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123 Themen und Materialien – Lateinamerika verstehen lernen / bpb 2011 5 Armut und soziale Ungleichheit: Die Kluft überwinden Wolfgang Schoop, Didaktik: Wolfgang Schoop/Michael May Baustein 5 Ein Mädchen sucht auf einer Deponie in El Salvador nach verwertbarem Müll (2009) Foto ©: pa/Robin Lubbock Informationen für Lehrende ....................................................................................................................................................124 Gespaltene Gesellschaften............................................................................................................................................................124 Ansätze zur Armutsbekämpfung: Das Für und Wider ........................................................................................................127 Perspektiven nachhaltiger Entwicklung ..................................................................................................................................128 Weiterführende Literatur ..........................................................................................................................................................131 Didaktische Anmerkungen ......................................................................................................................................................132 Materialien für Lernende (M) ..................................................................................................................................................133 M 1 – Reiche Länder – arme Menschen? (M 1.1–M 1.8) ......................................................................................................133 M 2 – Werden durch Armut Menschenrechte verletzt? (M 2.1–M 2.4) ..........................................................................138 M 3 – Armut durch wirtschaftlichen Aufschwung? (M 3.1–M 3.5)...................................................................................140 M 4 – Steuersysteme in Lateinamerika (M 4) ..........................................................................................................................143 M 5 – Ansätze zur Armutsbekämpfung (M 5.1–M 5.3) ........................................................................................................143 M 6 – Arbeit von NROs – über Rechte aufklären (M 6.1–M 6.4) .......................................................................................145 M 7 – Menschen werden aktiv (M 7.1–M 7.4) .........................................................................................................................147

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123Themen und Materialien – Lateinamerika verstehen lernen / bpb 2011

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Armut und soziale Ungleichheit: Die Kluft überwinden Wolfgang Schoop, Didaktik: Wolfgang Schoop/Michael May

Baustein 5

Ein Mädchen sucht auf einer Deponie in El Salvador nach verwertbarem Müll (2009) Foto ©: pa/Robin Lubbock

Informationen für Lehrende ....................................................................................................................................................124Gespaltene Gesellschaften............................................................................................................................................................124Ansätze zur Armutsbekämpfung: Das Für und Wider ........................................................................................................127Perspektiven nachhaltiger Entwicklung ..................................................................................................................................128Weiterführende Literatur ..........................................................................................................................................................131Didaktische Anmerkungen ......................................................................................................................................................132

Materialien für Lernende (M) ..................................................................................................................................................133M 1 – Reiche Länder – arme Menschen? (M 1.1–M 1.8) ......................................................................................................133M 2 – Werden durch Armut Menschenrechte verletzt? (M 2.1–M 2.4) ..........................................................................138M 3 – Armut durch wirtschaftlichen Aufschwung? (M 3.1–M 3.5)...................................................................................140M 4 – Steuersysteme in Lateinamerika (M 4)..........................................................................................................................143M 5 – Ansätze zur Armutsbekämpfung (M 5.1–M 5.3) ........................................................................................................143M 6 – Arbeit von NROs – über Rechte aufklären (M 6.1–M 6.4) .......................................................................................145M 7 – Menschen werden aktiv (M 7.1–M 7.4) .........................................................................................................................147

Wolfgang
Text-Box
Aus: Bundeszentrale für politische Bildung: Lateinamerika verstehen lernen. 12 Bausteine für Unterricht und Prokjektarbeit. Bonn 2011, 320 S.

124 Themen und Materialien – Lateinamerika verstehen lernen / bpb 2011

Armut ist in Lateinamerika nicht das Schicksal einerRandgruppe, sondern ein Massenphänomen. Betrof-fen sind mehr als 40% der Gesellschaft. Menschensind in Lateinamerika arm, weil ihnen der Zugang zuRessourcen verwehrt wird und sie nicht die Möglich-keit haben, sich zu entwickeln. Es gibt die ländlicheArmut in den vernachlässigten Gebirgsregionen derzentralen Anden, in den Trockengebieten des brasilia-nischen Nordostens oder im Randbereich des GranChaco, einer Region mit Trockenwäldern und Dorn-buschsavannen im Inneren Südamerikas. Vielen Klein-bauern dort fehlt der Zugang zu einem modernenStraßennetz, zu Einrichtungen der Gesundheitsver-sorgung, zu Bildung und nicht zuletzt zu Mitteln, ihrelandwirtschaftliche Produktion zu verbessern. Auchdas städtische Elend in den Randbezirken der Metro-polen ist mit spezifischen Formen fehlender Zugangs-möglichkeiten verbunden. Vielen Familien werdenWohn- und Arbeitsrechte oder die Anbindung an dasWasser- und Elektrizitätsnetz vorenthalten.

Gespaltene Gesellschaften

Vor dem Hintergrund dieser Benachteiligungen wirdverständlich, dass in Lateinamerika eine eklatanteUngleichheit herrscht und man von „gespaltenenGesellschaften“ sprechen muss. Selbst reiche Länderwie Brasilien, Mexiko oder Argentinien sind von er-schütternder Armut geprägt. Es reicht also nicht aus,das mittlere Pro-Kopf-Einkommen der Bevölkerungzu ermitteln, um die Armut in einem Land zu erfas-sen. Wer die absolute und relative Armut ermittelnwill, muss vielmehr vor allem die Verteilung von Ein-kommen und Besitz innerhalb der Gesellschaften inden Blick nehmen.

Im Vergleich zu anderen Regionen der Welt sinddie Einkommen in Lateinamerika ausgesprochen un-gleich verteilt. Das belegt der sogenannte Gini-Koef-fizient, der das Einkommen der Reichsten eines Lan-des mit dem der Ärmsten vergleicht. Dieser Index er-reicht in Lateinamerika besonders hohe Werte (über0,5), in Europa hingegen liegt er deutlich niedriger(bei 0,3). In der Gruppe der größeren Volkswirtschaf-ten verzeichnet vor allem Brasilien einen erschüt-ternd hohen Wert, was die ausgeprägte Zweiteilungdieser Industrienation signalisiert. Auf der anderenSeite stehen Venezuela (mit seiner politischen

Sonderstellung) und Uruguay (mit einer traditionellbreiten Mittelschicht): Sie erreichen einen relativausgeglichenen Wert. Haiti und Bolivien, die das ge-ringste Prokopfeinkommen aufweisen, sind gleich-zeitig die Länder mit der größten sozialen Ungleich-heit. Zu dieser Gruppe gehört auch Kolumbien, einLand, das seit zwei Generationen Schauplatz bewaff-neter Auseinandersetzungen ist. Diese können ein-erseits als Ursache, andererseits als Folge der großengesellschaftlichen Gegensätze angesehen werden.Insgesamt ist in Lateinamerika der Anteil der sozialgespaltenen Länder höher als in Afrika und Asien,obwohl dort mitunter weit geringere Prokopfein-kommen erzielt werden und die Armut breite Teileder Bevölkerung erreicht.

Die Einkommensungleichheit und das Ausmaßder Armut stehen in vielen Ländern in einem un-mittelbaren Zusammenhang. Die UN-Wirtschafts-kommission für Lateinamerika und die Karibik (CE-PAL) kommt aufgrund einer Modellrechnung sogarzu dem Ergebnis, dass bereits eine geringfügige Ver-ringerung der Einkommenskonzentration zu einererheblichen Minderung der Armut führen kann.

Deutschland ist ein Beispiel dafür, dass Armutauch in Industrienationen auftritt. Auch bei uns wer-den viele Gruppen an den Rand der Gesellschaft ge-drängt: In die Kategorie der relativen Armut (40%unterhalb des „mittleren Einkommens“) lassen sichnicht nur Behinderte und alte Menschen, Alleinerzie-hende und jugendliche Arbeitslose einstufen, son-dern auch kinderreiche Familien und Menschen mitMigrationshintergrund. Die Lebenschancen dieserMenschen sind erheblich beeinträchtigt. In ihrerExistenz sind sie in Europa allerdings nicht gefähr-det. Denn mehr oder weniger gut funktionierendesoziale Sicherungssysteme nehmen der Armut ihrelebensbedrohende Wirkung. Auch präsentiert sichArmut hier nicht als Massenphänomen. Und dochwächst auch in Deutschland die Kluft zwischen Armund Reich. Eine Untersuchung des Deutschen Insti-tuts für Wirtschaftsforschung (2010) weist nach, dassin der Bundesrepublik die Zahl der Armen steigt unddass diese Gruppe immer ärmer wird.

Erste Opfer der Armut: Frauen und KinderMenschenrechte gelten unabhängig von Rasse, Reli-gion oder Geschlecht einer Person. Das ist unbestrit-ten. Und doch kann man in Lateinamerika feststel-

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len, dass bestimmte Gruppen in besonderem Maßedarunter leiden, dass ihnen wirtschaftliche, sozialeund kulturelle Rechte (auch WSK-Rechte genannt)vorenthalten werden. Selbst wenn viele Staaten dieentsprechenden internationalen Menschenrechts-abkommen unterzeichnet haben, gelingt es auchsolchen mit hohem Nationaleinkommen oft nicht,diese Rechte auf Nahrung und Beschäftigung, aufGesundheit, Bildung und kulturelle Identität bei al-len Menschen einzulösen. So leben zum Beispiel dieAngehörigen der indigenen Völker und die Nachfah-ren der afrikanisch-stämmigen Bevölkerung ver-stärkt unter den Bedingungen von Armut und Hun-ger. Ihnen wird der Zugang zu den sozialen Errun-genschaften ihrer Gesellschaft erheblich erschwert.

