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Schiefe Biegung
Leitprogramm Dr. Michael Flückiger
Inhalt:
Nach dem Studium dieses Leitprogramms werden die Studierenden erkennen, ob ein Problem spezieller oder schiefer Biegung vorliegt. Sie sind ausserdem in der Lage, die Deformation eines Balkens unter schiefer Biegung zu berechnen und die dabei auftretenden Normalspannungen zu bestimmen.
Unterrichtsmethode: Leitprogramm
Fachliches Review: Dr. Stephan Kaufmann, Institut für Mechanische Systeme, ETH Zürich Fachdidaktisches Review: Dr. Stephan Kaufmann, Institut für Mechanische Systeme, ETH Zürich
Publiziert auf EducETH: 1. September 2009
Rechtliches:
Die vorliegende Unterrichtseinheit darf ohne Einschränkung heruntergeladen und für Unterrichtszwecke kostenlos verwendet werden. Dabei sind auch Änderungen und Anpassungen erlaubt. Der Hinweis auf die Herkunft der Materialien (ETH Zürich, EducETH) sowie die Angabe der Autorinnen und Autoren darf aber nicht entfernt werden. Publizieren auf EducETH?
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ETH Didaktische Ausbildung
Zentrum fur Mechanik
Leitprogramm zum Thema: Schiefe Biegung
Fach: Mechanik
Schultyp: Fachhochschule
Voraussetzung: 1. Semester Mechanik absolviert
Vorkenntnisse: Spezielle Biegung linear elastischer Balken
Bearbeitungsdauer: 6-8 Lektionen
Autor:
Dr. Michael Fluckiger
99-907-263
D-MAVT
Maschinenbau
Gryphenhubeliweg 24
3006 Bern
michael.flueckiger@gmail.com
Betreuer:
Dr. Jurg Meier ZHW
Dr. Stephan Kaufmann ETHZ
Fassung vom: 21. August 2009
Schulerprobung: Diese Arbeit wurde noch nicht erprobt.
Schiefe Biegung
ein Leitprogramm in Mechanik
Eidgenossische Technische Hochschule (ETH) Zurich
verfasst von
Dr. Michael Fluckiger
Leitprogramm “Schiefe Biegung”
Stufe, Schulbereich
Fachhochschule
Vorkenntnisse
Spezielle Biegung linearelastischer Balken
Bearbeitungsdauer
6-8 Lektionen
Bezugsquelle
EducETH: http://www.educ.ethz.ch/
Diese Vorlage darf fur den Gebrauch im Unterricht nach Belieben kopiert werden.
Nicht erlaubt ist die kommerzielle Verbreitung
Inhaltsverzeichnis
Vorwort vii
Einfuhrung vii
Arbeitsanleitung ix
1 Repetitorium zur speziellen Biegung 1
1.1 Flachentragheitsmomente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2
1.1.1 Parallelverschiebung der Bezugsachsen . . . . . . . . . . . 3
1.1.2 Drehung des Bezugsystems . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4
1.2 Spezielle Biegung von prismatischen Balken . . . . . . . . . . . . 6
1.3 Lernkontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
1.4 Losungen zu den Kapitelaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11
1.5 Losung zur Lernkontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14
2 Schiefe Biegung 19
2.1 Schiefe oder zweiachsige Biegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20
2.2 Berechnung der Normalspannungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 20
2.2.1 Aufteilung der schiefen Biegung in zwei Probleme spezieller
Biegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21
2.2.2 Superposition der Normalspannungen . . . . . . . . . . . . 22
2.2.3 Bestimmung der Neutralachse . . . . . . . . . . . . . . . . 24
2.3 Gleichungen der Biegelinie fur schiefe Biegung . . . . . . . . . . . 25
2.3.1 Aufteilung der schiefen Biegung in zwei Probleme spezieller
Biegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25
2.3.2 Superposition der Durchbiegungen . . . . . . . . . . . . . 25
2.4 Geltungsbereich der schiefen Biegung . . . . . . . . . . . . . . . . 26
2.5 Lernkontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31
2.6 Losungen zu den Kapitelaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33
2.7 Losung zur Lernkontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42
3 Additum: Wasseranalogie 47
3.1 Schubspannungsrichtung mit Hilfe der Wasseranalogie . . . . . . . 48
3.2 Losungen zu den Kapitelaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51
A Kapitel-Tests 53
A.1 Testaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53
A.1.1 Repetitorium zur speziellen Biegung . . . . . . . . . . . . 53
A.1.2 Schiefe Biegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55
A.2 Losungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57
A.2.1 Repetitorium zur speziellen Biegung . . . . . . . . . . . . 57
A.2.2 Schiefe Biegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59
B Mediothek 63
C Experimentier- und anderes Material 65
C.1 ANSYS Input Files . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65
C.1.1 Biegeprofil.txt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65
C.1.2 Aufgabe2-C.txt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67
C.1.3 BiegeprofilBeam Loop.txt . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69
Literaturverzeichnis 73
vii
Vorwort
Ich mochte Herrn Dr. Jurg Meier und Herrn Dr. Stephan Kaufmann herzlich dan-
ken fur Ihre Unterstutzung und Betreuung bei dieser Arbeit.
Zur Bearbeitung dieses Leitprogramms, ist es von Vorteil, wenn die folgenden
Computerprogramme bekannt sind und angewendet werden konnen:
• MATLABr (The MathWorks) oder Mathematica (Wolfram Research)
• ANSYS (Ansys, Inc.)
Es sollten Computer zur Verfugung stehen, auf denen obige Programme installiert
sind, so dass die Studenten diese verwenden konnen. Zudem mussen die Bucher,
welche im Literaturverzeichnis aufgelistet sind, sowohl zur Bearbeitung des Leit-
programms, als auch zur Losung der Tests frei zuganglich sein.
Bern, 21. August 2009 Dr. Michael Fluckiger
Einfuhrung
Worum geht es in diesem Leitprogramm?
Sie sind sicherlich schon mal ganz vorne auf einem Sprungbrett gestanden oder
haben jemandem zugeschaut, der auf einem Sprungbrett steht. Dabei ist Ihnen
aufgefallen, dass sich das Brett nach unten durchbiegt. Das Sprungbrett ist in
diesem Fall auf Biegung beansprucht. Die Belastung liegt dabei auf einer der
Hauptachsen des Sprungbrettquerschnittes. Es liegt also der bereits bekannte
Fall der speziellen bez. geraden Biegung vor. Wie der Name spezielle Biegung
sagt, handelt es sich um einen Spezialfall der Biegung.
viii
Im Allgemeinen liegt die Last nicht auf einer der Hauptachsen des Querschnittes.
Diese allgemeinere oder schiefe Biegung kommt in vielen verschiedenen techni-
schen Strukturen vor, wie zum Beispiel bei Holmen von Tragflachen, bei Brucken
oder bei Stutzstrukturen von Hallen. Die Gesetze zur Behandlung der schiefen
Biegung lernen Sie mit Hilfe dieses Leitprogramms.
Was werden Sie grundsatzlich am Ende dieses Leitpro-
gramms konnen?
Nach dem Studium dieses Leitprogramms wird es Ihnen keine Muhe bereiten zu
erkennen, ob ein Problem spezieller oder schiefer Biegung vorliegt. Sie werden in
der Lage sein, die Deformation eines Balkens unter schiefer Biegung zu berech-
nen. Zudem konnen Sie die dabei auftretenden Normalspannungen bestimmen.
Was wird behandelt?
Im ersten Kapitel dieses Leitprogramms wird die spezielle Biegung repetiert. Sie
haben dabei die Gelegenheit, Ihr Wissen daruber aufzufrischen und zu festigen.
Die schiefe Biegung, bei welcher die Last nicht auf einer der Hauptachsen des
Querschnittes liegt, wird im nachsten Teil bearbeitet. Das letzte Kapitel behan-
delt eine Methode, mit welcher die bei der Biegung auftretenden Schubspan-
nungen veranschaulicht werden konnen. Diese Methode, die so genannte Wasser-
analogie, gehort jedoch nicht zum Prufungsstoff. Sie konnen die Wasseranalogie
anschauen, wenn Sie die ersten zwei Kapitel beendet haben und Ihnen noch Zeit
fur die Bearbeitung des Leitprogramms zur Verfugung steht.
BEMERKUNG: In diesem Leitprogramm kommen Vektoren vor. Sie werden hier
unterstrichen dargestellt. So wird zum Beispiel der Vektor des Biegemoments als
M b notiert.
ix
Arbeitsanleitung
Dieses Leitprogramm fuhrt Sie so durch die Lernetappen, dass Sie den gesam-
ten Stoffumfang alleine erarbeiten konnen. In jedem Kapitel erhalten Sie zuerst
einen Uberblick und es werden die Lernziele angegeben. Damit wissen Sie schon
am Anfang jedes Kapitels, worum es geht und was Sie am Schluss konnen mus-
sen. Nach den Zielen folgt der eigentliche Unterrichtsstoff. Lesen Sie ihn in Ruhe
durch und losen Sie die dazugehorigen Aufgaben. Die Losungen zu den Aufgaben
finden Sie jeweils ganz am Schluss des Kapitels. Dadurch konnen Sie selbstandig
kontrollieren, ob Sie zur richtigen Losung gelangt sind. Konsultieren Sie die Lo-
sung erst, nachdem Sie selbst eine erarbeitet haben. Am Ende gibt es dann noch
die Lernkontrollen. Dies sind spezielle Aufgaben, mit welchen Sie testen, ob Sie
die Lernziele erreicht haben. Nach erfolgreicher Bearbeitung der Lernkontrollen
wartet der Kapiteltest auf Sie. Diesen legen Sie beim Dozenten oder Betreuer
ab. Der Test wird nicht benotet. Mit ihm wird uberpruft, ob Sie fur das nachste
Kapitel bereit sind. Vielleicht zeigt der Test, dass Sie noch etwas nicht ganz ver-
standen haben. Der Dozent wird Ihnen in diesem Fall mitteilen, welche Teile des
Kapitels Sie wiederholen mussen. Sobald Sie den Kapiteltest bestanden haben,
konnen Sie mit dem nachsten Kapitel beginnen.
In diesem Leitprogramm werden Sie immer wieder auf die nachfolgenden Zeichen
stossen. Diese weisen Sie auf bestimmte Tatigkeiten hin.
Aufgabe:
Dieses Symbol zeigt Ihnen, dass Sie nun eine Aufgabe bearbeiten mussen. Sie
bekommen damit die Gelegenheit zu uberprufen, ob Sie den letzten Abschnitt
verstanden haben. Teilweise sollen Sie zur Veranschaulichung der Resultate zu-
satzlich eine Simulation auf dem Computer oder ein Experiment durchfuhren.
Dazu benotigtes Material wird Ihnen zur Verfugung gestellt.
x
Konzentration:
Die neben diesem Symbol aufgefuhrten Formeln oder Definitionen sollten Sie
sich besonders gut einpragen und in einer kurzen Zusammenfassung festhalten.
Es handelt sich dabei um die wesentlichen Gesetze der schiefen Biegung, die Sie
fur die nachste Prufung wissen sollten. Es ist wichtig, dass Sie die Lernkontrol-
len am Ende des Kapitels erfolgreich losen konnen; alleiniges Hilfsmittel ist Ihre
Zusammenfassung.
Recherchieren:
Gewisse Teile, welche in einem Buch oder anderen Hilfsmittel in geeigneter Form
abgefasst sind, wurden in diesem Leitprogramm ausgelassen. Dieses Symbol weist
sie darauf hin, dass Sie eine Literaturrecherche durchfuhren mussen. Das beno-
tigte Material fur die Recherche liegt im Zimmer bzw. im Horsaal fur Sie bereit.
1
1 Repetitorium zur speziellen Biegung
Uberblick
Die spezielle oder gerade Biegung dient als Grundlage fur die allgemeinen Biege-
probleme. Darum wird die spezielle Biegung im ersten Kapitel kurz repetiert und
die wichtigsten Formeln werden angegeben.
Falls Ihnen die spezielle Biegung noch prasent ist, konnen Sie auch gleich die
Lernkontrolle am Ende dieses Kapitels losen, ohne das ganze Kapitel durchzuar-
beiten. Wenn Sie die Lernkontrolle selbstandig richtig gelost haben, melden Sie
sich zum Kapiteltest. Nach erfolgreicher Bearbeitung des Tests, konnen Sie mit
dem zweiten Kapitel beginnen.
In diesem Kapitel schauen wir uns zuerst die Flachentragheitsmomente an. Da-
nach wiederholen wir die Verschiebungs- und Drehungssatze. Schliesslich berech-
nen wir dann noch die Verschiebung und die Normalspannung in einem Balken
unter spezieller Biegung.
Lernziele:
• Sie konnen die Flachentragheitsmomente fur einfache
Querschnitte berechnen und sie kennen die Verschiebungs-
sowie Drehungssatze.
• Sie konnen die auftretenden Spannungen sowie die Verfor-
mung bei einem Balken unter spezieller Biegung berech-
nen.
2 1 REPETITORIUM ZUR SPEZIELLEN BIEGUNG
1.1 Flachentragheitsmomente
Die Spannungen in einem belasteten Balken hangen nicht nur von der Belastung
ab, sondern auch vom Querschnitt des Balkens. Der Einfluss des Querschnitts
wird durch die Flachentragheitsmomente beschrieben.
