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3 Antiadiposita Alginsäure 4 Amfepramon 4 Cathin 5 Guar 6 Orlistat 7 Phenylpropanolamin 9 Sibutramin 10 11. Auflage, 12. Aktualisierungslieferung 2020 Helwig/Otto: Arzneimittel

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3 Antiadiposita

Alginsäure 4Amfepramon 4Cathin 5Guar 6

Orlistat 7Phenylpropanolamin 9Sibutramin 10

11. Auflage, 12. Aktualisierungslieferung 2020 Helwig/Otto: Arzneimittel

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Die zunehmende Prävalenz der Adipositas hat erheb-liche ökonomische, gesundheits- und gesellschaftspo-litische Bedeutung erlangt. Sie ist das häufigste undteuerste Ernährungsproblem nicht nur in den USA,wo schätzungsweise ein Drittel der Bevölkerung be-troffen ist. Die Ursachen sind vielfältig, überwiegendanlage- und konsumbedingt. Prädisposition und Le-bensstil sind ausschlaggebend für das Körpergewicht.Die Risiken der Adipositas steigen mit ihrer Zunah-me, dem Alter der Betroffenen und deren Inaktivität.Adipositas wird nach dem Körpermassen-Index(BMI: kg/m2 KO) in 3 Stadien eingeteilt. Als Nor-malgewicht gilt ein BMI von 20–24,9, als AdipositasGrad I ein BMI von 25–29,9, als Grad II ein BMIvon 30–39,9 und als Grad III ein BMI von > 40. GradI findet sich bei etwa 40 %, Grad II bei ca. 16 % undGrad III bei etwa 1 % der Bevölkerung in Deutsch-land, Tendenz steigend.Das Gesundheitsrisiko, besonders für Herz-Kreis-lauf-Erkrankungen, wird nicht nur durch den BMI,sondern auch durch das Fettverteilungsmuster be-stimmt. Besonders nachteilig wirken sich Fettdepotsim Bauchraum und an den inneren Organen aus. Indi-katoren für den Anteil von Körperfett und dessen Ver-teilung sind der Bauchumfang und das Taille-Hüft-Verhältnis. Man unterscheidet zwischen der andro-iden, stammbetonten und der gynoiden, hüftbetontenFettsucht.Adipositas ist bis zu 80 % durch genetische Faktorenbedingt. Übermäßige Kalorienzufuhr, ungenügenderKalorienverbrauch und/oder mangelhafte Bewegungtragen aber auch in diesen Fällen wesentlich zurAusprägung bei. Nur in sehr seltenen Fällen liegt eineeindeutige endokrineUrsache vor. InnersekretorischeStörungen sind vielmehr eher als Folgeerscheinungenaufzufassen. Eine behandlungsbedürftige endokrineStörung ist erst nach entsprechender Diagnostik ge-zielt zu behandeln.Die Behandlung des Übergewichtes besteht im Rah-men eines langfristigen therapeutischen Gesamtkon-zeptes in erster Linie in einer konsequenten Verringe-rung der Energiezufuhr, wobei der Bedarf an essen-tiellen Nährstoffen unverändert bleiben muss. Dazuwerden Süßstoffe, Zuckeraustauschstoffe (Kap. 16),

Antiadiposita, und auch Reduktionsdiäten im Rah-men von Gewichtsreduktionsprogrammen genutzt.Sie dienen nicht der Ernährung oder dem Genuss,sondern sollen die Beschaffenheit des menschlichenKörpers verändern. Sie sind daher in den meistenFällen Arzneimittel und müssen als solche auch zu-gelassen sein. Die Behandlung muss primär auf einerReduktion der Energiezufuhr und einer Erhöhungdes Energieverbrauches in Verbindung mit salzarmer,aber vitaminreicher Diät beruhen. Bei entsprechen-der genetischer Disposition kann jede Behandlungbestenfalls graduell und kurz- bis mittelfristig effek-tiv sein.Arzneimittel können bestenfalls als Unterstützungder Diät- und Bewegungstherapie unter ärztlicherKontrolle eingesetzt werden. Die Mehrzahl der wirk-samen Arzneimittel sollte wegen möglicher oder un-bekannterLangzeitrisiken nur kurz- oder mittelfristigeingesetzt werden.Amphetamine und verwandte Substanzen sind we-gen ihrer z.T. schwerwiegenden Nebenwirkungenund wegen ihres Suchtpotentials nur selten vertretbar.Auch die lange Zeit verwendeten Hormonpräparatesind nicht zu empfehlen, da sie u. a. zu Ödemen undhormonellen Störungen führen können. Die Verwen-dung iodhaltiger oder herzwirksamer Medikamente,Laxantien und Diuretika ist ebenfalls abzulehnen.Hinweis: Handelspräparate mit Amfepramon, Cathin,Phenylpropanolamin oder Orlistat sind in Deutsch-land nach § 34 Abs. 1 Satz 7 SGB V als Lifestyle-Arzneimittel eingeordnet.

