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1 Mitschrift Analysis III Vorlesung SS10 Prof. Dr. Jussi Behrndt Technische Universit¨ at Berlin

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Page 1: Ana III Mitschrift

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Mitschrift Analysis III

Vorlesung SS10 Prof. Dr. Jussi Behrndt

Technische Universitat Berlin

Page 2: Ana III Mitschrift

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Vorwort

Dies ist eine Mitschrift, kein Skript! Fur eventuelle Fehler ubernimmt

niemand die Verantwortung, sollten allerdings welche entdeckt werden

freue ich mich uber Hinweise.

WICHTIG: Auch dient die Mitschrift nicht als Ersatz fur die Vorlesung,

wichtige Bemerkungen und Erklarungen des Dozenten tauchen nicht auf.

Ich empfehle euch also trotzdem regelmaßig zur Vorlesung zu gehen.

Tipp: Nicht immer gleich ausdrucken wenns online ist, im aktuellen Teil

sind immer massenhaft Tippfehler die ich erst dann korrigiere wenn sie

mir auffallen(d.h. wenn ich die Woche darauf damit arbeite).

Page 3: Ana III Mitschrift

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Inhaltsverzeichnis

1. Einfuhrung in die Maßtheorie und das Lebesgue Integral

1.1 Ringe, Algebren und σ − Algebren

1.2 Mengenfunktionen und Maße

1.3 Konstruktion positiver Maße

1.4 Messbare Funktionen

1.5 Das Lebesgue Integral

1.6 Konvergenzsatze

1.7 Produktmaße

2. Eine Einfuhrung in die Theorie der gewohnlichen Differentialgleichungen

2.1 Definition, Beispiele und elementare Losungsmethoden

2.2 Der Existenz- und Eindeutigkeitssatz von Picard-Lindelof

2.3 Lineare Systeme

2.4 Lineare Differentialgleichungen hoherer Ordnung

2.5 Sturm-Liouvillsche Eigenwertprobleme

3. Einfuhrung in die Funktionentheorie

3.1 Holomorphe Funktionen

3.2 Der Cauchysche Integralsatz

3.3 Anwendungen des Cauchyschen Integralsatzes

3.4 Singularitaten und der Residuensatz

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Kapitel 1 Einfuhrung in die Maßtheorie und das Lebesgue

Integral

1.1 Ringe, Algebren und σ − Algebren

Sei Ω 6= ∅ eine beliebige Menge und M⊂ P(Ω), wobei P(Ω) die

Potenzmenge(Menge aller Teilmengen).

Definition 1.1

M⊂ P(Ω) heißt Ring (uber Ω), falls

(i) A,B ∈M⇒ A ∪B ∈M(ii) A,B ∈M⇒ A \B ∈M, A \B = x ∈ A : x /∈ BEin Ring heißt eine Algebra, falls zusatzlich Ω ∈MEin Ring(eine Algebra) heißt σ-Ring(σ-Algebra), falls

(iii) An ∈M, n ∈ N⇒∞⋃n=1

An ∈M

Lemma 1.2

(i) Ist M⊂ P(Ω) ein Ring, dann A,B ∈M⇒ A ∩B ∈M

(ii) Ist M⊂ P(Ω) ein σ-Ring , dann An ∈M, n ∈ N⇒∞⋂n=1

An ∈M

Beweis: (i) A ∩B = A \ (A \B)︸ ︷︷ ︸∈M

∈M

(ii)∞⋂n=1

An = A1 ∩∞⋂n=2

An = A1 \ (A1 \∞⋂n=2

An) = A1 \∞⋃n=2

(A1 \ An) ∈M

Beispiel: Ω = R, M = J : J endliche Vereinigung von Elementarintervallenist ein Ring.

I1 = (1, 2] ∪ (4, 5)

I2 = (0, 32) ∪ [4, 7]

I1 ∪ I2 = (0, 2] ∪ [4, 7]

Satz 1.3

Sei Ω 6= ∅. Dann gilt:

(i) P(Ω) ist eine σ-Algebra

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(ii) Sind Mi σ-Ringe (σ-Algebren)⇒⋂i∈IMi ist ein σ-Ring(σ-Algebra).

(iii) M sei σ-Algebra (uber Ω) und E ∈M. Dann ist M E:=M∩P(E)

eine σ-Algebra (uber E), diese wird als Spur-σ-Algebra bezeichnet.

Definition 1.4

(i) Sei M⊂ P(Ω). Der kleinste σ-Ring (die kleinste σ-Algebra), die Menthalt, heißt von M erzeugter σ-Ring R(M).

(erzeugte σ-Algebra σ(M)).

(ii) Die von M = J : J endl.Vereinigung von Elementarintervallenerzeugte σ-Algebra heißt Borelsche σ-Algebra und wird mit B bezeichnet.

Bemerkungen: R(M) und σ(M) sind gerade der Schnitt aller Mumfassenden σ-Ringe bzw. σ-Algebren.

σ(M) wird auch oft Borelsche Erweiterung von M genannt.

Borel-σ-Algebren werden analog auf Rn erklart.

Lemma 1.5

Jede offene Teilmenge O ⊂ R ist die abzahlbare Vereinigung von offenen

(abgeschlossenen) Intervallen.

Beweis: Sei O ⊂ R offen. Zu x ∈ O ∩Q ex. m ∈ NIx =

(x− 1

m, x+ 1

m

)⊂ O ⇒

⋃x∈O∩Q

Ix ⊂ O.

Sei nun x ∈ O beliebig. Dann ex. ein x ∈ O ∩Q so dass x ∈ Ix ⊂ O.Also ist O ⊂

⋃x∈O∩Q

Ix. Daher ist O =⋃

x∈O∩QIx und da Q abzahlbar

ist die Vereinigung abzahlbar.

Analoges Argument fur abgeschlossene Teilintervalle.

Satz 1.6

Die Borelsche-σ-Algebra B ist die kleinste σ-Algebra (uber R) die alle

offenen (und abgeschlossenen) Teilmengen in R enthalt.

Beweis: Jede σ-Algebra die

M = J : J endliche Vereinigung von Elementarintervallen. enthalt, enthalt

auch alle offenen Intervalle. Und daher mit Lemma 1.5 alle offenen

Mengen in R, also enthalt auch B alle offenen Mengen in R.

Da jede σ-Algebra, die alle offenen Mengen von R enthalt insbesondere

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alle offenen Intervalle⇒alle abgeschlossenen Intervalle⇒halboffenen

Intervalle⇒M enthalt, folgt, dass es keine kleinere σ-Algebra als B mit

der entsprechenden Eigenschaft geben kann.

Korollar 1.7

Jede offene und jede abgeschlossene Teilmenge von R ist eine Borelmenge

(d.h. ein Element der Borelschen-σ-Algebra B)

Definition 1.8

Sei Ω 6= ∅,M⊂ P(Ω) σ-Algebra. Dann heißt (Ω,M) messbarer Raum

(uber Ω) und eine Teilmenge A ⊂ Ω heißt messbar.

1.2 Mengenfunktionen und Maße

Definition 1.9

Sei Ω 6= ∅ und M⊂ P(Ω)

(i) eine Abb. µ :M→ R+ := [0,+∞] heißt (auf M erklarte)

nichtnegative Mengenfunktion. Im Weiteren wird stets µ(E) <∞ fur

(mindestens) ein E ∈M vorausgesetzt.

(ii) µ :M→ R+ heißt additiv, falls: A,B ∈M mit A ∪B ∈M,

A ∩B = ∅, dann µ(A ∪B) = µ(A) + µ(B)

µ :M→ R+ heißt σ-additiv, falls: An ∈M, n ∈ N mit∞⋃n=1

An ∈M,

Ai ∩ Aj = ∅, i 6= j, dann µ(∞⋃n=1

An) =∞∑n=1

µ(An)

(iii) Ist M eine σ-Algebra und ist µ :M→ R+ σ-additiv, dann

heißt µ ein Maß und (Ω,M, µ) Maßraum.

Definition 1.10

Sei µ ein Maß.

(i) Falls µ(Ω) <∞, so heißt µ endliches Maß.

(ii) Falls µ(Ω) = 1, so heißt µ Wahrscheinlichkeitsmaß.

(iii) Falls An ∈M,n ∈ N mit∞⋃n=1

An = Ω und µ(An) <∞, n ∈ N,

dann heißt µ σ-endlich.

(iv) A ∈M heißt µ-Nullmenge, falls µ(A) = 0.

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Lemma 1.11

Sei µ :M→ R+ eine (σ-)additive Mengenfunktion. Dann gilt:

(i) µ(A ∪B) + µ(A ∩B) = µ(A) + µ(B)

(ii) A ⊂ B ⇒ µ(B \ A) + µ(A) = µ(B)⇒ µ(A) ≤ µ(B)

(iii) Falls ∅ ∈M : µ(∅) = 0

(iv) µ(n⋃i=1

Ai) ≤n∑i=1

µ(Ai)

Beweis: (i) µ(A ∪B) + µ(A ∩B) = µ((A \B) ∪ (A ∩B) ∪ (B \ A)) + µ(A ∩B)

= µ(A) + µ(B)

Proposition 1.12

Es bezeichne M = J : J endliche Vereinigung von disj. IntervallenAk,Ak ∈ (an, bn), (an, bn], [an, bn), [an, bn] und es sei

µ(J) =n∑j=1

(bj − aj), J =n⋃j=1

Aj. Dann ist µ :M→ R+ eine σ-additive

Mengenfunktion.

Beweis: Wohldefiniertheit und Additivitat sind klar.

Zeige σ-Additivitat: Sei A =∞⋃i=1

Ai ∈M, Ai ∈M, mit Ai ∩ Aj = ∅i 6= j.

Dann istn∑i=1

µ(Ai) = µ(n⋃i=1

Ai) ≤ µ(∞⋃i=1

Ai) = µ(A), n ∈ N⇒∞∑i=1

µ(Ai) ≤ y(A)

Sei wieder A =∞⋃i=1

Ai∈M. Zu ε > 0 wahle Gk ∈M a offen mit Ak ⊂ Gk

und µ(Gk) ≤ µ(Ak) + ε2k, k ∈ N. Weiter sei F ∈M abg. Teilmenge

von A mit µ(A) ≤ µ(F ) + ε. Da A beschrankt , ist F kompakt und es folgt

aus F ⊂ A =∞⋃i=1

Ai ⊂∞⋃i=1

Gi, dass F ⊂n⋃i=1

Gi mit n ∈ N geeignet.

Damit ist:

µ(A) ≤ µ(F ) + ε ≤ µ(n⋃i=1

Gi) + ε =n∑i=1

µ(Gi) + ε ≤n∑i=1

(µ(Ai) + ε

2i

)+ ε

≤n∑i=1

µ(Ai) + 2ε ≤∞∑i=1

µ(Ai) + 2ε. ε > 0 bel.⇒ X

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Satz 1.13

Sei (Ω,M, µ) Maßraum und Ak ∈M,k ∈ N. Dann gilt:

(i) Falls Ak ⊂ Ak+1 und A =∞⋃k=1

Ak ⇒ limk→∞

µ(Ak) = µ(A)

(ii) Falls Ak+1 ⊂ Ak und A =∞⋂k=1

Ak und es ex. Aj mit µ(Aj) <∞

⇒ limk→∞

µ(Ak) = µ(A)

(iii) Die abzahlbare Vereinigung von µ-Nullmengen ist selbst wieder eine

µ-Nullmenge

Beweis: (i) Sei B1 = A1, Bk = Ak \ Ak−1,k = 2, ... ,. Dann ist

Bj ∩ bk = ∅,k 6= j, An =n⋃k=1

Bk und A =∞⋃k=1

Bk.

µ(A) = µ(∞⋃k=1

Bk) =∞∑k=1

µ(Bk) = limn→∞

n∑k=1

µ(Bk) = limn→∞

µ(n⋃k=1

Bk)

= limn→∞

µ(An)

1.3 Konstruktion positiver Maße

Es sei G eine Algebra uber Ω,Ω 6= ∅, und λ : G → [0,∞] eine

nichtnegative Mengenfunktion mit λ(∅) = 0 (⇐⇒ λ(E) <∞ fur ein E ∈ G)

Definiton 1.14

Eine Teilmenge L ∈ G heißt λ-Menge, falls λ(L ∩G) + λ((Ω \ L) ∩G) = λ(G)∀G ∈ G

Lemma 1.15

Es bezeichne L eine Menge aller λ-Mengen. Dann ist L eine Algebra

(uber Ω) und λ ist additiv auf L. Es gilt fur paarweise disjunkte

L1, ... , Ln ∈ G, λ(n⋃k=1

(Lk ∩G)) =n∑k=1

λ(Lk ∩G)∀G ∈ G.

Beweis: L ist eine Algebra.

•Ω ∈ L : λ(Ω ∩G) + λ((Ω \ Ω) ∩G) = λ(G) + λ(∅) = λ(G)∀G ∈ G.•A ∈ L ⇒ Ω \ A ∈ L : λ((Ω \ A) ∩G) + λ((Ω \ (Ω \ A)) ∩G)

= λ((Ω \ A) ∩G) + λ(A ∩G) = λ(G)∀G ∈ G•A,B ∈ L ⇒ A ∩B ∈ L⇒ A,B ∈ L ⇒ B \ A = (Ω \ A) ∩B ∈ L

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⇒ A,B ∈ L ⇒ A ⊃ B = Ω \ (Ω \ A) ∩ (Ω \B) ∈ Lλ((A ∩B) ∩G) + λ((Ω \ (A ∩B)) ∩G︸ ︷︷ ︸

∈G

) = λ(G)∀G ∈ g

= λ(A ∩B ∩G) + λ(B ∩ Ω \ (A ∩B) ∩G︸ ︷︷ ︸B∩((Ω\A)©(Ω\B))

=B∩(Θ\A)

) + λ((Ω \B) ∩ ((Ω \ (A ∩B))︸ ︷︷ ︸Ω\B

∩G))

= λ(A ∩B ∩G︸ ︷︷ ︸∈G

) + λ((Ω \ A) ∩B ∩G) + λ(Ω \B ∩G)A∈L= λ(B ∩G) + λ((Ω \B) ∩G)

= λ(G)

Seien A,B ∈ L disjunkt und G ∈ G. Dann gilt:

λ((A ∩G) ∪ (B ∩G)) = λ((A ∪B) ∩G)A∈L= λ(A ∩ ((A ∪B) ∩G) + λ((Ω \ A) ∩ ((A ∪B) ∩G))

= λ(A ∩G) + λ(B ∩G)

⇒ induktiv folgt λ(n⋃k=1

(Lk ∩G)) =n∑k=1

λ(Lk ∩G)

Mit G = Ω folgt insbesondere λ(A ∪B) = λ(A) + λ(B)

Definition 1.16

(Ω,G) messbarer Raum und µ∗ : G → R+ nichtnegative Mengenfunktion.

Dann heißt µ∗ außeres Maß, falls

(i) µ∗(∅) = 0

(ii) A ⊂ B,A,B ∈ G ⇒ µ∗(A) ≤ µ∗(B) (Monotonie)

(iii) An ∈ G, n ∈ N: µ∗(⋃∞n=1 An) ≤

∑∞n=1 µ

∗(An) (abzahlbar subadditiv)

Bemerkung: µ Maß⇒ µ außeres Maß, Umkehrung falsch

Lemma 1.17 (Caratheodory)

Sei µ∗ ein außeres Maß auf (Ω,G). Dann bilden die µ∗-Mengen eine

σ-Algebra L ⊂ G. Auf L ist µ∗ σ-additiv, d.h. µ∗ ist ein Maß auf L,i.a. Worten (Ω,L, µ∗) ist ein Maßraum.

Beweis: Nach Lemma 1.15 ist L eine Algebra und µ∗ additiv auf L.

Zu zeigen: σ-Eigenschaft von L und µ∗. Seien dazu Li, i ∈ Npaarweise disjunkte Mengen aus L. Zeige:

L :=∞⋃i=1

Li ∈ L und µ∗(L) =∞∑i=1

µ∗(Li)

Sei G ∈ G, dann ist G = (L ∩G) ∪ ((Ω \ L) ∩G) und da µ∗ außeres Maß

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liefert Def 1.16(iii) µ∗(G) ≤ µ∗(L ∩G) + µ∗((Ω \ L) ∩G) ≤Wunsch

µ∗(G)

Wegen Lemma 1.15 ist Mn :=n⋃k=1

Lk ∈ L und

µ∗(G) = µ∗(Mn ∩G) + µ∗((Ω \Mn) ∩G)∀G ∈ GAußerdem (Ω \ L) ⊂ (Ω \Mn) (daMn ⊂ L) so dass die Monotonie von µ∗

µ∗(Mn ∩G) + µ∗(( Ω \L) ∩G) ≤ µ∗(Mn ∩G) + µ∗(( Ω \Mn) ∩G) + µ∗(G)

liefert. Dann gilt mit Lemma 1.15:

n∑k=1

µ∗(Lk ∩ G) + µ∗((Ω \ L) ∩ G) = µ∗(

=Mn︷ ︸︸ ︷n⋃k=1

Lk ∩G) + µ∗((Ω \ L) ∩ G) ≤ µ∗(G) fur alle

n ∈ N,d.h.∞∑k=1

µ∗(Lk ∩G) + µ∗((Ω \ L) ∩G) ≤ µ∗(G)

Mit Def. 1.16 (iii) folgt: µ∗(∞⋃k=1

Lk︸ ︷︷ ︸=L

∩G) + µ∗(Ω \ L ∩G) ≤ µ∗(G) und

der Wunsch ist in Erfullung gegangen.

⇒ L ∈ L und daher ist L eine σ-Algebra. Setze G = Ω, dann ist

µ∗(∞⋃k=1

Lk) + µ∗(Ω \ L) ≤∞∑k=1

µ∗(Lk) + µ∗(Ω \ L) ≤ µ∗(Ω) ≤ µ∗(L) + µ∗(Ω \ L)

Lemma 1.18

Sei G = P(Ω), M0 ein Ring µ0 :M0 → [0,∞] σ-additiv mit µ0(∅) = 0

Zu E ⊂ Ω sei UE :=

En : n ∈ N : E ⊂

∞⋃n=1

En und En ∈M0, n ∈ N

die Menge der Uberdeckungen von E. Die Mengenfunktion

E 7→ µ∗(E) =

inf

∞∑n=1

µ0(En) : En : n ∈ N ∈ UE, falls UE 6= ∅

+∞ , falls UE = ∅ist ein außeres Maß.

Beweis: • µ∗(∅) = 0

•A ⊂ B,A,B ∈ G und UB 6= ∅. Da UB ⊂ UA folgt: µ∗(A) ≤ µ∗(B)

• Seien Gn ⊂ Ω,G =∞⋃n=1

Gn und O.B.d.A. µ∗(Gn) <∞ fur alle n ∈ N.

Sei ε > 0,n ∈ N, und Fn,k ∈M0, Gn ⊂∞⋃k=1

Fn,k und

µ∗(Gn) ≤∞∑k=1

µ0(Fn,k) ≤ µ∗(Gn) + ε2n. Dann folgt:

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G =⋃n

Gn ⊂⋃n

⋃k

Fn,k ⇒ µ∗(G) ≤∞∑n=1

∞∑k=1

µ0(Fn,k) ≤∞∑n=1

µ∗(Gn) + ε2n

=∞∑n=1

µ∗(Gn) + ε ∀ε > 0

Lemma 1.19

Unter den Voraussetzungen von Lemma 1.18 gilt:

µ∗(A) = µ0(A)∀A ∈M0

Beweis: (1) Da A ⊂ A ∈M0, also A ∈ UA folgt µ∗(A) ≤ µ0(A).

(2) Sei En ∈ UA bel., also A ⊂∞⋃n=1

En.

Wir definieren E1 := E1, En+1 = En+1 \ (n⋃k=1

Ek)

Dann gilt: •En ⊂ En

•En ∈M0

•∞⋃n=1

En =∞⋃n=1

En

•En p.w. disj.

Also folgt: µ0(A) = µ0(A ∩∞⋃n=1

En) = µ0(∞⋃n=1

(A ∩ En))

=∞∑n=1

µ0(A ∩ En) ≤∞∑n=1

µ0(En)

Da En ∈ UA bel. folgt µ0(A) ≤ inf∞∑n=1

µ0(En) = µ∗(A)

Lemma 1.20

Unter den Voraus. von Lemma 1.18 sei L die σ-Algebra der µ∗-Mengen

bzgl. G = P(Ω). Dann gilt M0 ⊂ L.

Beweis: (1) Sei A ∈M0 bel. und G ∈ P(Ω) bel . z.z.

µ∗(A ∩G) + µ∗(Ac ∩G) = µ∗(G)

µ∗(G) = µ∗((G ∩ A) ∪ (G ∩ Ac)) ≤ µ∗(G ∩ A) + µ∗(G ∩ Ac) (∗)Falls µ∗(G) =∞ folgt bereits ”=”.