Auch Frauen sind in Lateinamerika in hohem Ma-ße von Armut bedroht. Die Folgen von Wirtschafts-krisen und Naturkatastrophen erreichen sie als erste.Sie gehören zu den anfälligsten Gliedern der Gesell-schaft, vor allem in Lateinamerika, wo die „Kulturdes Männlichen“ (Machismo) noch immer stark aus-geprägt ist. In ihren Partnerschaften sind Frauennicht selten körperlicher Gewalt ausgesetzt. Zahlrei-che Männer verlassen ihre Familie und suchen eineBeschäftigung in anderen Regionen. Denn Armutmacht mobil, so dass viele Familien auseinander ge-rissen werden. Das geschieht auf dem flachen Landeebenso wie in den Elendsvierteln der Megastädte.Frauen können sich nicht so frei bewegen wie Män-ner, namentlich in den unteren sozialen Schichten.Sie bleiben bei ihren Kindern, die im Laufe der Zeitdurchaus auch von drei oder vier Vätern stammenkönnen. Deshalb gelten die Frauen als das kontinu-ierliche Element in den Familien Lateinamerikas.

Allerdings gibt es auch eine Gruppe von Frauen,die sich sehr mobil präsentiert. Es sind die jungenunverheirateten Mädchen vom Lande, die häufignoch minderjährig in die Stadt strömen. Dort wer-den sie in Familien der mittleren und oberen Schich-ten zur Kinderbetreuung und zur Hausarbeit heran-gezogen. Da Unterkunft und Verpflegung in Rech-nung gestellt werden, fällt ihr Lohn in der Regel nurwinzig aus. Einerseits leben sie hier ohne den Schutzihrer eigenen Familie und sind der möglichen Will-kür ihrer Arbeitgeber ausgesetzt, andererseits tra-gen gerade sie zur Emanzipation ihrer Dienstherrin-nen bei. Denn sie ermöglichen der europäisch orien-tierten weiblichen Stadtbevölkerung eine gehobene

Ausbildung und Berufstätigkeit. Hier vollzieht sichdie Emanzipation der modernen städtischen Frauauf dem Rücken der Geschlechtsgenossinnen ausden unteren sozialen Schichten.

Partnerschaften, die von Armut bedroht und des-halb höchst fragil sind, bieten auch den Kindern nurunzureichend Schutz. Eine große Zahl von Straßen-kindern ist die Folge. Viele von ihnen verdingen sichals Schuhputzer, sie bewachen Autos oder verkaufenSüßigkeiten und leben so „von der Straße“. In die-sem Falle haben sie den Kontakt zu ihrer Familienoch nicht ganz aufgegeben. Je weiter weg die Kin-der aber von zu Hause arbeiten, desto häufiger blei-ben sie auch über Nacht im Umfeld ihrer Tätigkei-ten: Sie leben in Gruppen „auf der Straße“, schlafenunter Brücken, in Kanalrohren oder provisorischenUnterkünften. Das ist mit einer Fülle von gesund-heitlichen, sozialen und psychischen Problemen ver-bunden. Kriminelle setzen sie als Botengänger fürDrogen ein, von der Polizei werden sie mitunter als„Abschaum der Gesellschaft“ behandelt und vertrie-ben. Es kommt sogar vor, dass Angehörige der Si-cherheitskräfte die Kinder missbrauchen und sie zuDiebstahl, zum Drogenhandel und zur Prostitutionanleiten.

Korruption und rücksichtlose ModernisierungSolche Fälle von Korruption bei staatlichen Bediens-teten werden keineswegs nur vereinzelt beobachtet.In fast allen Ländern Lateinamerikas ist die Bürokra-tie in Verwaltung und Justiz in hohem Maße be-stechlich. Auch in der Wirtschaft, mitunter sogar innicht-staatlichen Institutionen, werden Vertrauens-stellungen missbraucht und bei entsprechenderZahlung Vorteile gewährt. Daraus folgen gerade fürdie Armutsgruppen eine hohe Unsicherheit und einezusätzliche finanzielle Belastung. Für Personalpapie-re, für Landtitel oder Baugenehmigungen müssensie „Extra-Gebühren“ entrichten. Das erhöht die Kos-ten der Lebenshaltung und verschlimmert ihre allge-meine Situation. Vor allem wird ihnen dadurch derZugang zu wichtigen Einrichtungen der Bildung, zusozialen Förderprogrammen (z.B. beim Wohnungs-bau) und zu bestimmten Arbeitsplätzen (z.B. imStraßenhandel) erschwert.

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Verdrängung durch Kommerzielle LandwirtschaftEin Großteil der Armen hat nicht immer schon inärmlichen Verhältnissen gelebt. Vielmehr sind sieOpfer einer rapiden Modernisierung, vor allem derAnpassung an weltweite Konkurrenz in der Land-wirtschaft, im Bergbau oder in der Industrie. So sindetwa in Südbrasilien zahlreiche Kleinbauern verarmt,weil sie bei der Umstellung ihrer Landwirtschaft(Übergang zu Monokulturen, Mechanisierung derBetriebe etc.) in die Abhängigkeit schwankenderWeltmarktpreise geraten sind. Unerbittliche Kredit-geber taten ihr Übriges. Viele Landwirte mussten ihrLand verlassen und vergrößerten so die Gruppe derTagelöhner, die ständig unterwegs ist auf der Suchenach einer Beschäftigung.

Auch der Boom des Sojaanbaus im Herzen desKontinents, vor allem im brasilianischen BundesstaatMato Grosso, in Ostbolivien, Paraguay und Nordar-gentinien, hat viele Kleinbetriebe verdrängt. Bauern-familien wandern ab und versuchen anderswo neueFlächen zu roden. Dort kann es geschehen, dass siemit den alteingesessenen oder indigenen Bewoh-nern in Konflikt geraten. Die Mehrheit zieht es dahervor, sich in den Randbezirken der Städte niederzu-lassen. Dort jedoch erwartet sie häufig das Elend. Ei-ne ähnliche Situation wie in Argentinien bietet sichauch in Brasilien oder Kolumbien, wo Agrartreibstof-fe zur Befriedigung des Energiebedarfs in Europahergestellt werden. Dort hat die Ausweitung von Zu-ckerrohr bzw. Ölpalmen die Vertreibung der Armenbeschleunigt und die Nahrungsmittelpreise erhöht.

Bergbau und IndustrialisierungÄhnliche Gefahren ergeben sich auch aus industriel-len Bergbauprojekten in den Anden oder in Zentral-amerika. Im Norden von Peru, in Cajamarca, liegt diegrößte Goldmine des Kontinents. Bauern musstenhier ihr Land verkaufen oder wurden enteignet, umdem hoch mechanisierten und großflächigen Tage-bau Platz zu machen. Örtliche Bergleute, die seit je-her hier Gold gewaschen haben, verloren ihren Ar-beitsplatz. Doch weitreichender sind wohl die Um-weltschäden, unter denen die Bevölkerung zu leidenhat. Die giftigen Abwässer enthalten Arsen undQuecksilber – und gefährden die Landwirtschaftebenso wie das Trinkwasser benachbarter Siedlun-gen. Rinder müssen fortgeschafft werden, Schafeverkümmern und liefern keine hochwertige Wolle

mehr. Großprojekte, die auf den ersten Blick volks-wirtschaftlich sinnvoll erscheinen, zerstören die Le-bensgrundlage der örtlichen Bevölkerung undhinterlassen irreparable Folgeschäden. Beim Roh-stoffabbau kommt hinzu, dass das erwirtschafteteGeld häufig entweder bei den weitgehend steuerbe-freiten Unternehmen verbleibt oder in dunklen Ka-nälen von Politik und Verwaltung versickert.

Der Ausbau der Industrie kann ebenfalls Armuthervorbringen. Nicht nur mussten viele Weber, Töp-fer und Korbflechter ihr Handwerk angesichts derKonkurrenz von Industriewaren aufgeben. Auch denBeschäftigten zahlreicher industrieller Betriebe wer-den nur eingeschränkte Rechte zugestanden. In denMontagebetrieben von Nordmexiko, den sogenann-ten maquiladoras, wird die Arbeit der Gewerkschaf-ten erschwert oder sogar gänzlich unterbunden.Hier sind überwiegend Frauen beschäftigt. Sie arbei-ten bei geringer Bezahlung und unter Bedingungen,die oft unmenschlich sind und ihre Gesundheit ge-fährden. Wöchentliche Arbeitszeiten von 60 Stun-den sind keine Ausnahme.

Folgen des KlimawandelsDie sozial Schwachen leiden auch stärker als dieübrige Bevölkerung unter dem Klimawandel undseinen Folgen. Insbesondere in den Elendsviertelnder Millionenstädte sterben Menschen, wenn öfterals früher platzartige Regenfälle katastrophale Über-schwemmungen verursachen. Vor allem hier rut-schen die Hänge ab. Denn es sind die Wohnungenin den Quartieren der Armut, die auf gefährdetenFlächen errichtet wurden. Um sicheres Bauland zuerwerben, fehlt diesen Menschen das Durchset-zungsvermögen – und das Geld.