LiteraturMay M, Engeli S. Adipositas, Stellenwert der

medikamentösen Therapie. Arzneimitteltherapie,37(5):161–168, 2019

Rotthoff T, Scherbaum A. Pharmakotherapie derAdipositas. Arzneimitteltherapie, 24(9):314–319,2006

Rotthoff T, Scherbaum A. Pharmakotherapie der Adi-positas. Med Monatsschr Pharm, 29(12):433–438,2006

Themenheft Antiadiposita. Pharm Unserer Zeit, Nr.6, 2006.

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Alginsäure

Alginsäure ist ein Gemisch aus wechselnden Anteilenvon “-(1!4)-d-Mannuronsäure und ’-(1!4)-l-Gu-luronsäure. Sie ist praktisch unlöslich in organischenLösungsmitteln, löslich in Alkalihydroxidlösungen,und in Wasser quillt sie auf. Verwendet werden nebendem Natriumsalz, Natriumalginat Ph.Eur., E 401,auch das Kaliumsalz, E 402, das Ammoniumsalz,E 403, und das Calciumsalz, E 404. Die Salze lösensich langsam in Wasser unter Bildung viskoser kollo-idaler Lösungen.

WirkungenAlginsäure besitzt eine große Quellfähigkeit undkann das 200–300fache ihres Gewichts an Wasserbinden. Bei Natriumalginat handelt sich um das Nat-riumsalz der Alginsäure. Es bildet im Magen einenGelschaum, der auf dem Mageninhalt schwimmt undso eine physikalische Barriere gegen die Säure ausbil-det. Durch die Magenfüllung soll die Magenmotorikberuhigt und ein Sättigungsgefühl erzeugt werden.

PharmakokinetikAlginsäure und Alginate werden praktisch nicht ab-sorbiert sondern unverdaut ausgeschieden.

IndikationenZur Erleichterung der Einhaltung von diätetischenMaßnahmen, die eine Verringerung des Körperge-wichts durch Einschränkung der Nahrungsaufnahmezum Ziel haben sowie zur symptomatischen Behand-lung von Sodbrennen und saurem Aufstoßen.

Unerwünschte WirkungenGelegentlichkönnen Völlegefühl, Brechreiz, Verstop-fung oder Durchfall auftreten. Natriumalginat gilt alsgesundheitlich unbedenklich, kann jedoch bei emp-findlichen Personen Allergien auslösen.

WechselwirkungenAlginsäure und Alginate sollen nicht gleichzeitigmit anderen Arzneimitteln eingenommenwerden, umeine eventuelle gegenseitige Beeinflussung zu ver-meiden. Ein zeitlicher Abstand von 30–60 min wirdempfohlen.

KontraindikationenEs sind weder kontrollierte Studien bei Tieren nochbei schwangeren Frauen verfügbar. Tierexperimentel-

le Daten und die langjährige therapeutische Erfah-rung ergeben keine Anhaltspunkte für schädigendeEinflüsse auf die embryonale Entwicklung.

Dosierung3-mal tgl. 2 Kautbl. vor der Hauptmahlzeit einneh-men. Eventuell eine weitere Kautbl. vor dem Schla-fen.

KommentarFür den Lebensmittelzusatzstoff Natriumalginat wur-de keine erlaubte Tagesdosis festgelegt und ist fürBio-Lebensmittel zugelassen. In hohen Dosen konsu-miert, hemmt es die Aufnahme wichtiger Nährstoffewie Eisen, Calcium und anderen Spurenelementen.

HandelspräparateRecatol® Algin (RIEMSER), Alginsäure, Carmello-

se-Natrium, Kautbl. aHHinweis: Natriumalginat findet sich in einigen Kom-binationspräparaten gegen Sodbrennen etc. (Kap.29.1).

Amfepramon

Amfepramon, (RS)-2-Diethylamino-1-phenylpropan-1-on, ist eine basische Substanz, die als wasserlösli-ches Hydrochlorid, Schmp. 168 ℃ (Zers.) oder alsretardiertes Resinat peroral angewendet wird.

Amfepramon

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CH3

CH3

CH3

WirkungenDas Amphetaminderivat Amfepramon ist ein Psycho-stimulans, welches wie andere Psychostimulantienaus dieser Gruppe (Kap. 36) unter Vorbehalt alsAppetitzügler eingesetzt werden kann. Amfepramonist ein indirektes ’-Sympathomimetikum und hemmtdas Hungergefühl, senkt das Schlafbedürfnis undwirkt anregend und stimulierend. Der appetitmini-mierende Effekt wird unter anderem mit einer erhöh-ten Ausschüttung der Neurotransmitter Dopamin undNoradrenalin erklärt. Nach wiederholter Gabe lässt

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die Wirkung wegen der zunehmenden Entspeiche-rung von Noradrenalin aus neuronalen Vesikeln nach,so dass die Appetithemmung nach wenigen Wochenverloren geht. Wegen des Abhängigkeitspotentialsund der Gefahr der pulmonalen Hypertonie ist derNutzen fraglich.