(2) Sei also µ∗(G) <∞. Fur jedes ε > 0 gibt es En ∈ UG

(also En ∈M0, G ⊂∞⋃n=1

En), sodass µ∗(G) + ε ≥∞∑n=1

µ0(En)

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=∞∑n=1

µ0((En ∩ A)·∪ (En ∩ Ac))

=∞∑n=1

µ0(En ∩ A) +∞∑n=1

µ0(En ∩ Ac)

=∑n

µ∗(En ∩ A) +∑n

µ∗(En ∩ Ac)

≥ µ0(∞⋃n=1

(En ∩ A)) + µ0(∞⋃n=1

(En ∩ Ac))

= µ∗(A ∩⋃n

En) + µ∗(Ac ∩⋃n

En) ≥ µ∗(A ∩G) + µ∗(Ac ∩G).

Da ε > 0 bel., gilt auch µ∗(G) ≥ µ∗(G ∩ A) + µ∗(G ∩ Ac).

Satz 1.21: (Fortsetzung von Caratheodory)

Es sei M0 ein Ring und µ0 ein Pramaß auf M0.

Wir setzen A := σ(M0). Dann gibt es ein Maß µ auf A, das µ0

fortsetzt, d.h. µ(A) = µ0(A)∀A ∈M0.

Beweis: Sei µ∗ das außere Maß, das µ0 auf die σ-Algebra L der

µ∗-Mengen fortgesetzt und M0 ⊂ L, also auch A = σ(M0) ⊂ L.

Mit µ = µ∗ A folgt die Behauptung.

Frage: Ist µ eindeutig bestimmt? spater

Definition 1.22

Ein Maßraum (Ω,A, µ) heißt vollstandig, falls ∀N ∈ A mit µ(N) = 0

und alle M ⊂ N gilt M ∈ A (dann folgt sofort µ(M) = 0).

Satz 1.23

Sei (Ω,A, µ) ein bel. Maßraum. Dann ist

A := A ∪M |A ∈ A,M ⊂ N fur einN ∈ A mit µ(N) = 0 eine σ-Algebra,

µ(A ∪M) := µ(A) def. Maß auf A und(Ω,A, µ

)ist vollstandig

(A ist sogar die kleinste vollstandige σ-Algebra die A umfasst).

(Ω,A, µ) heißt Vervollstandigung von (Ω,A, µ)

Beweis: Ubung

Page 13: Ana III Mitschrift

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Anwendung 1.24 (Konstr. des Lebesgue-Maßes)

Es sei M0 = endlichen Vereinigung von Quadern in Rd der Ring

der elementargeom. Figuren und µ0 das aufM0 durch µ0(Q) = V (Q)

fur Quader Q induzierte Pramaß(siehe Lemma).

Es ist σ(M0) = B die Borelsche σ-Algebra. Nach dem Fortsetzungssatz von

Caratheodory gibt es (genau?) ein Maß µ auf B, das µ0 fortsetzt.

Wir nennen µ Lebesgue-(Borel)Maß.

Eigenschaften von µ: (1) µ ist σ-endlich: Mit An = [−n, n]d gilt:⋃n

An = Rd und µ(An) = µ0(An) = V (An) = 2dnd <∞

(2)(Rd, B, µ

)ist nicht vollstandig. ( Ubung)

(3) Ist(Rd, B, µ

)die Vervollstandigung von

(Rd, B, µ

)(Satz 1.23),

dann ist B = L und µ = µ∗. L heißt σ-Algebra der Lebesgue-

messbaren Mengen.

Satz 1.25

Zu Ω = Rd existiert (genau) ein vollstandiges Maß µ : L → [0,∞] mit

(1) µ(Q) = V (Q) fur Quader Q ⊂ Rd,

(2) B ⊂ L(3) µ ist translationsinvariant, d.h. ∀A ∈ L∀x ∈ Rd : µ(x+ A) = µ(A),

Beweis: Alles gezeigt bis auf Eindeutigkeit und (3) spater.

Definition 1.26:

(1) E ⊂ P(Ω) heißt durchschnittsstabil, falls fur A,B ∈ E : A ∩B ∈ E .

(2) D ⊂ P(Ω) heißt Dynkin-System, falls

(a)∅ ∈ D(b) A ∈ D ⇒ Ac ∈ D

(c) Fur An ⊂ D,An p.w.d., gilt∞⋃n=1

An ∈ D

Lemma 1.27

Ist M⊂ P(Ω), so heißt D(M) :=⋂

D Dynkin−SystemM⊂D

D heißt von M erzeugtes

Dynkin-System. D(M) ist das kleinste Dynkin-System, das M umfasst.

Page 14: Ana III Mitschrift

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Beweis: Wortlich wie fur σ-Algebren.

Satz 1.28

D ⊂ P(Ω) ist genau dann eine σ-Algebra, wenn D ein

durchschnittsstabiles Dynkin-System ist.

Beweis: ”⇒” klar

”⇐” Ist (An) ⊂ D beliebig, so definieren wir

A1 = A1, An+1 = An+1 \ (n⋃k=1

Ak).

Dann sind die An p.w.d. und∞⋃n=1

An =∞⋃n=1

An ∈ D

da An ∈ D: An+1 = An+1 \ (n⋃k=1

Ak) = An+1 ∩ ((n⋃k=1

Ak))c

= An+1 ∩n⋂k=1

Acn︸︷︷︸∈D

∈ D, da D durchschn.stab.

Wunsch: Eindeutigkeit des Maßes µ aus Satz 1.21

Satz 1.29

Sei E ⊂ P(Ω) durschnittsstabil. Dann ist D(E) = σ(E) und insbesondere

D(E) eine σ-Algebra.

Beweis: Zeige: D(E) durchschnittsstabil

1.) Fur jedes B ∈ D(E) ist D(B) := A ∈ D(E) : A ∩B ∈ D(E) ⊂ D(E)

selbst ein Dynkin-System.

•Ω ∈ D(B), denn Ω ∩B = B ∈ D(E)

• Fur A ∈ D(B) gilt: Ω \ A ∩B = (Ω \ A ∩B) ∪ (Ω \B ∩B)

= (Ω \ A ∪ Ω \B) ∩B = (Ω \ (A ∩B)) ∩B= Ω \ ((A ∩B)︸ ︷︷ ︸

∈D(E)

∪ (Ω \B))︸ ︷︷ ︸∈D(E)

∈ D(E)

• Ist (An) ⊂ D(B), An paarweise disjunkt, so folgt:

(∞⋃n=1

An) ∩B =∞⋃n=1

(An ∩B)︸ ︷︷ ︸∈D(E)

∈ D(E)

2.) Ist B ∈ E , so gilt nach Voraussetzung fur alle A ∈ E : A ∩B ∈ E ⊂ D(E)

Page 15: Ana III Mitschrift

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Also gilt: A ∈ D(E) und damit E ⊂ D(B). Da D(E) das kleinste Dynkin-

System ist, dass E umfasst, folgt: D(E) ⊂ D(B) ⊂ D(E)

Also D(B) = D(E), falls B ∈ E . Dies bedeutet ∀A ∈ D(E) gilt

A ∩B ∈ D(E). Also ist E ⊂ D(A) = C ∈ D(E) : C ∩ A ∈ D(E).Damit gilt: D(E) ⊂ D(A) ⊂ D(E), d.h. D(A) = D(E)∀A ∈ D(E).

Damit ist D(E) durchschnittsstabil, denn A,B ∈ D(E) = D(A)

⇒ A ∩B ∈ D(E)

Mit Satz 1.28 folgt, dass D(E) eine σ-Algebra ist. Weiter ist

σ(E) ⊂ D(E) =⋂E⊂D

D Dynkin Sys

D ⊂⋂E⊂σ

σ σ−Algebra

σ = σ(E)

Satz 1.30 (Eindeutigkeit des Maßes)

Seien µ1, µ2 Maße einer σ-Algebra A, die auf einem durchschnittsstabilen,

Ω ausschopfenden Erzeuger E ubereinstimmen, d.h.

(a) A = σ(E), E durchschnittsstabil

(b) ∃(Ek) ⊂ E mit Ω =∞⋃k=1

Ek

(c) ∀E ∈ E : µ1(E) = µ2(E)

Dann gilt: µ1 = µ2 auf A.

Beweis: (1) Sei zunachst E ∈ E fest mit: µ1(E) = µ2(E) <∞Betrachte: D(E) := A ∈ A : µ1(A ∩ E) = µ2(A ∩ E).Man zeigt, dass D(E) ein Dynkin-System ist, z.B. ist fur A ∈ A :

µ1(Ω \ A ∩ E) + µ1(A ∩ E) = µ1(E) = µ2(E) = µ2(Ω \ A ∩ E) + µ2(A ∩ E)

⇒ µ1(Ω \ A ∩ E) = µ2(Ω \ A ∩ E).

usw....

Da E durchschnittsstabil ist, also mit A ∈ E auch A ∩ E ∈ E , folgt

E ⊂ D(E). Dann gilt auch D(E) ⊂ D(E).

Nach Satz 1.29 ist D(E) ide kleinste σ-Algebra, die E umfasst, damit folgt:

A = D(E) ⊂ D(E) ⊂ A und es gilt A = D(E), d.h.

fur alle A ∈ A gilt: µ1(A ∩ E) = µ2(A ∩ E)-

(2) Seien nun (Ek) ⊂ E mit µ1(Ek) = µ2(Ek) <∞ und Ω =∞⋃k=1

Ek.

Wir setzen B1 = E1, Bn+1 = En+1 \ (n⋃k=1

Ek).

Page 16: Ana III Mitschrift

16

Dann sind die Bn paarweise disjunkt, Ω =∞⋃n=1

Bn. Es folgt fur A ∈ A :

µ1(A ∩Bn+1) = µ1(A ∩ (En+1 \n⋃k=1

Ek))

= µ1(A ∩ En+1 ∩n⋂k=1

(Ω \ Ek))

= µ1(A ∩n⋂k=1

(Ω \ Ek) ∩ En+1)

(Teil 1)→= µ2(A ∩n⋂k=1

(Ω \ Ek) ∩ En+1)

= ...

= µ2(A ∩Bn+1) und damit ergibt sich:

µ1(A) = µ1(∞⋃k=1

Bk ∩ A) = µ1(∞⋃k=1

(Bk ∩ A))

=∞∑k=1

µ1(Bk ∩ A) =∞∑k=1

µ2(Bk ∩ A)

= µ2(∞⋃k=1

Bk ∩ A) = µ2(A) endl.⋃

von p.w.d. Element. Int.⊂ R

Anwendung: M0 = endl.Vereinigungen von p.w.d. Elementar Int. ⊂ R

ist ein Ring und nach Prop. 1.12 µ0(I) =n∑k=1

(bk − ak), wobei

I =n⋃i=1

(ai, bi) σ-additiv auf M0.

Fortsetzungssatz gemeinsam mit Eindeutigkeitssatz 1.30 liefert:

Es. ex. ein eindeutig bestimmtes Maß µ auf B(R) mit der Eigenschaft

µ((a, b)) = µ0((a, b)) = b− a

1.4 Messbare Funktionen

Definition 1.31

Seien (X,M) und (Y,N ) messbare Raume. Eine Funktion f : X → Y

heißt M-N -messbar, falls fur alle B ∈ N : f−1(B) ∈M.

Eine Funktion f : X → R = R ∪ +∞ ∪ −∞ heißt Borel-messbar,

(kurz: messbar), falls x ∈ X : f(x) > a = f−1((a,+∞]) ∈M fur alle a.

Definition 1.32

Sei X 6= ∅ und (Y,N ) messbarer Raum, f : X → Y Funktion.

Page 17: Ana III Mitschrift

17

Dann heißt σ(f) = σ(f−1(B) : B ∈ N) die von f induzierte

σ-Algebra uber X.

Bemerkung: f ist σ(f)-N -messbar.

Lemma 1.33:

Seien (X,M) und (Y,N ) messbare Raume, f : X → Y und sei

N = σ(C) mit einem Mengensystem C ⊂ P(Y ). Falls f−1(C) ∈Mfur alle C ∈ C, dann ist f M-N -messbar.

Beweis: Sei C ⊂ P(Y ) mit f−1(C) ∈M∀C ∈ C. Wir erklaren das

System F durch: F = A ∈ N : f−1(A) ∈M. Dann gilt naturlich C ⊂ F .

Behauptung: F ist eine σ-Algebra

•Y ∈ F , dann f−1(Y ) = X ∈M und Y ∈ N .

•A ∈ F ⇒ Y \ A ∈ F : ist klar, f−1(Y \ A) = X \ f−1(A) ∈M

• Seien An ∈ F , n ∈ N. Dann∞⋃n=1

An ∈ N und es gilt

f−1(∞⋃n=1

An) =∞⋃n=1

f−1(An) ∈M

Da N = σ(C) =⋂

T σ−AlgebraC∈T

T ⊂ F ⊂Def. von F

N gilt F = N

f−1(A) ∈M fur alle A ∈ N ,d.h. f ist M-N -messbar.

Beispiel:

C = J : J = endl.Vereinigung von Elementarintervallen. Dann ist

σ(C) = B(R) die Borel’sche σ-Algebra. Dann ist f : (X,M)→ (R,B(R))

messbar, falls f−1(J) ⊂M fur alle J ∈ C.

Korollar 1.34

Jede stetige Funktion f : R→ R ist messbar.

Beweis: f−1(O) ist offen, falls O offen. Da B(R) alle offenen Mengen

enthalt, folgt die Aussage.

Page 18: Ana III Mitschrift

18

Proposition 1.35

Sei (X,M) messbarer Raum. Dann f : X → R messbar genau dann wenn

eine der folgenden Bedingungen erfullt ist:

(i) x : f(x) ≥ a ∈ M fur alle a ∈ R(ii) x : f(x) < a ∈ M fur alle a ∈ R(iii) x : f(x) ≤ a ∈ M fur alle a ∈ R

Beweis: (i) Es gilt x : f(x) ≥ a =⋂n∈N

x : f(x) > 1− 1

n

Ist f messbar gilt

⋂x : f(x) > a− 1

n

∈M und umgekehrt.

(iii) x : f(x) ≤ a = X \ x : f(x) > a und dann folgt (ii)...

Proposition 1.36

f : (X,M)→ R messbar ⇒ |f | messbar. Die Umkehrung gilt nicht,

falls M 6= P(X).

Beweis: Da x : |f(x)| > a = x : f(x) > a ∪ x : f(x) < −a ∈ M

Sei weiter A ⊂ X,A /∈M und f(x) =

−1, x /∈ A1, x ∈ A . Dann ist |f(x)| = 1

und |f | ist messbar, denn x : |ϕ(x)| > a =

∅, a ≥ 1X, a < 1

, aber

x : f(x) > 0 = A /∈M

Proposition 1.37

Seien fn : X → R, n ∈ N, messbar. Dann sind auch die Funktion

g(x) = supn∈N

fn(x), h(x) = infn∈N

fn(x), g(x) = lim supn→∞

fn(x),

h(x) = lim infn→∞

fn(x) messbar. Insbesondere gilt fur eine punktweise

konvergente Funktionenfolge fn, dass limn→∞

fn(x) messbar ist.

Beweis: Es gilt x : g(x) > a =∞⋃n=1

x : fn(x) > a ∈ M

x : h(x) = inf fn(x) < a =∞⋃n=1

x : fn(x) < a ∈ M

und damit sind g und h messbar. Dann sind auch

gm(x) = supn≥m

fn(x) und hm(x) = infn≥m

fn(x) messbar. Da

g(x) = infm∈N

gn(x) und h = supm∈N

hm(x) gilt folgt auch die Messbarkeit

Page 19: Ana III Mitschrift

19

von g und h.

Lemma 1.38

Seien f, g : X → R messbar. Dann sind auch f + g, f · g und c · f, c ∈ Rmessbar. Weiter sind f+(x) = maxf(x), 0,f−(x) = −minf(x), 0messbare Funktionen.

Satz 1.39

Seien f, g : X → R messbar. Sei F : R2 → R stetig. Dann ist die Fkt.

h : X → R, x 7→ F (f(x), g(x)) messbar. (X,M) messbarer Raum.

Bemerkung: F : R2 → R, (u, v) 7→ u+ v(u, v) 7→ u · v stetig. (vgl. Lemma 1.38)

Beweis: Die Mengen Ga = (u, v) ∈ R2 : F (u, v) > a, a ∈ R, sind offene

TYeilmengen des R2, da F stetig ist. Wie in Lemma 1.5 zeigt man

(im Fall n = 2) das offene Rechtecke Rn ⊂ R2 existieren mit

Ga =∞⋃n=1

Rn, Rn = (u, v) ∈ R2 : an < u < bn, cn < v < dn.

Da f und g messbare Funktionen sind gilt:

x ∈ X : f(x) > an︸ ︷︷ ︸∈M

∩ x ∈ X : f(x) < bn︸ ︷︷ ︸∈M

= x ∈ X : an < f(x) < bn ∈ M,

x ∈ X : g(x) > cn︸ ︷︷ ︸∈M

∩ x ∈ X : g(x) < dn︸ ︷︷ ︸∈M

= x ∈ X : cn < g(x) < dn ∈ M

Insbesondere ist dann x ∈ X : an < f(x) < bn ∩ x ∈ X : cn < g(x) < dn= x ∈ X : (f(x), g(x)) ∈ Rn ∈ M und es folgt:

x ∈ X : h(x) > a = x ∈ X : (f(x), g(x)) ∈ Ga =

x ∈ X : (f(x), g(x)) ∈

∞⋃n=1

Rn

∞⋃n=1

x ∈ X : (f(x), g(x)) ∈ Rn ⊂ M Damit ist h : X → R messbar.

1.5 Das Lebesgue Integral

Im Folgenden sei stets (Ω,M, µ) ein Maßraum.

Definition 1.40

Eine messbare Funktion f : Ω→ [0,∞) die nur endlich viele verschiedene

Werte 0 ≤ α1 < α2 < ... < αn annimt heißt Elementarfunktion. Ist A ∈M

Page 20: Ana III Mitschrift

20

und χAi charakteristische Funktion von Ai, d.h.

χAi(x) =

1, x ∈ Ai

0, x ∈ Ω \ Aiso heißt f =

n∑i=1

αiχAi

die Normaldarstellung der Funktion f .

Definition 1.41

Das Integral einer Elementarfunktion f mit der Normalendarstellung

f =n∑i=1

αiχAi ist definiert durch´Ω

f dµ :=n∑i=1

αiµ(Ai)

Bemerkung:´Ω

f dµ kann auch den Wert +∞ annehmen.

Proposition 1.42

Seien f, g Elementarfunktionen, α ≥ 0. Dann gilt:

(i) f + g und αf sind Elementarfunktionen

(ii)´Ω

(f + g) dµ =´Ω

f dµ+´Ω

g dµ und´Ω

αf dµ = α´Ω

f dµ

(iii) Ist f(x) ≤ g(x), x ∈ Ω, so gilt auch´Ω

f dµ ≤´Ω

g dµ

Beweis: Ubungen

Lemma 1.43

Sei f : Ω→ [0,∞] eine messbare Funktion. Dann ex. eine Folge

fn : Ω→ [0,∞) von Elementarfunktionen mit fn ≤ fn+1 und

f(x) = supn∈N

fn(x), x ∈ Ω.

Beweis: Sei n ∈ N und betrachte die Zerlegung von [0,∞]

in die n · 2n Intervalle i−12n≤ y < i

2n, i = 1, ... , n2n

mit Intervalllange 12n

und das Intervall [n,∞]. Sei dann

Ani =x ∈ Ω : i−1

2n≤ f(x) < i

2n

und Bn = x ∈ Ω : f(x) ≥ n

Definieren die Elementarfkt. fn durch

fn(x) :=n2n∑i=1

i−12nχ4ni(x) + nχBn(x)

Ist x ∈ Ω mit f(x) <∞, dann gilt fur n ∈ N mit f(x) < n,

dass i−12n≤ f(x) < i

2n, i geeignet.

Es folgt: |f(x)− fn(x)| = f(x)− fn(x) = f(x)− i−12n

< 12n

Page 21: Ana III Mitschrift

21

Ist f(x) = +∞, so gilt x ∈ Bn∀n ∈ N und es folgt f(x) = supn∈N

n = +∞

Idee: Definiere´Ω

f dµ = limn→∞

´Ω

fn dµ fur eine messbare Funktion f und

und eine approximierende Folge von Elementarfunktionen fn.

Problem: Wohldefiniertheit!