Auch auf dem Lande ist die bäuerliche Bevölke-rung zunehmend extremeren Wetterlagen ausge-setzt. Durch die Erwärmung des Klimas haben dieMenschen im Nordosten Brasiliens, in der Chaco-Re-gion oder im Hochland von Mexiko mit längeren Pe-rioden der Trockenheit zu kämpfen. Das erschwertViehhaltung und Ackerbau und führt immer wiederzu Missernten. Da die Kleinbauern nur über begrenz-te Rücklagen verfügen, wird es für sie zunehmendschwieriger, mehrere aufeinander folgende Trocken-jahre zu überstehen. Auch als Folge derartiger Kli-maveränderungen erleben wir eine schubweise Ab-wanderung aus ländlichen Gebieten. Viele bäuerli-

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127Themen und Materialien – Lateinamerika verstehen lernen / bpb 2011

che Familien ziehen entweder in die jungen Sied-lungsgebiete im Regenwald oder ebenfalls in die Ar-mutsgürtel der Provinz- und Hauptstädte.

In den weiterhin wachsenden Städten wie Mexi-ko-Stadt oder La Paz verschlechtert sich zudem dieTrinkwassersituation. Immer kostspieliger wird es,Wasser herbeizuschaffen oder aufzubereiten. Des-halb haben viele Städte und Gemeinden die Versor-gung mit Trinkwasser privatisiert. Das wirkt sich be-sonders auf die randständigen, oft auch ungünstiggelegenen Quartiere der armen Bevölkerung aus,die nicht in der Lage ist, die gestiegenen Tarife zubezahlen.

Ansätze zur Armutsbekämpfung: Das Für und Wider

Die Wirtschaft im Blick Bei einer vordergründigen Betrachtung bietet sichdas wirtschaftliche Wachstum einer Gesellschaft alswichtiger Motor an, um mehr Wohlstand und Ent-wicklung zu erreichen. Doch gehen Wirtschafts-wachstum und zunehmende Gerechtigkeit keines-wegs Hand in Hand. In Lateinamerika sind zum Bei-spiel die Steigerung des Nationaleinkommens oderdie Zunahme des mittleren Pro-Kopf-Einkommensnicht in allen Fällen mit einem Rückgang der Armutverbunden. Einzelne Länder verzeichnen im vergan-genen Jahrzehnt bei beträchtlichem wirtschaftlichemWachstum sogar eine Zunahme der extremen Armut.

Hierzu gehören die stark indigen geprägten Län-der Bolivien, Ecuador und Guatemala, wo die ur-sprüngliche Bevölkerung nur wenig Anteil hat amwirtschaftlichen Aufschwung. Weitere Beispiele sindHonduras und Paraguay. Hier sind Angehörige derunteren Mittelschicht im Zuge der wirtschaftlichenEntwicklung verarmt. Deshalb findet man viele vonihnen heute in den Slums der Großstädte. DiesenLändern ist es nicht gelungen, das nachgewiesenewirtschaftliche Wachstum für mehr Verteilungsge-rechtigkeit einzusetzen.

In vielen Ländern stellen Entwicklungsorganisa-tionen den Angehörigen der ärmeren Bevölkerungs-schichten sogenannte Mikrokredite zur Verfügung,damit sie einen Schritt aus der Armut tun können.Handwerker und Händler investieren diese in Klein-unternehmen mit dem Ziel, die Produktion bzw. den

Absatz zu verbessern. In der Regel finden sich Spar-gruppen zusammen, deren Mitglieder (häufig Frau-en) füreinander bürgen und über weitere gemeinsa-me Vorhaben miteinander verbunden sind. DieRückzahlungsquoten in diesen Mikrofinanzsystemensind ausgesprochen hoch. Doch sind solche Systemenur dann sinnvoll, wenn die Mitglieder sich auch inden politischen Dialog einbringen können, z.B.wenn es um Gesundheit und Bildung geht.

Die internationalen Träger der Entwicklungszu-sammenarbeit setzen mit Vorliebe wirtschaftlicheFörderinstrumente ein. Sie gewähren den StaatenKredite, bauen große Infrastrukturvorhaben auf undunterstützen einzelne Wirtschaftszweige. Das ist un-ter anderem deshalb so attraktiv, weil die heimischeWirtschaft im Norden daraus Nutzen ziehen kann.Andere Vorhaben scheinen ökonomisch wenigerinteressant, sind dafür aber in Bezug auf ihre Nach-haltigkeit bedeutsamer. Das trifft zu, wenn diese Trä-ger in Lateinamerika demokratische Prozesse stär-ken, eine Agrarreform voranbringen oder mit denMenschen vor Ort den Tropenwald schützen.

In den Ländern des Nordens gibt es eine lebhafteDiskussion darüber, wie sich Entwicklungszusam-menarbeit begründen lässt. Häufig wird vorgebracht,dass man mit ihrer Hilfe die Produktion von Rohstof-fen sichern und auch neue Absatzmärkte erschließenkönne. Nicht selten werden einzelne Länder verstärktunterstützt, um deren Abstimmungsverhalten in deninternationalen Institutionen zu beeinflussen. Es gibtauch die Meinung, Entwicklungszusammenarbeitkönne der weltweiten Migration entgegenwirken. Beidieser Argumentation steht allerdings europäischesInteresse im Vordergrund und nicht das Bemühenum mehr Gerechtigkeit weltweit.

Armutsbekämpfung durch SozialtransferEinzelne Länder haben nationale Sozialprogrammegeschaffen, die unmittelbare Zuwendungen für be-dürftige Familien vorsehen. Besonders bekannt wur-de das milliardenschwere Programm in Brasilien, dasmit Unterstützung der Weltbank aufgelegt wurde. Be-merkenswert ist, dass die Auszahlung der Beträge anBedingungen geknüpft ist. Die Empfänger müssenauch etwas für Bildung und Gesundheit tun. Auf denersten Blick ein Erfolg: Im Verlauf der vergangenen 10 Jahre konnte in Brasilien die Ungleichheit beimPro-Kopf-Einkommen tatsächlich gesenkt werden.

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Doch gehen in diese Berechnung vornehmlichdie Einkünfte der abhängigen Lohnempfänger ein.Kritiker verweisen mit Recht darauf, dass die Gewin-ne in der Wirtschaft im gleichen Zeitraum schnellergewachsen sind als die Löhne. Ähnliche Sozialpro-gramme wurden auch in Mexiko oder Bolivien ge-startet. Sie sind durchaus zu begrüßen, da sie in derunmittelbaren Armutssituation helfen. Doch bewir-ken sie letztlich keine strukturelle Armutsbekämp-fung, die den Zugang der Menschen zu wirtschaft-lichen, sozialen oder kulturellen Rechten verbessernkönnte.

Gerechtere Steuersysteme als HerausforderungErheblichen Sozialausgaben stehen in den meistenLändern Lateinamerikas nur geringe Staatseinnah-men gegenüber. Anders als in Europa sind die Steu-ersysteme eher regressiv angelegt, d.h., Menschenmit geringerem Einkommen werden prozentual stär-ker belastet als die Bezieher höherer Einkünfte. Da-bei wäre es sinnvoll, progressive Steuertarife zuschaffen, um mit Steuerfreibeträgen und Transfer-leistungen benachteiligte Bevölkerungsteile unter-stützen zu können.

Da die informell Beschäftigten z.B. im Straßen-handel keine Steuern entrichten, liegt die größteSteuerlast bei der Gruppe der formalen Angestell-ten, die der Mittelschicht zugerechnet werden. Einebesondere Schwäche dieser Steuersysteme bestehtdarin, dass Gewinne und Vermögen kaum besteuertwerden. Doch nur eine solche Steuer würde auchdie Personen aus der obersten Einkommensgruppeerreichen. Selbst die weithin eingeführte Mehrwert-steuer hat regressive Wirkung. Denn die oberstenEinkommensgruppen wenden nur einen vergleichs-weise geringen Anteil ihrer Einkünfte für Konsumauf. Insgesamt verschärfen die vorliegenden Verhält-nisse die ungleiche Einkommensverteilung. Das wirdvon den Menschen auch so wahrgenommen undbeeinträchtigt die Akzeptanz der geltenden Steuer-systeme.

Bisher ist es den meisten Regierungen in Latein-amerika nicht gelungen, das Steuerpotenzial ihrerLänder angemessen auszuschöpfen. Anscheinend istes einfacher, den grenzüberschreitenden Handel zubesteuern, als allgemeine Steuergesetze zu erlassen,die transparent und fair sind. Um dies zu erreichen,

wird jedenfalls eine leistungsfähige Verwaltung be-nötigt. Internationale Institutionen und bilaterale Ge-ber verwenden große Mühe darauf, beim Aufbau voneigenständigen Behörden mitzuwirken, z.B. von effi-zienten Finanzämtern. Das bietet zudem eine Mög-lichkeit, die in diesen Bereichen um sich greifendeKorruption ein Stück weit einzudämmen.