Ax z
y
z
yr
dA
S
(a) Beliebiger Balkenquerschnitt
z
y
H
B
S
(b) Rechteckquerschnitt
Abbildung 1: Verschiedene Balkenquerschnitte
Die Flachentragheitsmomente fur den Querschnitt aus Abbildung 1(a) sind wie
folgt definiert:
Iy =
∫z2dA (1)
Iz =
∫y2dA (2)
Iyz = Izy = −∫
yzdA (3)
Ip =
∫r2dA =
∫(y2 + z2)dA = Iy + Iz (4)
Iy bzw. Iz sind die axialen Flachentragheitsmomente, Iyz ist das Deviationsmo-
ment und Ip das polare Flachentragheitsmoment.
1.1 Flachentragheitsmomente 3
BEMERKUNG: Das polare Flachentragheitsmoment wird erst spater bei Balken
gebraucht, die auf Torsion beansprucht sind. Es ist hier nur der Vollstandigkeit
halber erwahnt.
Beispiel: Wir wollen die Flachentragheitsmomente eines ellipsenformigen Quer-
schnitts berechnen. Schauen Sie sich dazu das Beispiel 4.1 im Abschnitt 4.2.1 in
[1] an und arbeiten Sie dieses durch.
Achsen fur die das Deviationsmoment null wird, heissen Hauptachsen. Das De-
viationsmoment verschwindet zum Beispiel, wenn die Querschnittsflache symme-
trisch bezuglich einer der Achsen ist. Die y- und z-Achse des Rechteckquerschnitts
aus Abbildung 1(b) sind also zum Beispiel Hauptachsen.
Eine Zusammenstellung von Flachentragheitsmomenten finden Sie in Tabelle 4.1
in [1] oder im Abschnitt “Beanspruchung stabformiger Bauteile” von Kapitel C
“Festigkeitslehre” in [4]. Schauen Sie die Flachentragheitsmomente der gebrauch-
lichsten Profile in einem dieser Bucher durch, damit Sie sie bei Bedarf rasch
finden.
Aufgabe 1-A Flachentragheitsmomente
Berechnen Sie Iy, Iz, Iyz und Ip fur den Querschnitt aus Abbildung 1(b). Die y-
und z-Achse gehen durch den Schwerpunkt S. Bekommen Sie das gleiche Resultat
wie in [1]?
1.1.1 Parallelverschiebung der Bezugsachsen
Die Flachentragheitsmomente bezuglich der y- und z-Achse fur den Querschnitt
aus Abbildung 2(a) ergeben sich zu (Verschiebungssatze oder Steinerscher Satz ):
Iy = Iy + z2sA (5)
Iz = Iz + y2sA (6)
Iyz = Iyz − yszsA (7)
4 1 REPETITORIUM ZUR SPEZIELLEN BIEGUNG
z
y
z
y
dA
S
y
ys
zs
A
z
(a) Beliebiger Querschnitt
z
y
H
B
S
z
y
(b) Rechteckquerschnitt
Abbildung 2: Verschiebungssatze
BEMERKUNG: In den Gleichungen (5) - (7) sind Iy, Iz und Iyz immer die Fla-
chentragheitsmomente bezuglich eines Koordinatensystems mit Ursprung im Fla-
chenmittelpunkt S. Mit Ausnahme des Deviationsmoments sind die Flachentrag-
heitsmomente bezuglich S am kleinsten: Die axialen Flachentragheitsmomente Iy
und Iz bezuglich anderer Koordinatensysteme erhalten wir durch Addition des
Steiner-Terms zu Iy und Iz.
Aufgabe 1-B Steinerscher Satz
Berechnen Sie Iy, Iz und Iyz fur den Rechteckquerschnitt aus Abbildung 2(b). Sie
konnen dazu die Resultate fur Iy, Iz und Iyz aus Aufgabe 1-A verwenden.
1.1.2 Drehung des Bezugsystems
Nun betrachten wir noch den Zusammenhang zwischen den Flachentragheitsmo-
menten bezuglich zweier um den Winkel ϕ gegeneinander gedrehter Koordinaten-
systeme mit dem gleichen Ursprung P (vgl. Abbildung 3(a)). P ist dabei nicht
notwendigerweise identisch mit dem Flachenmittelpunkt.
Zwischen den gedrehten Koordinatensystemen, ergeben sich die folgenden Trans-
1.1 Flachentragheitsmomente 5
A z
y
z y dA
φ
η
ζ
ζ
η P
(a) Beliebiger Querschnitt
z
y
H
B
S 45°
η
ζ
(b) Rechteckquerschnitt
Abbildung 3: Drehungssatze
formationsbeziehungen (Drehungssatze):
Iη =1
2(Iy + Iz) +
1
2(Iy − Iz) cos(2ϕ) + Iyz sin(2ϕ) (8)
Iζ =1
2(Iy + Iz)−
1
2(Iy − Iz) cos(2ϕ)− Iyz sin(2ϕ) (9)
Iηζ = −1
2(Iy − Iz) sin(2ϕ) + Iyz cos(2ϕ) (10)
Wie wir bereits wissen, verschwindet fur die Hauptachsen das Deviationsmoment
Iηζ = 0. Aus Gleichung (10) ergibt sich der Winkel ϕ0, um welchen das Haupt-
achsensystem bezuglich der y- bzw. z-Achse gedreht ist, aus
tan(2ϕ0) =2Iyz
Iy − Iz
(11)
Die dazugehorigen Hauptflachentragheitsmomente folgen dann mit ϕ0 aus den
Gleichungen (8) und (9).
Beispiel: Wir wollen die Haupttragheitsmomente eines dunnwandigen Quer-
schnitts berechnen. Schauen Sie sich dazu das Beispiel 4.3 im Abschnitt 4.2.2
in [1] an und arbeiten Sie dieses durch.
6 1 REPETITORIUM ZUR SPEZIELLEN BIEGUNG
Aufgabe 1-C Drehungssatze
Berechnen Sie Iy, Iz und Iyz fur den Querschnitt aus Abbildung 3(b) mit Hilfe der
Drehungssatze, wenn Iη = HB3+BH3
24, Iζ = HB3+BH3
24und Iηζ = BH3−HB3
24bekannt
sind. Erhalten Sie die gleichen Resultate wie in Aufgabe 1-A?
1.2 Spezielle Biegung von prismatischen Balken
DEFINITION: Ein Trager ist unter spezieller Biegung, wenn
• N = T = 0 und
• M b auf einer Hauptachse des Querschnitts liegt (vgl. Abbildung 4).
N ist die Normalkraft in x-Richtung, T das Torsionsmoment in x-Richtung und
M b das Biegemoment. Die y- und z-Achse gehen durch den Flachenmittelpunkt
des Querschnitts. \\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\
y
z
q(x)=Q
Q Mb(x)
x
Abbildung 4: Spezielle Biegung
Die Differentialgleichung der Biegelinie fur spezielle Biegung lautet
v′′(x) =Mb(x)
EIz
, (12)
mit der Durchbiegung v(x), dem Biegewinkel oder der Neigung α(x) = v′(x), dem
Biegemoment Mb(x) und dem Elastizitatsmodul E.
1.2 Spezielle Biegung von prismatischen Balken 7
Fur die Dehnung εx in x-Richtung gilt
εx(x, y) = −yv′′(x). (13)
Bei einem isotropen, linear-elastischen Material folgt daraus die Spannung σx zu
σx(x, y) = Eεx(x, y) = −Mb(x)
Iz
y. (14)
Wie aus Gleichung (14) ersichtlich ist, verschwindet die Spannung σx auf der Ge-
raden y = 0. Diese Gerade wird Neutralachse genannt. Die grossten Spannungen
treten im grossten Abstand zur Neutralachse auf, also bei y = |ymax|.
Die Grosse Wz = Iz
|ymax| wird als Widerstandsmoment bezeichnet. Je grosser Wz,
desto kleiner ist die grosste Spannung bei konstantem Biegemoment. In einem
Querschnitt des Balkens an der Stelle x ist damit die betragsmassig maximale
Normalspannung
|σx,max(x)| = |Mb(x)|Wz
. (15)
Aufgabe 1-D Balken mit linienverteilter, konstanter Kraft
Gegeben ist das einseitig eingespannte I-Profil aus Abbildung 5. Das Profil ist
mit einer linienverteilten, konstanten Kraft vom Gesamtbetrag P = 10 kN gleich-
formig belastet.
\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\
x
y
z I I I I I I I I I I I I I I I I I I I I I I I I p=P/L
L
B
t
t
Hx
Abbildung 5: I-Profil mit linienverteilter, konstanter Kraft p = P/L
Das I-Profil hat folgende Abmessungen: L = 1 m, H = 10 cm und t = 1 cm.
8 1 REPETITORIUM ZUR SPEZIELLEN BIEGUNG
a) Bestimmen Sie Iz des I-Profils in Abhangigkeit der Breite B. Benutzen Sie
dazu die Tabelle 1 im Abschnitt C11 in [4].
b) Bestimmen Sie die minimale Breite Bmin, so dass sich das I-Profil nicht
plastisch verformt. Die Steckgrenze liegt bei σzul = 100 MPa.
c) Berechnen Sie die grosste Verschiebung und die grosste auftretende Neigung
fur B = Bmin. Der Elastizitatsmodul sei E = 2.1 · 105 MPa.
1.3 Lernkontrolle 9
1.3 Lernkontrolle
Hier konnen Sie prufen, ob Sie die gerade Biegung sowie die Berechnung der
Flachentragheitsmomente beherrschen. Wenn Sie diese Lernkontrolle durchlaufen
haben, melden Sie sich beim Tutor zum Kapitel-Test.
α
a a h
z
ζ η
d s φ
ηy
S
Abbildung 6: Dreieckquerschnitt
a) Berechnen Sie die Flachentragheitsmomente Iη, Iζ und Iηζ im Schwerpunkt
S des gleichschenkligen rechtwinkligen Dreieckprofils aus Abbildung 6. Die
Schenkellange sei a = 0.1 m. Zudem gilt h =√
22
a, ds = h3
=√
26
a und
ϕ = 45◦. Fur die Berechnung der Flachentragheitsmomente konnen Sie die
Tabelle 4.1 im Abschnitt 4.2.2 in [1] zu Hilfe nehmen.
b) Berechnen Sie die Flachentragheitsmomente Iy, Iz und Iyz mit Hilfe der
Verschiebungs- und Drehungssatze aus Iη, Iζ und Iηζ , bei einer Verschiebung
um η = −√
23
a und einer anschliessenden Drehung um ϕ = −45◦.
/////////// ///////////
Fη
ζ
η ξ
η
S
L/2 Fη
Abbildung 7: Beidseitig aufgelegter Balken
c) Bestimmen Sie die maximale Durchbiegung, die maximale Neigung sowie die
extremalen Normalspannungen des gleichschenkligen Dreieckprofils, wenn
es auf beiden Seiten aufgelegt ist (vgl. Abbildung 7). Die Lange des Profils
10 1 REPETITORIUM ZUR SPEZIELLEN BIEGUNG
sei L = 5 m und es wirkt eine Kraft Fη = 10 kN bei ξ = L/2. Fur den
Elastizitatsmodul gilt E = 2.1 · 105 MPa.
1.4 Losungen zu den Kapitelaufgaben 11
1.4 Losungen zu den Kapitelaufgaben
Losung Aufgabe 1-A Flachentragheitsmomente
Abbildung 8: Rechteck
Fur die Berechnung von Iz wahlen wir ein Flachenelement dA = B · dy nach
Abbildung 8. Iz erhalten wir durch folgende Integration:
Iz =∫ H/2
−H/2y2dA =
∫ H/2
−H/2y2Bdy = By3
3|H/2−H/2
⇒ Iz = BH3
12.
Mit dA = H · dz und den Integrationsgrenzen−B/2 und B/2 ergibt sich Iy analog
zu
Iy = HB3
12.
Da die y-Achse und die z-Achse Symmetrieachsen vom Querschnitt sind, ver-
schwindet das Deviationsmoment. Ohne Berechnung erhalten wir
Iyz = 0.
Ip errechnen wir nach Gleichung (4) zu
Ip = Iy + Iz = BH12
(B2 + H2).
Im Vergleich zu [1] ist hier die Breite B senkrecht zur y-Achse und die Hohe H
senkrecht zur z-Achse. Dadurch sind auch die Flachentragheitsmomente Iy und
Iz vertauscht. Iyz und Ip sind jedoch identisch zu den Werten aus [1].
12 1 REPETITORIUM ZUR SPEZIELLEN BIEGUNG
Losung Aufgabe 1-B Steinerscher Satz
Nach den Gleichungen (5) - (7) erhalten wir:
Iy = Iy + z2sA = HB3
12+ (B
2)2BH = HB3
3,
Iz = Iz + y2sA = BH3
12+ (H
2)2BH = BH3
3und
Iyz = Iyz − yszsA = 0− B2
H2BH = −B2H2
4.
Losung Aufgabe 1-C Drehungssatze
Das yz-System erhalten wir aus dem ηζ-System bei einer Drehung um ϕ = −45◦.
Mit sin(2 · (−45◦)) = −1, cos(2 · (−45◦)) = 0 sowie der Gleichungen (8) erhalten
wir fur Iy:
Iy = 12(Iη + Iζ) + 1
2(Iη − Iζ) cos(2ϕ) + Iηζ sin(2ϕ) = 1
2(Iη + Iζ)− Iηζ
⇒ Iy = HB3+BH3
24− BH3−HB3
24= HB3
12.
Fur Iz erhalten wir auf analoge Weise und mit Gleichung (9) folgendes Resultat:
Iz = BH3
12.
Fur Iyz gilt nach Gleichung (10)
Iyz = −12(Iη − Iζ) sin(2ϕ) + Iηζ cos(2ϕ) = 1
2(Iη − Iζ)
⇒ Iyz = 12(HB3+BH3
24− HB3+BH3
24) = 0.
