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Federico Fellini bei den Dreharbeiten zu „Satyricon“ (1969) Filme prägen maßgeblich das Bild der Schülerinnen und Schüler von der Antike K ino macht Schule“ – unter diesem Motto stand im März 2003 eine Tagung der Bundeszentrale für politische Bildung und der Filmförderungsanstalt in Berlin. Ziel der dort verabschiedeten Erklä- rung ist es, die Kompetenz der Jugendlichen im reflektierten und kritischen Umgang mit Filmen durch systematische Arbeit im Unterricht zu stärken. 1 Allerdings befindet sich unter den im Anschluss als Kanon festgelegten 35 Filmen keiner mit einem antiken Sujet; das mag umso mehr erstau- nen, als zu den bekanntesten Leinwand- klassikern auch Antikfilme gehören, wie etwa die Stummfilmversion von „Ben Hur“ (USA 1924–1926) oder die Verfilmung des Petron’schen „Gastmahl des Trimalchio“ („Satyricon“ Italien 1969) durch Federico Fellini. Längst gilt aber für den altsprachlichen Unterricht, dass die Schülerinnen und Schüler ein Bild der Antike haben, das zu einem Großteil auf filmischen Erfahrun- gen unterschiedlichster Provenienz beruht (Kino, Fernsehen, Video-/DVD-Markt). Außerdem hat seit dem Erfolg von „Gla- diator“ (USA 2000) das tot geglaubte Genre des kommerziellen Antikfilms seine „triumphale Rückkehr“ in die Kinowelt angetreten. Derzeit scheint es, als führten die Filmstudios in Sachen Antikfilm einen Wettstreit, da sich jeweils mehrere kon- kurrierende Verfilmungen zu „Alexander dem Großen“ und zu „Hannibal“ in Arbeit befinden; in Planung sind außerdem Filme über Pompeji, „Die Schlacht bei den Ther- mopylen“ und ein Remake von „Kleopa- tra“. Film als Vermittler von Antike Als Zielgruppe haben die Filmemacher besonders das jugendliche Kinopublikum im Auge. 2 Dabei sind die Bilder der Antike, die im modernen Film transportiert wer- den, oft genug alles andere als kohärent. Meist sind sie sehr konservativen Sicht- weisen auf die Antike verpflichtet, was an der Fokussierung auf große Personen und Ereignisse bei der Themenwahl deutlich wird. In eine ähnliche Richtung weist auch die Idealisierung der römischen Republik und Markierung der Kaiserzeit als Verfall- sepoche, wie wir sie in „Gladiator“ antref- fen. Nun rezipieren Filmemacher nicht gerade die altertumswissenschaftliche For- schung, die die hohe und späte Kaiserzeit längst von dem Verdikt der Verfallsepoche 4 Anja Wieber Antike bewegt: Antike, Film und altsprachlicher Unterricht Bild nicht verfügbar

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Federico Fellini beiden Dreharbeiten

zu „Satyricon“(1969)

Filme prägenmaßgeblich das Bild der

Schülerinnen und Schüler von

der Antike

K ino macht Schule“ – unter diesem Motto stand im März 2003 eine

Tagung der Bundeszentrale für politischeBildung und der Filmförderungsanstalt inBerlin. Ziel der dort verabschiedeten Erklä-rung ist es, die Kompetenz der Jugendlichenim reflektierten und kritischen Umgangmit Filmen durch systematische Arbeit imUnterricht zu stärken.1 Allerdings befindetsich unter den im Anschluss als Kanonfestgelegten 35 Filmen keiner mit einemantiken Sujet; das mag umso mehr erstau-nen, als zu den bekanntesten Leinwand-klassikern auch Antikfilme gehören, wieetwa die Stummfilmversion von „Ben Hur“(USA 1924–1926) oder die Verfilmung desPetron’schen „Gastmahl des Trimalchio“(„Satyricon“ Italien 1969) durch FedericoFellini.

Längst gilt aber für den altsprachlichenUnterricht, dass die Schülerinnen undSchüler ein Bild der Antike haben, das zueinem Großteil auf filmischen Erfahrun-gen unterschiedlichster Provenienz beruht(Kino, Fernsehen, Video-/DVD-Markt).Außerdem hat seit dem Erfolg von „Gla-diator“ (USA 2000) das tot geglaubte Genredes kommerziellen Antikfilms seine„triumphale Rückkehr“ in die Kinowelt

„angetreten. Derzeit scheint es, als führtendie Filmstudios in Sachen Antikfilm einenWettstreit, da sich jeweils mehrere kon-kurrierende Verfilmungen zu „Alexanderdem Großen“ und zu „Hannibal“ in Arbeitbefinden; in Planung sind außerdem Filmeüber Pompeji, „Die Schlacht bei den Ther-mopylen“ und ein Remake von „Kleopa-tra“.

Film als Vermittler von Antike

Als Zielgruppe haben die Filmemacherbesonders das jugendliche Kinopublikumim Auge.2 Dabei sind die Bilder der Antike,die im modernen Film transportiert wer-den, oft genug alles andere als kohärent.Meist sind sie sehr konservativen Sicht-weisen auf die Antike verpflichtet, was ander Fokussierung auf große Personen undEreignisse bei der Themenwahl deutlichwird. In eine ähnliche Richtung weist auchdie Idealisierung der römischen Republikund Markierung der Kaiserzeit als Verfall-sepoche, wie wir sie in „Gladiator“ antref-fen. Nun rezipieren Filmemacher nichtgerade die altertumswissenschaftliche For-schung, die die hohe und späte Kaiserzeitlängst von dem Verdikt der Verfallsepoche

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Anja Wieber

Antike bewegt:Antike, Film und

altsprachlicher Unterricht

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„freigesprochen“ hat, sondern lesenpopulärwissenschaftliche Geschichts-schreiber3 und folgen häufig filmischenVorlagen eines Genres. So gibt auch derRegisseur von „Gladiator“, Ridley Scott,zu, als jugendlicher Kinogänger vonAntikfilmen wie „Ben Hur“ oder „Sparta-cus“ geprägt worden zu sein und zitiert dieberühmten Vorläufer an etlichen Stellenseines Films.4

Andererseits wird das filmische Bild derAntike von modernen Interessen bestimmt.Ökonomische Motive spielen eine Rolle,wenn eine mit dem Zeitgeschmack amal-gierte Antike, z. B. bei der Kostümierungund dem Make-up der Protagonistinnen,oder eine nach dem Gebot der „politicalcorrectness“ konzipierte Filmhandlungdazu dient, das zahlende Kinopublikumnicht zu irritieren. So spielen farbige Schau-spieler in neueren Produktionen zur Antikeeine andere Rolle als in den 50er Jahren.Tagespolitische Interessen kommen insSpiel, wenn bei den aktuellen Dreharbei-ten zu „Alexander“ dessen Geschichteunter den Auswirkungen des Irakkriegs alsBeleg für den bereits in der Antike existie-renden Kampf der Kulturen à la SamuelHuntington gedeutet wird.5

Neben dem Kino rezipieren Jugendlicheverfilmte Antike durch das häusliche Fern-sehen.6 Auf der Spitzenposition bei der Programmauswahl Jugendlicher liegenSpielfilme. Gerade die konventionellenAntikfilme werden derart häufig an hohenFeiertagen im Fernsehen wiederholt, dassvon einem Recycling des simplifiziertenund veralteten Antikbildes à la Hollywoodauszugehen ist, beruhen doch die Filme derNachkriegszeit ihrerseits oft auf Romanendes 19. Jh.s. Erweitert wird das Spielfilm-angebot zur Antike seit einiger Zeit durchspeziell für das Fernsehen hergestellte Spiel-filme.

Auch unter den meist für das Fernsehenproduzierten dokumentarischen Sendefor-maten nimmt die Antike einen wichtigenPlatz ein, wobei dieser Sendetyp häufig inForm von Themenabenden als Nach- oderVorfilm zu einem Spielfilm präsentiert wirdoder bei der Ausstrahlung des betreffendenAntikfilms einen Programmhinweis erhält.Wahrscheinlich schauen sich auch Jugend-liche, zumindest höherer Jahrgangsstufen,

diese Sendungen an, zumal die Fernsehan-stalten bewusst um sie werben, wie die mitSpielen zur Antike ausgestatteten Inter-netseiten zu dem Themenarrangement„Augustus“ belegen, das einen zweiteili-gen für das Fernsehen produzierten Spiel-film und eine Dokumentationssendung(„Augustus – der erste Kaiser: Totengräberund Friedensfürst“) umfasste.7

Während Untersuchungen zum Ge-schichtsbewusstsein Jugendlicher zeigen,dass diese historischen Spielfilmen gegenü-ber eine kritische Distanz einnehmen, dieallerdings altersabhängig ist,8 werden doku-mentarische Sendungen oft vorschnell alseinzig mögliche Deutung eines Vorgangsakzeptiert. Dabei operieren die Dokumen-tarsendungen zu vormodernen Epochenu. a. mit fiktiven Spielszenen und bei anti-ken Themen in letzter Zeit häufig mit Aus-schnitten aus populären Antikfilmen.