PharmakokinetikAmfepramon wird nach peroraler Gabe schnellund vollständig resorbiert, hat aber einen hohenFirst-pass-Effekt. Die maximale Plasmakonzentrati-on wird nach 50 min erreicht. Die Substanz wirdextensiv durch N-Dealkylierung und Reduktion me-tabolisiert. Viele Metabolite sind biologisch aktivund an der Wirkung beteiligt. Amfepramon und seineMetabolite passieren die Blut-Hirn-Schranke und diePlazenta. Sie werden hauptsächlich renal ausgeschie-den.

IndikationenAmfepramon wird als Appetitzügler bei ernährungs-bedingtem Übergewicht angewendet. Es soll in derRegel nur 4–6 Wochen, maximal 12 Wochen, ange-wendet werden. Anwendung nur bei starkem Überge-wicht (BMI > 30), wenn kalorienarme Kost, Verände-rung der Essgewohnheiten und Bewegung nicht denerwünschten Effekt hatten.

Unerwünschte WirkungenEs kann zu depressiven Verstimmungen, Euphorie,Verwirrungszuständen, Halluzinationen und Albträu-men sowie zu erhöhter Neigung zu Krampfanfällenkommen. Herzrhythmusstörungen, Schwindel, Un-ruhe, Kopfschmerzen oder Magen-Darm-Beschwer-den sind weitere Nebenwirkungen von Amfepramon.Nach langer und hoch dosierter Anwendung kön-nen bei plötzlichem Absetzen Entzugserscheinungenauftreten. Es besteht die Möglichkeit einer schwe-ren, oft tödlich verlaufenden pulmonalen Hypertonie.Amfepramon kann auch bei bestimmungsgemäßemGebrauch das Reaktionsvermögen so weit verändern,dass die aktive Teilnahme am Straßenverkehr oderdas Bedienen von Maschinen beeinträchtigt wird.Dies gilt in verstärktem Maße im Zusammenwirkenmit Alkohol.

WechselwirkungenDer Bedarf an Insulin kann beeinflusst werden. InKombination mit Blutgerinnungshemmern ist dieBlutungsneigung erhöht. Bei gleichzeitiger Verwen-dung mit Sympathomimetika sowie mit hohen DosenCoffein, können sich die Nebenwirkungen verstärken.

Kontraindikationen

Amfepramon darf nicht bei Überfunktion der Schild-drüse, Phäochromozytom, Herz-Kreislauf-Erkran-kungen, Psychosen, Drogen-, Alkohol- oder Arznei-mittelmissbrauch in der Vorgeschichte und erhöhtemAugeninnendruck angewendet werden. Die Anwen-dung bei schwerwiegenden Essstörungen (Mager-sucht, Bulimie) ist untersagt. Während Schwanger-schaft und Stillzeit darf Amfepramon ebenfalls nichtangewendet werden.

Dosierung

Peroral bis zu 3-mal tgl. 25 mg, bzw. einmal tgl.60 mg in Retardzubereitungen. Letzte Einnahmenicht nach 16 Uhr. Behandlungsdauer maximal12 Wochen.

Kommentar

Amfepramon untersteht dem BtmG ausgenommenin Zubereitungen ohne verzögerte Wirkstofffreigabe,die ohne einen weiteren Stoff der Anlagen I bis III jeabgeteilte Form bis zu 22 mg, und in Zubereitungenmit verzögerter Wirkstofffreigabe, die ohne einenweiteren Stoff der Anlagen I bis III je abgeteilte Formbis zu 64 mg Amfepramon, berechnet als Base, ent-halten. Diese Ausnahmeregelung gilt für die beidengenannten Handelspräparate, sollte aber wegen desnicht unbeachtlichenmöglichen Abhängigkeitspoten-tials in jedem Fall berücksichtigt werden.

Handelspräparate

Regenon® (Hormosan Pharma), Kps., Retardkps.Tenuate® Retard (Artegodan), Retardtbl.

Cathin

Cathin, (1S,2S)-2-Amino-1-phenylpropan-1-ol,d-Norpseudoephedrin, ist eine basische Substanz,Schmp. 77–78 ℃, die als wasserlösliches Hydrochlo-rid, Schmp. 180–181 ℃, oder in retardierter Formals Cathin polistirex peroral angewendet wird.

Cathin

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Wirkungen

Das Amphetaminderivat Cathin (Norpseudoephe-drin, Pseudonorephedrin) ist ein Psychostimulans,welches wie andere Psychostimulantien aus dieserGruppe (Kap. 36) unter Vorbehalt als Appetitzüglereingesetzt werden kann. Es ist ein indirektes Sym-pathomimetikum. Nach wiederholter Gabe lässt dieWirkung wegen der zunehmenden Entspeicherungvon Noradrenalin aus neuronalen Vesikeln nach, sodass die Appetithemmung nach wenigen Wochen ver-loren geht. Wegen des Abhängigkeitspotentials undder Gefahr der pulmonalen Hypertonie ist der Nutzenfraglich.