Lemma 1.44

Fur jede Elementarfunktion f und jede monoton wachsende Folge

von Elementarfunktionen fn gilt:

f(x) ≤ limn→∞

fn(x), x ∈ Ω⇒´Ω

f dµ ≤ limn→∞

´Ω

fn dµ

Beweis: Sei f 6= 0 und A = x ∈ Ω : f(x) > 0. Setze α = minf(x) : x ∈ Aund β = maxf(x) : x ∈ A. Da f Elementarfunktion ist, gilt: α > 0.

Sei ε ∈ (0, α) und seien An := x ∈ A : fn(x) ≥ f(x)− ε. Dann

gilt A =∞⋃n=1

An und A1 ⊆ A2 ⊆ A3...

Sei nun B1 = A1, Bn = An \ An−1, n = 2, 3, ...Dann sind die Bn p.w.d.,

es gilt An =n⋃k=1

Bk und A =∞⋃k=1

Bk. Da µ σ-additiv ist gilt:

µ(A) = µ(∞⋃k=1

Bk) =∞∑k=1

µ(Bk) und µ(An) = µ(n⋃k=1

Bk) =n∑k=1

µ(Bk).

Also gilt µ(A) =∞∑k=1

µ(Bk) = limn→∞

n∑k=1

µ(Bk) = limn→∞

µ(An)

Nun ist aber fn(x) ≥ (f(x)− ε)χAn(x) ≥ (α− ε)χAn(x) und daher´Ω

fndµ ≥´Ω

(α− ε)χAndµ = (α− ε)µ(An)

Fur den Fall, dass µ(A) = +∞ folgt:

limn→∞

´Ω

fndµ ≥ limn→∞

(α− ε)µ(An) = (α− ε)µ(A) = +∞ und damit

folgt die Aussage. Sei also µ(A) <∞ und Cn = A \ An. Dann ist

fn + (β − ε)χCn + ωχA ≥ (f − ε)χAn + (f − ε)χCn + εχA

= (f − ε)χA + εχA = fχA = f und aus µ(Cn) = µ(A)− µ(An) folgt:´Ω

fndµ+´Ω

(gb− ε)χCndµ+´Ω

εχAdµ =´Ω

fndµ+(β − ε)(µ(A)− µ(An) + εµ(A)

≥´Ω

f dµ, n ∈ N. Damit ist

Page 22: Ana III Mitschrift

22

limn→∞

´Ω

fndµ+ limn→∞

(β − ε)(µ(A)− µ(An))︸ ︷︷ ︸=0

+ εµ(A) ≥´Ω

f dµ, ∀ε ∈ (0,∞)

⇒ limn→∞

´Ω

fndµ ≥´Ω

f dµ

Korollar 1.45

Seien (fn) und (gn) monoton wachsende Folgen von Elementarfkt. mit

limn→∞

fn(x) ≤ limn→∞

gn(x), so gilt limn→∞

´Ω

fn dµ ≤ limn→∞

´Ω

gn dµ.

Falls limn→∞

fn(x) = limn→∞

gn(x), x ∈ Ω, so gilt limn→∞

´Ω

fndµ = limn→∞

´Ω

gndµ

Beweis: Da limn→∞

fn ≤ limn→∞

gn gilt fm ≤ limn→∞

gn, also liefert Lemma 1.44:´Ω

fmdµ ≤ limn→∞

´Ω

gndµ fur alle m ∈ N, also limm→∞

´Ω

fmdµ < limn→∞

´Ω

gndµ

Die zweite Aussage ist klar.

Definition 1.46

Sei f : Ω→ [0,∞] eine messbare Funktion und (fn)n∈N : Ω→ [0,∞)

eine Folge von Elementarfunktionen mit fn ≤ fn+1 und f(x) = supn∈N

f(x).

Dann heißt´Ω

f dµ := limn→∞

´Ω

fndµ das Integral von f uber Ω.

Proposition 1.47

Seien f, g messbare Funktionen von Ω nach [0,∞] und α ≥ 0.

Dann gilt: (i)´Ω

(f + g)dµ =´Ω

f dµ+´Ω

g dµ

(ii)´Ω

αf dµ = α´Ω

f dµ

(iii) Gilt f(x) ≤ g(x), x ∈ Ω⇒´Ω

f dµ ≤´Ω

g dµ

Definition 1.48

Eine messbare Funktion f : Ω→ [−∞,∞] heißt uber Ω integrierbar,

falls die Integrale uber f+ = maxf, 0 und f− = −minf, 0endlich sind. Dann ist

´Ω

f dµ =´Ω

f+dµ−´Ω

f−dµ das Integral von f uber Ω.

Bemerkung: Es gilt: f = f+ − f−

Page 23: Ana III Mitschrift

23

Proposition 1.49

Seien f, g : Ω→ [−∞,∞] integrierbar und α ∈ R. Dann gilt:

(i)´Ω

(f + g)dµ =´Ω

f dµ+´Ω

g dµ

(ii)´Ω

αf dµ = α´Ω

f dµ

(iii) Gilt f(x) ≤ g(x), x ∈ Ω⇒´Ω

f dµ ≤´Ω

g dµ

Beweis: (i) (f + g)+ + f− + g− = (f + g)− + f+ + g+

⇒´Ω

(f + g)+dµ+´Ω

f−dµ+´Ω

g−dµ =´Ω

(f + g)−dµ+´Ω

f+dµ+´Ω

g+dµ

⇒´Ω

(f + g)dµ =´Ω

(f + g)+dµ−´Ω

(f + g)−dµ

=´Ω

f+dµ+´Ω

g+dµ−´Ω

f−dµ−´Ω

g−dµ=´Ω

f dµ+´Ω

g dµ

(ii) selbst

(iii) Aus f+ − f− ≤ g+ + g− folgt f+ + g− ≤ g+ + f−

und dann´Ω

f+dµ+´Ω

g−dµ ≤´Ω

g+dµ+´Ω

f−dµ, also

´Ω

f dµ =´Ω

f+dµ−´Ω

f−dµ ≤´Ω

g+dµ−´Ω

g−dµ =´Ω

g dµ

Bemerkung:(Achtung: Messbarkeit)

f = f+ − f− integrierbar ⇐⇒ |f | = f+ + f− integrierbar.

Definition 1.50

Eine messbare Funktion f : Ω→ [−∞,∞] heißt uber einer messbaren

Teilmenge A ⊂ Ω integrierbar, falls χAf integrierbar ist.

In diesem Fall setze:´A

f dµ =´Ω

χAf dµ

Lemma 1.51

Setze A,B disjunkte messbare Mengen. Dann gilt´A∪B

f dµ =´A

f dµ+´B

f dµ

Beweis:´A∪B

f dµ =´Ω

χA∪Bf dµ =´Ω

(χA + χB)f dµ

=´Ω

χAf dµ+´Ω

χBf dµ =´A

f dµ+´B

f dµ

Page 24: Ana III Mitschrift

24

Definition 1.52

Eine messbare Menge A ⊂ Ω heißt Nullmenge, falls µ(A) = 0.

Eine Eigenschaft (z.B. einer Funktion) gilt fast uberall, wenn die Eigenschaft

außerhalb einer Nullmenge gilt.

Satz 1.53

(i) integrierbare Funktionen sind fast uberall endlich

(ii) Ist A eine Nullmenge, so gilt:´A

f dµ = 0.

Beweis: UA

Bemerkungen: Integrierbare Funktionen konnen auf Nullmengen abgeandert

werden, ohne dass sich der Wert des Integrals adert.

Einige weitere elementare Aussagen:

•A,B messbare Menge, B ⊂ A und µ(A \B) = 0 und f sei messbar.

Existiert eines der Integrale´A

f dµ oder´B

f dµ, dann existiert auch das

andere und beide sind gleich.

• Sind f, g messbar und |f(x)| ≤ g(x), x ∈ Ω und ist g integrierbar, so

ist auch |f | und f integrierbar, es gilt:´Ω

f dµ ≤´Ω

g dµ

1.6 Konvergenzsatze

Das allerbeste am Lebesgue-Integral sind die guten Konvergenzsatze.

Satz 1.54 (Satz von der monotonen Konvergenz, Beppo Levi)

Sei (fn)n eine monoton wachsende Folge nichtnegativer messbarer

Funktionen und limn→∞

fn = f der punktweise Grenzwert (in [0,∞])

Dann ist f messbar und es gilt: limn→∞

´Ω

fndµ =´Ω

f dµ

Beweis: Die Grenzfunktion f ist messbar nach Satz 1.37.

Da fur alle n ∈ N gilt fn ≤ f folgt auch´Ω

fndµ ≤´Ω

f dµ und damit

limn→∞

´Ω

fndµ ≤´Ω

f dµ.

Um die Ungleichung ”≥” genugt es eine monoton wachsende Folge von

Elementarfunktionen fn mit fn ≤ fn und limn→∞

fn = f , denn es gilt

Page 25: Ana III Mitschrift

25

limn→∞

´Ω

fndµ =´Ω

f dµ und damit´Ω

f dµ = limn→∞

´Ω

fn ≤ limn→∞

´Ω

fndµ.

Zu n ∈ N sei fnm,m = 1, 2, ... eine monoton wachsende Folge von

Elementarfunktionen mit limm→∞

fnm = fn. Weiter sei

fm = maxf1m, ... , fnm. Dann ist fm ≤ fm+1 und es gilt fm ≤ fm,

also folgt limm→∞

fm ≤ limm→∞

fm = f.

Umgekehrt ist fur m ≥ n : fnm ≤ fm und daher fur n ∈ N :

fn = limm→∞

fmn ≤ limm→∞

fm und damit dann auch

f = limn→∞

fn ≤ limm→∞

fm also f = limm→∞

fm.

Satz 1.55 (Lemma von Fatou)

Sei (fn) eine Folge nichtnegativer messbarer Funktionen und

f = lim infn→∞

fn. Dann ist f eine nichtnegative messbare Funktion

und es gilt die Abschatzung:´Ω

f dµ ≤ lim infn→∞

´Ω

fndµ. Es gilt i.A. keine Gleichheit.

Beweis: Setze gn(x) := infk≥n

fk(x), n = 1, 2, ... Dann sind die gn messbar

und es gilt 0 ≤ g1 ≤ g2 ≤ ... und auch gn ≤ fn. Also gilt

limn→∞

gn = lim infn→∞

fn = f . Aus dem Satz von der montonen Konvergenz

folgt:´Ω

f dµ = limn→∞

´Ω

gndµ. Nun ist aber fur k ≥ n :

gn(x) ≤ fk(x) also auch´Ω

gndµ ≤´Ω

fkdµ, k ≥ n.

Damit´Ω

gndµ ≤ infk≥n

´Ω

fkdµ und es folgt:

´Ω

f dµ = limn→∞

´Ω

gndµ ≤ lim infn→∞

´Ω

fndµ

Satz 1.56 (Satz von der majorisierten Konvergenz, Lebesgue)

Sei (fn) eine Folge messbarer Funktionen die punktweise fast uberall

gegen eine Funktion f konvergiert, d.h.

f(x) = limn→∞

fn(x) fur fast alle x ∈ Ω.

Es gebe eine integrierbare Funktion g mit |fn(x)| ≤ g(x) f.f.a. x ∈ Ω.

Page 26: Ana III Mitschrift

26

Dann ist auch f integrierbar und es gilt:´Ω

f dµ = limn→∞

´Ω

fndµ.

Beweis: O.B.d.A. gelten die Voraussetzungen fur alle x ∈ Ω, denn

sonst modifiziert man die Funktionen entsprechend auf einer Nullmenge.

insbesondere gilt ∀x ∈ Ω: |f(x)| = limn→∞|fn(x)| ≤ g(x).

Da f = lim fn messbar ist, folgt schon einmal, dass f integrierbar ist.

Weiter ist f + g ≥ 0 und fn + g ≥ 0, n ∈ N.

Mit dem Lemma von Fatou folgt:´Ω

f + g dµ ≤ lim infn→∞

´Ω

fn + g dµ,

es gilt´Ω

f dµ ≤ lim infn→∞

´Ω

fndµ. Genauso folgt mit dem Lemma von Fatou:

´Ω

g − f dµ ≤ lim infn→∞

´Ω

(g − fn)dµ, d.h. es gilt −´Ω

f dµ ≤ lim infn→∞

(−´Ω

fndµ

),

damit´Ω

f dµ ≥ lim supn→∞

´Ω

fndµ.

Insgesamt folgt:´Ω

f dµ ≤ lim infn→∞

´Ω

fndµ ≤ lim supn→∞

´Ω

fndµ, d.h. es gilt

´Ω

f dµ = limn→∞

´Ω

fndµ.

Die Lp und die Lp Raume

Sei (Ω,M, µ) ein Maßraum.

Definition 1.57

Fur p ∈ (0,∞) setze Lp(Ω,M, µ) =

f : Ω→ C messbar :

´Ω

|f |pdµ <∞

Der Raum wird auch mit Lp(µ) bezeichnet, oder - falls Ω ⊂ Rd,MBorel-σ-Algebra und µ das Lebesguemaß - mit Lp(Ω).

Fur f ∈ Lp(Ω,M, µ) sei ‖f‖p = (´Ω

|f |pdµ)1/p

.

Fur f, g ∈ Lp(µ) und λ ∈ C setze: (f + g)(x) = f(x) + g(x), x ∈ Ω, und

(λf)(x) = λf(x), x ∈ Ω.

Lemma 1.58

Lp(Ω,M, µ) ist ein Vektorraum.

Beweis: Ist f ∈ Lp(µ) und λ ∈ C, es gilt´Ω

|λf |pdµ = |λ|p´Ω

|f |pdµ <∞,

Page 27: Ana III Mitschrift

27

d.h. λf ∈ Lp(µ). Fur f, g ∈ Lp(µ) gilt´Ω

|f + g|pdµ ≤´Ω

(|f |+ |g|)pdµ ≤´Ω

(2max|f(x)|, |g(x)|)pdµ(x)

= 2p´Ω

max|f(x)|p, |g(x)|pdµ(x) ≤ 2p´Ω

|f |pdµ+ 2p´Ω

|g|pdµ <∞, d.h.

f + g ∈ Lp(µ)

Bemerkungen: ∗Fur f ∈ Lp(µ) und λ ∈ C gilt:

‖λf‖p = (´Ω

|λf |pdµ)1/p

= |λ|‖f‖p

• ‖f‖p = 0 ; f = 0 (aber f = 0 fast uberall)

∗ ‖f + g‖p ≤ ‖f‖p + ‖g‖p?(p = 1 :

´|f + g|dµ ≤

´|f |dµ+

´|g|dµ

)

Satz 1.59 (Holdersche Ungleichung)

Fur p, q ∈ (1,∞) mit 1p

+ 1q

= 1 und f ∈ Lp(µ), g ∈ Lp(µ) gilt

f, g ∈ L1(µ) und ‖fg‖1 ≤ ‖f‖p‖g‖q.

Beweis: Die Fkt. [0,∞) 3 u 7→ up−1 ist streng monoton wachsend mit

Umkehrfunktion [0,∞) 3 u 7→ u1/p−1. Fur a, b ≥ 0 gilt:

ab ≤a

0

up−1du +b

0

u1/p−1du = ap

p+ b

1p−1 +1

1p−1

+1da 1

q= 1− 1

p

= ap

p+ bq

q(Youngsche Ungleichung)

Seien f ∈ Lp(µ), g ∈ Lq(µ).‖f‖p 6= 0, ‖g‖p 6= 0 und

f = 1‖f‖p

f, g = 1‖g‖q

g. Dann ist∥∥∥f∥∥∥

p= 1 und ‖g‖q = 1 und es gilt:∥∥∥f g∥∥∥

1=´Ω

∣∣∣f(x)∣∣∣|g(x)|dµ(x) ≤

´Ω

|f(x)|pp

+ |g(x)|qq

dµ(x) = 1p

∥∥∥f∥∥∥pp

+ 1q‖g‖qq

= 1p

+ 1q

= 1 =∥∥∥f∥∥∥

p‖g‖q <∞

Damit folgt: ‖fg‖1 =∥∥∥‖f‖pf ‖g‖qg∥∥∥

1= ‖f‖p‖gq‖

∥∥∥f g∥∥∥1

≤ ‖f‖p‖g‖q∥∥∥f∥∥∥

p‖g‖q =

∥∥∥‖f‖pf∥∥∥p·∥∥∥‖g‖qg∥∥∥ = ‖f‖p‖g‖q

Satz 1.60 (Minkowski-Ungleichung)

Fur p ∈ [1,∞) und f, g ∈ Lp(µ) gilt ‖f + g‖p ≤ ‖f‖p + ‖g‖p

Page 28: Ana III Mitschrift

28

Beweis: p = 1 ist klar. Sei p > 1 und q := pp+1

, d.h. 1q

= p−1p

= 1− 1p,

also 1p

+ 1q

= 1. Dann ist fur f, g ∈ Lp(µ) :

‖f + g‖pp =´Ω

|f + g|pdµ =´Ω

|f + g||f + g|p+1dµ

≤´Ω

|f ||f + g|p−1dµ+´Ω

|g||f + g|p1dµ

Da´Ω

|f + g|(p−1)qdµ=´Ω

|f + g|p <∞ folgt |f + g|p−1 ∈ Lp(µ) und mit

der Holder Ungleichung fur f ∈ Lp, (f + g)p−1 ∈ Lp ergibt sich:

‖f + g‖pp ≤∥∥|f | · |f + g|p−1

∥∥1

+∥∥|g| · |f + g|p−q

∥∥1

≤ ‖f‖p‖(f + g)p−1‖q + ‖g‖p∥∥(f + g)p−1

∥∥q

=(‖f‖p + ‖g‖p

)∥∥(f + g)p−1∥∥

1︸ ︷︷ ︸((´|f+g|p)

p/q)1/p

=(‖f‖p + ‖g‖p

)‖f + g‖p/qp =

(‖f‖p + ‖g‖p

)‖f + g‖p−1

p

⇒ ‖f + g‖p ≤ ‖f‖p + ‖g‖p

Bemerkung: Es ist gezeigt, dass ‖.‖p eine Halbnorm ist. (d.h. ‖.‖ ist eine”nicht definite Norm”)

Korollar 1.61

Die Raume(Lp(µ), ‖.‖p

), p ∈ [1,∞) sind halbnormierte Vektorraume.

Bemerkung: -halbnormierter Raum ist nicht schlimm, man geht einfach zum

Quotientenraum uber.

-viel wichtiger: Vollstandigkeit von Lp(µ)

Satz 1.62

Fur p ∈ [1,∞) ist Lp(µ) vollstandigen halbnormierter Raum.

Beweis: Sei (fn)n∈N eine Cauchyfolge in Lp(µ). Dann ex. eine Teilfolge

(fnk) mit ‖fnk+1− fnk‖p ≤

12k

. Setze gm :=m∑k=1

|fnk+1− fnk | und

g :=∞∑k=1

|fnk − fnk |. Die Funktion g nimmt Werte in [0,+∞] an.

Da Lp(µ) ein Vektorraum isz, gilt gm ∈ Lp und mit der Minkowski

Ungleichung folgt ‖gm‖p = ‖m∑k=1

|fnk+1− fnk |‖

p

≤m∑k=1

∥∥fnk+1− fnk

∥∥p

Page 29: Ana III Mitschrift

29

≤m∑k=1

12k≤ 1,m ∈ N. Da gm ≤ gm+1 und gm → g punktweise gilt

auch gpm ≤ gpm+1 und gpm(x)→ gp(x),x ∈ Ω.

Mit dem Satz von der monotonen Konvergenz folgt:´Ω

|g|pdµ = limn→∞

ˆ

Ω

|gn|pdµ︸ ︷︷ ︸‖gm‖pp

≤ 1p = 1.

Es folgt g ∈ Lp(µ) und insbesondere ist g außerhalb einer Nullmenge N

endlich, d.h. g(x) <∞ fur alle x ∈ Ω \N . Fur alle x ∈ Ω \N ist die Reihe∞∑k=1

fnk+1(x)− fnk(x) absolut konvergent (gegen g(x)) in C und damit

konvergiert die Reihe selbst. Setze f(x) :=∞∑k=1

fnk+1(x)− fnk(x)

Bemerkung: f(x) = lim fn(x), x ∈ Ω

Naturlich ist f als pktw. GW von messbaren Funktionen messbar.

Weiter gilt: |f | = |∞∑n=1

fnk+1− fnk | ≤ g und daher

´Ω

|f |pdµ ≤´Ω

|g|pdµ <∞.

Daher ist f ∈ Lp(µ). Zeige jetzt:m∑k=1

fnk+1− fnk

‖.‖p→ f fur m→∞.

Sei dazu hm = |f −m∑k=1

(fnk+1− fnk)|. Dann ist hm(x)→ 0 ∀x ∈ Ω \N .

Weiter ist: hm = |∞∑

k=m+1

fnk+1− fnk |

p

≤ (∞∑

k=m+1

|fnk+1− fnk |)

p

≤ gp

und wegen g ∈ Lp(µ) ist gp eine integrable Majorante fur hm,m ∈ N.