Eine gezielte Auseinandersetzung mitAntikfilmen bietet sich daher im Unter-richt der Alten Sprachen nicht nur an, son-dern ist geradezu geboten, damit dieSchüler und Schülerinnen die ihnen fil-misch vermittelten, oft interessegeleitetenBilder der Antike kritisch reflektieren.

„Antikfilm“ als Gattung

Im deutschen Sprachraum gibt es keine ein-heitliche zusammenfassende Bezeichnungfür Filme, die einem antiken Sujet ver-pflichtet sind. In der angloamerikanischenFilmwissenschaft existiert der Terminustechnicus „epic“, der für historisch-sagen-hafte Filme, allerdings nicht nur über dieAntike, sondern auch über andere Epochensowie mythische und biblische Themen-kreise steht. In Anknüpfung an den anti-ken Eposbegriff bezieht sich epic auf Filme,die erhabene Themen in epischer Breiteund mit epischem Aufwand inszenieren.Darauf nimmt der in diesem Zusammen-hang vielfach genutzte Begriff Monumen-talfilm bzw. Kolossalfilm Bezug.

Andere Klassifikationen folgen den Aus-stattungsmerkmalen jener Filme, die dannallgemein nach den Kulissen Ausstat-tungsfilm oder nach der Kleidung Kostüm-film und nach spezifischen Kleidung-stücken Sandalenfilme (im EnglischenToga films) heißen. Inhaltliche Einteilun-

Bisher gibt eskeine einheitlicheBezeichnung fürFilme mit antikemSujet

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Alain Cuny (sitzend)als Lica in FellinisSatyricon (1969).

gen unterscheiden zwischen den Histori-enfilmen, die für die Antike den Zeitraumvon der altorientalischen Geschichte biszum Untergang Westroms und zum frühenByzanz umfassen, und Bibel- und Mythen-verfilmungen.

Bereits in den 50er Jahren kennzeichneteine besonders freie Umgestaltung antikerSagenkreise den italienischen Film, in demder mythische Hercules ohne weiteresgegen die historischen Hunnen antretenkonnte. Seitdem sich in den 70er Jahren dasFantasygenre bei antiken Gestalten undMotiven bediente, findet jene italienischeTradition zunehmend in Verfilmungen die-ser Stoffe für Kino und Fernsehen ihre Fort-setzung („Hercules in New York“, USA1970 – in der Hauptrolle übrigens ArnoldStrong = Schwarzenegger – oder etwa dieFernsehserien „Hercules“/„Xena“).

Ein weiteres Genre, in dem wir antikeThemen antreffen, ist das der Literatur-verfilmungen. Dazu gehören Verfilmungenantiker Vorlagen, wie etwa die Euripides-Trilogie von Michael Cacoyannis9, „KönigÖdipus“ von Philip Saville (USA 1967) oderdas bereits eingangs genannte „Satyricon“von Fellini. Auch die Filme, die auf Rezep-tionen antiker Stoffe im Oeuvre neuzeitli-cher Literaten basieren – etwa auf Shakes-peares Theaterstücken10 – sind dieserGruppe zuzurechnen.

Antike wird aber auch in Parodien aufdas Genre behandelt, wie etwa in „LifeBrian“ (=„Leben des Brian“, GB 1979), dersowohl Jesusfilme als auch „Sandalen-filme“ allgemein karikiert. Bei den Musik-filmen reicht das Spektrum vom Opernfilm(„Orfeo“ nach der gleichnamigen Oper vonClaudio Monteverdi, Frankreich/Italien/Schweiz/Kanada 1985) zu Musicals (überrömische Frühgeschichte aus der Zeit desHannibalkrieges „Jupiter’s Darling“, USA1955). Eine gelungene Genremischungstellt „A Funny Thing happened on theWay to the Forum“ (deutsch: „Toll triebenes die Alten Römer“, USA 1966) dar. DieVerfilmung eines Broadwaymusicals ver-wertet nämlich einerseits Elemente derantiken Komödie (sowohl das Personal alsauch die Motivik und die Abfolge der Plo-telemente), parodiert aber andrerseits dasGenre der kitschigen Musikfilme und dasder Antikfilme sowie deren typische Bei-gaben, wie z. B. Wagenrennen.

Abgesehen von Zitaten der Antike inFilmtiteln (der Thriller über die Untateneines klinisch toten Verbrecherhirns istbetitelt „Der Schrecken der Medusa“ =„The Medusa Touch“ GB/F 1978) oder inder Ausstattung und in den Institutionenwie im Sciencefictionfilm,11 der nur zu oftantike Gewänder oder antike Staatsformenin sein Bild einer fernen Zukunft integriert,begegnet Antike auch noch in modernerUmschreibung eines antiken Themas. Hierwären etwa die verschiedenen Variationenüber das Orpheusthema zu nennen, beidem der Schauplatz des Mythos in dieModerne und in andere Länder verlagertwird (nach Brasilien in der brasilianisch-italienisch-französischen Co-Produktion„Orfeu Negro“ von 1959, nach England in„Wie verrückt und aus tiefstem Herzen“ =„Truly, Deeply, Madly“, GB 1990), oderauch die Geschlechter ihre Rollen tauschen(in der o.a. englischen Version bleibt dieFrau als Witwe zurück und der Mann kehrtzeitweilig als Schatten auf die Erde zurück,um mit ihr in einer Scheinwelt zu leben).In „Hinter dem Horizont“ („What dreamsmay come“, USA 1998) gar lebt der bereitstote Ehemann in einem virtuellen Himmel,aus dem er sich aufmacht, um die nachihm verstorbene Ehefrau aus der Hölle zubefreien.

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T Nimmt man die einen kompletten Filmals Hauptthema beherrschende Rezeptionder Antike als Kriterium für eine zusam-menfassende Bezeichnung, dann bietettatsächlich die sehr allgemeine Notationals „Antikfilm“ den Vorteil, Filme mitantiken Inhalten von Genrefilmen andererEpochen abgrenzen sowie ihnen weitereSubgenres zuordnen zu können (Antikfilmals Musikfilm etc.), ferner verfremdende,modernisierende genauso wie klassizisti-sche Verfilmungen der Antike zu umfas-sen und gleichzeitig keinerlei Wertung vor-zunehmen. Denn gerade der Begriff des„Monumentalfilms“ und des „Sandalen-films“ deklassieren vielfach den so bezeich-neten Film als kommerzielles Kino oderBilligproduktion.

Antikfilme in Fachwissenschaftund Fachdidaktik

Die wissenschaftliche Auseinandersetzungmit Antikfilmen nahm ihren Ausgang beiden Filmwissenschaften und – wegen derDominanz des amerikanischen Kinos – inder Anglistik, die epics über diverse histo-rische Epochen unter gattungsgeschichtli-chen Aspekten erforschte. Seit geraumerZeit sind die Antikfilme zum Untersu-chungsgegenstand der Klassischen Philo-logie geworden, die besonders im anglo-amerikanischen und neuerdings imdeutschsprachigen Bereich Antikfilmeunter dem Blickwinkel der Rezeption anti-ker Inhalte und unter dem Gesichtspunktdes fachdidaktischen Potentials betrach-tet.12 Als Althistorikerin hat die Englän-derin Maria Wyke mit der Untersuchungeiner Reihe von klassischen Filmsujets imitalienischen und amerikanischen Kino(Spartacus; Nero; Kleopatra und Pompeji)eine unverzichtbare Basis für jede Beschäf-tigung mit dem Thema Antikfilm gelegt.13

Dazu gehört zum einen die Untersuchungdes Antikbildes, das der jeweilige Antikfilmenthält, zum anderen geht es um denZusammenhang dieses Bildes mit den fil-mischen Produktionsbedingungen natio-naler, historischer und ökonomischer Art.

