Kompilierung in den Programmcode die dafur notigen Informationen.
Die Abbildung 3.3 gibt einen Uberblick uber den Aufbau und das Aussehen der erwahnten
Bibliothek BZ Tools Blockset. Sie beinhaltet Blocke fur die CAN-Kommunikation, fur die
Diagnosefunktionen der Fehlerbehandlung, der I/O-Schnittstellen und weitere nutzlicher Blocke
Abbildung 3.3: Struktur der Modellbibliothek der Matlab/Simulink R© Toolkette
36 3.1 Entwicklungsprozess des Rapid Control Prototyping
unter Utilities, siehe Kapitel 3.2.
Das Simulationsmodell des betrachteten Brennstoffzellensystems nutzt die Simulink R©-
Bibliothek und die speziell fur Brennstoffzellen entwickelte FEV-Bibliothek der Firma FEV
GmbH12 [18]. Dieses Modell ist mittels einer dSpace-Bibliothek mit Schnittstellen fur den
Einsatz auf dem HiL-Simulator ausgestattet und kann gleichzeitig auch mit dem Modell
der Steuerung zu einem einzigen Modell zusammengefasst werden, um fur erste Tests der
entworfenen Regelungs- und Steuerungsalgorithmen MiL-Simulationen durchfuhren zu konnen.
Die Ablaufsteuerung der Hauptsteuerung und der Steuerung der Teilsysteme wird in-
nerhalb Simulink R© mit Stateflow R© aufgebaut, diese Toolbox ermoglicht die grafische
Modellierung eines Zustandsautomaten mit einer einfachen Bedieneroberflache. Die Zustande
und Zustandsubergange, auch Transitionen genannt, sind in der Abbildung 3.4 dargestellt. Die
Zustande sind als Quadrate mit abgerundeten Ecken ausgefuhrt und durch Pfeile (Transitionen)
miteinander verbunden. Die Transitionen sind mit einer Bedingung verknupft, die, wenn
sie erfullt, sind zu einer Zustandsanderung fuhren. Der Aufbau der Ablaufsteuerung ist
im Kapitel 2.2.1 beschrieben und die Abbildung 3.4 dient allein der Anschaulichkeit des
Modellierungswerkzeuges Stateflow R©.
Abbildung 3.4: Beispiel einer Modellierung mit Stateflow R©
Fur die Regelung der einzelnen Teilsysteme soll hauptsachlich ein PID-Regler verwendet
werden, der auch als PI-Regler ausgelegt werden darf. Die Verwendung von Eingroßenreglern
fur den Einsatz in einem Steuergerat bietet den Vorteil einer einfachen Implementierung auf
der Zielhardware VW-FCC. Aufgrund ihrer einfachen Struktur fuhrt dies weiterhin zu einem
uberschaubaren Rechenaufwand. Durch die geringe Anzahl von einstellbaren Parametern
lasst sich der Regler nach seinem Entwurf und Vorparametrierung leicht am realen System
applizieren [59]. Die Abbildung 3.5 zeigt den Simulink R©-Block, der den PID-Regler beinhaltet,
sowie alle Ein- und Ausgangsgroßen.
12Forschungsgesellschaft für Energietechnik und Verbrennungsmotoren GmbH in Aachen homepa-ge:http://www.fev.com/content/public/
Umsetzung der Steuerungssoftware auf der Zielhardware 37
Abbildung 3.5: Block des PID-Reglers inklusive seiner Eingabemaske
Die Regelgroße wird mit der Control Variable verbunden und der Sollwert mit dem
Setpoint-Eingang. Der PID-Regler kann uber den Enable aktiviert werden, weiterhin besteht
die Moglichkeit, den Integral-Anteil mit Reset zuruckzusetzten. Uber den Upper - und
Lower -Eingang werden die Grenzen fur eine Stellgroßenbeschrankung angegeben. Des Weiteren
wird durch den Hold-Eingang die Stellgroße des Reglers festgehalten. Im untersten Eingang
kann eine Vorsteuerung PC (Precontrol) oder eine Storgroßenkompensation auf das Stellsignal
angeschlossen werden. Der einzige Ausgang Out steht fur die Stellgroße des PID-Reglers. Die
Eingange Enable, Reset und Hold mussen mit dem Datentyp boolean eingesetzt werden. Die
restlichen Eingange und der Stellgroßenausgang arbeiten mit Gleitkommazahlen.
Neben dem Simulink R©-Block des PID-Reglers ist die Eingabemaske des Blockes dar-
gestellt. Uber dieses GUI13 werden die Reglerparameter, der Anti-Windup-Faktor Windup
factor, der Startwert Initial Value, der Ruhewert Off Value und ein Faktor Precontrol fur die
Vorsteuerung eingegeben.
Die Struktur und die Definition der Reglerparameter des Reglers ist nach Unbehauen
[62] aufgebaut. Demnach muss fur den Proportinal-Anteil ein Verstarkungsfaktor KR,
die Nachstellzeit des Integrators TI , die Vorhaltezeit des Differential-Anteils TD und die
13Graphical User Interface
38 3.1 Entwicklungsprozess des Rapid Control Prototyping
Verzogerung T angegeben werden. Bei den Entwurfen der Regler in Kapitel 5 und Kapitel 6
mussen die theoretisch ermittelten Reglerparameter gegebenenfalls fur den Einsatz auf der
Zielhardware VW-FCC in die entsprechenden Reglerparameter nach Unbehauen umgerechnet
werden.
Umsetzung der Steuerungssoftware auf der Zielhardware 39
3.1.2 Test der Steuerungssoftware mittels einer Hardware in the Loop Simulation
Eine entwickelte Steuerungssoftware wird auf eine Zielhardware, z.B. ein Motorsteuergerat
oder das VW-FCC aufgespielt und mit einem Echtzeit-Simulationsrechners verbunden. Auf
diesem Echtzeit-Simulationsrechners sind die zu steuernden Prozess simulativ abgebildet.
Die ersten Tests und Untersuchungen der entwickelten Steuerungssoftware mit Hilfe ei-
nes Echtzeit-Simulationsrechners wird als Hardware in the Loop (HiL) Simulation verstanden [1].
Die HiL-Simulation hat die Aufgabe, die entwickelten Funktionen und Steuerungsalgo-
rithmen auf ihre Funktionalitat, Robustheit und Sicherheit zu uberprufen [1]. Diese Uberprufung
kann anhand von automatisierten Test kostengunstig, risikofrei, einfach und schnell durchgefuhrt
werden [1].
Diese Vorteile, insbesondere die Risikofreiheit, erlauben eine vollstandige Uberprufung
der in Kapitel 2.2.4 beschriebenen Fehlerbehandlung. Das Erkennen einer Grenzwertverletzung,
das Starten und die Ausfuhrung der Fehlerreaktion kann somit hinsichtlich der Funktion,
aber auch Korrektheit uberpruft werden. Mit der Korrektheit ist die Uberprufung auf eine
falsche Fehlererkennung, eine verfruhte Auslosung einer Fehlerreaktion oder die Auslosung
einer falschen Fehlerreaktion gemeint.
Das Verhalten der Regelung der Teilsysteme kann mit der HiL-Simulation auf das
Einwirken von Storgroßen auf die Regelgroßen untersucht werden und gegebenenfalls daraufhin
verbessert werden. Hierbei muss nicht auf eventuelle Instabilitaten im Systemverhalten geachtet
werden. zudem konnen die Extremwerte von Storgroßen, die am realen System zu einem
moglichen Schaden fuhren konnen, getestet werden.
Fur diese Arbeit ist die entwickelte Brennstoffzellensystem-Steuerung auf dem VW-
FCC verwendet worden. Das komplette Brennstoffzellensystem, welches in Kapitel 2.1.2
genauer beschrieben wird, ist als verifiziertes und validiertes Simulink R©-Modell auf einem
echtzeitlauffahigen dSpace HiL-Simulator verfugbar und wurde in Verbindung mit dem
VW-FCC fur die HiL-Simulation genutzt.
Das Simulink R©-Modell des Brennstoffzellensystems beinhaltet eine rudimentare
Langsdynamiksimulation eines BZ-Fahrzeuges, um die Leistungsanforderung an das
Brennstoffzellensystem realistisch abbilden zu konnen. Die Kommunikation zwischen der
zukunftigen Steuerung des BZ-Fahrzeugs mit der Steuerung des Brennstoffzellensystems wird
ebenfalls von dem HiL-Simulator ubernommen, sodass der Einsatz des Brennstoffzellensystems
und seiner Steuerung in einem spateren Prototypenfahrzeug hinreichend realistisch getestet
werden kann.
40 3.1 Entwicklungsprozess des Rapid Control Prototyping
Abbildung 3.6 zeigt den verwendeten HiL-Simulator, das VW-FCC und die Verbindung uber ein
Fahrzeug-Kabelbaum. Innerhalb des Rapid Control Prototyping Entwicklungsprozesses wird
mit der HiL-Simulation erstmalig reale Hardware namlich das VW-FCC und der Kabelbaum
eingesetzt und mit in die Tests eingeschlossen.
Zielhardware VW-FCC
HiL-Simulator
Kabelbaum
Abbildung 3.6: Aufbau der HiL-Simulation mit dSpace HiL-Simulator, VW-FCCund Fahrzeug-Kabelbaum
Der HiL-Simulator simuliert nicht nur die Prozesse eines Brennstoffzellensystems, sondern
auch den CAN-Bus, die analogen Sensorsignale und die digitalen Signale. Des Weiteren
muss der HiL-Simulator die vom Steuergerat gesendeten Signale (PWM, Digital und Analog)
verarbeiten und fur die Simulation nach ihrer Bestimmung hin aufbereiten. Hiermit soll auch
die Funktionalitat der Zielhardware und ihrer Basissoftware getestet werden.
Umsetzung der Steuerungssoftware auf der Zielhardware 41
3.1.3 Applikation der Steuerungssoftware am Laborsystem
Im beschriebenen Entwicklungsprozess des Rapid Control Prototyping folgt der HiL-Simulation
der Einsatz der Steuerung des Brennstoffzellensystems an der real zu steuernden Hardware.
Diese Hardware liegt zunachst in Form eines Laborsystems vor. In dieser Phase des
Entwicklungsprozesses wird nun der großte Teil an realer Hardware abgedeckt. Die Leistungs-
anforderung wird uber eine elektrische Last simuliert und bildet auch die Kommunikation mit
der Fahrzeugsteuerung nach.
Das betrachtete Laborsystem (siehe Abb. 3.7) ist in seinem verfahrenstechnischen
Aufbau eine genaue Umsetzung des beschriebenen Brennstoffzellensystems aus Kapitel 2.2.3.
Die durchgefuhrten Messungen an diesem Laborsystem liefern die erforderlichen Daten zur
Verifizierung und Validierung des HiL-Simulationsmodells.
Abbildung 3.7: Bild des verwendeten Laborsystems für den Rapid Control Prototy-ping Prozess
Die einzelnen Komponenten des Laborsystems sind zueinander mit hinreichend großen
Abstanden aufgebaut worden, um die Integration zusatzlicher Sensorik zu ermoglichen.
Die Funktion der Komponenten sollte durch Zusatzsensorik nicht beeintrachtigt und das
Systemverhalten im Vergleich zu einem kompakteren Fahrzeug-Aggregat nicht zu stark
beeinflusst werden, damit die Ubertragbarkeit gewonnener Erkenntnisse und der entwickelten
Steuerung auf ein Brennstoffzellen-Aggregat gewahrleistet bleibt.
Die mittels der HiL-Simulation getesteten Funktionen der Brennstoffzellensystem-Steuerung
42 3.1 Entwicklungsprozess des Rapid Control Prototyping
auf dem VW-FCC werden am Laborsystem erstmalig in einem realen Brennstoffzellensystem
eingesetzt. Hier erfolgt die Feineinstellung der Regelparameter. Treten große Abweichungen
zwischen dem Systemverhalten der realen Regelstrecken im Laborsystem zu dem simulierten
Systemverhalten der HiL-Simulation auf, wird das HiL-Simulationsmodell entsprechend weiter
entwickelt und validiert.
Anhand der umfangreichen Tests am HiL-Simulator hinsichtlich der Funktionalitat,
Robustheit und Sicherheit der programmierten Funktionen sinkt das Risiko, dass Komponenten
durch eine falsche Betriebsweise beschadigt werden konnen. Die bis zu diesem Schritt schon
mittels MiL- und HiL-Simulationen getestete Steuerung stellt jetzt ein gutes Werkzeug dar,
um das Brennstoffzellensystem mit seinen Komponenten auf ihre Funktionalitat zu testen.
Dadurch kann in einer Versuchsplanung fur das Laborsystem mehr Zeit darauf verwendet wer-
den, dass die neue Generation der Brennstoffzelle getestet, bewertet und verbessert werden kann.
In Kombination mit der validierten Steuerung kann am Laborsystem der Fokus auf
die Uberprufung und Optimierung der Leistungsfahigkeit und Lebensdauer des Brennstoffzellen-
systems sowie auf die Entwicklung der neuen Generation von Brennstoffzellen gelegt werden.
Die Leistungsanforderungen an das Brennstoffzellensystem werden mittels einer
Langsdynamiksimulation fur verschiedene Fahrzyklen wie NEDC, FTP75 usw. bestimmt und
konnen dann uber die Applikationssoftware der elektrischen Last dem Laborsystem aufgepragt
werden. Hierfur wird die im zukunftigen Fahrzeug verwendete Kommunikationsstruktur
nachgebildet und ebenfalls getestet.
Neben der Moglichkeit, das Verhalten und den Wasserstoffverbrauch des Brennstoff-
zellensystems bei unterschiedlichen Fahrzyklen zu testen und zu optimieren, werden auch 0 auf
100 % Lastsprunge abgefahren, um die Dynamikanforderungen an das System und die Steuerung
zu untersuchen. Weiterhin werden in regelmaßigen Abstanden Strom-Spannungs-Kennlinien
aufgenommen, um die Einflusse vorgenommener Systemanderungen auf das Gesamtsystem
evaluieren zu konnen.
Durch den verteilten Aufbau des Laborsystems konnen Alternativen hinsichtlich Bau-
große und Funktionsweise einzelner Komponenten bewertet werden. Der Test einer neuen
Komponente fuhrt meistens zu einer Anderungen der Kommunikationsschnittstelle mit dem
Steuergerat, diese kann durch den Entwicklungsprozess des Rapid Control Prototyping schnell
eingepflegt und am HiL-Simulator getestet werden. Diese Anderung vollzieht sich innerhalb
von Stunden und benotigt in vielen Fallen dieselbe Zeit, wie der Umbau der Komponente in
Anspruch nehmen wurde.
Umsetzung der Steuerungssoftware auf der Zielhardware 43
Einsatz der Steuerungssoftware am Fahrzeug
Die Integration des Brennstoffzellensystems und der Steuerung in eine reale Fahrzeugumgebung
ist die vierte Phase des Rapid Control Prototyping. Vorweg kann gesagt werden, dass in dieser
Arbeit diese Phase nicht betrachtet werden kann. Der jetzige Entwicklungsstand der neusten
BZ-Fahrzeug Generation ist noch nicht soweit fortgeschritten, dass aussagekraftige Ergebnisse
fur diese Arbeit bereitgestellt werden konnen.
Daher wird an dieser Stelle erlautert, was dieser Schritt im Entwicklungsprozess des
Rapid Control Prototyping beinhalten sollte. Im Fahrzeug-Einsatz besteht eine 100 %
Systemabdeckung mit Hardware-Komponenten. Die am Laborsystem getestete Kommunikation
zwischen der Steuerung des Brennstoffzellensystems und der Fahrzeugsteuerung wird
anschließend mittels Fahrten auf einem Rollenprufstand in Betrieb genommen. Wenn ein
festgelegter Testplan abgearbeitet worden ist, werden die ersten Testfahrten auf der Straße
absolviert.
Zu den Tests auf einem Rollenprufstand gehoren neben den grundlegenden Funktions-
tests, wie Kommunikationstests, Start und Stopp des gesamten Fahrzeuges, Notauskette und
normales Fahren auch die Volllastbeschleunigung und das Abfahren von Verbrauchszyklen.
Bei den Fahrten auf der Straße soll die Alltagstauglichkeit, die Lebensdauer und die
Standhaftigkeit des Brennstoffzellensystems inklusive seiner Steuerung unter Beweis gestellt
werden. Die Steuerung muss nun zuverlassig auf veranderte Randbedingungen, wie Variation
der Umgebungstemperatur, reagieren und das Brennstoffzellensystem innerhalb seiner
Betriebsparameter betreiben.
Das Auftreten von unerwarteten Fehlern, System- oder Steuerungsverhalten kann nun
wiederum mittels des Prozesses des Rapid Control Prototyping schnell analysiert werden und
Losungsmoglichkeit konnen risikofrei, schnell und kostengunstig entwickelt werden.
44 3.2 Realisierung der Steuerungssoftware auf der Zielhardware
3.2 Realisierung der Steuerungssoftware auf der Zielhardware
Das in der ersten Phase des Entwicklungsprozesses entworfene Modell der Steuerung
eines Brennstoffzellensystems lauft bei einer MiL-Simulation auf dem selben Rechner wie
das zu steuerende Simulationsmodell des Brennstoffzellensystems. Wahrend der Simu-
lation auf einem PC muss sich der Funktionsentwickler zunachst keine Gedanken uber
Kommunikations-Schnittstellen mit anderen Komponenten, Sensoren und Steuergeraten und
der Echtzeitlauffahigkeit machen.
Die Tabelle 3.1 stellt die grundlegenden Unterschiede zwischen der Softwareanwen-
dung auf einem PC und einem Steuergerat nach [9] gegenuber. Aufgrund der Unterschiede in
der Bedienung der Software und der Anbindung dieser Software an externe Komponenten wird
ein Werkzeug benotigt, welches die Verbindung der Steuerungssoftware an die Aktuatoren und
die Sensorik ermoglicht, die Echtzeitfahigkeit gewahrleistet und eine Schnittstelle anbietet,
uber die der Anwender einen Zugriff auf die Zielhardware, das VW-FCC, bietet.
Tabelle 3.1: Grundlegende Unterschiede zwischen Softwareanwendungen auf einemPC und einem Steuergerät nach [9]
PC Steuergerät
Aufgabe wird in undefinierter Zeit been-det.
Aufgabe wird in definierter Zeit beendet (Echt-zeit).
Gerät mit wenigen externen Schnittstellen. Viele externe Schnittstellen, Reaktion auf äußereEreignisse.
Viele Aufgaben gleichzeitig ausgeführt. Aufgaben werden in Endlos-Schleife ständig wie-derholt.
Zugang über Bildschirm und Tastatur. Kein direkter Zugang, nur über Hilfsmittel.
Software-Fehler sind ärgerlich. Software-Fehler können tödlich sein.
Die entwickelte Steuerungssoftware wird auf den Mikrocontroller des VW-FCC aufgespielt
und ist elektrisch mit den Hardware-Bausteinen der Zielhardware verbunden. Die in Kapitel
3.1.1 vorgestellten Blocke zur Anbindung der Software an die I/O-Schnittstellen beinhalten
die Informationen, die eine nachfolgende Ubersetzung der Steuerungssoftware in einen
Maschinencode benotigt, um die dem Software-Block zugewiesene I/O-Schnittstelle mit dem
entsprechenden Pin des Steuergerates zu verknupfen.
Auf der Steuergerate-Software existiert eine Trennung verschiedener Applikationsdaten
von der eigentlichen Steuerungssoftware. Die Applikationsdaten setzen sich aus festen
Konstanten (Stoffwerte, Versionnummer), applizierbaren Parametern (Regelparameter,
Umsetzung der Steuerungssoftware auf der Zielhardware 45
Sollwerte) und Messsignalen (Stellgroßen, Temperaturen, Drucke) zusammen. Uber eine
weitere angeschlossene Hardware wie z.B. Laptop und Diagnosetester und einer Applikations-
software konnen die Daten wahrend des Betriebes ausgelesen und variiert werden, ohne die
Steuerungssoftware antasten zu mussen.
Die Abbildung 3.8 stellt die allgemeine Struktur der modular aufgebauten Steuergerate-Software
dar. Die Applikationsdaten kommunizieren mit der Steuerungssoftware, die wiederum hat
Zugriff auf die Hardwareschnittstellen der Zielhardware.
Applikationsdaten
Konstanten Parameter Messsginale
Steuerungssoftware
Hardware
IO-Sensorik CAN-Kommunikation
Abbildung 3.8: Allgemeine Strukur einer Steuergeräte-Software
Die in dieser Arbeit verwendete Zielhardware inklusive der auf Matlab/Simulink R©
basierenden Toolkette ist von Volkswagen und einer Zulieferfirma entwickelt worden. Die
Abbildung 3.9 zeigt ein Bild der Zielhardware VW-FCC.
Abbildung 3.9: Bild der Zielhardware VW-FCC
46 3.2 Realisierung der Steuerungssoftware auf der Zielhardware
3.2.1 Anforderungen an das Modell der Steuerung
Die Toolkette, die mit der Zielhardware zusammen entwickelt wurde, stellt Anforderungen an
das Simulink R©-Modell der Steuerungssoftware und benotigt weitere Toolboxen von The Ma-
thWorks. Die Toolboxen beinhalten Simulink R©, Stateflow R©und die dazugehorigen Compiler.
Auf der Zielhardware berechnet die Steuergerate-Software die gesamte Steuerungssoft-
ware in einem 10 ms-Task. Daher muss das Simulink R©-Modell zeitdiskret mit einer
Simulationszeit von 0, 01 s konfiguriert werden. Daraus ergibt sich die Tatsache, dass nur
Bibliotheksblocke verwendet werden durfen, die eine zeitdiskrete Berechnung zulassen.
Die verwendete Zielhardware beinhaltet kein Betriebssystem, welches eine exakte Ab-
arbeitung eines Tasks zu einer garantierten Zeiten z.B. 10 ms nicht gewahrleisten kann. Daher
kann ein komplexes und umfangreiches Modell zu Rechenzeiten der einzelnen Tasks von
uber 10 ms fuhren. Daher muss nach jeder Ubersetzung gepruft werden, ob die aktuelle und
maximale Rechenzeit der Steuergerate-Software den 10 ms-Task einhalt.
Die mogliche Uberschreitung des 10 ms-Tasks fuhrt dazu, dass bei der Modellierung
auf die Verwendung einfacher Rechenoperationen, wie addieren, subtrahieren, multiplizieren
und dividieren, geachtet werden muss. Komplexe Polynome sollten vermieden werden und kom-
plexe physikalische Zusammenhange vorwiegend durch Kennlinie oder -felder dargestellt werden.
Die Zielhardware besitzt neben dem Mikrocontroller mit einer begrenzten Rechenge-
schwindigkeit auch einen begrenzten Speicherplatz. Somit muss bei der Definition von
Kennlinien und -feldern ihre Große in Abhangigkeit einer hinreichend genauen Auflosung
gekoppelt werden, sodass nicht verschwenderisch mit dem Speicherplatz umgegangen wird.
Dies gilt auch fur die Bestimmung des Datentypes fur Messsignale, Stellsignale und weitere
verwendete Großen innerhalb der Steuerungssoftware.
Tankzyklenzahler, allgemeine Zahler, Timer und Parameter, die Modi beschreiben,
konnen den Datentyp Integer z.B. Int8, Int16 oder UInt8, UInt16 etc. erhalten. Integer ist
ein Datentyp, der ganzzahlige Werte speichern kann und einen endlichen Wertebereich in
Abhangigkeit seiner nachgestellen Zahl besitzt. Zusatzlich konnen durch Bestimmung des
Vorzeichens bei U Int die Grenzen des Wertebereiches verschoben werden.
Parameter, die eine Wahr/Unwahr-Information, z.B. auf/zu oder True/False, enthal-
ten, werden mit dem boolean Datentyp beschrieben. Parameter die durch Gleitkommazahlen,
wie Temperaturen, Drucke und Stellgroßen, beschrieben werden mussen, erhalten den Datentyp
Single32.
Umsetzung der Steuerungssoftware auf der Zielhardware 47
Die Tabelle 3.2 enthalt die Wertebereiche der in der Steuerungssoftware verwendeten
Datentypen fur Applikationsdaten und in der Stuerungssoftware verwendete Großen. Wenn
die grafische Modellierung der Steuerung mit Blick auf die Anforderungen hinsichtlich der
diskreten Berechnung, der Rechenzeit und des Speicherbedarfes durchgefuhrt wird, sinkt die
Wahrscheinlichkeit, dass die Steuerungssoftware nicht korrekt auf der Zielhardware lauft.
Tabelle 3.2: Datentypen und die dazugehörigen Wertebereiche
Datentyp Vorzeichen Grenzen des Wertebereiches
min max
Int8 signed -128 127
UInt8 unsigned 0 255
Int16 signed -32768 32767
UInt16 unsigned 0 65535
Boolean - 0 1
Single3214 - -16777216 16777215
3.2.2 Schnittstellen zwischen der Software und der Hardware der Steuerung
Auf der Seite der Steuerungssoftware wird in Kapitel 2.2 die Kommunikationsplattform erwahnt,
uber diese Plattform ubermittelt die Steuerung ihre Stellgroßen an die Komponenten und
liest die Sensorik aus. Die Kommunikationsplattform stellt drei Kommunikationsvarianten zur
Verfugung anloge, digitale und CAN-Bus Kommunikation.
Die analogen Ein- und Ausgange werden als AD bzw. DA-Wandler realisiert und die
dazugehorigen Blocke der Software Toolkette werden mit Werte mit einer 16bit Auflosung belie-
fert und geben sie aus. Der 16bit Wertebereich beschreibt den Spannungsbereich von 0 bis 5 Volt.
Digitale Ein- bzw. Ausgange werden als High-Side- oder Low-Side- Schalter (schaltet
gegen Masse oder 12 Volt) ausgefuhrt. Das Spannungsniveau liegt bei 12 Volt. Einige
Digitale Ein- und Ausgange konnen zur Pulsweitenmodulation (PWM) genutzt werden. Die
Pulsweitenmodulation generiert eine Spannung die zwischen 0 und 12 Volt wechselt mit einer
festen Frequenz. Die Modulierung des Signal erfolgt durch die Variierung der Breite des Impulses.
Fur die PWM-Messung ist in ein gangiger Bereich von 1 Hz bis mehreren Hundert
14nach IEEE754 [56] kann der Wertebereich eingeschränkt werden. Bei Matlab werden die erwähntenGrenzen verwendet.
48 3.2 Realisierung der Steuerungssoftware auf der Zielhardware
kHz moglich und als Ausgang kann eine Frequenz zwischen ca. 1 Hz und bis zu mehreren
kHz geschaltet werden. Die digitalen Ausgange konnen bei einigen Steuergeraten Strome bis
10 Ampere schalten.
Die CAN-Kommunikation wird mit CAN-Tranceiver auf der Zielhardware realisiert.
Die Funktionsweise wird in der Literatur [67, 9] beschrieben und ist fur diese Arbeit nicht
relevant.
Die Hardware-Bausteine zur elektronischen Umsetzung der analogen, digitalen und
CAN-Kommunikation werden von der Steuerungssoftware im 10 ms Task ausgelesen und mit
Signalen versorgen. Die analogen Ein- bzw. Ausgangen sind mit 16 bit aufgelost und werden in
der Steuerungssoftware mit dem Datentyp Single32 versehen. Die digitalen Schnittstellen sind
als boolean Großen in der Steuerungssoftware definiert und die Verwendung als PWM-Signal
ist wie bei den analogen Signal mit 16 bit aufgelost und als Single32 Datentyp in der
Steuerungssoftware wieder zufinden. Die Signale der CAN-Kommunikation sind durch die
Datenbasis des CAN-Protokolls definiert.
3.2.3 Portierung des Modells der Steuerung auf die Zielhardware
Ein Modell der Brennstoffzellensystem-Steuerung, welches nach den Anforderungen aus Kapitel
3.2.1 und der Herangehensweise aus Kapitel 3.1.1 modelliert wurde, muss fur die Einsatz auf
der Zielhardware in einen fur die Zielhardware verstandlichen Maschinencode ubersetzt werden.
Die fur den Prozess des RCP verwendete Toolkette generiert den Maschinencode fur
die Zielhardware VW-FCC aus dem grafischen Simulink R©-Modell der Brennstoffzellensystem-
Steuerung heraus. Der Prozess der Code-Generierung wird automatisch mittels der Toolkette
durchgefuhrt und wird in der Abbildung 3.10 schematisch dargestellt.
Graphisches Modell C-Code Maschinencode
Automatische Codeerzeugung
VW-FCC
Abbildung 3.10: Prozess der automatischen Programmcode Generierung vom gra-phischen Modell bis hin zum Steuergerät
Umsetzung der Steuerungssoftware auf der Zielhardware 49
Das grafische Simulink R©-Modell der Steuerungssoftware wird mittels der
Matlab/Simulink R© Toolbox Realtime Workshop embedded Coder in einen C-Code
ubersetzt. Anschließend fuhrt der Freeware Compiler GNU-Compiler15 die Ubersetzung des
C-Codes in den Maschinencode aus und liefert eine fur die Zielhardware verwertbare Dateityp
des Maschinencodes.
Diese Datei der Steuerungssoftware in Maschinencode wird uber die Applikationssoft-
ware INCA R© der Firma ETAS R© auf die Zielhardware gespielt und ist anschließend einsatzfahig.
Aus dem Ubersetzungsprozess aus Abbildung 3.10 wird neben der Datei des Maschinencodes
eine weitere Datei erzeugt, die speziell fur INCA R© angepasst ist.
Mit Hilfe dieser Datei kann wahrend des Betriebes des Steuergerates, z.B. am Labor-
system oder zu einem spateren Zeitpunkt im Fahrzeug, auf die Steuerungssoftware Einfluss
genommen werden. Diese Einflussnahme kann passiv durch das Auslesen von Messgroßen und
Stellsignalen sein oder aktiv gestaltet werden, wenn Reglerparameter, Sollwerte oder weitere
Applikationsparamter variiert werden.
Die Portierung der Steuerungssoftware auf die Zielhardware schließt den Kreis des
Prozesses des RCP. Hiermit wird der durchgangige Entwicklungsprozess mittels einer Toolkette
vervollstandigt und tragt dazu bei, dass das RCP ein schnelles und zuverlassiges Werkzeug fur
die Softwareentwicklung darstellt.
15http://gcc.gnu.org/
50 3.2 Realisierung der Steuerungssoftware auf der Zielhardware
Modellgeführte Steuerung der Wasserstoffkonzentration 51
4 Modellgefuhrte Steuerung der Wasserstoffkonzentrati-on
Fur die Notwendigkeit einer Steuerung der Wasserstoffkonzentration wird zunachst die Funktion
der Wasserstoffversorgung des betrachteten Brennstoffzellensystems erlautert und anschließend
die Motivation dargelegt, welchen Einschrankungen andere Losungen einer Steuerung der
Wasserstoffkonzentration unterliegen.
Die Wasserstoffversorgung des betrachteten Brennstoffzellensystems ist mit einer pas-
siven Rezirkulationseinheit ausgestattet. Die Rezirkulationseinheit in Abbildung 2.4 ist eine
Strahlpumpe und sorgt fur eine uberstochiometrische16 Wasserstoffversorgung der Anode.
Diese Uberversorgung kann mittels des Wasserstoffverhaltnisses λH2 quantifiziert werden.
λH2 beschreibt das Verhaltnis aus dem bereitgestellten Wasserstoffmassenstrom und dem
erforderlichen Wasserstoffmassenstrom:
λH2 =mbereitgestellt
merforderlich
. (4.1)
Ein λH2 > 1 bewirkt einen besseren Abtransport des in der Anode auskondensierten
Wassers und tragt zur Homogenisierung des Wasserstoffs im Flussfeld der Anode bei [52].
Fur den optimalen Betrieb des untersuchten Brennstoffzellensystems wird ein Wert fur
den Wasserstoffuberschuss von λH2,min ≥ 1, 5 angestrebt. Die eingesetzte Strahlpumpe ist
fur diese Anforderung entwickelt worden und fuhrt zu der in Abbildung 4.1 dargestellten
Kennlinie des λH2 uber die normierte Brennstoffzellenleistung. Der angestrebte minimale
Wasserstoffuberschuss ist als Strich-Punkt-Linie zusatzlich eingezeichnet.
Im unteren Lastbereich kann die passive Rezirkulation mittels der verwendeten Strahl-
16Einer chemischen Reaktion wird mindestens ein Edukt im Überschuss bereitgestellt.
0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0.7 0.8 0.9 11
1.25
1.5
1.75
2
normierte Leistung
λ H2
Abbildung 4.1: Kennlinie einer Strahlpumpe bei realen Betriebsbedingungen
52 4.1 Motivation zur Entwicklung einer modellgeführten Steuerung
pumpe nicht das gewunschte Lambda aufgrund des zu geringen Energiegehaltes des
Treibstrahles an reinem Wasserstoff einstellen. Diese Tatsache wird in der Betriebsweise des
Brennstoffzellensystems insofern berucksichtigt, als dass der Betrieb im unteren Teillastbereich
mittels einer Lastpunktverschiebung und einer Start-Stopp Strategie gemieden werden kann.
Die Rezirkulation des Anodenabgases fuhrt zur Aufkonzentration von Verunreinigun-
gen, die von der Kathode uber die Membran zur Anode diffundieren. Dies fuhrt zum einen
zu einer Verringerung des Rezirkulationsvermogens der Strahlpumpe und zum anderen zu
einer Reduzierung des BZ-Wirkungsgrads. Als hauptsachliche Verunreinigungen sind Stickstoff
und Wasserdampf zu nennen [52]. Die Partialdruckdifferenz uber die Membran der einzelnen
Gas-Komponenten und der stoffspezifische Diffusionskoeffizient ist fur die Diffusionsmenge
maßgeblich verantwortlich.
Die Regelung der Wasserstoffversorgung hat daher die Aufgabe, die Anreicherung der
Verunreinigungen zu ermittelt und bei einem festgesetzten Grenzwert der H2-Konzentration
mittels des Purgeventils diese Verunreinigungen am Anodenaustritt auszutragen. Fur die
Bestimmung der Verunreinigung Stickstoff wird die Herleitung eines N2-Diffusionsmodells
innerhalb dieses Kapitels erlautert und eine darauf aufbauende modellgefuhrte Steuerung der
Wasserstoffkonzentration entwickelt.
4.1 Motivation zur Entwicklung einer modellgefuhrten Steuerung
In Schwarz [52] wurde der Einfluss der Verunreinigungen auf den Wirkungsgrad und
Betriebszustand des HyMotion3-Brennstoffzellensystems mit einer aktiven Rezirkulationseinheit,
bestehend aus Strahlpumpe und Rezirkulationsgeblase, untersucht. Ein wichtiges Ergebnis ist,
dass die Anreicherung des Stickstoffs auf uber 50 % am Anodenaustritt zu einer Verringerung
des Brennstoffzellenwirkungsgrads um ca. 1,5 % fuhrt und durch Entmischungsvorgange
der Gase der Anode der stabile Betrieb des Brennstoffzellensystems beeintrachtigt werden
kann [52]. Des Weiteren nimmt durch die Anreicherung von Wasserdampf und Stickstoff die
Dichte des Anodengases zu und verringert dadurch das λH2 und erschwert in der Anode
den Wasserabtransport. Dies kann im schlimmsten Fall zu einer Unterversorgung einzelner
Brennstoffzellen durch auskondensiertes Wasser fuhren und somit eine Abschaltung des
gesamten Brennstoffzellensystems nach sich ziehen.
Innerhalb seiner Arbeit entwickelte Schwarz ein Simulationsmodell, welches die Stick-
stoffkonzentration innerhalb der Wasserstoffversorgung abschatzt. Dieses Modell wird
dazu verwendet, eine bestimmte Stickstoffkonzentration fur den optimalen Betrieb des
Brennstoffzellensystems einstellen zu konnen. Dieser Steuerungsalgorithmus wird in [52]
bedarfsgerechte Purgestrategie genannt. Das Simulationsmodell berechnet anhand einer
Modellgeführte Steuerung der Wasserstoffkonzentration 53
dimensionslosen Kennlinie des Rezirkulationsgeblases und bekannter Systemgroßen wie Druck
und Temperatur in der Anode sowie der Drehzahl des Geblases die Stickstoffkonzentration
am Anodenaustritt. Die Einfuhrung der bedarfsgerechten Purgestrategie fuhrte im Gegensatz
zu einer zeitgesteuerten Purgestrategie zu einer Reduzierung des Wasserstoffverlustes durch
Purgen. In Zahlen ausgedruckt wird eine Reduzierung der Purgeverluste von 9 % auf 3,4 % er-
zielt und verringert den Gesamtwasserstoffverbrauch um 5,33 % im NEDC-Zyklussverbrauch [52].
Das im Rahmen dieser Arbeit betrachtete System verfugt uber eine Wasserstoffver-
sorgung ohne eine aktive Rezirkulationseinheit wie das Rezirkulationsgeblase. Daher kann
die bedarfsgerechte Purgestrategie basierend auf einem Simulationsmodell des Rezirkulati-
onsgeblases nicht in der Brennstoffzellensystem-Steuerung verwendet werden. Der durch
die bedarfsgerechte Purgestrategie begrundete Verbrauchsvorteil soll trotzdem fur die
BZ-Fahrzeuge der nachsten Generation erhalten bleiben. Daher wurde eine Alternative zur
Ermittlung der Stickstoffkonzentration in der Wasserstoffversorgung gesucht.