Dann liefert der Satz v. Lebesgue: limm→∞

´Ω

hmdµ =´Ω

limm→∞

hmdµ = 0.

Also gilt: limm→∞

´Ω

|f −m∑k=1

(fnk+1

− fnk)|p

dµ = 0. Da aberm∑k=1

fnk+1−fnk = fnm+1−fn1 folgt

fnk+1− fn1

‖.‖p→ f,m→∞d.h. fm → f + fn1 in Lp(µ) und damit konvergiert die Cauchyfolge

(fn) selbst gegen f + fn1 in Lp(µ).

Es sei Np :=f ∈ Lp(µ) : ‖f‖p = 0

und Lp(µ) := Lp(µ)

Np , d.h. die

Elemente von Lp(µ) sind Aquivalenzklassen bzgl. der Aquivalenzrelation

f ∼ g :⇐⇒ ‖f − g‖p = 0 Also: [f ] =g ∈ Lp(µ) : ‖g − f‖p = 0

.

Setze [f ] + [g] = [f + g], [λf ] =: λ[f ], ‖[f ]‖p := ‖f‖p

Page 30: Ana III Mitschrift

30

Setze 1.63

Fur p ∈ [1,∞) ist Lp(µ) ein Banachraum und fur p = 2 sogar ein

Hilbertraum: L2(µ).

Beweis: ‖.‖p, Lp(µ)→ [0,∞) ist eine Norm

•Wohldefiniertheit: g, h ∈ [f ], d.h. ‖g − h‖p = 0, also

‖g‖p ≤ ‖g − h‖p + ‖h‖p = ‖h‖p ≤ ‖h− g‖p + ‖g‖p = ‖g‖p• ‖[λf ]‖p = |λ|‖[f ]‖p, ‖[f + g]‖p ≤ ‖[f ]‖p + ‖[g]‖p klar

• ‖[f ]‖p = 0, d.h. ∀g ∈ [f ] ist ‖g‖p = 0, also g ∼ 0, d.h.

g ∈ [0], also [f ] = 0

Vollstandigkeit:

Sei ([fn])n∈N ⊂ Lp(µ) eine Cauchyfolge, d.h.

‖[fn]− [fm]‖p = ‖fn − fm‖p < ε fur n,m ≥ N0. Also ist (fn)n∈N eine

Cauchyfolge im Lp(µ) und konvergiert mit Satz 1.62 gegen ein f ∈ Lp(µ).

Dann folgt: ‖[f ]− [fn]‖p = ‖f − fn‖p → 0, n→∞.

Satz 1.64

Die Elementarfunktionen(oder Treppenfkt.) liegen dicht in(Lp(µ), ‖.‖p

),

d.h. fur f ≤ Lp(µ) existiert eine Folge (fn) von Elementarfunktionen

mit ‖f − fn‖p → 0,n→∞.

Beweis: Sei zuerst f ∈ Lp(µ) reellwertig und nichtnegativ. Dann ex. eine

Folge (fn) von Elementarfunktionen mit 0 ≤ fn ≤ fn+1 f punktweise.

Wegen |f − fn|p ≤ (|f |+ |fn|)p ≤ 2p|f |p. Da f ∈ Lp(µ) ist 2pfp

integrable Majorante fur |f − fn|p. Weil |f − fn|p → 0 punktweise folgt mit

dem Satz v. Lebesgue:

limn→∞‖f − fn‖pp = lim

n→∞

´Ω

|f − fn|pdµ =´Ω

limn→∞|f − fn|pdµ = 0

Fur f ∈ Lp(µ) beliebig betrachte f = Re f + i Im f und wende obiges

Argument auf (Re f)± und (Im f)± an.

Sei Np =f ∈ Lp : ‖f‖p = 0

und setze Lp(µ) := Lp(µ)

Np ,

f ∼ g ⇐⇒ ‖f − g‖p = 0

‖[f ]‖p := ‖f‖p, f ∈ [f ] Norm

Page 31: Ana III Mitschrift

31

Bemerkung: p = 2 〈f, g〉 :=´Ω

fgdµ Skalarprodukt.

Induzierte Norm ‖f‖2 =√〈f, g〉 = (

´Ω

|f |2dµ)1/2

(L2(µ), 〈., .〉) ist ein Hilbertraum.

Schrodinger Operator: H = −4+ V, V : Ω→ R, beschrankt.

Hf = (−4+ V )f = −4f + V f = −n∑k=1

∂2

∂x2if + V f , f ∈ L2(Ω)

linear H(f + g) = Hf +Hg,H(αf) = αHf .

H : L2(Ω)→ L2(Ω)

〈Hf, g〉2 −< f,Hg >2 =´Ω

(−4+ V )fgdµ−´Ω

f(−4+ V )g dµ

=´−4fg +

´f4g

∂f∂ng − f ∂g

∂nd

= 0

d.h. 〈Hf, g〉2 = < f,Hg >2 ⇒ H = H∗

1.7 Produktmaße

Gegeben seien zwei Grundmengen Ω1,Ω2 und σ-Algebren A1 bzw. A2

auf Ω1 bzw Ω2. Ziel: σ-Algebra auf Ω1 × Ω2 zu konstr.

Achtung: A1 × A2 := A1 × A2 : Ai ∈ Ai, i = 1, 2

Definition 1.65

Wir definieren die Produkt σ-Algebra A1 ⊗ A2 als die von A1 × A2

erzeugte σ-Algebra, d.h. A1 ⊗ A2 := σ(A1 × A2).

Satz 1.66

Erzeugen die Mengensysteme E1 und E2 die σ-Algebren A1 bzw. A2

und gibt es Mengen (Eni )n∈N ⊂ E1, i = 1, 2 mit Ωi =

⋃n

Eni , so

wird A1 ⊗ A2 durch E1 × E2 erzeugt.

Beweis: Sei B die von E1 × E2 erzeugte σ-Algebra.

•B ⊂ A1 ⊗ A2 ist klar.

•Wir setzen B1 := A ⊂ Ω1|A× Ω2 ∈ B

Page 32: Ana III Mitschrift

32

Dann ist B1 eine σ-Algebra (selbst zeigen)

Fur E ∈ E1 gilt nun: E × Ω2 = E ×⋃n

En2 =

⋃n

(E × En2 )

Also folgt E1 ⊂ B1, also auch auch A1 ⊂ B1, d.h.

∀A1 ∈ A1 : A1 × Ω2 ∈ B. Ganz analog: Ω1 × A2 ∈ B∀A2 ∈ A2.

∀A1 × A2 ∈ A1 × A2 : A1 × A2 = A1 × Ω2 ∩ Ω1 × A2 ∈ B.

Also A1 × A2 ⊂ B und somit A1 ⊗ A2 ⊂ B.

Folgerung: Ist A1 = B(Rm) die Borel-σ-Algebra uber Rm und A2 = B(Rn)

so ist A1 ⊗ A2 = B(Rm)⊗ B(Rn) = B(Rm × Rn) = B(Rm+n) :

Wahlen wir als E1 bzw E2 die Menge aller Quader im Rm bzw. Rn,

so wird B(Rm)⊗ B(Rn) also erzeugt von E1 × E2 = Quader im Rm+n

Definition 1.67

Fur A ⊂ Ω1 × Ω2, x1 ∈ Ω1, x2 ∈ Ω2 heißen die Mengen

Ax1 := x2 ∈ Ω2 | (x1, x2) ∈ A, Ax2 := x1 ∈ Ω1 | (x1, x2) ∈ Ax1- bzw. x2-Schnitt von A.

Satz 1.68

Ist A ∈ A1 ⊗ A2, so ist Ax1 ∈ A2, Ax2 ∈ A1∀x1 ∈ Ω1, x2 ∈ Ω2.

Beweis: Fur x2 ∈ Ω2 setzen wir B := A ⊂ Ω1 × Ω2 |Ax2 ∈ A1.Dann ist B eine σ-Algebra(selber beweisen).

Fur A ∈ A1 × A2, also A = A1 × A2, Ai ∈ Ai, i = 1, 2 :

(A1 × A2)x2=

A1 f. x2 ∈ A2

∅ f. x2 /∈ A2∈ A1 ,

also A1 × A2 ⊂ B, also auch A1 ⊗ A2 ∈ B.

Satz 1.69

Seien (Ω1,Ai, µi), i = 1, 2 σ-endl. Maßraume. Dann sind fur

A ∈ A1 ⊗ A2 die Funktionen s(1)A (x1) := µ2(Ax1),s

(2)A (x2) := µ1(Ax2)

A1- bzw. A2-meßbar.

Beweis: Fur die Funktion sA = s(1)A :

Page 33: Ana III Mitschrift

33

(1) Sei zunachst µ2 ein endliches Maß. Wir definieren

D := A ∈ A1 ⊗ A2 | sA ist A1 −messbarDann ist D ein Dynkin System: •Ω := Ω1 × Ω2 ∈ D: Dann ist

sΩ(x1) = µ2((Ω1 × Ω2)x1) = µ2(Ω2) <∞also ist sΩ konstant und damit A1-messbar.

• Fur A ∈ D ist Ac ∈ D : sAc(x1) = µ2((Ac)x1) = µ2((Ω \ A)x1)

= µ2((Ω1 × Ω2) \ A)x1) = µ2(Ω2 \ Ax1) = µ2(Ω2)− µ2(Ax1)

= sΩ(x1)− sA(x1). Also ist sAc als Differenz messbarer Fkt. messbar.

• Fur (An) ⊂ D p.w.d. ist•⋃n

An ∈ D : s •⋃nAn

(x1) = µ2((•⋃n

An)x1)

= µ2(•⋃n

(An)x1) =

∑n

µ2((An)x1) =∑n

sAn(x1). Also s •⋃nAn

messbar.

Fur A1 × A2 ∈ A1 × A2 gilt: sA1×A2(x1) = µ2((A1 × A2)x1)

=

µ2(A2) falls x1 ∈ A1

µ2(∅) = 0 falls x1 /∈ A= χA1(x1)µ2(A2) messbar, also

A1 × A2 ⊂ D. Also liegt das von A1 × A2 erzeugte Dynkin-System

D0 ⊂ D. Da D0 vom durchschnittsstabilen Erzeuger A1 × A2 erzeugt

wird, ist D0 sogar eine σ-Algebra. Also folgt A1 ⊗ A2 ⊂ D0 ⊂ D

also sind fur alle A ∈ A1 ⊗ A2 die Schnitte sA messbar.

(2) Sei µ2 nun σ-endlich und sei (Ωn2 ) ⊂ A2 mit Ω2 =

⋃n

Ωn2 p.w.d. und

µ2(Ωn2 ) <∞∀n ∈ N. Fur A ∈ A1 ⊗ A2 folgt sA(x1) = µ2(Ax1)

= µ2(Ax1 ∩ Ω2) = µ2(Ax1 ∩⋃n

Ωn2 ) = µ2(

⋃n

(Ax1 ∩ Ωn2 ))

=∑n

µ2(Ax1 ∩ Ωn2 ) =

∑n

µ2,n(Ax1)

Fur n ∈ N ist µ2,n(B) := µ2(B ∩ Ω2n) ein endliches Maß auf A2.

Damit konnen wir den ersten Teil auf µ2,n anwenden und somit sind

x1 7→ µ2,n(Ax1) messbar und also sA messbar.

Satz 1.70

Es existiert ein eindeutig bestimmtes Maß µ = µ1 ⊗ µ1 auf der

σ − AlgebraM1 ⊗M2 mit µ(A1 × A2) = µ1(A1)µ2(A2)A1 × A2 ∈M1 ×M2

µ heißt Produktmaß, es gilt (µ1 ⊗ µ1)(A) =´Ω1

µ2(Ax1) dµ1 =´Ω2

µ1(Ax1) dµ2 A ∈ M1 ⊗

M2

Beweis

Eindeutig kein Problem, daM1×M2 ein durchschnittstabiler Erzeuger von vonM1⊗M2

Page 34: Ana III Mitschrift

34

ist. Fur A = A1 × A2, A1 ∈M1, A2 ∈M2 ist

Ax1 = (A1 × A2)x1 = x2 ∈ Ω2 : (x1, x2) ∈ A1 × A2 =

A2 x1 ∈ A1

∅ x1 /∈ A1

Weiter ist µ2(Ax1) =

µ2(A2) x1 ∈ A1

0 x1 /∈ A1

und daher x1 → µ2(Ax1) = χA1(x1) µ2(A2), also folgt´Ω

µ2(Ax1) d µ1 =´Ω

χA1(x1) µ2(A2) d µ1 = µ1(A1)µ2(A2)

Zeige σ − Additivitat von µ :

Sei A ∈M1⊗M2 undA =∞⋃k=1

A(k), A(k) ∈M1⊗M2. Dann sind auch die A(k)x1 paarweise

disjunkt und es folgt:

µ2(Ax1) = µ2(∞⋃k=1

A(k)x1 ) =

∞∑k=1

µ2(A(k)x1 ) Dann folgt:

µ(A) =´Ω1

µ2(Ax1) d µ1monotone Konv.

=∞∑k=1

´Ω1

µ2(A(k)x1 ) d µ1

=´Ω1

∞∑k=1

µ2(A(k)x1 ) d µ1 =

∞∑k=1

µ2(A(k))

Satz 1.71 (Satz von Tonelli)

Seien (Ωi,Mi, µi) i = 1, 2, σ − endliche Maßraume und

f : Ω1 × Ω2 → [0,∞] eineM1 ⊗M2 −messbare Funktion.

Dann sind die Schnittfunktionen

fx2 : Ω1 → [0, ∞], x1 → f(x1, x2).M1 −messbar

fx1 : Ω2 → [0, ∞], x2 → f(x1, x2).M2 −messbar

Und die Funktionen

Ω13 x1 →´Ω2

fx1dµ2, Ω2 3 x2 →´Ω1

fx2dµ1 und M1 − bzw.M2 messbar

Es gilt´

Ω1⊗Ω2

fx1d(µ1 ⊗ µ2) =´Ω1

(´Ω2

fx1dµ2

)dµ1 =

´Ω2

(´Ω1

fx2dµ1

)dµ2

Beweis:

Sei zunachst f eine Elementarfunktion der Form f =∞∑k=1

αkχAk , αk > 0Ak ∈M1 ⊗M2

(χA)x1: Ω2 → [0,∞], x2 → χA(x1, x2) =

1 (x1, x2) ∈ A0 (x1, x2) /∈ A

=

1 x2 ∈ Ax1

0 x2 /∈ Ax1

= χAx1

(x2) Dann folgt:

Page 35: Ana III Mitschrift

35

fx1 =∞∑k=1

αk(χAk)x1 =∞∑k=1

αkχAkx1und daAkx1

∈ M2, also ist fx1 M2 −messbar. Analog

ist fx2 M1 −messbar

Ahnlich sieht man, dass x1 →´Ω2

fx1dµ2 und x2 →´Ω1

fx2dµ1M1 bzw.M2−messbar sind. (Satz 1.69)

Dann gilt: x1 →´

Ω1×Ω2

f d(µ1 ⊗ µ2) =∞∑k=1

αk´

Ω1×Ω2

χAkd (µ1 ⊗ µ2)

∞∑k=1

αk(µ1 ⊗ µ2)(Ak)Satz 1.70

=∞∑k=1

αk´Ω1

µ2(Akx1) dµ1 =

´Ω1

(´Ω2

fx1dµ2) dµ1

= ... andersrum ... =´Ω2

(´Ω1

fx2dµ1) dµ2

Beweis:

Sei f : Ω1 × Ω2 → [0,∞] nichtnegative, messbare Funktion und sei (fn)

eine Folge von nicht negativen Elementarfunktionen mit fn ≤ fn+1 f

punktweise. Dann folgt (fn)x1 ≤ (fn+1)x1 fx1 punktweise, so dass die

Funktionen x1 →´Ω2

(fn)x1dµ2 und x2 →

´Ω1

(fn)x2dµ1 von unten gegen

die Funktionen x1 →´Ω2

fx1dµ2 und x2 →´Ω1

fx2dµ1 konvergieren.

Der Satz von der monotonen Konvergenz liefert:´Ω1×Ω2

f d(µ1 ⊗ µ2) = limn→∞

´Ω1×Ω2

fn d(µ1 ⊗ µ2) = limn→∞

´Ω1

(´Ω2

(fn)x1dµ2) dµ1

=´Ω1

(´Ω2

fx1dµ2) dµ1

Satz 1.72 (Satz von Fubini)

Seien (Ωi,Mi, µi) i = 1, 2, σ−endliche Maßraume und f : Ω1×Ω2 → R eine integrierbareFunktion. dann sind die Schnittfunktionen

fx2 : Ω1 → R, x1 → f(x1, x2). µ1 -integrierbar f.f.a x2 ∈ Ω2

fx1 : Ω2 → R, x2 → f(x1, x2). µ2 -integrierbar f.f.a x1 ∈ Ω1

Und die Funktionen

g1(x1) =´Ω2

fx1dµ2, g2(x2) →´Ω1

fx2dµ1 sind f.f.a x1bzw.x2 erklart, integrierbar und es

gilt´

Ω1×Ω2

f d(µ1 × µ2) =´Ω1

(´Ω2

fx1dµ2

)dµ1 =

´Ω1

g1 dµ1 =´Ω2

(´Ω1

fx2dµ1

)dµ2

´Ω2

g2 dµ2 =´Ω1

(´Ω2

fx1dµ2

)dµ1

Beweis:

Es gilt |f |x1= |fx1|, (f±)x1

= (fx1)± Mit dem Satz von Tonelli folgt

Page 36: Ana III Mitschrift

36

´Ω1

(´Ω2

|fx1 |dµ2

)dµ1 =

´Ω1

´Ω2

|f |x1dµ2dµ1 =

´Ω1×Ω2

|f | d(µ1 × µ2) <∞,

da f integrierbar. D.h. außerhalb einer Nullmenge N1 ∈ Ω1 gilt´Ω2

|fx1|dµ2 <∞, x1 ∈ Ω1 \N1 Dann ist die Funktion x2 → fx1(x2)

integrierbar. fur alle x2 ∈ Ω1 \N1. Nach Def. ist g1(x1) =´Ω2

fx1dµ2

=´Ω2

f+x1dµ2 −

´Ω2

f−x1dµ2,x1 ∈ Ω1

N1. Und mit dem Satz von Tonelli folgt,

dass x1 7→´Ω2

f+x1dµ2 messbar und integrierbar ist, da

´Ω1

(´Ω2

f+x1dµ2)dµ1 =

´Ω1×Ω2

f±dµ1 ⊗ µ2 <∞

Insgesamt folgt:´Ω1

g1dµ1 =´Ω1

(´Ω2

fx1dµ2)dµ1

=´Ω1

(´Ω2

f+x1dµ2)dµ1 −

´Ω1

(´Ω2

f−x1dµ2)dµ1

Ω1×Ω2

f+x1dµ1⊗µ2 −

´Ω1×Ω2

f−x1dµ1⊗µ2

Ω1×Ω2

fx1dµ1⊗µ2

2. Einfuhrung in die Theorie der gewohnlichen Differ-

entialgleichungen

2.1 Definition, Beispiele und elementare Losungsmethoden

Definition 2.1

Eine gewohnliche Differentialgleichung(in expliziter Form) ist eine Gleichung

der Gestalt y(n) = f(t, y, y′, ... , y(n−1)) wobei y(i) : I → R, i = 0, ... , n sind

Funktionenn in der Variable t und f : Rn+1 ⊃ G→ R.

Ein Anfangwertproblem ist eine DGL der Form y(n) = f(t, y, y′, ... , y(n−1))

mit einer Anfangsbedingung y(t0) = y0, y′(t0)y1, ... , y

(n−1)(t0) = yn−1,

t0 ∈ I, (t0, y0, ... , yn−1) ∈ G.

Beispiele:

1) y′ = y Finde Fkt. y : I → R mit y′(t) = y(t), t ∈ I.Mogliche Lsg.: y(t) = et

Page 37: Ana III Mitschrift

37

(Bezug zur Def: n = 1, f(t, y(t)) = y′(t) = y(t)

2) y′′ + q(y) = λy, q : I → R, λ ∈ R (falls q 6= const ”kaum” losbar)

3) y(7) = arctan(y(6)) + y(5) + sin(ey′) (analytisch unlosbar)

Beispiel 1) ϕ : [a, b]→ R stetig, DGL : y′ = φ

Integration liefert: y(t) =t

a

ϕ(s)ds + c, c ∈ R.

Betrachte AWP: y′ = ϕ, y(a) = y0

Eindeutige Losung gegeben durch die Funktiont

a

ϕ(s)ds + y0

Beispiel 2) (Wachstums- und Zerfallsprozesse)

y′ = ky (k > 0 :”Wachstum”,k < 0 :”Zerfall”)

y(0) = y0

”physikermethode”: y′ = dydt

= ky ´

dyy

=´kdt log|y| = kt+ c

y = ekt+c = c1ekt y(0) = c1e

k·0 = c1 = y0

Beispiel 3) y′ = g(y)h(t)

analog: dydt

= g(y)h(t) ´

dyg(y)

=´h(t)dt

jetzt integrieren und dann nach y auflosen.