Inzwischen ist die Untersuchung derAntikfilme an einigen Universitäten zumForschungs- und Lehrinhalt diverser alter-tumswissenschaftlicher Disziplinen gewor-

den (Klassische Philologie, Archäologie,Alte Geschichte und Theologie), wie ent-sprechende Publikationen und Vorle-sungsverzeichnisse belegen. Sollte dieseEntwicklung fortdauern, so dürfte sich daskünftig auch in der Arbeit der Multiplika-toren von antiken Inhalten (Schule, Medienund Museum) und deren Umgang mitAntikfilmen widerspiegeln. Als Teile dervisuellen Präsentation von Antike findetman mittlerweile in Museen Filmstills(=Standfotos während der Dreharbeiten),Filmbilder und Filmausschnitte. Das Rö-mermuseum Mengen-Ennetach bietet sogareine gesonderte Themeninsel mit Videoc-lip („Von Rom nach Hollywood“) an.14

Bereits die antike Mnemotechnik haterkannt, wie viel leichter sich Informatio-nen merken lassen, die mit einem Bildgekoppelt sind – eine Erkenntnis, die diemoderne Gedächtnisforschung unterstützt.So ist z. B. erwiesen, dass sich die Lernef-fektivität im Geschichtsunterricht durch

Filmposter zu der Parodie „Toll trieben es die alten Römer“(1965)

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Alain Cuny (sitzend)als Lica in FellinisSatyricon (1969).

gen unterscheiden zwischen den Histori-enfilmen, die für die Antike den Zeitraumvon der altorientalischen Geschichte biszum Untergang Westroms und zum frühenByzanz umfassen, und Bibel- und Mythen-verfilmungen.

Bereits in den 50er Jahren kennzeichneteine besonders freie Umgestaltung antikerSagenkreise den italienischen Film, in demder mythische Hercules ohne weiteresgegen die historischen Hunnen antretenkonnte. Seitdem sich in den 70er Jahren dasFantasygenre bei antiken Gestalten undMotiven bediente, findet jene italienischeTradition zunehmend in Verfilmungen die-ser Stoffe für Kino und Fernsehen ihre Fort-setzung („Hercules in New York“, USA1970 – in der Hauptrolle übrigens ArnoldStrong = Schwarzenegger – oder etwa dieFernsehserien „Hercules“/„Xena“).

Ein weiteres Genre, in dem wir antikeThemen antreffen, ist das der Literatur-verfilmungen. Dazu gehören Verfilmungenantiker Vorlagen, wie etwa die Euripides-Trilogie von Michael Cacoyannis9, „KönigÖdipus“ von Philip Saville (USA 1967) oderdas bereits eingangs genannte „Satyricon“von Fellini. Auch die Filme, die auf Rezep-tionen antiker Stoffe im Oeuvre neuzeitli-cher Literaten basieren – etwa auf Shakes-peares Theaterstücken10 – sind dieserGruppe zuzurechnen.

Antike wird aber auch in Parodien aufdas Genre behandelt, wie etwa in „LifeBrian“ (=„Leben des Brian“, GB 1979), dersowohl Jesusfilme als auch „Sandalen-filme“ allgemein karikiert. Bei den Musik-filmen reicht das Spektrum vom Opernfilm(„Orfeo“ nach der gleichnamigen Oper vonClaudio Monteverdi, Frankreich/Italien/Schweiz/Kanada 1985) zu Musicals (überrömische Frühgeschichte aus der Zeit desHannibalkrieges „Jupiter’s Darling“, USA1955). Eine gelungene Genremischungstellt „A Funny Thing happened on theWay to the Forum“ (deutsch: „Toll triebenes die Alten Römer“, USA 1966) dar. DieVerfilmung eines Broadwaymusicals ver-wertet nämlich einerseits Elemente derantiken Komödie (sowohl das Personal alsauch die Motivik und die Abfolge der Plo-telemente), parodiert aber andrerseits dasGenre der kitschigen Musikfilme und dasder Antikfilme sowie deren typische Bei-gaben, wie z. B. Wagenrennen.

Abgesehen von Zitaten der Antike inFilmtiteln (der Thriller über die Untateneines klinisch toten Verbrecherhirns istbetitelt „Der Schrecken der Medusa“ =„The Medusa Touch“ GB/F 1978) oder inder Ausstattung und in den Institutionenwie im Sciencefictionfilm,11 der nur zu oftantike Gewänder oder antike Staatsformenin sein Bild einer fernen Zukunft integriert,begegnet Antike auch noch in modernerUmschreibung eines antiken Themas. Hierwären etwa die verschiedenen Variationenüber das Orpheusthema zu nennen, beidem der Schauplatz des Mythos in dieModerne und in andere Länder verlagertwird (nach Brasilien in der brasilianisch-italienisch-französischen Co-Produktion„Orfeu Negro“ von 1959, nach England in„Wie verrückt und aus tiefstem Herzen“ =„Truly, Deeply, Madly“, GB 1990), oderauch die Geschlechter ihre Rollen tauschen(in der o.a. englischen Version bleibt dieFrau als Witwe zurück und der Mann kehrtzeitweilig als Schatten auf die Erde zurück,um mit ihr in einer Scheinwelt zu leben).In „Hinter dem Horizont“ („What dreamsmay come“, USA 1998) gar lebt der bereitstote Ehemann in einem virtuellen Himmel,aus dem er sich aufmacht, um die nachihm verstorbene Ehefrau aus der Hölle zubefreien.

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T Nimmt man die einen kompletten Filmals Hauptthema beherrschende Rezeptionder Antike als Kriterium für eine zusam-menfassende Bezeichnung, dann bietettatsächlich die sehr allgemeine Notationals „Antikfilm“ den Vorteil, Filme mitantiken Inhalten von Genrefilmen andererEpochen abgrenzen sowie ihnen weitereSubgenres zuordnen zu können (Antikfilmals Musikfilm etc.), ferner verfremdende,modernisierende genauso wie klassizisti-sche Verfilmungen der Antike zu umfas-sen und gleichzeitig keinerlei Wertung vor-zunehmen. Denn gerade der Begriff des„Monumentalfilms“ und des „Sandalen-films“ deklassieren vielfach den so bezeich-neten Film als kommerzielles Kino oderBilligproduktion.

Antikfilme in Fachwissenschaftund Fachdidaktik

Die wissenschaftliche Auseinandersetzungmit Antikfilmen nahm ihren Ausgang beiden Filmwissenschaften und – wegen derDominanz des amerikanischen Kinos – inder Anglistik, die epics über diverse histo-rische Epochen unter gattungsgeschichtli-chen Aspekten erforschte. Seit geraumerZeit sind die Antikfilme zum Untersu-chungsgegenstand der Klassischen Philo-logie geworden, die besonders im anglo-amerikanischen und neuerdings imdeutschsprachigen Bereich Antikfilmeunter dem Blickwinkel der Rezeption anti-ker Inhalte und unter dem Gesichtspunktdes fachdidaktischen Potentials betrach-tet.12 Als Althistorikerin hat die Englän-derin Maria Wyke mit der Untersuchungeiner Reihe von klassischen Filmsujets imitalienischen und amerikanischen Kino(Spartacus; Nero; Kleopatra und Pompeji)eine unverzichtbare Basis für jede Beschäf-tigung mit dem Thema Antikfilm gelegt.13

Dazu gehört zum einen die Untersuchungdes Antikbildes, das der jeweilige Antikfilmenthält, zum anderen geht es um denZusammenhang dieses Bildes mit den fil-mischen Produktionsbedingungen natio-naler, historischer und ökonomischer Art.

