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Martina Meuth und Bernd „Moritz“ Neuner-Duttenhofer sind daserfolgreichste Produzententeam für Kochbücher und TV-Sendungen.

Wald und Apfelplantagen umgeben das Rittergut Neunthausen.

Dieses Haus, am Rand des nördlichen Schwarzwaldes gelegen, wird inkeinem Restaurantführer erwähnt. Obwohl die Küche ganz besonderskreativ und köstlich ist. Auch sind die Besitzer seit vielen Jahren zwarbundesweit bekannt – sie präsentieren ihre kulinarischen Talente undweltläufigen Erfahrungen im Fernsehen und haben zahlreiche Bücherrund ums Kochen, Reisen und Genießen veröffentlicht –, aber livekochen sie nur für spezielle Gäste. Zum Beispiel für COUNTRY-Leser.

D A S K O C H P A R A D I E S I M

A P F E LG UTText Christian Wenger Fotos Cornelius Scriba

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Wwer auf dem rittergut am Rand desnördlichen Schwarzwaldes essen und mit denGastgebern persönlich über deren vielfältigeErfahrungen, über Küche und Keller parlierenmöchte, kann keinen Tisch reservieren, sondernmeldet sich für einen Kochkurs oder ein -seminaran. Etwas Geduld gehört aber dazu, denn dieKurse sind schneller ausgebucht, als man das imeher sparsamen Schwabenland für möglich hielte.

Sie sind seit bald zwanzig Jahren verheiratet,aber das ist auf ihren mittlerweile über 40 Koch-büchern nicht abzulesen: Martina Meuth undBernd Neuner-Duttenhofer haben jeder für sicheinen Namen als Kochbuchautor erschriebenund bringen das Wissen und Können in ihregemeinsamen Buch- und Fernsehproduktionenein. Beide kochen, schreiben und redigieren sichgegenseitig; sie fotografiert, er spielt – mit einemSilbertablett – den Beleuchter. Er kümmert sichauch um Wein, Keller und das „Apfelige“, wie erdie Arbeit auf seiner Apfelplantage schwäbelndnennt. Und das ist nicht wenig.

Das Duttenhofersche Anwesen ist nämlich einüber 100 Jahre altes Apfelgut mit sieben HektarenNutzfläche. Neuner-Duttenhofers Urgroßvater,ein Pulverfabrikant, kaufte das Rittergut 1895und baute es aus. Viel hat sich im Apfelanbaugeändert seit der ersten Apfelernte, an der BerndNeuner-Duttenhofer 1962 als 18-Jähriger mitge-holfen hatte: „Für die 32 Zentner, die in derimmensen Krone eines einzigen 70 Jahre altenBoskop-Baumes hingen, brauchten sechs Mannauf zehn Meter langen Leitern mehr als einenhalben Tag.“ Die anschließend als Alternativeangepflanzten Buschbäume erlaubten schon diedrei- bis vierfache Pflückmenge, und die heuteweit verbreiteten rebstockartigen Spindeln kannman noch schneller abernten. „Die Früchte sindzwar schön, groß und gleichmäßig, aber habenweniger Geschmack. Wir wehren uns dagegenmit den Halbspindeln auf langsam wachsendenUnterlagen.“ Bekümmert fügt er an, dass dieVerkaufspreise der Äpfel bei weitem die entstan-

denen Kosten nicht decken. „Unsere Chanceliegt in der Veredelung, deshalb haben wir in denletzten Jahren immer neue Produkte entwickelt.“Von den ehemals über 170 Sorten blieben in dervierten Generation immerhin 18 übrig. Darauf ister stolz: „Da der Handel leider immer wenigerSorten glaubt verkaufen zu können, veredeln wirsie zu sortenreinen Apfelsäften.“ Zum Beispiel

aus knackig-säuerlichem Elstar, aus aromatischerCox Orange, fruchtig-intensiver Rubinette oderüppig-süßem Jonagold – alle schonend kalt steri-lisiert und mit einem Schuss Kohlensäure zumPerlen gebracht. Oder es gibt Apfelwein, Apfel-brand, Apfelbrand mit Eisenkraut, im Holzfassgereiften Apfelessig, Balsamessig und Apfelgelee.