Beispiel 4) (Schwingungsgleichung(ohne Dampfungsterm))

y′′ + ω20y = 0, ω0 =

√km

Losungen: y1(t) = sin(ω0t), y2(t) = cos(ω0t) und auch c1y1 + c2y2

ist Losung c1, c2 ∈ R.y(t0) = s0 Anfangsauslenkung

y′(t0) = v0 Anfangsgeschwindigkeit

⇒ c1sin(ω0t0) + c2cos(ω0t0)!

= s0

c1ω0cos(ω0t0)− c2ω0sin(ω0t0)!

= v0

Bestimme c1, c2

Satz 2.2

Seien I und J ⊂ R Intervalle, h : I → R, g : J → R stetig und sei

t0 ∈ I, y0 ∈ J innerer Punkt von J . Dann gilt:

(i) Falls g(y0) 6= 0, existiert Umgebung U von t0, so dass AWP

y′ = g(y)h(t), y(t0) = y0 auf I ∩ U eine eindeutige Losung besitzt, diese

Page 38: Ana III Mitschrift

38

erhalt man durch Auflosen vony

y0

dug(u)

=t

t0

h(s)ds nach y.

(ii) Falls g(y0) = 0, g(y) 6= 0, fur 0 < y − y0 ≤ η und die uneigentlichen

Integraley0+η´y0

1g(u)

du undy0

y0−η

1g(u)

du divergieren ist y = y0

die eindeutig bestimmte Lsg. des AWP auf I.

Beweis: (i) Setze G(y) =y

y0

dug(u)

, H(t) =t

t0

h(s)ds

Da g stetig und g(y0) 6= 0 ist G auf einem offenen Teilintervall J ⊂ J

erklart, wo g 6= 0. Dort ist G′(y) = 1g(y)

> 0 oder < 0 und daher

G streng monoton auf J . Es sei Ginv : G(J) =: I → R die

Umkehrfunktion von G. Dann ist auch I offen und da

H(t0) = 0 = G(y0) ∈ I existiert wegen der Stetigkeit von H eine

U von t0 mit H(t) ∈ I ∀t ∈ U ∩ I. Fur diese t setze y(t) := Ginv(H(t))

Dann folgt: y′(t) =(Ginv

)′(H(t)) ·H ′(t) = 1

G′(Ginv(H(t)))H ′(t)

= 1G′(y(t))

h(t) = g(y(t))h(t) und y(t0) = Ginv(H(t0)) = Ginv(0) = y0.

Zeige Eindeutigkeit: Sei z ebenfalls Losung des AWP, dann ist z′(t)g(z(t))

= h(t)

und daher

H(T ) =t

t0

h(s)ds =t

t0

z′(s)g(z(s))

ds =z(t)´z(t0)

1g(u)

du =z(t)´y0

1g(u)

du = G(z(t))

⇒ z = Ginv H = y

Wichtiger Fall: y′ = a(t)y + b(t) (homogen falls b = 0, inhomogen sonst)

Korollar 2.3

Sei I ein Intervall, a : I → R stetig, t0 ∈ I. Dann ist das AWP

y′ = a(t)y, y(t0) = y0 fur jedes y0 ∈ R losbar auf ganz I, es gilt

y(t) = y0exp(t

t0

a(s)ds)

Beweis: Lose´

dyy

=´a dt

Betrachte jetzt die inhomogene DGL y′ = a(t)y + b(t), y(t0) = y0

Page 39: Ana III Mitschrift

39

Variation der Konstanten

Ersetze die Konstante in der Lsg. der hom. DGL y′ = a(t)y

durch eine Funktion: y′(t) = c eA(t), A(t) =t

t0

a(s)ds

Betrachte y(t) = c(t)eA(t).

⇒ y′(t) = c′(t)eA(t) + c(t)A′(t)︸ ︷︷ ︸=a(t)

eA(t) != a(t)c(t)eA(t) + b(t)

⇒ c′(t) = b(t)e−A(t) + Integral bilden c(t)

Satz 2.4

a, b : I → R, stetig, t0 ∈ I. Dann ist das inhomogene AWP

y′ = a(t)y + b(t), y(t0) = y0 fur alle y0 ∈ R eindeutig losbar, die Lsg ist

y(t) = (t

t0

b(s)e−A(s)ds + y0)eA(t), A(t) =t

t0

a(s)ds

Beweis: y′(t) = (t

t0

b(s)e−A(s)ds + y0)

eA(t) + (t

t0

b(s)e−A(s)ds + y0)A′(t)eA(t)

=(b(t)e−A(t)

)eA(t) + a(t)(

t

t0

b(s)e−A(s)ds + y0)eA(t) = b(t) + a(t)y(t),

y(t0) = (0 + y0)e0 = y0

Eindeutigkeit folgt aus Satz 2.2, denn fur eine zweite Losung y ware y − yLsg. der DGL u′ = a(t)u, u(t0) = 0

2.2 Der Existenz- und Eindeutigkeitssatz von Picard-Lindelof

Es werden im Folgenden Systeme 1. Ordnung von Differentialgleichungen der Gestalty′ = f(t, y) betrachtet, hierbei y Rn-wertig.

Bezeichnung: ϕ : [a, b]→ Rn stetig, ϕ1, ..., ϕn Komponentenfunktionen.

b

a

ϕ(s) d s :=

b

a

ϕ1(s) d s

...b

a

ϕn(s) d s

,Linearitat, Hauptsatz, ect.

Page 40: Ana III Mitschrift

40

Lemma 2.5

Sei ‖.‖ euklidische Norm in Rn. Es gilt

∥∥∥∥ ba

ϕ(s) d s

∥∥∥∥ ≤ b

a

‖ ϕ(s)‖ d s

Beweis:

Sei x =b

a

ϕ(s) d s und O sei eine orthogonale Matrix mit Ox = ‖x‖e1.

Dann gilt ‖x‖e1 = Ox = O

´ϕ1d s...´ϕnd s

=b

a

O(ϕ(s)) d s, d.h. das Integral uber die 2-n-te

Komponente von Oϕ verschwindet. Daher ist

‖x‖ =

∥∥∥∥Ox‖ =

∥∥∥∥ ba

O(ϕ(s)) d s‖ =

∣∣∣∣( b

a

O(ϕ(s)) d s, e1

)∣∣∣∣ =

∣∣∣∣ ba

O(ϕ(s), e1) d s

∣∣∣∣≤

b

a

|O(ϕ(s), e1)| d s =b

a

‖O(ϕ(s))‖d s =b

a

‖ϕ(s)‖d s

Lemma 2.6

Sei G ⊂ Rn+1, f : G → Rn stetig, I sei ein Intervall und y : I → Rn Funktion mit(t, y(t)) ∈ G, t ∈ I. Weiter sei t0 ∈ I, y0 ∈ Rn mit (t0, y0) ∈ GDann gilt:(i) y ist differenzierbar und lost das AWP y′ = f(t, y), y(t0) = y0

⇐⇒ (ii) y ist stetig und lost die Integralgleichung y(t) = y0 +t

t0

f(s, y(s)) d s, t ∈ I

Beweis:

(i) ⇒ (i i) Integration: y(t)− y(t0) =t

t0

y′(s) d s =t

t0

f(s, y(s)) ds

⇒ y(t) = y0 +t

t0

f(s, y(s)) d s, t ∈ I

(ii) ⇒ (i) Differenzieren: y′ = f(t, y), y(t0) = y0 (H akchen)

Bemerkung: Lsg von (ii) bedeutet Lsg eines Fixpunktproblems:

t→ (Tϕ)(t) = y0 +t

t0

f(s, y(s)) d s Finde ϕ mit Tϕ = ϕ

Satz 2.7 (Banchscher Fixpunktsatz)

Sei (M,d) vollstandiger metrischer Raum, T : M →M und∞∑n=1

αn konvergent. αn > 0,

so dass fur alle n ∈ N d(T nϕ, T nψ) ≤ αnd(ϕ, ψ) mit ϕ, ψ ∈ M . Dann ex. genau ein

Page 41: Ana III Mitschrift

41

Fixpunkt von T, d.h. es ex. ϕfix ∈ M mit Tϕfix = ϕfix. Es gilt ϕfix = limn→∞

ϕn+1 =

limn→∞

Tϕn, ϕ0 bel. Startwert, und es gilt die Fehlerabschatzung d(ϕfix, ϕn) ≤∞∑r=1

drd(ϕ1, ϕ0)

Spezialfall: q < 1, αn = qn

Beweis: wie immer

Satz 2.8 (Existenz- und Eindeutigkeitssatz von Picard-Lindelof)

Es seien G ⊂ Rn+1offen, f : G→ Rn stetig und f erfulle eine lokale

Lipschitzbedingung bzgl. der 2, Komponente, d.h.

∀(t0, u0) ∈ G ex. Umgebung U, so dass fur ein L > 0 :

‖f(t, u)− f(t, v)‖ ≤ L‖u− v‖, ∀(t, u), (t, v) ∈ UDann ex. zu jedem (t0, y0) ∈ G ein Intervall I mit t0 ∈ I, so dass das AWP y′ =f(t, y), y(t0) = y0 genau eine Losung auf I besitzt.

Beweis:

Aufgrund von Lemma 2.6 reicht es aus einen (den) Fixpunkt von (Tϕ)(t) = y0+t

t0

f(s, ϕ(s)) d s

zu bestimmen.

Finde zuerst geeigneten Definitionsbereich von T .

Sei R = (t, u) : |t− t0| ≤ b ⊂ G mit a > 0, b > 0 geeignet, so dass ‖f(t, u)− f(t, v)‖ ≤L‖u− v‖.Setze dann k := sup

(t,u)

‖f(t, u)‖ <∞(Da R kompakt und f stetig)

Setze weiter: α := mina, b

k

(k = 0 uninteressant).

Weiter sei I = [t0 − α, t0 + α] und M := ϕ ∈ C(I,Rn) : ‖ϕ(.)− y0‖∞ ≤ b Dann ist Mausgestattet mit der von ‖.‖∞ induzierten Metrik ein vollstandige metrischer Raum.

Zeige: T M ⊂M

Sei ϕ ∈M ‖Tϕ− y0‖∞ =

∥∥∥∥∥y0 +t

t0

f(s, ϕ(s)) d s− y0

∥∥∥∥∥∞

= supt∈I

∥∥∥∥∥ tt0f(s, ϕ(s)) d s

∥∥∥∥∥Lemma 2.5

≤ supt∈I

t

t0

‖f(s, ϕ(s))‖ d s ≤ sup |t− t0|k ≤ α k ≤ b ⇒ T : M →M

Behauptung:

Es gilt: ‖(Tmϕ)(t)− (Tmψ)(t)‖ ≤ Lm

m!|t− t0|m‖ϕ− ψ‖∞, t ∈ I

IA : ‖(Tϕ)(t)− (Tϕ)(t)‖ =

∥∥∥∥∥ tt0f(s, ϕ(s)) d s−t

t0

f(s, ψ(s)) d s

∥∥∥∥∥≤

t

t0

‖f(s, ϕ(s)) d s− f(s, ψ(s))‖ d s

Page 42: Ana III Mitschrift

42

≤ Lt

t0

‖ϕ(s)− ψ(s)‖ d s ≤ L|t− t0|‖ϕ− ψ‖∞

IS : m→ m+ 1

‖(Tm+1ϕ)(t)− (Tm+1ψ)(t)‖ = ‖T (Tmϕ)(t)− T (Tmψ)(t)‖

≤ Lt

t0

‖(Tmϕ)(s)− (Tmψ)(s)‖d s ≤IV

Lt

t0

Lm

m!|s− t0|m‖ϕ− ψ‖∞

= Lm+1

(m+1)!|t− t0|m+1‖ϕ− ψ‖∞

Also folgt mit αm = Lmαm

m!: ‖Tmϕ− Tmψ‖ ≤ αm‖ϕ− ψ‖∞

und der Tatsache∑m

αm =∑m

Lmαm

m!= eLα <∞ und Satz 2.7 die Aussage.

Bemerkung: -Satz 2.8 liefert nur lokale Losbarkeit des AWP.

-ohne Lipschitzbedingung geht. i.A. die Eindeutigkeit verloren

(fur stetige f kann man trotzdem die Existenz einer Losung gezeigt

werden(Existenzsatz von Peano))

-Fur stetige diffbare f gilt:

‖f(t, u)− f(t, v)‖ ≤=:L︷ ︸︸ ︷

sup(t,u)∈U

‖(gradUf)(t, u)‖‖u− v‖

Satz 2.9

Sei G = I × Rn und I sei kompaktes Intervall. Sei f : G→ Rn stetig und

erfulle Lipschitzbed. bzgl. 2. Komponente in G, dann ist fur jedes

(t0, y0) ∈ G das AWP y′ = f(t, y), y(t0) = y0 auf ganz I eindeutig losbar.

Satz 2.10

Sei G ⊂ Rn+1 offen, f : G→ Rn stetig und f erfulle die lokale

Lipschitzbed. aus Satz 2.8. Es sei J die Menge der Intervalle, auf denen das

AWP y′ = f(y, t), y(t0) = y0 eine eindeutige Lsg. besitzt, sowie

Imax =⋃J∈J

J. Dann ist Imax ein Intervall, setze a = infImax, b = sup Imax.

Dann gilt:

(i) Dann besitzt das AWP genau eine Lsg. ymax auf Imax und Imax ist das

großte Intervall auf dem eine eind. Losung existiert.

(ii) Imax ist offen

(iii) Es gibt mindestens eine der folgenden Aussagen: (bei b)

(α) b =∞(β) lim sup

t→b‖ymax(t)‖ =∞

Page 43: Ana III Mitschrift

43

(γ) lim inft→b

dist((t, ymax(t)), ∂G) = 0

Imax heißt maximales Existenzintervall und ymax heißt maximale Lsg. des

AWP.

Frage: Abhangigkeit von den Daten!

Seien y, y Losungen des AWP y′ = f(t, y), y(t0) = y0,

y′ = f(t, y), y(t0) = y0. Seien f · f und y0 − y0 klein.

Gilt dann auch y − y klein?

Beweis: (Picard-Lindelof) ”Erinnerung”

Finde Fixpunkt von (Tϕ)(t) = y0 +t

t0

f(s, ϕ(s))ds. Setze

R = (t, u) ∈ Rn+1 : |t− t0| ≤ a, ‖u− y0‖ ≤ b, so dass

‖f(t, u1)− f(t, u2)‖ ≤ L‖u1 − u2‖ in R gilt.

Mit k = sup(t,u)∈R

‖f(t, u)‖, α = mina, b

k

, I = [t0 − α, t0 + α]

M = ϕ ∈ C(I,Rn) : ‖ϕ(.)− y0‖∞ ≤ bDann gilt TM ⊂M

∥∥T kϕ − T kψ∥∥ ≤ αk‖ϕ− ψ‖,∑αk <∞

Fixpunkt von T (=eind. Lsg. y) liegt in M ⇒ (t, y(t)) ⊂ R

Sei nun f : R→ Rn stetig und y sei Lsg. das AWP

y′ = f(t, y), y(t0) = y0 auf I ⊂ I kompaktes Intervall mit (t, y(t)) ⊂ R, t ∈ I .

Satz 2.11

Ist ‖y0 − y0‖ ≤ δ1 und sup(t,u)∈R

∥∥∥f(t, u)− f(t, u)∥∥∥ ≤ δ2 so gilt die Abschatzung ‖y(t)− y(t)‖ ≤

δ2L

(eL|t−t0| − 1

)+ δ1e

L|t−t0|, t ∈ I.

Beweis: Setze zuerst y in einer auf ganz I definierten stetigen Funktion ϕ0

fort, so dass ϕ0 ∈M = ϕ ∈ C(I,Rn) : ‖ϕ− y0‖∞ ≤ b. Es sei dann

wieder (Tϕ)(t) = y0 +t

t0

f(s, ϕ(s))ds und setze nun ϕ1 = Tϕ0 , ϕ2 = Tϕ1 .

Dann Konvergiert (ϕk)∞k=1 in (C(I,Rn), ‖.‖∞) gegen die Losung

y (Banachscher FPS). Schatze jetzt den Fehler ab:

Es gilt fur t ∈ I :ϕ0(t) = y(t) = y0 +t

t0

f(s, y(s))ds und

Page 44: Ana III Mitschrift

44

ϕ1(t) = (Tϕ0)(t) = y0 +t

t0

f(s, ϕ0(s))ds = y0 +t

t0

f(s, y(s))ds

Daher folgt fur t ∈ I:

‖ϕ1(t)− ϕ0(t)‖ ≤ ‖y0 − y0‖+ ‖t

t0

f(s, y(s))ds−t

t0

f(s, y(s))ds‖

≤ δ1 + |t

t0

‖f(s, y(s))− f(s, y(s))‖ds| ≤ δ1 + |t− t0|δ2.

Induktiv zeigt man dann de Abschatzung:

‖ϕm(t)− ϕm−1(t)‖ ≤ δ2L

(L|t−t0|)mm!

+ δ1(L|t−t0|)m−1

(m−1)!

(IA)X, (IS)m→ m+ 1

‖ϕm+1(t)− ϕm(t)‖ = ‖(Tϕm)(t)−(Tϕm−1

)(t)‖

= ‖t

t0

f(s, ϕm(s))− f(s, ϕm−1(s)ds‖ ≤ |t

t0

‖f(s, ϕm(s))− f(s, ϕm−1(s)‖ds|

≤ |t

t0

L‖ϕm(s)− ϕm−1(s)‖ds| ≤ L|t

t0

δ2L

(L|s−t0|)mm!

+ δ1(L|s−t0|)m−1

(m−1)!ds|

≤ L δ2LLm|t−t0|m

(m+1)!+ Lδ1

Lm−1|t−t0|mm!

= δ2L

(L|t−t0|)m+1

(m+1)!+ δ1

(L|t−t0|)mm!

X

Dann folgt ‖ϕk − ϕ0‖∞ = ‖∞∑m=1

ϕm − ϕm−1‖∞ ≤∞∑m=1

‖ϕm − ϕm−1‖∞

≤n∑

m=1

δ2L

(Lα)m

m!+ δ1

(Lα)m−1

(m−1)!< C ∀k ∈ N, d.h. insbesondere

∞∑m=1

ϕm − ϕm−1 = limm→∞

ϕm − ϕ0 = y − ϕ0 und fur alle t ∈ I ist dann:

‖y(t)− y(t)‖ = ‖y(t)− ϕ0(t)‖ = ‖∞∑m=1

ϕm(t)− ϕm−1(t)‖ ≤∞∑m=1

‖gjm(t)− ϕm−1(t)‖

≤ δ2L

∞∑m=1

(L|t−t0|)mm!

+ δ1

∞∑m=1

(L|t−t0|)m−1

(m−1)!= δ2

L(eL|t−t0| − 1) + δ1e

L|t−t0|

(Zitat von Prof: ”Ich weiß nicht, ob sie meinen, was ich damit verstehe.”)

2.3 Lineare Systeme

Definition 2.12

Sei I ⊂ R ein Intervall und sei A : I → Rn×n,t 7→ (aij(t))∗i,j=1,... ,n eine

stetige Funktion. Weiter sei b : I → Rn eine stetige Funktion.

Dann heißt das System y′ = A(t)y + b(t) lineares Differentialgleichungs-

system erster Ordnung. Falls b = 0, so heißt das System homogen, sonst

inhomogen.

Page 45: Ana III Mitschrift

45

Bemerkungen: Das System hat die folgende explizite Form:

y′1 = n11(t)y1 + ...+ a1n(t)yn + b1(t)

...

y′n = an1(t)y1 + ...+ ann(t)yn + bn(t)

•Norm einer Matrix:

‖B‖ = sup‖x‖=1

‖Bx‖, x ∈ Rn, B ist n× n-Matrix

Diese Norm ist aquivalent zur euklidischen Norm des ”Vektors” B ∈ Rn2

‖B‖2 = (n∑

i,j=1

(bij)2)1/2

Genauer gilt:1n‖B‖2 ≤ ‖B‖ ≤ ‖B‖2 (Ubung)

•Weiter gilt:

‖B1B2‖ ≤ ‖B1‖‖B2‖, ‖Bx‖ ≤ ‖B‖‖x‖

Satz 2.13

Sei I ⊂ R ein Intervall, A : I → Rn×n stetig und b : I → Rn stetig t0 ∈ Iund u0 ∈ Rn. Dann ex. genau eine Lsg. des AWP y′ = A(t)y + b(t),

y(t0) = y0.