Perspektiven nachhaltiger Entwicklung

Über vorhandene Rechte aufklärenHäufig besitzen die Angehörigen benachteiligter Be-völkerungsgruppen in Lateinamerika keinerleiKenntnisse darüber, welche Rechte ihnen als Bürgerzustehen. Die Zugangsrechte zu Ressourcen undstaatlichen Leistungen, die Land- und Wohnrechteoder auch die Familien- und Frauenrechte sind denBetroffenen in der Regel unbekannt. Man muss inRechnung stellen, dass ein großer Teil der ländlichenund/oder weiblichen Armen nur über geringe odergar keine Schulkenntnisse verfügt. Damit sind sie beiRechtsfragen den Übervorteilungen höher gebilde-ter Personen ausgeliefert. Mit Unverständnis stehensie zudem der komplizierten Fachsprache der Juris-ten gegenüber, die sie als einschüchternd erleben.Erschwerend tritt hinzu, dass viele ehemalige Land-bewohner über keine persönlichen Dokumente ver-fügen. In diesem Falle können sie ihre bürgerlichenRechte wie z.B. die Teilnahme an Wahlen oder dieAnmeldung bei sozialen Programmen gar nichtwahrnehmen.

In nahezu allen Ländern des Kontinents versu-chen Nichtregierungsorganisationen (NROs), na-mentlich kirchliche Träger, die benachteiligten Fami-lien mit Personalpapieren auszustatten und ihnenspezifische Rechtshilfe zukommen zu lassen. Vielfachwird dann in einem weiteren Schritt eine Begleitungin einem gerichtlichen Verfahren notwendig. Nebendiesen Formen der individuellen Rechtsbegleitungbieten die Träger auch gemeinschaftliche Rechtshilfean. Diese kommt Selbsthilfeorganisationen oder be-sonderen Randgruppen wie Migranten oder Indige-nen zugute, denen ihre gesetzlich verbrieften Rechtevorenthalten werden. Menschenrechtsprojekte ge-hören zu den wichtigsten Fördermaßnahmen vonNicht-Regierungs-Organisationen überhaupt. Hier

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geht es u.a. darum, mehr Bewusstsein zu schaffen,so dass die WSK-Rechte eingefordert und in nationa-les Recht überführt werden können. Der Staat wirddabei angehalten, seinen Verpflichtungen nachzu-kommen und Gesundheitsversorgung und Grundbil-dung für alle zu gewährleisten. Darüber hinaus bil-det die Durchsetzung der politischen Menschen-rechte einen namhaften Projektbereich, der auch dieAufklärung über illegale Inhaftierung, Folter und„Verschwindenlassen“ umfasst. In diesem Zu-sammenhang werden z.B. lokale Sicherheits- undJustizfachkräfte in Menschenrechtsfragen geschult.Solche Maßnahmen fördern vor allem die Rechts-staatlichkeit und tragen zu einem besseren Demo-kratieverständnis bei.

Die Unterstützung in Landrechtsfragen ist ein be-deutendens Arbeitsfeld der Rechtshilfe. Zielgruppesind zum einen die Kleinbauern auf dem Lande, diemitunter seit Generationen ihren Acker bestellen,aber keine Besitztitel kennen. Damit sind sie nichtnur der Willkür expandierender Großunternehmenund dem Vordringen spekulierender Stadtbewohnerausgesetzt. Sie müssen sich auch mit staatlichenund privaten Infrastrukturvorhaben auseinanderset-zen, dem Bau von Staudämmen etwa oder Straßen-bauvorhaben. Hier gilt es, die Rechtssituation zu klä-ren und mit amtlichen Dokumenten zu belegen.Sind Umsiedlungen nicht zu umgehen, werden Ent-schädigungen für langjährige Gewohnheitsrechteangestrebt. Damit können diese Menschen unterUmständen in einer anderen Region einen neuenAnfang wagen. Zum anderen sind aber auch imstädtischen Umfeld die Dokumentation und Siche-rung von Landtiteln von großer Bedeutung. Dennnur wenn Bodentitel vorliegen, sind die Familien be-reit, in ihre neue Wohnstätte zu investieren, um da-mit die eigene Lebenssituation zu verbessern.

Zugänge zu Bildung eröffnen Unterentwicklung und Armut herrschen besondersdort vor, wo der Zugang zum Gesundheits- und Bil-dungssystem eingeschränkt ist. Bildung und Ge-sundheit machen eine menschenwürdige Gestal-tung des Lebens erst möglich, werden aber in vielenLändern sträflich vernachlässigt. Insbesondere dieBildung gilt als ein wichtiger Weg aus der Armut. Be-dauerlicherweise sind die lateinamerikanischen Bil-dungssysteme immer noch stark auf die Bedürfnisse

der Mittel- und Oberschicht zugeschnitten. Diesekönnen sich auf ein privates Schulangebot stützen,das kirchliche Träger schon seit Generationen in denStädten aufgebaut haben. Für bedürftige Familienaber ist der Besuch dieser Privatschulen unbezahl-bar. Wenn überhaupt, schicken sie ihre Kinder in be-scheidene staatliche Einrichtungen. Deren Qualitätist häufig so beschränkt, dass die Absolventen auchnach einem Sekundarschulabschluss nur sehr be-grenzte Chancen für den weiteren Bildungs- oderBerufsweg haben. In nahezu allen Ländern fehlenvor allem technisch-praktische Ausbildungsgänge,die auf das künftige Alltagsleben vorbereiten.

Auch auf dem Land vermitteln die Sekundarschu-len vornehmlich humanistische Bildungsinhalte, dieden rund 3% der späteren Akademiker aus diesemUmfeld zugute kommen. Vor allem in den indigengeprägten Ländern wie Guatemala oder Boliviengibt es noch zu wenig interkulturelle zweisprachigeErziehung. Umso höher muss ein Bildungssystemeingeschätzt werden, das mit der Aymara-Bevölke-rung des bolivianischen Hochlands auf der Basis ih-rer eigenen Kultur entwickelt wurde. Hier hat eineGruppe von Jesuiten vor drei Jahrzehnten das erstebolivianische Zentrum für technische, humanistischeund landwirtschaftliche Ausbildung (CETHA) ge-gründet. Nach diesem Vorbild wurden seitdem mehrals 25 Zentren in allen geografischen und kulturellenTeilräumen des Landes errichtet.

In diesem Schultyp werden neben einer angepas-sten Primar- und Sekundarschulbildung auch prakti-sche Ausbildungsgänge angeboten. Das gesamteBildungsangebot orientiert sich an der Lebenspraxisder Menschen (Landwirtschaft, Handwerk) sowie anihrer kulturellen Tradition (Zeremonien, Naturver-ständnis). Die Zweisprachigkeit der Ausbildung ver-folgt dabei ein doppeltes Anliegen: Mit der Aymara-Sprache soll einerseits das kulturelle Erbe gepflegtund damit die eigene Identität gefestigt werden. Diespanische Sprache soll andererseits den Zugang zuruniversalen Kultur eröffnen. Das Konzept wird stän-dig weiterentwickelt. Dabei sind auch die Schüler in-tensiv eingebunden.

Vorhandene Kompetenz steigernDie Menschen, die Tag für Tag um ihr Überlebenkämpfen, entwickeln eine besondere Phantasie undAnpassungsfähigkeit an die äußeren Umstände.

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Kleinhandwerker und Straßenhändler entrichten kei-ne Steuern, sie bewegen sich im „Schatten“ der re-gulären Wirtschaft – und sind doch aus dem Wirt-schaftsleben der lateinamerikanischen Städte nichtmehr wegzudenken. Dabei entfalten sie in dieseminformellen Sektor nicht nur wirtschaftliche, sondernauch soziale und kulturelle Aktivitäten. Sie organisie-ren Sicherheitsdienste, geben Stadtteilzeitungenheraus. Darin kommt auch die Kreativität und Inno-vationskraft benachteiligter Gruppen zum Ausdruck.

Auf ihrem eigenen Gebiet sind diese MenschenFachleute. Ihre Erfahrung lässt sich auch für die Ent-wicklungsarbeit nutzen. Denn ein erfolgverspre-chendes Vorhaben benötigt nicht nur das Wissender „Experten“ von außen, sondern vorrangig dieKenntnisse der betroffenen Menschen selbst, gewis-sermaßen das Knowhow der „Imperten“, wie es derAutor Eike Schütz formuliert. Die Beteiligung der Be-troffenen in einem Projekt, und zwar von der Pla-nung bis zur Auswertung des Vorhabens, ist deshalbein wichtiges Kernanliegen nachhaltiger Entwick-lungsarbeit.

Zum einen wird den Personen auf diese Weise einGrundrecht gewährt: Sie können mitreden und mit-gestalten und sich als Bürger und Bürgerinnen ent-falten. Das steigert in erheblichem Maße ihre Selbst-achtung. Zum anderen erhöht Partizipation die Er-folgsaussichten eines Vorhabens. Wenn Betroffenesich selbst einbringen, steigen die Chancen, dassrichtige und nachhaltige Entscheidungen getroffenwerden. Beteiligung wird so zu einem wesentlichenInstrument der Projektarbeit. Sie ist gleichzeitigMittel und Ziel der Kooperation: Menschen, die sicherfolgreich in einem Projekt eingebracht haben, sindauch in anderen Situationen in der Lage, selbstbe-wusst aufzutreten. Die Armen müssen selbst dasSubjekt der Veränderung sein. Sie werden nicht vonaußen „entwickelt“, sondern sind selber der Motorder sozialen und politischen Veränderung.

Zivilgesellschaft stärkenDie gesamte Arbeit der Nichtregierungsorganisatio-nen zielt darauf ab, mehr Bürgerbeteiligung und De-mokratie zu erreichen. Insbesondere sollen die Be-troffenen in die Lage versetzt werden, bei den Be-hörden in ihrer unmittelbaren Umgebung Druck zumachen, dass ihre Bedürfnisse (Versorgung mitTrinkwasser, Elektrizität etc.) berücksichtigt werden.