Pharmakokinetik

Cathin wird nach peroraler Gabe rasch und voll-ständig resorbiert. Maximale Plasmakonzentrationenwerden ca. 3 h nach Einnahme erreicht. Cathin wirdweitgehend unverändert renal mit einer Halbwertszeitvon 4–5 h ausgeschieden.

Indikationen

Zur Unterstützung der Gewichtsreduktion bei ernäh-rungsbedingtem Übergewicht im Rahmen eines the-rapeutischen Gesamtkonzeptes.

Unerwünschte Wirkungen

Häufig treten innere Unruhe und gesteigerte Erre-gung, Nervosität, Spannungsgefühl und Schlafstörun-gen, erhöhte Reizbarkeit und Konzentrationsstörun-gen mit Leistungseinschränkung auf. Gelegentlichkann es zur Steigerung des Blutdruckes und der Herz-frequenz kommen. Seltener sind Persönlichkeitsände-rungen.Die Einnahme von Cathin kann zu Missbrauch undEntwicklung einer Abhängigkeit führen. Bei nichtbestimmungsgemäßem Gebrauch in höheren Dosenund über längere Zeit können halluzinatorischeErleb-nisse und Psychosen auftreten.

Wechselwirkungen

Die indirekt sympathomimetische Wirkung von Ca-thin kann durch adrenerg wirksame Amine, Antide-pressiva, Amantadin und MAO-Hemmstoffe in ge-fährlicher Weise verstärkt werden. Für MAO-Hemm-stoffe gilt dies auch bis 14 d nach Absetzen desMedikaments. Die Wirkung von blutdrucksenken-den Mitteln wird abgeschwächt. Die zentral stimu-lierende und appetithemmende Wirkung von Cathinwird durch Neuroleptika wie Phenothiazine und Bu-tyrophenone ganz oder teilweise aufgehoben. Eine

Wirkungsverstärkung und eine Erhöhung des Miss-brauchpotentials durch hohe Dosen Koffein könnennicht ausgeschlossen werden.

Kontraindikationen

Cathin darf nicht bei Patienten mit Herzrhythmus-störungen, Schilddrüsenüberfunktion, Phäochromo-zytom und Engwinkelglaukom angewendet werden.Bei Psychosen und Abhängigkeitsanamnese sowie inder Schwangerschaft und Stillzeit ist die Anwendungvon Cathin ebenfalls untersagt.

DosierungPeroral bis zu ein- bis 2-mal tgl. (morgens undmittags) 10–20 mg, bzw. einmal tgl. (morgens) 20–30 mg in Retardzubereitungen. Letzte Einnahmenicht nach 16 Uhr.

KommentarCathin untersteht dem BtmG ausgenommen in Zube-reitungen, die ohne einen weiteren Stoff der Anlagen Ibis III bis zu 5 vom Hundert als Lösung, jedoch nichtmehr als 600 mg je Packungseinheit oder je abgeteilteForm bis zu 40 mg Cathin, berechnet als Base, enthal-ten. Das gilt auch für die Handelspräparate und solltewegen des erhöhten Mißbrauchspotentials unbedingtbeachtet werden.

Handelspräparate

ALVALIN® 40 mg/g (RIEMSER Pharma), Trpf.

Guar

Guar Ph.Eur. ist das gemahlene Endosperm der Sa-men der Guarbohne Cyamopsis tetragonolobus L.Der wasserlösliche Anteil (ca. 85 %) heißt Guaran. Esist ein Galaktomannan aus 35 % Galactose und 65 %Mannose. Guar hat etwa die 8fache Verdickungskraftvon Stärke; die wässrige kolloidale Lösung reagiertannähernd neutral und hat bei einer Konzentrationvon 1,5 % eine Viskosität von 1,5 × 104 mPa.s.

Wirkung

Das im Magen aufquellendeGuar vermittelt ein Sätti-gungsgefühl. Guar führt bei gleichzeitiger Einnahmemit der Nahrung zu einer Erhöhung der Viskositätdes Nahrungsbreis; dadurch verzögert sich die Ma-genentleerung, und die Nährstoffe gelangen verdünntin den Darm. Hier soll der Kontakt zwischen den

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Nährstoffen und den Mukosazellen erschwert werden,so dass es zu verzögerter Resorption der Kohlen-hydrate kommt, wodurch ein zu rascher Anstieg derBlutglucosekonzentration verhindert wird. Die cho-lesterolsenkende Wirkung betrifft hauptsächlich dasLDL-Cholesterol. Eine Unterbrechung des enterohe-patischen Kreislaufs führt zu vermehrter Ausschei-dung von Gallensäuren mit dem Stuhl. Das soll zurAnregung der vermehrten Gallensäuresynthese ausCholesterol und damit zur Verminderung des Chole-sterol führen. Über die Ursachen der triglyceridsen-kenden Wirkung von Guar liegen keine Kenntnissevor.