Um den Verbrauchsvorteil auch fur das betrachtete System zu erhalten, wird in diesem Kapitel
eine alternative Simulation entwickelt, die geeignet ist, die Wasserstoffkonzentration des
Anodengases zu bestimmen. Anhand dieser Losung wird im Folgenden eine modellgefuhrte
Steuerung fur die bedarfsgerechte Purgestrategie entwickelt und getestet. Des Weiteren muss
auf die Zuverlassigkeit und Genauigkeit des erarbeiteten Modells eingegangen werden, um
mogliche Fehler wahrend des Betriebes bewerten und gegebenenfalls beheben zu konnen.
54 4.2 Entwurf eines Modells zur Ermittlung der Wasserstoffkonzentration
4.2 Entwurf eines Modells zur Ermittlung der Wasserstoffkonzentra-tion
Die Modellierung der Wasserstoffversorgung umfasst neben der Berechnung des Eintrages
von Verunreinigungen in die Anode, das Verhalten der Brennstoffzelle, die Zufuhr von reinem
Wasserstoff und die Storung des Systems durch das Offnen eines der verbauten Ventile. Nur die
genaue Abbildung der gesamten Wasserstoffversorgung kann die Anreicherung von Stickstoff
und Wasserdampf realistisch simulieren. Des Weiteren muss berucksichtigt werden, dass das
Modell der Wasserstoffversorgung hinsichtlich der Echtzeitlauffahigkeit auf die Zielhardware
portiert werden kann.
4.2.1 Modell der Wasserstoffversorgung
Abbildung 4.2 zeigt den Aufbau des Modells der Wasserstoffversorgung zur Bestimmung der
Wasserstoffkonzentration. Dieser Aufbau beinhaltet die Komponenten, die einen Einfluss auf
die H2-Konzentration in der Anode haben und die zur Verfugung stehenden Messgroßen, die
mit in die Berechnung der H2-Konzentration einfließen werden. In der Tabelle 4.1 sind die
Messstellen mit den Messgroßen inklusive ihrer Einheiten aufgelistet.
Das Modell zur Bestimmung der H2-Konzentration setzt sich aus zwei Teilen zusammen. Der
eine Teil beinhaltet die Berechnung des N2-Diffusionsstroms durch die Membran von der Katho-
de zur Anode. Der zweite Teil des Modells umfasst die Modellierung der Wasserstoffversorgung
hinsichtlich der Anreicherung des diffundierten Stickstoffes.
I
p1
T1
p2
T2
p3
T3
p4
T4
Druckregler Strahlpumpe
Purgeventil Wasserabscheider
Brennstoffzelle
mφ
Abbildung 4.2: Aufbau des Modells der Wasserstoffversorgung zur Bestimmung derWasserstoffkonzentration
Modellgeführte Steuerung der Wasserstoffkonzentration 55
Tabelle 4.1: Messgrößen der Messstellen aus Abbildung 4.2 inklusive ihrer Einheiten
Messstelle Messgröße Einheit Messstelle Messgröße Einheit
T1 TAn,in◦C T2 TAn,out
◦C
T3 TKa,out◦C T4 TKa,in
◦C
p1 pAn,in bar p2 pAn,out bar
p3 pKa,out bar p4 pKa,in bar
m mKa,ings
ϕ TTau,An,out◦C
I IBZ A
Zunachst werden die Einflusse der Komponenten der Wasserstoffversorgung auf die N2-
Anreicherung bzw. auf die Veranderung der H2-Konzentration genau bestimmt. Im Anschluss
wird der Entwurf des N2-Diffusionsmodells durchgefuhrt.
Druckregelventil und Strahlpumpe
Uber das Druckregelventil wird zur Regelung eines konstanten Drucks im stationaren Betrieb
die Menge an Wasserstoff dem System zugefuhrt, die von der Brennstoffzelle verbraucht wird.
Wahrend eines dynamischen Ubergangs, wenn sich der Sollwert des H2-Drucks erhoht, wird
fur den Druckaufbau kurzfristig ein hoherer H2-Massenstrom im Vergleich zum verbrauchten
Massenstrom dem System zugefuhrt. Im umgekehrten Fall des Ubergangs in einen niedrigeren
Betriebspunkt, somit auch geringeren Solldrucks, wird zum Abbau des Drucks kurzfristig ein
geringerer H2-Massenstrom uber das Druckregelventil der Wasserstoffversorgung bereitgestellt.
Fur die Bestimmung des H2-Massenstroms durch das Druckregelventil existieren ver-
schiedene Moglichkeiten. Erstens kann der Durchfluss des Druckregelventils mit einem
physikalischen Modell basierend auf der Blendengleichung nach [65] modelliert werden.
Zweitens kann der H2-Massenstrom uber ein vermessenes Kennfeld des Druckregelventils
abgebildet werden oder drittens der bereitgestellte H2-Massenstrom der Wasserstoffversorgung
dem verbrauchten H2-Massenstrom der Brennstoffzelle gleichgesetzt werden. Dies wird dann
mittels des Brennstoffzellenstroms uber das Faraday´sche Gesetz berechnet.
Fur die Bestimmung des H2-Massenstroms mittels der Blendengleichung nach [65]
und anhand eines Kennfeldes wird die Druckdifferenz uber das Ventil und das Stellsignal
des Ventils benotigt. Der Druck hinter dem Druckregelventil wird im betrachteten Brenn-
stoffzellensystem nicht gemessen. Des Weiteren setzt die Bestimmung der Durchflussmenge
einen eindeutigen Zusammenhang zwischen Stellsignal und Offnungswinkel voraus. Das
verwendete Druckregelventil besitzt eine Hysterese im Stellsignal, diese musste ebenfalls
56 4.2 Entwurf eines Modells zur Ermittlung der Wasserstoffkonzentration
bei einer Vermessung identifiziert und bei der Erstellung des Kennfeldes berucksichtigt
werden. Dies wurde zu einem sehr großen Vermessungsaufwand und zu einem fehleranfalligen
mehrdimensionalen Kennfeld fuhren, welches schwer auf der Zielhardware zu implementieren
ware.
Die dritte Moglichkeit, den zugefuhrten H2-Massenstrom dem verbrauchten gleich zu-
setzen, sodass uber das Faraday´sche Gesetz der H2-Massenstrom berechnet werden kann, gilt
nur mit der Annahme nach [52], dass der Massenstrom an Wasserstoff, der durch die Membran
auf die Kathode diffundiert, zu vernachlassigen ist.
Die erwahnten Effekte eines Unterschiedes zwischen dem zugefuhrten und dem ver-
brauchten H2-Massenstrom bei dynamischen Ubergangen zum Druckauf bzw. -abbau, konnen
ebenfalls vernachlassigt werden. Denn die Mittelung der H2-Massenstromunterschiede bei den
Betriebspunktwechseln wurde uber einen langeren Zeitraum gegen Null tendieren.
Das Faraday´sche Gesetz nach Gleichung 4.2 beschreibt, dass die elektrolytisch abge-
schiedene Stoffmenge n eines z-wertigen Ions direkt proportional zu der eingesetzten
Ladungsmenge Q unter Berucksichtigung der Faraday-Konstante F ist [19]
Q = n · z · F. (4.2)
Durch die Umstellung des Faraday´schen Gesetzes nach der Masse m, mit
m = M · n (4.3)
ergibt sich die erforderliche Masse mH2,erf an Wasserstoff fur den BZ-Strom IBZ und der
Anzahl der Brennstoffzellen NBZ zu
mH2,erf =MH2 · IBZ · t ·NBZ
z · F(4.4)
bzw. der Wasserstoffmassenstrom, der uber das Druckregelventil geliefert wird, zu
mH2 =MH2 · IBZ ·NBZ
z · F. (4.5)
Der Brennstoffzellenstrom IBZ wird gemessen und die anderen Parameter werden durch die
bekannten Konstanten, wie MH2 = 2, 01588 gmol
und F = 96485 Cmol
, beschrieben [6]. Zur
Bestimmung des H2-Massenstroms durch das Druckregelventil wird im Folgenden auf die
Modellierung des Druckregelventils verzichtet und stattdessen mit Gleichung 4.5 berechnet.
Die Bestimmung des eintretenden H2-Massenstroms in die Anode hangt neben dem
Brennstoffzellenstrom auch von dem Rezirkulationsverhalten der Strahlpumpe ab. Daher ist die
Kennlinie aus Abbildung 4.1 der Strahlpumpe in der Steuerungssoftware hinterlegt und fuhrt
uber die Beziehung
mH2,An,in = λH2(PBZ) · mH2 (4.6)
zu dem eintretenden H2-Massenstrom mH2,An,in in die Anode.
Modellgeführte Steuerung der Wasserstoffkonzentration 57
Wassergehalt der Wasserstoffversorgung
Der Wasserdampf als ein Bestandteil des Gases der Wasserstoffversorgung hat einen direkten
Einfluss auf die H2-Konzentration und muss somit in der Modellierung der Wasserstoffversor-
gung berucksichtigt werden. Innerhalb des behandelten Brennstoffzellensystems wird Wasser
ausschließlich uber die Membran von der Kathode, an der das Produktwasser entsteht, zur Anode
transportiert. Verschiedene Mechanismen beeinflussen nach [53, 55, 70, 71] den Wasseranteil
an der Anode und den Wasserhaushalt der Membran. Hier sind die wichtigsten Mechanismen
in der Reihenfolge ihrer Bedeutung nach aufgefuhrt:
• Diffusion
• Elektroosmose
• Wassergehalt der Membran
• Wasserpartialdruck der Reaktionsgase
• Volumenstrome der Kathode und Anode
Diese unterschiedlichen Einflussgroßen auf den Wasserhaushalt einer Brennstoffzelle bzw.
auf den Wasseranteil des Anodengases sind nach dem derzeitigen Stand der Technik noch
nicht vollstandig verstanden [70]. Die verfugbaren Modelle sind sehr komplex, mussen mit
zahlreichen Parametern angepasst werden und erfordern eine Vielzahl von Experimenten an
Einzelzellen und Mehrzellern. Die Genauigkeit dieser Modelle ist dennoch nur gering und sie
erfordern hohe Rechenleistungen fur die Berechnung eines stationaren Betriebspunktes. Somit
wird auf die Modellierung des Wasserhaushalts in dieser Arbeit verzichtet.
Daher wird zur Ermittlung des Wasseranteils in der Wasserstoffversorgung eine Messstelle
fur die Bestimmung des Taupunktes am Brennstoffzellenaustritt in die Wasserstoffversorgung
integriert. Mit Hilfe dieses Messwertes kann der Massenanteil des Wassers bestimmt werden
und somit auch indirekt die Wasserbeladung am Eintritt der Brennstoffzelle. Mit der
Taupunkttemperatur Ttau,An,out und dem Sattigungsdampfdruck pS(TTau,An,out) nach [68] wird
die relative Feuchte am Anodenaustritt zu
ϕAn,out =pS(TTau,An,out)
pAn,out(4.7)
bestimmt. Der Sattigungsdampfdruck wird mittels einer Dampftafel in Abhangigkeit
der Temperatur als Kennlinie auf der Zielhardware hinterlegt, siehe Anhang A.3. Der
Sattigungsdampfdruck konnte ebenfalls mittels der Antoine-Gleichung [7] bestimmt werden.
Dies wurde aber einen hoheren Rechenaufwand fur das Steuergerat bedeuten und wurde daher
als Alternative verworfen.
58 4.2 Entwurf eines Modells zur Ermittlung der Wasserstoffkonzentration
Wenn die relative Feuchte ϕAn,out < 1 ist, steht der Sattigungsdampfdruck bei Ttau,An,out auch
fur den Partialdruck des Wassers am Anodenaustritt
pH2O,An,out = pS(Ttau,An,out). (4.8)
Das Verhaltnis der Patialdrucke zum Gesamtdruck ist gleich dem Verhaltnis der Partialstoff-
strome zum Gesamtstoffstrom. Daher kann die Stoffmenge des Wassers uber das Verhaltnis
des Wasserpartialdrucks und des Anodenaustrittsdrucks bestimmt werden
nH2O,An,out
nAn,out=
pH2O,An,out
pAn,out(4.9)
nH2O,An,out = nAn,out ·pH2O,An,out
pAn,out. (4.10)
Mittels der Stoffmenge nH2O,An,out und der Molaren Masse von Wasser MH2O wird der Was-
sermassenstrom berechnet zu
mH2O,An =nH2O,An,out ·MH2O
t. (4.11)
Zusammen mit dem H2-Massenstrom aus Gleichung 4.5 und dem Massenstrom mAn,out, der im
N2-Diffusionsmodells ermittelt wird, kann der Anodeneintrittsmassenstrom berechnet werden
zu
mAn,in = mH2 + mAn,out + mH2O,An. (4.12)
Innerhalb der Strahlpumpe wird das Gasgemisch des Anodenaustrittes mittels des zugefuhrten
Wasserstoffs angesaugt und vermischt. Daher muss nur uberpruft werden, ob der Wassermas-
senstrom mH2O,An vom Gas am Anodeneintritt aufgenommen werden kann oder ob Wasser in
oder kurz nach der Strahlpumpe auskondensiert. Mit Hilfe der folgenden Fallunterscheidung:
WennnH2O,An
nAn,in<
pS(TAn,in)
pAn,in(4.13)
dann ist nH2O,An = nH2O,An,out (4.14)
BeinH2O,An
nAn,in≥ pS(TAn,in)
pAn,in(4.15)
dann ist nH2O,An = nAn,in ·pS(TAn,in)
pAn,in. (4.16)
kann der Wasseranteil und der Wasserstoffmassenstrom am Eintritt der Brennstoffzelle bestimmt
werden.
Modellgeführte Steuerung der Wasserstoffkonzentration 59
Ventile
Durch das Offnen des Purgeventils oder des Ventils im Wasserabscheider wird ein Teil des
rezirkulierten Massenstroms aus der Wasserstoffversorgung abgefuhrt und dem Kathoden-
abgas zugefuhrt. Die entnommene Gasmenge muss in der Bilanzierung der Massenstrome
berucksichtigt werden.
Der Querschnitt des Purgeventils wird mit der Pramisse ausgelegt, dass bei dem mi-
nimalen Kathodenabgas-Massenstrom und dem Offnen des Purgeventils die H2-Konzentration
im Kathodenabgas nicht zu einem zundfahigen Gasgemisch fuhrt [52]. Die Lange und der
Zeitpunkt des Offnungsintervalls des Purgeventils kann also ohne Berucksichtigung der
H2-Konzentration im Abgas bestimmt werden.
Das Ventil des Wasserabscheiders soll hauptsachlich flussiges Wasser ausgetragen
werden. Die Steuerung uberwacht anhand eines Fullstandssensors den Wasserstand im
Wasserabscheider und offnet fur ein festgelegtes Zeitintervall das Ventil und fuhrt somit
flussiges Wasser ab. Da nicht ausschließlich die flussige Phase des Wassers aufgrund der
Stromungsverhaltnisse im Wasserabscheider abgeschieden wird, wird ebenfalls Anodenabgas
aus der Wasserstoffversorgung ausgetragen.
Zur Berechnung der austretenden Massenstrome am Purgeventil und am Ventil im
Wasserabscheider wird die Blendengleichung nach [65] (siehe Anhang A.4) herangezogen:
QN = KV · 514 ·
√p2 ·∆pρN · T1
. (4.17)
Fur diese Gleichung werden die KV -Werte der eingesetzten Ventile, die Dichte des Gases, der
Druck und die Temperatur am Anodenaustritt benotigt. Der Druck und die Temperatur am
Anodenaustritt sind Messgroßen, die KV -Werte sind bekannt und die Dichte wird im Modell
der Wasserstoffversorgung berechnet.
Die Gleichung 4.17 gilt nur fur unterkritische Stromungen bei:
p2 >p12. (4.18)
Fur die betrachteten Ventile Purgeventil und Ventil am Wasserabscheider beschreibt p2 den
Umgebungsdruck und p1 den Anodenaustrittsdruck pAn,out. Unter der Annahme, dass der
Umgebungsdruck 1 bar ist, muss fur die Einhaltung der Bedingung fur unterkritische Stromungen
aus Gleichung 4.18 folgende Bedingung fur den Anodenaustrittsdruck pAn,out gelten:
pAn,out < 2 bar. (4.19)
Fur das betrachtete Brennstoffzellensystem ist Gleichung 4.18 in jedem Betriebspunkt erfullt.
60 4.2 Entwurf eines Modells zur Ermittlung der Wasserstoffkonzentration
Somit ergibt sich mit der Dichte ρAn,out, der Stellgroße des i-ten Ventils uV tl,i folgen-
der Massenstrom in Abhangigkeit des KV,i-Wertes des i-ten Ventils:
mV tl = uV tl,i ·KV,i · 514 ·
√pUmgeb · (pAn,out − pUmgeb)
ρN · TAn,out. (4.20)
Die Regelung des Anodeneintrittsdrucks kompensiert den ausgetragenen Massenstrom
zur Einstellung des Anodeneintrittsdrucks durch die Zufuhr von Wasserstoff. Daher muss
der Gleichung 4.6 der gleiche Massenstrom mH2,V tl = mV tl an Wasserstoff hinzu addiert
werden. Somit ergibt sich bei geoffnetem Purgeventil und/oder Ventil im Wasserabscheider ein
Wasserstoffmassenstrom am Anodeneintritt zu:
mH2,An,in = λH2(PBZ) · mH2 + mH2,V tl. (4.21)
4.2.2 Stickstoff-Diffusionsmodell
Innerhalb der Membran und der GDE einer Brennstoffzelle finden verschiedene Transport-
vorgange von H2-Ionen, Wasserstoff, Sauerstoff, Stickstoff und Wasser statt. Um alle Effekte
zu berucksichtigen, musste ein komplexes Modell aufgebaut werden.
In Kapitel 4.2.1 wird die Moglichkeit der Modellierung des Wasserhaushalts hinter-
fragt und durch die Messung des Taupunktes am Anodenaustritt ersetzt. Des Weiteren konnen
einige Phanomene vernachlassigt oder hinreichend genaue Annahmen fur die Steuerung eines
Brennstoffzellensystems getroffen werden.
Der auf die Kathode diffundierte Wasserstoff kann nach [52] bei der Berechnung des
Wasserstoffmassenstroms nach [52] vernachlassigt werden. Die Diffusion des Sauerstoffs
von der Kathode auf die Anode fuhrt zu einer sofortigen Reaktion mit dem Wasserstoff am
Katalysator der Anode zu Wasser. Die aus dieser Reaktion anfallende Wassermenge und der
abreagierte Wasserstoff ist so gering, dass dieser ebenfalls vernachlassigt werden kann [52].
Somit verbleibt als wesentlicher Parameter die Bestimmung des diffundierten Stickstoffs in die
Anode.
Fur die Modellierung der N2-Diffusion von der Kathode uber die Membran in die An-
ode wird ein FVM17-Modell ausgewahlt. Ein FVM-Modell bietet zum einen die Moglichkeit die
Wasserstoffversorgung ortlich aufzulosen und zum anderen kann das FVM-Modell als Embedded
M-Function (vgl. Kap. 4.2.3 und 4.4) mit wenig Rechenaufwand in ein Simulink R©-Modell
integriert werden [54].
17FVM steht für die Modellierung nach der Finite-Volumen-Methode [44]
Modellgeführte Steuerung der Wasserstoffkonzentration 61
In der Abbildung 4.3 ist der prinzipielle Aufbau des FVM-Modells inklusive der Bezeichnungen
der finiten Volumenelemente (VE) dargestellt. Komponenten der Wasserstoffversorgung, die
eine Anderung der Gaszusammensetzung und/oder der Stoffstrome hervorrufen, werden durch
ein Volumenelement (Strahlpumpe, Ventile) dargestellt. Die Beeinflussung des Anodenabgases
durch das Purgeventil und das Ventil im Wasserabscheider wird in einem Volumenelement
zusammengefasst.
Die Brennstoffzelle wird zunachst mit 12 VE modelliert, in der Abbildung 4.3 zu
Gunsten der Ubersichtlichkeit jedoch nur durch 4 VE dargestellt. Die Festlegung auf 12 VE
wird in Kapitel 4.4 naher erlautert. Die Verbindungsleitungen zwischen den Ventilen, der
Strahlpumpe und der Brennstoffzelle werden jeweils durch ein VE reprasentiert.
VE1-12
VE13
VE14
VE15
VE16
Strahlpumpe
Brennstoffzelle
Leitung1
Ventile
Leitung2
An Ka
Reaktion
Diffusion
Abbildung 4.3: Prinzipieller Aufbau des FVM-Modells inklusive der Bezeichnungender Volumenelemente
Fur ein besseres Verstandnis uber die Art der Stoffstromanderung innerhalb jedes Volumenele-
ments werden in der folgenden Auflistung alle VE nochmals kurz erlautert:
• Brennstoffzelle: Redoxreaktion der beteiligten Gase und Diffusion des Stickstoffs
• Ventile: Austrag von Anodenabgas an die Umgebung (Purgeventil und Ventil des
Wasserabscheiders)
• Leitung2: Keine Anderung der Gaszusammensetzung, notwendig fur die korrekte ortliche
und zeitliche Auflosung des Modells
• Strahlpumpe: Mischung des Anodenabgases mit dem zugefuhrten Wasserstoff
• Leitung1: Keine Anderung der Gaszusammensetzung, notwendig fur die korrekte ortliche
und zeitliche Auflosung des Modells
62 4.2 Entwurf eines Modells zur Ermittlung der Wasserstoffkonzentration
Fur die Berechnung der Diffusion von Gasen durch porose Festkorper wie z.B. die PEM
existiert zum einen die Maxwell-Stefan Gleichung [55] und zum anderen der Fick´sche Ansatz
[6]. Fur den Einsatz der Maxwell-Stefan Gleichung muss die Geometrie der Membran bekannt
sein und die Diffusion aller Komponenten eines Gases durch die Membran berechnet werden.
Somit mussen alle Diffusionskoeffizienten der beteiligten Gase bestimmt werden und die
Wechselwirkungen der verschiedenen Diffusionsstrome untereinander berucksichtigt werden.
Der Fick´sche Ansatz berechnet mittels eines effektiven Diffusionskoeffizienten die
Diffusion eines Gases durch die Membran. Hierfur muss der effektive Diffusionskoeffizient
experimentell bestimmt werden und die Dicke der Membran muss bekannt sein.
Zu Beginn des Kapitels 4.2.2 wird als letzte fehlende Große zur Beschreibung der
Stoffstrome durch die Membran die Diffusion des Stickstoffs von der Kathodenseite auf die
Anodenseite identifiziert. Der Fick´sche Ansatz ist fur die Berechnung eines Diffusionsstroms
einer einzelnen Gaskomponente durch eine Membran besser geeignet als die Maxwell-Stefan-
Gleichung und wird somit im folgenden eingesetzt.
Der Fick´sche Ansatz beschreibt, dass durch Konzentrationsunterschiede δci eine mo-
lare Diffusion mit der Molenstromdichte Ji hervorgerufen wird [6]
J = Dij,effδciδz. (4.22)
Der Proportionalitatsfaktor D wird als effektiver Diffusionskoeffizient bezeichnet. Fur die
Betrachtung der N2-Diffusion in der Brennstoffzelle kann aufgrund der gleichgroßen Volumen-
elemente die Massenanderung der einzelnen Stoffe direkt uber die Differentialgleichungen der
Konzentrationen beschrieben werden. So ergeben sich fur die drei Stoffe Wasserstoff, Wasser
und Stickstoff fur die Anode folgende Differentialgleichungen:
δcH2
δt
∣∣∣∣cH2
(t=0)=cH2,in
= −δ(V E)
δx− IBZ
2F · VBZ+ σH2,frisch (4.23)
δcN2
δt
∣∣∣∣cN2
(t=0)=cN2,in
= −δ(V E)
δx+δ(JN2)
δz(4.24)
δcH2O
δt
∣∣∣∣cH2O
(t=0)=cH2O,in
= −δ(V E)
δx− δ(JH2O)
δz. (4.25)
Der erste Therm beschreibt jeweils den konvektiven Stofftransport und anschließend
folgen die Quellen- und Senketherme der einzelnen Stoffe [54]. In Gleichung 4.23 wird der
konsumierte Wasserstoff nach dem Faraday´schen Gesetz berechnet und subtrahiert. Der
uber das Druckregelventil zugefuhrte Wasserstoff wird addiert. In der Gleichung 4.24 ist
der N2-Diffusionstherm nach dem Fick´schen Ansatz enthalten. Die Wasser-Diffusion ist
in Gleichung 4.25 ebenfalls mittels des Fick´schen Ansatzes angegeben. Das diffundierte
Wasser wird im folgenden nicht anhand des Fick´schen Ansatzes berechnet, sondern uber die
Modellgeführte Steuerung der Wasserstoffkonzentration 63
Messstelle des Taupunktes am Anodenaustritt ermittelt, siehe Kapitel 4.2.1.
Die Diskretisierung in der x-Richtung entspricht den finiten Volumenelementen VE
[54]. Die z-Richtung der Diffusion verlauft senkrecht durch die Membran und steht ortho-
gonal zur x-Richtung. Mittels der Stromungsgeschwindigkeit durch ein Volumenelement
wird die Zeit ermittelt, die das entsprechende Gasmolekul durch das finite Volumen benotigt [54].
Die gesamten Stoffstrome fur den Anoden- und Kathodenein- bzw. austritt ergeben
sich zu:
nAn,in = nH2,erf + nAn,out − nV tl (4.26)
nAn,out = nAn,in − nH2,Rkt + nDiff,N2 (4.27)
nKa,in = nKa,O2,in + nKa,N2,in + nKa,H2O,in (4.28)
nKa,out = nKa,in − nO2,Rkt − nDiff,N2 + nH2O,Rkt (4.29)
Innerhalb des FVM-Modells wird mit der Berechnung im ersten Volumenelement begonnen.
Hier muss zunachst die Benennung der Indizes bestimmt werden. Neben den Indizes fur die
Kathode und Anode Ka,An und der Richtung mit in, out wird ein Zahlerindex eingefuhrt.
Der Zahlerindex l beschreibt den linken Rand und r den rechten Rand des berechneten
Volumenelements. Im Ubergang zu einem benachbarten Element werden die Zustandsgroßen
des Gases gleichgesetzt, somit gilt l = r − 1. Die positive Stromungsrichtung ist von links
nach rechts definiert.
Zunachst wird die Redoxreaktion aus Kapitel 2.1.1 fur die beteiligten Stoffstrome fur
die Elemente 1− 12 der Brennstoffzelle bestimmt. Die Edukte und Produkte mussen durch
die Anzahl der finiten Volumenelemente der Brennstoffzelle NV E geteilt werden, um den
Stoffstrom fur ein Element zu bestimmen.
nH2,An,in(r + 1) = nH2,An,in(r)− IBZzH2 · F ·NV E
(4.30)
nO2,Ka,in(r + 1) = nO2,Ka,in(r)− IBZzO2 · F ·NV E
(4.31)
nH2O,Ka,Rkt(r) = nH2O,Ka,Rkt(l) +IBZ
zH2O · F ·NV E
(4.32)
Nach der Bestimmung der Stoffstrome, hervorgerufen durch die Redoxreaktion, folgt die
Bestimmung des N2-Diffusionsstroms. Hierfur wird der Fick´schen Ansatz aus Gleichung
4.22 verwendet, wobei die Konzentrationanderung in z-Richtung durch die Polymer-Membran
der Dicke DMem betrachtet wird. Fur die Annahme eines konstanten Diffusionskoeffizienten
uber die Membran wird ein lineares Konzentrationsprofil angenommen. Daher werden die
64 4.2 Entwurf eines Modells zur Ermittlung der Wasserstoffkonzentration
Randkonzentrationen der Membran z1 und z2 betrachtet [54].
JN2 = Deffδc
δz(4.33)
= Deffc2 − c1z2 − z1
(4.34)
= DeffcN2,Ka − cN2,An
DMem
(4.35)
Die Konzentrationen cN2,Ka und cN2,An konnen anhand des Idealgasgesetzes errechnet werden,
da fur ein definiertes Volumen unter Kenntnis der Temperatur und des Drucks die Konzentra-
tionen direkt ermittelt werden kann. Fur die Kathode und Anode fuhrt dies zu:
cN2,An,out(r) =nN2,An,out(r) + nN2,Diff (l)
nN2,An,out(r) + nN2,Diff (l) + nH2,An,in(r)· pAnRu · TAn
(4.36)
cN2,Ka,out(r) =nN2,Ka,in(r)− nN2,Diff (l)
nN2,Ka,in(r)− nN2,Diff (l) + nO2,Ka,in(r) + nH2O,Rkt(r)
· pKaRu · TKa
. (4.37)
p und T beschreiben fur die jeweilige Seite der Membran den gemittelten Wert aus den Ein- und
Austrittsmessgroßen aus Abbildung 4.2. Werden die Gleichungen 4.36 und 4.37 in Gleichung
4.35 eingesetzt und mit der Kontaktflache AV E des Volumenelements mit der aktiven Flache
ABZ der Membran multipliziert, ergibt sich der Diffusionsstrom fur Stickstoff:
nN2,Diff (r) = DeffcN2,Ka,out(r)− cN2,An,out(r) · AV E
DMem
(4.38)
mit:
AV E =ABZNV E
. (4.39)
Der Diffusionskoeffizient fur Stickstoff DN2 durch eine mit Wasser gesattigte Polymermembran
kann nach [53] und [54] als Stefan-Maxwell Diffusionskoeffient zu
DN2 = 5, 88 · 10−17 · TAn ·√
2, 6 ·MH20
(ηAn · vDH2O)0,6
(4.40)
berechnet werden. In Gleichung 4.40 wird die Diffusion der Komponente Stickstoff betrachtet
und fur die Berechnung des realen Diffusionsstroms muss der effektive Diffusionskoeffizient von
Stickstoff Deff,N2 verwendet werden [53] mit
Deff,N2 =ε
τ·DN2 . (4.41)
ε beschreibt in der Gleichung 4.41 die Porositat des durchstromten Korpers als Verhaltnis
des Gasraumes zum Gesamtvolumen der Membran [53]. τ wird als Verschlingungsgrad oder
Tortuositat bezeichnet. Die Tortuositat beschreibt die Verlangerung des Diffusionsweges durch
die porose Schicht.
Modellgeführte Steuerung der Wasserstoffkonzentration 65
Mit dem Stickstoff-Diffusionsstrom nach Gleichung 4.38 konnen die Stickstoff-Stoffstrome fur
das Folgeelement (r + 1) berechnet werden
nN2,An,out(r + 1) = nN2,An,out(r) + nN2,Diff (r) (4.42)
nN2,Ka,in(r + 1) = nN2,Ka,out(r)− nN2,Diff (r) (4.43)
Anschließend werden die Stoffstrome der Kathode und Anode am Austritt aus Gleichung 4.27
und 4.29 mit den Gleichungen 4.30, 4.31, 4.32 und 4.38 fur jedes Element der Brennstoffzelle
berechnet.
Mit diesen Stoffstromen wird die Gaszusammensetzung am Anodenaustritt (Volumen-
element 12) bestimmt zu:
yN2,An(12) =nN2,An,out(12)
nN2,An,out(12) + nH2O,An,out(12) + nH2,An,out(12)(4.44)
yH2O,An(12) =nH2O,An,out(12)
nN2,An,out(12) + nH2O,An,out(12) + nH2,An,out(12)(4.45)
yH2,An(12) =nH2,An,out(12)
nN2,An,out(12) + nH2O,An,out(12) + nH2,An,out(12). (4.46)
Das 13. Volumenelement beschreibt die Stoffstrome, die beim Offnen des Purgeventils oder des
Ventils im Wasserabscheider aus der Wasserstoffversorgung durch diese Ventile ausgetragen
werden. Zusammen mit den Gleichungen 4.20 und 4.44 bis 4.46 mussen die Verluststoffstrome
der einzelnen Gaskomponenten bestimmt werden und ergeben zusammen:
nAn(13) = nAn(12)−2∑i=0
nV tl. (4.47)
Die Leitungselemente 14 und 16, in denen keine Anderung des Gaszustands stattfindet, dienen
der genauen Abbildung der Umlaufzeit des Gases durch den Rezirkulationskreis.
Im Volumenelement 15 wird der Anode Wasserstoff uber die Strahlpumpe hinzugefugt (siehe
Gleichung 4.6). Somit ergibt sich folgender Stoffstrom am rechten Rand des Volumenelements
15:
nAn(15) = nN2,An(14) + nH2O,An(14) +mH2,An,in
MH2
. (4.48)
Mit der Bestimmung der Stoffstrome im Volumenelement 15 kann innerhalb des FVM-Modells
die Gaszusammensetzung an jedem Ort der Wasserstoffversorgung ermittelt werden.
Abschließend wird die Umlaufzeit des Gases durch den Rezirkulationskreis bestimmt.
Diese Zeit ist erforderlich, um in den folgenden Abschnitten das FVM-Modell an die
Rechentasks der Steuerungssoftware auf der Zielhardware anzupassen. Diese Umlaufzeit wird
durch den Quotienten aus Volumen VH2S zu Volumenstrom der Wasserstoffversorgung
tUmlauf =VH2S · ρAn,outmAn,out
(4.49)
66 4.2 Entwurf eines Modells zur Ermittlung der Wasserstoffkonzentration
berechnet. Die Dichte ρAn,out des Anodenabgases wird mittels der bekannten Gaszusammen-
setzung und des Idealgasgesetztes bestimmt.
Im Simulationsmodell darf das FVM-Modell der Wasserstoffversorgung fur die berechnete
Umlaufzeit nur eine Berechnung der Volumenelemente durchfuhren, um die N2-Anreicherung
zeitlich richtig aufzulosen. Im unteren Lastbereich bei einem λH2 ≈ 1 kann tUmlauf bis zu 20
Sekunden annehmen (geringe bis keine Rezirkulation). Wenn das FVM-Modell 20 Sekunden
angehalten wurde, wurde das FVM-Modell eine mogliche Variation der Last innerhalb dieser 20
Sekunden, den damit einhergehenden erhohten H2-Verbrauch und der hoheren N2-Diffusion
oder das Offnen oder Schließen eines Ventils nicht berucksichtigen. In diesem Fall wurde das
FVM-Modell eine große Abweichung zur Realitat aufweisen.
Daher muss eine maximale Umlaufzeit tUmlauf,max so definiert werden, dass in dieser
Zeit durch schnelle Lastwechsel die Genauigkeit des FVM-Modells nicht erheblich beeintrachtigt
wird. Die im folgenden Abschnitt eingesetzte Umlaufzeit fur die Validierung des Modells der
Wasserstoffversorgung wurde experimentell bestimmt.
Beim Erreichen von tUmlauf,max wird das Modell erneute einmal gerechnet und der
diffundierte Stickstoff-Molstrom wird dann anteilig im Verhaltnis tUmlauf,max zu tUmlauf neu
bestimmt
nN2,Diff (r) = nN2,Diff (r) ·tUmlauf,maxtUmlauf
. (4.50)
Fur die erste Berechnung muss das FVM-Modell mit einer Gaszusammensetzung der Kathode
und Anode initialisiert werden. Fur die Feuchte der Gase werden keine Anfangswerte benotigt,
da der relevante Wassergehalt uber eine Taupunkttemperaturmessung am Anodenaustritt
berechnet wird. Auf der Kathodenseite wird die Eintrittskonzentration fur Sauerstoff auf 21 %
und fur Stickstoff auf 79 % festgesetzt.
Die Gaszusammensetzung der Anode wird uber die Vermessung der Startprozedur er-
mittelt. Zu Beginn der Startprozedur wird die Wasserstoffversorgung durch das Offnen des
Wasserabscheider-Ventils fur einen konstanten Zeitabschnitt mit Wasserstoff gespult. Dies
fuhrt immer zu derselben Anfangskonzentration an Wasserstoff cH2,An,in,Start und Stickstoff
in Abhangigkeit des berechneten Wassergehaltes am Anodenaustritt. Hiermit sind alle
Anfangsbedingungen bekannt und das FVM-Modell kann mit definierten Anfangsbedingungen
gestartet werden.
4.2.3 Validierung des Modells der Wasserstoffversorgung
Das vorgestellte FVM-Modell wird innerhalb der Simulink R© Umgebung als Embedded M-File
programmiert und in eine Simulink R© Testumgebung zur Validierung integriert. Das beschriebe-
Modellgeführte Steuerung der Wasserstoffkonzentration 67
ne Antriggern des FVM-Modells wird in der Abbildung 4.4 prinzipiell dargestellt.