Inzwischen ist die Untersuchung derAntikfilme an einigen Universitäten zumForschungs- und Lehrinhalt diverser alter-tumswissenschaftlicher Disziplinen gewor-

den (Klassische Philologie, Archäologie,Alte Geschichte und Theologie), wie ent-sprechende Publikationen und Vorle-sungsverzeichnisse belegen. Sollte dieseEntwicklung fortdauern, so dürfte sich daskünftig auch in der Arbeit der Multiplika-toren von antiken Inhalten (Schule, Medienund Museum) und deren Umgang mitAntikfilmen widerspiegeln. Als Teile dervisuellen Präsentation von Antike findetman mittlerweile in Museen Filmstills(=Standfotos während der Dreharbeiten),Filmbilder und Filmausschnitte. Das Rö-mermuseum Mengen-Ennetach bietet sogareine gesonderte Themeninsel mit Videoc-lip („Von Rom nach Hollywood“) an.14

Bereits die antike Mnemotechnik haterkannt, wie viel leichter sich Informatio-nen merken lassen, die mit einem Bildgekoppelt sind – eine Erkenntnis, die diemoderne Gedächtnisforschung unterstützt.So ist z. B. erwiesen, dass sich die Lernef-fektivität im Geschichtsunterricht durch

Filmposter zu der Parodie „Toll trieben es die alten Römer“(1965)

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den Einsatz von Filmen um 20% steigernlässt.15 Eine Erkenntnis, die sich auch deraltsprachliche Unterricht zunutze machenkann. Gerade bei Themen der Antikeerreicht der Film häufig eine Plastizität undEmpathie, wie sie die wegen der Allomor-phie der Kulturen für Schüler und Schüle-rinnen häufig schwer zugänglichen Origi-naltexte, aber auch die adaptiertenLehrbuchtexte nicht haben. So setzen in-zwischen die neuen Lehrbücher Filmbilderals Mittel zur Visualisierung ein.16

„Film ab! ...“ – Der Einsatz vonFilmen im AU

Der Filmeinsatz im altsprachlichen Unter-richt verfolgt verschiedene Ziele (Kas-ten 1). Da Filme für Schüler und Schüle-rinnen einen hohen lebensweltlichen Bezugaufweisen, sind sie ein besonders geeigne-tes Motivationsmittel und bieten überdiesauch bei der kritischen Untersuchung ein-zelner Aspekte sogar sprachlich schwäche-ren Mitgliedern der Lerngruppe Möglich-keiten für Erfolgserlebnisse.

Didaktische Intentionen Dokumentationssendungen und Spielfilmeeignen sich im ersten Zugriff als Mittel zurErweiterung des Sachhorizontes und zurVergegenwärtigung antiker Lebenswelt,wobei beim Spielfilm wohl der Zweck derVergegenwärtigung gegenüber seinem Ein-satz als Informationsquelle überwiegt. So

kann man zum Beispiel Ausschnitte aus„Ben Hur“ und „Gladiator“ in Zusam-menarbeit mit dem Fach Sport für die The-meneinheit „Sport in der Antike“ frucht-bar machen.17

Der Film selbst rückt mehr in den Mit-telpunkt, wenn er als Beispiel für dieRezeption eines antiken Themas bearbei-tet wird und damit auch zu einem Beleg fürdie fortdauernde Aktualität der Antikewird. Medienkritik als Lernziel lässt sichab Klasse 10, z. B. in Zusammenarbeit mitdem Geschichtsunterricht, bei einer ideo-logiekritischen Untersuchung einlösen,etwa in einer Unterrichtsreihe zur antikenSklaverei bei der Untersuchung der diver-sen Subtexte in „Spartacus“ (USA 1960) zu„Kaltem Krieg“ und amerikanischemNationalismus, aber auch zum Ende derMcCarthy-Ära.

Schließlich kann das Unterrichtszielauch die Produktion eines eigenen Filmsin der Lerngruppe sein. Der Kreativität derSchüler und Schülerinnen sind dabei keineGrenzen gesetzt, sie können z. B. eineeigene moderne oder klassizistische Ver-sion eines ihnen bekannten Mythos alsSpielfilm en miniature drehen oder auchmit dokumentarischen Formaten experi-mentieren (Expertenbefragung oder Abfil-mung von selbst gemaltem Bildmaterialoder fertigen Buchillustrationen mit Kom-mentierung). Gerade bei einer solchen Pla-nung bietet sich die Zusammenarbeit mitanderen Fächern an, besonders die Fachdi-

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unterrichtlicheVerankerung didaktische Intention

Arbeitsmethode

Präsentationsformdes Films

Sozialformen

Begleitend zu einerThemeneinheit

Reihenanfang/-ende

Projektarbeit

Unterrichtsgang Kino

Fächerverbindende Arbeit

Häusliche Bearbeitungeiner Filmsequenz/eines

Filmes durch SchülerInnenim Rahmen eines Referates

Film imaltsprachlichen Unterricht

Klassenunterricht/ (arbeits-teilige) GA/PA mit

Arbeitsaufträgen im Vorfeld/Anschluss an den Film

Information durchDokumentation

Vergegenwärtigungdurch Spielfilm

Verbindung von Medien-kritik und Rezeptions-geschichte

Anlass zur Produktions-orientierung

Informationsentnahme

Motivationsanalyse

filmsprachliche Analyse

Filmausschnitte

Film als Komplett-angebot 1

daktik des Kunstunterrichts hat auf diesemSektor viel zu bieten.18

Filmproduktionen dieser Art setzen übri-gens nicht unbedingt einen Lehrer odereine Lehrerin mit eigener Erfahrung im Fil-men voraus, sondern ermöglichen oft einenRollentausch in Sachen Expertenwissen:Es gibt in den meisten Lerngruppen Schülerund Schülerinnen, die gern als Kamerateamarbeiten, und Computerkundige, die denFilm in häuslicher Eigenregie weiterbear-beiten. Der „Tag der offenen Tür“ oderandere Schulevents können dann einenRahmen zur Präsentation eines solchenProdukts bieten.

Verankerung im UnterrichtProjektarbeit dieser Gestalt erfolgt zu imSchulkalender festgelegten Tagen (Pro-jekttag/-woche), ferner mit Interessiertenin einer regelmäßigen oder zeitweiligzusammenkommenden Arbeitsgemein-schaft oder in den letzten anderthalbWochen des Schuljahres. Ferner kann einFilm am Anfang oder am Ende einerUnterrichtsreihe im altsprachlichen Unter-richt stehen. Im einen Fall dient er in denfolgenden Unterrichtsstunden als Folie fürden Vergleich mit antiken Textpartien ver-gleichbaren Inhalts, im anderen lädt er alsRezeptionsdokument zum abschließendenVergleich ein. Aber auch der Einsatz ineiner laufenden Reihe, begleitend zu einerkleinen Themeneinheit, ist denkbar – z. B.während der Lehrbucharbeit ein entspre-chender Filmausschnitt oder bei der The-meneinheit „Gladiatorenwesen“ im Rah-men einer Unterrichtsreihe über „antikeUnterhaltung“ oder „Sklaverei“ die Vor-führung einer filmischen Arenaszene.19

Schließlich lässt sich ein Kinobesuch alsUnterrichtsgang organisieren, der entwe-der in eine Unterrichtsreihe eingebettet istoder mit entsprechenden Zusatzaufgabenselbst eine kleinere Themeneinheit dar-stellt.

Aus Zeitgründen empfiehlt sich durch-aus die Arbeit mit Filmausschnitten,sowohl bei Dokumentationen als auch beiSpielfilmen, die außerdem den Vorteil bie-ten, eine doppelte Vorführung zur genaue-ren Beobachtung zu ermöglichen. In derOberstufe lässt sich aber mancher Film ineiner Doppelstunde gemeinsam anschauen.

Allerdings kann man den kompletten Filmauch als Zusatzaufgabe im Rahmen einesReferates zur häuslichen Bearbeitung mitSpezialaufträgen an Freiwillige vergeben,während im Unterricht (je nach Lern-gruppe von den Referierenden oder vomLehrer) ausgewählte Partien bearbeitet wer-den.

Als Methode zur Filmbearbeitung kann dasProtokollieren von Sachaspekten zur ein-fachen Informationsentnahme oder inhöheren Klassen zu deren anschließenderkritischer Überprüfung gewählt werdenoder eine Motivanalyse erfolgen, die Bezugnimmt auf die Kategorien oder Aspektebereits übersetzter Texte eines verwandtenThemenkreises. Hat man bei der Lektürezuvor gezielte sprachliche Mittel in Zusam-menhang mit der Charakterisierung be-stimmter Figuren/Ereignisse untersucht(z. B. Orpheus’ Aktivität im Kontrast zuEurydikes Passivität), so kann man nun beieiner filmischen Version die entsprechendeFilmsprache in Beziehung zur Leitfrage set-zen.

Zur Filmsprache gehören filmische Mit-tel wie die Einstellungsgröße und -länge,die Perspektive und die Kamerabewegung,die Bildaufteilung, die Lichtführung, Ton(als Musik und Sprache, außerhalb des Bil-des off oder im Bild on; die Handlung ergän-

Moderne Gestaltung einesantiken Mythos in „Orfeu Negro“(1959)

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den Einsatz von Filmen um 20% steigernlässt.15 Eine Erkenntnis, die sich auch deraltsprachliche Unterricht zunutze machenkann. Gerade bei Themen der Antikeerreicht der Film häufig eine Plastizität undEmpathie, wie sie die wegen der Allomor-phie der Kulturen für Schüler und Schüle-rinnen häufig schwer zugänglichen Origi-naltexte, aber auch die adaptiertenLehrbuchtexte nicht haben. So setzen in-zwischen die neuen Lehrbücher Filmbilderals Mittel zur Visualisierung ein.16

„Film ab! ...“ – Der Einsatz vonFilmen im AU

Der Filmeinsatz im altsprachlichen Unter-richt verfolgt verschiedene Ziele (Kas-ten 1). Da Filme für Schüler und Schüle-rinnen einen hohen lebensweltlichen Bezugaufweisen, sind sie ein besonders geeigne-tes Motivationsmittel und bieten überdiesauch bei der kritischen Untersuchung ein-zelner Aspekte sogar sprachlich schwäche-ren Mitgliedern der Lerngruppe Möglich-keiten für Erfolgserlebnisse.