Bernd Neuner-Duttenhofer entwickelte dankder Kochkunst seiner Mutter schon in seinerJugend auf dem Rittergut klare Vorstellungenvon Frische und Qualität.Während des Studiumsder Theater- und Kunstgeschichte in Münchenfing er aus lauter Verzweiflung über das Mensa-Essen an, für sich und Freunde zu kochen. InVerbindung mit dem Angebot des Viktualien-marktes war das der Beginn einer kochendenLeidenschaft, die er dann perfektionierte: alsKochbuchautor, in der Bearbeitung richtungs-weisender Werke der neuen Küche (Bocuse,Haeberlin, Witzigmann) und, last but not least,als Leiter der Kochredaktion der MünchnerZeitschrift „Meine Familie und ich“. MartinaMeuth ging nach der Münchner Journalisten-schule zur „Freundin“, wo auch sie schnell dieLeitung des Kochressorts bekam. Und eine ganzunbayrische Vorliebe für die asiatische Kücheentwickelte. Studienaufenthalte in Fernost undviele Reisen durch asiatische Länder schufen dieGrundlagen für ihre Bücher und die Bearbei-tung des Standardwerks der chinesischen Küchevon Kenneth Lo für den deutschen Markt.

Es irrt, wer jetzt glaubt, die beiden hätten sichbei so viel Gemeinsamkeiten damals gefunden.Bernd, den, die ihn duzen, nur Moritz nennen,nach seinem Spitznamen aus der Studentenzeit,heiratete eine Französin und lebte ein Jahr inParis, während Martina mit ihrem damaligenMann die Küchen der italienischen Provinzenbis runter nach Sizilien kennen und schätzenlernte. „Seither gehören Pasta und Risotti zumeinen Lieblingsgerichten“, sagt sie. 1976 liefensich die beiden Koch-Journalisten dann endlich

über den Weg, verliebten sich, zogen zusammen,heirateten sieben Jahre später und machten sich1985 auf Moritz’ elterlichem Gut im Schwarz-wald selbstständig. Kurz darauf erschien der erstevon mittlerweile zwölf gemeinsamen Bändenunter dem Titel „Kulinarische Landschaften“.Mit diesem Buchkonzept haben die beiden eine neue Art von ganzheitlichen Kochbüchern

„LEIDER WERDEN IM HANDEL IMMER WENIGER APFELSORTEN VERKAUFT“

1 Das weitläufige Anwesen bietet – je nach Licht,

Laune und Jahreszeit – zehn verschiedene Sitzplätze,

wie die Glyzinien-überwachsene Terrasse. 2 Alles

Gemüse kommt hier aus dem eigenen Garten.

3 Reinsortige Apfelsäfte und -brände und ein breites

Sortiment eingemachter Spezialitäten aus dem

Garten werden im Gutslädle angeboten. 4 Chilis aus

aller Herren Länder sind die offene Leidenschaft

des Hausherrn; er schwört auf die Existenz eines

sechsten Geschmackssinns für scharf. 5 In den

Treibhäusern zieht er diverse Tomatensorten,

Kräuter und Exotisches, das Wärme und Pflege will.

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1 Das ehemalige Rittergut Neunthausen kaufte

Neuner-Duttenhofers Urgroßvater und etablierte

den Apfelanbau. 2 Zum Landleben des kochenden

Autoren-Duos gehört natürlich ein romantisches,

altes Gartenhäuschen. 3 Das Dessert mit Familien-

tradition bekommt im Winter statt Himbeeren

eine Dekoration aus Schokoladensplittern. 4 Wie

alles aus dem Gutsladen sind auch die Cornichons

ausschließlich von Hand eingelegt. 5 Der Hausherr

als schnipselnder Zuarbeiter für das Abendmenü.

6 Gibt es schöneres als einen Teller Spaghetti und ein

Glas Wein unter der schattigen Pergola im Garten?

erfunden: Landschaft, Menschen, Produkte undnachkochbare Rezepte in einer leicht und ver-gnüglich zu lesenden Mischung von schönenFotos und intelligenten Texten. Und seit 1988sind die beiden auch im Fernsehen zu sehen, dieSendung heißt inzwischen „Service-Zeit Essenund Trinken“, kommt einmal im Monat freitags

um 18.30 Uhr im WDR und behandelt jeweilsein Thema, das in Warenkunde, Rezepten undTipps abgehandelt und vom DuttenhoferschenDuett unterhaltsam präsentiert wird.

Die Lässigkeit, mit der die beiden reden undgleichzeitig auf hohem Niveau kochen, ist pro-fessionell und wohltuendes Kontrastprogrammzu anderen Kochsendungen, in denen gesülztund gelabert und der Wein – ein Bravissimo aufdie Tischkultur – grundsätzlich nur mit vollemMund probiert wird. Martina Meuths Rolle inder Sendung ist die der munter parlierendenKöchin, Gatte Moritz bringt sein nicht zu über-hörendes pädagogisches Talent ins Spiel, mitInformationen zu Produkten, Historischem oderüber Qualität und Frische. Wenn Unmut seineStimme hebt und er ungehemmt grantelt, dannärgert er sich wieder einmal über ein falsch kons-truiertes Küchengerät, minderwertiges Material,schlechte Verarbeitung oder Pfusch.