Damit erhalten wir das Gleiche wie in Aufgabe 1-A.
Losung Aufgabe 1-D Balken mit linienverteilter, konstanter Kraft
a) Nach Tabelle 1 von Abschnitt C11 in [4] ist Iz = BH3−bh3
12mit b = b1 + b2.
In unserm Fall gilt somit
Iz = BH3−(B−t)(H−2t)3
12= B[H3−(H−2t)3]+t(H−2t)3
12
1.4 Losungen zu den Kapitelaufgaben 13
⇒ Iz ≈ 4.07 · 10−5 m3 ·B + 4.27 · 10−7 m4.
b) Damit keine plastische Verformung stattfindet, darf σzul nicht uberschritten
werden:
|σx,max| ≤ σzul = 100 MPa = 108 N/m2.
Fur die Spannungen im I-Profil gilt:
σx = Eεx = −yMb(x)Iz
.
Wir mussen nun also zuerst das Biegemoment Mb(x) im Schnitt x berech-
nen. Fur die Querkraft Q(x) gilt:
Q(x) =∫−P
Ldx = −Px
L+ C1,
wobei Q(x = L) = 0 ⇒ C1 = P und somit
Q(x) = −PxL
+ P .
Daraus ergibt sich das Biegemoment Mb(x) zu:
Mb(x) =∫−Q(x)dx = Px2
2L− Px + C2,
wobei Mb(x = L) = 0 ⇒ C2 = PL2
und somit
Mb(x) = P2L
(L− x)2.
Das maximale Biegemoment tritt bei x = 0 auf:
Mb,max = Mb(x = 0) = PL2
.
Die maximale Spannung σx,max tritt an den Orten auf, die sich am weitesten
weg von σx = 0 und damit von y = 0 befinden: also bei y = ±H/2.
⇒ |σx,max| = H2
Mb,max
Iz= 3HPL
B[H3−(H−2t)3]+t(H−2t)3≤ σzul
⇒ B ≥ 1[H3−(H−2t)3]
[3HPLσzul
− t(H − 2t)3] = 5.1 cm.
c) Mit Bmin = 0.051 m erhalten wir Iz = 2.5 · 10−6 m4. Der Elastizitatsmodul
ist E = 2.1 · 105 MPa = 2.1 · 1011 N/m2.
Die Differentialgleichung fur die Biegelinie (12) lautet
v′′(x) = P2LEIz
(L− x)2.
Ihr erstes Integral ist
v′(x) = P2LEIz
(L2x− Lx2 + x3
3+ C1).
14 1 REPETITORIUM ZUR SPEZIELLEN BIEGUNG
Mit der ersten Randbedingung v′(x = 0) = 0 und somit C1 = 0 erhalten
wir
v′(x) = P2LEIz
(L2x− Lx2 + x3
3).
Integriert man nochmals, so ergibt sich
v(x) = P24LEIz
(6L2x2 − 4Lx3 + x4 + C2)
und die zweite Randbedingung v(x = 0) = 0 fuhrt auf C2 = 0, bzw.
v(x) = P24LEIz
(6L2x2 − 4Lx3 + x4).
Die grosste Verschiebung und die grosste Neigung haben wir bei x = L:
v(x = L) = PL3
8EIz= 2.4 mm,
v′(x = L) = PL2
6EIz= 0.0032 rad = 0.18◦.
1.5 Losung zur Lernkontrolle
a) Nach Tabelle 4.1 im Abschnitt 4.2.2 in [1] erhalten wir fur das Dreiecksprofil
folgende Flachentragheitsmomente:
Iη = bh36
(b2 − b b2
+ b2
4) = b3h
48= a4
24≈ 4.17 · 10−6 m4,
Iζ = bh3
36= a4
72≈ 1.39 · 10−6 m4.
Da die η−Achse eine Symmetrieachse des Dreieckquerschnitts ist, verschwin-
det Iηζ :
Iηζ = 0.
Alternativer Losungsweg:
Anwendung der Gleichungen (1) und (2): Fur Iζ erhalt man beispielsweise:
Iζ =∫ √
26
a
−√
23
aη2dA = a4
72
mit dA = 2(η+√
23
a)dη, wobei 2(η+√
23
a) die Breite des Dreiecks im Abstand
η von der ζ−Achse ist.
b) Zuerst verschieben wir die η- und ζ-Achse um −√
23
a in η-Richtung, so dass
sie durch den Punkt C gehen (vgl. Abbildung 9). Damit erhalten wir das
Ersatzsystem η und ζ. Daraus erhalten wir:
1.5 Losung zur Lernkontrolle 15
α
a a h
z
ζd s
y
S
ζ
η = η
C
Abbildung 9: Dreieck mit verschobenen Achsen
Iη = Iη = a4
24,
Iζ = Iζ + η2A, mit A = a2
2folgt Iζ = a4
72+ 2
9a2 a2
2= 53
72a4.
Da die η-Achse eine Symmetrieachse des Dreieckquerschnitts ist, verschwin-
det Iηζ :
Iηζ = 0.
Nun mussen wir die η- und ζ-Achse noch um ϕ = −45◦ drehen. Mit den
Gleichungen (8)-(10), sowie mit sin(2 · (−45◦)) = −1, cos(2 · (−45◦)) = 0
und Iηζ = 0 erhalten wir:
Iy = Iz = 12(Iη + Iζ) = 7
9a4 ≈ 7.78 · 10−5 m4,
Iyz = −12(Iη − Iζ) sin(2ϕ) = −25
36a4 ≈ −6.94 · 10−5 m4.
c) Wir fuhren zuerst die Lagerkraft P an beiden Lagern ein. Aus Symmetrie-
grunden gilt −2P + Fη = 0 bzw. P = Fη/2 (siehe Abbildung 10). Wir
betrachten nur noch das Intervall 0 6 ξ 6 L/2.
ξ
η
P = Fη2
Mb
P = Fη2 Q
X
////////////////////////////
Abbildung 10: Lagerkrafte und Beanspruchung
Wir mussen zuerst das Biegemoment Mb(ξ) im Schnitt ξ berechnen. Fur
die Querkraft Q(ξ) gilt:
16 1 REPETITORIUM ZUR SPEZIELLEN BIEGUNG
Q(ξ) = P ⇒ Mb(ξ) =∫−Pdξ = −Pξ + C1,
wobei Mb(ξ = 0) = 0 ⇒ C1 = 0 ⇒ Mb(ξ) = −Pξ = −Fηξ
2.
Die Differentialgleichung fur die Biegelinie (12) lautet:
v′′(ξ) = − Fηξ
2EIζ.
Durch integrieren erhalt man
v′(ξ) = −Fηξ2
4EIζ+ C2.
Die Neigung in der Mitte des Balkens verschwindet. Die erste Randbedin-
gung v′(ξ = L/2) = 0 fuhrt somit auf C2 = FηL2
16EIζund damit
v′(ξ) = −Fηξ2
4EIζ+ FηL2
16EIζ.
Integriert man nochmals, so entsteht
v(ξ) = − Fηξ3
12EIζ+ FηL2ξ
16EIζ+ C3
und mit der zweiten Randbedingung v(ξ = 0) = 0 ergibt sich C3 = 0 bzw.
v(ξ) = − Fηξ3
12EIζ+ FηL2ξ
16EIζ.
Die grosste Verschiebung ergibt sich bei ξ = L/2 = 2.5 m:
v(ξ = L/2) = FηL3
48EIζ= 8.9 mm.
Die grosste Neigung ergibt sich bei ξ = 0:
v′(ξ = 0) = FηL2
16EIζ= 0.0054 rad = 0.3◦.
Nun berechnen wir noch die extremalen Normalspannungen im Profil. Nach
Gleichung (14) gilt:
σξ(ξ, η) = −Mb(ξ)Iζ
η
Die extremalen Spannungen treten im selben Querschnitt auf wie das ma-
ximale Biegemoment; also bei ξ = L2. Das Biegemoment ist dort
Mb,max = Mb(ξ = L2) = −FηL
4.
Mit Iζ = a4
72erhalten wir fur die Normalspannung
σξ(ξ = L2, η) = 18FηL
a4 η.
Die Gerade AB und der Punkt C haben den grossten Abstand von der Neu-
tralachse ζ (vgl. Abbildung 9). Die Gerade AB befinden sich bei η = h3
=√
26
a.
Die Normalspannung ergibt sich dort zu
1.5 Losung zur Lernkontrolle 17
σξ,max = 3√
2FηL
a3 = 2.12 · 108 N/m2 = 212 MPa (Zugspannung).
Der Punkt C befinden sich bei η = −2h3
= −√
23
a. Die Normalspannung ist
dort
σξ,min = −6√
2FηL
a3 = −4.24 · 108 N/m2 = −424 MPa (Druckspannung).
BEMERKUNG: Ein einfacher Stahl wurde dieser Belastung nur knapp
standhalten. Man musste z.B. einen Vergutungsstahl wie 25CrMo4 mit ei-
ner Streckgrenze von σF = 700 N/mm2 nehmen um Fliessen auf alle Falle
zu verhindern.
18 1 REPETITORIUM ZUR SPEZIELLEN BIEGUNG
19
2 Schiefe Biegung
Uberblick
In diesem Kapitel betrachten wir Balken, die in y- und z-Richtung belastet sind
oder solche, die unsymmetrische Querschnitte aufweisen. In diesen Fallen tritt
nicht nur eine Durchbiegung v in y-Richtung, sondern auch eine Durchbiegung w
in z-Richtung auf. Man spricht dann von schiefer bzw. zweiachsiger Biegung. In
den Querschnitten wirken dabei neben den beiden Querkraften Qy und Qz auch
die beiden Biegemoment-Komponenten My und Mz.
Wir werden sehen, dass die schiefe Biegung in zwei Probleme spezieller Biegung
aufgeteilt werden kann. Die Resultate der schiefen Biegung erhalten wir danach
durch Superposition der Ergebnisse der speziellen Biegung.
Lernziele:
• Sie kennen den Unterschied zwischen schiefer und speziel-
ler Biegung.
• Sie wissen, aus welchen Komponenten die Durchbiegung
und die Normalspannung bei einem Balken unter schiefer
Biegung aufgebaut sind.
• Sie konnen die Durchbiegung eines schief belasteten Bal-
kens berechnen.
• Sie konnen die auftretenden Spannungen sowie die Verfor-
mung bei einem Balken unter schiefer Biegung berechnen.
20 2 SCHIEFE BIEGUNG
2.1 Schiefe oder zweiachsige Biegung
DEFINITION: Ein Fall der schiefen Biegung liegt vor, wenn der Vektor des
Biegemomentes nicht auf einer Hauptachse liegt. (Fur die Hauptflachentragheits-
momente I2 und I3 muss also jedenfalls I2 6= I3 gelten.)
S Mb
y
z
x2
x3
Q
Abbildung 11: Balken unter schiefer Biegung
Das Profil aus Abbildung 11 ist mit einer Kraft Q in y-Richtung belastet. Daraus
resultiert ein Biegemoment Mb in z-Richtung. Die Hauptachsen des Profils sind
jedoch x2 und x3. Somit liegt hier ein Fall von schiefer Biegung vor, da das
Biegemoment nicht in Richtung einer Hauptachse liegt.
Der Rechteckquerschnitt aus Abbildung 12 ist bezuglich der y-Achse um 30◦ ge-
dreht. Er ist mit einem Biegemoment Mb in z-Richtung belastet. Die Hauptachsen
des Rechteckquerschnitts liegen jedoch in x2- und x3-Richtung. Das Biegemoment
hat eine Komponente in beiden Hauptachsenrichtungen. Der Vektor des Biege-
moments ist somit nicht auf einer Hauptachse und es liegt wiederum ein Fall von
schiefer Biegung vor.
2.2 Berechnung der Normalspannungen
Die schiefe Biegung lasst sich in zwei Probleme spezieller Biegung aufteilen. Dies
nutzen wir aus, um die Normalspannungen in einem Balken unter schiefer Biegung
2.2 Berechnung der Normalspannungen 21
x3
x2
z
y
S
30°
. Mb
Abbildung 12: Rechteckquerschnitt unter schiefer Biegung
zu berechnen.
2.2.1 Aufteilung der schiefen Biegung in zwei Probleme spezieller
Biegung
Wenn wir den Vektor des Biegemoments M b aus Abbildung 11 langs der Haupt-
achsen durch den Flachenmittelpunkt S des Querschnittes zerlegen, erhalten wir
zwei Biegemomente M2 und M3 (Abbildung 13). Es gilt:
M b = M2e2 + M3e3 (16)
mit e2 und e3 als Einheitsvektoren in x2- und x3-Richtung.
Die Normalspannungsverteilung σx im Querschnitt wird nun in Funktion der
Hauptachsenkoordinaten x2 und x3 berechnet. Mit Gleichung (14) erhalten wir
fur die jeweilige Komponente der Normalspannung:
σx,2(x, x3) = +M2(x)
I2
x3 (17)
σx,3(x, x2) = −M3(x)
I3
x2 (18)
22 2 SCHIEFE BIEGUNG
S Mb
M3
M2
y
z
x2
x3
Q
Abbildung 13: Aufteilung in zwei Probleme spezieller Biegung
Beachten Sie bitte die verschiedenen Vorzeichen bei den Gleichungen (17) und
(18). Sie werden sich bei der Lernkontrolle dazu Gedanken machen.
Beispiel: Betrachten wir den um 30◦ bezuglich der Horizontalen gedrehten Recht-
eckquerschnitt aus Abbildung 12. Wir wollen σx,2 und σx,3 berechnen, wenn Mb
gegeben ist.