Das Embedded M-File des FVM-Modells ist in einem Enabled -Subsystem, Modell der Wasser-
stoffversorgung, eingebunden. Die berechnete Umlaufzeit tUmlauf wird auf 0 und tUmlauf,max
begrenzt und anschließend mit Hilfe eines Integer-Delay und einer Summation als ttotal aufinte-
griert. Im Trigger -Block lauft ebenfalls ein Zahler der Gesamtzeit tSt der Steuerung mit. Die
Zeiten ttotal und tSt beginnen beide beim Start der Steuerung bei Null. Somit gelten folgende
Beziehungen im Trigger-Block:
Wenn tSt > ttotal (4.51)
⇒ Trigger = ON (4.52)
Wenn tSt < ttotal (4.53)
⇒ Trigger = OFF (4.54)
Trigger auf”ON“ startet die Berechnung des FVM-Modells fur einen Umlauf und
”OFF“
setzt das Triggersingal zuruck. Die Berechnung der Volumenelemente wird mittels ei-
ner for -Schleife nacheinander ausgefuhrt. Die Anzahl der finiten Volumenelemente ist
bestimmend fur die Berechnungszeit auf der Zielhardware. Die Beeinflussung der Anzahl
der Volumenelemente auf die Berechnungszeit des Modells wird im Kapitel 4.4 naher untersucht.
Begonnen wird mit der Validierung des Modells fur stationare Betriebspunkte. Die
Messung zur Validierung der N2-Anreicherung ausschließlich durch die N2-Diffusion in der
Wasserstoffversorgung wird daher mit standig geschlossenem Purgeventil und Ventil im
Wasserabscheider durchgefuhrt.
Fur diese Validierungsmessung wird eine Ultraschall Messsonde der Firma FuelCon18 in das
Laborsystem am Anodenaustritt integriert. Die Ermittlung des Laufzeitunterschieds zweier
18http://www.fuelcon.com/cms/
Modell der
Wasserstoffversorgung
t total
Trigger
t Umlauf, max up
lo
z-1
+
+0
t Umlauf
StartinAnHc ,,,2
BZI
Membran,BZp∆
Eintritt,BZt
Ventileu
Abbildung 4.4: Prinzipieller Aufbau des getriggerten Modells der Wasserstoffver-sorgung
68 4.2 Entwurf eines Modells zur Ermittlung der Wasserstoffkonzentration
entgegengesetzter Ultraschallimpulse fur eine definierte Messstrecke dient mit Hilfe der Tau-
punkttemperatur am Anodenaustritt der rechnerischen Bestimmung der Gaszusammensetzung,
siehe Anhang A.5.
Die Abbildung 4.5 zeigt den Vergleich der aus der Messung der Ultraschall Messson-
de berechneten Werte der Konzentrationen fur N2, H2 und H2O mit den simulierten Werten
des FVM-Modells fur einen Betriebspunkt. Stickstoff wird in grun, Wasserstoff in blau und
Wasser in schwarz dargestellt. Die simulierten Werte sind gestrichelt gekennzeichnet. Die
Konzentration ist auf 1 normiert und die Zeit ist auf die Lange der Messung normiert. Zunachst
ist zu erkennen, das der Verlauf der simulierten Werte die indirekt gemessenen Werte der
Konzentrationen sehr gut wiedergeben [60].
Die N2- und H2O-Konzentration am Ende der betrachteten Zeit weichen jeweils um
ca. 7 % ab. Aufgrund der mathematischen Beziehung, die Summe aller Konzentrationen muss
Eins ergeben und dass die”Messwerte“ uber eine Berechnung indirekt bestimmt werden, kann
die Ursache der Abweichung nicht eindeutig bestimmt werden. Berucksichtigt man, dass die
Messzeit mehrere Minuten betragt, ist eine Abweichung von bis zu 7 % fur eine modellgefuhrte
Steuerung hinreichend genau. Des Weiteren werden die erwarteten Purgeintervalle um ein
0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0.7 0.8 0.9 10
0.25
0.5
0.75
1
1.25
normierte Zeit
no
rmie
rte
Ko
nze
ntr
ati
on
gemessene c
H2,An
gemessene cN
2,An
gemessene cH
2O,An
simulierte cH
2,An
simulierte cN
2,An
simulierte cH
2O,An
Abbildung 4.5: Vergleich indirekt gemessener Konzentrationswerte mit Simulati-onsergebnissen zur Validierung des FVM-Modells [5]
Modellgeführte Steuerung der Wasserstoffkonzentration 69
0 30 60 90 120 150 180 210 240 270 3000.4
0.5
0.6
0.7
0.8
0.9
1
1.1
Zeit in s
no
rmie
rte
Ko
nze
ntr
ati
on
gemessene cH
2,An
simulierte cH
2,An
gemessene(gemittelt) cH
2,An
simulierte(gemittelt) cH
2,An
Abbildung 4.6: Vergleich des Messwertes für die H2-Konzentration mit dem simu-lierten Wert während eines NEDC [60]
vielfaches geringer ausfallen als die hier aufgezeigte Messzeit.
Der Validierung fur stationare Betriebspunkte folgt der Vergleich des Simulationsmo-
dells mit Messwerten eines dynamischen Fahrzyklusses. Hierfur wird ein NEDC-Zyklus
herangezogen, bei dem ebenfalls keines der beiden Schaltventile der Wasserstoffversorgung zur
Vorbeugung der Verfalschung der N2-Anreicherung betatigt wird.
Fur die Ubersichtlichkeit der Abbildung 4.6 werden nur die H2-Konzentrationen der
indirekten Messung und der Simulation gegenubergestellt. Der simulierte Wert der H2-
Konzentration bildet den Verlauf des gemessenen Wertes gut ab. Die Konzentrationsanderungen
aufgrund der lastpunktwechselbedingten Druck- und Massenstromanderungen werden in der
Simulation gut abgebildet.
Auffallig sind die temporaren bis zu 10 % großen Differenzen zwischen den simulier-
ten und gemessenen Werten. Dabei muss hier jedoch beachtet werden, dass der Messwert
eine indirekt berechnete Große ist, die auf die Laufzeitunterschiede zweier Ultraschallsignale
zuruckgeht. Diese Berechnung kann nur in Abhangigkeit von der Messfrequenz der Messsonde
durchgefuhrt werden. Wie im Anhang A.5 erlautert betragt die Aktualisierungsrate 0, 75 Hz,
70 4.2 Entwurf eines Modells zur Ermittlung der Wasserstoffkonzentration
somit werden nur alle 1,5 Sekunden neue Messwerte generiert.
Zusatzlich zu dieser Tatsache kommt die Eigenschaft, dass das Simulationsmodell die
Gaszusammensetzung in der Anode berechnet und somit die tatsachliche, theoretische
Konzentration im Flussfeld bestimmt. Dies fuhrt bei geringen λH2-Werten, zu einer lokalen
hohen berechneten N2-Konzentration in der Anode. Die Ultraschall-Messsonde ist ausserhalb
der Brennstoffzelle in dem Anodenabgas positioniert, demzufolge werden die Konzentrationen
an unterschiedlichen Bereichen der Wasserstoffversorgung simuliert und indirekt berechnet.
Um die Ergebnisse der Simulation hinsichtlich des Einflusses der Dynamik auf die N2-
Anreicherung besser bewerten zu konnen, werden die Werte der H2-Konzentration uber
einen großeren Zeitraum gemittelt. Diese Graphen sind zusatzlich in der Abbildung 4.6
aufgetragen und weisen eine sehr gute Ubereinstimmung auf. Uber den Zeitraum von 5
Minuten wird die Verringerung der H2-Konzentration von 1 auf 0,9 mit einer Genauigkeit
von 1,31 % simuliert. Dies zeigt, dass das Simulationsmodell im dynamischen Verlauf die
Veranderung der Konzentrationen qualitativ wie quantitativ abbilden kann und demzufolge fur
eine modellgefuhrte Steuerung geeignet ist [5].
Das grundsatzliche Problem bei der Validierung von Modellen zur Bestimmung von
Gaszusammensetzungen liegt in der schwierigen messtechnischen Erfassung der tatsachlichen
Konzentrationen der Gaskomponenten. Daher wurde der Vergleich der gemittelten Werte uber
langere Zeitraume zur Validierung herangezogen. Fur das hier vorgestellte Simulationsmodell
fuhrt dies zu dem Ergebnis, dass das FVM-Modell fur die modellgefuhrte Steuerung eingesetzt
werden kann.
Als Weiterentwicklung des Modells wurde ein Algorithmus, der eine Veranderung der
N2-Diffusion mit der Alterung der Brennstoffzelle und die potentiellen Undichtigkeiten mit
berucksichtigen kann, die Genauigkeit des Modells uber die Lebenszeit des BZ-Stapels weiter
verbessern.
Modellgeführte Steuerung der Wasserstoffkonzentration 71
4.3 Modellgefuhrte Steuerung der Wasserstoffkonzentration
Die in Abbildung 4.1 gezeigte Kennlinie der Strahlpumpe der passiven Rezirkulation hangt von
der Dichte des Anodenabgases ab. Im Idealfall ist die Anode mit 100 % Wasserstoff gefullt.
Interne Untersuchungen in der Konzernforschung von Volkswagen haben eine untere Grenze
der Wasserstoffkonzentation ermittelt, bei der die Kennlinie der Strahlpumpe fur den Betrieb
des Brennstoffzellensystems noch oberhalb des λH2,min liegt und nur gering von der Kennlinie
aus Abbildung 4.1 abweicht. Zwischen dieser Untergrenze und dem Idealfall wurde eine Wasser-
stoffkonzentration cH2,An,opt bestimmt, bei der das Brennstoffzellensystem betrieben werden soll.
Fur das untersuchte Brennstoffzellensystem wird das bestimmte cH2,An,opt in den nachfolgenden
Untersuchungen und Erlauterung auf den Wert 1 aus Grunden der Geheimhaltung gesetzt.
Die modellgefuhrte Steuerung wird mit einen Zwei-Punkt-Regler umgesetzt und mittels einer
MiL-Simulation getestet. Die HiL-Simulation kann als Entwicklungswerkzeug nicht eingesetzt
werden, da die Transportmechanismen in der Membran der Brennstoffzelle nicht in dem
HiL-Simulationsmodell berucksichtigt werden.
4.3.1 Aufbau des modellgefuhrten Steuerungskonzeptes
In der Abbildung 4.7 wird der strukturelle Aufbau der modellgefuhrten Steuerung gezeigt.
Mittels gegebener Anfangsbedingungen fur die H2-Konzentration cH2,An,in,Start und der
aktuellen Messgroßen der Brennstoffzelle wie Stromstarke, Temperatur und Differenzdruck
uber die Membran sowie der Stellsignale des Purge- und Wasserabscheiderventils simuliert das
Modell der Wasserstoffversorgung aus Kapitel 4.2.1 die aktuelle Wasserstoffkonzentration.
In dem Modell der Wasserstoffversorgung ist ein N2-Diffusionsmodell integriert, wel-
ches die Diffusion des Stickstoffs uber die Membran berechnet und somit eine Verringerung der
H2-Konzentration verursacht.
Wahrend des Betriebs des Brennstoffzellensystems wird der StackHealth SHBZ (Erlauterung
folgt in Gleichung 4.55) der Brennstoffzelle ermittelt. Zusammen mit einer experimentell
bestimmten, von diesem StackHealth abhangigen Kennlinie wird die berechnete H2-
Konzentration korrigiert. Somit kann anschließend ein korrigierter Wert der H2-Konzentration
zur modellgefuhrten Steuerung der H2-Konzentration herangezogen werden.
Durch das Abgleichen der korrigierten H2-Konzentration mit dem Sollwert wird mittels
eines Zwei-Punkt-Reglers das Purgeventil angesteuert und die H2-Konzentration innerhalb
eines festgelegten Bereiches um den Sollwert eingestellt. Das Funktionsprinzip dieses
Zwei-Punkt-Reglers sieht wie folgt aus:
72 4.3 Modellgeführte Steuerung der Wasserstoffkonzentration
Modell der
Wasserstoffversorgung inkl. N2
Diffusionsmodell
-Regelstrecke
StartinAnHc ,,,2
BZI
Membran,BZp∆
Eintritt,BZt korrigierter WertoutAnHc ,,2
optAnHc ,,2
lPurgeventiu
BZSH
heiderWasserabscu
Abbildung 4.7: Struktur der modellgeführten Steuerung der H2-Konzentration
• Sinkt der korrigierte Wert unter die festgelegte Abweichung nach unten vom Sollwert,
wird das Steuersignal”Purgeventil offnen“ gegeben.
• Steigt der korrigierte Wert uber die festgelegte Abweichung nach oben vom Sollwert,
wird das Steuersignal”Purgeventil schließen“ gegeben.
Die Namensgebung”modellgefuhrte Steuerung“ ist zum einen durch die nicht gemessene
Regelgroße H2-Konzentration begrundet und zum anderen wird der StackHealth nicht als ein
Beobachter gesehen. Der StackHealth wird nur eingesetzt, um die fehlende Ruckfuhrung einer
großer werdenden Regelabweichung zu ersetzen. Weicht der StackHealth von dem erwarteten
Wert stark ab, kann korrigierend eingriffen werden.
Das Modell der Wasserstoffversorgung ist in die drei Module Diffusionsmodell, Modell
der Wasserstoffstrecke und Korrektur der simulierten H2-Konzentration aufgeteilt, siehe Abbil-
dung 4.8. Die beiden erstgenannten Module simulieren mittels der in Kapitel 4.2.1 aufgefuhrten
Gleichungen und Verfahrensweise die Gaszusammensetzung in der Wasserstoffversorgung.
Aufgrund von Storungen wie temporar veranderte H2 bzw. N2-Diffusion oder einer externen
Leckage von der Wasserstoffversorgung an die Umgebung, kann der simulierte Wert von
dem realen Wert abweichen. Dies konnte zu einer ungewollt geringeren oder hoheren
H2-Konzentration in der Wasserstoffversorgung fuhren. Eine zu gering simulierte Konzentration
wurde ein verfruhtes Purgen nach sich ziehen, was außer eines leicht erhohten H2-Verbrauches
keine negativen Einflusse auf den Betrieb und die Steuerung des Brennstoffzellensystems hat.
Der Fall eines zu hohen Simulationswertes wurde zu einem Betrieb des Brennstoffzel-
Modellgeführte Steuerung der Wasserstoffkonzentration 73
Diffusions-
Modell
Korrektur der simulierten H2
Konzentration mittels des
StackHealth BZ
BZI
Membran,BZp∆
Eintritt,BZt
Modell der
Wasserstoff-
strecke
korrigierter
Wert
simoutAnHc ,,,2
diffNn ,2&
outAnHc ,,2
StartinAnHc ,,,2
BZSH
Ventileu
Abbildung 4.8: Struktur des Modells der Wasserstoffversorgung innerhalb der mo-dellgeführten Steuerung
lensystems mit verminderten Brennstoffzellen-Wirkungsgrad fuhren. Im schlimmsten Fall
summieren sich die Abweichungen auf und die Differenz steigt soweit weiter an bis aufgrund
der geringen H2-Konzentration der stabile Betrieb des BZ-Systems nicht mehr gewahrleistet
ist. Daher wird zunachst der StackHealth SHBZ der Brennstoffzelle definiert zu
SHBZ =USSK(IBZ)
UBZ(IBZ). (4.55)
SHBZ steht fur das Verhaltnis aus der gemessenen Spannung UBZ(IBZ) zu der vermesse-
nen Spannung USSK(IBZ) der Referenz-Strom-Spannungs-Kennlinie bei der eingestellten
Stromstarke IBZ . Die Referenz-Strom-Spannungs-Kennlinie wird fur jeden BZ-Stapel nach
seiner Erstinbetriebnahme aufgenommen. Sie dient fur den nachfolgenden Betrieb als Indikator
fur den Zustand des Stapels hinsichtlich seiner Effizienz. Somit wird der”Gesundheitliche
Zustand“ des BZ-Stapels im Vergleich zur Erstinbetriebnahme ermittelt.
Zur Erlauterung des StackHealths, wird als Beispiel angenommen, dass bei einer gewunschten
Stromstarke der SHBZ = 0, 9 sei. Ein SHBZ = 0, 9 besagt, dass bei der eingestellten
Stromstarke eine 10 % geringere Spannung sich einstellt, als nach der Referenz-Strom-
Spannungs-Kennlinie zu erwarten ware. Mit der Beziehung fur die elektrische Leistung
P = U · I wird somit eine 10 % geringere Leistung bereitgestellt.
Somit musste die Stromstarke um den Faktor 10,9
bzw. um 11,11 % erhoht werden,
um bei gleichbleibender Spannung die gleiche Leistung abzugeben. Die um 11,11 % erhohte
Stromstarke bewirkt gemaß der Faraday-Beziehung auch einen um 11,11 % großeren
H2-Verbrauch. Die Erhohung der Stromstarke geht aufgrund des charakteristischen Verlaufes
der Strom-Spannungs-Kennline aus Abbildung 2.3 einher mit einer Reduzierung der Spannung.
74 4.3 Modellgeführte Steuerung der Wasserstoffkonzentration
0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0.7 0.8 0.9 1
0.65
0.7
0.75
0.8
0.85
0.9
0.95
1
1.05
normierte Zeit
Sta
ck
He
alt
h
StackHealth
H2 Konzentration
Abbildung 4.9: Einfluss der H2-Konzentration auf den StackHealth
Die Reduzierung der Spannung ist um eine Großenordung geringer als die der Stromstarke und
kann somit bei dieser uberschlagigen Betrachtung vernachlassigt werden. Im realen Betrieb
wurde somit ein SHBZ = 0, 9 einen mindestens 11,11 % großeren H2-Verbrauch bedeuten.
In Abbildung 4.9 ist der qualitative Verlauf des Einflusses der H2-Konzentration auf den
StackHealth fur einen normierten Zeitraum wiedergegeben. Hier geht die Verringerung der
H2-Konzentration um 20 % einher mit einer Verminderung des StackHealths um 5 %. Gemaß
der der Definition des StackHealths aus Gleichung 4.55 steigt der H2-Verbrauch um mindestens
5,3 % an.
Der dargestellte Einfluss der H2-Konzentration auf den StackHealth ist als Kennlinie
in der Steuerungssoftware hinterlegt. Die Brennstoffzelle soll wahrend des Betriebs einen
StackHealth von SHBZ > 0, 97 einnehmen. Sinkt der StackHealth unter diese Grenze, wird
der simulierte Werte nach unten korrigiert.
Fuhrt dies nicht zu einer Verbesserung des SHBZ wird das Modell durch das Offnen
des Ventils im Wasserabscheider fur eine definierte Zeit auf seine Anfangsbedingungen
initialisiert (großer Querschnitt bewirkt schnellen Austrag der Verunreinigungen). Somit wird
der sichere Betrieb des Brennstoffzellensystems gewahrleistet und fuhrt im schlechtesten Falle
Modellgeführte Steuerung der Wasserstoffkonzentration 75
zu einem zyklischen Purgen mittels des Ventils im Wasserabscheider mit einem erhohten
Wasserstoffverbrauch.
4.3.2 Modell in the Loop Simulation der modellgefuhrten Steuerung
Die MiL-Simulation wird durch die direkte Koppelung des Modells der Wasserstoffversorgung
als Enabled-Subsystem, (siehe Kapitel 4.2.3) und eines Zwei-Punkt-Regler-Blockes in
einem Simulink R©-Modell realisiert. Die MiL-Simulation umfasst nicht die Simulation der
Luftversorgung und des Kuhlsystems. Fur die MiL-Simulation relevanten Systemgroßen wie die
Drucke der Reaktanten, die Kuhlmitteleintrittstemperatur und der Luftmassenstrom werden
die betriebspunktabhangigen Sollwerte der jeweiligen Großen idealisiert als Ist-Werte fur
die Simulation verwendet. Die Regelung des Anodeneintrittsdrucks wird ebenfalls als ideal
angenommen und somit wird der zugefuhrte H2-Massenstrom dem verbrauchten Massenstrom
gleichgesetzt.
Getestet wird der Ablauf der modellgefuhrten Steuerung und die Simulation der Gaszusam-
mensetzung unter Berucksichtigung des Stellwertes fur das Purgeventil. In der Abbildung
4.10 sind zum einen die simulierten Werte der H2- und N2-Konzentration und das Stellsignal
0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0.7 0.8 0.9 10
0.25
0.5
0.75
1
1.25
1.5
normierte Zeit
Ko
nze
ntr
ati
on
simulierte c
H2,An
simulierte cN2,An
Stellsignal Purgeventil
Min. u. Max-Werte
Abbildung 4.10: Verlauf der Regel- und Stellgröße der modellgeführten Steuerungin der MiL-Simulation [60]
76 4.4 Einsatz der modellgeführten Steuerung am Laborsystem
des Purgeventils abgebildet und zum anderen sind der obere und untere Grenzwert des
Zwei-Punkt-Reglers eingezeichnet.
Der Verlauf der Konzentrationen verdeutlicht sehr gut die Funktion des Zwei-Punkt-
Reglers. Erreicht der simulierte Wert der H2-Konzentration den minimalen Grenzwert offnet der
Zwei-Punkt-Regler das Purgeventil, das FVM-Simulationsmodell simuliert korrekt einen Anstieg
der H2- bzw. eine Verringerung der N2-Konzentration. Wird der maximale Grenzwert durch die
simulierte H2-Konzentration erreicht, schließt der Zwei-Punkt-Regler das Purgeventil und das
Simulationsmodell errechnet erwartungsgemaß eine N2-Anreicherung. Die unterschiedlichen
Steigungen im Verlauf der Konzentrationen und die Variation in der Lange der Purgeintervalle
lassen auf die eingestellten Veranderungen des Betriebspunktes schließen. Das Lastprofil ist
jedoch wegen der Ubersichtlichkeit nicht mit in der Abbildung 4.6 dargestellt.
Diese MiL-Simulation bestatigt die grundsatzliche Funktionalitat der modellgefuhrten
Steuerung der H2-Konzentration. Somit kann als nachster Schritt des Entwicklungsprozesses
im Rapid Control Prototyping der Einsatz der modellgefuhrten Steuerung im Laborsystem
erfolgen.
4.4 Einsatz der modellgefuhrten Steuerung am Laborsystem
Die entworfene modellgefuhrte Steuerung muss mit einem moglichst geringen Rechenaufwand
auf der Zielhardware umgesetzt werden. Die gesamte Brennstoffzellensystem-Steuerung muss
innerhalb eines 10 ms Tasks gerechnet werden. Unter diesem Aspekt durfen Teilfunktionen,
wie die Regelung eines Teilsystems, die Fehlerbehandlung, die Ablaufsteuerung oder die
modellgefuhrte Steuerung nur mit einer sehr geringen Rechenzeit z.B. unter 0, 5 ms gerechnet
werden.
Daher wurde eine Sensitivitatsanalyse hinsichtlich des Einflusses der Anzahl der Volumenele-
mente des FVM-Modells der Wasserstoffversorgung auf die Rechenzeit der modellgefuhrten
Steuerung auf der Zielhardware durchgefuhrt. Die Tabelle 4.2 beinhaltet die Ergebnisse dieser
Analyse, die in der Abbildung 4.11 graphisch visualisiert sind. Die Rechenzeit wird in ms
angegeben.
Tabelle 4.2: Einfluss der Volumenelemente auf die Rechenzeit des FVM-Modells aufder Zielhardware
Anzahl der Volumenelemente 0 10 25 50 100 200 300 500
maximale Rechenzeit in ms 0,143 0,223 0,442 0,594 0,903 1,641 2,130 -
Modellgeführte Steuerung der Wasserstoffkonzentration 77
0 10 25 50 100 200 300
0
0.2
0.6
1
1.4
1.8
2.2
Anzahl der Volumenelemente
Re
ch
en
ze
it in
ms
Abbildung 4.11: Verhältnis der Rechenzeit zur Anzahl der Volumenelemente
Der Zusammenhang zwischen der Rechenzeit und der Anzahl der Volumenelemente
ist annahernd linear. Das FVM-Modell mit 500 finiten Volumenelementen war nicht mehr
auf der Zielhardware lauffahig und fuhrte so zu keinem Ergebnis. Der erste Wert bei 0
Volumenelementen der Tabelle 4.2 zeigt die minimale Rechenzeit der Steuerungssoftware der
modellgefuhrten Steuerung ohne das Antriggern des FVM-Modells an.
Das FVM-Modell wird mit 16 Volumenelementen (VE) mit hinreichender Genauigkeit aufgelost,
fur jede Verbindungsleitung 1 VE, Anbindung der Ventile 1 VE, Strahlpumpe 1 VE und 12 VE
fur die Diskretisierung der Brennstoffzelle. Damit wird eine Rechenzeit von ca. 0, 3 ms benotigt.
Aufgrund der Annahme einer konstanten Diffusion und eines linearen Temperaturver-
laufes entlang der Flussrichtung der Membran, wurde ein Volumenelement fur die Modellierung
der Brennstoffzelle ausreichen. Durch eine inhomogene Stromdichteverteilung kann es
zu einer nichtlinearen Temperaturverteilung kommen und weiterhin kann aufgrund einer
unterschiedlichen Wasserbeladung der PEM-Membran der N2-Diffusionsstrom uber das
Flussfeld variieren.
Daher bieten die 12 VE zukunftig die Moglichkeit die Diffusion oder den Temperatur-
verlauf innerhalb der Brennstoffzelle nichtlinear abbilden zu konnen. Die Verringerung der VE
auf die minimal erforderlichen 5 VE wurde die Rechenzeit nicht mehr stark verringern. Daher
wird eine Anzahl der Volumenelemente von 16 VE auf der Zielhardware beibehalten.
78 4.4 Einsatz der modellgeführten Steuerung am Laborsystem
4.4.1 Test der modellgefuhrten Steuerung am Laborsystem
Der Test der modellgefuhrten Steuerung am Laborsystem erfolgt in zwei Schritten. Im ersten
Schritt wird das Verhalten der modellgefuhrten Steuerung bei unterschiedlichen stationaren
Betriebspunkten untersucht. Der zweite Schritt beinhaltet den Test der modellgefuhrten
Steuerung wahrend des NEDC Fahrzyklusses.
Fur die erste Untersuchung wurden mehrere Punkte der Strom-Spannungs-Kennlinie
am Laborsystem eingestellt. Der Verlauf des simulierten Wertes und der berechneten Messwerte
der H2-Konzentration sind als Strich-Punkt bzw. durchgezogene Linie in der Abbildung 4.12
dargestellt. Der qualitative Verlauf der Leistungsaufnahme des Brennstoffzellensystems ist
als rote Linie abgebildet. Das Stellsignal des Purgeventils wird durch die blaue Linie in der
Abbildung dargestellt. Hier wird nur zwischen”geoffnet“ bei 0,5 und “geschlossen“ bei 0
unterschieden.
Im vorderen Bereich bis ca. 40 % der normierten Zeit wird auf das cH2,An,opt gesteuert und im
weiteren Zeitbereich auf ca. 90 % des cH2,An,opt. Der Zwei-Punkt-Regler der modellgefuhrten
Steuerung offnet bzw. schließt das Purgeventil an seinen festgelegten Grenzwerten und
0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0.7 0.8 0.9 10
0.25
0.5
0.75
1
1.25
normierte Zeit
no
rmie
rte
Ko
nze
ntr
ati
on
gemessene cH2,An
simulierte cH2,An
Stellsignal Purgeventil
Betriebspunkt BZ
Abbildung 4.12: Verhalten der modellgeführten Steuerung bei unterschiedlichenBetriebspunkten des Brennstoffzellensystems am Laborsystem
Modellgeführte Steuerung der Wasserstoffkonzentration 79
bestatigt somit die Erkenntnisse aus der MiL-Simulation. Der Verlauf Betriebspunkte BZ zeigt
vier unterschiedliche Betriebspunkte an und ist nicht mit der y-Achse in Verbindung zu stellen.
Des Weiteren stimmen die Verlaufe der simulierten und gemessenen Werten gut uber ein,
weisen jedoch beim Schließen des Purgeventils Abweichungen auf.
Diese Abweichungen sind in der maximalen Auspragung der H2-Anreicherung wahrend
eines geoffneten Purgeventils zu beobachten. Der gemessene Wert wird durch die
Stromungsverhaltnisse in der Messsonde, durch die Messwertaufbereitung und durch die
Messfrequenz beeinflusst. Dies fuhrt zu einem stufenformigen und leicht verzogerten Verlauf
der H2-Konzentration.
Dem gegenuber steht das proportionale Verhalten des FVM-Simulationsmodells der Steuerung,
welches durch den linearen Verlauf des Graphen der simulierten H2-Konzentration in der
Abbildung 4.12 gekennzeichnet wird. Innerhalb des FVM-Modells der Wasserstoffversorgung
wird das Stromungs- und Mischverhalten der Gase nicht berucksichtigt und die N2-Diffusion
wird als linear angenommen. Dies wird durch das beschriebene Verhalten des simulierten
Wertes des FVM-Modells deutlich.
0 200 400 600 800 1000 12000.65
0.7
0.75
0.8
0.85
0.9
0.95
1
1.05
1.1
Zeit in s
no
rmie
rte
Ko
nze
ntr
ati
on
gemessene cH
2,An
simulierte cH
2,An
Purgeventil
Abbildung 4.13: Vergleich des Messwertes für die H2-Konzentration mit dem simu-lierten Wert während eines NEDC inklusive der Darstellung desStellsignals des Purgeventils
80 4.4 Einsatz der modellgeführten Steuerung am Laborsystem
Abschließend kann grundsatzlich die Funktionalitat der modellgefuhrten Steuerung der
H2-Konzentration fur unterschiedliche stationare Betriebspunkte bestatigt werden.
Die Abbildung 4.13 zeigt den Verlauf des simulierten, indirekt gemessenen Wertes
und die Abbildung 4.14 ihre gemittelten Werte der H2-Konzentration wahrend eines NEDC am
Laborsystem. Die H2-Konzentration wurde mit Hilfe des indirekten Messwertes eingestellt. Des
Weiteren ist das Stellsignal des Purgeventils dargestellt.
Zunachst werden die Erkenntnisse aus der Validierung des Modells der Wasserstoffversorgung
bestatigt, dass der qualitative Verlauf des Messwertes im Verlauf des simulierten Wertes leicht
wieder zuerkennen ist. Aber im Gegensatz zur Abbildung 4.6 ergeben sich speziell im Anfangs-
bereich bei geringer Leistung und zum Ende des NEDC bei großen Leistungen etwas großere
Differenzen beim Absolutwert der gemittelten Werte der indirekten Messung und der Simulation.
Zu Beginn des Fahrzyklusses werden sehr geringe Leistungen mit langeren Idle-Phasen
abgefahren, dies fuhrt zu einer hohen N2-Anreicherung der simulierten Werte im Flussfeld der
Anode, bedingt durch die geringe Rezirkulation in diesem Betriebspunkt. Die aus der Messung
0 200 400 600 800 1000 12000.65
0.7
0.75
0.8
0.85
0.9
0.95
1
1.05
1.1
Zeit in s
no
rmie
rte
Ko
nze
ntr
ati
on
gemessene(gemittelt) cH
2,An
simulierte(gemittelt) cH
2,An
Purgeventil
Abbildung 4.14: Vergleich der gemittelten Messwerte für die H2-Konzentration mitdem gemittelten simulierten Wert während eines NEDC inklusiveder Darstellung des Stellsignals des Purgeventils
Modellgeführte Steuerung der Wasserstoffkonzentration 81
am Anodenaustritt berechneten Werte konnen, aufgrund der außerhalb der Brennstoffzelle
liegenden Messstelle, die simulierten Werte nicht bestatigen. Ab 180 Sekunden nach dem
Start des NEDC nahert sich der simulierte Wert der Messung an. Nach ca. 400 Sekunden
weisen die gemittelten Werte aus Messung und Simulation nur noch geringe Abweichungen auf.
Daraus ist zu schließen, dass der anfangs wahrend der Idle-Phasen in die Wasserstoffversorgung
diffundierte Stickstoff jetzt homogen uber der gesamten Wasserstoffversorgung verteilt ist.
Ab etwa 900 Sekunden nach dem Start stellt sich eine bleibende Abweichung ein, die
sich zum Ende des NEDC auf 6 % aufsummiert hat. Unter der Verwendung des simulierten
cH2,An-Wertes fur die modellgefuhrte Steuerung wurden die Purgeintervalle großer ausfallen und
die Korrektur uber den StackHealth musste greifen. Begrundet liegt diese Tatsache darin, dass
die Messung einige Betriebsstunden nach der Validierung des FVM-Modells aufgenommen wurde.
Der stetige Einfluss der Alterung auf das Systemverhalten der Wasserstoffversorgung
hinsichtlich der H2-Konzentration fuhrt zu nicht zufriedenstellenden Ergebnissen, um die
modellgefuhrte Steuerung mittels des FVM-Modells der Wasserstoffversorgung im dynamischen
Betrieb des betrachteten Brennstoffzellensystems weiter zuverlassig einsetzen zu konnen.
4.4.2 Bewertung der Ergebnisse der modellgefuhrten Steuerung im Einsatz amLaborsystem
Die vollstandige Abbildung der Veranderung der Gaszusammensetzung eines 3-Komponenten-
Gemisches mit der messtechnischen Erfassung nur einer Komponente setzt eine modellbasierte
Ermittlung von mindestens einer weiteren Komponente voraus. Fur die Steuerung eines
Brennstoffzellensystems ist die Kenntnis und das gezielte Einstellen der H2-Konzentration von
großer Bedeutung. Daher ist ein Simulationsmodell entworfen worden, bestehend aus einem
FVM-Modell der Wasserstoffversorgung mit integriertem N2-Diffusionsmodell und einer auf
diesem Modell basierenden Steuerung der H2-Konzentration.
Ein Problem hat sich bei den Tests der modellgefuhrten Steuerung am Laborsystem
gezeigt. Die Gaszusammensetzung uber die gesamte Lebensdauer eines Brennstoffzellensystems
speziell die H2- und N2-Konzentration konnen nicht allein anhand von Anfangsbedingungen und
den zufließenden und abfließenden Stoffstromen, bedingt durch Ventile, Verbrauch und Diffusion
berechnet werden. Der untersuchte BZ-Stapel kann aufgrund von Alterungserscheinungen sein
Systemverhalten im Hinblick auf die Diffusion, Einfluss der Feuchte, Druck und Temperatur
auf den StackHealth stark andern.
Dies hat zur Folge, dass zur Korrektur der simulierten H2-Konzentration nicht allein
der StackHealth dienen kann. Viel mehr muss die Veranderung des Diffusionsverhaltens in
82 4.4 Einsatz der modellgeführten Steuerung am Laborsystem
Abhangigkeit verschiedener Effekte der Alterung oder auch unterschiedlicher Umgebungsbedin-
gungen direkt erkannt werden. Dies muss zusatzlich mit einem geringen Rechenaufwand fur die
Zielhardware umzusetzen sein.
Daher kann als erster Ansatz der Einfluss verschiedener messbarer Großen wie Druck,
Temperatur, Luftmassenstrom und Feuchte auf den Diffusionskoeffizienten empirisch anhand
zahlreicher Messreihen ermittelt und mittels eines Kennfeldes in die Steuerung integriert
werden. Diese Vorgehensweise muss an unterschiedlichen Stapeln vorgenommen werden, um
einer moglichen Beeinflussung der Ergebnisse aufgrund von starken Bauteilstreuungen zwischen
den BZ-Stapeln entgegen zu wirken.
Nichtsdestotrotz sind die bis hierher erzielten Ergebnisse vielversprechend und fuhren
in der ersten Phase der Inbetriebnahme neuer Stapel und beim Betrieb wahrend der ersten
Betriebsstunden dazu, dass die modellgefuhrte Steuerung der H2-Konzentration zum Einsatz
kommen wird. Aber die Korrektur des simulierten Wertes wird zunachst mit der gemessenen
Große durchgefuhrt. Dadurch werden Erfahrungen gesammelt, die zusammen mit der
erfolgreichen Umsetzung der beschriebenen Maßnahmen mit einiger Zuversicht zu einer
zuverlassigen modellgefuhrten Steuerung fuhren wird. Dies sollte dann zu einer Streichung des
zurzeit eingesetzten H2-Konzentrationssensors fur den zukunftigen Einsatz in BZ-Fahrzeugen
ohne eine aktive Rezirkulation in der Wasserstoffversorgung fuhren.
Optimierung der Regelung des Kühlsystems 83
5 Optimierung der Regelung des Kuhlsystems
Das Kuhlsystem dient der Abfuhrung der innerhalb der Brennstoffzelle entstehenden
Reaktionswarme. Die Warme wird uber das Kuhlmedium innerhalb des Kuhlers an die
Umgebungsluft abgegeben.
In Kapitel 2.2.3 wird die Notwendigkeit einer konstanten Kuhlmitteleintrittstemperatur
fur das Einstellen der relativen Feuchte der Kathode und Anode, die optimale Leis-
tungsfahigkeit und der Gewahrleistung einer langen Lebensdauer angefuhrt. Des Weiteren
ist die Variation der Kuhlmitteltemperaturdifferenz uber die Brennstoffzelle entscheidend
fur den Abtransport des Produktwassers aus der Kathode. Die Eintrittstemperatur des
Kuhlmittels soll auf einen konstanten Wert eingestellt werden, somit steht zur Beeinflus-
sung der Temperaturdifferenz bei einer konstanten abzufuhrenden Warmemenge nur die
Stellgroße des Kuhlmittelvolumenstroms bzw. die Drehzahl der Kuhlmittelpumpe zur Verfugung.