Wie im Fernsehen, aber mit zwölf zahlendenZuschauern in der riesigen Küche, geht es aufdem Apfelgut zehnmal im Jahr zu, wenn Fansder Bücher und Kochsendungen, darunter vieleWiederholungstäter, in Sulz-Hopfau zum Koch-kurs erscheinen. Mann und Frau dürfen selberHand anlegen, schneiden, schnetzeln, rühren undfeststellen, wie zum Beispiel Tomaten aussehen,riechen und schmecken, die im eigenen Treib-haus mit viel Liebe gezogen wurden: Aromen,die man bei Supermarktware vergessen kann.

Gemütlich ist es in der Demonstrationskücheim Untergeschoss des Apfelguts und im riesigenSpeisesaal darüber herrschaftlich-feierlich. Obsechs oder zehn Gänge, alle kommen so perfektund selbstverständlich auf den Tisch, dass mansich fragt, was man mehr bewundern möchte:die Kochkunst oder die Souveränität, mit der siehier praktiziert wird. Oder ob es die Sorgfalt ist,mit der Moritz die Weine auf die Gängeabstimmt, und das enzyklopädische Wissen, daser für seine Kommentare abrufen kann. DerGarten um Gut Neunthausen liefert im Sommernicht nur zwölf Tomaten- und 18 Basilikum-

sorten. Auch alle anderen Gemüse, Kräuter,Früchte und Beeren sind das Resultat Duttenho-ferscher Handarbeit. Was nicht frisch auf denTisch kommt, wird schonend konserviert undim gutseigenen Lädle verkauft.

Seine Grenzen zeigt das Landleben nur beifrischem Fisch, erstklassigem Fleisch und asiati-

schen Gewürzen und Zutaten. Da führt keinWeg an Stuttgart vorbei, auch wenn die Stundehin und die Stunde zurück am Ende des Tagesfehlen. Aber die Fahrerei muss einfach sein.„Absolute Frische und erste Qualität der Grund-produkte sind das A und O einer ernsthaftenKüche“, sagt Martina und steigt in den Daimlermit der elektrischen Kühlbox im Kofferraum.

NEUNTHAUSER APFELSPEISE

Das Hausrezept wird bereits in der dritten Generationserviert.Am allerliebsten mögen Martina und Moritz das frisch gekochte Mus von Berlepsch-Äpfeln, deren Aroma besonders gut mit Sahne und Schokoladenras-peln zusammengeht. Bei der spätsommerlichen Version,etwa aus Gravensteinern, wird die Oberfläche der Apfelspeise dicht an dicht mit Himbeeren garniert.

ZUTATEN FÜR VIER BIS SECHS PERSONEN:

1 kg Äpfel (wenn keine Berlepsch zur Verfügung sind,andere aromatische nehmen, wie Boskop, Landsbergeroder Cox Orange), 75 g Zucker, Saft 1/2 Zitrone,1/4 l Sahne, 2 Tütchen Vanillezucker, 75 g Zartbitter-Schokolade oder 250 g frische, feste Himbeeren

ZUBEREITUNG:

1. Die gewaschenen Äpfel von Blütenansatz und Stiel befreien, ansons-ten aber mit Schale und Kerngehäuse, lediglich grob zerschnitten, ineinen Topf füllen, Zucker darüber streuen und mit Zitronensaft beträu-feln. 2. Auf mildem Feuer und zugedeckt etwa 20 bis 25 Minuten sanft köcheln, bis die Äpfel weich sind.Anschließend durch ein Sieb oderdie Gemüsemühle passieren, in eine Servierschüssel (am besten aus Glas, wegen der Optik) füllen und abkühlen lassen. 3. Die Schüssel mitKlarsichtfolie abgedeckt eine gute Stunde lang in den Kühlschrank stellen. 4. Bevor serviert werden soll, die Sahne mit dem Vanillezuckersteif schlagen, wolkig über das Apfelmus häufen und dick mit der inFlöckchen gehobelten Schokolade bestreuen oder – wie auf unseremFoto – mit saftigen Himbeeren besetzen.TIPP: Die Schoko-Flöckchen lassen sich am einfachsten und schnellstenmit einem Spargelschäler von der dafür hochkant fest gehaltenen Schokoladentafel raspeln. Man kann sie auch über den Gurken- oderTrüffelhobel schaben. Dafür sollte die Schokolade gut gekühlt sein,sonst verschmiert sie leicht in der Wärme der Hand.

„MORITZ ÄRGERN FALSCH KONSTRUIERTE GERÄTE UND MIESE QUALITÄT“

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➔ Mehr im Register ab Seite 134

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