Zuerst teilen wir Mb in Richtung der Hauptachsen auf (Abbildung 14). Wir er-
halten M2 = Mb sin(30◦) = Mb
2und M3 = Mb cos(30◦) =
√3Mb
2.
Die Hauptflachentragheitsmomente des Rechtecks sind I2 = b3h12
und I3 = bh3
12.
Damit erhalten wir fur die Komponenten der Normalspannung σx,2 = 6Mb
b3hx3 und
σx,3 = −6√
3Mb
bh3 x2.
2.2.2 Superposition der Normalspannungen
Die resultierende Normalspannungsverteilung lasst sich nun aus der Uberlagerung
von zwei geraden Biegungen bezuglich x2 und x3 bestimmen. Durch Addition der
einzelnen Komponenten der Normalspannung (17) und (18) erhalten wir:
2.2 Berechnung der Normalspannungen 23
x3
x2
z
y
S
30°
. Mb
M2
M3
Abbildung 14: Aufteilung des Biegemoments
σx(x, x2, x3) = −M3(x)
I3
x2 +M2(x)
I2
x3. (19)
Aufgabe 2-A Normalspannungsverteilung
x
\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\
y
L
z
x2
x3
y
a
a
G
S
A B
C
Abbildung 15: Dreiecksprofil unter Eigengewicht G
Wir betrachten den einseitig eingespannten und durch das Eigengewicht vom Ge-
samtbetrag G belasteten Trager aus Abbildung 15. Die Gewichtskraft wirkt in
y-Richtung. Die Hauptachsenrichtungen x2 und x3 des gleichschenkligen recht-
winkligen Dreiecksquerschnittes sind bezuglich y bzw. z um 45◦ gedreht. Die
24 2 SCHIEFE BIEGUNG
Lange des Tragers ist L und die Schenkellange ist a.
Berechnen Sie die Normalspannungsverteilung σx(x, x2, x3).
2.2.3 Bestimmung der Neutralachse
_ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _
C Mb
M3
M2
y
z
x2
x3
Q
α
n
n
Abbildung 16: Neutralachse n− n
Die Neutralachse n − n (vgl. Abbildung 16) in einem Querschnitt ist durch
σx(x, x2, x3) = 0 definiert. Sie kann aus Gleichung (19) berechnet werden. Man
erhalt:
x3 =M3(x)I2
M2(x)I3
x2. (20)
Wie bei der speziellen Biegung tritt die absolut grosste Normalspannung in der
grossten Entfernung von der Neutralachse auf. Abbildung 16 zeigt, dass die Neu-
tralachse nicht in Richtung des Biegemoments liegt.
Aufgabe 2-B Neutralachse
Wir betrachten nochmals den Trager aus Aufgabe 2-A.
a) Wie lautet bei diesem Querschnitt die Gleichung der Neutralachse?
2.3 Gleichungen der Biegelinie fur schiefe Biegung 25
b) Wo tritt die grosste Zugspannung und wo die grosste Druckspannung auf?
2.3 Gleichungen der Biegelinie fur schiefe Biegung
Auch zur Berechnung der Biegelinie teilen wir die schiefe Biegung zuerst in zwei
Probleme spezieller Biegung auf.
2.3.1 Aufteilung der schiefen Biegung in zwei Probleme spezieller
Biegung
Die zu Gleichung (12) analogen Gleichungen der Biegelinie fur schiefe Biegung
konnen getrennt aus je einer speziellen Biegung bezuglich der Hauptachsen x2
und x3 formuliert werden.
Die Differentialgleichung fur die Durchbiegung u2 lautet
u′′
2 = +M3(x)
EI3
(21)
und fur die Durchbiegung u3 erhalten wir
u′′
3 = −M2(x)
EI2
. (22)
Beachten Sie bitte auch hier die verschiedenen Vorzeichen bei den Gleichungen
(21) und (22).
2.3.2 Superposition der Durchbiegungen
Wiederum lasst sich die totale Durchbiegung durch Addition der einzelnen Durch-
biegungen in x2- und x3-Richtung ermitteln. Die Addition erfolgt diesmal jedoch
vektoriell, da die Durchbiegungen u2 und u3 in verschiedene Richtungen zeigen.
Wir erhalten als Resultat somit nicht eine skalare Grosse, sondern einen Vektor.
Diesen Vektor nennt man den Vektor der Durchbiegung u. Mit e2 und e3 als Ein-
heitsvektoren in x2- und x3-Richtung ist
26 2 SCHIEFE BIEGUNG
u = u2e2 + u3e3. (23)
_ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _
C Mb
u2
y
z
x2
x3
n
n
u3
u
Abbildung 17: Vektor der Durchbiegung
Der Vektor der Durchbiegung liegt senkrecht zur Neutralachse (vgl. Abbildung
17). Seine Steigungu3
u2
= −M2(x)I3
M3(x)I2
(24)
entspricht der negativen reziproken Steigung der Neutralachse gemass Gleichung
(20). Weil I2 6= I3 vorausgesetzt ist, wird der Vektor der Durchbiegung nicht
senkrecht, sondern schief zum Biegemoment stehen.
Aufgabe 2-C Durchbiegung eines Tragers
Berechnen Sie die maximale absolute Durchbiegung des Tragers aus Aufgabe 2-A.
Der Trager ist aus Aluminium (E = 7.2 · 104 N/mm2, ρ = 2700 kg/m3) und weist
folgende Abmessungen auf: L = 8 m, a = 10 cm.
2.4 Geltungsbereich der schiefen Biegung
Alle Gleichungen, welche in diesem Kapitel aufgefuhrt wurden, gelten nur unter
der Voraussetzung, dass kleine elastische Deformationen auftreten. Falls gros-
2.4 Geltungsbereich der schiefen Biegung 27
se Deformationen oder sogar plastische Verformung eintritt, gilt die Theorie der
schiefen Biegung nicht mehr. In solchen Fallen werden die Verformungen und die
dabei auftretenden Spannungen am besten mit numerischen Methoden, wie zum
Beispiel der Methode der Finiten Elemente, berechnet.
Was ist denn Uberhaupt eine kleine Deformation?
Als Einfuhrung in diese Fragestellung schauen Sie sich die drei Simulationen an,
welche in der Archiv-Datei “ANSYS.zip” enthalten sind. Die Archiv-Datei wird
Ihnen von Ihrem Dozenten zur Verfugung gestellt. Die Simulationen zeigen die
Verformung und die dabei auftretenden Spannungen eines L-Profils unter zuneh-
mender Kraft:
• ”LProfil Normalspannung.avi” zeigt die Normalspannung im Profil.
• ”LProfil xzSchub.avi”zeigt die Schubspannungen in der xz-Ebene im Profil.
• ”LProfil yzSchub.avi” zeigt die Schubspannungen in der yz-Ebene im Profil.
Es ist zu beachten, dass die Verformungen dabei stark uberhoht dargestellt sind.
Das L-Profil aus den Simulationen wird so stark verformt, dass am Ende so-
gar Beulen auftritt. Eine solche Verformung kann mit der Theorie der schiefen
Biegung nicht mehr berechnet werden. Um herauszufinden bis zu welchen Defor-
mationen die Theorie der schiefen Biegung Gultigkeit hat, losen Sie die folgende
Aufgabe 2-D.
Aufgabe 2-D Geltungsbereich der Theorie zur schiefen Biegung
Wir betrachten das einseitig eingespannte rechtwinklige L-Profil der Lange l von
1 m, Seitenlange a = 0.1 m und Wandstarke t = 0.01 m aus Abbildung 18. Am
Profil greift im Flachenmittelpunkt P die Kraft F an. Der Elastizitatsmodul sei
E = 2.1 · 105 MPa.
Aufgrund der aufwandigen Handrechnung wird empfohlen, dass ein Mathema-
tikprogramm wie Mathematica, Maple oder MATLAB benutzt wird, um diese
Aufgabe erfolgreich zu losen.
28 2 SCHIEFE BIEGUNG
F
l
a t
a P
(a) Belastetes L-Profil
_ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _
P Mb
M3
M2
y
z
x2
x3
F
45°
a
a
t
n
n
(b) Querschnitt
Abbildung 18: L-Profil mit Einzelkraft F
a) Berechnen Sie die Richtung und den Betrag der maximalen Durchbiegung
des Profils in Abhangigkeit von F .
Vorgehen:
1. Zuerst mussen Sie die Flachentragheitsmomente Iy, Iz und Iyz bezug-
lich der y- und z-Achse bestimmen (vgl. Abbildung 18(b)). Verwenden
Sie [4] zur Berechnung von Iy und Iz und Gleichung (3) zur Berechnung
von Iyz.
2. Mit Hilfe der Drehungssatze konnen Sie dann die Flachentragheitsmo-
mente bezuglich der 2- und 3-Achse bestimmen.
3. Berechnen Sie die Beanspruchung im Schnitt x.
4. Teilen Sie das erhaltene Biegemoment Mb in die 2- und 3-Richtung
auf.
5. Berechnen Sie die Durchbiegungen u2 und u3 getrennt jeweils als spe-
zielle Biegungen.
6. Bestimmen Sie die maximale absolute Durchbiegung.
b) Wie gross ist die maximale absolute Durchbiegung, fur folgende Werte der
angreifenden Kraft F : F = {0, 28, 56, 84, 112, 140} kN?
c) Tragen Sie die entsprechenden Werte fur u in Abbildung 19 ein und ver-
gleichen Sie Ihre Resultate mit den erhaltenen Verschiebungen in ANSYS
2.4 Geltungsbereich der schiefen Biegung 29
(bereits in Abbildung 19 eingetragen). Schatzen Sie ab bis zu welcher Ver-
schiebung die Gleichungen fur die Schiefe Biegung Gultigkeit haben.
Abbildung 19: Kraft-Verschiebungs-Diagramm
d) Berechnen Sie die Verschiebung des L-Profils mit ANSYS fur F = 100 kN.
Schauen Sie sich die Biegelinie in y- und z-Richtung an.
Vergleichen Sie zudem die Werte, welche ANSYS fur Iy, Iz und Iyz ver-
wendet, mit Ihrem Resultat. Dazu geben Sie die folgenden Befehle in der
”ANSYS Command Prompt” ein:
/prep7
secplot, 1
Iy, Iz und Iyz werden in ANSYS mit Iyy, Izz und Iyz bezeichnet. Gibt es
einen Unterschied zu Ihrem Resultat? Falls ja, woran konnte dies liegen?
Damit Sie nicht zu viel Zeit mit ANSYS verlieren, konnen Sie fur die Be-
rechnung das Input-File“Aufgabe2-C.txt” in der Archiv-Datei“ANSYS.zip”
benutzen.
30 2 SCHIEFE BIEGUNG
Vorgehen:
1. Neuer Ordner fur ANSYS anlegen (z.B.: D : \Leitprogramm\Ansys).
2. Kopieren Sie die Datei “Aufgabe2-C.txt” in diesen Ordner.
3. ”ANSYS Product Launcher” starten (Version 11.0)
4. File Management→Working Directory: ”D : \Leitprogramm\Ansys”
eingeben
5. File Management → Job Name: ”Biegeprofil” eingeben
6. Run
7. In ANSYS: File → Read Input from... wahlen
8. Datei “Aufgabe2-C.txt” auswahlen → OK
9. Biegelinie anschauen
ACHTUNG: Diese Berechnung kann sehr lange dauern!
2.5 Lernkontrolle 31
2.5 Lernkontrolle
Hier konnen Sie prufen, ob Sie die schiefe Biegung beherrschen. Wenn Sie diese
Lernkontrolle erfolgreich durchlaufen haben, konnen Sie sich beim Dozent zum
Kapitel-Test melden.
y
S
\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\
x
B
L
y
F
z
F
t
Abbildung 20: Einseitig eingespanntes C-Profil
z
y
β
x3
x2
B
2B
t
Bg=G/L
Abbildung 21: Z-Querschnitt
a) Warum hat in Gleichung (17) σx,2 kein negatives Vorzeichen, σx,3 in Glei-
chung (18) aber schon? Schauen Sie sich dazu Abbildung 13 an und uber-
legen Sie, an welcher Stelle σx,i, i = 2, 3 in welche Richtung zeigt.
32 2 SCHIEFE BIEGUNG
b) Warum wird bei der Superposition der Resultate die Spannung nach Glei-
chung (19) skalar addiert, die Durchbiegung nach Gleichung (23) jedoch
vektoriell?
c) Ein einseitig eingespanntes C-Profil mit Profildicke t, Lange L = 100 t, Hohe
H = 12 t und Breite B = 10 t ist gemass Abbildung 20 mit einer Einzelkraft
F belastet. Berechnen Sie die Normalspannungsverteilung σx(x, y, z) sowie
die maximale Durchbiegung f . Der E-Modul ist E. Als Hilfsmittel konnen
Sie [4] verwenden.
d) Ein Balken der Lange L mit Z-formigem Querschnitt (Hohe 2B, Schen-
kelbreite B, Dicke t << B) gemass Abbildung 21 ist mit seinem Eigen-
gewicht vom Gesamtbetrag G belastet. Der Balken ist bei x = 0 einseitig
eingespannt und der E-Modul ist E. Berechnen Sie den Vektor der Durch-
biegung und untersuchen Sie, ob hier ein Fall schiefer Biegung vorliegt.
Zusatzlich bestimmen Sie noch die Normalspannungsverteilung σx(x, y, z).
Die zur Berechnung benotigten Flachentragheitsmomente konnen Sie mit
Hilfe des Steinerschen Satzes bestimmen.