Doch geht es nicht nur darum, öffentliche Mittel zumobilisieren. Die Betroffenen lernen auch, den Gangöffentlicher Vorhaben zu kontrollieren. Eine kritischeBegleitung durch die Bevölkerung gilt als wesentli-che Voraussetzung dafür, dass die schlimmsten Aus-wüchse von Korruption in Politik und Verwaltung of-fengelegt werden.

Bemerkenswert ist die Mitwirkung der Zivilgesell-schaft bei sogenannten Bürger-Haushalten. Hierbeiwerden in einer Kommune auch Bürger ohne politi-sches Mandat mit in die Entscheidungen über dieZusammensetzung des städtischen Haushaltes ein-bezogen. Mit diesem Verfahren, das auch als „parti-zipativer Haushalt“ bezeichnet wird, möchte manunter anderem einer Fehlleitung von Haushaltsmit-teln entgegenwirken. Hierzu ist es notwendig, dasszentrale Entscheidungen der Kommune auf die Ebe-ne der betroffenen Menschen verlagert werden. Soentsteht neben der Stadtverwaltung und der Kom-munalpolitik ein autonomes Entscheidungs- undKontrollgremium, das bei bestimmten Vorhaben derstädtischen Dienste Verantwortung übernimmt, z.B.beim Straßenbau oder bei der Einrichtung von Ge-sundheitszentren. Die Vertreter in diesen Gremiensind dabei unmittelbar den Menschen verantwort-lich, die sie entsandt haben. Das bedeutet mehr „di-rekte Demokratie“. Auf diese Weise können auch är-mere und weniger einflussreiche Bevölkerungsgrup-pen politische Ziele durchsetzen.

Benachteiligte Menschen lernen so, ihre recht-mäßigen Forderungen in der Öffentlichkeit wirksamzu vertreten. Um mehr Präsenz in den Medien zu er-reichen, können sie ihre Anliegen im Rahmen vonDemonstrationen und anderen Aktionen öffentlichmachen. Zu sozialen Protestformen zählen auchStreiks, Verkehrssperren und Besetzungen. Sie ha-ben in den beiden vergangenen Jahrzehnten in al-len Ländern des Kontinents stark zugenommen undwerden von der jeweiligen Regierung aufmerksambeobachtet. Über die Landesgrenzen hinweg be-kannt wurden vor allem die wochenlangen Märscheder Indigenen in Ecuador und Bolivien (marcha dedignidad – Marsch für die Würde) sowie die Aktio-nen der Landlosen-Bewegung in Brasilien.

Politik mitgestalten Ein wichtiges Anliegen der Entwicklungsarbeit be-steht darin, vor Ort Partnerorganisationen mit ähn-

Armut und soziale Ungleichheit: Die Kluft überwinden Informationen für Lehrende

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131Themen und Materialien – Lateinamerika verstehen lernen / bpb 2011

lichen Schwerpunkten so zu unterstützen, dass sieihre Erfahrungen austauschen und sich miteinandervernetzen können. Angestrebt wird eine solche Ver-netzung vor allem wegen ihrer Wirkung auf ein ge-samtes Politikfeld. Mit ihrem speziellen fachlichenHintergrund können die Netzwerke beispielsweisedie Wohnbaugesetze oder die Indigenen-Politik ei-nes Landes mitgestalten. Ein solches Vorgehen kannauch über Landesgrenzen hinweg sinnvoll sein,wenn es heißt, die politische Wirkung der zivilgesell-schaftlichen Anliegen zu erhöhen.

Je enger die betroffenen Gruppen in Dachver-bänden zusammenarbeiten, desto größer ist die po-litische Ausstrahlung einer Aktion auf Landesebene.Häufig sind diese Verbände eingebunden in die Dia-logprozesse zwischen Regierung und Zivilgesell-schaft mit dem Ziel, gemeinsam Strategien zur Be-kämpfung von Armut zu erarbeiten. Bekannte Bei-spiele sind die hochverschuldeten armen LänderNicaragua, Honduras und Bolivien. Allerdings wur-den gerade in diesen Ländern viele der formuliertenProgrammvorschläge nicht realisiert. Oder sie er-reichten nicht die Armen.

Im günstigen Falle aber nutzt der entwicklungs-politische Dialog die Gelegenheit, auf die nationaleBudgetplanung Einfluss zu nehmen und auf eine Er-höhung der Sozialausgaben hinzuwirken. Nicht zu-letzt bietet ein solcher Dialog die Chance, auch Men-schenrechtsfragen mit der Regierung zu behandelnund die Politik so zu beeinflussen, dass Menschen-rechte stärker beachtet werden. Auch das internatio-nale Auftreten der einzelnen Regierungen kann The-ma eines solchen Dialogs zwischen Staat und Zivil-gesellschaft im Süden sein. In Zentralamerika undden Antillen haben viele Länder die Pakte über wirt-schaftliche, soziale und kulturelle Rechte noch nichtunterzeichnet. Hier auf Fortschritte hinzuwirken istein lohnendes Ziel.

Die deutsche sowie die multilaterale Entwick-lungszusammenarbeit haben die Bekämpfung derArmut zu einer ihrer zentralen Aufgaben erklärt. Dasschließt ein, dass die Zivilgesellschaft in angemesse-ner Weise beteiligt wird. Nur so kann erreicht wer-den, dass die Entwicklungszusammenarbeit eigenenZielen folgt und nicht ökonomischen oder geostra-tegischen Interessen der Geberländer untergeordnetwird.

Weiterführende Literatur

Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenar-beit und Entwicklung (2008): Konzept für die ent-wicklungspolitische Zusammenarbeit mit denLändern Lateinamerikas und der Karibik. BMZKonzepte 161 (Feb. 2008). Bonn/Berlin.

Grabendorff, Wolf (2007): Viel Demokratie, wenigStaat und kaum sozialer Fortschritt. Friedrich-Ebert-Stiftung: Kompass 2020 (April 2007).Bonn/Berlin. http://library.fes.de/pdf-files/iez/04419.pdf [18.8.2010]

Krumwiede, Heinrich-W. (2003): Armut in Latein-amerika als soziales und politisches Problem. In: Aus Politik und Zeitgeschichte, Heft B 38–39,S. 14–19.

MISEREOR (2006): Materialien für die Schule Nr. 37:Nachhaltige Stadtentwicklung. Aachen.

Schoop, Wolfgang/Mingenbach, Michael (2008): La-teinamerika. Zwischen indigener Weltsicht undglobalem Gewinndenken. DIERCKE-Spezial.Braunschweig.

United Nations Economic Commission for LatinAmerica and the Caribbean (2010): Social Panora-ma of Latin America 2009. Briefing Paper. Siehewww.eclac.org

Armut und soziale Ungleichheit: Die Kluft überwinden Informationen für Lehrende

5

132 Themen und Materialien – Lateinamerika verstehen lernen / bpb 2011

Didaktische Anmerkungen

Thematischer ZusammenhangDem vorliegenden Baustein liegt eine problemorien-tierte Herangehensweise zugrunde. Es werden Ma-terialien angeboten, die zusammen eine Lerndyna-mik abbilden, aber auch einzeln eingesetzt werdenkönnen. Ausgehend von einer Darstellung der Ar-mut in Lateinamerika (M 1) und der Frage, wie sichdiese auf die wirtschaftlichen, sozialen und kulturel-len Menschenrechte auswirkt (M 2), kann ein Pro-blemaufriss erfolgen. Im Anschluss werden einigeAspekte der Ursachen des Armutsproblems schlag-lichtartig beleuchtet (M 3, M 4). Die darauf folgen-den Materialteile widmen sich Ansätzen der Be-kämpfung von Armut sowie den verschiedenen dar-an beteiligten Akteuren (M 5, M 6, M 7). Durch dieproblemorientierte Vorgehensweise können die Ler-nenden insbesondere Analyse- und Urteilskompe-tenz üben.

Zu den einzelnen MaterialienIn M 1 „Reiche Länder – arme Menschen?“ stehen ei-ne Fülle von statistischen Materialien im Zentrum, diees erlauben, ein differenziertes Bild der Armutssitua-tion in Lateinamerika zu zeichnen. Um einen aktivie-renden Einstieg in die Arbeit mit den Statistiken zufinden, können die Lernenden mit zwei Bildern vonarmen Kindern konfrontiert werden, sowohl inDeutschland als auch in Lateinamerika (M 1.1). DieKonfrontation führt zu ersten differenzierenden Äu-ßerungen der Lernenden zu Armutssituationen. Diesich anschließenden Materialien, die handlungsorien-tiert erarbeitet werden können (Gestaltung von Dia-grammen aus den Statistiken), zeigen sowohl diewirtschaftlichen Potenziale einiger Länder als auchdie gleichzeitig gegebene Armut weiter Bevölke-rungsteile (M 1.2 bis M 1.7). Am Ende steht die Gele-genheit einer Begriffsbildung (relative und absoluteArmut, M 1.8) sowie die Möglichkeit des Rückbezugszu den Reaktionen der Lernenden auf die Fotos unterM 1.1. Durch die Bearbeitung des Abschnitts M 1werden insbesondere Arbeitstechniken und der Um-gang mit statistischem Material geübt.