Didaktische Intentionen Dokumentationssendungen und Spielfilmeeignen sich im ersten Zugriff als Mittel zurErweiterung des Sachhorizontes und zurVergegenwärtigung antiker Lebenswelt,wobei beim Spielfilm wohl der Zweck derVergegenwärtigung gegenüber seinem Ein-satz als Informationsquelle überwiegt. So

kann man zum Beispiel Ausschnitte aus„Ben Hur“ und „Gladiator“ in Zusam-menarbeit mit dem Fach Sport für die The-meneinheit „Sport in der Antike“ frucht-bar machen.17

Der Film selbst rückt mehr in den Mit-telpunkt, wenn er als Beispiel für dieRezeption eines antiken Themas bearbei-tet wird und damit auch zu einem Beleg fürdie fortdauernde Aktualität der Antikewird. Medienkritik als Lernziel lässt sichab Klasse 10, z. B. in Zusammenarbeit mitdem Geschichtsunterricht, bei einer ideo-logiekritischen Untersuchung einlösen,etwa in einer Unterrichtsreihe zur antikenSklaverei bei der Untersuchung der diver-sen Subtexte in „Spartacus“ (USA 1960) zu„Kaltem Krieg“ und amerikanischemNationalismus, aber auch zum Ende derMcCarthy-Ära.

Schließlich kann das Unterrichtszielauch die Produktion eines eigenen Filmsin der Lerngruppe sein. Der Kreativität derSchüler und Schülerinnen sind dabei keineGrenzen gesetzt, sie können z. B. eineeigene moderne oder klassizistische Ver-sion eines ihnen bekannten Mythos alsSpielfilm en miniature drehen oder auchmit dokumentarischen Formaten experi-mentieren (Expertenbefragung oder Abfil-mung von selbst gemaltem Bildmaterialoder fertigen Buchillustrationen mit Kom-mentierung). Gerade bei einer solchen Pla-nung bietet sich die Zusammenarbeit mitanderen Fächern an, besonders die Fachdi-

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unterrichtlicheVerankerung didaktische Intention

Arbeitsmethode

Präsentationsformdes Films

Sozialformen

Begleitend zu einerThemeneinheit

Reihenanfang/-ende

Projektarbeit

Unterrichtsgang Kino

Fächerverbindende Arbeit

Häusliche Bearbeitungeiner Filmsequenz/eines

Filmes durch SchülerInnenim Rahmen eines Referates

Film imaltsprachlichen Unterricht

Klassenunterricht/ (arbeits-teilige) GA/PA mit

Arbeitsaufträgen im Vorfeld/Anschluss an den Film

Information durchDokumentation

Vergegenwärtigungdurch Spielfilm

Verbindung von Medien-kritik und Rezeptions-geschichte

Anlass zur Produktions-orientierung

Informationsentnahme

Motivationsanalyse

filmsprachliche Analyse

Filmausschnitte

Film als Komplett-angebot 1

daktik des Kunstunterrichts hat auf diesemSektor viel zu bieten.18

Filmproduktionen dieser Art setzen übri-gens nicht unbedingt einen Lehrer odereine Lehrerin mit eigener Erfahrung im Fil-men voraus, sondern ermöglichen oft einenRollentausch in Sachen Expertenwissen:Es gibt in den meisten Lerngruppen Schülerund Schülerinnen, die gern als Kamerateamarbeiten, und Computerkundige, die denFilm in häuslicher Eigenregie weiterbear-beiten. Der „Tag der offenen Tür“ oderandere Schulevents können dann einenRahmen zur Präsentation eines solchenProdukts bieten.

Verankerung im UnterrichtProjektarbeit dieser Gestalt erfolgt zu imSchulkalender festgelegten Tagen (Pro-jekttag/-woche), ferner mit Interessiertenin einer regelmäßigen oder zeitweiligzusammenkommenden Arbeitsgemein-schaft oder in den letzten anderthalbWochen des Schuljahres. Ferner kann einFilm am Anfang oder am Ende einerUnterrichtsreihe im altsprachlichen Unter-richt stehen. Im einen Fall dient er in denfolgenden Unterrichtsstunden als Folie fürden Vergleich mit antiken Textpartien ver-gleichbaren Inhalts, im anderen lädt er alsRezeptionsdokument zum abschließendenVergleich ein. Aber auch der Einsatz ineiner laufenden Reihe, begleitend zu einerkleinen Themeneinheit, ist denkbar – z. B.während der Lehrbucharbeit ein entspre-chender Filmausschnitt oder bei der The-meneinheit „Gladiatorenwesen“ im Rah-men einer Unterrichtsreihe über „antikeUnterhaltung“ oder „Sklaverei“ die Vor-führung einer filmischen Arenaszene.19

Schließlich lässt sich ein Kinobesuch alsUnterrichtsgang organisieren, der entwe-der in eine Unterrichtsreihe eingebettet istoder mit entsprechenden Zusatzaufgabenselbst eine kleinere Themeneinheit dar-stellt.

Aus Zeitgründen empfiehlt sich durch-aus die Arbeit mit Filmausschnitten,sowohl bei Dokumentationen als auch beiSpielfilmen, die außerdem den Vorteil bie-ten, eine doppelte Vorführung zur genaue-ren Beobachtung zu ermöglichen. In derOberstufe lässt sich aber mancher Film ineiner Doppelstunde gemeinsam anschauen.

Allerdings kann man den kompletten Filmauch als Zusatzaufgabe im Rahmen einesReferates zur häuslichen Bearbeitung mitSpezialaufträgen an Freiwillige vergeben,während im Unterricht (je nach Lern-gruppe von den Referierenden oder vomLehrer) ausgewählte Partien bearbeitet wer-den.

Als Methode zur Filmbearbeitung kann dasProtokollieren von Sachaspekten zur ein-fachen Informationsentnahme oder inhöheren Klassen zu deren anschließenderkritischer Überprüfung gewählt werdenoder eine Motivanalyse erfolgen, die Bezugnimmt auf die Kategorien oder Aspektebereits übersetzter Texte eines verwandtenThemenkreises. Hat man bei der Lektürezuvor gezielte sprachliche Mittel in Zusam-menhang mit der Charakterisierung be-stimmter Figuren/Ereignisse untersucht(z. B. Orpheus’ Aktivität im Kontrast zuEurydikes Passivität), so kann man nun beieiner filmischen Version die entsprechendeFilmsprache in Beziehung zur Leitfrage set-zen.

Zur Filmsprache gehören filmische Mit-tel wie die Einstellungsgröße und -länge,die Perspektive und die Kamerabewegung,die Bildaufteilung, die Lichtführung, Ton(als Musik und Sprache, außerhalb des Bil-des off oder im Bild on; die Handlung ergän-

Moderne Gestaltung einesantiken Mythos in „Orfeu Negro“(1959)

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BASISARTIKEL

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Bild nicht verfügbar

zend, verstärkend oder ihr zuwiderlaufend),Montage (Verbindung der geschnittenenEinzelbilder), Gestik und Mimik der Schau-spieler und Ausstattung. Um deren Bedeu-tung, die im Kontext durchaus variierenkann (Froschperspektive muss nicht immerden Dargestellten erhaben wirken lassen),zu erfassen, bietet sich das Festhalten in sogenannten Sequenz- oder Einstellungspro-tokollen an.20 Gerade dies lässt sich gut inarbeitsteiliger Gruppenarbeit mit differen-zierten Beobachtungsaufträgen durchführen(zu weiterführenden Interpretationsme-

thoden vgl. Beicken). Nun müssen dieKenntnisse zur Filmsprache und Filmkundenicht unbedingt erst im altsprachlichenUnterricht vermittelt werden, da mittler-weile in den Richtlinien verschiedener Bun-desländer die Vermittlung dieser Kompe-tenzen für den Geschichts- und Deutsch-unterricht21 sowie die modernen Fremd-sprachen festgeschrieben ist.