Aufgrund der erwahnten Anforderung an die Ein- und Austrittstemperaturen des Kuhlmittels
ist die Verwendung eines passiven Stellgliedes, wie des Dehnstoffthermostats einer VKM,
aufgrund seines P-Regler Verhaltens nicht zielfuhrend. Der Einsatz eines Dehnstoffthermostaten
wurde immer zu einer bleibenden Regelabweichung und zu großen Uberschwingungen bei
Lastsprungen fuhren. Diese starken Schwankungen der Kuhlmitteleintrittstemperatur wurde
das Einstellen der relativen Feuchte der Reaktionsgase stark erschweren oder sogar verhindern.
Des Weiteren kann die Betriebstemperatur des Brennstoffzellensystems nicht variiert werden,
um dem Austrocknen der Membran oder dem Auskondensieren von Wasser in dem Flussfeld
der Bipolarplatten aktiv entgegen zu wirken.
Daher wird die Kuhlmitteleintrittstemperatur aktiv mit einem elektrisch angesteuertes
Thermostatventil geregelt und die Kuhlmitteltemperaturdifferenz wird uber die Drehzahl einer
elektrisch betriebenen Kuhlmittelpumpe eingestellt.
Die derzeitige Regelung der Kuhlmitteleintrittstemperatur basierend auf einem PID-
Regler der HyMotion3-Steuerung fuhrt zu dem in Abbildung 5.1 dargestellten Ergebnis bei
einem maximalen Lastsprung am untersuchten Laborsystem. Die Regelgroße TClnt,BZ,in (linke
y-Achse) ist auf den Sollwert und die Brennstoffzellen Leistung PBZ,ist (rechte y-Achse) auf
ihren Maximalwert normiert.
Die Regelgroße weist nach einer zeitlichen Verzogerung von ca. 5 Sekunden ein Uberschwingen
des Sollwertes um 4 % bzw. ca. 3 Kelvin auf. Die Anderung der Kuhlmitteleintrittstemperatur
bewirkt ebenfalls eine Erhohung der Kathodeneintrittstemperatur, weiterhin wird mittels
der Dampfdruckkurve, siehe Anhang A.3, die relative Feuchte um ca. 10 % reduziert. Der
84
0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 200.95
0.975
1
1.025
1.05
Zeit in s
no
rmie
rte
Te
mp
era
tur
0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 200
0.25
0.5
0.75
1
no
rmie
rte
Le
istu
ng
TClnt, Bypass
ohne Störgrößenaufschaltung
PBZ,ist
Abbildung 5.1: Messung des Regelverhaltens einer PID-Regelung der Kühlmitte-leintrittstemperatur am Laborsystem
eigenentwickelte Brennstoffzellenstapel wird im Gegensatz zum HyMotion3-Stapel starker
in seiner Leistungsfahigkeit durch eine Feuchteanderung beeinflusst. Dies fuhrte zu einer
Verscharfung der Anforderung an die Regelung der Kuhlmitteleintrittstemperatur. Die
Feuchteanderung aufgrund von Kuhlmitteltemperaturschwankungen soll auf unter 3 %
minimiert werden. Daraus ergibt sich eine maximale Regelabweichung von 1,5 % fur die
Regelung der Kuhlmitteleintrittstemperatur. Dieser Anforderung kann die Regelung mit einem
PID-Regler nicht erfullen.
Ausgangslage fur die Optimierung der Regelung wird der PID-Regler aufgrund seiner
einfachen Implementierung auf die Zielhardware und der leicht zu applizierenden Regelpara-
meter sein (vgl. Kapitel 3.1.1). Daher empfiehlt sich eine Storgroßenaufschaltung auf den
vorhanden PID-Regler zur Kompensierung einer noch zu identifizierenden Storgroße mit einer
großen zeitlichen Verzogerung.
Grundlage der Untersuchungen in dieser Arbeit ist ein Laboraufbau eines Brennstoffzellen-
Fahrzeugsystems. Zur Warmeabfuhr ist das System im Gegensatz zu einem Gas-Flussig
Fahrzeugkuhlers an einen Flussig-Flussig Warmeubertrager des Prufstandes angeschlossen. Das
grundlegend unterschiedliche Warmeubertragungsverhalten dieser beiden Kuhlervariationen
Optimierung der Regelung des Kühlsystems 85
beeinflusst stark das Systemverhalten des Kuhlsystems und somit auch den Reglerentwurf.
Daher ist das Simulationsmodell des Kuhlsystems im HiL-Simulationsmodell fur das
Laborsystem fur einen Flussig-Flussig Warmeubertager angepasst worden. Das angepasste
Simulationsmodell des Kuhlsystems wird in diesem Kapitel validiert, da es zur Optimierung der
Regelung erforderlich ist. Die Regelung wird am Beispiel des Laborsystems optimiert und muss
fur den zukunftigen Einsatz in einem BZ-Fahrzeug noch angepasst werden.
5.1 Storgroßenaufschaltung fur die Regelung der Kuhlmitteleintritts-temperatur
Zunachst mussen die relevanten Storgroßen fur eine Storgroßenaufschaltung identifiziert werden.
Aus den Erfahrungen des Betriebes der HyMotion3-Fahrzeuge haben sich vier Storgroßen heraus
kristallisiert.
1. Warmeeintrag des Brennstoffzellensystems in Abhangigkeit der abgegebenen elektrischen
Leistung
2. Fahrgeschwindigkeit des Fahrzeuges
3. Steigerung der Kuhlleistung durch die Kuhlerlufter
4. Volumenstromanderung durch Drehzahlanderung der Kuhlmittelpumpe
Am untersuchten Laborsystem wird ein feststehender Flussig-Flussig Warmeubertrager
eingesetzt, somit kann der Einfluss eines Kuhlerlufters oder die Variation der Kuhlleistung in
Abhangigkeit der Fahrgeschwindigkeit nicht untersucht werden. Daher werden nur die Einflusse
des Warmeeintrages des Brennstoffzellensystems und die Veranderung des Volumenstroms
durch die Kuhlmittelpumpe auf die Regelstrecke bewertet.
Bevor mit der Optimierung der Regelung begonnen werden kann, muss das auf Flussig-Flussig
Warmeubertrager angepasste Simulationsmodell des Kuhlsystems anhand von Messungen am
Laborsystem validiert werden.
Anschließend kann mittels des Simulationsmodells der Einfluss der Storgroßen auf das
Kuhlsystem untersucht werden. Daraufhin erfolgt die Erarbeitung einer Storgroßenaufschaltung
und gegebenenfalls mussen weitere Erweiterungen der Reglerstruktur vorgenommen werden.
86 5.1 Störgrößenaufschaltung für die Regelung der Kühlmitteleintrittstemperatur
5.1.1 Validierung des Simulationsmodells
Die Validierung des angepassten Kuhlsystems wird mit dem erwahnten Laborsystem
durchgefuhrt. Die Abbildung 5.2 zeigt den prinzipiellen Aufbau des Kuhlsystems als ein
Teilmodul des Laborsystems. Der Hauptvolumenstrom wird durch die Kuhlmittelpumpe (1)
erzeugt und stromt anschließend durch die Brennstoffzelle (2). Dann teilt das Thermostatventil
(3) den Hauptvolumenstrom in zwei Stromungszweige auf. Der eine fuhrt uber den Kuhler (4)
und der andere wird im Bypass um den Kuhler herum gefuhrt. Nach der Zusammenfuhrung
beider Zweige wird das Kuhlmittel der Kuhlmittelpumpe wieder zugefuhrt.
1
2
3
4
6
5
7
1 Kühlmittelpumpe
2 Brennstoffzelle
3 Thermostatventil
4 Kühler
5 Wärmeübertrager Luft
6 Wärmeübertrager H2
7 Turboverdichtereinheit
8 Ausgleichsbehälter
T3
M
T2 T1
8
Abbildung 5.2: Prinzipieller Aufbau des Kühlsystems
An drei Stellen im Kuhlsystem wird ein kleiner Volumenstrom abgezweigt, um entweder Warme
abzufuhren oder aufzunehmen. Der Warmeubertrager H2 (6) heizt den zugefuhrten Wasserstoff
fur die Wasserstoffversorgung vor, der Warmeubertrager Luft (5) entzieht der komprimierten
Luft bei TTurbo,out > TClnt,BZ,in Warme oder fuhrt der Luft bei TTurbo,out < TClnt,BZ,in Warme
zu. Des Weiteren dient das Kuhlmittel dem elektrischen Antrieb des Turboverdichters (7) als
Kuhlung und fuhrt Warme ab. Weiterhin ist eine Entluftungsleitung am Brennstoffzellenstapel
angebracht und fuhrt zum Ausgleichsbehalter (8) des Kuhlsystems.
Zusatzlich zu den Komponenten des Kuhlsystems sind die drei Messstellen T1 bis T3
der Temperatursensoren in Abbildung 5.2 eingezeichnet. Die Ein- und Austrittstemperatur des
Kuhlmittels am Brennstoffzellenstapel T1 = TClnt,BZ,in und T2 = TClnt,BZ,out werden am
Stapel gemessen. Als dritte Temperatur wird die Mischtemperatur T3 = TClnt,Bypass nach
der Zusammenfuhrung der Teilvolumenstrome durch den Kuhler und im Bypass zum Kuhler
Optimierung der Regelung des Kühlsystems 87
gemessen.
Die Validierung des Kuhlsystem Simulationsmodells, siehe Anhang A.1.1, bezieht sich
hauptsachlich auf den Einfluss der beiden Stellgroßen des Kuhlsystems Offnungswinkel
Thermostatventil und die Drehzahl der Kuhlmittelpumpe auf die Regelgroßen
Kuhlmitteleintrittstemperatur und Kuhlmitteltemperaturdifferenz.
Hierzu wurde zur Erfassung geeigneter Messdaten jeweils nur eine Einflussgroße am Laborsystem
variiert. In Abbildung 5.3 wird die Variation der Einflussgroße Offnungswinkel Thermostatventil
bei drei unterschiedlichen Leistungsbereichen der Brennstoffzelle und korrespondierenden
Drehzahlen der Kuhlmittelpumpe durchgefuhrt. Im unteren Teil der Abbildung 5.3 sind die
Stellsignale uThermo,Pumpe des Thermostatventils und der Kuhlmittelpumpe als gestrichelte
Linie dargestellt. Die Leistung der Brennstoffzelle PBZ verlauft als durchgezogene Linie parallel
zur Drehzahl der Kuhlmittelpumpe. Im Verlauf des Offnungswinkels uThermo sind die Sprunge
im Bereich von 30 bis 100 % des Absolutwertes zu erkennen. Eine Variation der Stellgroße
uber den gesamten Stellbereich war nicht durchfuhrbar, da die Austrittstemperatur uber den
erlaubten Temperaturbereich hinaus ansteigen wurde.
Im oberen Teil der Abbildung 5.3 sind die Graphen der Messstellen T1 und T2 als
schwarze durchgezogene Linien aufgetragen. Der Graph mit den absolut großeren Werte steht
fur die Messstelle T2 der Kuhlmittelaustrittstemperatur. Die roten Strich-Punkt Linien stellen
die korrespondierten Simulationsergebnisse zu den beiden Messstellen dar. Im mittleren Teil ist
die Temperaturdifferenz uber die Brennstoffzelle mit derselben Farbe und Strichart fur die
Messwerte und Simulationsergebnisse dargestellt. Die Absolutwerte der Temperaturen wurden
auf die Betriebstemperatur normiert und die Temperaturdifferenz wird in Kelvin angegeben.
In der Abbildung 5.4 ist der prozentuale Fehler zwischen den simulierten und gemes-
senen Werten der Messstellen T1 und T2 aufgetragen. Bei großen Stellsignalanderungen nimmt
der Fehler Werte von ca. ± 20 % an. In der Darstellung konstanter Absoluttemperaturen
betragt die maximale Differenz zwischen den Ergebnissen des Simulationsmodells und der
Realitat + 10 %, bei ca. t = 600 s, und ist großtenteils der Messzeit kleiner als ± 5 %.
Die Abweichung der Messdaten zu den Simulationsergebnissen Temperaturdifferenz weist eine
maximale Differenz von 3 Kelvin auf und ist uber zwei Drittel des Messbereiches kleiner als 0,5
Kelvin. Das Ubertragungverhalten des realen Kuhlsystems hinsichtlich des Warmeeintrages der
Brennstoffzelle und des Einflusses der Stellglieder auf die Regelgroßen spiegelt sich gut in den
Ergebnissen der Simulation wieder.
Eine weitere wichtige Große zur Chrakterisierung des Ubertragunsgverhalten des Kuhlsystems
88 5.1 Störgrößenaufschaltung für die Regelung der Kühlmitteleintrittstemperatur
0 200 400 600 8000.4
0.6
0.8
1
1.2
no
rm.
Te
mp
.
Zeit in s
gemessen TClnt,BZ,in
simuliert TClnt,BZ,in
gemessen TClnt,BZ,out
simuliert TClnt,BZ,out
0 200 400 600 800-3
0
3
6
9
12
Zeit in s
∆ T
in
K
gemessenes ∆ TBZ
simuliertes ∆ TBZ
0 200 400 600 8000
0.25
0.5
0.75
1
Zeit in s
PB
Z u
nd
uT
he
rmo
.,P
um
pe
PBZ
uThermostat
uPumpe
Abbildung 5.3: Vergleich von realen Messdaten für die Kühlmitteleintritts- undaustrittstemperatur und Werte des Simulationsmodells für unter-schiedliche Stellsignale der Aktuatoren des Kühlsystems
Optimierung der Regelung des Kühlsystems 89
0 200 400 600 800-20
-10
0
10
20
Fe
hle
r ∆ m
ess
, si
m in
%
Zeit in s
∆Clnt, BZ, in
∆Clnt, BZ, out
Abbildung 5.4: Prozentualer Fehler zwischen den gemessenen Werten derKühlmitteleintritts- und austrittstemperatur und den Werten desSimulationsmodells für die in Abbildung 5.3 aufgetragenen Werte
sind die auftretenden Verzogerungen, um die eine Ausgangsgroße xa(t) einer Eingangsgroße
xe(t) nacheilt [62]. Die zeitliche Verzogerung wird als Totzeit Tt beschrieben, siehe Gleichung
5.1.
xa(t) = xe(t− Tt) (5.1)
Im Kuhlsystem treten Totzeiten bei der Ausbreitung einer Temperaturveranderung aufgrund
einer Warmequelle oder -senke innerhalb des Systems auf. Wird zum Beispiel der Offnungswinkel
des Thermostatventil uThermo verringert und somit der Volumenstrom uber den Kuhler erhoht,
konnen anhand der Abbildung 5.5 die Totzeiten zwischen den einzelnen Messstellen T1 bis T3
des Kuhlsystems abgelesen werden.
Der blaue Graph zeigt die sprunghafte Anderung des Stellsignals des Thermostatven-
tils bei t = 142 s, die gestrichelte Linie der Messstelle T3 der Mischtemperatur TClnt,Bypass
zeigt nach 0,8 Sekunde die erste negative Temperaturanderung. Als zweite Messstelle verringert
TClnt,BZ,in bzw. T1 nach 1,5 Sekunden ihren Temperaturmesswert. 4,4 Sekunden nach der
Stellsignalanderungen des Thermostatventils sinkt der Messwert der TClnt,BZ,out bei T2.
Diese Totzeiten werden nicht durch konstante Werte beschrieben, sondern variieren mit der
Durchflussgeschwindigkeit des Kuhlmittels bzw. sind direkt proportional zur Drehlzahl der
90 5.1 Störgrößenaufschaltung für die Regelung der Kühlmitteleintrittstemperatur
140 142 142.8 143.5 146.4 1480.8
0.9
1
1.1
no
rmie
rte
Te
mp
era
tur
Zeit in s
TClnt, BZ, in
TClnt, BZ, Bypass
TClnt, BZ, out
uThermostat
Abbildung 5.5: Messung der Temperaturmessstellen zur Verdeutlichung der imKühlsystem befindlichen Totzeiten
Kuhlmittelpumpe.
Anhand der in Abbildung 5.3 dargestellten Ergebnisse des Vergleiches des Simulati-
onsmodells mit Messdaten des Laborsystem kann das Simulationsmodell als hinreichend genau
validiert gelten. Somit kann die folgende Identifizierung der Storgroßen und die Auslegung der
Storgroßenaufschaltung mit Hilfe des Simulationsmodells durchgefuhrt werden.
Optimierung der Regelung des Kühlsystems 91
5.1.2 Identifizierung der Storgroßen des Kuhlsystems
Als Storgroße eines Kuhlsystems konnen alle Warmequellen und -senken bezeichnet werden. In
der Abbildung 5.2 sind insgesamt neben der Brennstoffzelle drei weitere Warmequellen bzw.
-senken aufgefuhrt.
Um abschatzen zu konnen welche Warmequellen oder -senken als Storgroßen in Be-
tracht kommen, wird eine Sensitivitatsanalyse der vier in Frage kommenden Komponenten
Brennstoffzelle, Warmeubertrager H2, Warmeubertrager Luft und Turboverdichtereinheit auf
die Regelgroße Kuhlmitteleintrittstemperatur durchgefuhrt.
Zur Bestimmung des Einflusses der vier Komponenten auf die Regelgroße TClnt,BZ,in
werden die Warmeleistungen der einzelnen Komponenten und die daraus resultierende
Temperaturdifferenz ∆TClnt,i uber diese vier Bauteile berechnet. Um die Vergleichbarkeit der
Temperaturdifferenzen gewahrleisten zu konnen, wird angenommen, dass durch alle Bauteile
der gleiche Kuhlmittelmassenstrom mClnt,BZ gefordert wird. Dieser Vergleich wird fur drei
Betriebspunkte (BP) BPklein, BPmittel und BPgross durchgefuhrt.
Als erste Komponente wird die Brennstoffzelle betrachtet. Die erzeugte Prozesswarme ergibt
sich direkt aus der Strom-Spannungs-Kennlinie aus Abbildung 2.3. Mittels des elektrischen
Wirkungsgrads wird die abzufuhrende Warmeleistung der elektrochemischen Reaktion bestimmt
[41]
QBZ = PBZ ·1− ηBZ,elekηBZ,elek
. (5.2)
Die Temperaturdifferenz uber den Stapel berechnet sich mit der spezifischen Warmekapazitat
cp und dem Massenstrom m des Kuhlmittels nach [68] zu:
∆TClnt,BZ =QBZ
cp,Clnt · mClnt,BZ
. (5.3)
Der Warmeubertrager H2 soll den zugefuhrten Wasserstoff auf die Betriebstemperatur der
Brennstofzelle vorwarmen. Fur die Berechnung der entnommenen Warmeleistung QWT,H2 aus
dem Kuhlsystem wird eine konstante Kuhlmitteltemperatur TClnt,BZ,in vorrausgesetzt, der
Wasserstoffmassenstrom wird in Abhangigkeit des Lastpunktes bestimmt.
Fur die Sensitivitatsanalyse werden die Warmeubertrager als ideal betrachtet, d.h.
der Wasserstoff und die Luft in den entsprechenden Warmeubertragern nehmen die Temperatur
des Kuhlmittels an. Diese Annahme fuhrt zu folgenden Beziehungen fur die Warmeleistung
und die Verringerung der Temperatur des Kuhlmittels fur den Warmeubertrager H2:
QWT,H2 = cp,H2 · mH2 · (TH2,Sys,in − TClnt,BZ,in) (5.4)
∆TClnt,WT,H2 =QWT,H2
cp,Clnt · mClnt,BZ
. (5.5)
92 5.1 Störgrößenaufschaltung für die Regelung der Kühlmitteleintrittstemperatur
Der Warmeubertrager Luft wird analog zum Warmeubertrager H2 betrachtet. Die Massenstrome
der Medien Luft und Kuhlmittel werden in Abhangigkeit des Lastpunktes bestimmt. Somit
errechnen sich die Warmeleistung und die Temperaturdifferenz zu:
QWT,Luft = cp,Luft · mKa,in · (TTurbo,out − TClnt,BZ,in) (5.6)
∆TClnt,WT,Luft =QWT,Luft
cp,Clnt · mClnt,BZ
. (5.7)
Fur den Warmeubertrager Luft ergibt sich in Abhangigkeit des Vorzeichens der Temperaturdif-
ferenz zwischen der Austrittstemperatur des Turboverdichters und der Kuhlmitteltemperatur
eine Warme- oder Kuhlleistung.
In der Turboverdichtereinheit aus Abbildung 5.2 ist die Kuhlung des elektrischen An-
triebes und des Frequenz-Umrichters des Turboverdichters als eine Warmequelle vereint. Die
abzugebene Warmemenge an das Kuhlsystem wird durch die elektrische Leistungsaufnahme
des Turboverdichters und den Wirkungsgrad des Antriebes ηTurbo,Mot und Umrichters ηTurbo,FU
bestimmt. Die Leistungsaufnahme Pelek,Turbo wurde fur die drei Betriebspunkte bestimmt und
die Wirkungsgrade wurden dem Datenblatt des Herstellers entnommen. Somit ergibt sich fur
die Warmeleistung und die resultierende Temperaturdifferenz:
QTurbo = Pelek,Turbo ·(1− ηTurbo,Mot · ηTurbo,FU)
ηTurbo,Mot · ηTurbo,FU(5.8)
∆TClnt,Turbo =QTurbo
cp,Clnt · mClnt,BZ
. (5.9)
Die fur die Berechnung der Warmeleistung erforderlichen Stoffwerte der Medien sind in der
Tabelle 5.1 aufgefuhrt.
Tabelle 5.1: Stoffwerte [64] für die Berechnungen von Qi und dTClnt,i
cp,Clnt 3, 58 kJ(kgK)
cp,H2 14, 304 kJ(kgK)
cp,Luft 1, 005 kJ(kgK)
Optimierung der Regelung des Kühlsystems 93
Tabelle 5.2: Berechnete Temperaturdifferenzen der einzelnen Wärmequellen und-senken des Kühlsystems
Betriebspunkt ∆TClnt,BZ ∆TClnt,WT,H2 ∆TClnt,WT,Luft ∆TClnt,Turbo
in K in K in K in K
klein 2, 19 −0, 066 −0, 32 0, 076
mitel 8, 33 −0, 10 −0, 06 0, 242
groß 11, 53 −0, 124 0, 43 0, 35
Die Tabelle 5.2 stellt die Ergebnisse fur die drei Betriebspunkte der Gleichungen 5.2 bis 5.9
gegenuber.
In allen drei Betriebspunkten hat die Brennstoffzelle den großten Einfluss auf die Re-
gelgroße. Wird der Einfluss der drei anderen Komponenten ins Verhaltnis zum Einfluss
der Brennstoffzelle auf die Regelgroße gesetzt, ergibt sich fur BPklein, dass der Einfluss
des Warmetauschers Luft um das 7-fache geringer ist. Der Einfluss der beiden anderen
Komponenten ist sogar um das 33-fache kleiner. Fur die Betriebspunkte BPmittel und
BPgross ist der Einfluss des Warmeubertragers H2 bzw. Luft und der Turboverdichtereinheit
um das 33 bis 100-fache kleiner als der Einfluss der Brennstoffzelle auf die Regelgroße TClnt,BZ,in.
Somit konnen die Warmeubertrager H2 und Luft und die Turboverdichtereinheit als
Storgroßen ausgeschlossen werden und die Brennstoffzelle verbleibt als einzige Storgroße. Die
von der Brennstoffzelle verursachte Temperaturerhohung kann erst nach der Durchstromung
des Kuhler Bypasses durch die Messstelle T3 erfasst werden. Dadurch besteht nicht mehr
die Moglichkeit die Warmemenge abzufuhren und bewirkt dadurch ein Uberschwingen der
Regelgroße.
Zusatzlich mussen die in Kapitel 5.1.1 ermittelten Totzeiten zwischen den Messstellen in
Abhangigkeit der Kuhlmittelpumpendrehzahl bei dem Entwurf der Storgroßenaufschaltung
berucksichtigt werden.
94 5.1 Störgrößenaufschaltung für die Regelung der Kühlmitteleintrittstemperatur
5.1.3 Entwurf der Storgroßenaufschaltung auf die Stellgroße
Einschleifige Regelsysteme konnen nicht immer die an sie gestellten Guteanforderungen
einhalten. Dies ist meistens der Fall, wenn eine große Storung auf die Regelstrecke einwirkt
und zwischen dem Messglied und dem Stellglied eine große Verzogerung auftritt oder eine
Totzeit vorhanden ist [62]. Aufgrund dieser zeitlichen Verzogerung kann die Storung durch die
Regelung nur sehr langsam ausgeregelt werden, obwohl der Regler sehr schnell reagieren kann
[43].
Dem beschriebenen Verhalten kann durch die Verkurzung des Signalweges zwischen
dem Storeingriff und der Messstelle entgegengewirkt werden, sodass der Regler schnellstmoglich
Informationen uber die Storung erhalt [43]. Diese Maßnahme kann direkt umgesetzt werden.
In Kapitel 5.1.1 wird festgestellt, dass die Messstelle T3 eine Temperaturanderung aufgrund
einer Warmezufuhr durch die Brennstoffzelle fast um den Faktor 2 schneller erkennen kann als
die Messstelle T1. Zweitens tritt zwischen der Messstelle T3 und T1 keine weitere Storung
der Temperatur auf (Kap. 5.1.2). Somit kann die Regelung der Kuhlmitteleintrittstemperatur
anhand der Messgroße T3 = TClnt,Bypass durchgefuhrt werden.
Des Weiteren kann durch ein Kompensationsglied die Storung bereits vor dem Ein-
tritt in die Regelstrecke kompensiert werden. Dies ist nur moglich wenn die Storung messbar
und uber ein Stellglied beeinflussbar ist [62]. Da die produzierte Warme des Brennstoffzellen-
systems nur indirekt aus der Spannung, der Stromstarke und des elektrischen Wirkungsgrads
berechnet werden kann, aber die Auswirkung auf die Temperatur des Kuhlmittels direkt
durch die Messung der Kuhlmittelein- und Austrittstemperaturen bekannt ist, wird die
Kuhlmitteltemperaturdifferenz ∆TClnt,BZ als messbare Storung definiert und fur den Entwurf
einer Storgroßenaufschaltung herangezogen.
Eine Voraussetzung fur eine Storgroßenaufschaltung ist die Messbarkeit der Storgroße
[51]. Durch die Messung der Storgroße wird der Regler uber die Große und Art der Storung
im Voraus informiert, nicht erst wenn der Einfluss der Storung am Ausgang der Regelstrecke
gemessen wird [43]. Die erhaltenen Informationen konnen zur Berechnung einer Stellgroße
genutzt werden, um die Storung zu kompensieren [43]. In der Literatur werden verschiedene
Varianten der Storgroßenaufschaltung beschrieben. Die Storgroßenaufschaltung kann auf den
Regler oder die Stellgroße aufgeschaltet werden, oder dem Regelkreis kann eine Hilfsregelgroße,
wenn die Storgroße nur mittelbar gemessen werden kann, zur Verfugung gestellt werden
[62, 43, 51].
In dem behandelten System ist die Kuhlmitteltemperaturdifferenz als messbare Storgroße
schon identifiziert und fuhrt somit zu einer Storgroßenaufschaltung auf die Stellgroße. Diese
Optimierung der Regelung des Kühlsystems 95
-K(s)
-W
Kd(s)
G(s)
Gyd(s)
D
UY
Regelstrecke
Abbildung 5.6: Blockschaltbild einer Störgrößenaufschaltung nach [43]
Variante wurde, im Gegensatz zur Aufschaltung auf den Regler, gewahlt um den Regler beim
Entwurf der Storgroßenaufschaltung nicht berucksichtigen zu mussen. Dies wurde zu einem
großeren Rechenaufwand der Storgroßenaufschaltung auf der Zielhardware fuhren.
In Abbildung 5.6 ist die Storgroßenaufschaltung auf die Stellgroße eines einschleifigen
Regelkreises, bestehend aus der Regelstrecke G(s), dem Regler K(s) und der Ruckfuhrung
der Ausgangsgroße Y (s), dargestellt. Der Standardregelkreis wird durch die Storgroße D und
dem Kompensationsglied Kd(s) erweitert, indem der Ausgang des Kompensationsgliedes
Kd(s) der Stellgroße des Reglers K(s) aufgeschaltet wird. Der Einfluss der Storgroße auf
das Verhalten der Regelstrecke wird mit Gyd(s) dargestellt. Dieser Einfluss wird durch das
Kompensationsglied durch die Aufschaltung auf die Stellgroße des Reglers nun kompensiert.
Das Blockschaltbild fuhrt nach [43] zu den Beziehungen:
Y (s) = Gyd(s)D(s) +G(s)U(s) (5.10)
U(s) = −Kd(s)D(s) +K(s)(W (s)− Y (s)). (5.11)
Durch einige Umstellungen erhalt man
Y (s) = Gw(s)W (s) +GD(s)D(s) (5.12)
mit
Gw(s) =G(s)K(s)
1 +G(s)K(s)(5.13)
Gd(s) =Gyd(s)−G(s)Kd(s)
1 +G(s)K(s). (5.14)
Die Fuhrungsubertragungsfunktion Gw(s) ist dem eines Standardregelkreises gleich und somit
besitzen der Standardregelkreis und das Regelsystem mit Storgroßenaufschaltung dieselbe
charakteristische Gleichung und Stabilitatseigenschaften [43].
Wird die Storgroßenaufschaltung zu
Kd(s) =Gyd(s)
G(s)(5.15)
96 5.1 Störgrößenaufschaltung für die Regelung der Kühlmitteleintrittstemperatur
ausgelegt, wird die Storung vollstandig kompensiert und am Ausgang nicht sichtbar [62, 43].
Das errechnete Kd(s) muss zur technischen Realisierbarkeit nach [43] folgende Bedin-
gung
GradNyd(s)− GradZyd(s) ≥ GradZ(s)− GradN(s) (5.16)
erfullen. Diese Bedingung schließt somit ein Kd(s) mit einem idealen, aber technisch nicht
realisierbaren, PD-Verhalten aus [51, 62]. Wenn die dynamische Kompensation nach 5.16 nicht
moglich ist, kann eine statische Kompensation nach [62] mit einem P-Glied zu
Kd(s) =Kyd
Ks
(5.17)
durchgefuhrt werden. Zur Berechnung der Verstarkung des P-Gliedes werden die
Verstarkungsfaktoren der Ubertragungsfunktionen Gyd(s) und G(s) herangezogen.
Zur Auslegung der Storgroßenaufschaltung mussen die Ubertragungsfunktionen Gyd(s) der
Kuhlmitteltemperaturdifferenz und der Regelstrecke G(s) des Kuhlsystems auf die Regelgroße
identifiziert werden.
Mittels der Matlab System Identifikation Toolbox und des vorhandenen Simulink R©-
Modells des Kuhlsystems ist bei verschiedenen Betriebspunkten BPi (klein, mittel, groß) die
Ubertragungsfunktion Gyd(s) der Storgroße ∆TClnt,BZ auf die Regelgroße TClnt,BZ,in bei
einem konstanten Wert der Stellgroße ermittelt worden.
Gyd,klein(s) = e−14,1s · (−2, 6275 · 10−8)(s− 118800)
(s+ 1, 005)(s+ 0, 003182)(5.18)
Gyd,mittel(s) = e−6,0s · (−3, 2203 · 10−7)(s− 114900)
(s+ 1, 007)(s+ 0, 03723)(5.19)
Gyd,gross(s) = e−2,2s · (−5, 6023 · 10−7)(s− 106900)
(s+ 1, 069)(s+ 0, 05321)(5.20)
Die Ubertragungsfunktion G(s) mit der Eingangsgroße Stellglied Thermostatventil und Aus-
gangsgroße Kuhlmitteleintrittstemperatur wurde unter Zuhilfenahme desselben Werkzeugs eben-
falls errechnet. Die Storgroße ∆TClnt,BZ wurde konstant gehalten. Die Ubertragungsfunktionen
sind ebenfalls fur die drei Betriebspunkte BPi aufgenommen worden.
Gklein(s) = e−22,3s · (−1, 6612 · 10−8)(s− 120900)
(s+ 1, 005)(s+ 0, 001074)(5.21)
Gmittel(s) = e−9,4s · (−2, 2208 · 10−7)(s− 117300)
(s+ 1, 005)(s+ 0, 01801)(5.22)
Ggross(s) = e−4,7s · (−4, 8843 · 10−7)(s− 109000)
(s+ 1, 05)(s+ 0, 05123)(5.23)
Zunachst wird die Bedingung auf technische Realisierbarkeit nach Gleichung 5.16 uberpruft.
2− 1 = 2− 1 (5.24)
Optimierung der Regelung des Kühlsystems 97
Der Poluberschuss beider Ubertragungsfunktionen ist gleich, somit gilt die Bedingung als erfullt.
Kd(s) hat demnach keinen eigenen Polluberschuss. Wird Kd(s) ohne Berucksichtigung der
Totzeitglieder beispielsweise fur BPklein mittels der Gleichung 5.15 gebildet
Kd,klein(s) =−2, 6275 · 10−8 (s−118800)
(s+1,004)(s+0,003182)
−1, 6612 · 10−8 (s−120900)(s+1,005)(s+0,001074)
(5.25)
= 1, 58(s− 118800)(s+ 1, 005)(s+ 0, 001074)
(s+ 1, 004)(s+ 0, 003182)(s− 120900)(5.26)
ergibt sich ein Nullstelle weit rechts in der realen Halbebene. Dies fuhrt zu einem instabilen
Verhalten des Steuergliedes Kd(s). Die Berechnung von Kd(s) fur die beiden anderen
Betriebspunkt ergeben dasselbe Ergebnis. Demzufolge kann dieses Steuerglied nicht zur
Storgroßenkompensation eingesetzt werden.
Da die Einsatzfahigkeit eines Steuergliedes nicht gegeben ist, wird eine statische Kompen-
sation durch ein P-Glied als Storgroßenaufschaltung nach Gleichung 5.17 bestimmt. Der
Verstarkungsfaktor Kd(0) fur die drei betrachteten Betriebspunkte ergeben sich zu:
Kd,klein(0) =−2, 6275 · 10−8 (−118800)
(1,004)(0,003182)
−1, 6612 · 10−8 (−120900)(1,005)(0,001074)
(5.27)
= 0, 525 (5.28)
Kd,mittel(0) =−3, 2203 · 10−7 (−114900)
(1,007)(0,03723)
−2, 2208 · 10−7 (−117300)(1,005)(0,01801)
(5.29)
= 0, 686 (5.30)
Kd,gross(0) =−5, 6023 · 10−7 (−106900)
(1,069)(0,05321)
−4, 8843 · 10−7 (−109000)(1,05)(0,05123)
(5.31)
= 1, 064. (5.32)
Die Ergebnisse zeigen, dass die Verstarkung von Kd(s) in einem kleinen Bereich von 0,5 bis 1
fur alle Warmeleistungen liegt. Des Weiteren ergibt sich aus dem Quotient der Totzeit-Glieder
von Gyd(s) und G(s) eine variable Totzeit Tt fur Kd(s)
Tt,klein = 8, 2 (5.33)
Tt,mittel = 3, 4 (5.34)
Tt,gross = 2, 5. (5.35)
Demnach ergibt sich fur Kd(s) ein P-Regler mit einem konstanten Verstarkungsfaktor von
kp = 0, 75, als Mittelwert des Bereiches von 0,5 bis 1, und einer variablen Totzeit Tt,var
Kd(s) = kp · e−Tt,vars. (5.36)
Die variable Totzeit Tt,var steht fur die Zeit, die das Kuhlmittel von der Messstelle T2 der
Kuhlmittelaustrittstemperatur zum Stellglied Thermostatventil benotigt. Daher wird die
98 5.1 Störgrößenaufschaltung für die Regelung der Kühlmitteleintrittstemperatur
Totzeit durch den Volumenstrom, somit indirekt durch die Drehzahl der Kuhlmittelpumpe,
dem Leitungsquerschnitt und der Leitunsgslange bestimmt.
Die Zeit Tt,var, die das Kuhlmittel mit dem Volumenstrom VClnt fur die Leitungslange lL mit
dem Querschnitt AL benotigt, ergibt sich zu
Tt =AL · lL · 60
VClnt. (5.37)
Mit der Leitungslange von lL = 2, 3 m, dem Leitungsquerschnitt AL = 0, 001134 m2 und
der direkten Proprotionalitat der Kuhmittelpumpendrehzahl zu VClnt kann die Steuerung die
variable Totzeit zu jedem Zeitpunkt bestimmen und somit Kd(s) berechnen.
Bevor die Storgroßenaufschaltung auf der Zielhardware umgesetzt werden kann, wird
diese inklusive des PID-Reglers zur Einstellung der Kuhlmitteleintrittstemperatur in Verbindung
mit dem validierten Simulink R©-Modell des Kuhlsystems in einer MiL-Simulation getestet und
der Regelung anhand eines einfachen PID-Regler gegenuber gestellt.