Beweis: Sei I zuerst ein kompaktes Intervall. Dann gilt mit

f(t, u) = A(t)u+ b(t) auf I × Rn:

‖f(t, u1)− f(t, u2)‖ = ‖A(t)u1 − A(t)u2‖ = ‖A(t)(u1 − u2)‖≤ ‖A(t)‖‖u1 − u2‖ ≤ sup

t∈I‖A(t)‖‖u1 − u2‖.

Da A stetig und I kompakt gilt supt∈I‖A(t)‖ = L <∞.

Es folgt mit dem Satz v. Picard-Lindelof, dass das AWP eine eindeutige Lsg

auf ganz I besitzt. Sei nun I ein beliebiges Intervall und seien I1 und I2

kompakte Intervalle, die t0 enthalten. Dann es. eindeutige Lsg.

y1 : I1 → Rn, y2 : I2 → Rn des AWPs und y12 : I1 ∩ I2 → Rn

ist eindeutige Lsg. des AWP auf I1 ∩ I2. Daher folgt:

y1 I1∩I2= y12 = y2 I1∩I2

Schreibt man I als Vereinigung kompakter Intervalle I =⋃m∈N

Im mit

zugehorigen Losungen ym : Im → Rn, so wird durch

Page 46: Ana III Mitschrift

46

y(t) := ym(t), falls t ∈ Im eine Funktion aus ganz I (wohl)definiert, die die

eindeutige Losung des AWP ist.

Im weiteren werden zuerst homogene Systeme betrachtet, d.h. y′ = A(t)y

Lemma 2.14

Seien A,B : I → Rn×n diffbar, y : I → Rn diffbar. Dann sind auch

AB : I → Rn×n und Ay : I → Rn diffbar und es gilt:

(AB)′ = A′B + AB′, (Ay)′ = A′y + Ay′

Beweis: Ana II

Satz 2.15

Sei I ⊂ R ein Intervall und A : I → Rn×n stetig. Sei

V = y : I → Rn, y′ = A(t)y. Dann ist V ein n-dimensionaler Vektorraum

und fur jedes t0 ∈ I ist die Abbildung l : V → Rn, y 7→ l(y) := y(t0)

linear und bijektiv.

Beweis: V Vektorraum: y1, y2 ∈ V,A(t)(y1 + y2) = A(t)y1 + A(t)y2

= y′1 + y

′2 = (y1 + y2)′, αy ∈ V fur α ∈ R, y ∈ V .

l ist linear: l(y1 + y2) = (y1 + y2)(t0) = y1(t0) + y2(t0) = l(y1) + l(y2)

l(αy) = αl(y) analog.

l injektiv : l(y) = 0 = y(t0) = 0, die Nullfunktion lost auch das AWP

y′ = A(t)y, y(t0) = 0.

Nach Satz 2.13 ist dann y = 0.

l surjektiv: Sei u0 ∈ Rn. Nach Satz 2.13 ex. eine Losung y von

y′ = A(t)y, y(t0) = y0. Dann folgt l(y) = y(t0) = u0.

Damit ist l bijektiv und es gilt dim(V ) = dim(Rn) = n

Definition 2.16

Ein Systemy(1), ... , y(n)

von n linear unabhangigen Losungen

der Gleichung y′ = A(t)y heißt Fundamentalsystem. Die n× n-Matrix

Y = (y(1), ... , y(n)) heißt Fundamentalmatrix. Die spezielle

Fundamentalmatrix mit den Spalten l−1(ei) = x(i) wir als

X =(x(1), ... , x(n)

)notiert.

Page 47: Ana III Mitschrift

47

Bemerkung: Ist Y = (y(1), ... , y(n)) Fundamentalmatrix des Systems

y′ = A(t)y, so kann jede Losung in der Form y =n∑i=1

ciy(i) geschrieben

werden, bzw. y = Yc, c =

c1...c2

.

Satz 2.17

Die eindeutige Losung des AWP y′ = A(t)y, y(t0) = u0 ist

y(t) = Y (t)Y (t0)−1u0 = X(t)u0,wobeiX(t0) = En.

Beweis: Y (t0) ist invertierbar aufgrund von Satz 2.15.

y′(t) = Y ′(t)Y (t0)−1u0 + Y (t)(Y (t0)−1u0)′ = A(t)Y (t)Y (t0)−1u0

= A(t)y(t), y(t0) = Y (t0)Y (t0)−1u0 = u0

Frage: Wann sind n Losungen von y′ = A(t)y linear unabhangig.

Lemma 2.18

Fur n Losungen von y′ = A(t)y sind aquivalent:

(i) y(1), ... , y(n) sind unabhangig

(ii) ∃t0 ∈ I mit y(1)(t0), ... , y(n)(t0) lin. unabh.

(iii) ∀t0 ∈ I sind y(1)(t0), ... , y(n)(t0) lin. unabh.

Insbesondere ist die Vronskideterminante W (t0) = det(Y (t0)) ungleich 0

fur ein t0 ∈ I, genau dann wenn W (t0) 6= 0∀t0 ∈ I.

Beweis: Folgt aus Satz 2.15.

Inhomogene Systeme kann man nun mit Hilfe der Methode der Variation

der Konstanten losen.

Satz 2.19

Seien A : I → Rn×n, b : I → Rn stetig, t0 ∈ I. Dann ist die allgemeine Lsg.

von y′ = A(t)y + b(t) gegeben durch y(t) = Y (t)c+ Y (t)t

t0

Y (s)−1b(s)ds

wobei Y FM von y = A(t)y ist, und c ∈ Rn.

Page 48: Ana III Mitschrift

48

Fur die Losung des AWP y′ = A(t)y + b(t), y(t) = u0 wahle c = Y (t0)−1u.

Beweis: y(t) = Y ′(t)c+ Y ′(t)t

t0

Y (s)−1b(s)ds + Y (t)Y (t)−1b(t)

= A(t)Y (t)c+ A(t)Y (t)t

t0

Y (s)−1b(s)ds + b(t)

= A(t)

[Y (t)c+ Y (t)

t

t0

y(s)−1b(s)ds

]+ b(t) = A(t)y(t) + b(t)

y(t0) = Y (t0)Y (t0)−1 + Y (t0)t

t0

y(s)−1b(s)ds = u0

Im Folgenden werden lineare Systeme 1. Ordnung mit einer konstanten

Matrix A = A(t) betrachtet, d.h. y′ = Ay + b(t), y(t0) = u0.

(es ist außerdem gunstig im Weiteren Cn-wertige Losungen zuzulassen)

Korollar 2.20

Sei I ⊂ R und b : I → Cn stetig, A ∈ Cn×n,t0 ∈ I und u0 ∈ Cn.

Dann hat das AWP y′ = Ay + b(t), y(t0) = u0 genau eine Lsg. y : I → Cn.

Losung des homogenen Systems: y′ = Ay

Schon ware: y(t) = etA

Ansatz: y(t) = eλtv, v ∈ Cn, λeλtv = y′(t)Ay(t) = Aeλtv = eλtAv ⇒ λv = Av

Satz 2.21

Besitzt Cn eine Basis aus Eigenvektoren v1, ... , vn von A mit zugehorigen

Eigenwerte, λ1, ... , λn, so bilden die folgenden Funktionen

t 7→ eλ1tv1, ... , t 7→ eλntvn ein Fundamentalsystem von y′ = Ay.

Beweis: Die vi, i = 1, ... , n sind linear unabhangig und y(t) = eλitvi ist

LSG von y′ = 4y. Die Losungen eλ1tv1, ... , eλntvn sind linear unabhangig,

da (fur t = 0) v1, ... , vn lin. unabh. sind (Lemma 2.18).

Bemerkung: Hat z.B. A Diagonalgestalt, A =

λ1 0. . .

0 λn

so ist eine

Fundamentalmatrix von y′ = Ay gegeben durch:

Page 49: Ana III Mitschrift

49

y(t) =

eλ1t 0. . .

0 eλnt

= etA

Definition 2.22

Fur A ∈ Cn×n setze eA := exp(A) :=∞∑k=0

Ak

k!und e0 := E = In

Bemerkung: Reihe ist konvergent, denn:∞∑k=0

∥∥∥Akk!

∥∥∥ =∞∑k=0

1k!

∥∥Ak∥∥ ≤ ∞∑k=0

1k!‖A‖k = e‖A‖

folgt, dass die Reihe absolut konvergent ist und da (Cn×n, ‖.‖)

vollstandig ist, folgt auch, dass∞∑k=0

Ak

k!konvergiert.

•[‖N∑k=0

Ak

k!−

M∑k=0

Ak

k!‖M<N

≤N∑

k=M+1

‖A‖kk!→ 0, (M,N →∞)]

•FurA=

λ1 0. . .

0 λn

ist eA =∞∑k=0

Ak

k!=∞∑k=0

1k!

λ1 0. . .

0 λn

=

∞∑k=0

1k!λ

k1 0

. . .

0∞∑k=0

1k!λ

kn

=

eλ1 0. . .

0 eλn

•A =

a11 · · · a1n

.... . .

...an1 · · · ann

; eA =

ea11 · · · ea1n

.... . .

...ean1 · · · eann

Lemma 2.23

Seien A,B,C ∈ Cn×n. Dann gilt:

(i) ddtetA = AetA

(ii) Falls AB = BA⇒ eA+B = eAeB

(iii) eA ist invertierbar,(eA)−1

= e−A

(iv) Ist C invertierbar, so gilt eCAC−1

= CeAC−1

Beweis:

(i) ddtetA = d

dt(∞∑k=0

Ak

k!tk) =

Ana ↑ I

∞∑k=0

ddt

(Ak

k!tk)

=∞∑k=1

Ak

k!ktk−1

Page 50: Ana III Mitschrift

50

= A∞∑k=0

Ak

k!tk = AetA

(ii)N∑k=0

1k!Ak

N∑l=0

1l!Bl

=N∑s=0

1s!

s∑k=0

s!k!(s−k)!

AkBs−k +2N∑

s=N+1

1s!

s∑k=0

s!k!(s−k)!

AkBs−k

Bin. Satz=

&AB=BA

N∑s=0

1s!

(A+B)sN→∞→ eA+B

‖2N∑

s=N+1

1s!

s∑k=0

s!k!(s−k)!

AkBs−k‖ ≤2N∑

s=N+1

1s!

s∑k=0

s!k!(s−k)!

‖A‖k‖B‖s−k

≤2N∑

s=N+1

1s!

(‖A‖+ ‖B‖)s Fur N→∞→ 0

(iii) eAe−A = eA−A = e0 = e−A+A = e−AeA

(iv) eCAC−1 − CeAC−1 =

∞∑k=0

1k!

(CAC−1

)k︸ ︷︷ ︸=CAkC−1

− C(∞∑k=0

1k!Ak)C−1 = 0

Satz 2.24

etA ist eine Fundamentalmatrix fur das System y′ = Ay.

Beweis: Da (etA)′= AetA gilt, bilden die Spalten von etA Losungen der

homogenen Gleichungen von y = Ay. Mit Lemma 2.23(iii) folgt auch, dass

die Spalten linear unabhangig sind, also ist etA eine Fundamentalmatrix.

Erinnerung LinA VL: λ sei k-fache Nst. des charakteristischen Polynoms

von A ∈ Cn×n, dann ist dim ker(A− λE) ≤ k aber dim ker((A− λE)k

)= k.

Sind dann λ1, ... , λr passrweise verschiedenen EW mit

p(λ) = (λ1 − λ)k1 · · · (λr − λ)kr so existiert eine Basis v1, ... , vn ∈ Cn mit:

(A− λ1E)k1v1 = 0 (A− λ2E)k2vk1+1 = 0 · · · (A− λrE)krvn−kr = 0

......

...

(A− λ1E)k1vk1 = 0 (A− λ2E)k2vk1+k2 = 0 · · · (A− λrE)krvn = 0

Jedes w ∈ Cn lasst sich dann eindeutig darstellen in der Form w = w1 +w2 + ...+wn mitwj ∈ ker(A− λjE)kj

Beweis: Die vi, i = 1, ... , n sind lin. unabh. Die Losungen von

eλ1tv1, ... , eλntvn sind linear.

Page 51: Ana III Mitschrift

51

Dann folgt: etAw =r∑j=1

etAwj, etAwj = etλjE+tA−tλjEwj

=Lemma 2.23(ii)

etλjEet(A−λjE)wj = etλj∞∑m=0

1m!tm(A− λjE)mwj

= eλjtkj−1∑m=0

1m!tm(A− λjE)mwj

Durchlauft wj ganz ker(A− λjE)kj und j = 1, ... , n so erhalt man n-lin.

unabh. Losungen von y′ = Ay. Die allg. Losung ist dann

etAw =r∑j=1

etAwj=r∑j=1

etλjkj−1∑m=0

1m!tm(A− λjE)mwj =

m∑j=1

eλjtPj(t)

Pj(t) ist ein Cn- wertiges Polynom vom Grad < kj.

Page 52: Ana III Mitschrift

52

2.4 Lineare Differentialgleichungen hoherer Ordnung

Definition 2.25

Seien I ein Intervall und aj, b : I → R, j = 0, ... , n− 1 stetig. Dann heißt

y(n) + an−1(t)y(n−1) + ...+ a1(t)y′ + a(t)y = b(t)

lineare DGL n-ter Ordnung. Die DGL heiß homogen, falls b(t) ≡ 0, sonst

inhomogen. Das zugehorige AWP enthalt zusatzliche Anfangsbedingung

y(t0) = u1, ... , y(n−1)(t0) = un, t0 ∈ I, ui ∈ R

Bemerkung: Setze y1 := y, y2 := y′1, y3 := y

′2 , ... , yn := y

′n−1 und

A(t) =

0 1 0...

. . .

0 0 1−a0(t) −a1(t) · · · −an−1(t)

∈ Rn×n,−→b (t) =

0...0b(t)

∈ Rn

Dann ist y eine Lsg. von y(n) + an−1(t)y(n−1) + ...+ a0(t)y = b(t)

⇐⇒ −→y =

y1

...yn

eine Losung des Systems −→y ′ = A(t)−→y + b(t)

In der Tat

−→y ′ =

y′1...

y′n

=

0 1 0...

. . .

0 0 1−a0(t) −a1(t) · · · −an−1(t)

y1

...yn

+

0...0b(t)

komponentenweise ausgeschrieben bedeutet dies

y′1 = y2

...y′n−1 = yn

y′n = −a0y1 − a1y2 − ...− an−1yn + b

⇐⇒

y′ = y2

...y(n−1) = yn

y(n) + an−1y(n−1) + ...+ a0y = b

Page 53: Ana III Mitschrift

53

Satz 2.26

Seien a0, ... , an−1 = b : I → R stetig auf einem Intervall I, u1, ... , un ∈ Rund t0 ∈ I. Dann besitzt das AWP y(n) + an−1(t)y(n−1) + ...+ a0(t)y = b(t)

y(t0) = u1, ... , y(n−1)(t0)un eine eindeutige Losung auf ganz I. Weiter ist

V =y : I → R : y(n) + ...+ a0(t)y = 0

ein n-dimensionaler VR und fur

jedes t0 ∈ I ist die Abb.

l : V → Rn, y 7→ l(y) =

y(t0)y′(t0)...

y(n−1)(t0)

Beweis: Ist total klar.

Bemerkung: Asu der Theorie der linearen Systeme 1. Ordnung erhalt

man jetzt das Konzept des Fundamentalsystems, Wronskideterminante,

partikulare Losung des inh. Problems mit Hilfe der allgemeinen Losung

der hom. Gleichung etc....

Spezialfall DGL n-ter Ordnung mit konstanten Koeffizienten a0, ... , an−1 ∈ CFur n-mal differenzierbare Funktionen y (auf I) setze

Ly = y(n) + an−1y(n−1) + ...+ a0y.

L ist linear, L(y + z) = Ly + Lz, L(αy) = αLy.

Losungsansatze fur Ly = 0 : y(t) = eλt

Ly = 0 ⇐⇒ λneλt + an−1λn−1eλt + ...+ a0e

λt = 0

⇐⇒ λn + an−1λn−1 + ...+ a1λ+ a0 = 0

Ly = 0 ⇐⇒ p(λ) := λnan−1λn−1 + ...+ a0 Nullstelle bei λ0 mit y(t) = eλ0t.

⇒ Hat p n verschiedene komplexe Nullstellen λ1, ... , λn so erhalt man n

Losungen t 7→ eλnt. Diese sind linear unabhangig, denn ausn∑j=1

cjeλjt = 0,

t ∈ I, folgt durch Differentiationn∑j=1

cjλkj eλjt = 0, k = 0, 1, 2... Mit t = 0

und k = 0, ... , n− 1 folgtn∑j=1

cjλkj = 0, d.h.

B =:

1 · · · · · · 1λ1 · · · · · · λn...

...λn−1

1 · · · · · · λn−1n

c1

...cn

=

0...0

,det(B) =∏

1≤i≤j≤n(λj − λi) 6= 0

(Vandermond’sche Determinanten)

Page 54: Ana III Mitschrift

54

Satz 2.27

Besitzt das Polynom p(λ) = λn + an−1λn−1 + ...+ a0 n verschiedene

Nullstellen λ1, ... , λn, so bilden die Funktionen t 7→ eλ1t, ... , t 7→ eλnt

ein Fundamentalsystem der homogenen Gleichung Ly = 0.

Hat p mehrfache Nullstellen greift der folgende Satz:

Satz 2.28

Ist λ eine k-fache Nullstelle von p, so sind die Funktionen

t 7→ eλt, t 7→ λeλt, ... , t 7→ tk−1eλt linear unabhangige Losungen von Ly = 0.

Beweis: Zeige zuerst, das y(t) = tleλt fur l = 1, ... , k − 1 Losungen von

Ly = 0 sind. Bemerke dazu, dass tleλt = dl

dλleλt gilt, so dass

(Ly)(t) =n∑j=0

ajdj

dtjy(t) =

n∑j=0

aj∂j

∂tj∂l

∂λleλt =

n∑j=0

aj∂l

∂λl∂j

∂tjeλt

= ∂l

∂λl(n∑j=0

aj∂j

∂tjeλt)

Leibnitz−=

Produktregel

l∑r=0

(lr

)∂r

∂λrp(λ)tl−reλt = 0

p(λ) = 0 nach Vor. p(µ) = (µ− λ)k(...), so dass die Ableitungen von p

bir zur Ordnung k − 1 auch alle bei λ verschwinden.

Die Losungen eλt, teλt, ... , tk−1eλt sind linear unabhangig, da ausk−1∑l=0

cltleλt = 0, t ∈ I folgt:

k−1∑l=0

cltl = 0.

Als nachstes werden Sturm Liovillsche Eigenwertprobleme betrachtet:1r(−(py′)′ + qy) = λy, y(a) = 0, y(b) = 0, I = (a, b)

r, p, w : I → R, r > 0, p > 0.

[letzte VL bei Jussi : ( ]

2.5 Sturm-Liouvillsche Eigenwertprobleme

Seien (a, b) ⊂ R beschrankt und r, p, q : (a, b)→ R stetige beschrankte

Funktionen mit r(x) > 0, p(x) > 0, x ∈ (a, b) und p ∈ C1(a, b). Wir

betrachten Strum-Liouville-Differentialausdrucke der Gestalt

τ = 1r

(− d

dxp d

dx+ q)

(d.h. τ(f) = 1r(−(pf ′)′ + qf)

Page 55: Ana III Mitschrift

55

Beispiele

• 1-dim. Schrodinger Operator: τ = − d2

dx2 + q, q=Potential

• Schwingende Saite: τ = −1rd

dxp d

dx, r Massedichte, p Elastizitatsmodul

Definition 2.29

Sei λ ∈ C und f ∈ C2(a, b), f 6= 0. Dann heißt f Losung des

Sturm-Liouvillschen Eigenwertproblems (bei λ) falls τf = λf (d.h. 1r

(−(pf ′)′ + qf

)=

λf) gilt.

Erfullt f zusatzlich die Randbedingung f(a) = f(b) = 0 , so heißt f

die Eigenfunktion zum Eigenwert λ das Dirichlet Randwertproblems.

Bemerkung: Fur jedes λ ∈ C ist der Losungsraum von τf = λf

zweidimensional.1r

(−(pf ′)′ + qf

)= λf

⇐⇒ −pf ′′ − p′f ′ + qf − λrf = 0

⇐⇒ f ′′ + p′

pf ′ + λr−q

pf = 0

Frage: Losungseigenschaften des Dirichlet Problems

Beispiele: r = p = 1, q = 0, (a, b) = (0, 1). D.h. wir untersuchen dei DGL

τf = −f ′′ = λf

Allg. Losung: f(x) =

α sin

(√λx)

+ β cos(√

λx), λ 6= 0

γ + δx , λ = 0, α, β, γ, δ ∈ R

λ 6= 0 : f(0) = β!=0, f(1) = α sin(

√λ) + β cos(

√λ)︸ ︷︷ ︸

=0

!=0⇒ λ = k2π2, k ∈ Z \ 0

λ = 0 : f(0) = γ!=0, f(1) = γ + δ = δ

!=0⇒ f(x) = 0, d.h. λ = 0 ist kein EW!