Die zunächst recht lebensferne Auseinanderset-zung mit dem statistischen Material kann im An-

schluss vertieft werden, indem die Lernenden dieAuswirkungen von Armut auf die wirtschaftlichen,sozialen und kulturellen Lebenslagen der Betroffe-nen erarbeiten. Der Abschnitt „Werden durch ArmutMenschenrechte verletzt?“ (M 2) ermöglicht zu-nächst die Erschließung wirtschaftlicher, sozialerund kultureller Rechte (M 2.1). Die sich anschließen-den Materialien zeigen konkrete, durch Armut ent-stehende Einschränkungen dieser Rechte auf (M 2.2bis M 2.4). Die Lernenden sollen Verknüpfungenund Zusammenhänge herstellen – für Lateinamerikaund ihre eigene Lebenswelt.

Der Abschnitt „Armut durch wirtschaftlichen Auf-schwung?“ (M 3) verdeutlicht die ambivalenten Fol-gen wirtschaftlicher Entwicklung, wenn diese nichtmit einer ansatzweise gerechten Verteilung des Er-wirtschafteten einhergeht. Ausgehend von denSchicksalen der umherziehenden brasilianischenWanderarbeiter (M 3.1) können sich die Lernendenauf die Suche nach Ursachen für dieses Phänomenbegeben (M 3.2, 3.3) – schließlich ist Brasilien einwirtschaftliches „Schwergewicht in Lateinamerika –und eine differenzierte Sicht auf den wirtschaft-lichen Aufschwung einiger Länder entwickeln. Indiesem Kontext kann durch die Nutzung von M 4und eine Internetrecherche erschlossen werden, in-wiefern das regressive Steuersystem ursächlich fürdie mangelnde Verteilung des Wohlstands ist.

Die folgenden Abschnitte richten den Fokus vor-nehmlich auf mögliche Maßnahmen, um dem Ar-mutsproblem zu begegnen. Hierbei wird zunächstdie Perspektive der wirtschaftlichen Entwicklungszu-sammenarbeit (M 5) sowie der dabei handelndenAkteure (M 5.1 bis 5.3) eingenommen. Auch die Tä-tigkeiten von NROs (M 6) in konkreten Projektenund Kontexten vor Ort (M 6.1 bis 6.4) werden aufge-zeigt. Den Lernenden wird neben der Erschließungverschiedener Instrumente der Entwicklung die Ge-legenheit gegeben, über deren Eignung zu urteilenund zu diskutieren.

Abschließend stehen die von Armut Betroffenenim Zentrum (M 7). Die Lernenden können die Strate-gien der Menschen, mit ihrer Lebenssituation fertigzu werden, aufzeigen (M 7.1 bis M 7.4) und derenjeweilige Eignung kritisch betrachten.

Armut und soziale Ungleichheit: Die Kluft überwinden Informationen für Lehrende

5

133Themen und Materialien – Lateinamerika verstehen lernen / bpb 2011

Armut und soziale Ungleichheit: Die Kluft überwinden M 1 – Reiche Länder – arme Menschen?

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M 1.1 – Armut in Deutschland und Lateinamerika

Bedürftige Kinder erhalten Essen in der „Arche“ in Berlin (2006) Foto ©: pa/Gero Breloer

Kinder auf dem Lande im Becken von Cochabamba (Bolivien) Foto ©: Wolfgang Schoop

134 Themen und Materialien – Lateinamerika verstehen lernen / bpb 2011

Nationaleinkommen (BIP) Pro-Kopf-Einkommen (PKE)* Land in Milliarden US-Dollar in US-DollarArgentinien 238,7 12.970Brasilien 1.122,1 9.270Bolivien 12,0 4.150Chile 135,8 12.330Costa Rica 24,7 10.510Dominikanische Republik 34,6 6.350Ecuador 41,5 7.110El Salvador 19,6 5.640Guatemala 32,8 4.520Honduras 11,3 3.610Kolumbien 180,4 8.260Mexiko 989,5 13.910Nicaragua 5,5 2.510Panama 18,4 10.610Paraguay 10,5 4.520Peru 95,0 7.200Trinidad und Tobago 19,3 22.420Uruguay 21,2 11.020Venezuela 207,6 12.290*PKE = BIP/Kopf der Bevölkerung

Quelle: © The World Bank: World Development Indicators. Washington. 2009. Kap. 1.1 S. 14–16

Armut und soziale Ungleichheit: Die Kluft überwinden M 1 – Reiche Länder – arme Menschen?

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M 1.2a – Nationaleinkommen (BIP) und Pro-Kopf-Einkommen (PKE) 2007

M 1.2b – Nationaleinkommen (BIP) und Pro-Kopf-Einkommen (PKE) in Deutschland

BIP: 3.506,9 Milliarden US-Dollar; PKE: 42.710 US-DollarQuelle: © The World Bank: World Development Indicators. Washington. 2010. Kap. 1.1 , S. 14

Anteil der Armen* Anteil der extrem Armen**Land inklusive extrem ArmerArgentinien -- 7,2Bolivien 54,0 31,2Brasilien 30,0 8,5Chile 13,7 3,2Costa Rica 18,6 5,3Dominikanische Republik 44,5 22,0Ecuador 42,6 16,0El Salvador 47,5 19,0Guatemala 54,8 29,1Honduras 68,9 45,6Kolumbien 46,8 20,2Mexiko 31,7 8,7Nicaragua 61,9 31,9Panama 29,0 12,0Paraguay 60,5 31,6Peru 44,5 16,1Uruguay -- 3,1Venezuela 28,5 21,7* Anteil der Personen, deren Einkünfte nicht höher sind als die doppelten Kosten des Warenkorbs für Nahrungsgüter

** Anteil der Personen, deren Einkünfte niedriger sind als die Kosten des Warenkorbs für NahrungsgüterQuelle: CEPAL/Naciones Unidas: Anuario Estadístico de América Latina y el Caribe. Santiago 2008, S. 74

M 1.3 – Anteil der Armen und extrem Armen an Gesamtbevölkerung (in %)

135Themen und Materialien – Lateinamerika verstehen lernen / bpb 2011

Armut und soziale Ungleichheit: Die Kluft überwinden M 1 – Reiche Länder – arme Menschen?

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Bevölkerung unter Bevölkerung unterLand 1,25 US-Dollar/Tag 2,0 US-Dollar/TagArgentinien 4,5 11,3Bolivien 19,6 30,3Brasilien 5,2 12,7Chile <2,0 2,4Costa Rica 2,4 8,6Dominikanische Republik 5,0 15,1Ecuador 4,7 12,8El Salvador 11,0 20,5Guatemala 11,7 24,3Guayana 7,7 16,8Haiti 54,9 72,1Honduras 18,2 29,7Kolumbien 16,0 27,9Mexiko <2,0 4,8Nicaragua 15,8 31,8Panama 9,5 17,8Paraguay 6,5 14,2Peru 7,9 18,5Uruguay <2,0 4,2Venezuela 3,5 10,2

Quelle: © The World Bank. World Development Indicators 2009, S. 67

M 1.4 – Internationale Armutslinien in Lateinamerika (in Prozent) 2005

M 1.5 – Reichtum der Reichen

Grafik ©: pa/dpa-Infografik

136 Themen und Materialien – Lateinamerika verstehen lernen / bpb 2011

Der Human Development Index (HDI) ist ein Maß fürdie menschliche Entwicklung und wird seit 1990jährlich von den Vereinten Nationen für alle Länderermittelt. Dieser Index berücksichtigt in einem Landnicht nur das Bruttoinlandsprodukt pro Einwohner,sondern auch die Lebenserwartung und den Bil-dungsgrad der Bevölkerung. Bei der Ermittlung wer-

den die tatsächlichen Werte der drei Größen zu obe-ren und unteren Grenzwerten in Relation gesetzt.Die Ergebnisse aus den drei Berechnungen ergebendann jeweils zu einem Drittel den HDI, der im gün-stigen Falle mehr als 0,9 (bzw. 90%) erreichen kann,im ungünstigen Falle bei 0,4 (40%) liegt.

Armut und soziale Ungleichheit: Die Kluft überwinden M 1 – Reiche Länder – arme Menschen?

5

M 1.6 – Ermittlung des HDI (Index für Humanentwicklung)

M 1.7 – Human Development Index (HDI) für Lateinamerika

Ermittlung des HDI (Index für Humanentwicklung)

Lebensdauer Einkünfte

Bildungsindex

Index für Humanentwicklung

Bildungsstand

Alphabetisierungsrate (Gewichtung 2/3)

Einschulungsrate(Gewichtung 1/3)

Lebenserwartung bei der Geburt

Bruttoinlandsprodukt pro Kopf der Bevölkerung

Entwurf: W. Schoop 2010

Sehr hoch entwickelte Länder (HDI >0,9)Hochentwickelte Länder (HDI <0,9 und >0,8)

Rang Land HDI44. Chile 0,878 49. Argentinien 0,86650. Uruguay 0,865 51. Kuba 0,863 53. Mexiko 0,85454. Costa Rica 0,854 58. Venezuela 0,844 60. Panama 0,840 75. Brasilien 0,813 77. Kolumbien 0,807 78. Peru 0,806 80. Ecuador 0,806

Länder mittleren Entwicklungsstandes (HDI <0,8 und >0,5)Gering entwickelte Länder (HDI <0,5)

Rang Land HDI90. Dominikanische Republik 0,777 93. Belize 0,772

101. Paraguay 0,761 106. El Salvador 0,747 112. Honduras 0,732 113. Bolivien 0,729 122. Guatemala 0,704 124. Nicaragua 0,699 149. Haiti 0,532

Quelle: Economic Commission for Latin America and the Caribbean (ECLAC), Statistical yearbook for Latin America and the Caribbean, 2008 (LC/G.2399-P), Santiago, Chile, February 2009, p. 74. United Nations publication, Sales No. E.S.09.II.G.1.

http://www.eclac.org

137Themen und Materialien – Lateinamerika verstehen lernen / bpb 2011

Armut bezeichnet ganz allgemein den Mangel anGütern, die zum Überleben benötigt werden. Armutkann relativ und absolut verstanden werden. Als re-lativ arm gilt, wessen Lebensstandard erheblich un-ter dem Durchschnitt der eigenen Gesellschaft liegt.Als absolut arm gelten Menschen, die nicht überausreichend Güter wie Nahrung, Kleidung und Woh-nung für eine menschenwürdige Existenz verfügen.Relative Armut ist auch in Industrieländern häufig,absolute Armut ist vor allem ein Problem von Ent-wicklungsländern. Dort besteht eine enge Wechsel-wirkung zwischen Hunger und Armut.