Hierzu werden große Lastsprunge in einer Frequenz von 0, 5 Hz und 0, 25 Hz simuliert,
die große Temperaturdifferenzen nach sich ziehen, um das Verhalten der Regelung mit
Storgroßenaufschaltung zu testen. Im oberen Teil der Abbildung 5.7 ist der Verlauf des Last-
profils, sowie die resultierende Temperaturdifferenz der Regelung mit Storgroßenaufschaltung
aufgetragen. Im mittleren Teil wird die Ersatzregelgroße TClnt,Bypass und im unteren Teil der
Abbildung die Stellgroße uThermo der beiden Regler dargestellt, SGA bezeichnet den PID-Regler
mit der Storgroßenaufschaltung und PID den reinen PID-Regler. Die Temperaturdifferenz
∆TClnt,BZ wird in Kelvin angegeben, die ubrigen Großen sind auf ihre Maximalwerte bzw.
Stellbereiche normiert.
Die hohen Lastwechsel bei 20 s < t < 34 s mit einer Frequenz von 0, 25 Hz bewirken
eine hohere Amplitude in der Temperaturdifferenz als Lastwechsel mit der doppelten
Frequenz im Zeitbereich von 42 s < t < 46 s. Die große Warmekapazitat des Stapels
dampft die Temperaturanderung bei den Lastwechseln mit der doppelten Frequenz so
stark, dass die Auswirkung auf die Temperaturdifferenz geringer ausfallt als mit einfacher
Frequenz. Die produzierte Warme wird zunachst in den Bipolarplatten und den befeuch-
teten Membranen aufgenommen. Bei sehr kurzen Lastspitzen kann diese Warme nicht an
das Kuhlmittel ubergeben werden, bevor der Betrag der produzierten Warme wieder stark abfallt.
In diesem Bereich der maximalen Storung schwingt die Regelgroße mit dem einfa-
chen PID-Regler mit einer Amplitude von 4 % uber. Mittels der Storgroßenaufschaltung
reagiert der Regler pradiktiv auf die Storung. Dies ist an der schnellen Reaktion der Stellgroße
zu erkennen und fuhrt zur fast kompletten Dampfung des Uberschwingers. Des Weiteren ist
Optimierung der Regelung des Kühlsystems 99
0 10 20 30 40 50 60-0.25
0
0.25
0.5
0.75
1
1.25
no
rm.
Leis
tun
g
Zeit in s
0 10 20 30 40 50 60-2
0
2
4
6
8
10
∆ T
Cln
t,B
Z in
K
sim. ∆ TClnt,BZ
0 10 20 30 40 50 600.925
0.95
0.975
1
1.025
1.05
Zeit in s
no
rm.
Te
mp
era
tur
TClnt,Bypass,PID
TClnt,Bypass,SGA
0 10 20 30 40 50 600.7
0.8
0.9
1
Zeit in s
no
rm.
Ste
llg
röß
e
uThermo,PID
uThermo,Bypass,SGA
Abbildung 5.7: Resultate der MiL-Simulation zum Vergleich PID-Regler gegenPID-Regler mit Störgrößenaufschaltung
100 5.1 Störgrößenaufschaltung für die Regelung der Kühlmitteleintrittstemperatur
im Verlauf der Regelgroße des PID-Reglers nach Beendigung der Lastwechsel bei t = 45 s
ein einmaliges Uberschwingen von ca. 5% zu verzeichnen. Dieses Verhalten wird durch den
Einsatz der Storgroßenaufschaltung eliminiert, denn aufgrund der Verringerung der Storgroße
wird die Stellgroße reduziert, bevor der Einfluss der Storgroße auf die Regelgroße erkennbar wird.
Dieses Ergebnis bestatigt den Nutzen einer Storgroßenaufschaltung zur Optimierung
der Regelung des Kuhlsystems. Als nachsten Schritt muss fur den Einsatz auf der Zielhardware
die Storgroßenaufschaltung angepasst werden und anschließend mittels einer HiL-Simulation
getestet werden. Eine große Herausforderung wird die Portierung der variablen Totzeit
Tt,var des P-Regler Kd(s) der Storgroßenaufschaltung in eine diskrete variable Totzeit zur
Implementierung auf die Zielhardware.
Optimierung der Regelung des Kühlsystems 101
5.2 Implementierung der Storgroßenaufschaltung in die Steuerungs-software
Der vorgestellte Entwurf der Strorgroßenaufschaltung wird fur die Steuerungssoftware in
eine zeitdiskrete Form uberfuhrt. Die Implementierung einer zeitdiskreten Totzeit in die
Steuerungssoftware, die zugleich variabel und in einen Maschinencode ubersetzbar fur die
Zielhardware sein muss, stellt wie bereits erwahnt eine Herausforderung fur die Modellierung
der Totzeit dar.
Die Funktionsweise eines Totzeit-Blocks in einer graphischen Modellierungsoberflache
zur Umsetzung auf einem Steuergerat bedient sich eines First In – First Out Speichers
(FIFO), der die Eingangsgroße fur die Lange der angegebenen Totzeit speichert und diese
anschließend um die Totzeit verzogert wieder ausgibt. Die Abbildung 5.8 zeigt die Darstellung
eines FIFO-Speichers. Die in den FIFO-Speicher geschriebenen Werte werden genau in der
Reihenfolge ausgelesen, in der sie zuvor geschrieben worden sind. In diesem Beispiel wird A B
C geschrieben und nach einer Verzogerung von zwei weiteren Arbeitsschritten wird begonnen A
B C auszulesen.
A A
B
B
C
CA
B
C
A B
1
2
3
4
A B
C
C
Abbildung 5.8: Darstellung eines FIFO Speichers
Wird eine konstante Totzeit mittels eines Integer Delay Blockes (Abb. 5.9) fur die zeitdiskrete
Simulationsumgebung der Toolkette festgelegt, wird fur diese angegebene Totzeit unter
Berucksichtigung der eingestellten Berechnungszeit eines Tasks, hier 10 ms, und des
angegebenen Datentyps ein definierter Speicherbereich durch den GNU-Compiler auf dem
Mikroprozessor der Zielhardware zugewiesen. Der mittels des GNU-Compilers erzeugte
Maschinencode wird auf das Steuergerat gespielt und fur die Darstellung der Totzeit ist nun
102 5.2 Implementierung der Störgrößenaufschaltung in die Steuerungssoftware
ein fester Speicherbereich verantwortlich, somit kann diese Totzeit nicht mehr variiert werden.
Innerhalb der Simulink R© Umgebung stehen die drei auf der rechten Seite der Abbil-
dung 5.9 abgebildeten Simulink R©-Blocke zur Darstellung einer konstanten Totzeit oder
Verzogerung zur Verfugung. Auf der linken Seite sind drei weitere verfugbare Simulink R©-Blocke
fur Verzogerungs- und Totzeitglieder aufgefuhrt, die aufgrund ihrer Variabilitat oder
kontinuierlichen Rechenweise nicht in Betracht gezogen werden durfen. Der Memory und Unit
Delay Block ist aufgrund der Tatsache, dass alle Blocke in demselben Task gerechnet werden
mussen, nur in der Lage die Eingangsgroße um einen Task zu verzogern. Der Integer Delay
Block steht auf beiden Seiten, da ein konstanter Wert eingetragen werden darf, aber kein
Applikationsparameter.
Abbildung 5.9: Aufstellung der verfügbaren Blöcke zur Darstelluung von Totzeitenin Simulink R©
Die drei variablen Totzeit-Blocke (linke Seite Abb. 5.9) der Simulationsumgebung, durfen
aufgrund der Tatsache, dass der GNU-Compiler zum Zeitpunkt des”Compilierens“ nur
einen festen Speicherbereich fur einen Totzeit-Block zuweisen kann und diskret gerechnet
werden muss, nicht verwendet werden. Daher wird zunachst ein Modell einer variable Totzeit
entwickelt, der fur den Einsatz auf der Zielhardware geeignet ist, und auf seine Funktionalitat
untersucht. Anschließend wird die entworfene Storgroßenaufschaltung mit der variablen Totzeit
mittels einer HiL-Simulation getestet bevor sie im Laborsystem zum Einsatz kommt.
5.2.1 Entwurf einer variablen Totzeit fur den Einsatz auf der Zielhardware
Fur die Umsetzung einer variablen Totzeit werden auf der Zielhardware mehrere gleichgroße
Speicherbereiche auf dem Mikroprozessor reserviert, die nacheinander beschrieben werden. Die
Große eines Speicherbereiches ist maßgeblich fur die Auflosung der Totzeit.
In Abbildung 5.10 ist eine Reihenschaltung von n-Integer Delay Blocken mit einer
Optimierung der Regelung des Kühlsystems 103
1te Int. Delay
z-m
2te Int. Delay
z-m
3te Int. Delay
z-m
4te Int. Delay
z-m
nte Int. Delay
z-mx(t)
x(t-m*n*dt)
Totzeit 1/m
Abbildung 5.10: Blockschaltbild einer variablen Totzeit aus n-Integer Delays
Verzogerung von m-Tasks dargestellt. Mittels eines Multi Port Switch kann an der entspre-
chenden Stelle die Ausgangsgroße abgegriffen werden, die der gewunschter Totzeit entspricht.
Durch die Wahl eines geeigneten m kann die Auflosung bestimmt werden und die maximal
darstellbare Totzeit betragt mit n,m ∈ {IN} und dt = 10 ms
Tt,max = n ·m · dt. (5.38)
Die maximale zeitliche Abweichung der resultierenden Totzeit tD,max von der geforderten
Totzeit betragt:
tD,max =m · dt
2. (5.39)
Durch die alleinige Variation der Verzogerung des ersten Blockes besteht die Moglichkeit eine
minimale Totzeit zu bestimmen und somit kann der Bereich der Totzeit verschoben werden.
Der benotigte Rechenaufwand und Speicherbedarf kann durch einen großen Totzeitbereich
enorm ansteigen, daher kann durch eine zeitabhangige Triggerschaltung, wie in Abbildung 5.11,
die Effektivitat gesteigert werden.
Jedes Triggered Subsystem beinhaltet ein Integer Delay mit der maximal erforderlichen
Auflosung der variablen Totzeit. Fur eine Temperaturmessung ist eine Auflosung von 100 ms,
Abbildung 5.11: Simulink R©Modell einer variablen Totzeit für den Einsatz auf derZielhardware
104 5.2 Implementierung der Störgrößenaufschaltung in die Steuerungssoftware
Trigger = fallende Flanke
Trigger = steigende Flanke
x1==Anzahl Rechentasks x2==Anzahl Rechentasks
Abbildung 5.12: Zustandautomat zur Generierung des Triggersignals
dem 10-fachen der Abtastrate, hinreichend genau. Somit ist m = 10.
Fur das Modell einer variablen Totzeit werden 5 Triggered Subsystems verwendet, so-
mit kann uber das Trigger-Signal die Verzogerung des Eingangssignals eingestellt werden. Die
Triggered Subsystems werden nur bei steigender und fallender Flanke des Trigger-Signals
gerechnet. Das Trigger-Signal wird mit dem Zustandautomaten SM Trigger (Abbildung 5.11)
in Abhangigkeit der ganzzahligen Parameter x1 und x2 generiert, die sich nur um den Wert 1
unterscheiden durfen.
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 1000
0.5
1
1.5
Zeit in ms
Tri
gg
er
x1=1; x2=1
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 1000
0.5
1
1.5
Zeit in ms
Tri
gg
er
x1=1; x2=2
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 1000
0.5
1
1.5
Zeit in ms
Tri
gg
er
x1=2; x2=2
Abbildung 5.13: Verlauf des Trigger-Signals in Abhängigkeit der Parameter x1 undx2
Optimierung der Regelung des Kühlsystems 105
Das Trigger-Signal vollzieht einen Flankenwechsel, wenn die Steuerungssoftware x1 oder
x2 Tasks gerechnet hat, siehe Abbildung 5.12. In der Abbildung 5.13 ist das Verhalten des
Trigger-Signals in Abhangigkeit der ganzzahligen Parameter x1 und x2 dargestellt. Nehmen x1
und x2 den Wert Eins an, werden die Triggered SubSystems in jedem 10 ms Task angetriggert,
siehe erster Teil der Abbildung. Ist der zustandige Parameter fur die fallende Flanke x2 = 2
um Eins großer als x1 = 1, wird die fallende Flanke nach 2 Tasks bzw. nach 20 ms ausgelost
und die darauffolgende steigende Flanke nach einem Task bzw. 10 ms, siehe zweiter Teil der
Abbildung 5.13, somit werden die Triggered SubSystems im Schnitt alle 15 ms angetriggert.
Im dritten Teil der Abbildung sind beide Parameter gleich x1 = x2 = 2, hier erfolgt der
Flankenwechsel, steigend wie fallend, alle 2 Tasks bzw. 20 ms.
Durch die Auswahl von zwei Parametern zur Generierung des Trigger-Signals ist die
Moglichkeit gegeben, die Flankenwechsel fur fallende und steigende Flanken unabhangig
voneinander zu gestalten.
Die ganzzahligen Parameter x1 und x2 werden mit der Totzeit Tt und der Anzahl
der Triggered Systems xTr.SubSys berechnet. x1 wird mathematisch auf eine ganze Zahl
gerundet und x2 wird mit der Gaußklammer [11] auf die kleinste ganze Zahl, die großer oder
gleich dem Ergebnis fur xi als reelle Zahl ist, aufgerundet.
x1 =Tt ·m
xTr.SubSys(5.40)
x2 = d Tt ·mxTr.SubSys
e (5.41)
In Abhangigkeit von x1 und x2 wird der Port Pi des Multi Port Switch bestimmt und das
Eingangssignal wird mit einer Abweichung zur gewunschten Totzeit verzogert.
Pi =Tt ·m
0.5(x1 + x2)+ 1 (5.42)
Der Port ergibt sich aus dem normal gerundeten Wert fur Pi. Die modellierte variable Totzeit
Tt,var mit der Auflosung von 0, 1 s betragt
Tt,var = (x1 + x2
2− 1) · 0, 1 · (Pi − 1) + 0, 1 · (Pi − 1). (5.43)
Durch die Rundung der Werte x1, x2 und PI ergibt sich eine Abweichung. Diese Abweichung
tD berechnet sich fur Tt mit einer Auflosung von 0, 1 s zu
tD = |(Tt − Tt,var)| (5.44)
=
∣∣∣∣(Tt − (x1 + x2
2− 1) · 1
m· (Pi − 1) +
1
m· (Pi − 1))
∣∣∣∣ . (5.45)
Die maximale Abweichung wird durch die Verzogerung eines Flankenwechsels durch die Werte
x1, x2 bestimmt, im Folgenden werden die auftretenden Totzeiten des untersuchten Kuhlsystems
106 5.2 Implementierung der Störgrößenaufschaltung in die Steuerungssoftware
berechnet, woraus sich eine maximale Abweichung tD,max berechnen lasst.
tD,max =x1 + x2
2· dt. (5.46)
Die Totzeit Tt steht fur die Zeit, die das Kuhlmittel von der Messstelle T2 der
Kuhlmittelaustrittstemperatur zum Stellglied Thermostatventil benotigt. Daher wird
die Spreizung des Zeitbereiches der Totzeit durch den Volumenstrom bei der maximalen und
minimalen Drehzahl der Kuhlmittelpumpe, dem Leitungsquerschnitt und der Leitunsgslange
bestimmt.
Die Zeit Tt, die das Kuhlmittel mit dem Volumenstrom VClnt fur die Leitungslange lL
mit dem Querschnitt AL benotigt, ergibt sich zu
Tt =AL · lL · 60
VClnt. (5.47)
Mit dem maximalen Volumenstrom VClnt,max = 0, 151 m3
minbzw. dem minimalen VClnt =
0, 0132 m3
min, der Leitungslange von lL = 2, 3 m und dem Leitungsquerschnitt AL = 0, 001134 m2
lassen sich
Tt,max = 11, 85 s (5.48)
Tt,min = 1, 03 s (5.49)
berechnen. Mit Tt,max und den Gleichungen 5.40 und 5.41 ergeben sich fur:
x1 = 24 (5.50)
x2 = 24 (5.51)
und durch Einsetzen der Werte fur x1 und x2 in die Gleichung 5.46 ergibt sich die maximale
Abweichung von:
tD,max =x1 + x2
2· dt (5.52)
=24 + 24
2· 10ms (5.53)
= 240ms. (5.54)
Die Abweichung von 240 ms bei einer maximalen Totzeit Tt,max = 11, 85 s bedeutet eine
Abweichung von 2, 03 % des absoluten Wertes. Dieser Wert ist im Hinblick auf die Tragheit
des Warmeeintrages eine hinreichend geringe Abweichung. Somit wird das in Abbildung 5.11
erlauterte Simulink R©- Modell einer variablen Totzeit in der Brennstoffzellensystem-Steuerung
fur die Storgroßenaufschaltung auf die Stellgroße der Kuhlmitteleintrittstemperatur Regelung
eingesetzt.
Optimierung der Regelung des Kühlsystems 107
5.2.2 Test der optimierten Regelung mittels Hardware in the Loop Simulation
Das Blockschaltbild aus Abbildung 5.14 stellt die Umsetzung der entworfe-
nen Storgroßenaufschaltung aus Kapitel 5.1.3 zusammen mit der Steuerung der
Kuhlmitteltemperaturdifferenz ∆TClnt,BZ dar. Diese Struktur wurde in Simulink R©
umgesetzt unter Zuhilfenahme der vorgestellten variablen Totzeit aus Abschnitt 5.2.1 und des
PID-Regler Blockes aus Kapitel 3.1.1.
Die Steuerung von ∆TClnt,BZ erfolgt anhand des Sollwertes fur die Leistunganforderung der
Brennstoffzelle. Durch die Umstellung der Gleichung 5.3 nach mClnt,BZ mit der gewunschten
Kuhlmitteltemperaturdifferenz ∆TClnt,BZ,Set zu
mClnt,BZ =QBZ
cp,Clnt ·∆TClnt,BZ,Set(5.55)
wird der erforderliche Kulmittelmassenstrom berechnet. Die Vermessung der Kuhlmittelpumpe
in dem betrachteten Kuhlsystem fuhrt zu einer Kennlinie fur den Kuhlmittelmassenstrom in
Abhangigkeit von der Pumpendrehzahl. Somit ergibt sich fur K2(s) ein P-Glied mit einem
kennfeldbasierenden Verstarkungsfaktor kp.
K2(s) = kp(PBZ) (5.56)
Das eingestellte ∆TClnt,BZ mittels der Steuerung K2(s) weicht mit einer Genauigkeit von nur
±1 % vom gewunschten Sollwert ab. Dies erfullt die Anforderung an das Kuhlsystem, um das
produzierte Wasser auszutragen oder eine erforderliche Feuchte einzustellen.
G2(s)
Sollwert inBZ,Clnt,T
IstBZ,Clnt,T∆
BypassClnt,TThermou
SetBZ,P
-
K2(s)
G1(s)+
K1(s)
Kd(s)
kP
Tt,var
outBZ,Clnt,T
-StoerBZ,T∆
GPumpe
(s)T
t,var(u
1,Pumpe)
Pumpeu Pumpe1,u
-
inBZ,Clnt,T
Reglung des Kühlsystems Regelstrecke des Kühlsystems
Abbildung 5.14: Blockschaltbild der Regelung des Kühlsystems
108 5.2 Implementierung der Störgrößenaufschaltung in die Steuerungssoftware
Das Ubertragungsverhalten der Kuhlmittelpumpe GPumpe(s) wird durch ein PT1-Glied in der
Steuerung dargestellt und dient der Verzogerung des Stellsignale der Pumpendrehzahl uPumpe.
Das verzogerte Stellsignal u1,Pumpe ist die Eingangsgroße der Storgroßenaufschaltung fur die
Berechnung der variablen Totzeit Tt,var.
Die in Kapitel 5.1.3 beschriebene und entworfene Storgroßenaufschaltung Kd(s) ist
mit den entsprechenden Ein- und Ausgangsgroßen ebenfalls in der Abbildung 5.14 dargestellt.
Die Totzeit wird mit Gleichung 5.37 und der Kenntnis der Abhangigkeit des Volumenstroms
von der Drehzahl der Kuhlmittelpumpe mit der Funktion Tt,var(u1,Pumpe) berechnet.
Die vorgestellte Struktur der Regelung der Kuhlmitteleintrittstemperatur mit
Storgroßenaufschaltung wird zusammen mit der Steuerung der Kuhlmitteltemperaturdifferenz
mittels HiL-Simulationen auf ihre Funktionalitat und Robustheit getestet.
Hierzu wird dasselbe Lastprofil, wie bei den MiL-Tests in Kapitel 5.1.3 gewahlt, um
den Einfluss der Zeitdiskretisierung auf dem Steuergerat auf die Regelgute zu untersuchen. Des
Weiteren kann hiermit die Funktion der variablen Totzeit im Bezug auf die gewahlte Auflosung
und Genauigkeit getestet werden.
Die Darstellung ist analog zu Abbildung 5.7 aufgebaut und gibt hier die Ergebnisse der
MiL und HiL-Simulationen der PID-Regler mit Storgroßenaufschaltung wieder. Zusatzlich
ist das Verhalten des Regelkreises mit einem reinen PID-Regler in der HiL-Simulation abgebildet.
Der oberere Teil der Abbildung 5.15 zeigt dasselbe Lastprofil der MiL-Simulation mit
der resultierenden Temperaturdifferenz der Regelung mit Storgroßenaufschaltung. Im
zweiten Teil ist die Ersatzregelgroße TClnt,Bypass fur die drei Regelkreise, PID-Regler und
Storgroßenaufschaltung mit MiL (blau), PID-Regler und Storgroßenaufschaltung mit HiL
(schwarz) und PID ohne Storgroßenaufschaltung mit HiL (rot) dargestellt.
Die Verlaufe der Ersatzregelgroße TClnt,Bypass der Regler mit Storgroßenaufschaltung
sind fast uber den gesamten Zeitbereich deckungsgleich. Dies spiegelt sich auch in den
Graphen der Stellgroßen wieder. Der einzige Unterschied lasst sich in den Messwerten der
HiL-Simulation bei Abwartstransienten der Temperaturdifferenz identifizieren. Die Graphen
der Temperaturdifferenz und der Stellgroßen weisen einen Peak auf. Dieser Peak veranlasst
die beiden am HiL eingesetzten Regler zu einem großeren Uber- bzw. Unterschwingen der
Regelgroße im Vergleich zur MiL-Simulation. Der Peak und die sprunghafte Anderung der
Temperaturdifferenz ist auf ein leicht verandertes Verhalten des Simulationsmodells auf dem
HiL-Simulator zuruckzufuhren.
Optimierung der Regelung des Kühlsystems 109
0 10 20 30 40 50 60-0.25
0
0.25
0.5
0.75
1
1.25
no
rm.
Leis
tun
g
Zeit in s
0 10 20 30 40 50 60-2
0
2
4
6
8
10
∆ T
Cln
t,B
Z in
K
sim. ∆ T
Clnt,BZ
0 10 20 30 40 50 600.6
0.7
0.8
0.9
1
1.1
Zeit in s
no
rm.
Te
mp
./S
tellg
r.
TClnt,Bypass,SGA,HiL
TClnt,Bypass,SGA,MiL
TClnt,Bypass,PID,HiL
uThermo,SGA,HiL
uThermo,Bypass,SGA,HiL
uThermo,Bypass,SGA,MiL
Abbildung 5.15: Resultate der HiL-Simulation zum Vergleich PID-Regler gegenPID-Regler mit Störgrößenaufschaltung und MiL-Simulation
Die HiL-Simulation veranschaulicht sehr gut die Funktionsweise der Strogroßenaufschaltung.
Das Uber- bzw. Unterschwingen der Regelgroße bei Lastwechsel werden stark bis ganz gedampft.
Somit kann anhand der HiL-Simulationen gesagt werden, dass die entworfene
Storgroßenaufschaltung fur den PID-Regler der Kuhlmitteleintrittstemperatur ohne ei-
ne Veranderung aus dem Entwurfsprozess mittels einer MiL-Simulation ubernommen werden
kann. Somit kann der beschriebene Entwicklungsprozess des Rapid Control Prototyping bis zur
Phase:”Tests mittels einer HiL-Simulation“ fur die Optimierung der Regelung des Kuhlsystems
eingesetzt werden.
110 5.3 Einsatz des Reglers für die Kühlmitteleintrittstemperatur am Laborsystem
5.3 Einsatz des Reglers fur die Kuhlmitteleintrittstemperatur am La-borsystem
Als letzter Schritt im Entwicklungsprozess des Rapid Control Prototyping steht der Einsatz
der optimierten Regelung des Kuhlsystems in einer realen Umgebung bevor. Die erfolgreich
am HiL-Simulator getestete Regelung wird ohne Veranderung auf der Zielhardware VW-FCC
am Laborsystem eingesetzt. Mittels der E-Fahrzeugsimulation wird zunachst ein maximaler
Lastsprung erzeugt, um den Vorteil der Storgroßenaufschaltung auch am Laborsystem
nachweisen zu konnen.
Anschließend wird das Verhalten der optimierten Regelung des Kuhlsystem beim Ab-
fahren eines realen Fahrzyklusses untersucht. Hier steht die Regelgute hinsichtlich des
Einschwingverhaltens des Reglers mit Storgroßenaufschaltung im dynamischen Betrieb im
Vordergrund. Diese Untersuchung soll die praktische Einsatzfahigkeit der mittels des Rapid
Control Prototyping Prozesses optimierten Regelung unter Beweis stellen. Zum Abschluss
wird auf die weiterfuhrenden Schritte hingewiesen, die unternommen werden mussen, um die
Regelung des Kuhlsystems fur den Einsatz im Fahrzeug anzupassen.
5.3.1 Gegenuberstellung der unterschiedlichen Regelungskonzepte
Der Vergleich der Regelungskonzepte PID-Regler mit und ohne Storgroßenaufschaltung
wird anhand eines maximalen Lastsprunges untersucht. Die HiL-Simulationen haben gezeigt,
das wiederkehrende Lastsprunge ein Uber- bzw. Unterschwingen der Regelgroße im Bezug
zum Sollwert hervorrufen. Somit ist die Untersuchung anhand eines Lastsprunges fur die
Gegenuberstellung der Regelungskonzepte aussagekraftig.
Die Abbildung 5.16 zeigt der Verlauf der Ersatzregelgroße TClnt,Bypass fur die Rege-
lung mit und ohne Storgroßenaufschaltung und die tatsachliche elektrische Leistung der
Brennstoffzelle auf eine sprunghafte Leistungsanforderung aus dem Leerlauf auf ca. 95 % der
maximal zulassigen Leistung. Der Leistungsprung wird leicht verzogert und der stationare
Endwert wird nach ca. 1, 2 s erreicht. Der Sollwert und die Ersatzregelgroße TClnt,Bypass
sind auf den Sollwert normiert (linke y-Achse) und die Brennstoffzellenleistung ist auf seine
maximale BZ-Leitung PBZ,max (linke y-Achse) normiert.
Der Leistungssprung bewirkt einen Anstieg der abzufuhrenden Warme um den Faktor 100.
Die Regelgroße TClnt,Bypass des einfachen Regelkreises mit PID-Regler steigt nach einer
Verzogerung von ca. 5 Sekunden an und schwingt bis zu 4 % uber den einzustellende Sollwert.
Eine Regelabweichung von < 1% wird nach weiteren 5 Sekunden erreicht. Die Regelgroße
schwingt mit einer Periodendauer von weiteren 5 Sekunden. Die ist ein Merkmal fur die
Optimierung der Regelung des Kühlsystems 111
0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 200.95
0.975
1
1.025
1.05
Zeit in s
no
rmie
rte
Te
mp
era
tur
0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 200
0.25
0.5
0.75
1
no
rmie
rte
Le
istu
ng
TClnt, Bypass
ohne Störgrößenaufschaltung
TClnt, Bypass
mit Störgrößenaufschaltung
PBZ,ist
Abbildung 5.16: Vergleich der Messdaten der Regelung mit und ohne Störgrößen-aufschaltung am Laborsystem bei einem maximalen Lastsprungder Brennstoffzellenleistung
Existenz einer nicht berucksichtigten Totzeit von ca. 5 Sekunden.
Der PID-Regler mit Storgroßenaufschlatung lasst die Regelgroße zunachst leicht mit
0,075 % uberschwingen und regelt anschließend die Regelgroße ein. Dies zeigt den Vorteil
der Strogroßenaufschaltung; namlich dass die Storung anhand der messbaren Warmemenge
pradiktiv kompensiert werden kann und dadurch die Kuhlmitteleintrittstemperatur konstant
eingestellt bleibt.
Das Ergebnis verdeutlicht sehr gut die Verbesserung der Regelgute der Regelung der
Kuhlmitteleintrittstemperatur. Große Lastsprunge fuhren nicht mehr zu einem Uberschwingen
der Regelgroße. Das Schwingen um ±4 % der Betriebstemperatur wurde, wie eingangs des
Kapitels erwahnt, eine Anderung der relative Feuchte um ±10 % bewirken. Dies wiederum
beeinflusst die Leistungsfahigkeit im ungunstigsten Falle soweit, dass einzelne Zellen mit
flussigem Wassser geflutet werden und somit die Spannung dieser Zellen einbricht.
112 5.3 Einsatz des Reglers für die Kühlmitteleintrittstemperatur am Laborsystem
5.3.2 Untersuchung der Regelung am Beispiel eines realen Fahrzyklusses
Die Optimierung der Regelung des Kuhlsystem mittels einer Storgroßenaufschaltung auf
die Stellgroße eines PID-Reglers wird abschließend mit dem Abfahren eines Fahrzyklusses
auf das Verhalten im dynamischen Betrieb untersucht. Dieser Fahrzyklus wurde von
Volkswagen fur Lebensdaueruntersuchungen und zur Durchfuhrung von Dynamiktests eines
Brennstoffzellensystems entwickelt [22].
Dieser Fahrzyklus umfasst ein Programm aus Stadtverkehr, Uberland- und Autobahn-
fahrten. Fur die Untersuchungen hinsichtlich der Regelgute wird ein dynamischer Teil des
Zyklusses herausgegriffen und eingehend untersucht. Diese Zeitbereich umfasst 2 Minuten
und umfasst ein Leistungsspektrum von Leerlauf-Phasen bis zu 85 % der Maximalleisung des
Brennstoffzellensystems.
In der Abbildung 5.17 ist die abgegebene Brennstoffzellenleistung (roter Graph) und die
Regelgroße TClnt,BZ,in (blauer Graph) aufgetragen. Beide Messgroßen sind normiert, die
Regelgroße auf ihren Sollwert (linke y-Achse) und die Brennstoffzellenleistung auf ihren
0 20 40 60 80 100 1200.95
0.975
1
1.025
1.05
Zeit in s
no
rmie
rte
Te
mp
era
tur
0 20 40 60 80 100 1200
0.25
0.5
0.75
1
no
rmie
rte
Le
istu
ng
TClnt,Bypass
PBZ
Abbildung 5.17: Messungen der Brennstoffzellenleistung und der Regelgröße wäh-rend eines Teilabschnittes eines realitätsnahen Fahrzyklusses amLaborsystem
Optimierung der Regelung des Kühlsystems 113
Maximalwert (rechte y-Achse).
Wahrend des gesamten Zeitbereiches bewegt sich die Regelabweichung innerhalb ei-
nes Bandes von ±1 % um den geforderten Sollwert. Nach der starken Verringerung der
Brennstoffzellenleistung bei ca 70 Sekunden schwingt die Regelgroße kurz unter den Sollwert
und fuhrt danach ein Uberschwingen des Sollwertes mit der maximalen Amplitude von ca. 1 %
aus. Dies zeugt von einer geringen Uberkompensation der Storgroße.
Der Entwurf der Storgroßenaufschaltung mittels des Rapid Control Prototyping ist er-
folgreich bis zur letzten Phase Einsatz im Fahrzeug durchgefuhrt worden und erfullt die
gestellte Anforderung einer maximalen Regelabweichung von 1,5 %.
114 5.3 Einsatz des Reglers für die Kühlmitteleintrittstemperatur am Laborsystem
Entwicklung einer Betriebsstrategie für den Einsatz eines Turboverdichters 115
6 Entwicklung einer Betriebsstrategie fur den Einsatz ei-nes Turboverdichters
Fur die elektrochemische Reaktion innerhalb der Brennstoffzelle muss auf der Seite der
Kathode Sauerstoff bereitgestellt werden. Die Bereitstellung von Sauerstoff geschieht bei
dem behandelten Brennstoffzellensystem durch die Zufuhr von Luftsauerstoff uber einen
Turboverdichter, siehe Kapitel 2.1.2.
Der Turboverdichter besitzt, wie alle Luftverdichter, ein begrenztes Betriebskennfeld,
in dem er betrieben werden darf. In Abbildung 6.1 ist das vermessene Kennfeld eines
Turboverdichters dargestellt. In dem Kennfeld ist das normierte Druckverhaltnis π uber
den normierten, geforderten Luftmassenstrom fur verschiedene Drehzahlen aufgetragen.
Das Kennfeld ist auf die schwarz eingezeichnete Betriebskennlinie des Brennstoffzellensys-
tems normiert. Maximal erforderlicher Luftmassenstrom beim einzustellenden Solldruck
bei PBZ,max entspricht 1. Das Kennfeld wird bei hohen Druckverhaltnissen und gleichzei-
tig geringen Luftmassenstromen durch die Stabilitatsgrenze bzw. Pumpgrenze begrenzt [24, 61].
Die Uberschreitung dieser Pumpgrenze fuhrt den Verdichter in instabile Betriebsberei-
che. Der gefahrlichste Zustand ist das”Pumpen“. Beim Pumpen treten hohe mechanische
0,5
0 0,2 0,4 0,6 0,8 1 1,2 1,4 1,6 1,8
70000
70000
60000
60000
55000
55050000
5000045000
45000
40000
35000
30000
65000
65000
00
25000
20000
Pu
mp
gren
ze
normierter Luftmassenstrom
no
rmie
rte
s D
ruck
ve
rhä
ltn
is π
= p
Tu
rbo
, a
us/
pT
urb
o,
ein
0,25
0
0,75
1
1,25
1,5
Betriebs-
kennlinie
Isolinien Wirkungsgrad
Verdichterdrehzahlen
Abbildung 6.1: Vermessenes Kennfeld eines Turboverdichters
116
Belastungen auf, diese konnen zu einer Beschadigung des Verdichters fuhren [61].
Der Bereich des besten isentropen Wirkungsgrads eines Turbovedichters befindet sich
nach [61] in den meisten Fallen in der Nahe der Pumpgrenze. Dieses trift auch fur den in dieser
Arbeit betrachteten Turboverdichter zu. Die entsprechenden Isolinien des Wirkungsgrads sind
in der Abbildung 6.1 durch gestrichelte Linien kenntlich gemacht.
Eine Optimierung des Systemwirkungsgrads des betrachteten Brennstoffzellensystems
fuhrte zu der schwarzen Betriebskennlinie des Brennstoffzellensystems in Abbildung 6.1. Im
mittleren bis oberen Bereich des Kennfeldes liegt sie in sicherer Entfernung zur Pumpgrenze
und befindet sich im Bereich des optimalen Wirkungsgrads des Turboverdichters. Im unteren
Bereich liegt die Betriebskennlinie in der Nahe der Pumpgrenze und teilweise links neben
der Pumpgrenze im instabilen Betriebsbereich des Verdichters und kann somit nicht ohne
zusatzliche Veranderungen am System von dem Turboverdichter eingestellt werden.
Der verwendete Turboverdichter ist bauartbedingt nicht in der Lage, die gewunschten
Luftmassenstrome bei den festgelegten Drucken bereitzustellen. Die Verdichterwelle
des elektrischen Antriebsmotors ist mit einem olfreien Luftlager ausgestattet, um die
angesaugte Luft fur die Kathode nicht mit olhaltigen Betriebsstoffen, wie sie z.B. in
fett- oder olgeschmierten Walz- oder Gleitlagern verwendet werden, zu verunreinigen.
Gelangen diese Betriebsstoffe uber den geforderten Luftmassenstrom in die Brennstoffzelle,
schranken sie die Leistungsfahigkeit der Brennstoffzelle ein und verkurzen ihre Lebensdauer stark.
Nach dem Start der Luftversorgung muss daher der Turboverdichter uber eine be-
stimmte Drehzahl, die sogenannte Abhebe- oder Leerlaufdrehzahl, beschleunigt werden, um
den tragfahigen Luftfilm innerhalb des Luftlagers aufzubauen. Die fur einen luftgelagerten
Turboverdichter erlaubte Leerlaufdrehzahl fuhrt im untersuchten Brennstoffzellensystem zu
einem deutlich hoheren Luftmassenstrom, als die Brennstoffzelle im unteren Lastbereich
benotigt. Daher muss im unteren Lastbereich des Brennstoffzellensystems zur Einstellung der
Betriebskennlinie der uberschussig bereitgestellte Luftmassenstrom des Turboverdichters uber
einen Bypass mittels der Waste-Klappe an der Kathode vorbei gefuhrt werden.
Dies fuhrt zu einer veranderten Betriebskennlinie des Turboverdichters, schwarz gestri-
chelte Linie in Abbildung 6.1, im Gegensatz zur Kennlinie des Brennstoffzellensystems. Die
Luftmassenstrom-Differenz zwischen der durchgezogen und der gestrichelten Kennlinie bei
einem festen Druckverhaltnis muss uber die Waste-Klappe abgefuhrt werden. In Abbildung
6.1 kennzeichnet das schraffierte Dreieck den Bereich, in dem ein Luftmassenstrom uber die
Waste-Klappe abgefuhrt werden muss.