2.6 Losungen zu den Kapitelaufgaben 33
2.6 Losungen zu den Kapitelaufgaben
Losung Aufgabe 2-A Normalspannungsverteilung
z
x2
x3
y Q(x)
S
A B
C
Mb(x)
M2
M3-------------------------------------
n
n
45°
Abbildung 22: Schnitt an der Stelle x
Die Gewichtskraft vom Gesamtbetrag G ist eine linienverteilte Kraft p = GL. Wenn
wir die Beanspruchung im Schnitt x berechnen, erhalten wir fur die Querkraft in
y-Richtung
Q(x) = GL(L− x).
Durch Integration erhalten wir das Biegemoment in z-Richtung
Mb(x) = −Gx + G2L
x2 + C1.
Mit der Randbedingung Mb(x = L) = 0 ergibt sich
Mb(x) = G( 12L
x2 − x + L2) = G
2L(x2 − 2Lx + L2) = G
2L(x− L)2.
Wenn wir Mb(x) gemass Abbildung 22 in die beiden Hauptachsen-Richtungen
aufteilen, erhalten wir
M2(x) = M3(x) =√
22
Mb(x) =√
2G4L
(x− L)2.
Die Flachentragheitsmomente in x2- bzw. x3-Richtung haben wir schon in der
Teilaufgabe a) der Lernkontrolle im Repetitorium berechnet:
I2 = a4
72und I3 = a4
24.
34 2 SCHIEFE BIEGUNG
Daraus erhalten wir die Normalspannungsverteilung gemass (19) in Funktion von
x sowie der Hauptachsenkoordinaten x2 und x3 zu
σx(x, x2, x3) = −6√
2GLa4 (x− L)2x2 + 18
√2G
La4 (x− L)2x3 = 6√
2G(x−L)2
La4 (−x2 + 3x3).
Losung Aufgabe 2-B Neutralachse
a) Die Gleichung der Neutralachse erhalten wir aus
σx(x, x2, x3) = 0 ⇒ 6√
2G(x−L)2
La4 (−x2 + 3x3) = 0.
Der Term 6√
2G(x−L)2
La4 verschwindet, falls x = L. Dies ist naturlich nicht die
Gleichung der Neutralachse, sondern einfach der ausserste Querschnitt des
Profils, wo noch keine Belastung auftritt. Die Gleichung der Neutralachse
erhalten wir also, wenn wir den zweiten Term −x2 +3x3 gleich Null setzen:
−x2 + 3x3 = 0 ⇒ x3 = x2
3.
Dieses Resultat erhalten wir auch direkt aus Gleichung (20).
b) Die Neutralachse geht durch die Ecke B. Die grossten Spannungen treten
am weitesten entfernt von der Neutralachse auf, also bei den Ecken A und
C. Wenn wir Mb anschauen, erkennen wir, dass bei der Ecke C die Spannung
in positiver x-Richtung zeigt. Wir haben dort somit die grosste Zugspan-
nung. Bei der Ecke A zeigt die Spannung in negativer x-Richtung. Somit
tritt dort die grosste Druckspannung auf.
Losung Aufgabe 2-C Durchbiegung eines Tragers
Das Volumen des Tragers ist
V = a2L2
.
Mit der Dichte ρ erhalten wir die Masse m des Tragers:
m = ρV .
Daraus konnen wir nun mit der Erdbeschleunigung g = 9.81 m/s2 die Gewichts-
kraft G berechnen:
2.6 Losungen zu den Kapitelaufgaben 35
G = mg = gρa2L2
= 1059.5 N.
Die Differentialgleichung fur die Durchbiegung u2 lautet nach (21)
u′′2 = M3(x)
EI3
und fur die Durchbiegung u3 erhalten wir nach Gleichung (22)
u′′3 = −M2(x)
EI2.
Zuerst mussen wir also M2 und M3 sowie I2 und I3 berechnen. Aus Aufgabe 2-A
wissen wir, dass
M2 = M3 =√
2G4L
(x− L)2 und
I2 = a4
72bzw. I3 = a4
24gilt.
Daraus ergibt sich folgende Differentialgleichung fur die Durchbiegung u2:
u′′2 = 6
√2G
LEa4 (x− L)2.
Durch zweimaliges Integrieren erhalten wir
u2 = 6√
2GLEa4 (L2x2
2− Lx3
3+ x4
12+ C1x + C2).
Mit den Randbedingungen u2(x = 0) = u′2(x = 0) = 0 erhalten wir C1 = C2 = 0.
Daraus ergibt sich die Durchbiegung in x2-Richtung zu
u2 =√
2Gx2
2LEa4 (6L2 − 4Lx + x2).
Auf analoge Weise erhalten wir die Durchbiegung u3:
u3 = −3√
2Gx2
2LEa4 (6L2 − 4Lx + x2) = −3u2.
u2 und u3 sind in Abbildung 23 dargestellt. Aus u2 und u3 erhalten wir den Vektor
der Durchbiegung nach Gleichung (23) zu
u = u2e2 + u3e3 = u2(e2 − 3e3) =√
2Gx2
2LEa4 (6L2 − 4Lx + x2)(e2 − 3e3).
Der Betrag dieses Vektors ist
u = |u| =√
5Gx2
LEa4 (6L2 − 4Lx + x2).
Die maximale Durchbiegung tritt bei x = L auf.
Mit E = 7.2 · 104 N/mm2 = 7.2 · 1010 N/m2 erhalten wir
u(x = L) = 3√
5GL3
Ea4 = 0.505 m = 50.5 cm.
36 2 SCHIEFE BIEGUNG
Abbildung 23: Durchbiegung in 2- und 3-Richtung
Losung Aufgabe 2-D Geltungsbereich der Theorie zur schiefen Bie-
gung
Schriftbild BedeutungFett gedruckt Eingabe in MathematicaKursiv gedruckt Ausgabe von MathematicaNormal gedruckt Kommentar
Tabelle 1: Schriftbild in Mathematica
Wir benutzen zur Losung der Teilaufgaben a) und b) Mathematica 5.2. Aus Ta-
belle 1 konnen Sie entnehmen, was das entsprechende Schriftbild in Mathematica
bedeutet.
a) Konstanten:
l = 1;l = 1;l = 1;
a = 0.1;a = 0.1;a = 0.1;
t = 0.01;t = 0.01;t = 0.01;
Der E-Modul ist E = 2.1 · 105 MPa = 2.1 · 1011 N/m2.
EModul = 2.1 ∗ 1011;EModul = 2.1 ∗ 1011;EModul = 2.1 ∗ 1011;
Mit Hilfe der Tabelle 1 im Abschnitt C11 in [4] berechnen wir die Flachen-
tragheitsmomente Iy und Iz des L-Profils. Es gilt:
2.6 Losungen zu den Kapitelaufgaben 37
B = t;B = t;B = t;
H = a;H = a;H = a;
b = a− t;b = a− t;b = a− t;
h = t;h = t;h = t;
e1 = B∗H2+b∗h2
2(B∗H+b∗h)e1 = B∗H2+b∗h2
2(B∗H+b∗h)e1 = B∗H2+b∗h2
2(B∗H+b∗h)
0.0286842
Daraus ergibt sich Iy zu:
Iy = 13(B ∗H3 + b ∗ h3)− (B ∗H + b ∗ h) ∗ e12Iy = 1
3(B ∗H3 + b ∗ h3)− (B ∗H + b ∗ h) ∗ e12Iy = 1
3(B ∗H3 + b ∗ h3)− (B ∗H + b ∗ h) ∗ e12
1.80004× 10-6
Da das L-Profil symmetrisch ist, gilt
Iz = IyIz = IyIz = Iy
1.80004× 10-6
Iyz berechnen wir mit Hilfe der Gleichung (3):
Iyz = −(∫ −e1+t
−e1
∫ a−e1
−e1y ∗ zdydz +
∫ a−e1
−e1+t
∫ −e1+t
−e1y ∗ zdydz
)Iyz = −
(∫ −e1+t
−e1
∫ a−e1
−e1y ∗ zdydz +
∫ a−e1
−e1+t
∫ −e1+t
−e1y ∗ zdydz
)Iyz = −
(∫ −e1+t
−e1
∫ a−e1
−e1y ∗ zdydz +
∫ a−e1
−e1+t
∫ −e1+t
−e1y ∗ zdydz
)1.06579× 10-6
Mit den Drehungssatzen und ϕ=45◦ konnen wir nun die Flachentragheits-
momente I2 und I3 in den Hauptachsenrichtungen 2 und 3 berechnen.
ϕ = 45◦;ϕ = 45◦;ϕ = 45◦;
I2 = Iy+Iz2
+ Iy−Iz2
Cos[2ϕ] + Iyz ∗ Sin[2ϕ]I2 = Iy+Iz2
+ Iy−Iz2
Cos[2ϕ] + Iyz ∗ Sin[2ϕ]I2 = Iy+Iz2
+ Iy−Iz2
Cos[2ϕ] + Iyz ∗ Sin[2ϕ]
2.86583× 10-6
I3 = Iy+Iz2
− Iy−Iz2
Cos[2ϕ]− Iyz ∗ Sin[2ϕ]I3 = Iy+Iz2
− Iy−Iz2
Cos[2ϕ]− Iyz ∗ Sin[2ϕ]I3 = Iy+Iz2
− Iy−Iz2
Cos[2ϕ]− Iyz ∗ Sin[2ϕ]
7.34254× 10-7
Definitionsgemass verschwindet I23:
I23 = − Iy−Iz2
Sin[2ϕ] + Iyz ∗ Cos[2ϕ]I23 = − Iy−Iz2
Sin[2ϕ] + Iyz ∗ Cos[2ϕ]I23 = − Iy−Iz2
Sin[2ϕ] + Iyz ∗ Cos[2ϕ]
0.
Berechnung der Querkraft Q(x) und des Biegemoments Mb(x) im Schnitt
x:
Q = F ;Q = F ;Q = F ;
38 2 SCHIEFE BIEGUNG
Es gilt M ′b(x) = −Q(x). Durch Integration erhalten wir Mb(x) = −Fx+C.
Mit Mb(x = l) = 0 erhalten wir C = Fl. Daraus folgt:
Mb = F (l − x);Mb = F (l − x);Mb = F (l − x);
Mb zeigt in z-Richtung. Wir teilen Mb nun in 2- und 3-Richtung auf.
M2 = Cos[ϕ]MbM2 = Cos[ϕ]MbM2 = Cos[ϕ]Mb
F (1−x)√2
M3 = Sin[ϕ]MbM3 = Sin[ϕ]MbM3 = Sin[ϕ]Mb
F (1−x)√2
Nun berechnen wir die Durchbiegung u2 und u3 getrennt. Es gilt
u′′2 = M3
EI3= F√
2EI3(l − x).
Durch zweimaliges Integrieren erhalten wir u2 = F6√
2EI3(3lx−x3+C1x+C2).
Mit u2(x = 0) = u′2(x = 0) = 0 erhalten wir C1 = C2 = 0. Somit gilt:
u2 = Function[x, F
6√
2EModul∗I3 (3l ∗ x− x3)];u2 = Function
[x, F
6√
2EModul∗I3 (3l ∗ x− x3)];u2 = Function
[x, F
6√
2EModul∗I3 (3l ∗ x− x3)];
Die maximale Durchbiegung tritt bei x = l auf:
u2[l]u2[l]u2[l]
1.52861× 10-6F
In 3-Richtung gilt u′′3 = −M2
EI2= −F√
2EI2(l − x).
Durch zweimaliges Integrieren erhalten wir u3 = −F6√
2EI2(3lx−x3+C1x+C2).
Mit u3(x = 0) = u′3(x = 0) = 0 erhalten wir C1 = C2 = 0. Somit gilt:
u3 = Function[x, −F
6√
2EModul∗I2 (3l ∗ x− x3)];u3 = Function
[x, −F
6√
2EModul∗I2 (3l ∗ x− x3)];u3 = Function
[x, −F
6√
2EModul∗I2 (3l ∗ x− x3)];
Die maximale Durchbiegung tritt bei x = l auf:
u3[l]u3[l]u3[l]
-3.91646× 10-7F
Superposition der Durchbiegungen:
Der Vektor der Durchbiegung ist u = u2e3 + u3e3.
Sein Betrag ist u =√
u22 + u2
3:
u =√
u2[l]2 + u3[l]2//PowerExpandu =√
u2[l]2 + u3[l]2//PowerExpandu =√
u2[l]2 + u3[l]2//PowerExpand
1.57799× 10-6F
u ist somit eine lineare Funktion von F .
2.6 Losungen zu den Kapitelaufgaben 39
b) Die Kraft F nimmt folgende Werte an:
F = 1000 ∗ {0, 28, 56, 84, 112, 140};F = 1000 ∗ {0, 28, 56, 84, 112, 140};F = 1000 ∗ {0, 28, 56, 84, 112, 140};
Daraus erhalten wir fur die absolute totale Durchbiegung folgende Werte in
[m]:
uuu
{0,0.0441837,0.0883674,0.132551,0.176735,0.220918}
Abbildung 24: Kraft-Verschiebungs-Diagramm
c) Aus Abbildung 24 ist ersichtlich, dass der Unterschied zwischen dem Resul-
tat aus ANSYS und den Resultaten aus Teilaufgabe a) und b) bis zu einer
Kraft von etwa 40 kN weniger als 3% betragt. Bei einer Kraft von 80 kN
haben wir in der linearen Theorie einen Fehler von ca. 6%. Dieser Fehler
nimmt bis ca. 13% bei einer Kraft von 140 kN zu.