Organisation des FilmeinsatzesDer Einsatz von Filmen im Unterricht lässtsich auf zwei Wegen organisieren: Der Filmkommt in die Schule oder die Schülergehen zum Film. Einfacher zu planen isti.d.R. der Video- bzw. DVD-Einsatz in derSchule (Kasten 2). Gerade bei der Bearbei-tung von Filmausschnitten bietet es sichan, eine Filmstelle mehr als einmal anzu-schauen, um so einen ersten, auch emo-tionalen Eindruck zu gewinnen und dannin einem weiteren Schritt filmgrammati-sche Aspekte zu untersuchen (s.o).

Zu Beginn einer Filmstunde sollte einunbekannter Film kurz vorgestellt werden,je nach Altersgruppe durch Lehrer bzw.Lehrerin oder Lernende. Zeitsparender istallerdings die Vorabinformation in einervorangegangenen Stunde oder die Verbin-dung mit Arbeitsaufträgen zur Vorberei-tung auf den Film allgemein (s.o). Dafürmuss man einige wichtige Hilfsmittel ken-nen (vgl. „Hilfsmittel und Adressen“, S. 55f.): Zur Filmgeschichte gehört die Zen-sur, egal ob staatlich auferlegt oder gesell-schaftlich selbst verordnet durch Interes-senverbände. Diesem Umstand verdanktDeutschland die Etablierung einer Film-kritik durch die katholische und evangeli-sche Kirche.22 In jener Tradition stehenauch die umfassenden kirchlichen Infor-mationsangebote über Filme vom Lexikon,über Zeitschriften bis hin zu Internetsei-ten.

Als weitere Informationsquelle bietetsich bei Verfügbarkeit eines Internetzu-gangs „The Internet Movie Database“ an.Da diese Datenbank beständig weiterbear-beitet wird, enthält sie auch Material zuden aktuellen Antikfilmen. Weil das Eng-lische bei den Grundinformationen überden angewählten Film fast selbsterklärendoder durch einfache Wörterbucharbeit funk-tioniert, lassen sich solche Arbeiten auch

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Checkliste zum Filmeinsatz

In der Schule

Im Vorfeld zu klären:• ggf. Verfügbarkeit des Films in der Bildstelle• Überprüfung der Altersfreigabe des Films• Bereitstellung einer Fernseh-/Videostation oder eines

DVD-Players mit Beamer durch Buchung der Geräte bzw.des Raumes

• evtl. Stundentausch zum Einsatz eines kompletten Films ineiner Doppelstunde

• Erstellung von Arbeitsaufträgen zur Vor- und Nachberei-tung eines Filmes und von Beobachtungsaufträgenwährend des Films

Am aktuellen Tag bzw. am Tag davor zu klären:• Vertrautmachen mit den Geräten, Überprüfen der passen-

den Verbindungskabel zwischen Geräteeinheiten undFunktionentest

• bei älteren Lerngruppen evtl. Delegieren der technischenVorbereitung an einzelne Lernende

• bei Videokassetten Film startbereit, auf passende Band-stelle gespult, bereithalten; bei Planung der Vorführungmehrerer Ausschnitte Existenz eines Bandlaufwerks prü-fen; bei DVDs die Kapitelangabe notieren

• für geplante Mitschriften während der FilmvorführungÜberprüfung der Lichtverhältnisse (Verdunklung mit teil-weiser Beleuchtung)

Außerhalb der Schule• Kontaktaufnahme zur Medienstelle/örtlichem Kino zwecks

Vereinbarung einer Sondervorstellung • Information des Kollegiums und bei unteren Jahrgangs-

stufen der Erziehungsberechtigten

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als Rechercheauftrag an die Lerngruppedelegieren. Hilfreich ist auch die Filmo-graphie des Altphilologen Herbert Verreth.Außerdem lohnt bei Neuverfilmungenauch ein Blick auf die Internetseiten desAltphilologenverbandes Berlin-Branden-burg.23

Eine nützliche Auflistung von doku-mentarischen Filmen sowie deren Bezugs-adressen findet sich unter den Internetsei-ten der Fachdidaktik der Alten Sprachenan der Freien Universität Berlin. Will manFilme selbst aufzeichnen, so gibt es inzwi-schen verschiedene Programmhinweise imInternet, die unter historischen, altphilo-logischen oder archäologischen Gesichts-punkten eine schnellere Auswahl aus derProgrammvielfalt ermöglichen.

Diverse Unterstützung zum Ausleihenvon Filmen oder deren Analyse, aber auchzur Filmproduktion kann man sich auchnoch von den Medienstellen holen, die invielen Großstädten und Kreisen existieren(vgl. S. 55 und S. 72). In Dortmund z. B.organisiert das Medienzentrum sogar Son-dervorstellungen in einem Programmkinound gibt eine medienpädagogische Ein-führung. Bei aktuellen Hollywoodproduk-tionen empfiehlt es sich, den Film auch inder Schule erst zu zeigen, nachdem mangegen eine geringe Gebühr bei der zustän-digen Landesfilmdienststelle eine Vor-führlizenz erworben hat.24

Bei der Organisation eines Kinobesuchsals Unterrichtsgang sollte die Möglichkeiterwogen werden, mehrere Klassen (einerJahrgangsstufe oder ähnlichen Alters) fürdieses Projekt anzumelden. Das gilt beson-ders bei Organisation einer Kinovorführungin einem kommerziellen Kino, da der Preismit höherer Schülerzahl sinkt. Die Vorteileeiner Vorführung im Kino sind das visuelleErlebnis durch eine große Leinwand, dasräumliche Klangerlebnis durch die profes-sionelle Beschallung, eine bequemere Sitz-haltung, ein anderer Blickwinkel beimZuschauen und der Wechsel des Lehrersoder der Lehrerin in die Rezipientenrolle.Schwierig, wegen der Verdunkelung, istallerdings das Mitprotokollieren. Hier istes deshalb besonders wichtig, gezielteArbeitsaufträge zu geben und Spezialiste-Gruppen zu bilden, die sich auf bestimmteAspekte konzentrieren.

Ausblick

Die in diesem Heft versammelten Aufsätzebelegen die diversen Einsatzmöglichkeitendes filmischen Mediums im altsprachli-chen Unterricht. Die Autorinnen undAutoren stellen Beispiele zur Produktioneigener Filme vor, aus denen neben derMotivation für den Unterricht in den altenSprachen teilweise auch noch Lehrfilme fürnachfolgende Lerngruppen erwachsen. DieArtikel zur Verwendung von Spielfilmenstellen Möglichkeiten zur Motivanalyseund Einführung in die Grammatik derFilmsprache, sowohl in der Phase der Lehr-bucharbeit als auch im Lektüreunterricht,vor. Die Beiträge bieten Informationen zumEinsatz von Spielfilmen unterschiedlicherTypologie aus verschiedenen Filmepochen,aber auch von Dokumentationen. AlsSchwerpunkt bei der Arbeit mit Spielfil-men ergibt sich hier ihre Analyse als offen-sichtliches Rezeptionsdokument einesantiken Themas. Die Dekodierung antikerSubtexte in Filmen ohne direkt erkennba-res antikes Sujet (vgl. S. 58ff.) ist vor demHintergrund der Aktualität antiker Stoffeund Motive ein besonders lohnenswertesUnterfangen, das bei entsprechendem Inter-esse in einem späteren Heft thematisiertwerden kann. ■

Dr. Anja WieberRuinenstr. 8D-44287 [email protected]

LiteraturhinweiseBEICKEN, P.: Wie interpretiert man einen Film. Fürdie Sekundarstufe II, Stuttgart 2004EICKHOFF, B.: Medien III: Fernsehen, in: Der NeuePauly. Enzyklopädie der Antike. Rezeptions- undWissenschaftsgeschichte, hg. von Manfred Land-fester, Stuttgart 2001, Bd.15,1, 353–360EIGLER, U. (Hrsg.): Bewegte Antike. Antike The-men im modernen Film, Stuttgart 2002HILDEBRAND, J.: film: ratgeber für lehrer, Köln 2001JUNKELMANN, M.: Hollywoods Traum von Rom.„Gladiator und die Tradition des Monumental-films“, Mainz 2004KORENJAK, M./TÖCHTERLE, K. (Hgg.): Pontes II.Antike im Film, Innsbruck/Wien/München/Bozen2002MONACO, J.: Film verstehen. Kunst, Technik, Spra-che, Geschichte und Theorie des Films und derMedien. Mit einer Einführung in Multimedia,Reinbek bei Hamburg 2000

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BASISARTIKEL

zend, verstärkend oder ihr zuwiderlaufend),Montage (Verbindung der geschnittenenEinzelbilder), Gestik und Mimik der Schau-spieler und Ausstattung. Um deren Bedeu-tung, die im Kontext durchaus variierenkann (Froschperspektive muss nicht immerden Dargestellten erhaben wirken lassen),zu erfassen, bietet sich das Festhalten in sogenannten Sequenz- oder Einstellungspro-tokollen an.20 Gerade dies lässt sich gut inarbeitsteiliger Gruppenarbeit mit differen-zierten Beobachtungsaufträgen durchführen(zu weiterführenden Interpretationsme-

thoden vgl. Beicken). Nun müssen dieKenntnisse zur Filmsprache und Filmkundenicht unbedingt erst im altsprachlichenUnterricht vermittelt werden, da mittler-weile in den Richtlinien verschiedener Bun-desländer die Vermittlung dieser Kompe-tenzen für den Geschichts- und Deutsch-unterricht21 sowie die modernen Fremd-sprachen festgeschrieben ist.