Indikationen

Adjuvans bei Diabetes mellitus und erhöhten Blutfett-werten, wenn Diät allein nicht ausreichend ist. Weiterzur Reduktion des Körpergewichts bei ernährungsbe-dingtem Übergewicht.

Unerwünschte Wirkungen

In großen Mengen verzehrt kann Guar die Darmfloraverändern und Bauchkrämpfe sowie Blähungen aus-lösen.

Wechselwirkungen

Die Resorption anderer Medikamente aus dem Ma-gen-Darm-Trakt in das Blut kann verzögert werden.Daher sollten andere Medikamente möglichst in ei-nem zeitlichen Abstand eingenommen werden. Auchdie Aufnahme der mit der Nahrung zugeführtenElektrolyte und Spurenelemente kann durch Guarvermindert sein.

Kontraindikationen

Erkrankungen von Speiseröhre, Magen oder Darm,die eine Behinderung des Nahrungsdurchgangs ver-ursachen.

Dosierung

Initial für 1 Woche tgl. 3,5–7 g vor dem Frühstückeinnehmen, dann ein- bis 2-mal tgl. vor den Haupt-mahlzeiten 7 g einnehmen. Maximale TD 21–35 g.

Kommentar

In der EU ist Guar als Lebensmittelzusatzstoff(E 412) für Lebensmittel allgemein (auch für Bio-Produkte) begrenzt zugelassen. Aufgrund zahlreicherBerichte über Schädigung von Speiseröhre, Magenund Darm wurde es von der FDA als riskantes

Schlankheitsmittel eingestuft. Eine Festlegung dererlaubten Tagesdosis wurde nicht vorgenommen.Hinweis: Guar findet sich in zahlreichen Arzneimit-teln als Hilfsstoff, jedoch nicht als Wirkstoff. DurchKombination mit einem Laxans kann eventuell eineunterstützende Wirkung resultieren.

Handelspräparate

Agiolax® Pico (MEDA Pharma), Na-picosulfat, Acet-sulfam-K, Guar et al.1)

Agiolax® Pico Madaus (MEDA Pharma), Na-pico-sulfat, Acesulfam-K , Guar et al.1)

1) Lutschpastillen

Orlistat

Orlistat, (1S)-1-{[(3S,4S)-3-Hexyl-2-oxo-4-oxeta-nyl]methyl}-dodecyl (2S)-2-formylamino-4-methyl-pentanoat, ist ein partialsynthetisches Derivat desLipstatin, eines Stoffwechselproduktes von Strepto-myces toxytricini. Die Substanz, Schmp. 43 ℃, wirdperoral angewendet.

Wirkungen

Orlistat hemmt durch kovalente Bindung an das Serinder Magen- und Pankreas-lipase die Fettverdauung.In therapeutischer Dosierung von tgl. 120 mg ver-mindert es die Aufnahme von Nahrungsfett aus demDarm um bis zu 30 %. Innerhalb eines Jahres sollverbunden mit einer leicht kalorienreduzierten Kosteine Gewichtsreduktion um 10 % gelingen. Gleichzei-tig sollen Gesamt-Cholesterol und LDL-Cholesterolsowie erhöhte Blutzucker- und Insulinkonzentratio-nen gesenkt werden. Bei Einnahme mit einer fett-haltigen Mahlzeit wird die Hydrolyse der Triglyce-ride teilweise verhindert. Die Resorption von Mo-noacylglyceriden und freien Fettsäuren wird dadurchreduziert. In einer placebokontrollierten Studie an688 Patienten unter hypokalorischer Diät konnte mitOrlistat eine signifikant höhere Gewichtsreduktionum 10,3 kg/Jahr gegenüber 6,1 kg/Jahr mit Placebodokumentiert werden. In einer Nachfolgestudie er-gab sich jedoch im 2. Jahr unter eukalorischer Kost,dass es sowohl unter fortgeführter Einnahme vonOrlistat als unter Placebo zu erneuterGewichtszunah-me und häufigerem Therapieabbruch kam (DavidsonMH et al. 1999). Zu berücksichtigen sind auch dievergleichsweise hohen Kosten und die möglichenNebenwirkungen. Orlistat kann das Risiko für dieEntstehung von Typ-2-Diabetes verringern.

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Pharmakokinetik

Aus dem Magen-Darm-Trakt wird Orlistat nichtnennenswert resorbiert. Plasmakonzentrationen desnicht verstoffwechselten Orlistat waren 8 h nach per-oraler Einnahme nicht messbar. Nur kleinste Mengenvon M1- und M3-Metaboliten, die in der Darmwanddurch Aufspaltung des “-Lactonringes entstehen, miteiner 1000–2500fach geringeren Wirkung als dieMuttersubstanz, werden resorbiert. 80 % der einge-nommenen Menge werden innerhalb 3–5 d unverän-dert, der Rest metabolisiert mit den Faeces ausge-schieden.