Entwicklung einer Betriebsstrategie für den Einsatz eines Turboverdichters 117
Aus der Existenz einer Pumpgrenze und des im unteren Lastbereich abzufuhrenden
uberschussigen Luftmassenstroms ergeben sich zwei Anforderungen an die
Brennstoffzellensystem-Steuerung:
1. Ermoglichen des Betriebes uber den gesamten Betriebsbereich, insbesondere Regelung
des Waste-Luftmassenstroms, um im unteren Lastbereich die Betriebskennlinie der
Brennstoffzelle einzustellen
2. Vermeidung des Uberschreitens der Pumpgrenze im stationaren und dynamischen Betrieb
Zum Entwurf einer Betriebsstrategie fur den Einsatz eines Turboverdichters in einem Brennstoff-
zellensystem wird neben dem Entwurf der Regelung des Kathoden- und Waste-Luftmassenstroms
zusatzlich eine Pumpgrenzuberwachung entworfen, um den Turboverdichter wahrend des Be-
triebes vor dem Uberschreiten seiner Stabilitatsgrenze zu schutzen. Die Erarbeitung dieser
Pumpgrenzuberwachung wird zunachst erlautert und anschließend wird auf den Entwurf der
angesprochenen Regler eingegangen. Abschließend werden die Implementierung der Betriebss-
trategie auf das Steuergerat und die damit verbundenen Tests beschrieben und bewertet.
6.1 Instationarer Betrieb an der Pumpgrenze
Die Abbildung 6.2 zeigt den Verlauf eines Pumpzyklusses in dem Verdichterkennfeld. Der Punkt
A beschreibt einen stabilen, stationaren Betriebspunkt. Durch eine Androsselung des Systems
wird bei konstanter Drehzahl der Betriebspunkt an die Stabilitatsgrenze A’ verschoben. Der
Effekt des Pumpens beginnt dann durch das teilweise bis komplette Abreißen der Stromung
(1) an den einzelnen Verdichterschaufeln, dies fuhrt zu einer Verringerung des geforderten
Luftmassenstroms und verursacht schließlich die Ruckstromung (2) schon verdichteter Luft
[61]. Diese Ruckstromung entlastet den Verdichter und fuhrt unmittelbar zu einer Senkung des
Drucks [24]. Dadurch kann sich die Stromung wieder an die Schaufel anlegen (3) und der
Druck wird wieder aufgebaut.
Bei unveranderten Randbedingungen, wie Drehzahl, Druckniveau und Luftmassenstrom
wiederholt sich dieser Effekt zyklisch und somit stellt sich kein stabiles Druckverhaltnis mehr
ein. Vor- und Ruckstromung erfolgen in schneller Abfolge aufeinander, so dass dabei das
charakteristische”Pump-Gerausch“ entsteht [24, 61]. Durch einen Druckabbau oder eine durch
Drehzahlerhohung verursachte Luftmassenstromzunahme kann der Zyklus unterbrochen und
der Turboverdichter wieder in einen stabilen Betriebspunkt versetzt werden.
Dem eigentlichen Pumpen geht noch der Effekt des Rotating Stall voraus [24, 61]. Rotating
Stall beschreibt das Ablosen der Stromung an einigen Zellen oder Schaufeln des Verdichters
und ist daher noch ein stabiler Zustand [37]. Greitzer [23] entwickelte einen dimensionslosen
118 6.1 Instationärer Betrieb an der Pumpgrenze
Dru
ckv
erh
ält
nis
π
Luftmassenstrom m
Betriebspunkt A
A‘Strömungsabriß (1)
Rückströmung (2) Strömungsaufbau (3)
Abbildung 6.2: Prinzipieller Verlauf eines Pumpzyklus innerhalb eines Kennfeldes
Parameter B fur die Vorhersage von Rotating Stall und Pumpen jenseits der Stabilitatsgrenze
bei Axialverdichtern [37]. Hansen [26] bewies die Ubertragbarkeit des B-Parameters auf
Radialverdichter [24]. Der betrachtete Turboverdichter ist ein Radialverdichter und somit kann
der B-Parameter auf die betrachtete Luftversorgung angewandt werden.
Der B-Parameter ist ein Maß fur das Verhalten eines dynamischen Systems beste-
hend aus einem Verdichter mit der Austritts-Querschnittsflache AV , der effektiven Kanallange
LV zwischen Verdichteraustritt und seinem nachgeschalteten Plenumvolumen Vp, seiner
Umfangsgeschwindigkeit u und der Schallgeschwindigkeit a. Zunachst gilt die Definition
B =u
2ωHLV(6.1)
mit der Helmholtz-Resonanzfrequenz ωH , die die Eigenfrequenz (Kreisfrequenz des Pumpzyklu-
ses) des beschriebenen Systems beschreibt. Mit der Eigenfrequenz
ωH = a ·√
AVVPLV
(6.2)
ergibt sich
B =u
2a·√
VPAVLV
. (6.3)
Nach Greitzer ist fur Werte B > 0, 7 beim Uberschreiten der Stabilitatsgrenze hauptsachlich
mit Pumpen zu rechnen, wahrend fur Werte B < 0, 6 nur Rotating Stall zu erwarten ist. Der
Bereich von 0, 6 < B < 0, 7 wird als Unsicherheitsbandbreite bezeichnet, da der B-Parameter
aus einem einfachen Modell abgeleitet wird [37].
Entwicklung einer Betriebsstrategie für den Einsatz eines Turboverdichters 119
Fur die Luftversorgung des betrachteten Brennstoffzellensystems wird der Einfluss des
Plenumvolumens und der Kanallange fur zwei unterschiedliche Turboverdichterdrehzahlen
20000 1min
und 70000 1min
auf die Helmholtz-Resonanzfrequenz und den B-Parameter untersucht.
Anhand der linearen Abhangigkeit des B-Parameters von der Umfangsgeschwindigkeit kann mit
den beiden Verdichterdrehzahlen, die die Extremwerte fur den Betrieb des Turboverdichters
reprasentieren, uberpruft werden, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass der Effekt des
Pumpens wahrend des Betriebes im Brennstoffzellensystem auftreten kann.
In der Tabelle 6.1 stehen die Werte der Luftversorgung fur die relevanten Kenngroßen des
B-Parameters. Die Umfangsgeschwindigkeit ist fur beide Drehzahlen berechnet worden. Der
B-Parameter nach Greitzer ist fur ein System bestehend aus einem Verdichter mit einer
anschließender Rohrverbindung LV zu einem Volumen VP mit anschließender Drosselstelle
entwickelt worden [23]. Diesen einfachen Aufbau stellt das betrachtete Laborsystem nicht dar.
Daher werden folgende Annahmen getroffen:
• Das Plenumvolumen VP umfasst das Volumen der Kathode, des Befeuchters sowie die
Verbindung zwischen den beiden Komponenten.
• Das Volumen des Ladeluftkuhlers wird vernachlassigt und stellt einen Teil der Strecke
der effektiven Kanallange LV des Verdichters zwischen Befeuchtereintritt und Verdichter-
austritt dar.
uTurbo,1 Umfangsgeschwindigkeit Verdichter bei 70000 1min
183, 26 ms
uTurbo,2 Umfangsgeschwindigkeit Verdichter bei 20000 1min
52, 36 ms
AV Querschnittsfläche Verdichterrad 0, 00049 m2
VP Plenumvolumen der Kathode 0, 0156 m3
LV effektive Kanallänge 2, 35 m
a Schallgeschwindigkeit für 20 ◦C und 1013 hPa 343 ms
Tabelle 6.1: Kenngrößen der Luftversorgung des betrachteten Brennstoffzellensys-tems zur Ermittlung des B-Parameters, siehe Anhang A.2
Abbildung 6.3 zeigt die Ergebnisse der Untersuchung des Einflusses des Plenumvolumens
und der Kanallange bei den zwei unterschiedlichen Turboverdichterdrehzahlen auf die
Helmholtz-Resonanzfrequenz und den B-Parameter. VP und LV wurden in einem realistischen
Bereich um den tatsachlichen Wert variiert. Im Falle des Plenumvolumens liegt dieser zwischen
10 l und 200 l und im Fall der effektiven Kanallange zwischen 1m und 4m. Die Ergebnisse fur
beide Verdichterdrehzahlen sind farblich kenntlich gemacht: 70000 1min
schwarz und 20000 1min
blau. Zusatzlich ist die Schwelle B = 0, 7 eingetragen.
120 6.1 Instationärer Betrieb an der Pumpgrenze
0 0.2 0.4 0.6 0.8 1 1.2 1.4 1.6 1.8 2 2.2 2.4 2.60
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
B-Parameter
He
lmh
olt
z-F
req
ue
nz
in H
z
Vp = 10 l
Vp = 30 l
Vp = 50 l
Vp = 100 l
Vp = 200 l
70000 1/min
20000 1/min
Pumpen Rotating Stall
4 m > Lv > 1 m
Laborsystem
Abbildung 6.3: B-Parameter und Helmholtz-Frequenz für unterschiedliche VP undLV bei zwei Verdichterdrehzahlen 20000 1
minund 70000 1
min
Das Vergroßern des Plenumvolumens fuhrt zu einer exponentiellen Verringerung der Frequenz
mit einer einhergehenden Zunahme des B-Parameters. Somit wurde das System bei
einem Volumen von großer als ca. 20 l und einer Drehzahl von mindestens 30000 1min
beim
Uberschreiten der Pumpgrenze in ein Pumpen ubergehen und unterhalb dieser Werte kame es
zu einem Rotating Stall. Die Verringerung von LV hingegen fuhrt zu einem linearen Anstieg
der Frequenz und des B-Parameters. Des Weiteren hat die Variation von VP und LV nicht nur
einen Einfluss auf die Auswirkung des Uberschreitens der Pumpgrenze, sondern fuhrt zusatzlich
zu einer Verschiebung der Pumpgrenze [24].
Die Berechnung fur den B-Parameter mit den angegebenen Werten aus Tabelle 6.1
ergeben fur eine Verdichterdrehzahl von 20000 1min
ein BSys = 0, 1403 und fur 70000 1min
ergibt BSys = 0, 4912. Diese Werte sind in der Abbildung 6.3 hervorgehoben und beschriftet.
Somit tritt uber den gesamten Drehzahlbereich kein starkes verdichterbelastendes Pumpen auf.
Beim Uberschreiten der Stabilitatsgrenze wird nach Greitzer durch die Bedingung BSys � 0, 7
Rotating Stall eintreten.
Fur das betrachtete System konnte die Verkleinerung des Kathodenvolumens oder die
Verlangerung des Verdichterein- und -auslaufes zu einer Minimierung der Auswirkung des
Entwicklung einer Betriebsstrategie für den Einsatz eines Turboverdichters 121
Ubertretens der Pumpgrenze fuhren. Aufgrund der nicht veranderbaren Geometerie des
untersuchten Brennstoffzellensystems ist eine weiterfuhrende Untersuchung fur mogliche
Verbesserungen nur fur zukunftige Systemgenerationen vorgesehen.
6.1.1 Definition eines Parameters zur Pumpgrenzuberwachung
Die genaue Erfassung der Pumpgrenze eines Turboverdichters, der in einem System eingebunden
ist, erweist sich als schwierig. Die eingezeichnete Pumpgrenze im Verdichterkennfeld des
Turboverdichters aus Abbildung 6.1 ist an einem Vedichterprufstand ohne die reale Strecke
der Luftversorgung vermessen worden. Die Ergebnisse aus Kapitel 6.1 zeigen den Einfluss des
Kathodenvolumens und der effektiven Kanallange des Verdichters auf das Verhaltens des
Verdichters an seiner Pumpgrenze, weiter hangt nach [24] sogar der Verlauf der Pumpgrenze
von diesen Parametern ab. Daher ist die messtechnische Erfassung der Annaherung an die
Pumpgrenze und die Vermeidung ihres Uberschreitens im Betrieb eine wichtige Anforderung
an die Steuerung des Brennstoffzellensystems, um den Verdichter vor Beschadigungen zu
schutzen.
Das Uberschreiten der Pumpgrenze zeichnet sich durch die Stromungsabrisse aus, die-
se wiederum fuhren zu starken Schwankungen des Druckverhaltnisses und des geforderten
Luftmassenstroms des Verdichters [24, 37]. In speziell fur die Detektierung des Pumpens
und des Rotating Stall ausgestatteten Messeinrichtungen wird eine hochauflosende Sensorik
in das Verdichtergehause integriert, um die entstehenden Druckoszillationen direkt am
Entstehungsort zu erfassen. Die Messung eines Massenstroms im Verdichtergehause ist
aufgrund des zusatzlichen Bauraums fur die benotigte Sensorik nicht moglich. Somit werden fur
die Erfassung der ersten Anzeichen fur den Stromungsabriss Indizierdruckaufnehmer mit einer
Abtastfrequenz von mehreren kHz in Umlaufrichtung des Vedichterlaufrades eingesetzt [24].
Diese Messungen finden an stationaren Einrichtungen statt und sind nicht direkt ubertragbar
auf mobile Anwendungen.
Das verwendete Steuergerat verfugt uber analoge Eingange, die mit einer maximalen
Abtastfrequenz von 100 Hz arbeiten. Daher wird zunachst uberpruft, ob die eingesetzte
Sensorik fur Druck-, Temperatur- und Massenstromerfassung fur die Detektierung des Rotating
Stall geeignet ist. Die eingesetzten Druckaufnehmer, Temperatursensoren und Massen-
stromsensoren aus dem Laborsystem sind mit ihren Kenngroßen in Tabelle 6.2 zusammengefasst.
Mit der Gleichung 6.2 lasst sich die Kreisfrequenz von ωH = 39, 69 Hz bzw. mit
f =ω
2π(6.4)
eine Frequenz von fH = 6, 32 Hz fur die Luftversorgung des Brennstoffzellensystems berechnen.
122 6.1 Instationärer Betrieb an der Pumpgrenze
Sensortyp Ansprechzeit t0,9 Gesamtfehler Messbereich
Relativdrucksensor 1, 5 ms ±1% 0 → 2, 5 bar
Temperatursensor 6 s 0, 3% −40 → 200 ◦C
Luftmassenmesser 30 ms ±2 % 0 → 250 kgh
Tabelle 6.2: Kenngrößen der eingesetzten Messtechnik im betrachteten Laborsystem[25, 30, 49]
Fur die Abtastung einer Schwingung mit einer Frequenz ω1 ist nach dem Abtasttheo-
rem von Shannon mindestens eine Frequenz von ω > 2 ·ω1,max erforderlich, um eine Reduktion
der Frequenz des abgetasteten Signals durch den Abtastvorgang zu verhindern [42]. Somit kann
der Drucksensor mit einer Ansprechzeit von 1, 5 ms ⇒ 666, 67 Hz und der Abtastfrequenz
von 100 Hz fur die Detektierung des Rotating Stall eingesetzt werden. Der Luftmassenmesser
ist mit 30 ms ⇒ 33, 33 Hz ebenfalls in der Lage, die Schwingungen des Rotating Stall
eindeutig zu erfassen. Somit kann auf eine zusatzlich hochauflosende Sensorik verzichtet werden.
Abbildung 6.4 zeigt den Verlauf des Luftmassenstroms und des Verdichteraustritts-
8 9 10 11 12 131.1
1.11
1.12
1.13
Luftmassenstrom in g/s
Dru
ck in
ba
r
11 12 13 14 151.1
1.11
1.12
1.13
Zeit in s
Dru
ck in
ba
r
5 Hz
Abbildung 6.4: Darstellung des Effektes des Rotating Stall im Laborsystem bei20000 1
min
Entwicklung einer Betriebsstrategie für den Einsatz eines Turboverdichters 123
drucks wahrend eines Rotating Stall bei 20000 1min
. Die errechnete Frequenz von 6, 32 Hz
bzw. ωH = 39, 69 Hz stimmt mit der gemessenen Frequenz von 5 Hz bzw. ωH = 31, 4 Hz
nicht exakt uberein. In Betracht der getroffenen Annahmen hinsichtlich der Kenngroßen der
Luftversorgung aus Tabelle 6.1 bewegen sich die errechneten Wert von 6, 32 Hz gut in dem
Bereich um 5 Hz.
Dieser Rotating Stall zeichnet sich durch den quasi stationaren Zustand aus, dass ein
Luftmassenstrom 10 gs
stabil mit einer Amplitude von ± 1 gs
bzw. ± 10 % gefordert wird und
das Druckverhaltnis ebenfalls stabil um π = 1, 115 mit ± 0, 005 schwingt. Des Weiteren geht
das Rotating Stall einher mit starken negativen Druck- und Luftmassenstromanstiegsgeschwin-
digkeiten. Die Anstiegsgeschwindigkeit fur den Verdichteraustrittsdruck dpdt
wird in bars
und fur
den Luftmassenstrom wird dmdt
in gs2
angegeben.
In der Tabelle 6.3 sind die gemessenen Werte der Anstiegsgeschwindigkeiten des Ver-
dichteraustrittsdrucks und des Verdichter Luftmassenstroms beim Einsetzen eines Rotating
Stall bei zwei unterschiedlichen Betriebsweisen aufgefuhrt.
Betriebsweise dpdt
in bars
dmdt
für mLuft
in gs2
Rotating Stall bei Lastsprung 100 auf 0 % PBZ,max −4, 2 −305
Rotating Stall (Minimalwerte) −2, 5 −250
Tabelle 6.3: Anstiegsgeschwindigkeiten des Verdichteraustrittsdrucks und des Ver-dichter Luftmassenstroms beim Rotating Stall
Das Einsetzten des Rotating Stall soll wahrend des Betriebes des Brennstoffzellensystems
durch die Steuerung der Luftversorgung vermieden werden. Um festlegen zu konnen, ob die
ermittelten Minimalwerte zur Detektierung des Rotating Stall aus Tabelle 6.3 zuverlassig sind,
wurden die Anstiegsgeschwindigkeiten bei unterschiedlichen Betriebspunkten, unterschiedliche
Lastsprungen und wahrend eines dynamischen Lastzyklusses, des Verdichters aufgenommen.
Die Tabelle 6.4 zeigt die erfassten Maximalwerte der Anstiegsgeschwindigkeiten fur die
Lastsprunge auf und gibt zusatzlich die ermittelten Werte an, in denen Rotating Stall einsetzt.
Die Untersuchungen wurden mit der kompletten Brennstoffzellensystem-Steuerung durch-
gefuhrt. Die Regelung des Druck- und Hochvoltsystems arbeitete nach der Erlauterung in
Kapitel 2.2.3. Die Luftversorgung wurde mit der in diesem Kapitel entworfenen Betriebss-
trategie betrieben. Fur die Messung des Pumpens wurde die Pumpgrenzuberwachung deaktiviert.
Die Ergebnisse zeigen, dass sich ein Stromungsabriss durch ein negatives dpdt
von klei-
124 6.1 Instationärer Betrieb an der Pumpgrenze
Betriebsweise dpdt
in bars
dmdt
für mLuft
in gs2
Lastsprung 0 auf 100 % PBZ,max < 1, 67 < 186, 23
Lastsprung von 20 % PBZ,max < 0, 68 < 60
Lastsprung 100 auf 0 % PBZ,max ±0, 4 < −54
Dynamischer Lastzyklus −0, 9 − +1, 2 −65 − +125
Rotating Stall bei Lastsprung 100 auf 0 % PBZ,max −4, 2 −305
Rotating Stall (Minimalwerte) −2, 5 −250
Tabelle 6.4: Anstiegsgeschwindigkeiten des Verdichteraustrittsdrucks und des Ver-dichter Luftmassenstroms bei unterschiedlichen Betriebsweisen
ner −2, 5 bars
und ein negatives dmdt
von kleiner −250 gs2
auszeichnet. Die maximale
Anstiegsgeschwindigkeit bei einem stabilen Lastsprung liegt fur den Verdichteraustrittsdruck
bei 1, 67 bars
und fur den Luftmassenstrom bei 186, 23 gs2
. Bei einer Abwartstransiente mit
PBZ,max uberdeckt das Messrauschen von dpdt
von ±0, 4bars
einen moglichen Ausschlag des
Messwertes und der Gradient des Luftmassenstromes erreicht minimal < −54 gs2
.
Wahrend eines dynamischen Lastzyklusses, also der Simulation eines reales Fahrpro-
fils, werden die erfassten Werte der Anstiegsgeschwindigkeiten bei einem Volllastsprung
nicht uberschritten. Zwischen den Werten der Anstiegsgeschwindigkeiten fur einen stabilen
Betrieb des Verdichters und den instabilen Betriebszustanden existiert ein deutlicher Abstand,
daher kann eindeutig anhand des Messwertes zwischen einem stabilen und instabilen Betrieb
des Verdichters unterschieden werden. Somit konnen die Anstiegsgeschwindigkeiten des
Verdichteraustrittsdrucks und des geforderten Luftmassenstroms als Parameter zur Detektierung
des Beginns des Rotating Stall oder Pumpens herangezogen werden.
6.1.2 Entwurf der Pumpgrenzuberwachung
Es existieren zwei Moglichkeiten, um das Rotating Stall schon beim Einsetzen zu unterbinden:
die Drosselung muss abgebaut oder der Luftmassenstrom bei gleichbleibendem Druck erhoht
werden. Die Erhohung des Luftmassenstroms bei gleichbleibenden Stromungsbedingungen
vom Verdichteraustritt bis zur Drosselklappe wurde auch eine Druckerhohung nach sich
ziehen. Uber die vorhandene Waste-Klappe konnte ein zusatzlicher Luftmassenstrom abgefuhrt
werden und der Druck bei erhohtem Verdichter-Luftmassenstrom konnte konstant gehalten
werden. Dies wurde zu einer Storung des Regelkreises Waste-Luftmassenstrom fuhren und das
aktive Erhohen des Verdichter-Luftmassenstroms kann nur mit der Dynamik des Verdichters
bereitgestellt werden.
Entwicklung einer Betriebsstrategie für den Einsatz eines Turboverdichters 125
Die zweite Moglichkeit besteht im sofortigen Druckabbau durch das Offnen der Dros-
selklappe, sofern diese nicht zum Zeitpunkt des Stromungsabrisses vollstandig geoffnet ist.
Dies hat sofort eine Auswirkung auf das Betriebsverhalten des Verdichters und hangt nicht von
der Dynamik des Verdichters ab. Aufgrund dieser Tatsachen wird der sofortige Druckabbau zur
Unterbindung des Rotating Stall im Weiteren verfolgt. Die Betriebskennlinie des Verdichters
wird so gewahlt, dass im stationaren Betrieb immer ein Abstand zur Pumpgrenze gehalten
wird und die Drosselklappe immer aktiv zum Druckaufbau beitragt.
Die Struktur der Druckregelung wurde in Kapitel 2.2.3 beschrieben. Diese Struktur wird nur
indirekt beeinflusst. Die verwendeten PID-Regler beinhalten eine Stellgroßenbeschrankung von
0 % (geschlossen) bis 100 % (vollstandig geoffnet) ihres Stellsignals.
Die zu entwerfende Pumpgrenzuberwachung wird die Werte der Stellgroßenbeschrankung
zu ihren Gunsten so variieren, dass bei der Detektierung eines Stromungsabrisses der Druck
schnellstmoglich abgebaut werden kann.
Rate Limiter
maximale Stellgröße
Pumperkennung
minimale Stellgröße
PID-
Regler
boolean
Stellgrößen-
beschränkung
up
lo
Abbildung 6.5: Struktur der Pumpgrenzüberwachung
In Abbildung 6.5 ist die Struktur der Pumpgrenzuberwachung vereinfacht dargestellt. Bei
der Uberschreitung der festgesetzten Grenzwerte fur die Gradienten dpdt
und dmdt
wird ein
Pumperkennungs-Bit auf”TRUE“(1) gesetzt und setzt uber einen Schalter die minimale
Grenze der Stellgroße dem maximalen Wert gleich. Der nachgeschaltete Rate-Limiter Block
beinhaltet eine sehr hohe Steigrate fur aufsteigende Werte von 1000%s
und fuhrt somit zu einer
schnellen Offnung der Drosselklappe, wodurch der Druck an der Kathode und somit auch am
Vedichteraustritt abgebaut wird.
Der Druckabbau unterbindet den Fortschritt des Pumpzyklusses, das Pumperkennungs-Bit
schaltet wieder auf”FALSE“ (0) und der minimale Werte fur die Stellgroßenbeschrankung
wird wieder aktiv. Durch den Rate-Limiter wird der untere Wert durch eine Rampe mit einer
geringen Steigung von −50%s
auf seinen ursprunglichen Wert herabgesetzt, vergroßert langsam
den Stellbereich des Reglers und beugt so einem schnellen Druckanstieg am Verdichteraustritt
126 6.1 Instationärer Betrieb an der Pumpgrenze
vor.
Die Abbildung 6.6 zeigt den Eingriff der Pumpgrenzuberwachung beim Beginn eines
instabilen Verdichterbetriebes wahrend einer Abwartstransiente von PBZ,max auf die Leerlauf-
Leistung. Die oberste Grafik zeigt den Verlauf des Betriebspunktes des Verdichters in seinem
Kennfeld, im zweiten Teil der Abbildung sind Verdichteraustrittsdruck (gestrichelt) und
Luftmassenstrom (durchgezogen) uber die Zeit aufgetragen, die dritte Darstellung beinhaltet
die Verlaufe der Anstiegsgeschwindigkeiten dpdt
(gestrichelt) und dmdt
(durchgezogen) uber die
Zeit. In der untersten Grafik ist das Stellsignal der Drosselklappe uber die Zeit angefuhrt. Der
0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6
0.55
0.65
0.75
0.85
normierter Luftmassenstrom
no
rmie
rte
r D
ruck
49 50 51 52 53
0.55
0.65
0.75
0.85
Zeit in s
no
rmie
rte
r D
ruck
49 50 51 52 53
0.1
0.3
0.5
0.7
no
rmie
rte
r Lu
ftm
ass
en
stro
m
Druck
Luftmassenstrom
49 50 51 52 53-3
-1.5
0
1.5
3
Zeit in s
dp
/dt
in b
ar/
s
49 50 51 52 53-300
-150
0
150
300
dm
/dt
in g
/s2
dp/dt
dm/dt
49 50 51 52 53
20
40
60
80
100
Zeit in s
Ste
llsig
na
l in
%
Abbildung 6.6: Aktive Pumpgrenzüberwachung im betrachteten Laborsystem beieinem Lastsprung von der maximalen Leistung bis zur Leerlauf-Leistung
Entwicklung einer Betriebsstrategie für den Einsatz eines Turboverdichters 127
Druck und der Luftmassenstrom sind auf die Betriebskennlinie normiert (vgl. Abb. 6.1).
Die Marken unterschiedlicher Form weisen in jedem Graph auf den gleichen Zeitpunkt und
markieren:
• Das starke Absinken des Drucks und des Luftmassenstroms beginnt.
+ Minimum im Druckverlauf dpdt
< −2, 5 bars
, Drosselklappe wird auf 100 % geoffnet,
Luftmassenstrom sinkt weiter.
∗ Minimum im Verlauf des Luftmassenstroms dmdt
< −250 gs2
, leichter Druckanstieg.
� Lokales Druckmaximum, danach wirkt sich die Offnung der Drosselklappe aus: DerDruck sinkt und der Massenstrom steigt schnell an.
? Stabiler Betriebspunkt, der Minimalwert der Stellgroßenbeschrankung wird linearverringert und der Betriebspunkt fur die Idle-Leistung wird eingestellt.
Die Zeitspanne von dem Beginn des Pumpens an uber die Pumperkennung und den aktiven
Steuerungseingriff bis hin zum Wiedererreichen eines stabilen Arbeitspunktes betragt 380 ms.
Anhand dieser Abbildung wird der Einsatz der Pumpgrenzuberwachung am Laborsystem gut
veranschaulicht und die Funktionalitat nachgewiesen.
Die Pumpgrenzuberwachung ist ein fester Bestandteil der Brennstoffzellensystem-Steuerung
geworden und bietet nun die Moglichkeit, das Verhalten des Brennstoffzellensystems beim
Verlassen der erarbeiteten Betriebskennlinie in der Nahe der Pumpgrenze zu untersuchen.
Die Pumpgrenzuberwachung ist ein wichtiges Werkzeug der Steuerung, um neue Turbo-
verdichter ohne ein genau bekanntes Kennfeld inklusive der Pumpgrenze innerhalb eines
Brennstoffzellensystems in Betrieb nehmen zu konnen. Des Weiteren kann nach einem Umbau
der Luftversorgung der Turboverdichter vor einer hohen mechanischen Belastung geschutzt
werden, falls sich die Pumpgrenze verschoben hat und die ursprungliche Betriebskennlinie die
Stabilitatsgrenze verletzt.
128 6.2 Steuerung und Regelung der Luftversorgung
6.2 Steuerung und Regelung der Luftversorgung
Die Hauptaufgabe der Luftversorgung ist die Bereitstellung von Luftsauerstoff fur die
elektrochemische Reaktion an der Kathode. Daher muss jeder angeforderten Leistung ein
eindeutiger Sollwert fur die Luftversorgung zugewiesen werden. Diese Sollwerte werden
innerhalb des Hochvoltsystems berechnet und der Regelung der Luftversorgung ubermittelt.
Fur ein besseres Verstandnis der hier behandelten Absolutwerte des Luftmassenstroms wird
zunachst der Bezug zwischen der Leistungsanforderung und dem Sollwert fur die Luftversorgung
hergestellt.
Uber das Faraday´sche Gesetz nach Gleichung 4.2 wird in Kapitel 4.2.1 der erforderli-
che H2-Massenstrom mit der hergeleiteten Gleichung 4.5 berechnet. Wird in die Gleichung 4.5
fur z der entsprechende Wert fur Sauerstoff eingesetzt und die molare Masse MO2 ergibt sich
der erforderliche Sauerstoffmassenstrom zu
mO2,erf =MO2 · IBZz · F
. (6.5)
Somit wird nach Gleichung 6.5 fur einen konstanten Strom IBZ , mit der molaren Masse fur
Sauerstoff MO2 = 32, 0 gmol
, der Wertigkeit z = 4 und der Faraday-Konstante F = 96485 Cmol
der Massenstrom mO2,erf fur eine Brennstoffzelle benotigt. Der Massenanteil von Sauerstoff in
der Atmosphare betragt nach [64] ξO2,atm = 0, 23135 und somit ergibt sich der erforderliche
Luftmassenstrom zu
mLuft,erf = mO2,erf · ξO2,atm ·NBZ . (6.6)
Zur Berechnung des erforderlichen Luftmassenstroms des gesamten Brennstoffzellensystems
wird in der Gleichung 6.6 noch die Anzahl der Brennstoffzellen NBZ eines Stapels als Faktor
eingefugt.
Die Brennstoffzelle wird mit einen Sauerstoffuberschuss betrieben. Zur Quantifizie-
rung des Uberschusses wird das Luftverhaltnis Lambda λLuft als Quotient aus bereitgestelltem
Luftmassenstrom zu erforderlichem Luftmassenstrom
λLuft =mbereitgestellt
mLuft,erf
(6.7)
definiert. Im besonderen Falle:
mbereitgestellt = mLuft,erf (6.8)
betragt λLuft = 1 und die Brennstoffzelle wird stochiometrisch mit Luftsauerstoff versorgt.
Im Betrieb derzeitiger Brennstoffzellensysteme werden Lambda-Werte von ca. 1,5 bis
3 eingestellt [48, 59]. Begrundet ist diese Tatsache in der Zunahme des Partialdrucks von
Entwicklung einer Betriebsstrategie für den Einsatz eines Turboverdichters 129
Sauerstoff uber das Flussfeld der Kathode durch eine vermehrte Zufuhr von Luftsauerstoff.
Wird der Lambda-Wert von λLuft = 1 an erhoht, steigt der Partialdruck ebenfalls am
Kathodenaustritt an. Der gestiegene Partialdruck und die gesteigerte Verfugbarkeit von
Sauerstoff an der Kathode verbessert den Brennstoffzellenwirkungsgrad [59], somit steigt
die Leistung bei gleichbleibender Stromstarke. Beim Erreichen eines Optimalwertes fur
λLuft ∈ {1, 5� 3} steigt der Leistungsbedarf des Verdichters schneller an als die Steigerung
der Brennstoffzellenleistung.
Das Hochvoltsystem generiert die Sollwerte fur die Regelung der Teilsysteme des
Brennstoffzellensystems, siehe Kapitel 2.2.3. Fur die Luftversorgung wird mittels einer
Kennlinie ein Lambda-Sollwert in Abhangigkeit der angeforderten Leistung ausgegeben.
Anhand des Lambda-Sollwertes und unter Zuhilfenahme der Gleichungen 6.5 und 6.6 wird der
absolute Luftmassenstrom-Sollwert fur die Regelung des Kathoden-Luftmassenstroms berechnet.
Bezug nehmend auf die Abbildung 6.1 ergibt sich im unteren Lastbereich eine weite-
re Regelgroße fur die Luftversorgung. Die fur den luftgelagerten Turboverdichter erlaubte
Leerlaufdrehzahl fuhrt im Brennstoffzellensystem zu einem hoheren Luftmassenstrom als die
Brennstoffzelle im unteren Lastbereich benotigt. Daher muss im unteren Lastbereich des
Brennstoffzellensystems zur Einstellung der Betriebskennlinie uberschussig bereitgestellte Luft
des Turboverdichters uber einen Bypass mittels der Waste-Klappe an der Kathode vorbei
gefuhrt werden.
In Kapitel 3 wurde auf die Verwendung von klassischen Eingroßenregler als erste
Losung fur einen Reglerentwurf hingewiesen. Daher wird auch hier zunachst ein PI-Regler
fur die Regelung des Kathoden-Luftmassenstroms mit der Drehzahl des Turboverdichters als
Stellgroße entworfen und anschließend wird ein zweiter PI-Regler fur die Regelung des Waste-
Luftmassenstroms mit der Stellgroße Stellwinkel der Waste-Klappe entwickelt. Dabei wird
auf eine mogliche Querkopplung mit der Regelung des Kathoden-Luftmassenstroms eingegangen.
Die Abbildung 6.7 zeigt den grundlegenden Aufbau der Regelung der Luftversorgung.
Zwei Anforderung an die Regelung mussen erfullt werden. Zum einen soll der Kathoden-
Luftmassenstrom auf den Sollwert mBZ,Set mit dem Stellglied uTurbo Drehzahl des
Turboverdichters geregelt werden und zum anderen soll ein Waste-Luftmassenstrom, der an
der Brennstoffzelle vorbei gefuhrt werden soll, auf den Sollwert mWaste,Set mit der Stellgroße
uWaste Offnungswinkel Waste-Klappe eingestellt werden.
Die Luftmassenstrom-Differenz zwischen der durchgezogen und der gestrichelten Kennlinie
aus Abbildung 6.1 bei einem festen Druckverhaltnis ergibt den Sollwert fur die Waste-
Luftmassenstrom Regelung und ist in der Kennlinie KL(mBZ,Set) hinterlegt.
130 6.2 Steuerung und Regelung der Luftversorgung
-
- IstWastem ,&
SetBZm ,& IstBZm ,&
SetWastem ,&Wasteu
Turbou
Regelstrecke
LuftversorgungPI- Regler
Regelstrecke)SetBZmKL ,( &
Vorsteuerung
+
Turboπ
1,Turbou
2,Turbou
PI- Regler
Turboπ
Abbildung 6.7: Grundlegender Aufbau der Regelung der Luftversorgung
Die Regelung des Kathoden-Luftmassenstroms wird durch einen im nachsten Abschnitt zu
entwerfenden PI-Regler und einer Vorsteuerung realisiert. Am Laborsystem weist das Messsignal
der Luftmassenmesser bei konstanten Stellgroßen fur die Drehzahl des Turboverdichters und
fur alle Offnungswinkel der Klappen in der Luftversorgung Schwankungen auf. Das Schwanken
des Messsignal ist auf folgende Ursachen zuruckzufuhren:
• Das Messsingal weist ein Messrauschen auf.
• Ein konstantes Ansteuersignal an den Turboverdichter fuhrt zu leichten Drehzahlschwan-
kungen, bedingt durch die Regelgute des Frequenz-Umrichters, diese bewirken ein leichtes
Oszillieren des Luftmassenstroms.
Ein schwankendes Messsginal einer Regelgroße bei konstanter Stellgroße kann bei entspre-
chenden Reglerverstarkungen eines PI-Reglers den Regelkreis zum Schwingen anregen oder
sogar den Regelkreis instabil werden lassen. Wenn der Proportionalfaktor verkleinert wird, um
das Ubertragen der statischen, kleinen Schwingungen des Messsignales auf den Regelkreis zu
minimieren, verhalt sich der Regler trager und das Erreichen eines Sollwertes wird verzogert.