UNO und Weltbank bezeichnen Menschen als ab-solut arm, die weniger als den Gegenwert eines US-Dollars am Tag zur Verfügung haben. Dies trifft demWorld Bank Annual Report 2007 zufolge auf knapp 1 Milliarde Menschen zu, also etwa 15 Prozent derWeltbevölkerung. Die meisten absolut Armen lebenim bevölkerungsreichen Süd- und Ostasien. Der An-teil der Armen an der Bevölkerung ist in Afrika mitrund 41 Prozent mit Abstand am höchsten.

Die Zahl der absolut Armen sinkt weltweit außerin Afrika. Diese Zahlen der Weltbank bilden rechtgut die Zu- oder Abnahme der Armut ab, nicht aberdie Unterschiede zwischen Ländern. Eine weltweiteinheitliche Armutsgrenze ist wenig sinnvoll, undArmut ist mehr als Mangel an Einkommen. Zugangzu öffentlichen Gütern wie Bildung und Gesund-heitsversorgung ist ebenso wichtig. Auch der Aus-schluss von Rechten und vom sozialen Leben sindAspekte von Armut.

Nimmt man Kindersterblichkeit und Mangeler-nährung als Indizien, dann sind der größte Teil Afri-

kas, Afghanistan, große Teile Nordindiens und Paki-stans sowie Teile Zentralamerikas und der Andenre-gion am stärksten von absoluter Armut betroffen. InAfrika und Asien leben drei Viertel der Ärmsten aufdem Land, in Lateinamerika über 60 Prozent in städ-tischen Slums.

www.welthungerhilfe.de/armut.html [31.08.2010]

Armut und soziale Ungleichheit: Die Kluft überwinden M 1 – Reiche Länder – arme Menschen?

5

Arbeitsvorschläge

1. Äußern Sie sich zu den Bildern M 1.1.2. Diskutieren Sie in Partnergruppen jeweils geeignete Möglichkeiten, die Statistiken in Diagrammen dar-

zustellen (Tortendiagramme, Balkendiagramme, liegend, stehend etc.). Gestalten Sie dann auf Grund-lage der Statistiken die Diagramme.

3. Diskutieren Sie, welche Statistik am aussagekräftigsten ist, um das Ausmaß von Armut zu bestimmen.

4. Informieren Sie sich über die Unterscheidung von absoluter und relativer Armut (M 1.8). Verfassen Siedann – unter Hinzuziehung des Zahlenmaterials – einen Handbuchartikel zum Thema „Armut in La-teinamerika“.

5. Setzen Sie Ihre Ergebnisse in Beziehung zu den anfänglichen Äußerungen (Aufgabe 1).

M 1.8 – Absolute und relative Armut

Slum in Lima, Peru (15.05.2008) Foto ©: pa/epa Max Cabello

138 Themen und Materialien – Lateinamerika verstehen lernen / bpb 2011

Zu den WSK-Rechten gehören:� Das Recht auf Arbeit: Faire Arbeitsbedingungen,

das Verbot von Kinder- und Zwangsarbeit sowiedas Recht auf die Bildung von Gewerkschaften

� Das Recht auf Bildung: Zugang zu Bildung für alle� Das Recht auf Gesundheit: Recht auf gesunde Le-

bensbedingungen, gleicher Zugang zu Gesund-heitsvorrichtungen für alle

� Das Recht auf den Zugang zu genügend und zugutem Wasser

� Das Recht auf soziale Sicherheit � Das Recht auf eine angemessene Unterkunft in-

klusive der Schutz vor Zwangsumsiedlungen� Die Förderung und der Schutz kultureller Rechte,

insbesondere für Minderheiten oder indigeneVölker

� Das Recht auf Teilnahme am kulturellen Leben� Das Recht auf Teilhabe an den Errungenschaften

des wissenschaftlichen Fortschritts und seinerAnwendung

� Das Recht auf den Schutz des geistigen Eigen-tums

Amnesty International: Wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte.www.amnesty.ch/de/themen/menschenrechte/wsk

Ich bin die Waschmaschine, die der Señor nicht kauft,solange ich billiger wascheund der Señora die Zeit erspareund ihren Händen die raue Haut;

Ich bin der Staubsauger,den die Señora nicht braucht,bin Autowaschanlage,bin Kindergarten, bin Wäscherei,bin Pflegestation,bin Einkaufswagen;

Ich bin die Emanzipation der Señora,bin der Knopf,der alle Wünsche per Druckerfüllt;

Ich bin die Hure,die der Señor nicht bezahlt,auf Geheiß der Señorawider Willenzu Willen der Söhne.

Reinhard Jung (Hrsg.): Muchacha. Die unsichtbaren Dienerinnen Lateinamerikas. Göttingen: Lamuv-Verlag, 2. Aufl., 1984, S. 28

Armut und soziale Ungleichheit: Die Kluft überwinden M 2 – Werden durch Armut Menschenrechte verletzt?

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M 2.1 – Die wirtschaftlichen, sozialen undkulturellen Rechte (WSK-Rechte)

M 2.3 – Arbeit statt Schule

M 2.2 – Muchacha – „Bauerntrampel“ in derStadt

Kinder sortieren während der Kaffee-Ernte in El Paraiso 130 Kilometer östlich von Tegucigalpa Kaffeekirschen (19.03.2002) Foto ©: pa/epa afp Orlando Sierra

139Themen und Materialien – Lateinamerika verstehen lernen / bpb 2011

Land

Argentinien

Bolivien

Brasilien

Chile

Dominikanische Republik

Ecuador

Guatemala

Haiti

Honduras

Kolumbien

Mexiko

Nicaragua

Paraguay

Peru

Venezuela

Armut und soziale Ungleichheit: Die Kluft überwinden M 2 – Werden durch Armut Menschenrechte verletzt?

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Arbeitsvorschläge

1. Erläutern Sie knapp die WSK-Rechte (M 2.1).

2. Analysieren Sie die Materialien M 2.2 bis 2.4. Inwiefern werden die WSK-Rechte durch die in den Mate-rialien dargestellten Zustände verletzt?

3. Erörtern Sie, inwiefern Armut – in Lateinamerika und Deutschland – die WSK-Rechte verletzen kann.

4. Erschließen Sie ausgehend von den Materialien den Zusammenhang zwischen der Armut vieler undder Emanzipation sowie dem Reichtum weniger Menschen.

M 2.4 – Kinderarbeit in Lateinamerika (Angaben in Prozent) 2005

12,9

4,8

22,0

8,1

7,0

7,2

4,0

32,8

4,1

3,2

5,8

6,2

12,0

27,0

16,8

31,3

33,4

17,7

6,8

48,6

8,9

34,1

10,1

30,8

15,3

24,2

24,1

4,2

5,4

24,7

Quelle: © The World Bank: World Development Indicators. Washington. 2009. Kap. 2.6 , S. 60–62

Anteil der beschäftigten Kinder unter den 7–14-Jährigen

Anteil der beschäftigten Kinder (7–14 J.) ohne Schulbesuch

140 Themen und Materialien – Lateinamerika verstehen lernen / bpb 2011

Millionen teilen das Schicksal – Die Leute mit dem Kochgeschirr (Bóias-frias)Geraume Zeit vor der Sonne aufstehen, ins Kochgeschirr füllen, was an Essen vorhanden, auf die Straße ziehen, mit dem Werkzeug in der Hand. Im Herzen alle Hoffnung sammeln, dass es Arbeit ge-

ben wird, die Hartnäckigkeit des Mannes besitzen und das Ge-

schickdes Händlers beim Feilschen um den Preis. Die Erde kennen, die er bearbeiten wird, den Setzling, den er pflanzen, die Frucht, die er ernten wird. All dies macht den „bóia-fria“ aus.

João Urban und Teresa Urban Furtado: Bóias-frias. Tagelöhner im Süden Brasiliens.

St. Gallen/Berlin: Edition diá, 1984, S. 7,Übersetzung: Ray-Güde Mertin

lig. Und dann dauert es meist nicht lange, und die Po-lizei steht mit dem Räumungsbefehl vor der Tür.