Indikationen

In Verbindung mit einer hypokalorischenKost zur un-terstützenden Behandlung der Adipositas, nur wennzuvor mit Diät alleine über einen Zeitraum von 4aufeinander folgenden Wochen ein Gewichtsverlustvon mindestens 2,5 kg erreicht werden konnte beiPatienten mit einem BMI � 30 kg/m2 oder bei Pa-tienten mit einem BMI � 28 kg/m2 mit begleitendenRisikofaktoren.Die Behandlung soll nach 12 Wochen abgebrochenwerden, wenn bis dahin nicht ein Gewichtsverlustvon mindestens 5 % des Ausgangsgewichtes erreichtwurde. Die Dauer einer Behandlung sollte 2 Jahrenicht überschreiten.

Unerwünschte Wirkungen

Es können Fettstühle, Flatulenz mit Stuhlabgang,Stuhlinkontinenz, und vermehrte Stühle auftreten.Die Inzidenz nimmt mit längerer Behandlung ab.Die Blutkonzentrationen fettlöslicher Vitamine sin-ken unter Orlistat infolge einer Beeinträchtigung derResorption. Erniedrigte Werte sind für Vitamin D, Eund “-Carotin dokumentiert. Unter Umständen soll-te dann eine therapiebegleitende Vitamin-Ergänzungerfolgen.

Wechselwirkungen

Pharmakokinetische Studien zu Interaktionen liegennicht vor. Die gleichzeitige Gabe von Orlistat undAcarbose, Biguaniden oder Anoretika wird nichtempfohlen, da sich die unerwünschten Wirkungenverstärken können. Gleichzeitige Gabe von Ciclospo-rin führt zu einer Senkung der Plasmakonzentrationvon Ciclosporin. Orlistat erhöht die Blutkonzentra-tion von Pravastatin. Obwohl noch keine genauenDaten vorliegen, ist anzunehmen, dass die Resorptionanderer Arzneimittel verändert werden kann.

Kontraindikationen

Orlistat soll nicht bei chronischem Malabsorptions-syndrom, Cholestase, Schwangerschaft (Erfahrungenliegen nicht vor), Stillzeit und bekannter Überemp-findlichkeit gegen Orlistat eingesetzt werden.

Dosierung

Erw. peroral 120 mg unmittelbar vor, während oderbis zu 1 h nach jeder Hauptmahlzeit. Falls eine Mahl-zeit ausgelassen wird oder kein Fett enthält, sollteauf die jeweilige Einnahme von Orlistat verzichtetwerden.

Kommentar

Während der Anwendung von Orlistat kann es zu he-patotoxischen Erkrankungen wie Cholelithiasis oderHepatitis kommen. Die Ursache ist bisher ungeklärt.Bis Januar 2011 wurden der EMA 21 schwere Fällevon Lebertoxizität gemeldet, bei denen ein kausa-ler Zusammenhang mit der Einnahme von Orlistatnicht ausgeschlossen werden kann. Das Nutzen-Ri-siko-Verhältnis wird durch die EMA weiterhin alspositiv eingeschätzt, sofern bei der bestimmungsge-mäßen Anwendung die Möglichkeit von Hepatitis-Symptomen berücksichtigt wird. Daten aus klini-schen Studien legen die Möglichkeit nahe, dass der

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unter Orlistat erreichte Gewichtsverlust das Auftre-ten von Typ II Diabetes hinauszögert. Grundsätzlichkönnen alle mit der Adipositas assoziierten Risikofak-toren günstig beeinflusst werden.Berücksichtigt werden sollte auch die Möglichkeit,dass durch die nach Orlistat auftretenden fetthaltigenStühle die Bioverfügbarkeit lipophiler Arzneistoffereduziert werden kann.

Handelspräparate

Orlistat-1A Pharma® 120 mg (1A Pharma), Kps.Orlistat 60/120 mg HEXAL® (HEXAL), Kps.Orlistat-ratiopharm® 60/120 mg (ratiopharm),

Kps.Xenical® 120 mg (Cheplapharm), Kps. + Generika

Phenylpropanolamin

Phenylpropanolamin, erythro-Phenylpropanolamin,(1SR,2RS)-2-Amino-1-phenylpropan-1-ol, Norephe-drin, Schmp. 101–103℃, ist eine Substanz, die alsPhenylpropanolhydrochlorid Ph.Eur., Schmp. 194–197 ℃, als Phenylpropanolaminsulfat oder als retar-diertes Phenylpropanolamin polistirex peroral ange-wendet wird.

Phenylpropanolamin

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Wirkungen

Phenylpropanolamin ist ein indirektes Sympatho-mimetikum mit vasokonstriktorischen Eigenschaften.Es hat ephedrinartige Wirkungen und ähnliche psy-chostimulierende Eigenschaften wie Cathin. Es ver-stärkt die Freisetzung von Noradrenalin und aktiviertso den Sympathikus. In der Folge wird vorüberge-hend die Herztätigkeit verstärkt, der Kreislauf ange-regt, der Blutdruck gesteigert und das Hungergefühlvermindert. Auf diese Weise kann der Wirkstoff dieGewichtsabnahme während einer Diät unterstützen.