Organisation des FilmeinsatzesDer Einsatz von Filmen im Unterricht lässtsich auf zwei Wegen organisieren: Der Filmkommt in die Schule oder die Schülergehen zum Film. Einfacher zu planen isti.d.R. der Video- bzw. DVD-Einsatz in derSchule (Kasten 2). Gerade bei der Bearbei-tung von Filmausschnitten bietet es sichan, eine Filmstelle mehr als einmal anzu-schauen, um so einen ersten, auch emo-tionalen Eindruck zu gewinnen und dannin einem weiteren Schritt filmgrammati-sche Aspekte zu untersuchen (s.o).

Zu Beginn einer Filmstunde sollte einunbekannter Film kurz vorgestellt werden,je nach Altersgruppe durch Lehrer bzw.Lehrerin oder Lernende. Zeitsparender istallerdings die Vorabinformation in einervorangegangenen Stunde oder die Verbin-dung mit Arbeitsaufträgen zur Vorberei-tung auf den Film allgemein (s.o). Dafürmuss man einige wichtige Hilfsmittel ken-nen (vgl. „Hilfsmittel und Adressen“, S. 55f.): Zur Filmgeschichte gehört die Zen-sur, egal ob staatlich auferlegt oder gesell-schaftlich selbst verordnet durch Interes-senverbände. Diesem Umstand verdanktDeutschland die Etablierung einer Film-kritik durch die katholische und evangeli-sche Kirche.22 In jener Tradition stehenauch die umfassenden kirchlichen Infor-mationsangebote über Filme vom Lexikon,über Zeitschriften bis hin zu Internetsei-ten.

Als weitere Informationsquelle bietetsich bei Verfügbarkeit eines Internetzu-gangs „The Internet Movie Database“ an.Da diese Datenbank beständig weiterbear-beitet wird, enthält sie auch Material zuden aktuellen Antikfilmen. Weil das Eng-lische bei den Grundinformationen überden angewählten Film fast selbsterklärendoder durch einfache Wörterbucharbeit funk-tioniert, lassen sich solche Arbeiten auch

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Checkliste zum Filmeinsatz

In der Schule

Im Vorfeld zu klären:• ggf. Verfügbarkeit des Films in der Bildstelle• Überprüfung der Altersfreigabe des Films• Bereitstellung einer Fernseh-/Videostation oder eines

DVD-Players mit Beamer durch Buchung der Geräte bzw.des Raumes

• evtl. Stundentausch zum Einsatz eines kompletten Films ineiner Doppelstunde

• Erstellung von Arbeitsaufträgen zur Vor- und Nachberei-tung eines Filmes und von Beobachtungsaufträgenwährend des Films

Am aktuellen Tag bzw. am Tag davor zu klären:• Vertrautmachen mit den Geräten, Überprüfen der passen-

den Verbindungskabel zwischen Geräteeinheiten undFunktionentest

• bei älteren Lerngruppen evtl. Delegieren der technischenVorbereitung an einzelne Lernende

• bei Videokassetten Film startbereit, auf passende Band-stelle gespult, bereithalten; bei Planung der Vorführungmehrerer Ausschnitte Existenz eines Bandlaufwerks prü-fen; bei DVDs die Kapitelangabe notieren

• für geplante Mitschriften während der FilmvorführungÜberprüfung der Lichtverhältnisse (Verdunklung mit teil-weiser Beleuchtung)

Außerhalb der Schule• Kontaktaufnahme zur Medienstelle/örtlichem Kino zwecks

Vereinbarung einer Sondervorstellung • Information des Kollegiums und bei unteren Jahrgangs-

stufen der Erziehungsberechtigten

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als Rechercheauftrag an die Lerngruppedelegieren. Hilfreich ist auch die Filmo-graphie des Altphilologen Herbert Verreth.Außerdem lohnt bei Neuverfilmungenauch ein Blick auf die Internetseiten desAltphilologenverbandes Berlin-Branden-burg.23

Eine nützliche Auflistung von doku-mentarischen Filmen sowie deren Bezugs-adressen findet sich unter den Internetsei-ten der Fachdidaktik der Alten Sprachenan der Freien Universität Berlin. Will manFilme selbst aufzeichnen, so gibt es inzwi-schen verschiedene Programmhinweise imInternet, die unter historischen, altphilo-logischen oder archäologischen Gesichts-punkten eine schnellere Auswahl aus derProgrammvielfalt ermöglichen.

Diverse Unterstützung zum Ausleihenvon Filmen oder deren Analyse, aber auchzur Filmproduktion kann man sich auchnoch von den Medienstellen holen, die invielen Großstädten und Kreisen existieren(vgl. S. 55 und S. 72). In Dortmund z. B.organisiert das Medienzentrum sogar Son-dervorstellungen in einem Programmkinound gibt eine medienpädagogische Ein-führung. Bei aktuellen Hollywoodproduk-tionen empfiehlt es sich, den Film auch inder Schule erst zu zeigen, nachdem mangegen eine geringe Gebühr bei der zustän-digen Landesfilmdienststelle eine Vor-führlizenz erworben hat.24

Bei der Organisation eines Kinobesuchsals Unterrichtsgang sollte die Möglichkeiterwogen werden, mehrere Klassen (einerJahrgangsstufe oder ähnlichen Alters) fürdieses Projekt anzumelden. Das gilt beson-ders bei Organisation einer Kinovorführungin einem kommerziellen Kino, da der Preismit höherer Schülerzahl sinkt. Die Vorteileeiner Vorführung im Kino sind das visuelleErlebnis durch eine große Leinwand, dasräumliche Klangerlebnis durch die profes-sionelle Beschallung, eine bequemere Sitz-haltung, ein anderer Blickwinkel beimZuschauen und der Wechsel des Lehrersoder der Lehrerin in die Rezipientenrolle.Schwierig, wegen der Verdunkelung, istallerdings das Mitprotokollieren. Hier istes deshalb besonders wichtig, gezielteArbeitsaufträge zu geben und Spezialiste-Gruppen zu bilden, die sich auf bestimmteAspekte konzentrieren.

Ausblick

Die in diesem Heft versammelten Aufsätzebelegen die diversen Einsatzmöglichkeitendes filmischen Mediums im altsprachli-chen Unterricht. Die Autorinnen undAutoren stellen Beispiele zur Produktioneigener Filme vor, aus denen neben derMotivation für den Unterricht in den altenSprachen teilweise auch noch Lehrfilme fürnachfolgende Lerngruppen erwachsen. DieArtikel zur Verwendung von Spielfilmenstellen Möglichkeiten zur Motivanalyseund Einführung in die Grammatik derFilmsprache, sowohl in der Phase der Lehr-bucharbeit als auch im Lektüreunterricht,vor. Die Beiträge bieten Informationen zumEinsatz von Spielfilmen unterschiedlicherTypologie aus verschiedenen Filmepochen,aber auch von Dokumentationen. AlsSchwerpunkt bei der Arbeit mit Spielfil-men ergibt sich hier ihre Analyse als offen-sichtliches Rezeptionsdokument einesantiken Themas. Die Dekodierung antikerSubtexte in Filmen ohne direkt erkennba-res antikes Sujet (vgl. S. 58ff.) ist vor demHintergrund der Aktualität antiker Stoffeund Motive ein besonders lohnenswertesUnterfangen, das bei entsprechendem Inter-esse in einem späteren Heft thematisiertwerden kann. ■

Dr. Anja WieberRuinenstr. 8D-44287 [email protected]