In Abbildung 6.7 ist die Vorsteuerung mit den Eingangsgroßen Druckverhaltnis des
Turboverdichters πTurbo und Sollwert der Kathoden-Luftmassenstrom Regelung mBZ,Set und
der Ausgangsgroße Drehzahlvorgabe uTurbo,2 fur den Turboverdichter dargestellt. Zusammen
mit dem Druckverhaltnis πTurbo und dem Sollwert mBZ,Set wird mit Hilfe eines Kennfeldes eine
Drehlzahlvorgabe fur den Turboverdichter vorgegeben und fuhrt zu einem Stellsignalsprung
der Stellgroße. Das Kennfeld ist ein invertiertes Kennfeld des Turboverdichter aus Abbildung 6.1.
Die Implementierung dieser sollwertabhangigen Vorsteuerung auf das Stellsignal des
Reglers kompensiert die Minimierung der Reglerverstarkung und der Integral-Anteil des
PI-Reglers gewahrleistet die Sollwertfolge.
Entwicklung einer Betriebsstrategie für den Einsatz eines Turboverdichters 131
6.2.1 Entwurf der Regelung des Kathoden-Luftmassenstroms
Fur Tests und den Entwurf der Brennstoffzellensystem-Steuerung am HiL-Simulator existiert
ein Simulink R©-Modell, welches aufgrund seines modularen Aufbaus die Moglichkeit bietet
Teilsysteme, wie die Luftvorsorgung, autark als Simulationsmodell nutzen zu konnen. Anhand
des Modells der Luftversorgung wird der Reglerentwurf beider Luftmassenstrome durchgefuhrt.
Im Anhang A.1.2 sind der Aufbau des Modells der Luftversorgung und die zugrunde liegenden
Gleichungen, Formeln oder Kennfelder detaillierter erlautert.
Mit dem bestehenden Simulationsmodell der Luftversorgung wurde zunachst das Sys-
temverhalten an vier unterschiedlichen Betriebspunkten erfasst. Mittels der System
Identification Toolbox von Mathworks wird das Ubertragungsverhalten der Regelstrecke
der Luftversorgung fur die Stellgroße Drehzahl des Turboverdichters auf die Regelgroße
Kathoden-Luftmassenstrom ermittelt.
Die Abbildung 6.8 zeigt das Systemverhalten des Kathoden-Luftmassenstroms bei vier
unterschiedlichen Betriebspunkten 25 %, 50 %, 75 % und 90 % der Maximalleistung der
Brennstoffzelle bei einer 10 %-igen Stellsignalanderung. Des Weiteren sind die ermittelten
0 0.5 1 1.5 2 2.5 30
0.2
0.4
0.6
0.8
1
Zeit in sno
rmie
rte
Ve
rdic
hte
rdre
hza
hl u
nd
no
rmie
rte
r K
ath
od
en
-Lu
ftm
ass
en
stro
m
Sprung der Drehzahlvorgabe
Sprungantwort der Luftversorgung
Sprungantwort von G(s)i
Abbildung 6.8: Sprungantwort der Luftversorgung auf vier verschiedene Verdichter-drehzahlen
132 6.2 Steuerung und Regelung der Luftversorgung
Ubertragungsfunktionen in der Abbildung als rote Graphen dargestellt. Die Verdichterdrehzahl
ist auf ihre maximale Drehzahl normiert und der Kathoden-Luftmassenstrom auf den maximalen
Betriebspunkt des Brennstoffzellensystems. Die Waste-Klappe wird geschlossen gehalten und
die Druckregelung ist nicht im Einsatz.
Die vier Ubertragungsfunktionen bilden das reale Systemverhalten mit einer Genauig-
keit von > 97 % ab und weisen alle zwei Pole und eine Nullstelle auf. Weiterhin liegen die
einzelnen Pole und Nullstellen der vier Ubertragungsfunktionen in gleichen Bereich, somit kann
fur den Reglerentwurf fur die Regelung des Luftmassenstroms nur eine Ubertragungsfunktion
wie z.B. G(s)25% herangezogen werden. Die vier Ubertragungsfunktionen lauten
G(s)25% = 54, 48 · (s+ 2, 84)
(s+ 49, 48)(s+ 3, 509), (6.9)
G(s)50% = 63, 61 · (s+ 2, 44)
(s+ 49, 96)(s+ 3, 238), (6.10)
G(s)75% = 60, 75 · (s+ 2, 96)
(s+ 50, 11)(s+ 3, 529)und (6.11)
G(s)90% = 59, 90 · (s+ 2, 11)
(s+ 49, 97)(s+ 2, 439). (6.12)
100
101
102
-90
-60
-30
0
Frequenz in rad/s
Ph
ase
in d
eg
-10
-8
-6
-4
-2
0
Ma
gn
itu
de
in d
B
53.35
Abbildung 6.9: Bode-Diagramm der offenen Regelstrecke der LuftversorgungG(s)25%
Entwicklung einer Betriebsstrategie für den Einsatz eines Turboverdichters 133
In der Abbildung 6.9 ist das Bode-Diagramm der offenen Regelstrecke der Ubertragungsfunktion
G(s)25% dargestellt. Der Amplitudengang der Regelstrecke besitzt die Knickfrequenz ω1 =
8, 65 Hz bzw. 54.35 rads
. Durch die Verwendung eines PI-Reglers
K(s) = kP · (1 +1
TIs) (6.13)
mit kP = 1 und TI = 1ω1
entsteht das Frequenzkennliniendiagramm in Abbildung 6.10 fur die
offene Regelstrecke.
Die Luftversorgung besitzt im niederfrequenten Bereich ein integrales Verhalten und weist
somit fur die geschlossene Regelstrecke fur sprunghafte Fuhrungs- und Storsignale keine
bleibende Regelabweichung auf [43].
Des Weiteren ergibt sich mit
TI =1
ω1
=1
2π · 8, 65=
1
54, 35(6.14)
die Pol-Nullstellen Darstellung des PI-Reglers zu
K(s) = kP (var) · (s+ 54, 35)
s. (6.15)
Frequenz in rad/sec
100
101
102
-92
-90
-88
-86
Ph
ase
in d
eg
-10
0
10
20
30
40
Ma
gn
itu
de
in d
B
Abbildung 6.10: Bode-Diagramm des offenen Regelkreises
134 6.2 Steuerung und Regelung der Luftversorgung
Die Nullstelle des PI-Reglers aus Gleichung 6.15 kompensiert somit den dominierenden
Streckenpol der Ubertragungsfunktionen G(s)25,50,75,100%. Die Reglerverstarkung kP wird so
eingestellt, dass sich fur jeden Sollwertsprung die gleiche Zeit t90% < 1 s einstellt.
Daher ergibt sich eine Vorsteuerung des Reglers K(s) mittels einer variable Regler-
verstarkung kP (var) in Abhangigkeit der angeforderten Brennstoffzellen-Leistung PBZ,Set,
siehe Tabelle 6.5. Dies fuhrt zu einer Erweiterung der vorgestellten Reglerstruktur in Abbildung
6.7 aus Kapitel 6.2 durch eine Vorsteuerung. Die erweiterte Struktur wird ausfuhrlich im
Kapitel 6.3 beschrieben.
Tabelle 6.5: Variable Reglerverstärkung in Abhängigkeit der angefordertenBrennstoffzellen-Leistung
PBZ,Set 0% 10% 25% 50% 75% 100%kP (var) 3 2 1 0,75 0,6 0,5
Entwicklung einer Betriebsstrategie für den Einsatz eines Turboverdichters 135
6.2.2 Entwurf der Regelung des Waste-Luftmassenstroms
Aus Abbildung 6.1 ergibt sich im unteren Lastbereich ein abzufuhrender, uberschussiger
Luftmassenstrom, der uber eine Waste-Klappe an der Brennstoffzelle vorbeigefuhrt werden soll.
Die Luftmassenstrom-Differenz zwischen der durchgezogen und der gestrichelten Kennlinie bei
einem festen Druckverhaltnis ergibt den Sollwert fur die Waste-Luftmassenstrom Regelung.
Der Sollwert wird zu null, wenn der bei der Leerlaufdrehzahl geforderte Luftmassenstrom fur
eine angeforderte Leistung vollstandig durch die Kathode gefuhrt werden kann.
Fur den Reglerentwurf wird mit dem verfugbaren Simulationsmodell des betrachteten
Brennstoffzellensystems der Einfluss des Stellwinkels der Waste-Klappe auf den Waste-
Luftmassenstrom bei konstanter Turboverdichterdrehzahl mit Hilfe von Sprungantworten
untersucht. In der Simulation wurde der Stellwinkel der Waste-Klappe aus der 0 % Stellung
heraus zu 2,5, 10, 20, 40, 50 und 100 % sprunghaft geoffnet. Die Drehzahl des Turboverdichters
wurde auf die Leerlaufdrehzahl eingestellt. In Abbildung 6.11 sind der sprunghafte Anstieg
der Stellsignalanderung, der resultierende Waste-Luftmassenstrom und die ermittelten
Ubertragungsfunktionen G(s)i dargestellt.
0 0.5 1 1.5 2 2.5 30
0.25
0.5
0.75
1
Zeit in s
no
mie
rte
Ste
llsi
gn
al W
ast
e-K
lap
pe
un
d n
orm
iert
er
Wa
ste
-Lu
ftm
ass
en
stro
m
Sprungantwort Waste-Luftmassenstrom
Sprung Waste-Klappe
Sprungantwort von G(s)i
Abbildung 6.11: Sprungantwort des Waste-Luftmassenstroms auf das Stellsignalder Waste-Klappe
136 6.2 Steuerung und Regelung der Luftversorgung
Die System Identification Toolbox von Mathworks liefert fur die aufgenommenen
Sprungantworten folgende Ubertragungsfunktionen mit einer Genauigkeit von > 94 %:
G(s)100% = 0, 7047 · (s2 − 102.4s+ 42630)
(s+ 233, 6)(s+ 65, 88)(s+ 11, 46)(6.16)
G(s)50% = 0, 2662 · (s2 − 49, 74s+ 56270)
(s+ 11, 39)(s2 + 94, 9s+ 4226)(6.17)
G(s)40% = 0, 2472 · (s2 − 43, 93s+ 57030)
(s+ 10, 92)(s2 + 81, 6s+ 3465)(6.18)
G(s)20% = 0, 2088 · (s2 − 35, 46s+ 58140)
(s+ 9, 21)(s2 + 64, 0s+ 2142)(6.19)
G(s)10% = 0, 1992 · (s2 − 33, 22s+ 58460)
(s+ 8, 09)(s2 + 60, 2s+ 1590)(6.20)
G(s)2,5% = 0, 3390 · (s2 − 39, 03s+ 57980)
(s+ 7, 35)(s2 + 73, 57s+ 1944)(6.21)
Das Stellsignal der Waste-Klappe und der Waste-Luftmassenstrom sind normiert auf der
Ordinate aufgefuhrt. Das Stellsignal ist auf den maximalen Offnungswinkel von 100 %
normiert und der Waste-Luftmassenstrom auf den Verdichter-Luftmassenstrom bei seiner
Leerlaufdrehzahl mTurbo,Idle.
Die Sprungantwort auf 40, 50 und 100 % Stellsignalanderung und die Ubertragungsfunktionen
G(s)40%, G(s)50% sowie mit einem geringen Abstand G(s)100% weisen als stationaren Endwert
ein mWaste von 80 bis 90 % des mTurbo,Idle auf. Somit hat ein Offnungswinkel der Waste-Klappe
von mehr als 50 % keine signifikante Auswirkung mehr auf den Waste-Luftmassenstrom. Dies
lasst sich durch den geringen Luftmassenstrom bei der Leerlaufdrehzahl des Verdichters im
Verhaltnis zum Stromungsquerschnitt der Drosselklappe erklaren. Eine Querschnittserweiterung
von großer als 50 % erwirkt keine nennbare Entdrosselung des Waste-Luftmassenstroms.
Daher wird fur die Regelung des Waste-Luftmassenstroms eine Stellgroßenbeschrankung von
maximal 50 % eingefuhrt. Der Reglerentwurf wird anhand der Ubertragungsfunktionen fur
2,5 % Offnungswinkelanderung durchgefuhrt.
Fur G(s)2,5% ist in Abbildung 6.12 das Pol/Nullstellen Bild dargestellt. Die dominierende Pol-
stelle liegt bei s20% = −7, 35 und ein komplexes Polpaar liegt bei s01,2,5% = −36, 68± 24, 19i.
Das komplexe Nullstellenpaar s1,2,5% = 19, 51± 240i liegt in der positiven realen Halbebene.
Entwicklung einer Betriebsstrategie für den Einsatz eines Turboverdichters 137
-120 -100 -80 -60 -40 -20 0 20 40 60-250
-200
-150
-100
-50
0
50
100
150
200
250
Reale Achse
Ima
gin
äre
Ach
se
Abbildung 6.12: Pol/Nullstellen Bild der Übertragungsfunktion G(s)2,5%
Fur die Regelung des Waste-Luftmassenstroms wird ein PI-Regler verwendet. Daher wird ein
Pol auf den Nullpunkt gesetzt und eine Nullstelle in die Nahe des dominierenden Poles. Die
Nullstelle des PI-Reglers muss fur jedes Ubertragungsverhalten von G(s)2,5% bis G(s)100% den
Pol kompensieren:
Dominierende Pole von G(s)i:
s1,100% = −11, 46 (6.22)
s1,50% = −11, 39 (6.23)
s1,40% = −10, 92 (6.24)
s1,20% = −9, 21 (6.25)
s1,10% = −8, 09 (6.26)
s1,2,5% = −7, 35 (6.27)
Die Abbildung 6.13 zeigt die Wurzelortskurve der offenen Regelstrecke G(s) inklusive des
PI-Reglers K(s)PI :
Gw(s) = K(s)PI ·G(s) (6.28)
Gw(s) = kP ·s+ s0,P I
s·G(s)2,5% (6.29)
Die Nullstelle des PI-Reglers s0,P I = −15 wird so gelegt, dass sie immer links von den
138 6.2 Steuerung und Regelung der Luftversorgung
-50 -40 -30 -20 -10 0
-50
-40
-30
-20
-10
0
10
20
30
40
50
Ima
gin
äre
Ach
se
Reale Achse
Abbildung 6.13: Wurzelortskurve der offenen Regelstrecke inklusive des PI-Reglersfür G(s)2,5%
dominierenden Polen der Ubertragungsfunktionen liegt. Der Verstarkungsfaktor wird zu
kP = 0, 788 bestimmt, damit der Dampfungsfaktor fur Stellgroßenanderungen mit geringen
Offnungswinkeln immer d > 0, 5 und fur große Offnungswinkelanderungen d = 1 ist.
Somit fuhrt der entworfene PI-Regler bei kleinen Sollwertanderungen zu einer geringfugigen
Uberschwingen und bei großen Sollwertsprungen verhalt sich das Regelsystem gedampft. Die
Regelverstarkung ist so gewahlt, dass das Regelsystem in keinem Fall instabil werden kann.
Entwicklung einer Betriebsstrategie für den Einsatz eines Turboverdichters 139
6.3 Test der entwickelten Betriebsstrategie auf der Zielhardware imLaborsystem
Die Abbildung zeigt die umgesetzte Struktur des Luftversorgungs-Regelsystems auf dem
Steuergerat mit ihren Ein- und Ausgangsgroßen. Die PI-Regler aus Kapitel 6.2.1 und 6.2.2 sind
hier mit den dazugehorigen Regel- und Stellgroßen aufgefuhrt.
+
+
PGAbsm&
SetBZm ,&
1,,SetWastem&
var,Pk
Sollwert-
bestimmung
-
- IstWastem ,&
IstBZm ,&
SetWastem ,&
Wasteu
Turbou
Regelstrecke
Luftversorgung
Regelstrecke
Vorsteuerung
+
Turboπ
1,Turbou
2,Turbou
PI-Regler
Turboπ
SetBZP ,
PI-
Regler
IstBZm ,&
Abbildung 6.14: Struktur der entworfenen Regelung des Luftmassenstroms
Auf der linken Seite der Abbildung 6.14 werden im Block Sollwertbestimmung anhand des
geforderten Brennstoffzellenleistung PBZ,Set und des anliegenden Druckverhaltnisses πTurbo
uber den Turboverdichter die Sollwerte fur den Waste- und Kathoden-Luftmassenstrom
errechnet.
In der Sollwertbestimmung ist die Pumpgrenze hinterlegt und mittels des πTurbo wird
ein minimal zu fordernder Luftmassenstrom bestimmt. Weicht dieser Wert vom Ist-Wert
mBZ,Ist ab, wird ein zusatzlicher Massenstrom mPGAbs auf den Sollwert des Waste-
Luftmassenstroms addiert. Somit wird die Kathode mit dem gewunschten Luftmassenstrom
beliefert und der Turboverdichter innerhalb seines Kennfeldes betrieben.
Der PI-Regler des Kathoden-Luftmassenstroms ist mit einer Vorsteuerung ausgestat-
tet. Diese Vorsteuerung erzeugt in Abhangigkeit der angeforderten Brennstoffzellen-Leistung
PBZ,Set einen variabler Verstarkungsfaktor kP,var.
In Abbildung 6.15 ist der Verlauf der Sollwerte und der Messwerte der Luftmassenstrome
bei einem Volllastsprung des Laborsystems dargestellt. Die Sollwerte der Regelung der
Luftmassenstrome sind strichpunktiert ausgefuhrt. Das Regelverhalten der Kathoden-
140 6.3 Test der entwickelten Betriebsstrategie auf der Zielhardware im Laborsystem
0 1 2 3 4 5 60
16
32
48
64
80
96
Zeit in s
Luft
ma
sse
nst
rom
in g
/s
Kathoden-Luftmassenstrom
Sollwert Kathoden-Luftmassenstrom
Waste-Luftmassenstrom
Sollwert Waste-Luftmassenstrom
Abbildung 6.15: Messung der Luftmassenströme und ihrer Sollwerte eines Voll-lastsprungs von uTurbo = 20000 1
minauf uTurbo = 70000 1
minim
Laborsystem
Luftmassenstrom Regelung wird durch die schwarzen Linie verdeutlicht und die Regelung des
Waste-Luftmassenstroms ist in grau dargestellt.
Der Sollwert fur den Kathoden-Luftmassenstrom von 80 gs
wird innerhalb einer Sekun-
de erreicht und weist ein leichtes Uberschwingen auf. Der Waste-Luftmassenstrom reagiert
leicht verzogert und steigt sogar zunachst leicht an und wird nach der selben Zeit zu ungefahr
Null eingestellt. Die Verzogerung der Waste-Luftmassenstrom Regelung und der leichte
Anstieg der Regelgroße ist auf den Anstieg des gesamten Luftmassenstroms zuruckzufuhren.
Denn die Beschleunigung des Turboverdichters durch die Kathoden-Luftmassenstrom
Regelung zieht trotz der Stellsignalanderung der Waste-Klappe zunachst eine Erhohung des
Waste-Luftmassenstroms nach sich.
Der Messwert des Waste-Luftmassenstrom zeigt einen geringen Luftmassenstrom an,
dies ist in einem Leckmassenstrom uber die geschlossene Waste-Klappe begrundet. Das hier
dargestellte Verhalten des Regelkreises erfullt die Dynamikanforderungen nach der DOE von
t90 < 1 s, siehe Kapitel 2.1.
Entwicklung einer Betriebsstrategie für den Einsatz eines Turboverdichters 141
0 10 20 30 40 50 60 700
16
32
48
64
Zeit in s
Luft
ma
sse
nst
rom
in g
/s
Kathoden-Luftmassenstrom
Sollwert Kathoden-Luftmassenstrom
Waste-Luftmassenstrom
Sollwert Waste-Luftmassenstrom
Abbildung 6.16: Messung der Luftmassenströme und ihrer Sollwerte während einesrealen Fahrzyklusses im Laborsystem
Das Verhalten der Regelung der Luftversorgung wahrend eines dynamischen realen
Fahrzyklusses wird in der Abbildung 6.15 dargestellt. Der Verlauf der Sollwerte und
Luftmassenstrome der Luftversorgung ist uber einen Zeitraum von ca. einer Minute aufgetragen.
Die Leistungsanforderung des elektrischen Antriebsstranges eines BZ-Fahrzeuges an das
Brennstoffzellensystem wird mit Hilfe einer Langsdynamiksimulation berechnet und durch
eine elektrische Last am Laborsystem nachgefahren, sodass dem Brennstoffzellensystem
ein realistisches Lastprofil aufgepragt wird. Die Langsdynamiksimulation ist nicht Bestand
dieser Arbeit, daher ist fur diese beschriebene Untersuchung ein vorhandenes Lastprofil zur
Anwendung gekommen.
Die Luftmassenstrome sind in derselben Weise gekennzeichnet wie in Abbildung 6.15. Bei
Aufwarts-Transienten folgt die Regelgroße Kathoden-Luftmassenstrom sehr genau seiner
Sollwertvorgabe, der Waste-Luftmassenstrom, hier Abwarts-Transiente, hinkt mit einer
kleinen Verzogerung seinem Sollwert hinterher. Dies ist fur das Systemverhalten irrelevant,
da die Regelgroße Kathoden-Luftmassenstrom entscheidend fur die Bereitstellung der
Brennstoffzellen-Leistung ist.
Abschließend ist zu sagen, dass die entworfene Pumpgrenzuberwachung und Regelung
142 6.3 Test der entwickelten Betriebsstrategie auf der Zielhardware im Laborsystem
der Luftmassenstrome getestet und mit der Brennstoffzellen-Steuerung auf dem VW-FCC
erfolgreich umgesetzt worden ist. Somit ist die Brennstoffzellensystem-Steuerung in der Lage,
den Einsatz eines Turboverdichters fur untere Lastbereiche zu ermoglichen und gewahrleistet
unter unterschiedlichsten Randbedingungen einen sicheren Betrieb des Turboverdichters.
Zusammenfassung und Ausblick 143
7 Zusammenfassung und Ausblick
Das Ziel dieser Arbeit ist die regelungstechnische Optimierung der Steuerung eines Brennstoff-
zellensystems im dynamischen Betrieb. Drei Themenbereiche mit Optimierungspotential sind
innerhalb der Steuerung eines Brennstoffzellensystems fur diese Arbeit identifiziert worden.
Inhalt dieser Arbeit ist die Untersuchung der identifizierten Optimierungspotentiale und die
anschließende Umsetzung der Potentiale zur Verbesserung der Steuerung im dynamischen
Betrieb. Erstens wird eine modellgefuhrte Steuerung der Wasserstoffkonzentration mittels
eines N2-Diffusionsmodells entwickelt und vorgestellt. Zweitens wird die Optimierung der
Regelung des Kuhlsystems anhand einer Storgroßenaufschaltung gezeigt und drittens wird
eine Betriebsstrategie, bestehend aus einer Pumpgrenzuberwachung und der Regelung des
Verdichter- und Kathoden-Luftmassenstroms, entworfen.
Zunachst wird in Kapitel 2 die Funktionsweise einer Brennstoffzelle erlautert. Darauf
folgt die Vorstellung des in dieser Arbeit behandelten Brennstoffzellensystems inklusive
seiner aus den Teilsystemen Wasserstoffversorgung, Luftversorgung, Kuhlsystem und
Hochvoltsystem bestehenden Peripherie. Fur das grundlegende Verstandnis der Steuerung
und der Anforderungen an die Regelung des Brennstoffzellensystems wird die dreigeteilte
Struktur der Steuerung erklart. Die Steuerung umfasst eine ubergeordnete Ablaufsteuerung,
die die Aktionen der Fehlerbehandlung und der Regelung der Teilsysteme lenkt und uber
eine Kommunikationsplattform mit der Fahrzeugsteuerung und dem Brennstoffzellen-
system in Verbindung steht. Die Fehlerbehandlung gibt der Steuerung die Moglichkeit,
das BZ-System zu diagnostizieren, den Fahrer zu informieren oder gegebenenfalls zu
warnen und das System mittels einer Fehlerreaktion, wie z.B. einer Leistungsreduktion,
vor lebensdauerschadlichen Betriebsweisen oder vor Zerstorung zu bewahren. Die dritte
Komponente der Steuerung umfasst die Regelung der Teilsysteme zur schnellstmoglichen
Bereitstellung der elektrischen Leistung der Brennstoffzelle in einem elektrischen Antriebsstrang.
Das Kapitel 3 befasst sich mit der Umsetzung der Steuerungssoftware auf der Ziel-
hardware und dem Softwareentwicklungsprozess des Rapid Control Prototyping (RCP).
Zunachst wird auf die einzelnen Phasen des RCP, namlich grafische Modellierung und Regler-
entwurf, Test der Steuerungssoftware mittels HiL-Simulation, Applikation am Laborsystem und
Einsatz im Fahrzeug, eingegangen. Ein entscheidender Vorteil des RCP fur die Optimierung der
Steuerung besteht in der durchgangigen, auf Matlab/Simulink R© basierenden Toolkette.
Somit entsteht die Moglichkeit, eine am PC entwickelte und mittels MiL-Simulation getestete
Funktion mit wenigen”Mausklicks“ anhand dieser Toolkette unkompliziert auf der Zielhardware
umzusetzen.
Die drei in dieser Arbeit behandelten Optimierungsschwerpunkte werden zwar aus-
144
schließlich mit dem Rapid Control Prototyping entwickelt, jedoch werden einige Phasen des
Entwicklungsprozesses aufgrund von Besonderheiten der bearbeiteten Thematik ubersprungen.
Der instabile Betriebszustand des Pumpens oder Rotating Stall eines Turboverdichters wird in
der HiL-Simulation nicht abgebildet, somit ist die Pumpgrenzuberwachung ohne Tests am
HiL-Simulator sofort erstmalig am Laborsystem zum Einsatz gekommen.
Die erste regelungstechnische Herausforderung wird in Kapitel 4 mit der Entwicklung
der modellgefuhrten Steuerung der Wasserstoffkonzentration behandelt. Hierfur wird zunachst
ein FVM19-Modell der Wasserstoffversorgung inklusive eines N2-Diffusionsmodells zur
Abbildung der Verunreinigung der Wasserstoffversorgung aufgebaut und validiert. Die Nutzung
eines FVM-Modells wird wegen der Einfachheit der ortlichen Auflosung und des geringen
Rechenaufwands favorisiert. Die Validierung des FVM-Modells wahrend eines NEDC ergab
fur einen 5-minutigen Ausschnitt eine Genauigkeit von 1,31 %. Dieses Ergebnis unterliegt
der Einschrankung, dass das behandelte Laborsystem aufgrund von Alterungserscheinungen
und fortschreitenden Undichtigkeiten sein Systemverhalten hinsichtlich der N2-Anreicherung
veranderte. Dies fuhrt zu dem Ergebnis, dass die anfangs erfolgreich getestete modellgefuhrte
Steuerung bei stationaren Betriebspunkten fur den spateren dynamischen Betrieb noch mit
dem indirekten Messwert der H2-Konzentration einer Ultraschall-Messsonde korrigiert werden
muss.
Dennoch kann in dieser Arbeit gezeigt werden, dass grundsatzlich der Wegfall einer
bedarfsgerechten Purgestrategie zur Minimierung des Wasserstoffverbrauchs, basierend auf dem
aktiven Rezirkulationsgeblase des HyMotion3-Systems, durch eine modellgefuhrte Steuerung
der H2-Konzentration mittels eines N2-Diffusionsmodells ersetzt werden kann. Dadurch konnen
die gewonnenen Verbrauchsvorteile einer bedarfsgerechten Purgestrategie erhalten bleiben.
Das Kapitel 5 beschaftigt sich mit der Optimierung der Regelung des Kuhlsystems
im Hinblick auf die Vermeidung von lebensdauerschadlichen Zustanden und der Ver-
besserung der Leistungsfahigkeit des Brennstoffzellensystems. Diese Herausforderungen
fuhrten zur Entwicklung einer Storgroßenaufschaltung auf die Stellgroße der Regelung der
Kuhlmitteleintrittstemperatur. Die Kuhlmitteltemperaturdifferenz wird als Storgroße auf die
Regelung der Kuhlmitteleintrittstemperatur identifiziert und durch ein variables Totzeitglied
verzogert. Fur die Umsetzung der variablen Totzeit der Storgroßenaufschaltung auf der
Zielhardware wird ein Simulink R©-Modell bestehend aus mehreren Triggered Subsystems
entwickelt. Dieses Modell weist aufgrund seiner Modellstruktur eine maximale Auflosung von
100 ms auf. Bei der maximalen Totzeit von 11, 85 s entsteht eine Abweichung des Modells der
variablen Totzeit von 2, 03 %. Im Hinblick auf die Tragheit des Kuhlsystems ist die erzielte
Genauigkeit bei der maximalen Totzeit und die Auflosung von 100 ms hinreichend genau
19Fenite Volumen Methode
Zusammenfassung und Ausblick 145
fur die Storgroßenaufschaltung. Die entworfene Storgroßenaufschaltung auf die Stellgroße
der Regelung Kuhlmitteleintrittstemperatur wird mit dem RCP entwickelt und getestet. Das
Uberschwingen der Regelgroßen bei großen Lastsprungen wird im Vergleich zur Regelung
mittels eines PID-Reglers von bis zu 4 % auf 1 % reduziert.
Das genaue Einstellen der Eintrittstemperatur und indirekt somit auch der Austritt-
stemperatur bietet auch die Moglichkeit mit dieser Temperatur einen Einfluss auf die Steuerung
oder Reglung der relativen Feuchte der Brennstoffzelle zu nehmen. Die Variation der Ein-
und Austrittstemperaturen wurde den Wasserhaushalt der Brennstoffzelle soweit beeinflussen
konnen, dass mittelfristigen lebensdauerschadliche Effekte, wie einer moglichen Austrocknung
oder Uberfeuchtung entgegengewirkt werden konnten.
Die dritte mittels des RCP entwickelte Steuerungsfunktion ist die in Kapitel 6 erarbeitete
Betriebsstrategie fur den Einsatz eines Turboverdichters im behandelten Brennstoffzellensystem.
Diese Betriebsstrategie beinhaltet zum einen eine Pumpgrenzuberwachung zur Gewahrleistung
des sicheren Betriebes des Turboverdichters uber den gesamten Betriebsbereich des BZ-Systems.
Zum anderen wird die Bereitstellung des erforderlichen Luftmassenstroms fur die Kathode
durch die Regelung eines Waste-Luftmassenstroms im Bypass zur Brennstoffzelle gewahrleistet.
Die Pumpgrenzuberwachung erkennt uber die Auswertung der Anstiegsgeschwindigkeiten des
Verdichter-Austrittsdrucks und des Verdichter-Luftmassenstroms eindeutig das Einsetzen eines
instabilen Betriebszustandes des Verdichters und leitet einen Druckabbau in der Luftversorgung
ein. Dies geschieht uber das Aussetzen der Kathodeneintrittsdruckregelung mittels eines
sofortigen Offnens der Drosselklappe. Dadurch wird der Verdichter vor einer mechanischen
Beschadigung geschutzt und somit kann die Lebendauer des gesamten Brennstoffzellensystems
verlangert werden.
Aufgrund der Abhebedrehzahl des Verdichters zur Generierung eines tragfahigen Luft-
films innerhalb des Luftlagers, muss im unteren Lastbereich des BZ-Systems ein zusatzlicher
Luftmassenstrom uber eine Waste-Klappe an die Umgebung abgefuhrt werden. Die Regelung
dieses Waste-Luftmassenstroms und des Kathoden-Luftmassenstroms wird mittels des RCP
durchgefuhrt. Die Waste-Luftmassenstrom Regelung weist bei sprunghaften Sollwertanderung
ein Allpassverhalten auf, welches aus regelungstechnischer Sicht gelost werden konnte, aber die
entscheidende Regelung des Kathoden-Luftmassenstroms nicht negative beeinflusst.
Fur die modellgefuhrte Steuerung der H2-Konzentration und der verbesserten Rege-
lung des Kuhlsystems mussen noch weiterfuhrende Untersuchungen durchgefuhrt werden, um
diese Betriebsweisen nachhaltig in einem Brennstoffzellenfahrzeug einsetzten zu konnen.
Fur den nachhaltigen und zuverlassigen Einsatz der modellgefuhrten Steuerung der
146
H2-Konzentration uber einen gesamten Lebenszyklus muss zukunftig die Veranderung des Diffu-
sionsverhaltens einer Brennstoffzelle in Abhangigkeit unterschiedlicher Alterungserscheinungen
untersucht und bestimmt werden. Anschließend mussen diese Erkenntnisse als Kennfeld oder
anhand einer Berechnung in der Steuerung zur langfristigen Korrektur des Simulationsmodells
hinsichtlich des alterungsbedingten veranderten N2-Anreicherungsverhaltens hinterlegt werden.
Eine zukunftige Herausforderung fur die entworfene Regelung der Kuhlmitteltemperatur am
Brennstoffzelleneintritt ist die Anpassung der Regelung auf die Anwendung im Fahrzeug.
In einem Fahrzeug mussen die zu Beginn des Kapitels 5.1 erwahnten Storgroßen, wie
Fahrgeschwindigkeit, Kuhlerlufter und Verhalten eines Gas-Flussig Warmeubertragers
berucksichtigt werden. Diese weiteren Storgroßen konnen zu einer Entkopplung verschiedener
Stellgroßen z.B. der Kuhlerlufter Regelung, zur Erweiterung der Storgroßenaufschaltung oder
zu einem Mehrgroßenregelsystem fuhren. Die entwickelte Storgroßenaufschaltung dient somit
als Ausgangsbasis fur die kommenden Herausforderungen und kann durch Weiterentwicklung
bzw. Erweiterung zukunftig im Fahrzeug zum Einsatz kommen.
Diese Arbeit leistet einen Beitrag zur Verbesserung der Leistungsfahigkeit und Zu-
verlassigkeit der aktuellen Brennstoffzellensystem-Generation der Volkswagen Aktiengesellschaft.
Die modellgefuhrte Steuerung der H2-Konzentration und die Betriebsstrategie fur den
Turboverdichter sind Losungen fur die aus der neuen Systemarchitektur des untersuchten
Brennstoffzellensystems entstandenen Herausforderungen an die Steuerung. Die Optimierung
der Regelung des Kuhlsystems wird als Weiterentwicklung der bis dahin bestandenen Regelung
zur Verbesserung der Leistungsfahigkeit definiert.
Zusatzlich zu der regelungstechnischen Optimierung der Steuerung des Brennstoff-
zellensystems ist das Werkzeug des Rapid Control Prototyping basierend auf einer
Matlab/Simulink R©-Toolkette erstmalig bei der Softwareentwicklung einer Steuerung in der
Brennstoffzellen-Forschung eingesetzt worden. Diese Arbeit hat den RCP-Entwicklungsprozess
fur die Brennstoffzellensystem-Steuerung anhand des erfolgreichen Einsatzes zur Losung dreier
regelungstechnischen Herausforderungen etabliert.
Lebenslauf 147
8 Lebenslauf
Personliche Daten
Name Martin Arendt
Geburtsdatum/-ort Alfeld/Leine
Nationalitat deutsch
Schulbildung
1982 – 1986 Grundschule Lauenburg
1986 – 1995 Otto-Hahn-Gymnasium Geesthacht
Wehrdienst
1996 – 1997 182. Panzergrenadier Bataillion Bad Segeberg
Studium
1997 – 2006 Technische Universitat Hamburg-Harburg
Studiengang Maschinenbau, Flugzeug-Systemtechnik
Abschluss Diplom-Ingenieur (TU)
Berufliche Laufbahn
2006 – 2007 Philotech GmbH im Auftrag von Airbus Deutschland GmbH
seit 2008 Volkswagen AG
Betreuung der Promotion Prof. Dr.-Ing. Martin Monnigmann, Fakultat fur Maschi-
nenbau, Lehrstuhl fur Regelungstechnik und Systemtheorie,
Ruhr-Universitat Bochum
Dr.-Ing. Heiko Turner, Volkswagen AG
Veroffentlichungen M. Arendt, H. Turner, M. Monnigmann, Rapid Control Proto-
typing for Automotive Fuel Cell Systems, Fuel Cells Science &
Technology 2010, Parallel Sessions 1B: Modelling and Control,
2010 Zaragoza
148
S. Voss, R. Steinbruck, M. Kautz, E. Schießwohl, M. Arendt,
J. Tom Felde, J, Volkert, D. Trimis, Premixed hydrogen-air
combustion system for fuel cell systems, International Journal
of Hydrogen Energy Volume 36, Issue 5, Seiten 3697-3703,
Marz 2011
H. Turner, M. Arendt, Simulationsgestutzte Steuerungsent-
wicklung fur Brennstoffzellensysteme, 13. MTZ-Fachtagung,
Virtual Powertrain Creation, 2011
Patente DE 102008039782 A1 / WO 2010026024 A2, Marz 2010,
Zonentemperaturregelung an Bord eines Flugzeuges mit-
tels Brennstoffzellenabwarme, A. Westenberger, L. Frahm,M.
Arendt, T. Marquardt
DE 102008006742 A1 / WO 2009095218 A1, August
2009, EP 2238639 A1, Oktober 2010, Luftfahrzeug-
Brennstoffzellensystem, A. Westenberger, L. Frahm, M. Arendt,
T. Marquardt
DE 102007019820 A1, November 2008, Kuhlsystem durch
Grenzschichtabsaugung, A. Westenberger, L. Frahm, M.