Pharmakokinetik

Nach peroraler Gabe wird Phenylpropanolaminschnell resorbiert und weitgehend unverändert mit

einer Halbwertszeit von 3–5 h renal eliminiert. DieVerteilung im Organismus liegt bei 4,4˙1,2 l/kg.

Indikationen

Phenylpropanolamin dient zur kurzfristigen, unter-stützenden Behandlung von ernährungsbedingtemÜbergewicht bei Patienten mit einem BMI > 30. Essoll nur zum Einsatz kommen, wenn durch kalorien-arme Kost, Veränderung der Essgewohnheiten undverstärkte körperliche Aktivität keine ausreichendeGewichtsminderung erzielt werden konnte.

Unerwünschte Wirkungen

Gelegentlich können Unruhe, Nervosität, Schlafstö-rungen, Muskelzittern, Blutdruckerhöhung, Kopf-schmerzen und Schwindelgefühl auftreten. Seltenwurde über Miktionsstörungen, Flush, verstärktesSchwitzen, Übelkeit und Erbrechen, Herzrhythmus-störungen, Hautausschläge, Nesselsucht und Juckreizberichtet. Sehr seltene Nebenwirkungen sind Angst-störungen, Krampfanfälle, Brust- oder Herzschmer-zen. Phenylpropanolamin kann, insbesondere beisuchtgefährdeten Personen, Abhängigkeit erzeugen.

Wechselwirkungen

Die gleichzeitige Gabe von Phenylpropanolamin undblutdrucksteigerndenSubstanzen, ’-Sympathomime-tika, MAO-Hemmstoffen oder Antidepressiva kannzu einer gegenseitigen Wirkungsverstärkung führen.Blutdruckerhöhung, Tachykardie sowie Herzrhyth-musstörungen können auftreten. Coffein verstärktden blutdrucksteigernden Effekt von Phenylpropa-nolamin. Gleichzeitige Gabe von Guanethidin kannwährend der Therapie mit Phenylpropanolamin zuparadoxen Reaktionen führen.

Kontraindikationen

Phenylpropanolamin darf nicht bei Patienten mitHerzrhythmusstörungen, Schilddrüsenüberfunktion,Phäochromozytomund Engwinkelglaukomangewen-det werden. Bei Psychosen und Abhängigkeitsana-mnese sowie bei Jugendlichen < 18 J. ist die Anwen-dung von Phenylpropanolamin ebenfalls untersagt.Phenylpropanolamin darf während Schwangerschaftund Stillzeit nicht eingenommen werden.

Dosierung

Peroral einmal tgl. (morgens) 20 mg bzw. retardiert40 mg.

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Kommentar

Bedrohliche Nebenwirkungen in Verbindung mitPhenylpropanolamin sind seit Jahren dokumentiert,darunter Blutdrucksteigerung, intrazerebrale Blu-tung, Schlaganfall und Tod. Aufgrund der möglichenunerwünschten Wirkungen auf das Herz-Kreislauf-System sollte der Arzneistoff zur Gewichtsreduktionnicht eingenommen werden. Phenylpropanolamin istallerdings auch Bestandteil rezeptfreier Erkältungs-mittel.

Handelspräparate

Kombinationspräparate

Antiadipositum RIEMSER (RIEMSER), Phenyl-propanolamin-HCl, Thiaminchlorid-HCl, Pyrid-oxin-HCl, Ascorbinsäure, Retardkps.

BASOPLEX® Erkältungskps. (Abanta Pharma),Phenylpropanolamin-HCl, Dextromethorphan-HBr, Paracetamol, Kps.a)

WICK DayMed Erkältungskps. f. d. Tag (Proc-ter & Gamble), Phenylpropanolamin-HCl, Dextro-methorphan-HBr, Paracetamol, Kps.a)

a) Beachte Indikation!

Sibutramin

Sibutramin, (RS)-1-(4-Chlorophenyl)-’-isobutyl-N ,N-dimethylcyclobutanmethylamin, ist eine Substanz,die als Hydrochlorid-Hydrat, Schmp. 193–196 ℃,peroral eingesetzt werden kann.

Sibutramin

(H3C)2NCH(CH3)2

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Wirkungen

Sibutramin ist ein Serotonin-Noradrenalin-Wieder-aufnahmehemmer (SNRI), der über die neuronaleWiederaufnahmehemmungvon Noradrenalin und Se-rotonin zu einer Steigerung des Sättigungsgefühls,und zu einer Erhöhung der Körpertemperatur führtund den Energieverbrauch steigert. Eine Beeinflus-sung der Dopaminaufnahme soll bei therapeutischenDosierungen keine Rolle spielen und damit auch kein

Abhängigkeitspotential vorhanden sein. Ebenso sollkeine pulmonale Hypertonie auftreten.In einer randomisierten Multicenter-Studie in 8 eu-ropäischen Zentren konnte bei der Mehrzahl der mitSibutramin behandelten Teilnehmer unter einer ka-lorienreduzierten Diät eine Gewichtsreduktion über2 Jahre aufrecht erhalten werden (WPT James et al.2000).