Fazit: Die Eigenwerte des Dirichlet Problems sind λk = k2π2, k = 1, 2, 3...

und die zugehorigen Eigenfunktionen sind fk(x) = α sin(kπx)

Satz 2.30

Es sei τ = 1r

(− d

dxp d

dx+ q)

wie oben. Dann gilt fur das Dirichlet RWP

τf = λf, f(a) = f(b) = 0

(i) alle Eigenwerte sind reell

(ii) die zugehorigen Eigenfunktionen(sind bis auf skalare Vielfache) eindeutig.

(iii) falls infx∈(a,b)

q(x)r(x)

> −∞, so ist dies eine untere Schranke fur

Page 56: Ana III Mitschrift

56

die Eigenwerte.

Beweis: Sei f ∈ C2(a, b) mit f(a) = f(b) = 0. Dann giltb

a

(τf)(x)f(x)r(x)dx =b

a

(−(pf ′)′(x) + (qf)(x))f(x)dx

= −b

a

(pf ′)′(x)f(x)dx +b

a

q(x)|f(x)|2dx

= −(pf ′)(x)f(x)∣∣∣ba︸ ︷︷ ︸

=0

+b

a

(pf ′)(x)f ′(x)︸ ︷︷ ︸=p(x)|f ′(x)|2

dx +b

a

q(x)|f(x)|2dx ∈ R (♥)

Ist nun f zusatzlich eine Losung von τf = λf

λb

a

|f(x)|2r(x)dx =b

a

λf(x)f(x)r(x)dx =b

a

(τf)(x)f(x)r(x)dx

♥=

b

a

(τf)(x)f(x)r(x)dx =b

a

(τf)(x)f(x)r(x)dx = λb

a

|f(x)|2r(x)dx

⇒ λ = λ also gilt (i)

(ii) Seien f, g lin. unabh. Funktionen mit τf = λf, τg = λg,

f(x) = f(b) = 0 = g(a) = g(b), f 6= 0, g 6= 0. Dann sind f ′(a) 6= 0 und

g′(a) 6= 0(Existenz und Eindeutigkeit). Es ex. θ ∈ C mit f ′(a) = θg′(a).

Betrachte: h := f − θg. Dann ist τh = λh, h(a) = 0 = h′(a) und daher

ist die Funktion h ≡ 0⇒ f = θg

(iii) Sei λ EW mit EF f . Dann gilt: λb

a

|f(x)|2r(x)dx =b

a

(τf)(x)f(x)r(x)dx

♥=

b

a

p(x)|f ′(x)|2dx

︸ ︷︷ ︸≥0

+b

a

q(x)|f(x)|2dx

≥b

a

q(x)r(x)|f(x)|2r(x)dx ≥ inf

x∈(a,b)

q(x)r(x)

b

a

|f(x)|2r(x)dx

⇒ λ ≥ infx∈(a,b)

q(x)r(x)

Page 57: Ana III Mitschrift

57

3. Einfuhrung in die Funktionentheorie

•Thema: Differenzierbare Fkt.: f : G ⊂ C→ C•Solche Funktionen haben vollig andere Eigenschaften als reelle

differenzierbare Funktionen.

•Eine diffbare Funktion f : G→ C ist sogar beliebig oft differenzierbar!

•Eine differenzierbare Funktion f : C→ C, die beschrankt ist, ist sogar

Konstant!

•fn : G→ C differenzierbar, fn → f glm., so ist f differezierbar!

Einige Ruckerinnerungen:

(1) Potenzreihen:∞∑n=0

cn(z − z0)n, z0 ∈ C Entwicklungspunkt, (cn)n∈N ∈ C

Eine Potenzreihe konvergiert auf einem Konvergenzkreis B(z0, R)

mit Konvergenzradius R ∈ [0,∞].

Es ist R = 1

lim supn→∞

n√|cn|

. Dann ist f : B(z0, R)→ C, f(z) :=∞∑n=0

cn(z − z0)n,

stetig. Schließlich konvergiert die Potenzreihe auf B(z0, R) glm. ∀R < R.

(2) Komplexe Zahlen:

C ∼= R2,C 3 z =(x, y) ∈ R2, z = x+ iy, x = Re(z), y = Im(z).

Wir haben die Rechenoperationen z = x+ iy, w = v + ui

z ± w = x± v + i(y ± u)

z · w = (x+ iy)(v + iu) = xv + ixu+ iyv + i2yu = xv − yu+ i(xu+ yv)

|z| =√x2 + y, z = x− iy

zz = |z|2

eit = cos(t) + i sin(t), t ∈ R, also |eit| = 1

3.1 Holomorphe Funktionen

Definition 3.1

Es sei G ⊂ C offen, f : G→ C, z0 ∈ G. Dann ist f (komplex) differenzierbar

in z0, falls limz→z0

f(z)−f(z0)z−z0 =: f ′(z0) existiert. Aquivalent dazu ist, daß es

eine stetige Funktion r gibt mit f(z) = f(z0) + (z − z0)a+ r(z),

limz→z0

r(z)z−z0 = 0, dann a = f ′(z0).

f heißt holomorph(oder analytisch), falls f diffbar ist in jedem z0 ∈ G.

Wortlich wie fur reelle Funktionen beweist man:

Page 58: Ana III Mitschrift

58

Lemma 3.2

Sind f, g : G→ C diffbar in z0 ∈ G, so gelten:

(a) f, g sind stetig in z0

(b) Fur λ ∈ C ist f + λg diffbar in z0 mit (f + λg)′(z0) = f ′(z0) + λg′(z0)

(c) f · g ist diffbar in z0 mit (f · g)′(z0) = f ′(z0)g(z0) + f(z0)g′(z0).

(d) Ist g(z0) 6= 0, so ist fg

diffbar in z0 mit(fg

)′(z0) = f ′(z0)g(z0)−f(z0)g′(z0)

g2(z0)

Lemma 3.3

Sind G,H ⊂ C offen, f : G→ H diffbar in z0 ∈ G, g : H → C diffbar in

f(z0), so ist g f diffb. in z0 mit (g f)′(z0) = g′(f(z0))f ′(z0).

Beispiele: (1) offenbar sind die Funktionen z 7→ 1, z 7→ z uberall diffbar.

Also ist jedes Polynom uberall diffbar, also holomorph auf C.

Weiterhin ist jedes rationale Funktion, also Bruche pq

von Polynomen

p, q holomorph auf z ∈ C | q(z) 6= 0(2) Die Funktion f(z) = Re(z) ist nirgends diffbar:

Fur z ∈ C beliebig ist fur h ∈ R :f(z+h)−f(z)

h= Re(z+h)−Re(z)

h= x+h−x

h= 1

h→0→ 1

aber f(z+ih)−f(z)h

= Re(z+ih)−Re(z)h

= x−xih

= 0h→0→ 0, 0 6= 1

Also ist f nicht diffbar in z.

Satz 3.4

Ist∞∑n=0

cn(z − z0)n eine Potenzreihe mit Konvergenzradius 0 < R ≤ ∞,

so ist f : B(z0, R)→ C, f(z) =∞∑n=0

cn(z − z0)n, holomorph.

Beweis: o.B.d.A ist z0 = 0.Sei w ∈ B(z0, R) bel. Wir setzen

4(z, w) = f(z)−f(w)z−w −

∞∑n=1

cnnwn−1

Wir bemerken zunachst, dass ↑ Konvergenzradius R hat.

lim supn→∞

n√|cn|n = lim sup

n→∞

n√|cn| · n

√n

→1

= lim supn→∞

n√|cn| = 1

R

Wir zeigen 4(z, w) →z→w

0.

4(z, w) =∞∑n=0

cnzn−wnz−w −

∞∑n=1

cnnwn−1

Page 59: Ana III Mitschrift

59

Nun ist zn−wnz−w =

0, falls n = 0n−1∑n=0

zn−1−kwk, falls n ≥ 1(selber)

und damit

4(z, w) =∞∑n=1

cn

[n−1∑n=0

zn−1−kwk − nwn−1

]Es ist [· · · ] =

n−2∑k=0

zn−1−kwk − (n− 1)wn−1

=n−2∑k=0

(k + 1)zn−1−kwk −n−2∑k=0

kzn−1−kwk − (n− 1)wn−1

=n−2∑k=0

(k + 1)zn−1−kwk −n−1∑k=0

kzn−1−kwk

=n−1∑k=1

kzn−kwk−1 −n−1∑k=1

kzn−1−kwk = (z − w)n−1∑k=1

kzn−1−kwk−1

Sei |w| < r < R und |z| < r. Dann folgt

|4(z, w)| ≤∞∑n=2

|cn|n−1∑k=1

k|z|n−1−k|w|k−1|z − w|

≤∞∑n=2

|cn|n−1∑k=1

k︸︷︷︸≤n2

rn−2|z − w| ≤∞∑n=2

|cn|n2rn−2|z − w|

Die Potenzreihe∞∑n=2

|cn|n2vn hat Konvergenzradius lim supn→∞

n√|cn|n2 = lim sup

n→∞

n√|cn| = 1

R

Damit konvergiert∞∑n=2

|cn|n2rn−2 = 1r2

∞∑n=2

|cn|n2rn.

Also |4(z, w)| ≤ c|z − w| →z→w

0

Korollar 3.5

f ist sogar bel. oft diffbar mit f (k)(z) =∞∑n=k

cnn!

(n−k)!(z − z0)n−k

Beweis: Durch Induktion uber k. Dabei haben alle autretenden Potenzreihen

den selben Konvergenzradius R.

Es sei f : C ⊃ G→ C, G ⊂ C offen. Wir identifizieren G ⊂ C mit G ⊂ R

z = x+ iy ∈ G ⇐⇒(xy

)∈ G

Wir schreiben u(x, y) := Re f(x+ iy)

Page 60: Ana III Mitschrift

60

v(x, y) := Im f(x+ iy)

Der Fkt. f ist dann kanonisch die Funktion f : G→ R2, f

(xy

)=

(u(x, y)v(x, y)

)

Satz 3.6

f ist genau dann (kompl.) differenzierbar in z0 = x0 + iy0 ∈ G, wenn

f diffbar (in R2) ist in (x0, y0) ∈ G und die Cauchy-Riemannsche DGL

gelten: ∂u∂x

(x0, y0) = ∂v∂y

(x0, y0) und ∂u∂y

(x0, y0) = − ∂v∂x

(x0, y0).

Beweis: ”⇒” Fur h ∈ R gilt:

f(z0+h)−f(z0)h

Also

=u(x0 + h, y0)− u(x0, y0)

h︸ ︷︷ ︸→h→0

Re f ′(z0)

+und

iv(x0 + h, y0)− v(x0, y0)

h︸ ︷︷ ︸→h→0

Im f ′(z0)

→h→0

f ′(z0)

und weiter

f(z0+ih)−f(z0)ih

Also

= iu(x0 + h, y0)− u(x0, y0)

h︸ ︷︷ ︸→h→0

Re f ′(z0)

+und

v(x0 + h, y0)− v(x0, y0)

h︸ ︷︷ ︸→h→0

Im f ′(z0)

→h→0

f ′(z0)

Also sind u, v in (x0, y0) part. diffbar und es gilt:∂v∂y

(x0, y0) = Re f ′(z0) = ∂u∂x

(x0, y0) und

−∂u∂y

(x0, y0) = Im f ′(z0) = ∂v∂x

(x0, y0)

Wir zeigen, dass u diffbar in (x0, y0) ist: Da f in z0 diffbar ist, gibt es

eine Funktion r mit limz→z0

r(z−z0)|z−z0| = 0 und es gilt

f(z0 + (h+ ik)) = f(z0) + (h+ ik)f ′(z0)︸ ︷︷ ︸Re()=hRe f ′−k Im f ′

+ r(h+ ik)

Insbesondere gilt limz→z0

Re r(z−z0)|z−z0| = 0.

u(x0 + h, y0 + k) = Re f(z + (h+ ik))

= u(x0, y0) + h∂u∂x

(x0, y0) + k ∂u∂y

(x0, y0) + Re r(h+ ik)

Also ist u in (x0, y0) diffbar. Analog fur v.

”⇐” Wir setzen

r(h+ ik) = f(z0 + (h+ ik))− f(z0)− (h+ ik)(∂u∂x

(x0, y0)− i∂u∂y

(x0, y0))

Dann ist

Re r(h+ ik) = u(x0 + h, y0 + k)− u(x0, y0)− h∂u∂x

(x0, y0) + k ∂u∂y

(x0, y0)

Im r(h+ ik) = v(x0 + h, y0 + k)− v(x0, y0)− h ∂v∂x

(x0, y0)− k ∂v∂y

(x0, y0)

Da u, v in (x0, y0) diffbar sind gilt:Re r(h+ik)√

h2+k2 → 0 und Im r(h+ik)√h2+k2 → 0. Also r(h+ik)

|h+ik| = Re r(h+ik)+i Im r(h+ik)√h2+k2 → 0

Page 61: Ana III Mitschrift

61

3.2 Der Cauchysche Integralsatz

Kurven in C=Kurven in R2:

•γ : [a, b]→ C stkw. stetig diffbar heißt Kurve(in C)

•Sp(γ) = γ(t) | t ∈ [a, b] ist die Spur von γ

•γ ist geschlossen, falls γ(a) = γ(b)

• Ist f : Sp(γ)→ C stetig, dann´γ

f(z)dz :=b

a

f(γ(t)) · γ′(t)dt,

dabei ist a = t0 < t1 < ... < tn = b und γ|[ti,ti+1] stetig diffbar, so ist

b

a

f(γ(t))γ′(t)dt =n−1∑i=0

ti+1´ti

f(γ(t))γ′(t)dt

•Dabei: fur g : [a, b]→ C:b

a

g(t)dt :=b

a

Re g(t)dt +b

a

Im g(t)dt

•Das Kurvenintegral ist unter (orientierungserhaltenden)

Parametertransformationen invariant.

• Ist γ : [a, b]→ C und γ : [a, b]→ C mit γ(t) = γ(b− t)Dann

´γ

f(z)dz = −´γ

f(z)dz

• Es gilt |´γ

f(z)dz| ≤ supz∈Sp(γ)

|f(z)|

Lange von γ =b

a

|y′(t)|dt

Lemma 3.7

Sei G ⊂ C offen F : G→ C holomorph. Ist γ eine geschl. Kurve in G, so ist´γ

F ′(z)dz = 0.

Beweis: Da offenbar F eine Stammfunktion (Potential) von F ′ ist, so folgt´γ

F ′(z)dz = γ(F (b))− γ(F (a)) = 0, da γ(b) = γ(a).

Satz 3.8 (Satz von Goursat)

Es seien G ⊂ C offen, f : G→ C holomorph. Sei weiter 4 ⊂ G ein

kompaktes Dreieck mit Randkurve γ. Dann gilt´γ

f(z)dz = 0.

Beweis: Wir zerlegen 4 in 4 kleinere Dreiecke 41, ... ,44 durch

halbierung der Seiten. Die entspr. Randkurven heißen γ1, ... , γ4.

Page 62: Ana III Mitschrift

62

Dann´γ

f(z)dz =4∑i=1

´γif(z)dz. Es sei j ∈ 1, ... , 4 so,dass

|´γif(z)dz| maximal ist, dann ist |

´γ

f(z)dz| ≤ 4|´γjf(z)dz|.

Iterativ zerteilen wir nun 41 wieder in 4 Teile und erhalten so

42 mit Rand γ2 usw. Wor erhalten eine Folge (4i) von Dreiecken

mit Randkurven (γi), so dass gilt:

4 ⊃ 41 ⊃ 42 ⊃ ...

L(γn) = 12L(γn−1)2−nL(γ)

diam(4n)︸ ︷︷ ︸sup|x−y| |x,y∈4n

= 12diam(4n−1) = 2−ndiam(4)

|´γ

f(z)dz| ≤ 4|´γ1

f(z)dz| ≤ ... ≤ 4n|´γn

f(z)dz|

Da 4 ⊃ 41 ⊃ ... ⊃ 4n ⊃ ... und alle 4n komp. Dreiecke sind, so ist⋂n∈N4n 6= ∅. Da aber diam(4n)→ 0. Also

⋂n

4n = z0.

Da z0 ∈ G und f diffbar in z0, gibt es ein stetiges r mit

f(z) = f(z0) + (z − z0)f ′(z0) + (z − z0)r(z).

Da z 7→ f(z0) + (z − z0)f ′(z0) linear ist, also eine Stammfunktion hat, so ist´γ

f(z0) + (z − z0)f ′(z0)dz = 0 nach Lemma 3.7.

Auf der anderen Seite ist |´γn

(z − z0)r(z)dz| ≤ supz∈Sp(γn)

|z − z0||r(z)|L(γn)

≤ 2−n · 2−nL(γ)diam(4) supz∈Sp(γn)

|r(z)|

Also ist

|´γn

(z − z0)r(z)dz| ≤ 4n|´γn

(z − z0)r(z)dz| ≤ L(γ)diam(4) supz∈Sp(γn)

|r(z)| → 0

Da r stetig ist und r(z0) = 0, supz∈Sp(γn)

|r(z)| →n→∞

0

Definition 3.9

G ⊂ C heißt Gebiet, falls G offen ist und zusammenhangend, d.h. ∀z, z′ ∈ Ggibt es eine Kurve γ : [a, b]→ G mit γ(a) = z und γ(b) = z′.

Page 63: Ana III Mitschrift

63

Satz 3.10 Cauchyscher Integralsatz f. konvexe Gebiete

Sei G ⊂ C ein konvexes Gebiet und f : G→ C holomorph, γ eine bel. geschl.

Kurve in G, dann ist´γ

f(z)dz = 0.

Beweis: Nach Lemma 3.7 reicht es aus eine Stammfkt. F von f zu

konstruieren, d.h. f = F ′

Fur bel. z, z′ ∈ G sei γz,z′ : [0, 1]→ G, γ(t) = z + t(z′ − z)

Wit halten z0 ∈ G fest und setzen F (z) :=´γz0,z

f(z)dz

Da f holomorph, also insb. stetig ist, ist F wohldef.

Nach dem Satz von Goursat ist F (z′)− F (z) =´γz,z′

f(z)dz

Damit ist∣∣∣F (z′)−F (z)

z′−z − f(z)∣∣∣ = |

1

0

f(z + t(z′ − z))dt− f(z)|

≤ |1

0

f(z + t(z′ − z))− f(z)dt|

Da f stetig in Z ist, gibt es fur jedes ε > 0 ein δ > 0:

|w − z| < δ ⇒ |f(w)− f(z)| < ε, d.h. ist |z − z′| < δ ⇒ |z + t(z′ − z)− z|= |t(z′ − z)| < δ∀t ∈ [0, 1]

Also fur |z′ − z| < δ : |f(z + t(z′ − z))− f(z)| < ε∀t ∈ [0, 1]

Bemerkung: Auf Konvexitat kann i.a. nicht verzichtet werden:

z.b. ist f : C \ 0 → C, f(z) = 1z

holomorph, ist dann γ : [0, 2π]→ C \ 0,γ(t) = eit der Kreis mit Radius 1 um 0

´γ

1zdz = 2πi 6= 0

Definition 3.11

γ0, γ1 geschlossene Kurven,

•γ0 und γ1 sind homotop, falls es eine stetige Fkt. H : [0, 1]× [0, 1]→ Cgibt mit H(s, ·) : [0, 1]→ C ist eine geschl. Kurve ∀s ∈ [0, 1].

H(0, ·) = γ0, H(1, ·) = γ1

H transformiert die Kurve γ0 stetig nach γ1

Eine geschlossene Kurve γ ist nullhomotop, falls sie homotop ist

zu einer (geschlossenen) konstanten Kurve γ1(t) = p ∈ C,∀t ∈ [0, 1].

Page 64: Ana III Mitschrift

64

Ein Gebiet G heißt einfach zusammenhangend, falls jede geschl. Kurve

in G nullhomotop ist.

Satz 3.12 (allg. Cauchyscher Integralsatz)

Sei G ⊂ C ein Gebiet und f : G→ C holomorph

(a) Sind γ0 und γ1 homotope Kurven in G, so gilt´γ0

f(z)dz =´γ1

f(z)dz

(b) Ist γ eine nullhomotope Kurve in G, so ist´γ

f(z)dz = 0

(c) Ist G einfach zsgd, so ist´γ

f(z)dz = 0 fur jede geschl. Kurve G.

Beweis: Da fur eine konstante Kurve γ1(t) = p ∈ G naturlich´γ1

f(z)dz = 0 ist,

folgt (b) aus (a). (c) folgt aus (b) nach der Def. von ”einfach zsgd”.