Fur dieses L-Profil ist die Theorie der schiefen Biegung also sicher bis
zu einer Kraft F = 40 kN gultig. Dort haben wir eine Verschiebung von
u = 6.3 cm. Auf eine Lange l = 1 m entspricht dies einer mittleren Neigung
von 6.3%. Daraus konnen wir abschatzen, dass die Theorie der schiefen
Biegung bis zu mittleren Neigungen von etwa 6% gilt.
40 2 SCHIEFE BIEGUNG
(a) y-Richtung (b) z-Richtung
Abbildung 25: Biegelinie in ANSYS
Abbildung 26: Flachentragheitsmomente in ANSYS
2.6 Losungen zu den Kapitelaufgaben 41
Abbildung 27: Spannungen im stark deformierten L-Profil in ANSYS
d) Fur F = 100 kN sollten wir etwa die Verschiebungen in y- und z-Richtung
erhalten, welche in Abbildung 25 dargestellt sind.
Wie aus Abbildung 26 ersichtlich ist, benutzt ANSYS die gleichen Werte
fur Iy, Iz und Iyz, wie wir sie berechnet haben. Jedoch ist in ANSYS Iyz
negativ und bei uns ist Iyz positiv. Dies liegt daran, dass in ANSYS das
yz-Koordinatensystem bezuglich unserem yz-Koordinatensystem um 90◦
gedreht ist.
Freiwillige Zusatzaufgabe: Falls Sie genugend Zeit haben, konnen Sie das L-
Profil in ANSYS als 3D Modell aufbauen und dann die Spannungen im gebo-
genen Profil anzeigen lassen. Dazu steht Ihnen das Input-File “Biegeprofil.txt”
in der Archiv-Datei “ANSYS.zip” zur Verfugung. Als Losung werden Sie in etwa
Abbildung 27 erhalten. Zu beachten ist dabei, dass das L-Profil nicht nur verbo-
gen ist, sondern auch noch tordiert! Diese Verdrehung erhalten wir aufgrund des
Kraftangriffspunktes im Flachenmittelpunkt und nicht im Schubmittelpunkt. Die
Behandlung der Torsion und des Schubmittelpunkts ist jedoch nicht Teil dieses
Leitprogramms. Darum werden wir hier nicht weiter darauf eingehen.
42 2 SCHIEFE BIEGUNG
2.7 Losung zur Lernkontrolle
a) Betrachten wir Abbildung 13: Wenn wir den positiven x3-Achsenabschnitt
anschauen, dann zeigt dort die aus M2 resultierende Normalspannung σx,2 in
positiver x-Richtung (aus dem Blatt heraus). Schauen wir uns den negativen
x3-Achsenabschnitt an, dann zeigt dort σx,2 in negativer x-Richtung (in
das Blatt hinein). σx,2 ist somit bei positiven x3-Achsenabschnitten positiv
und bei negativen x3-Achsenabschnitten negativ. Deshalb ist das positive
Vorzeichen richtig.
Wenn wir den positiven x2-Achsenabschnitt anschauen, dann zeigt dort
die aus M3 resultierende Normalspannung σx,3 in negativer x-Richtung.
Schauen wir uns den negativen x2-Achsenabschnitt an, dann zeigt dort σx,3
in positiver x-Richtung. σx,3 ist somit bei positiven x2-Achsenabschnitten
negativ und bei negativen x3-Achsenabschnitten positiv. Deshalb ist das
negative Vorzeichen richtig.
b) Fur σx kann man σx,2 und σx,3 skalar addieren, da sowohl σx,2 als auch
σx,3 in x-Richtung zeigen. Die Komponenten des Spannungsvektors sind ja
so definiert. Die Durchbiegungen u2 und u3 zeigen jedoch in verschiedene
Richtungen. u2 zeigt in 2-Richtung und u3 in 3-Richtung. Somit mussen u2
und u3 vektoriell addiert werden.
y
S z
F Mb
Mz
My
e
Abbildung 28: C-Profil mit Biegemoment
c) Die Hauptachsen des C-Profils aus Abbildung 28 sind gerade die y- und
z-Achse. Wir berechnen zuerst die Beanspruchung im Schnitt an der Stelle
x. Die Querkraft Q(x) ist konstant:
2.7 Losung zur Lernkontrolle 43
Q(x) = F .
Mit der Randbedingung Mb(x = 0) = FL ergibt sich das Biegemoment
Mb(x) zu
Mb(x) = F (L− x) = F (100t− x).
Nun teilen wir das Biegemoment gemass Abbildung 28 in Richtung der
Hauptachsen (y- und z-Achse) auf. Wir erhalten:
My(x) = −Mb(x) sin(30◦) = −F2
(100t− x) sowie
Mz(x) = Mb(x) cos(30◦) =√
3F2
(100t− x).
Mit Hilfe der Tabelle 1 auf Seite C11 in [4] berechnen wir die Distanz e
(vgl. Abbildung 28) sowie Iy und Iz des C-Profils. Es gilt:
e = 12· 2tB2+(H−2t)t2
2tB+(H−2t)t= 7t
2.
Iy = 2tB3+(H−2t)t3
3− (2tB + (H − 2t)t)e2 = 605t4
2.
Iz = BH3+(B−t)(H−2t)3
12= 2190t4.
Daraus ergibt sich nun die Normalspannungsverteilung nach Gleichung (19)
zu:
σx(x, y, z) = −Mz(x)Iz
y + My(x)
Iyz = −F (100t−x)
5t4( y
292√
3+ z
121).
Nun mussen wir noch die maximale Durchbiegung f berechnen. Ausgehend
von Gleichung (21) erhalten wir durch zweimalige Integration und mit den
Randbedingungen uy(x = 0) = u′y(x = 0) = 0 die Verschiebungen uy in
y-Richtung:
uy(x) = F1460
√3Et4
(50tx2 − x3
6).
Auf analoge Weise erhalten wir aus Gleichung (22) und den Randbedingun-
gen uz(x = 0) = u′z(x = 0) = 0 die Verschiebung uz in z-Richtung:
uz(x) = F605Et4
(50tx2 − x3
6).
Die maximale Verschiebung tritt bei x = L = 100t auf. Wir erhalten dort:
uy,max = uy(x = 100t) = 50000F219
√3Et
und
uz,max = uz(x = 100t) = 200000F363Et
.
Die maximale Durchbiegung f entspricht dem Betrag des Vektors der ma-
ximalen Verschiebungen in y- und z-Richtung:
f =√
u2y,max + u2
z,max = 50000√
27043326499
√3
· FEt≈ 566.5 F
Et.
44 2 SCHIEFE BIEGUNG
d) Zuerst berechnen wir die Flachentragheitsmomente in y- und z- Richtung
sowie das Deviationsmoment fur den Z-Querschnitt:
Iy = 2Bt3
12+ 2(B3t
12+ (B
2)2Bt) ≈ 2
3B3t (der Term mit t3 kann vernachlassigt
werden, da t << B).
Iz = (2B)3t12
+ 2(Bt3
12+ B2Bt) = 8
3B3t.
Iyz = −B B2tB − (−B)(−B
2)tB = −B3t.
Mit Gleichung (11) erhalten wir den Winkel β um welchen das Hauptach-
sensystem bezuglich der y- und z-Achse gedreht ist:
tan(2β) = 2Iyz
Iy−Iz= 1 ⇒ β = π
8= 22.5◦.
Mit den Drehungssatzen (8) und (9) erhalten wir die Hauptflachentragheits-
momente:
I2 = (53−√
2)B3t und
I3 = (53
+√
2)B3t.
Da I2 6= I3 liegt ein Fall von schiefer Biegung vor.
Erwartungsgemass verschwindet das Deviationsmoment (10) fur das Haupt-
achsensystem:
I23 = 0.
Nun berechnen wir die Beanspruchung im Schnitt an der Stelle x. Fur die
Querkraft Q(x) gilt:
Q(x) =∫−G
Ldx = −Gx
L+ C1,
wobei Q(x = L) = 0 ⇒ C1 = G
⇒ Q(x) = −G( xL− 1).
Daraus ergibt sich das Biegemoment Mb(x) zu:
Mb(x) =∫−Q(x)dx = G( x2
2L− x) + C2,
wobei Mb(x = L) = 0 ⇒ C2 = GL2
⇒ Mb(x) = G2L
(L− x)2.
Nun teilen wir Mb entlang den Hauptachsen x2 und x3 auf (vgl. Abbildung
29). fur M2 erhalten wir
M2 = Mb sin(β) =G sin(π
8)
2L(L− x)2.
2.7 Losung zur Lernkontrolle 45
z
y
β
x3
x2
Mb
M2
M3
B
2B
t
B
Abbildung 29: Aufteilung des Biegemoments
Fur M3 erhalten wir
M3 = Mb cos(β) =G cos(π
8)
2L(L− x)2.
Jetzt konnen wir die einzelnen Komponenten u2 und u3 des Vektors der
Durchbiegung berechen. Fur u2 gilt
u′′2 = M3
EI3=
3G cos(π8)
2(5+3√
2)LEB3t(L− x)2.
Durch zweimaliges Integrieren und mit den Randbedingungen u′2(x = 0) =
u2(x = 0) = 0 erhalten wir
u2 =G cos(π
8)x2
8(5+3√
2)LEB3t(6L2 − 4Lx + x2).
Fur die Durchbiegung u3 gilt
u′′3 = −M2
EI2= − 3G sin(π
8)
2(5−3√
2)LEB3t(L− x)2.
Durch zweimaliges Integrieren und mit den Randbedingungen u′3(x = 0) =
u3(x = 0) = 0 erhalten wir
u3 = − G sin(π8)x2
8(5−3√
2)LEB3t(6L2 − 4Lx + x2) = − (5+3
√2) tan(π
8)
5−3√
2u2.
Daraus ergibt sich der Vektor der Durchbiegung zu
u(x) = u2e2 + u3e3 = u2(e2 −(5+3
√2) tan(π
8)
5−3√
2e3)
⇒ u(x) =G cos(π
8)x2
8(5+3√
2)LEB3t(6L2 − 4Lx + x2)(e2 −
(5+3√
2) tan(π8)
5−3√
2e3).
Die Durchbiegung u zeigt somit im Hauptachsensystem in Richtung
46 2 SCHIEFE BIEGUNG
(1
−(5+3√
2) tan(π8)/(5−3
√2)
)≈
(1
−5.05
)und das Biegemoment M b in Richtung(
sin(β)cos(β)
)=
(sin(π8)
cos(π8)
)≈
(0.380.92
).
Das Skalarprodukt dieser beiden Vektoren ergibt:(1
−(5+3√
2) tan(π8)/(5−3
√2)
)•
(sin(π8)
cos(π8)
)≈
(1
−5.05
)•
(0.380.92
)≈ −4.3.
Das Skalarprodukt verschwindet somit nicht. Die Beanspruchung M b und
die Durchbiegung u sind somit nicht senkrecht aufeinander. Das heisst, dass
es sich hier wirklich um einen Fall schiefer Biegung handelt.
Zum Schluss berechnen wir noch die Normalspannungsverteilung nach Glei-
chung (19):
σx(x, x2, x3) = −M3(x)I3
x2 + M2(x)I2
x3 = 3G(L−x)2
2LB3t(
sin(π8)
5−3√
2x3 −
cos(π8)
5+3√
2x2).
47
3 Additum: Wasseranalogie
Uberblick
Wenn Sie ein Taschenbuch in Langs- und Querrichtung zu biegen versuchen, wer-
den Sie sehen, dass dies in einer Richtung viel einfacher geht. Eine Richtung ist
viel biegeweicher. Konnen die Seiten leicht ubereinander abrutschen, so ist die
Biegesteifigkeit minimal. Verhindert aber der verleimte Buchrucken das Gleiten,
so entsteht ein erheblicher Widerstand gegen Biegung. Die Spannungen, die das
Abgleiten der Seiten gegeneinander verhindern, heissen Schubspannungen.
Dieses Kapitel dient als Einfuhrung in diese Schubspannungen bei der Biegung.
Wir bringen die Richtung der Schubspannungen (“Schubspannungsfluss”) mit dem
Fluss von Wasser in Verbindung. Diese Verbindung wird Wasseranalogie genannt.
Die Wasseranalogie ist ein Gedankenexperiment, welches Ihnen besonders dann
helfen kann, wenn Sie sich unter dem Schubspannungsfluss noch kaum etwas vor-
stellen konnen.
Lernziele:
• Sie konnen anhand der Wasseranalogie abschatzen, wie die
Schubspannungen aufgrund der Biegung in einem Profil
aussehen.
• Sie wissen, dass die Wasseranalogie nur ein Gedankenexpe-
riment ist. Es ist Ihnen bewusst, dass die Schubspannungen
nicht wirklich fliessen.
BEMERKUNG: Dieses Kapitel gehort nicht zum Prufungsstoff! Behandeln Sie
dieses Thema erst, wenn sie die Kapitel 1 und 2 vollstandig verstanden haben
und Ihnen noch Zeit zur Bearbeitung des Leitprogramms zur Verfugung steht.
48 3 ADDITUM: WASSERANALOGIE
3.1 Schubspannungsrichtung mit Hilfe der Wasseranalo-
gie
_ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _
_ _ _ _ _ _ _ _
_ _ _
Regen
Versickern
xy
zM
(a) Profilform mit erhohten, undurch-dringlichen Wanden
My
x
z
(b) Verteilung des Regens/Versickerns
Abbildung 30: Wasseranalogie
Stellen Sie sich die Profilform mit erhohten, undurchdringlichen Wanden aus
Abbildung 30(a) vor. Die Profilform liegt auf einem horizontalen Tisch und ist mit
einem Biegemoment M in positiver z-Richtung belastet. Aufgrund der Richtung
von M nehmen wir an, dass es im Halbraum y < 0 in das Profil hinein regnet
und im Halbraum y > 0 versickert das Wasser durch den Tisch hindurch. Die
Verteilung des Regens/ Versickerns ist eine lineare Funktion gemass Abbildung
30(b). In der Mitte bei y = 0 (der neutralen Achse) regnet und versickert es nicht.