Pharmakokinetik

Nach peroraler Gabe wird Sibutramin gut resorbiert,unterliegt aber einem ausgeprägten First-pass-Effektin der Leber. Dort wird es in aktive Metabolite um-gewandelt, wahrscheinlich über das CYP3A4. Nacheiner Einzeldosis von 20 mg werden innerhalb 1,2 hmaximale Plasmakonzentrationen erreicht. Die Plas-mahalbwertszeit wird für die Muttersubstanz mit1,1 h, für die aktiven Metabolite mit 13 bzw. 14 hangegeben. Die Plasmaeiweißbindung beträgt für Si-butramin und die Metabolite 97 bzw. 94 %.

Indikationen

Als unterstützende Therapie im Rahmen eines Ge-wichtsmanagements bei Patienten mit ernährungs-bedingter Adipositas und einem Körpermassenin-dex (BMI) � 30 kg/m2 sowie bei Patienten mit er-nährungsbedingtem Übergewicht und einem BMI� 27 kg/m2, bei denen adipositasbedingte Risikofak-toren wie Diabetes mellitus Typ 2 oder Dyslipidämievorliegen.

Unerwünschte Wirkungen

Die Nebenwirkungen von Sibutramin sind erheblich.Deshalb soll die Anwendung des stark eingeschränktwerden. Sie umfassen Kopfschmerzen, Mundtrocken-heit, Übelkeit und Erbrechen bis hin zu Taubheitsge-fühlen, Bluthochdruck und Herzrhythmusstörungen.Sibutramin führt vor allem bei Herz-Kreislauf-Patien-ten zu einem deutlich erhöhten Herzinfarkt-Risiko,eine US-Studie benennt 34 Todesfälle.

Wechselwirkungen

Sibutramin wird durch CYP3A4, CYP2C9 undCYP1A2 metabolisiert. Gemeinsame Anwendungmit Arzneimitteln, die Einfluss auf die Aktivität vonCYP3A4 haben wie z.B. Antimykotika vom Conazol-typ, Erythromycin, Clarithromycin, Troleandomycinund Ciclosporin reduzieren die Wirkung von Sibutra-min. Rifampicin, Phenytoin, Carbamazepin, Pheno-barbital und Dexamethason verstärken die Wirkung.

Helwig/Otto: Arzneimittel 11. Auflage, 12. Aktualisierungslieferung 2020

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In sehr seltenen Fällen kommt es bei gleichzeiti-ger Anwendung von SSRI, von Migränemitteln wiez.B. Sumatriptan und Dihydroergotamin, von Opio-iden wie z.B. Pentazocin, Pethidin, Fentanyl oderDextromethorphan, zum so genannten Serotoninsyn-drom.

Kontraindikationen

Die Einnahme von Sibutramin ist kontraindiziert beiSchilddrüsenüberfunktion, Angina pectoris, Schlaf-störungen, Bluthochdruck, Epilepsie, Herzrhythmus-störungen und Störungen der Leber- und Nierenfunk-tion oder bei gleichzeitiger Einnahme von Antide-pressiva und Neuroleptika.Weitere Kontraindikationen sind organisch-beding-te Adipositas, schwerwiegende Essstörungen in derAnamnese, Phäochromozytom, Engwinkelglaukom,Drogen-, Arzneimittel- oder Alkoholabusus in derAnamnese, Kdr. u. Jugendl. < 18 J. und Pat. > 65 J.Sibutramin ist in der Schwangerschaft und Stillzeitkontraindiziert.Hinweis: Bei allen Patienten müssen während derBehandlung Blutdruck und Puls überwacht werden,da Sibutramin in klinischen Studien relevante Blut-druckerhöhungen verursacht hat.

Dosierung

Initial einmal tgl. (morgens) peroral 10 mg. Fallserforderlich nach 4 Wochen Erhöhung auf 15 mgmöglich. Falls auch 15 mg innerhalb 4 Wochen kei-nen Erfolg zeigen, ist die Behandlung zu beenden.

KommentarNach den Empfehlung des Ausschusses für Human-arzneimittel (CHMP) der EMA werden die Marktzu-lassungen für alle Appetitzügler mit dem WirkstoffSibutramin ausgesetzt. Hintergrund der EMA-Emp-fehlung sind neue Erkenntnisse zur kardiovaskulärenSicherheit der Substanz. Auch in den USA wurdeder Vertrieb eingestellt. Es wird vor dem Verzehrdes auch im Internet angebotenen Kaffees „SlimmingCoffee Leisure 18“ und der Schlankheitsmittels „Mi-nimal By falonfon“ „Like Slim“ und „We Angeles“gewarnt, da diese Sibutramin enthalten.

HandelspräparateReductil® (Abbott), Kps. z. Zt. a.H.Aufgrund der erheblichen Nebenwirkungen ruht dieZulassung von Arzneimitteln mit Sibutramin seit2010.

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