Es bleibt (a) zu zeigen. Sei also H : [0, 1]× [0, 1]→ G eine entspr.

Homotopieabb. , da H stetig ist und [0, 1]2 kompakt, so ist

K := H([0, 1]2) ⊂ G kompakt.

Dann gibt es ε > 0: Falls z ∈ K und |w − z| < ε⇒ w ∈ G.

Da H sogar stetig ist, gibt es m ∈ N :

(∗) Falls |s− s′| ≤ 1m

und |t− t′| ≤ 1m→ |H(s, t)−H(s′, t′)| < ε

Fur k = 0, ... ,m sei πk der Polygonzug mit den Eckpunkten

H(km, 0), H(km, 1m

), ... , H

(km, m−1

m

), H(km, 1)

= H(km, 0)

Wir zeigen: (a) sp(πk) ⊂ G∀k = 0, ... ,m

(b)´γ0

f(z)dz =´π0

f(z)dz,´γ1

f(z)dz =´πm

f(z)dz

(c)´πk

f(z)dz =´πk+1

f(z)dz, k = 0, ... ,m− 1

Damit sind wir dann fertig!

Zu (a):Wenn (∗) gilt:∣∣H( k

m, lm

)−H

(km, l+1m

)∣∣ < ε, also

H(km, l+1m

)∈ B

(H(km, lm

), ε)⊂ G nach der Wahl von ε.

Da B(H(km, lm

), ε)

naturlich konvex ist, liegt auch die ganze Menge

STrecke von H(km, lm

)nach H

(km, l+1m

)in ihr und damit in G.

Also sp(πk) ⊂ G fur alle k.

Zu (b): Fur γ0 und π0:

Wieder nach (∗) ist sp(σl) ⊂ B(H(0, lm

), ε). Nach dem Cauchyschen

Page 65: Ana III Mitschrift

65

IS fur konv. Gebiete folgt:

0 =´σl

f(z)dz, also 0 =m∑l=0

´σl

f(z)dz =´π0

f(z)dz−´γ0

f(z)dz

Zu (c): Wieder nach (∗) liegt sp(σl) ⊂ B(H(km, lm

), ε )

Also wieder nach dem ”konv CIS”:´σl

f(z)dz = 0

Somit 0 =m−1∑l=0

´σl

f(z)dz =´πk+1

f(z)dz−´πk

f(z)dz.

Da sich die Integrale uber die ”waagerechten” Strecken jeweils wegheben.

3.3 Anwendungen des Cauchyschen Integralsatzes

Lemma 3.13 (Cauchy-Integralformel fur Kreise)

Sei f : B(a,R)→ C holomorph. Dann gilt fur 0 < r < R mit γ : [0, 2π]→ C,γ(t) = a+ reit : 1

2πi

´γ

f(w)w−zdw = f(z) fur alle |z − a| < r.

Beweis: Sei 0 < ρ < r − |z − a| und γρ : [0, 2π]→ C,γρ(t) = z + ρeit. Dann ist

insb. sp(γρ) ⊂ B(a,R) und γ und γρ sind homotop in B(a,R) \ z.Da die Fkt. g(w) := f(w)

w−z auf B(a,R) \ z holomorph ist, folgt aus dem CIS:´γ

f(w)w−zdw =

´γρ

f(w)w−zdw. Da f stetig ist, gibt es fur ε > 0 ein

δ > 0 : |z − w| < δ ⇒ |f(z)− f(w)| < ε wir wissen bereits´γρ

1w−zdw = 2πi∀ρ

und damit fur ρ < δ :

∣∣∣∣∣ 12πi

´γρ

f(w)w−zdw − 1

2πi

´γρ

1w−zf(z)

∣∣∣∣∣ =

∣∣∣∣∣ 12πi

´γρ

f(w)−f(z)w−z dw

∣∣∣∣∣≤ 1

2πsup

w∈sp(γρ)

|f(w)−f(z)||w−z| L(γρ) ≤ 1

2π· 1ρ· ε · 2πρ = ε

Satz 3.14

Sei G ⊂ C offen, f : G→ C holomorph, a ∈ G,

R := infr > 0 |B(a, r) ∩GC 6= ∅

dann ist R der Radius des großten

Kreises um a der in G liegt. Dann konnen wir f als Potenzreihe um a

darstellen mit KR R.

Beweis: Sei 0 < r < R und γ(t) = a+ reit. Nach Lemma 3.13

f(z) = 12πi

´γ

f(w)w−zdw fur alle z ∈ B(a, r). Nun ist 1

w−z = 1w−a−(z−a)

Page 66: Ana III Mitschrift

66

= 1w−a ·

11− z−a

w−a= 1

w−a

∞∑n=0

(z−aw−a

)n.

Da∣∣ z−aw−a

∣∣ = |z−a|r

< r ∀w ∈ sp(γ), also konv. die Reihe glm. in w ∈ sp(γ).

Somit folgt f(z) = 12πi

´γ

f(w)w−zdw = 1

2πi

´γ

f(w)w−a

∞∑n=0

(z−aw−a

)ndw

=s.u.

∞∑n=0

1

2πi

ˆ

γ

f(w)

(w − a)n+1dw

︸ ︷︷ ︸:=Cn

(z − a)n =∞∑n=0

cn(z − a)n.

Integration und Reihenbildung darf hier vertauscht werden, da fur eine Folge

(gn) stetiger Fkt., die auf sp(γ) glm. gegen g konvergiert gilt:

|´γ

gn(z)dz−´γ

g(z)dz| = |´γ

gn(z)− g(z)dz| ≤ supz∈sp(γ)

|gn(z)− g(z)|L(γ)→ 0

Da wir also f als Potenzreihe um a darstellen konnen, folgt aus Korollar 3.5,

dass cn = f (n)(a)n!

, insb. unabh. von γ und damit von r, insb. konvergiert

die Potenzreihe also sogar auf B(a,R).

Korollar 3.15

Jede holomorphe Fkt. ist bel. oft diffbar und es gilt f (n)(a)n!

= 12πi

´γ

f(w)(w−a)n

dw

fur a ∈ G, wobei γ(t) = a+ reit mit B(a, r) ⊂ G.

Korollar 3.16

Mit denselben Bezeichnungen gilt sogarf (n)(z)n!

= 12πi

´γ

f(w)(w−z)n+1 dw∀z ∈ B(a, r)

Beweis: Sei γρ(t) = z + ρeit, wobei sp(γρ) ⊂ B(a, r).

Dann sind γ, γρ homotop in B(a, r) \ z iund aus dem CIS folgt:1n!f (n)(z) = 1

wπi

´γρ

f(w)(w−z)n+1 dw = 1

2πi

´γ

f(w)

(w−z)n+1 dw

Satz 3.17 (Identitatssatz):

Sei G ⊂ C ein Gebiet f, g : G→ C holomorph. Dann sind aquivalent:

(a) f = g auf G

(b)∃z0 ∈ G : f (n)(z0) = g(n)(z0)∀n ∈ N(c) Ist (zn) ⊂ G mit einem Haufungspunkt in G, so gilt f(zn) = g(zn)∀n ∈ N.

Page 67: Ana III Mitschrift

67

Beweis: (a)⇒(c) klar. Es reicht naturlich g ≡ 0 zu betrachten

(c)⇒(b): Sei o.B.d.A. z0 = limn→∞

zn.Da f stetig ist, folgt insbesondere

f(z0) = limn→∞

f(zn) = 0. Ang. ∃n : f (n)(z0) 6= 0. Sei N das minimale

solcher n. Also f (n)(z0) = 0, k = 0, ... , N − 1 und f (N)(z0) 6= 0.

Wir schreiben f als PR um z0 : f(z) =∞∑n=0

Cn(z − z0)n mit Cn = f (n)(z0)n!

Damit C0 = C1 = ... = CN−1 = 0 und CN 6= 0 und

f(z) =∞∑n=N

Cn(z − z0)n = (z − z0)n = (z − z0)N∞∑n=N

Cn(z − z0)

= (z − z0)N∞∑n=0

Cn+N(z − z0)n

Dann ist h holomorph. Nun f(zk) = 0∀k ∈ N, also 0 = (zk − z0)Nh(zk)∀kDa h insb. stetig ist, folgt 0 = lim

k→∞h(zk) = h(z0) = CN

(b)⇒(a) Da wir f um z0 in eine PR entwickeln konnen, folgt

f(z) =∞∑n=0

f (n)(z0)

n!︸ ︷︷ ︸=0

(z − z0)n = 0∀z im großten Kreis um z0, der noch

in G liegt. Sei z ∈ G und gg:[0,1]→ G eine Kurve von z0 nach z Angenommen

f(z) 6= 0. Sei t ∈ [0, 1] minimal, so dass f(γ(t)) = 0∀t ≤ t und

∀ε > 0∃t ∈[t, t+ ε

]mit f(γ(t)) 6= 0.

Wir betrachten z0 := γ(t). Wie im Beweis von (c)⇒(b) zeigt man

f (n)(z0) = 0∀n und damit ist f = 0 aus einem ganzen Kreis um z0.

Definition 3.18

Ist γ eine geschlossene Kurve in C, z /∈ sp(γ), so heißt

n(γ, z) := 12πi

´γ

1w−zdw, Umlaufzahl von γ um z.

Lemma 3.19

Die Umlaufzahl ist stets eine ganze Zahl.

Beweis: Wir zeigen: e2πi n(γ,z) = 1 : Sei also γ : [a, b]→ C eine geschl. Kurve.

Wir setzen ϕ(t) := exp(t

a

γ′(s)γ(s)−zds), t ∈ [a, b]

Page 68: Ana III Mitschrift

68

Wir zeigen: γ(b) = exp(b

a

γ′(s)γ(s)−zds) = exp(

´γ

1w−zdw) = e2πi n(γ,z) !

= 1.

Sei zunachst γ stetig diffbar. Dann folgt

ϕ′(t) = exp(t

a

γ′(s)γ(s)−zds) · γ′(t)

γ(t)−z= ϕ(t) γ′(t)γ(t)−z .

Damit wird(

ϕγ−z

)′(t) = ϕ′(t)(γ(t)−z)−ϕ(t)γ′(t)

(γ(t)−z)2 = 0 ∀t ∈ [a, b].

Damit ist jγ−z konstant und insbesondere

ϕ(a)γ(a)−z = ϕ(b)

γ(b)−z = ϕ(b)γ(a)−z , also ϕ(b) = ϕ(a) = 1

Ist γ nur stuckw. stetig diffbar, a = t0 < t1 < ... < tn = b,γ|[ti,zi+1] st. diffbar

so folgt analog ϕ(ti)γ(ti)−zi = ϕ(ti+1)

γ(ti+1)−z , i = 0, ... , n− 1 also

ϕ(a)γ(a)−z = ϕ(t0)

γ(t0)−z = ϕ(t1)γ(t1)−z = ... = ϕ(tn)

γ(tn)−z = ϕ(b)γ(b)−z = ϕ(b)

γ(a)−z ⇒Beh.

Satz 3.20 Allg. Cauchy-Integralformel

G ⊂ C offen, f : G → C holomorph. γ eine nullhomotope Kurve in G. Dann gilt:n(γ, z)f(z) = 1

2πi

´γ

f(w)w−zdw ∀z /∈ sp(γ).

Beweis: Fur z ∈ G setzen wir g(w) :=

f(w)−f(z)

w−z , falls w 6= z

f ′(z), falls w = z, w ∈ G .

Dann ist g holomorph auf G \ z und stetig auf ganz G.

Da f als Potenzreihe um z darstellbar ist: f(b) =∞∑n=0

cn(w − z)n, mit

c0 = f (0)(z)0!

= f(z), c1 = f ′(z)1!

= f ′(z), also g(w) =

∞∑n=0

cn(w−z)n−f(z)

w−z

=

∞∑n=1

cn(w−z)n

w−z =∞∑n=1

cn(w − z)n−1 =∞∑n=0

cn+1(w − z)n, also ist g

als Potenzreihe um z darstellbar und insbesondere holomorph (auch in z).

Nach dem CIS folgt nun fur z /∈ sp(γ) :

0 =´γ

g(w)dw =´γ

f(w)−f(z)w−z dw =

´γ

f(w)w−zdw − f(z)

ˆ

γ

1

w − zdw

︸ ︷︷ ︸2πi n(γ.z)

Korollar 3.21

Unter den Voraussetzungen des vorigen Satzes gilt:

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69

n(γ, z)f(n)(z)n!

= 12πi

´γ

f(w)(w−z)n+1 dw

Beweis: Ableiten unter dem Integral: Auf einer kleinen Kugel um z ist

n(γ, ·) konstant.

(n(γ, z)f(z))′

=n(γ,z)f ′(z)

= 12πi

(´γ

f(w)w−zdw) = 1

2πi

´γ

∂∂z

(f(w)w−z

)dw = 1

2πi

´γ

f(w)(w−z)2

fur n > 2 per Induktion.

3.4 Singularitaten und der Residuensatz

Definition 3.22

G ⊂ C offen, f : G→ C holomorph, dann heißt z0 ∈ C \G isolierte Singularitat, falls esein ε > 0 gibt mit B(z0, ε) \ z0 ⊂ G.

Eine isolierte Singularitat z0 heißt

(i) hebbare Singularitat, falls es eine holomorphe Funktion

g : G ∪ z0 → C mit g|G = f gibt.

(ii) Pol, falls limz→z0|f(z)| =∞

(iii) wesentliche Singularitat, falls z0 kein Pol und nicht hebbar ist.

Eine Funktion f heißt meromorph auf G ⊂ C, falls es eine Menge S ⊂ G gibt,

die nur aus isolierten Punkten besteht, so dass f |G\S holomorph und S nur

aus Polen und hebbaren Singularitaten besteht.

Beispiel: Die Fkt. z 7→ f(z) = 1z

ist meromorph auf C : Auf C \ 0 ist

f holomorph, z0 = 0 ist ein Pol: limz→0|f(z)| = lim

n→0

1|z| =∞.

Bemerkung: Ist z0 eine hebbare Singularitat, so ist f auf einer punktierten

Umgebung um z0 beschrankt: Ist g eine holomorphe Fortsetzung von f , so

ist g insbesondere stetig auf einer Kugel B(z0, ε) und insbesondere dort

beschrankt. Also ist f auf B(z0, ε) \ 0 beschrankt.

Satz 3.23 Riemanscher Hebbarkeitssatz

Sei f : G→ C holomorph und z0 ∈ C \G eine isolierte Singularitat, so dass es

ein ε > 0 gibt, so dass f |B(z0,ε)\z0 beschrankt ist, dann ist z0 eine hebbar.

Beweis: Fur z ∈ G setzen wir: h(z) = (z − z0)2f(z). Dann ist h(z0) := 0

und h′(z0) = limz→z0

h(z)−h(z0)(z−z0)

= limz→z0

(z − z0)f(z) = 0 da f beschrankt ist.

Page 70: Ana III Mitschrift

70

Also ist h auf G ∪ z0 holomorph! Wir schreiben h als PR um z0

h(z) =∞∑n=0

cn(z − z0)n =c0=h(z0)=0c1=h′(z0)=0

∞∑n=2

cn(z − z0)n =∞∑n=0

cn+2(z − z0)n+2

= (z − z0)2

∞∑n=0

cn+2(z − z0)n︸ ︷︷ ︸=:g(z)

.

Also (z − z0)2f(z) = h(z) = (z − z0)2g(z), also fur z 6= z0 : f(z) = g(z).

Nun ist g eine PR um z0 und insb. holomorph in z0, also z0 hebbar.

Satz 3.24 (Casorati-Weierstraß)

G ⊂ C offen, f : G→ C holomorph. z0 ∈ C \G wesentl. Singularitat.

Dann liegt fur jedes δ > 0 das Bild f(B(z0, δ) \ z0) dicht in C.

Beweis: Ang. nicht. Dann gibt es δ > 0,ε > 0, w ∈ C, so dass

|z − z0| < δ︸ ︷︷ ︸B(z0,δ)

⇒ |f(z)− w| ≥ ε︸ ︷︷ ︸f(z)/∈B(w,ε)

Wir setzen g(z) = 1f(z)−w , z ∈ G(um z0), beschrankt um z0 und holomorph,

nach dem Riemannschen Hebbarkeitssatz hat g in z0 eine hebbare

Singularitat.Wir setzen g holomorph in z0 fort durch g(z0) = c ∈ C. Ist c = 0,

so folgt 0 = c = g(z0) = limz→z0

g(z) = limz→z0

1f(z)−w , d.h. lim

z→z0|f(z)| =∞

da z0 kein Pol von f .

Ist c 6= 0, so ist wegen f = 1g

+ w f in z0 durch f(z0) := 1c

+ w holomorph

fortsetzbar.

da z0 keine hebb. Singularitat.

Bemerkung: Es gilt sogar der große Satz von Picard:

In jeder Umgebung einer wesentlichen Singularitat nimmt f jede komplexe

Zahl(mit einer Ausnahme) unendlich oft als Funktionswert an!

Satz 3.25

Sei G ⊂ C offen, f : G→ C holomorph, z0 eine Polstelle von f .

Dann gibt es g : G ∪ z0 → C holomorph und m ∈ N mit

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f(z) = g(z)(z−z0)m

, z ∈ G. m heißt Ordnung der Polstelle.

Beweis: Wir zeigen, dass f(z)(z − z0)m fur ein gewisses m in z0 eine hebbare

Singularitat hat. Wir betrachten h = 1f(in Umgebung von z0).

Da limz→z0

h(z) = limz→z0

1f(z)

= 0 konnen wir h fortsetzen in z0 durch h(z0) := 0.

Da dann h auf G ∪ z0 holomorph is, konnen wir h in eine Potenzreihe um

z0 entwickeln: h(z0) =∞∑n=0

cn(z − z0)n. Da c0 = h(z0) = 0. So ist

m := minn ∈ N | cn 6= 0 ≥ 1 und

h(z) =∞∑n=m

cn(z − z0)n =∞∑n=0

cn+m(z − z0)n+m = (z − z0)m∞∑n=0

cn+m(z − z0)n︸ ︷︷ ︸h(z)

Dann ist h holomorph und h(z0) = cm 6= 0.

h(z) = (z − z0)mh(z) mit g = 1

hfolgt die Behauptung.

Definition 3.26

Seien f, g,m wie in Satz 3.25. Dann konnen wir g als PR um z0 schreiben,

also g(z) =∞∑n=0

cn(z − z0)n und damit

f(z) =∞∑n=0

cn(z − z0)n−m =∞∑

n=−mcn+m︸ ︷︷ ︸=:cn

(z − z0)n =∞∑

n=−mcn(z − z0)n.

Diese Reihe heißt Laurent-Reihe und−1∑

n=−mcn(z − z0)n heißt Hauptteil der

Reihe. Schließlich heißt c−1 =: res(f, z0) das Residuum von f in z0.

Bemerkung: Ist z0 eine wesentl. Singularitat, so konnen wir f in der Form

f(z) =∞∑

n=−∞cn(z − z0)n schreiben.

Satz 3.27 (Residuensatz)

Sei G ⊂ C ein Gebiet und f meromorph auf G und γ eine nullhomotope

geschlossene Kurve in G, so dass keine Polstellen von f auf sp(γ) liegen.

Sei P = z1, z2, ... die Menge der Polstellen von f , so folgt1

2πi

´γ

f(z)dz =∑zk∈P

res(f, zk)n(γ, zk).

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Beweis: Wir betrachten nur den Fall, dass P = z1, z2, ... , zl endlich ist.

Ist fur k = 1, ... , l Hk der Hauptteil der Laurentreihenentwicklung von

f um zk, dann ist f −Hk als Potensteihe um zk darstellbar, also

insbesondere im zk holomorph fortsetzbar. Entsprechend ist f −l∑

k=1

Hk

in jedes zk holomorph fortsetzbar durch z.B. g : G→ C. Damit ist nach dem

Cauchy-Integralsatz 0 =´γ

g(z)dz = 12πi

´γ

f(z)dz− 12πi

l∑k=1

´γ

Hk(z)dz

Alles was zu zeigen bleibt ist:

12πi

l∑k=1

´γ

Hk(z)︸ ︷︷ ︸=−1∑

n=−mcn(z−z0)n

dz = res(f, zk)︸ ︷︷ ︸=c−1

n(γ, zk)

Dies folgt sofort, falls

12πi

´γ

(z − z0)ndz!=

n(γ, zk), falls n = −1

0 , sonst

Die C-I-Formel besagt:

n(γ, z0)f(n)(z0)n!

= 12πi

´γ

f(w)

(w−z0)n+1 dw

Mit f ≡ 1 folgt: n(γ, zk) = 12πi

´γ

1w−zk

dw

Fur n < −1: 0 = 12πi

´γ

1

(w−zk)|n|dw =

´γ

(w − zk)ndw