LiteraturhinweiseBEICKEN, P.: Wie interpretiert man einen Film. Fürdie Sekundarstufe II, Stuttgart 2004EICKHOFF, B.: Medien III: Fernsehen, in: Der NeuePauly. Enzyklopädie der Antike. Rezeptions- undWissenschaftsgeschichte, hg. von Manfred Land-fester, Stuttgart 2001, Bd.15,1, 353–360EIGLER, U. (Hrsg.): Bewegte Antike. Antike The-men im modernen Film, Stuttgart 2002HILDEBRAND, J.: film: ratgeber für lehrer, Köln 2001JUNKELMANN, M.: Hollywoods Traum von Rom.„Gladiator und die Tradition des Monumental-films“, Mainz 2004KORENJAK, M./TÖCHTERLE, K. (Hgg.): Pontes II.Antike im Film, Innsbruck/Wien/München/Bozen2002MONACO, J.: Film verstehen. Kunst, Technik, Spra-che, Geschichte und Theorie des Films und derMedien. Mit einer Einführung in Multimedia,Reinbek bei Hamburg 2000

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BASISARTIKEL

DERS.: Film und Neue Medien. Lexikon der Fach-begriffe, Reinbek bei Hamburg 22003SOLOMON, J.: The Ancient World in the Cinema,New Haven/London 22001VINEYARD, J.: Crashkurs Filmauflösung. Kamera-techniken und Bildsprache des Kinos, Frankfurt2001WIEBER-SCARIOT, A.: Film, in: Der Neue Pauly.Enzyklopädie der Antike. Rezeptions- und Wis-senschaftsgeschichte, hg. von Manfred Landfester,Stuttgart 2000, Bd. 13, 1133–1144WIEBER, A.: Antike am laufenden Meter – mehr alsein Jahrhundert Filmgeschichte, (im Druck;erscheint in einem Sammelband der UniversitätBielefeld zum Thema „Antike und Mittelalter imFilm“)WINKLER, M. M. (Hg.): Classical Myth and Culturein the Cinema, Oxford 22001DERS. (Hg.), Gladiator. Film and History, MaldenMA 2004WYKE, M.: Projecting The Past: Ancient Rome,Cinema and History, London 1997

Anmerkungen1 http://www.bpb.de/veranstaltungen/VTDZTQ,0,0,Kino_macht_Schule.html.2 Zu der Disneyverfilmung „Hercules“ (USA1996) vgl. http://www2.rz.hu-berlin.de/winckel-mann/altekamp_hercules.html (22.2.2004) und zuden männlichen Jugendlichen als Zielpublikumfür „Gladiator“ vgl. Studio Briefing 3.5.2000 (täg-licher Newsletter der amerikanischen TV- undFilmindustrie, hrsg. von Lew Irvin;http://us.imdb.com/SB?20000503; 22.2.2004).3 Im angloamerikanischen Kulturkreis ist dasneben neueren Werken für die römische Kaiserzeitimmer noch das aus dem Ende des 18. Jh.s, durchIdeen der Aufklärung und ein zeitweiliges Schwei-zer Exil des Autors Edward Gibbon geprägte Werk„History of the Decline and Fall of the RomanEmpire“ (1776–1788).4 Gladiator. The Making of the Ridley Scott epic.Introduction by Ridley Scott, foreword by WalterParkes, edited by Diane Landau, New York 2000(based upon notes by Sharon Black and articles byJoe Fordham), 28.5 BRADBERRY, G.: Toga sagas conquer the world,The Observer 10.08.2003; http://www.compleats-eanbean.com/troy-press54.html.6 Aufgrund des hohen Fernsehkonsums ist sogarder Begriff „Familienmitglied Fernsehen“ geprägtworden, vgl. HURRELMANN, B./HAMMER, M./STEL-BERG, K.: Familienmitglied Fernsehen. Fernsehge-brauch und Probleme der Fernseherziehung in ver-schiedenen Familienformen, Opladen 1996.7 http://www.zdf.de/ZDFde/inhalt/28/0,1872,2079804,00.html und http://www.zdf.de/ZDFde/inhalt/23/0,1872,2086455,00.html: Spielangebotesind ein Wagenrennen und „Wahkampf in Rom“,bei dem das Namensgedächtnis der Mitspielerabgeprüft wird.8 KÖBL, C./STRAUB, J.: Geschichtsbewusstsein imJugendalter. Theoretische und exemplarische empi-rische Analysen. Forum Qualitative Sozialfor-schung [Online Journal], 2(3); http://www.quali-tative-research.net/fqs-texte/3-01/3-01koelblstraub-d.htm.

Etwa ab dem 9. Lebensjahr können Kinder Fiktio-nalität und Realität unterscheiden, ab 12 könnensie sich vom Filmgeschehen distanzieren und esrational verarbeiten, zwischen 16 und 18 Jahrenverfügen sie über deutliche Medienkompetenzen,problematisch bleiben aber Filme mit sozial schä-digenden Inhalten; diesen Entwicklungsstufen ent-sprechen die Altersangaben der Freiwilligen Selbst-kontrolle der Filmwirtschaft (FSK) in Deutschland;dazu HENGST, M.: Gut geschnitten? (Artikel zurFSK), in: DVD-Home, 7 (2000), S. 66–71.9 „Elektra“ (Griechenland 1961), „The TrojanWomen“ (USA/GB/Griechenland 1971), „Iphige-nia“ (Griechenland 1977).10 „Julius Caesar“ (USA 1953); „Antony and Cleo-patra“ (GB 1973); „Titus Andronicus“ (USA 2000).11 Ein Referat von E. KLIETMANN aus einem uni-versitären Latinumskurs zu zitathafter Verwen-dung des Lateinischen im Film findet sich unterhttp://www.univie.ac.at/latein/lerg/frames.htm##1=http://www.univie.ac.at/latein/ref/referate.htm.12 Pionierstudie ist das bereits 1978 erschieneneWerk von SOLOMON; WINKLER, die erste Auflageerschien 1991 unter dem Titel „Classics andCinema“. Aus Tagungen zum Themenkreis her-vorgegangen sind die beiden Bände von EIGLER undKORENJAK/TÖCHTERLE (s. Literaturhinweise).13 WYKE, M.: Projecting The Past: Ancient Rome,Cinema and History, London 1997.14 WIEBER, A.: Von Rom nach Hollywood oder wieein Römermuseum zum Film kommt, in: MEYR,M.: Soldaten und Händler an der oberen Donau.Ein Führer durch das Römermuseum Mengen-Ennetach, Remshalden 2003, 108–113.15 MEYERS, P.: Film im Geschichtsunterricht,Frankfurt a.M. 1998, 54f.; der informative Bandkann auch für die Filmarbeit in anderen Fächernnutzbar gemacht werden.16 Zum Beispiel FINK, G./MAIER, FR. (Hrsg.), Cur-sus Brevis, Bamberg/München 2000, 67, 81, 99.17 Dazu die didaktisch aufbereiteten Unter-richtsmaterialien von CHR. GROSS zum Herunter-laden aus dem Netz unter http://www.lehrer-online.de/url/sport-antike und AU 2 (2004).18 Kunst + Unterricht, Heft 276 und 277 (2003);eine für die Schülerhand taugliches Trickfilm-Handbuch von I. LOOS/J. EHRMANN findet sich alsDownload unter http://www.mediaculture-on-line.de/fileadmin/bibliothek/loos_trickfilmhand-buch/loos_trickfilmhandbuch.pdf.19 Vgl. z.B. HORN, F./RUDOLFF, S.: Kleopatra.Anmerkungen zur Arbeit mit einer Textausgabe,in: AU 6/2003, 57f.20 Zu Grundbegriffen siehe u.a. BEICKEN, HILDE-BRAND, MONACO und VINEYARD.21 Zum Beispiel Praxis Deutsch 140 (1996) mitdem Basisartikel „Filmanalyse“ des Medienwis-senschaftlers W. GAST, ferner die Heftnummer 153(1999) über „Medien im Deutschunterricht“.22 So die im Auftrag der Deutschen Bischofskon-ferenz herausgegebene Zeitschrift „film-dienst“(http://film-dienst.kim-info.de/ und http://www.katholische-filmarbeit.de/) und „Epd Film“ alsPublikation des Evangelischen Pressedienstes; etli-che Artikel dieser Zeitschrift und zusätzliche Infor-mationen sind auch im Netz einsehbar unterhttp://www.epd.de/film/film_index.html.23 http://www.peirene.de/frsdav.html: z. B. diePresseschau zu „Troia“ (Newsletter Mai 2004).24 Lizenzen für NRW unter http://www.landes-filmdienst-nrw.de/lizenzen/index.asp.

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