Oberhalb davon nimmt der Regen von null linear zu und unterhalb nimmt die
Sickermenge mit gleicher Steigung linear zu. Stellen Sie sich nun vor, dass das
Wasser in der Profilform uberall gleich hoch stehe und reibungsfrei fliessen kann.
Die Fliessgeschwindigkeit des Wassers wird somit einzig von dem mengenmassig
gleichen Regen- und Sickerstrom kontrolliert. Die lineare Steigung von sickern
und regnen ist uberall proportional zu den Fliessgeschwindigkeiten des Wassers.
An jedem Ort fliesst genau so viel Wasser durch, wie oberhalb niedergeregnet und
noch nicht versickert ist. Alles was oberhalb der Neutralachse reinkommt, muss
3.1 Schubspannungsrichtung mit Hilfe der Wasseranalogie 49
durch das Profil hindurch fliessen, ausser es ist schon versickert.
Den Schubspannungsfluss im Profil findet man, indem man sich uberlegt, wie
das Wasser durch das Profil fliesst. Die Fliessrichtung des Wassers entspricht der
Richtung der Schubspannung im Profil aufgrund des Biegemoments M .
Abbildung 31: Wasser- bzw. Schubspannungsfluss
Im Profil aus Abbildung 30 sieht der Wasserfluss in etwa aus wie in Abbildung 31.
Dies entspricht somit gleich der Richtung der Schubspannungen in diesem Profil
aufgrund des Biegemoments M .
BEMERKUNG: Es muss Ihnen bewusst sein, dass die Vorstellung von fliessender
Materie (Wasser) durch den Querschnitt nur eine Veranschaulichung des Schub-
spannungsflusses ist. Die Schubspannungen fliessen aber nicht wirklich. Der Fluss
zeigt nur die Richtung der Schubspannungen an. Weitere Informationen zum The-
ma “Wasseranalogie” finden Sie in [5].
50 3 ADDITUM: WASSERANALOGIE
Aufgabe 3-A Veranschaulichung der Schubspannungen in einem C-
Profil
z
y
M x
Abbildung 32: C-Profil belastet mit dem Biegemoment M .
Zeichnen Sie den Schubspannungsfluss im C-Profil aus Abbildung 32 ein. Das
C-Profil ist mit dem Biegemoment M belastet.
3.2 Losungen zu den Kapitelaufgaben 51
3.2 Losungen zu den Kapitelaufgaben
Losung Aufgabe 3-A Veranschaulichung der Schubspannungen in ei-
nem C-Profil
z
y
M x
_ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _
Regen
Versickern
Abbildung 33: C-Profil belastet mit dem Biegemoment M0.
Da das C-Profil mit dem Biegemoment M in negativer z-Richtung beansprucht
ist, haben wir in diesem Fall den Regen im Halbraum y > 0 und das Versickern im
Halbraum y < 0. Dadurch fliesst das Wasser im C-Profil gemass den grunen Pfei-
len in Abbildung 33. Die Richtung der Schubspannungen im C-Profil entsprechen
somit auch diesen grunen Pfeilen.
52 3 ADDITUM: WASSERANALOGIE
53
A Kapitel-Tests
A.1 Testaufgaben
A.1.1 Repetitorium zur speziellen Biegung
1. Welche Bedingungen mussen erfullt sein, damit ein Balken auf spezielle
Biegung belastet ist?
2. Welche der Querschnitte aus Abbildung 34 sind nicht auf spezielle Biegung
belastet? Warum?
Abbildung 34: Verschiedene Profilquerschnitte
3. Ist Iz bei a) oder bei b) aus Abbildung 35 grosser? Begrunden Sie Ihre Ant-
wort mit eigenen Worten, ohne die Flachentragheitsmomente zu berechnen.
2t
2t
t
h
t
h
hh
z z
yy
tt
a)
t23
b)
Abbildung 35: Verschiedene I-Profilquerschnitte
54 A KAPITEL-TESTS
4. Berechnen Sie das Einspannmoment Me des eingespannten Balkens aus Ab-
bildung 36, der am Ende durch ein Kraftepaar vom Moment Mb,z = M
belastet ist. Der Balken hat einen rechteckigen Querschnitt mit Hohe H
(y-Richtung) und Breite B (z-Richtung). Das Flachentragheitsmoment des
Balkens ist Iz = I und der Elastizitatsmodul ist E.
a) Wie gross ist die maximale Verschiebung und die maximale Neigung
des Balkens?
b) Berechnen Sie die grosste Zugspannung im Balken. Wo tritt diese auf?
x
y
z
L M
Me
\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\
X
Abbildung 36: Eingespannter Balken mit Endmoment
A.1 Testaufgaben 55
A.1.2 Schiefe Biegung
1. Erklaren Sie in eigenen Worten, welche Bedingungen erfullt sein mussen,
damit ein Fall von schiefer Biegung vorliegt?
2. Bei der geraden Biegung ist die Neutralachse senkrecht zur Wirkungslinie
der Querkraft. Wieso gilt das bei der schiefen Biegung nicht?
3. Berechnen Sie fur den Balken mit ellipsenformigem Querschnitt aus Abbil-
dung 37 die Normalspannungsverteilung und die Neutralachse falls a = 2b.
Der Balken ist auf einer Seite eingespannt. Auf der anderen Seite greift die
Kraft F an. Die Flachentragheitsmomente konnen Sie mit Hilfe der Tabellen
in [1] oder [4] bestimmen. Das Gewicht des Balkens ist vernachlassigbar.
z
y F
S
\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\
x
2bL
y
F
45°
Abbildung 37: Balken mit ellipsenformigem Querschnitt
56 A KAPITEL-TESTS
4. Ein Balken der Lange L mit rechteckigem Querschnitt (Breite b, Hohe
h = 2b) wird gemass Abbildung 38 durch eine Kraft F belastet, die un-
ter dem Winkel 30◦ zur Vertikalen wirkt. Eine Verschiebung des Balkens
aus der Zeichenebene ist nicht moglich. Das Gewicht des Balkens ist ver-
nachlassigbar.
Bestimmen Sie die extremalen Werte der Normalspannung sowie die maxi-
male absolute Durchbiegung.
///////// ///////// L/2 L/2
F
h
b
F
yz
30°
Abbildung 38: Zweiseitig aufgelegter Balken
A.2 Losungen 57
A.2 Losungen
A.2.1 Repetitorium zur speziellen Biegung
1. (K1) Es mussen folgende Beziehungen erfullt sein.
– N = T = 0
– M b auf einer Hauptachse des Querschnitts
2. (K3) Das Biegemoment liegt nur beim Querschnitt d) nicht auf einer der
Hauptachsen und es gilt dort Iy 6= Iz. Damit ist nur dieses Profil nicht auf
spezielle Biegung beansprucht. Bei Querschnitt b) und c) ist das Biegemo-
ment auf einer Hauptachse und bei Querschnitt a) und c) gilt Iy = Iz.
3. (K4) Die I-Profile sind eigentlich aus drei Rechteckprofilen zusammenge-
baut. Wenn man nun die Flachentragheitsmomente der jeweiligen Rechtecke
berechnet, kann man danach mit den Verschiebungsatzen das resultierende
Flachentragheitsmoment des I-Profils berechnen. Die Verschiebungen gehen
bei den Verschiebungssatzen im Quadrat ein. Da beim Profil b) das obere
und untere Rechteck weiter nach aussen geschoben werden, ergibt sich bei
diesem Profil ein grosseres resultierendes Flachentragheitsmoment.
Falls Sie anderer Meinung sind, berechnen Sie Iz des I-Profils mit Hilfe der
Verschiebungssatze und mit der Gleichung des Flachentragheitsmoments
fur Rechtecke Iz,RE = bh3
12. In unserem Fall ist b = h. Nehmen Sie z.B. an,
dass h = 0.3 m und t = 0.04 m ist:
a) Querbalken: Iz′,1 = Iz′,2 = h(2t)3
12= 2ht3
3= Iz′
Die Querbalken werden jeweils um z′ = 13h−t nach aussen verschoben.
⇒ Iz,1 = Iz,2 = Iz′ + (z′)2A = 2ht3
3+ (1
3h− t)22ht ≈ 9.92 · 10−5 m4.
Langsbalken: Iz,3 =t( 2h
3−4t)3
12≈ 2.13 · 10−7 m4.
Iz des I-Profils ist somit Iz = Iz,1 + Iz,2 + Iz,3 ≈ 1.99 · 10−4 m4.
b) Querbalken: Iz′,1 = Iz′,2 = ht3
12= Iz′
Die Querbalken werden jeweils um z′ = h−t2
nach aussen verschoben.
⇒ Iz,1 = Iz,2 = Iz′ + (z′)2A = ht3
12+ (h−t
2)2ht ≈ 2.04 · 10−4 m4.
Langsbalken: Iz,3 = t(h−2t)3
12≈ 3.55 · 10−5 m4.
58 A KAPITEL-TESTS
Iz des I-Profils ist somit Iz = Iz,1 + Iz,2 + Iz,3 ≈ 4.44 · 10−4 m4.
4. (K3) Am Lager tritt das Einspannmoment Me = M auf.
Das Biegemoment im Schnitt x ist M und die Querkraft verschwindet:
Mb(x) = M und Q(x) = 0. Die Momentenverteilung ist demnach konstant,
und alle Schnitte sind gleich beansprucht.
a) Geht man von der Differentialgleichung (12) aus, so erhalt man, durch
zweimalige Integration
v(x) = MEI
(x2
2+ C1x + C2).
Die Randbedingungen v(x = 0) = 0 und v′(x = 0) = 0 liefern C1 =
C2 = 0 und damit erhalten wir die Parabel
v(x) = M2EI
x2.
Diese Parabel hat ihren Scheitelpunkt an der Einspannstelle. Die gross-
te Verschiebung tritt am freien Ende auf:
v(x = L) = ML2
2EI.
Auch die grosste Neigung der Biegelinie findet sich am freien Ende:
v′(x = L) = MLEI
.
b) Aus Gleichung (14) ergibt sich mit Mb(x) = M und Iz = I die Span-
nung zu
σx(x, y) = −MIy.
Die grosste Spannung tritt in grosster Entfernung zur Neutralachse,
also bei y = ±H/2, auf. Wir suchen die grosste Zugspannung. Fur
Zug gilt σ > 0. Der grosste Zug tritt somit bei y = −H/2 auf und
betragt dort:
σzug,max = MH2I
.
A.2 Losungen 59
A.2.2 Schiefe Biegung
1. (K2) Ein Fall der schiefen Biegung liegt vor, wenn das Biegemoment nicht
in Richtung einer Hauptachse des Querschnitts liegt. Dann liegt der Vek-
tor der Durchbiegung senkrecht zur Neutralachse und nicht senkrecht zum
Biegemoment.
2. (K4) Der Vektor M b des Biegemoments ist definitionsgemass senkrecht zur
Wirkungslinie der Querkraft. Er liegt auf der Geraden x3
x2= M3
M2(Abbildung
16). Gemass (20) liegt die Neutralachse auf der Geraden x3
x2= M3I2
M2I3. Also
sind das Biegemoment und die Neutralachse fur die schiefe Biegung (I2 6= I3,
M2 6= 0, M3 6= 0) nicht parallel. Folglich stehen die Neutralachse und die
Querkraft fur die schiefe Biegung nicht senkrecht aufeinander.
3. (K3) Zuerst berechnen wir das Biegemoment Mb(x) im Schnitt x. Fur die
Querkraft Q(x) gilt:
Q(x) = F ⇒ Mb(x) =∫−Fdx = −Fx + C1,
wobei Mb(x = L) = 0 ⇒ C1 = FL ⇒ Mb(x) = F (L− x).
z
y
S 45°
Mb
Mz
My
F
Abbildung 39: Ellipsenquerschnitt
Nun teilen wir das Biegemoment Mb(x) in y- und z-Richtung auf (vgl.
Abbildung 39):
My(x) = −√
22
Mb(x) =√
2F2
(x− L),
Mz(x) =√
22
Mb(x) =√
2F2
(L− x).
Die Flachentragheitsmomente in y- und z-Richtung bestimmen wir mit Hilfe
der Tabelle 1 auf Seite C11 in [4] oder mit Hilfe der Tabelle 4.1 in [1]:
60 A KAPITEL-TESTS
Iy = πab3
4und Iz = πa3b
4.
Daraus erhalten wir dann die Normalspannungsverteilung gemass (19) in
Funktion von x, y und z:
σx(x, y, z) = −Mz(x)
Iz
y +My(x)
Iy
z (25)
=2√
2F (x− L)
πa3by +
2√
2F (x− L)
πab3z (26)
=2√
2F (x− L)
πab(
y
a2+
z
b2). (27)
Mit a = 2b ergibt sich daraus:
σx(x, y, z) =√
2F (x−L)πb4
(y4
+ z).
Die Gleichung der Neutralachse erhalten wir aus
σx(x, y, z) = 0 ⇒√
2F (x−L)πb4
(y4
+ z) = 0.
Somit muss y4
+ z = 0 gelten. Die Gleichung der Neutralachse lautet also:
z = −14y.