Arendt, T. Marquardt, G. Schrauf
DE 102007013345 A1 / WO 2008113850 A2, September 2008,
EP 2137776 A2, Dezember 2009, Energieregelvorrichtung fur
ein Flugzeug, M. Arendt, A. Westenberger, L. Frahm
DE 102005061574 A1, Juni 2007, Hybridsystem von Brenn-
stoffzelle und Verbrennungsmotor, A. Westenberger, M. Arendt,
L. Frahm, J. Bleil
Anhang 149
A Anhang
A.1 Aufbau der Simulationsmodelle fur den Reglerentwurf
Fur das behandelte Brennstoffzellensystem existiert ein Simulink R©-Modell, welches hin-
sichtlich des zeitlichen Verhaltens und der quantitativen Ergebnisse validiert ist. Dieses
Simulink R©-Modell wird fur den Entwurf und den Test der Brennstoffzellensystem-Steuerung am
HiL-Simulator eingesetzt. Das Simulationsmodell ist modular aufgebaut und jedes Teilsystem
ist in einem Subsystem als Modul abgebildet. Somit ist es moglich ein Teilsystem aus dem
gesamten Simulationsmodell herauszulosen und als StandAlone-Modell zum Reglerentwurf zu
nutzen.
Des Weiteren basieren großere Komponenten der Teilsysteme wie z.B. Ventile, Dros-
selklappen, Verdichter, Warmeubertrager und Pumpen oder im Falle der Brennstoffzelle das
ganze Teilsystem auf der FEV-Bibliothek [18].
Fur den Entwurf der Storgroßenaufschaltung fur die Regelung der Kuhlmitteleintrittstemperatur
in Kapitel 5 und der Entwicklung einer Betriebsstrategie fur den Einsatz eines Turboverdichters
in Kapitel 6 ist ein Modell des jeweiligen Teilsystems des Brennstoffzellensystems in der
Entwicklungsumgebung Matlab/Simulink R©eingesetzt worden.
A.1.1 Modell des Kuhlsystems
Der prinzipieller Aufbau des Kuhlsystems wird in der Abbildung 5.2 im Kapitel 5.1.1 erlautert.
Alle dargestellten Komponenten des Kuhlsystems exklusive der Brennstoffzelle sind aus der
FEV-Bibliothek entnommen. Fur den Entwurf der Storgroßenaufschaltung in Kapitel 5.1 ist
nur der Warmeeintrag der Brennstoffzelle in Abhangigkeit des Lastpunktes entscheidend.
Daher wird fur die Modellierung der Brennstoffzelle im Kuhlsystem die Berechnung des
Warmeeintrages aus Gleichung 5.2 herangezogen.
Das Verhalten der Kuhlmittelpumpe wird anhand von Kennfelder modelliert. Das Kennfeld fur
den Kuhlmittelmassenstrom wird in Abhangigkeit der Drehzahl und des Druckverhaltnisses der
Kuhlmittelpumpe ermittelt. Die Leistungsaufnahme der Kuhlmittelpumpe wird ebenfalls mit-
tels eines Kennfeldes in Abhangigkeit von der Drehzahl und von dem Druckverhaltnis dargestellt.
Abbildung A.1 zeigt das Simulink R©-Modell mit dem FEV-Modell der Kuhlmittelpumpe und
das Kennfeld der elektrischen Leistungsaufnahme der Kuhlmittelpumpe. Das zeitliche Verhalten
wird mittels eines PT1-Gliedes dargestellt.
150 A.1 Aufbau der Simulationsmodelle für den Reglerentwurf
Abbildung A.1: Simulink R©-Modell der Kühlmittelpumpe
Die Warmeubertrager Luft, Wasserstoff und Kuhler sind als Kreuzstromwarmeubertrager
ausgefuhrt. Die Berechnung der Warmeubertrager wird mittels der NTU-Methode (Number of
Transfer Unit) durchgefuhrt [6].
Die Anzahl der thermischen Ubertragungseinheiten NTU wird mit dem
Warmedurchgangskoeffizienten k, der Ubertragungsflache A fur ein Massenstrom m
mit der Warmekapazitat cp nach [6] zu
NTU =k · Am · cp
=∆T
∆ϑ(A.1)
berechnet. Die Temperaturdifferenz ∆T steht fur die Temperaturerhohung des Massentroms
m bei einer logarithmischen Temperaturdifferenz ∆ϑ der Ubertragungsflache A.
Basierend auf diese NTU-Methode existiert ein Modell fur Warmeubertrager in der
FEV-Bibliothek und wird fur die bereits erwahnten Warmeubertrager im Kuhlsystem eingesetzt.
Das zeitliche Verhalten der Warmeubertrager wird ebenfalls, wie bei der Kuhlmittelpumpe
durch ein PT1-Glied dargestellt. Die jeweilige Zeitkonstante hangt von der thermischen Masse
des Warmeubertragers und des darin enthaltenden Kuhlmediums ab.
Das Verhalten des Thermostatventils ist uber die KV -Werte der beiden Blenden fur
die zwei Stromungswege des Ventils bestimmt. Der Massenstrom wird mit den KV -Werten
und der Blendengleichung nach [65] fur Fluide errechnet und stellt die Grundlage des Blockes
fur Ventile aus der FEV-Bibliothek fur Fluide dar
m = KV · 31, 6 ·
√∆p
ρ. (A.2)
Die identifizierten Totzeiten zwischen den einzelnen Komponenten des Kuhlsystems werden
durch variable TransportDelay-Blocke der Simulink R©-Bibliothek abgebildet.
Anhang 151
A.1.2 Modell der Luftversorgung
Die Luftversorung wird in Kapitel 2.1.2 als ein Teil des gesamten Brennstoffzellensystems
vorgestellt und der Aufbau der Luftversorgung ist ein Bestandteil der Abbildung 2.4. Die
folgende Abbildung A.2 zeigt den prinzipiellen Aufbau des Subsystems Luftversorgung des
Simulink R©-Modells des Brennstoffzellensystems.
H2O
M
1 Luftfilter
2 Turboverdichter inkl. Motor
3 Wärmeübertrager Kühlsystem
4 Befeuchter Bypassklappe
5 Brennstoffzelle
6 Befeuchter
7 Drosselklappe
8 Wasteklappe
1
2
3
4
5 6
7
8
Abbildung A.2: Prinzipieller Aufbau der Luftversorgung
Der Luftfilter (1) hat einen vernachlassigbaren kleinen Einfluss auf das Verhalten der
Temperatur, des Drucks und des Massenstroms vor dem Eintritt in den Turboverdichter (2),
somit wird er nicht im Simulationsmodell berucksichtigt.
Das Verhalten des Turboverdichters wird analog zur Kuhlmittelpumpe mittels Kennfelder
simuliert. Experimentelle Untersuchungen ergaben ein Massenstrom- und Leistungsaufnahme-
kennfeld fur den Turboverdichter in Abhangigkeit des Druckverhaltnisses und der eingestellten
Drehzahl. Abbildung A.3 zeigt das Simulink R©-Modell des Verdichters mit einem Block fur das
Massenstrom-Kennfeld und ein Block fur die Dynamik des Turboverdichters.
Die Sprungantwort der Turboverdichterdrehzahl auf einen Auf- bzw. Abwartsvolllastsprung
verhalt sich annahert linear. Somit wird das dynamische Verhalten durch einen dynamischen
RateLimiter -Block anhand der Parameter nmax und der Zeit t90 aus der Simulink R©-Bibliothek
abgebildet.
Die elektrische Leisungsaufnahme des Turboverdichters wird in dem Block Dynamik
des Turboverdichters mit
Pelek = ηMot · (Pstat +1
2· (JV er + JMot) · (
2π
60)2 · (δuV er
δt)2) (A.3)
mittels der statischen Leistung Pstat, der Tragheitsmomente des Verdichters JV er und des
elektrischen Antriebsmotors JMot und des elektrischen Wirkungsgrades des Antriebsmotors
152 A.1 Aufbau der Simulationsmodelle für den Reglerentwurf
Abbildung A.3: Aufbau des Simulink R©-Modells des Turboverdichters
ηMot bestimmt.
Zur Berechnung der Massenstrome der Drossel- (7), Befeuchter- (4) und Wasteklap-
pe (8) wird die Blendengleichung aus A.4 mit den spezifischen KV -Werten verwendet. Das
Verhalten des Warmeubertragers (3) wird ebenfalls nach der NTU-Methode aus Gleichung A.1
bestimmt.
Das Simulationsmodell des Befeuchters wird vollstandig aus der FEV-Bibliothek ubernommen
und setzt sich aus einem Warmeubertrager und einem Wasserubertrager zusammen. Im Modell
des Wasserubertragers, siehe Abbildung A.4, wird mittels der Wasserbeladung der Frisch- und
Wasserübertrager Wärmeübertrager
Abbildung A.4: Simulink R©.Modell des Befeuchters
Anhang 153
Abluft ein Gutegrad berechnet und anschließend wird im alternate Mixer die Wasserubertragung
von der feuchten Brennstoffzellenabluft auf die frische Brennstoffzellenzuluft berechnet.
Das Modell des Warmeubertragers im Befeuchtermodell beschreibt den Warmetransport
zwischen der feuchten Brennstoffzellenabluft und der frischen Brennstoffzellenzuluft. Das Ver-
halten dieses Warmeubertragers wird mittels der NTU-Methode, siehe Gleichung A.1, berechnet.
Das zeitliche Verhalten der Luftversorgung wird uber das Volumen der Verbindungs-
elemente und der Komponenten innerhalb der Luftversorgung bestimmt. Das Modell
der Luftversorgung wird in drei Volumina aufgeteilt, sodass einige Komponenten und
Verbindungslemente in ein Volumen zusammengefasst werden konnen. Die Reduzierung der
Volumina beeinflusst nicht das zeitliche Verhalten des daraus resultierenden Modells [59].
Das zeitliche Verhalten des Turboverdichters, der Wasteklappe, des Warmeubertragers Luft
und die dazu gehorigen Verbindungselemente werden in einem Volumen zusammengefasst.
Das zweite Volumen beinhaltet die Bypassklappe, den Befeuchter, die Brennstoffzelle und die
entsprechenden Verbindungselemente. Das dritte Volumen steht fur die Abluftstrecke inklusive
der Drosselklappe.
Abbildung A.5: Simulink R©-Modell des Volumens
154 A.1 Aufbau der Simulationsmodelle für den Reglerentwurf
In der Abbildung A.5 ist das Simulink R©-Modell eines Volumen dargestellt. Das Mo-
dell des Volumen umfasst die Energiespeicher der Gassysteme fur die Zustandsgroßen Masse
und Temperatur. Die Große des Volumens bestimmt das zeitliche Verhalten des Volumens
hinsichtlich der Temperatur und des Drucks [59].
Anhand des Gleichungssystems fur die Großen Massenstrom m, Temperatur T und
Druck p
dm
dt= min − mout (A.4)
dToutdt
=cp · Tin · min − cp · Tout · mout − cv(Tout) · Tout · (min − mout)
cv(Tout) ·mges
(A.5)
pout =mges ·Rges · Tout
V(A.6)
wird das zeitliche Verhalten dieser drei Zustandsgroßen fur ein Volumen mit dem Rauminhalt
V bestimmt.
Anhang 155
A.2 Berechnung der Kenngroßen des Laborsystems zur Berechnungdes B-Parameters
Berechnung der Umfangsgeschwindigkeit uTurbo des Turboverdichters in Abhangigkeit der
Drehzahl nTurbo und des mittleren Umfangs des Verdichterrades U des Turboverdichters.
uTurbo = U · nTurbo (A.7)
Mit dem mittleren Durchmesser d = 0, 025 m des Verdichterrades ergibt sich fur U :
U = 2π · d (A.8)
= 0, 1571m. (A.9)
Mit den beiden Drehzahlen nTurbo,1 = 70000 1min
und nTurbo,2 = 20000 1min
ergeben sich
folgende Umfangsgeschwindigkeiten:
uTurbo,1 = 0, 1571m · 70000
60 s(A.10)
= 183, 26m
s(A.11)
uTurbo,2 = 0, 1571m · 20000
60 s(A.12)
= 52, 36m
s. (A.13)
Die Querschnittflache des Verdichterrades AV ergibt sich mit d zu:
AV =d2 · π
4(A.14)
= 0, 00049m2. (A.15)
Das Plenumvolumen VP der Kathode ist die Summe aus dem Volumen der Kathode, des
Befeuchters und der Verbindungselemente zwischen den Komponenten Befeuchter und Kathode.
VP = VKa + VBef + VV erbindung (A.16)
Das Volumen der Kathode berechnet sich auch den Einzelvolumina VFlussfeld,Ka des Flussfeldes
der Kathode einer Bipolarplatte multipliziert mit der Anzahl der Brennstoffzellen NBZ .
VKa = VFlussfeld,Ka ·NBZ (A.17)
= 0, 00001491m3 · 370 (A.18)
= 0, 00552m3 (A.19)
Der Befeuchter ist aus zwei baugleichen Modulen mit den effektiven Abmaßen von 185x270x65
zusammengesetzt, somit belauft sich VBef auf:
VBef = 2 · (0, 185 · 0, 27 · 0, 065)m3 (A.20)
= 0, 00649m3. (A.21)
156 A.2 Berechnung der Kenngrößen des Laborsystems zur Berechnung des B-Parameters
Das Volumen der Verbindungselemente wird mit der summierten Lange und dem Durchmesser
der Elemente bestimmt. Mit der summierte Lange LV erbindung = 1, 83 m und dem Durchmesser
dV erbindung = 0, 05 m ergibt sich fur VV erbindung:
VV erbindung = LV erbindung ·d2V erbindung · π
4(A.22)
= 1, 83m · 0, 052 · π4
(A.23)
= 0, 00359m3. (A.24)
Die Gleichung A.16 ergibt nun fur das Plenumvolumen VP :
VP = 0, 00552m3 + 0, 00649m3 + 0, 00359m3 (A.25)
= 0, 0156m3. (A.26)
Die effektive Kanallange LV wurde am Laborsystem ausgemessen.
Anhang 157
A.3 Dampftapfel fur den Sattigungszustand
Die Tabelle A.1 stellt den Sattigungsdampfdruck fur Wasser nach [68] dar und gibt dem
Temperaturbereich und die Stutzstellen an, die in der Steuerungssoftware auf der Zielhardware
hinterlegt sind.
Tabelle A.1: Dampfdruckkurve für Wasser
ϑ ps◦C bar
10 0.012281
20 0.023388
30 0.042455
40 0.073814
50 0.12344
60 0.19932
70 0.31176
80 0.47373
90 0.70117
100 1.0132
110 1.4324
120 1.9848
158 A.4 Berechnung des Durchflusses für ein Stellventil nach der Richtlinie VDI/VDE2173
A.4 Berechnung des Durchflusses fur ein Stellventil nach der Richt-linie VDI/VDE2173
Die Berechnung des Durchflusses fur das Purgeventil, das Ventil des Wasserabscheiders und
der Klappen der Luftversorgung wird nach der Richtlinie fur Stromungstechnische Kenngroßen
von Stellventilen und deren Bestimmung VDI/VDE2173 [65] durchgefuhrt.
Der Durchflusskoeffizient KV ist ein spezifischer Volumendurchfluss eines Ventils bei
einem festgelegten Hub, bei einem Druckverlust von 105 Pa und das Medium ist Wassser mit
einer Temperatur zwischen 278 K und 315 K [65].
Fur die Bestimmung des KV -Wertes fur Gase wird folgende Gleichung verwendet:
KV =QN
519 · p1 · Y
√ρN · T1 · Z
x(A.27)
QN beschreibt den Durchfluss unter Normbedingungen, p1 und T1 den Eingangsdruck bzw.
-temperatur und ρN die Normdichte des Gases. Des Weiteren gilt:
x =∆p
p1(A.28)
und der Expansionsfaktor Y betragt:
Y = 1− x
3 · Fγ · xT(A.29)
Fγ =γ
1, 4(A.30)
xT = ∆pmax. (A.31)
γ beschreibt das Verhaltnis der spezifischen Warmekapazitaten cp und cv des Anodengases. Da
γ fur Wasserstoff und Stickstoff 1,41 bzw. 1,4 betragt, wird das γ des Anodengase zu 1,4
gesetzt, somit betragt Fγ Eins.
xT steht fur das Differenzdruckverhaltnis bei dem eine Durchflussbegrenzung eintritt.
Z ist der Realgasfaktor und kann bei den betrachteten Temperaturen und Drucke zu Eins
gesetzt werden.
Werden die getroffenen Annahmen in den Gleichungen A.28 bis A.31 berucksichtigt,
anschließend in Gleichung A.27 eingesetzt und dann nach QN umgestellt, folgt:
QN = KV · 514 ·
√p2 ·∆pρN · T1
. (A.32)
Anhang 159
A.5 Berechnung der Gaszusammensetzung anhand einer UltraschallMesssonde
Die Messonde der Firma FuelCon ist fur Messungen in Gasen entwickelt worden. Das
Messprinzip besteht darin, dass die Laufzeit von Ultraschallsignalen in und gegen die
Stromungsrichtung des Messmediums gemessen wird. Die Laufzeitdifferenz beider Signale
ist ein Maß fur die Stromungsgeschwindigkeit des Messmediums, wahrend die mittlere
Singallaufzeit Ruckschlusse auf die Zusammensetzung des Gasgemisches zulasst.
Die folgenden Messgroßen in Tabelle A.2 liegen fur die Berechnung der Gaszusam-
mensetzung zu Grunde:
Tabelle A.2: Messgrößen und Stoffwerte inklusive ihrer Einheiten zur Berechnungder Gaszusammensetzung
Messgröße Bezeichnung Einheit
Laufzeit 1 t12 µs
Messstrecke 1 D12 m
Laufzeit 2 t21 µs
Messstrecke 2 D21 m
Gastemperatur Messsonde TMU◦C
Gasdruck Messsonde pMU bar
Taupunkttemperatur Messonde TTau,MU◦C
Stoffwerte Bezeichnung Wert mit Einheit
spez. Wärmekapazität Wasserstoff cp,H2 14, 3 kJ(kgK)
spez. Gaskonstante Wasserstoff Rs,H2 4124, 3 J(kgK)
spez. Wärmekapazität Stickstoff cp,N2 1, 039 kJ(kgK)
spez. Gaskonstante Stickstoff Rs,N2 296, 8 J(kgK)
spez. Wärmekapazität Wasserdampf cp,H2O 1, 865 kJ(kgK)
spez. Gaskonstante Wasserdampf Rs,H2O 461, 5 J(kgK)
Der Gasdruck pMU und die Taupunkttemperatur TTau,MU der Messsonde werden den
Messgroßen pAn,out und TTau,An,out der Steuerung gleichgesetzt. Die Gastemperatur der
Messsonde TMU , Laufzeit 1 t12 und Laufzeit 2 t12 werden von der Messonde gemessen und mit
einer Aktualisierungrate von 0, 75Hz bzw. 1, 5 s uber eine CAN-Kommunikationsschnittstelle
der Brennstoffzellensystem-Steuerung ubermittelt.
160 A.5 Berechnung der Gaszusammensetzung anhand einer Ultraschall Messsonde
Die nachfolgend beschriebene Berechnung der Gaszusammensetzung am Anodeaustritt wird
mittels Simulink R© grafisch programmiert und ist auf der Zielhardware umgesetzt.
Zunachst wird anhand der gemessenen Laufzeiten und der bekannten Messstrecken
die mittlere Schallgeschwindigkeit cMU innerhalb der Messsonde berechnet
cMU =1
2· (D12
t12+D21
t21). (A.33)
Mit der mittleren Schallgeschwindigkeit, dem Gasdruck der Messsonde bzw. Anodenaustritts-
drucks und dem Kappa des Anodenabgases κMU wird die mittlere Dichte uber die Beziehung:
c =√κ ·Rm · T =
√p
ρm(A.34)
zu:
ρMU =κMU
pMU · c2MU
(A.35)
bestimmt. Die Berechnung des κMU erfolgt zu einem spateren Zeitpunkt.
Durch die Berechnung der Dichte jeder einzelner Gaskomponente ρi mit den Partialdrucken
der einzelnen Gaskomponenten pi mittels:
ρi =pi
Rs,i · TMU
(A.36)
kann uber das Verhaltnis:
ξi =ρiρMU
(A.37)
der Massenanteil der Gaskomponenten ξi bestimmt werden. Die Partialdrucke werden uber die
Beziehung:
pMU = pH2 + pH2O + pN2 (A.38)
betimmt. Der Partialdruck fur Wasserdampf pH2O aus Gleichung A.38 wird uber die Dampf-
druckkurve A.1 und dem Messwert TTau,MU mit:
pH2O = ps(TTau,MU) (A.39)
berechnet. Nun kann durch die Bestimmung eines zweiten Partialdrucks der dritte anhand der
Gleichung A.38 berechnet werden. Die Bestimmung des zweiten Partialdrucks z.B. pH2 erfolgt
uber dieses Gleichungssystem:
pMU = pH2 + pH2O + pN2 (A.40)
1 = ξH2 + ξH2O + ξN2 . (A.41)
Fur die Bestimmung der Massenanteile ξi werden ebenfalls die Partialdrucke pi benotigt. Dies
fuhrt zu einer Iteration, die mit einem Startwert fur pH2 begonnen wird. Daraus ergibt sich im
Anhang 161
ersten Schritt durch das bekannte pH2O ein pN2 . Mit den drei nun definierten Partialdrucken
konnen die ersten Werte fur die Massenanteile ξi bestimmt werden. Ergibt sich die Summe aus
Glechung A.40 nicht zu eins wird pH2 vom Startwert her leicht verandert.
Die Ermittlung des richtigen Partialdrucks pH2 zur Losung der beiden Gleichungen
A.40 und A.41 erfolgt durch einen PI-Regler.
Der Regelkreis besteht aus der Regelgroße, Summe aller Massenanteile∑ξi, der
Stellgroße H2-Partialdruck pH2 und die Regelstrecke wird aus den Gleichungen A.40 und A.41
gebildet. Dem PI-Regler wird als Sollwert fur die Regelgroße∑ξi die physikalisch richtigte
Losung 1 vorgegeben.
Der PI-Regler wird so eingestellt, dass innerhalb eines Abtastschrittes von 1,5 Sekun-
den die Regelabweichung kleiner 0,1 % liegt.
Mit den iterativ bestimmten Massenanteilen lasst sich nun die mittlere spezifische
Warmekapazitat cp,m und die mittlere spezifische Gaskonstante Rs,m bestimmen
cp,m = ξH2 · cp,H2 + ξH2O · cp,H2O + ξN2 · cp,N2 (A.42)
Rs,m = ξH2 ·Rs,H2 + ξH2O ·Rs,H2O + ξN2 ·Rs,N2 . (A.43)
Mit cp,m und Rs,m kann nun das kappa κMU aus Gleichung A.35 uber die Beziehung:
κMU =cp,m
(cp,m −Rs,m)(A.44)
bestimmt werden.
162 LITERATUR
Literatur
[1] Abel, D.; Bollig, A.: Rapid Control Prototyping. Springer Verlag, Berlin, Heidelberg,
New York, 2006.
[2] Adam Opel GmbH: Technische Daten des GM HydroGen4. http://media.opel.de,
2008.
[3] Adam Opel GmbH: HydroGen4 kommt auf die Straßen Europas. http://media.opel.de,
26. November 2008.
[4] Arai, T.: FCV Development in Nissan – Cost Challenges for FCEV Commercialization –.
7th International Hydrogen & Fuel Cell Expo 2011, Marz 2011.
[5] Arendt, M.; Turner, H.; Mönnigmann, M.: Rapid Control Prototyping for
Automotive Fuel Cell Systems. Fuel Cells Science & Technology 2010, Zaragoza, Parallel
Sessions 1B: Modelling and Control, 2010.
[6] Baehr, H.D.; Stephan, K.: Warme- und Stoffubertragung. Springer Verlag, Heidelberg,
2010. 7. neu bearbeitete Auflage.
[7] Beitz, W.; Küttner, K.H.: Taschenbuch fur den Maschinenbau. Springer Verlag,
Berlin, Heidelberg, 1995.
[8] Berger, O.: Thermodynamische Analyse eines Brennstoffzellensystems zum Antrieb von
Kraftfahrzeugen. Dissertation, Universitat Duisburg-Essen, Fakultat fur Ingenieurwissen-
schaften, Abteilung Maschinenbau, Bonn, 2009.
[9] Borgeest, K.: Elektronik in der Fahrzeugtechnik - Hardware, Software, Systeme und
Projektmanagement. Vieweg und Teubner Verlag, GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden,
2010.
[10] Braess, H.-H.; Seiffert, U.: Vieweg Handbuch Kraftfahrzeugtechnik. Vieweg Verlag,
Wiesbaden, 2007.
[11] Bronstein, I.N.; Semendjajew, K.A.; Musiol G.; Mühlig H.: Taschenbuch der
Mathematik. Verlag Harri Deutsch, Frankfurt am Main, 2008.
[12] Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft
e.V.: Anteil erneuerbarer Energie am Primarenergieverbrauch.
http://www.bdew.de/internet.nsf/id/DE Energiedaten, Mai 2011.
[13] Clean Energy Partnership: Abschlussbericht der ersten Projektphase 2003
– 2007. http://www.cleanenergypartnership.de/fileadmin/pdf/CEP Bericht 2002-
2007 de.pdf, 2007.
LITERATUR 163
[14] Clean Energy Partnership: Die dritte Projektphase.
http://www.cleanenergypartnership.de, Mai 2011.
[15] Daimler: F-Cell Daimler. http://www.daimler.com/dccom/0-5-1189740-49-1194310-1-
0-0-1193782-0-0-135-876574-0-0-0-0-0-0-0.html, Januar 2011.
[16] EG&G Technical Services, Inc.: Fuel Cell Handbook (Seventh Edition). U.S.
Department of Energy, Office of Fossil Energy, National Energy Technology Laboratory,
Morgantown, West Virginia, November 2004.
[17] Fell, S.: Ein Uberblick uber die Brennstoffzellenfahrzeug-bezogenen CFD Anwendungen
am Beispiel des”HydroGen 3“. VDI-Berichte, Nr. 1846, 2004.
[18] FEV Motorentechnik GmbH: Dokumentation Simulationsmodell fur Brennstoffzel-
lensystem. Springer Verlag, Aachen, 2002. Version 2.05 – 15.11.2002.
[19] Fricke, H.; Frohne, H.; Vaske, P.: Grundlagen der Elektrotechnik. B. G. Teubner,
Stuttgart, 1986.
[20] Geitmann, S.: Wasserstoff & Brennstoffzellen, Die Technik von morgen. Hydrogeit
Verlag, Kremmen, 2004.
[21] Gerl, B.: Innovative Automobilantriebe; Konzepte auf der Basis von Brennstoffzel-
len, Traktionsbatterien und alternativen Kraftstoffen. Verlag moderne Industrie, Lands-
berg/Lech, 2002.
[22] Grammel, J.: Standadisiertes Benchmarking von PEM-Brennstoffzellenstapeln. Diplom-
arbeit, Hochschule ULM, Fakultat Maschinenbau und Fahrzeugtechnik, 2010.
[23] Greitzer, E.M.: Surge and Rotating Stall in Axial Flow Compressors—Part II: Ex-
perimental Results and Comparison With Theory. Journal of Engineering for Power,
98(2):199–211, 1976.
[24] Grigoriadis, P.: Experimentelle Erfassung und Simulation instationarer Verdich-
terphanomene bei Turboladern von Fahrzeugmotoren. Dissertation, TU Berlin, Fakultat V
- Verkehrs- und Maschinensysteme -, Berlin, 2008.
[25] H. Heinz Meßwiderstände GmbH: Datenblatt Motorfuhler NTC. http://www.heinz-
messwiderstaende.de/pdf/motorfuehler.pdf, Mai 2011.
[26] Hansen, K.E.; Jörgensen, P.; Larsen P.S.: Experimental and Theoretical Study
of Surge in a Small Centrifugal Compressor. Journal of Fluids Engineering, 103, 1981.
[27] Herrmann, M.: Entwicklung von Katalysatoren fur den Einsatz in der HT-PEM-
Brennstoffzelle. Dissertation, Gottfried Wilhelm Leibniz Universitat Hannover, Naturwis-
senschaftliche Fakultat, Hannover, 2010.
164 LITERATUR
[28] Honda: FCX Clarity. http://automobiles.honda.com/fcx-clarity/, Mai 2011.
[29] Industrieanlagen-Betreibsgesellschaft mbH: V-Modell XT Gesamt
1.3. http://v-modell.iabg.de/dmdocuments/V-Modell-XT-Gesamt-Deutsch-V1.3.pdf,
09.02.2009.
[30] Intelligente Sensorsysteme Dresden GmbH: i2S Datasheet XKP 12XX.
http://www.i2s-sensors.de/fileadmin/user upload/download/i2s Datasheet XKP 12XX.pdf,
Mai 2011.
[31] International Energy Agency: World Energy Outlook 2009. International Energy
Agency (IEA), Paris, 2009. http://www.iea.org/textbase/nppdf/free/2009/weo2009.pdf.
[32] International Energy Agency: CO2 CAPTURE AND STORAGE A key carbon
abatement option. http://www.iea.org/textbase/nppdf/free/2008/CCS 2008.pdf, Mai
2011.
[33] International Energy Agency: World Energy Outlook 2010, Zusammenfassung.
http://www.worldenergyoutlook.org/docs/weo2010/WEO2010 es german.pdf, Mai 2011.
[34] Isermann, R.: Elektronisches Management motorischer Fahrzeugantriebe. Vieweg und
Teubner Verlag, GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden, 2010.
[35] Kacher, G: Der Stoff, aus dem die Traume sind. Suddeutsche Zeitung, Nr. 36, Februar
2011.
[36] Kalhammer, F. et al.: Status and Prospects for Zero Emissions Vehicle Technology.
State of California Air Resources Board, Sacramenta, April 2007.
[37] Katz, M.: Aktive Unterdruckung von Rotating Stall in einem Axialverdichter mit pulsieren-
der Lufteinblasung. Dissertation, TU Darmstadt, Fachbereich Maschinenbau, Darmstadt,
Marz 2002.
[38] Kawai, T.: Progress and Challenges for TOYOTA´s Fuel Cell Vehicle Development. 7th
International Hydrogen & Fuel Cell Expo 2011, Marz 2011.
[39] Keller, V.: Gasdiffusionselektroden fur PEM -Brennstoffzellen durch In Situ -
Elektrodeposition. Dissertation, Universitat des Saarlandes, Naturwissenschaftlich-
Technischen Fakultat III Chemie, Pharmazie, Bio- und Werkstoffwissenschaften, Saar-
brucken, – 2009.
[40] Kim, S.-H.: Development of Fuel Cell Electric Vehicle in Hyundai-Kia Motors.
http://ec.europa.eu/research/fch/pdf/sae-hoon kim.pdf, 8 November 2010.
[41] Kurzweil, P.: Brennstoffzellentechnik. Vieweg & Sohn Verlag, Wiesbaden, 2003.
LITERATUR 165
[42] Lunze, J.: Regelungstechnik 2 – Mehrgroßensysteme, Digitale Regelung –. Springer
Verlag, Berlin, Heidelberg, 1997.
[43] Lunze, J.: Regelungstechnik 1 – Systemtheoretische Grundlagen, Analyse und Entwurf
einschleifiger Regelungen –. Springer Verlag, Berlin, Heidelberg, 1999.
[44] Martin, H.: Numerische Stromungssimulation in der Hydrodynamik. Springer Verlag,
Heidelberg, 2011.
[45] Menny, K.: Stromungsmaschinen - Hydraulische und thermische Kraft- und Arbeitsma-
schinen. Teubner Verlag, Wiesbaden, Mai 2006.
[46] Mitsubishi-Motors: Daten: Mitsubishi i-MiEV. http://www.imiev.de/daten.html, Mai
2011.
[47] Moriya, T.: Development of Honda FCEV. 7th International Hydrogen & Fuel Cell
Expo 2011, Marz 2011.
[48] Pukrushpan, J.T.; Stefanopoulou, A.G.; Peng H.: Control of Fuel Cell Power
Systems. Springer Verlag, London, 2004.
[49] Robert Bosch GmbH: Datenblatt HFM7- 2,5 RP + NTC. 0 280 K00 442, Februar
2007.
[50] Schönfelder, C.: Optimierung von Luftversorgungseinheiten fur Brennstoffzellensyste-
me in Fahrzeugantrieben. Dissertation, RWTH Aachen, Fakultat fur Maschinenwesen,
Aachen, Juni 2007.
[51] Schulz, G.: Regelungstechnik – Grundlagen, Analyse und Entwurf von Regelkreisen,
rechnergestutzte Methoden –. Springer Verlag, Berlin, Heidelberg, 1995.
[52] Schwarz, T.: Das Wasserstoffsubsystem und sein Einfluss auf die Kenngroßen des
Brennstoffzellenantriebes. Dissertation, TU Clausthal, Fakultat fur Mathematik/Informatik
und Maschinenbau, Clausthal, Marz 2010.
[53] Siemer, M.: Lokale Entropieproduktionsraten in der Polymerelektrolyt-Membran-
Brennstoffzelle. Dissertation, Helmut-Schmidt-Universitat der Bundeswehr Hamburg,
Fakultat Maschinenbau, 2007.
[54] Simon, C.: Simulation und Regelung der Wasserstoffversorgung eines Brennstoffzel-
lensystems unter Einsatz modellgestutzter Regelung. Diplomarbeit, Otto-von-Guericke-
Universitat Magdeburg, Institut fur Automatisierungstechnik, Magdeburg, – 2010.
[55] Springer, T.E.; Zawodzinski, T.A.; Gottesfeld S.: Polymer Electrolyte Fuel
Cell Model. Journal of The Electrochemical Society, 138(8):2334–2342, 1991.
166 LITERATUR
[56] Standard Committee of the IEEE Computer Society: IEEE Standard for
Binary Floating-Point Arithmetic. American National Standards Institute, New York, Juli
1985.
[57] Toyota: ConceptCars FCHV-adv. http://www.toyota.de/innovation/design/concept cars/
fchv/index.aspx, Mai 2011.
[58] Truckenbrodt, A.: Automotive Fuel Cells – The Road to Emmission-Free Mobility –.
http://www.afcc-auto.com/files/AFCC Standard March 2011 170311presented.pdf.
[59] Turner, H.: Steuerung und Regelung eines Brennstoffzellensystems im Fahrzeugan-
triebsstrang. Dissertation, TU Darmstadt, Elektrotechnik und Informationstechnik, Darm-
stadt, Marz 2009.
[60] Turner, H.; Arendt, M.: Simulationsgestutzte Steuerungsentwicklung fur Brenn-
stoffzellensysteme. 13. MTZ-Fachtagung, Virtual Powertrain Creation, 2011.
[61] Uhlmann, H.-G.: Fruherkennung aerodynamscher Verdichterinstabilitaten mittels
Wavelet-Transformationsregeln. Dissertation, TU Munchen, Fakultat Maschinenwesen,
Munchen, – 2003.
[62] Unbehauen, H.: Regelungstechnik 1 – Klassische Verfahren zur Analyse und Synthese
linearer kontinuierlicher Regelsysteme, Fuzzy Regelsysteme –. Vieweg Verlag, Wiesbaden,
2002.
[63] U.S. Department of Energy: FY 2010 Progress Report for the DOE Hydrogen
Program. Washington D.C., Februar 2011. DOE/GO-102011-3178.
[64] VDI und VDI Gesellschaft Verfahrenstechnik und Chemieingenieurwe-
sen: VDI-Warmeatlas. Springer Verlag, Berlin, 2006.
[65] VDI/VDE 2173: Stromungstechnische Kenngroßen von Stellventilen und deren Bestim-
mung. Beuth Verlag, Berlin, September 2007.
[66] Vielstich, W.; Lamm, A.; Gasteiger H.A. (Hrsg.): Handbook of Fuel Cells,
Volume 1, Fundamentals, Technology and Application. John Wiley & Sons Ltd, Chichester,
England, 2003.
[67] Volkswagen AG: Selbststudienprogramm 238 – Datenaustausch auf dem Can-Bus I –.
140.2810.57.00 Technischer Stand 10/01.
[68] Wagner, W.: Thermische Apparate und Dampferzeuger. Vogel-Buchverlag, Wurzburg,
1985.
[69] Wurstern, R.; Zerta, M.; Stiller C.; Wolf J.: Energie-Infrastruktur 21 –Rolle des
Wasserstoffs angesichts der Herausforderungen im neuen globalen Energiesystem–. Deut-
scher Wasserstoff- und Brennstoffzellen-Verband e.V., Berlin, April 2011. http://www.dwv-
info.de/publikationen/2010/E21 de.pdf.
[70] Ye, X.; Wang, C.-Y.: Measurement of Water Transport Properties Through Membrane-
Electrode Assemblies. Journal of The Electrochemical Society, 154(7):B676–B682, 2007.
[71] Zawodzinski, T.A. junior; Springer, T.E.; Davey, J.; Jestel, R.; Lopez,
C.; Valerio, J.; Gottesfeld, S.: A Comparative Study of Water Uptake By and
Transport Through Ionomeric Fuel Cell Membranes. Journal of The Electrochemical
Society, 140(7):1981–1985, 1993.
167
top related