4. (K3) Da die Lagerung und die Belastung symmetrisch sind, greift bei beiden
Lagern die gleiche Lagerkraft P = F2
an. Wir schneiden jetzt den Balken in
der Mitte auseinander. Dadurch erhalten wir das Ersatzsystem aus Abbil-
dung 40(a).
Die y- und z-Achse sind Hauptachsen des Rechteckquerschnitts. Wir teilen
also die Belastung gemass Abbildung 40(a) in y- und z-Richtung auf:
Py = −P sin(60◦) = −√
3F4
Pz = P cos(60◦) = F4
Nun berechnen wir die Querkrafte in y- und z-Richtung im Schnitt x (Vor-
zeichen beachten!):
Qy(x) = −Py =√
3F4
Qz(x) = −Pz = −F4
Daraus konnen wir die Biegemomente in y- und z-Richtung im Schnitt x
bestimmen. Mit den Randbedingungen My(x = 0) = Mz(x = 0) = 0 folgt
A.2 Losungen 61
L/2
P=F/2 \\\\\\\\\\\\\\
h
b
P
y
z
Py
Pz x
Qy
Qz
30°
(a) Ersatzsystem (b) Neutralachse undVektor der Durchbie-gung
Abbildung 40: Ersatzsystem und Neutralachse
My(x) =∫
Qz(x)dx = −F4x und
Mz(x) = −∫
Qy(x)dx = −√
3F4
x.
Die Flachentragheitsmomente in y- und z-Richtung sind
Iy = b3h12
= b4
6bzw.
Iz = bh3
12= 2b4
3.
Die Normalspannungsverteilung ergibt sich damit zu:
σx(x, y, z) = −Mz(x)Iz
y + My(x)
Iyz = 3Fx
8b4(√
3y − 4z).
Die Gleichung der Neutralachse erhalten wir aus√
3y − 4z = 0. Sie lautet:
z =√
34
y.
Die Neutralachse ist in Abbildung 40(b) dargestellt. Wie man ohne Rech-
nung aus der Abbildung erkennt, haben die Eckpunkte A und B den gross-
ten Abstand von der Neutralachse. Diese Punkte haben die Koordinaten
yA = h2
= b und zA = − b2
bzw. yB = −h2
= −b und zB = b2. Die ma-
ximale Normalspannung tritt bei x = L2
auf. Die extremalen Werte der
Normalspannung befinden sich also in den Punkten A und B bei x = L2.
fur Punkt A erhalten wir:
σx,A = σx(L2, b,− b
2) = 3(
√3+2)FL16b3
und fur Punkt B:
σx,B = σx(L2,−b, b
2) = −3(
√3+2)FL16b3
.
62 A KAPITEL-TESTS
Nun berechnen wir noch die Durchbiegung in y- und z-Richtung. Die Dif-
ferentialgleichung fur die Durchbiegung uy lautet
u′′y(x) = Mz(x)
EIz= −3
√3F
8Eb4x
⇒ u′y(x) = − 3
√3F
16Eb4x2 + C1
⇒ uy(x) = −√
3F16Eb4
x3 + C1x + C2.
Mit u′y(x = L
2) = uy(x = L
2) = 0 folgt C1 = 3
√3FL2
64Eb4und C2 = −
√3FL3
64Eb4
⇒ uy(x) = −√
3F64Eb4
(4x3 − 3L2x + L3).
Die Differentialgleichung fur die Durchbiegung uz lautet
u′′z (x) = −My(x)
EIy= 3F
2Eb4x
⇒ u′z(x) = 3F
4Eb4x2 + C3
⇒ uz(x) = F4Eb4
x3 + C3x + C4.
Mit u′z(x = L
2) = uz(x = L
2) = 0 folgt C3 = − 3FL2
16Eb4und C4 = FL3
16Eb4
⇒ uz(x) = F16Eb4
(4x3 − 3L2x + L3)
Beim Ersatzsystem haben wir die maximale Durchbiegung bei x = 0:
uy(x = 0) = −√
3FL3
64Eb4
uz(x = 0) = FL3
16Eb4
⇒ umax =√
(−√
3FL3
64Eb4)2 + ( FL3
16Eb4)2 =
√19FL3
64Eb4
Dieselbe maximale Durchbiegung erhalten wir im Originalsystem in der
Mitte beim Angriffspunkt der Kraft F .
63
B Mediothek
Den Studierenden sollte die Archiv-Datei “ANSYS.zip”zur Verfugung stehen, mit
allen relevanten Ansys-Dateien, welche im Kapitel 2.4 benotigt werden.
Im Ordner “Animation”befinden sich die folgenden drei Videos, welche auf einem
Computer mit einem geeigneten Player (z.B. VLC media player) wiedergegeben
werden Konnen:
• LProfil Normalspannung.avi
• LProfil xzSchub.avi
• LProfil yzSchub.avi
Folgende Input-Dateien fur ANSYS Simulationen befinden sich im Ordner “Input
File”:
• Biegeprofil.txt
• Aufgabe2-C.txt
• BiegeprofilBeam Loop.txt
Die Verschiebungswerte fur verschiedene Belastungen befinden sich in der Datei
“Durchbiegung.txt” im Ordner “Output”. Einige hilfreiche Bilder sind im Ordner
“Pics” zu finden.
Alle Simulationen wurden von Michael Fluckiger in ANSYS Release 11.0 durch-
gefuhrt.
64 B MEDIOTHEK
65
C Experimentier- und anderes Material
Zur Bearbeitung dieses Leitprogramms mussen Computer zur Verfugung stehen,
auf denen Mathematica oder MATLAB und ANSYS installiert sind. Den Studen-
ten stehen folgende ANSYS Input Files zur Verfugung.
C.1 ANSYS Input Files
C.1.1 Biegeprofil.txt
!! BIEGEPROFIL UNTER QUERKRAFT
!! by MICHAEL FLUECKIGER
!! for ANSYS Release 11.0
/FILNAM, Biegeprofil ! Jobname
/TITLE, Vektor-Summe der Profildurchbiegung
/COM, Structural ! Structural analysis
Fy=-100000 ! Force in y-direction
l = 1 ! Profile (l = 1m, b = h = 0.1m, t = 0.01m)
b = 0.1
h = 0.1
t = 0.01
/PREP7 ! Enter preprocessor
! Define element type
ET,1,BEAM188 ! Beam element
! Define material properties
MPTEMP,1,0 ! No temperature behavior
66 C EXPERIMENTIER- UND ANDERES MATERIAL
MPDATA,EX,1”2.1E11 ! Young’s modulus (N/m2) for Steel 1.2241
MPDATA,PRXY,1”0.285 ! Poisson ratio for Steel 1.2241
! Crate Line
K,1,0,0,0,
K,2,l,0,0,
LSTR,1,2
! Create L-shaped section with the name: L Profil
SECTYPE,1,BEAM,L,L Profil,2
! Describes the geometry of the L-shaped section
SECOFFSET, CENT
SECDATA,b,h,t,t,0,0,0,0,0,0
! Plot the L-Profil
SECPLOT,1
! Meshing
! Associates the element with the section ID number.
SECNUM,1
! Mesh the line
LESIZE,ALL,0.1, , , , , , ,1
LMESH,1
! Apply loads on KP 2
FK,2,FY,Fy
! No displacement at KP 1
DK,1, ,0, ,0,ALL, , , , , ,
C.1 ANSYS Input Files 67
! Solve
/SOL
NLGEOM,ON ! Large defromations on
SOLVE
! Plot displacement
/POST1
PLDISP,1
C.1.2 Aufgabe2-C.txt
!! BIEGEPROFIL UNTER QUERKRAFT
!! by MICHAEL FLUECKIGER
!! for ANSYS Release 11.0
/FILNAM, Aufgabe2-C ! Jobname
/TITLE, Spannungen bei der Profildurchbiegung
/COM, Structural ! Structural analysis
! Constants
Fy = -90000 ! Force in y-direction (90kN)
l = 1 ! Profile (l = 1m, b = h = 0.1m, t = 0.01m)
b = 0.1
h = 0.1
t = 0.01
e1=0.0287
/PREP7 ! Enter preprocessor
! Define element type
68 C EXPERIMENTIER- UND ANDERES MATERIAL
ET,1,SOLID45 ! 3-D Structural Solid
KEYOPT,1,5,2 ! Include Nodal Stress Solution
! Define material properties
MPTEMP,1,0 ! No temperature behavior
MPDATA,EX,1”2.1e11 ! Young’s modulus (N/m2) for Steel 1.2241
MPDATA,PRXY,1”0.285 ! Poisson ratio for Steel 1.2241
! Crate geometry
BLOCK,0,b,h/2-t,h/2,0,l, ! Profile (l = 1m, b = h = 0.1m, t = 0.01m)
BLOCK,0,t,-h/2,h/2-t,0,l,
K,30,e1,0,0, ! Create KP
KWPAVE,30 ! Offset WP to KP
wpro”,90 ! Rotate WP
VSBW,1 ! Divide Volume by WP
! Change view
/VIEW,1,1,1,1 ! Isometric view
/ANG,1
/AUTO,1 ! Fit view
/REPLOT
! Crate mesh
ALLS ! Select everything
VGLUE,ALL ! Glue all volumes
ESIZE,t, ! Element size
VSWEEP,ALL ! Mesh all volumes
! Apply loads
NSEL,S,LOC,Z,0 ! Select all nodes at z = 0
D,ALL”0””
ALL””
, ! No displacement at nodes
C.1 ANSYS Input Files 69
NSEL,S,LOC,Z,l ! Select all nodes at z = 1
NSEL,R,LOC,X,e1, ! Reselect nodes from the current set at x = e1
NSEL,R,LOC,y,h/2, ! Reselect nodes from the current set at y = h/2
F,ALL,FY,Fy ! Apply force in y-direction:
ALLS ! Select everything
! Solve
/SOL
NLGEOM,ON ! Large defromations on
LNSRCH,1 ! Line search on
SOLVE
! Display results
/POST1
/DSCALE,1,1.0 ! Displacement scaling: True scale
PLNSOL, S,EQV, 0,1.0 ! Plot vonMises Stress
C.1.3 BiegeprofilBeam Loop.txt
!! BIEGEPROFIL UNTER QUERKRAFT
!! by MICHAEL FLUECKIGER
!! for ANSYS Release 11.0
/FILNAM, BiegeprofilBeam Loop ! Jobname
/TITLE, Vektor-Summe der Profildurchbiegung
/COM, Structural ! Structural analysis
*do,Fy,0,140000,5000 ! do loop
l = 1 ! Profile (l = 1m, b = h = 0.1m, t = 0.01m)
b = 0.1
h = 0.1
t = 0.01
70 C EXPERIMENTIER- UND ANDERES MATERIAL
/PREP7 ! Enter preprocessor
! Define element type
ET,1,BEAM188 ! Beam element
! Define material properties
MPTEMP,1,0 ! No temperature behavior
MPDATA,EX,1”2.1E11 ! Young’s modulus (N/m2) for Steel 1.2241
MPDATA,PRXY,1”0.285 ! Poisson ratio for Steel 1.2241
! Crate Line
K,1,0,0,0,
K,2,l,0,0,
LSTR,1,2
! Create L-shaped section with the name: L Profil
SECTYPE,1,BEAM,L,L Profil,2
! Describes the geometry of the L-shaped section
SECOFFSET, CENT
SECDATA,b,h,t,t,0,0,0,0,0,0
! Plot the L-Profil
SECPLOT,1
! Meshing
! Associates the element with the section ID number.
SECNUM,1
! Mesh the line
LESIZE,ALL,0.1, , , , , , ,1
C.1 ANSYS Input Files 71
LMESH,1
! Apply loads on KP 2
FK,2,FY,Fy
! No displacement at KP 1
DK,1, ,0, ,0,ALL, , , , , ,
! Solve
/SOL
NLGEOM,ON ! Large defromations on
SOLVE
! Plot displacement
/POST1
PLDISP,1
! Plot displacement -> generate image file
/POST1
PLDISP,1
/SHOW,PNG”0
PNGR,COMP,1,-1
PNGR,ORIENT,HORIZ
PNGR,COLOR,2
PNGR,TMOD,1
/GFILE,800,
/CMAP, TEMPCMAP ,CMP”SAVE
/RGB,INDEX,100,100,100,0
/RGB,INDEX,0,0,0,15
/REPLOT
/CMAP, TEMPCMAP ,CMP
/DELETE, TEMPCMAP ,CMP
/SHOW,CLOSE
72 C EXPERIMENTIER- UND ANDERES MATERIAL
/DEVICE,VECTOR,0
FINISH
/CLEAR,NOSTART
*enddo ! close do loop
LITERATUR 73
Literatur
[1] Gross D., Hauger W., Schnell W., Schroder J.: Technische Me-
chanik 2, Band 2: Elastostatik, 9. Auflage, Berlin Heidelberg 2007 (Springer
Verlag).
[2] Sayir M. B., Dual J., Kaufmann S.: Ingenieurmechanik 2 — Defor-
mierbare Korper, Wiesbaden 2004 (Vieweg & Teubner Verlag).
[3] Gross D., Hauger W., Schnell W., Schroder J.: Technische Mecha-
nik 1, Band 1: Statik, 10. Auflage, Berlin Heidelberg 2008 (Springer-Verlag).
[4] Grote K.-H. und Feldhusen J.: Dubbel — Taschenbuch fur den Ma-
schinenbau, 22. Auflage, Berlin Heidelberg 2007 (Springer-Verlag).
[5] Ermanni P.: Vorlesungsunterlagen zum Thema“Schubspannungsverteilung
bei Querkraftbelastung”, Vorlesung: Leichtbaukonstruktionen, Zurich 2007.
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