Sojafelder kreisen Kleinbauern ein„Genaue Zahlen über Vertreibungen gibt es nicht“, be-richtet der argentinische Soziologe Diego Dominguez.Doch zwischen 1988 und 2002 verschwanden 80000bis 100000 kleine landwirtschaftliche Betriebe, erzählter. Neben wirtschaftlichen Problemen, die Betroffenezur Aufgabe ihres Betriebes zwangen, seien dafür dieVertreibungen verantwortlich. „Zudem können vieleKleinbauern – eingekreist von Soja-Feldern – auch sonicht mehr wirtschaften“, sagt er. Natürlich sind diemeisten Vertreibungen illegal, und auch im Agrarmi-nisterium in der Hauptstadt Buenos Aires ist das Pro-blem bekannt. In der Provinz jedoch verhindert nichtselten ein Netz aus Korruption und Vetternwirtschaftzwischen Polizei, Politik und Wirtschaft, dass Kleinbau-ern zu ihrem Recht kommen. Häufig werden ihre An-zeigen schon von der Dorfpolizei abgewiesen. Aberauch wenn sie es bis vor das Gericht schaffen, bleibtungewiss, ob sie wirklich zu ihrem Recht kommen. Esgab auch schon fragwürdige Urteile.

Anna Dobelmann: Soja-Boom macht Argentiniens Kleinbauern zu schaffen. In: Der Tagesspiegel, 04.07.2007. www.tagesspiegel.de/wirtschaft/soja-boom-

macht-argentiniens-kleinbauern-zu-schaffen/977636.html [17.12.2010]

Armut und soziale Ungleichheit: Die Kluft überwinden M 3 – Armut durch wirtschaftlichen Aufschwung?

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M 3.1 – Brasilianische Wanderarbeiter (Bóias-frias) bei der Mittagspause

M 3.2 – Soja-Boom macht Argentiniens Kleinbauern zu schaffen

Bóias-friasFoto ©: João Urban (GNU Free Documentation License, Version 1.2 o.a.later);

http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Boias-frias-2b.jpg [17.12.2010]

„Mit weniger als 100 Ziegen könnten wir kaum nochüber die Runden kommen“, klagt Ramirez. Fehlt dieLebensgrundlage, sind die Bauern gezwungen, in derStadt Arbeit zu suchen, nicht selten landen sie dannin den „Villas miserias“, wie die Slums am Rande derGroßstädte in Argentinien genannt werden. Den gro-ßen landwirtschaftlichen Unternehmen ist das nurrecht. Sie kaufen das Land und nehmen es für Sojaunter den Pflug.

Kaum Besitzurkunden und mangelnde BildungMeistens jedoch geht die Verdrängung auf zumindestjuristisch legale Art vor sich. Die landesweit noch et-wa 250000 Kleinbauern leben seit Generationen hier,doch einen Nachweis über ihr Eigentum an dem Landwie etwa einen Grundbuchauszug haben sie oft nicht.Deshalb kann es vorkommen, dass der Staat „ihr“Land als „herrenlos“ den „Sojeros“, den Großbauern,verkauft.

Tut der Staat das nicht, oder haben die Kleinbau-ern eine Eigentumsurkunde, wird auch schon mal zuanderen Mitteln gegriffen. So werden den Bauernzum Beispiel die Zahlung einer Rente oder andere„Vorteile“ versprochen. Oft des Schreibens und Le-sens unkundig, verkaufen viele von ihnen viel zu bil-

141Themen und Materialien – Lateinamerika verstehen lernen / bpb 2011

Peru besitzt eine Vielfalt natürlicher und kulturellerReichtümer. Trotz der natürlichen Reichtümer desLandes leben 52% der peruanischen Bevölkerung inArmut.

Der Bergbau ist ein wesentlicher Wirtschaftsfak-tor. Dies zeigt vor allem der Blick auf seine Funktionals Einnahmequelle von Devisen. 50% der Devisen-einnahmen Perus werden über den Bergbausektordurch den Export unverarbeiteter Rohstoffe erzielt.Jedoch fällt sein Anteil am Bruttoinlandsprodukt(BIP) mit 6% gering aus. Es werden nur wenige Ar-beitsplätze geschaffen, denn lediglich 0,5% der öko-nomisch aktiven Bevölkerung sind direkt im Berg-bausektor beschäftigt. Die Minenunternehmer ge-nießen viele Steuervorteile. Sie bezahlen nur 3%Gewerbesteuer, während jeder Arbeiter 12% seinesEinkommens zahlen muss. Nur 2% der Steuerein-nahmen stammen aus dem Bergbausektor.

Der Bergbau steht in einem Spannungsverhältniszwischen der ökonomischen Notwendigkeit, die na-türlichen Ressourcen auf dem Weltmarkt zu verkau-fen, und den Auswirkungen, die er in den Bergbau-gebieten und -gemeinden verursacht. Der Abbauvon Mineralien verursacht Umweltschäden durchstarke Wasser-, Boden- und Luftverschmutzung. Zudiesen Auswirkungen gehört auch, dass der Bergbaualternative lokale wirtschaftliche Entwicklungsmög-lichkeiten wie z.B. Landwirtschaft verhindern kann.

Die Kampagne kam auf Initiative kirchlicher

Gruppen, die langjährige Partnerschaften mit Ge-meinden und Organisationen in der Region Caja-marca haben, und der Infostelle Peru zustande.

Die Infostelle Peru hat seit vielen Jahren über dieProblematik des Goldabbaus in Peru informiert. Seit2001 unterstützt sie den Widerstand der Bevölke-rung von Tambogrande gegen den dort geplantenGoldabbau. Ergebnis des gewaltlosen Widerstandeswar, dass im Jahr 2003 das Minenprojekt vorläufiggestoppt wurde. Im Juni 2005 wurde das Projektendgültig beendet.

In der Region Cajamarca hat Yanacocha, die seit1993 arbeitende größte Goldmine Lateinamerikas,die Bevölkerung gespalten; hier wie in anderen Re-gionen Perus sind durch den Gold- und Kupferberg-bau beträchtliche Umweltschäden verursacht wor-den. Die Cajamarca-Gruppen organisierten Aktio-nen, um die deutsche Bevölkerung über die Folgendes Bergbaus in Cajamarca zu informieren und dieBevölkerung in Cajamarca von hier aus zu unterstüt-zen. […]

Vor diesem Hintergrund bildete sich im Jahr 2003 die Kampagne „Bergwerk Peru – Reichtumgeht, Armut bleibt“. Die Kampagne will angesichtsder wachsenden wirtschaftlichen Bedeutung desBergbaus und des dadurch zunehmenden Drucksauf die lokale Bevölkerung in Peru die zahlreichenKonflikte thematisieren und bewusst machen.

Informationsstelle Peru e.V.,www.kampagne-bergwerk-peru.de/content/view/3/4/ [08.09.2010]

Armut und soziale Ungleichheit: Die Kluft überwinden M 3 – Armut durch wirtschaftlichen Aufschwung?

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M 3.3 – Peru: Reichtum geht – Armut bleibt

Die Yanacocha-Goldmine Foto ©: Elbuenminero (file is licensed under the Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Unported license), http://commons.wikimedia.org/wiki/File:OperacionesYanacocha.jpg [17.12.2010]

142 Themen und Materialien – Lateinamerika verstehen lernen / bpb 2011

In Argentinien sank zwischen 2002 und 2006 der An-teil der Bevölkerung, der unterhalb der Armutsgren-ze lebte, von 45,5 auf 21 Prozent, der Anteil der ex-trem Armen von 20,9 auf 7,2 Prozent. Im Zeitraumvon 2001 bis 2008 konnte die Armutsquote in Brasi-lien von 37,5 auf 25,8 Prozent und die extreme Ar-mut von 13,3 auf 7,3 Prozent reduziert werden.Zweifelsohne waren die sozialen Fortschritte in bei-den Fällen nicht nur eine Leistung der Regierungs-politik. Diese bekam Rückenwind vom Weltmarkt,auf dem die Exportprodukte der südamerikanischenStaaten große Nachfrage und entsprechend hohePreise genossen. Dies begünstigte das Wirtschafts-wachstum, steigerte die Staatseinnahmen und ver-

schaffte den Präsidenten einen größeren Spielraum,um eine Reihe von überwiegend auf finanzielleTransfers gestützten Sozialprogrammen umzuset-zen. Dort, wo die Korrektur der sozialen Schieflagestruktureller Reformen bedarf, waren die Fortschrittein beiden Staaten wesentlich bescheidener. […] Sokonnte die soziale Ungleichheit in beiden Fällen nurgeringfügig abgebaut werden, wenn auch in Brasi-lien – dessen gesellschaftliche Ungleichheit viel stär-ker ausgeprägt ist – etwas größere Verbesserungenzu beobachten sind.

Claudia Zilla: Erfahrung der Zeit – politische Kultur in Argentinien und Brasilien. In: Bundeszentrale für politische Bildung (Hrsg.): Aus Politik und

Zeitgeschichte, Heft 12/2010.www.bpb.de/publikationen/7TC80Y,3,0,Erfahrung_der_Zeit_politische_

Kultur_in_Argentinien_und_Brasilien.html [31.08.2010]

Armut und soziale Ungleichheit: Die Kluft überwinden M 3 – Armut durch wirtschaftlichen Aufschwung?

Arbeitsvorschläge

1. Schildern Sie anhand von M 3.1 die Situation der Millionen Wanderarbeiter in Brasilien. Wodurchunterscheidet sich Ihr Alltag?

2. Stellen Sie den Zusammenhang von wirtschaftlichem Boom, Armut und Umweltschäden in einfachenFließdiagrammen oder Schaubildern dar (M 3.2 bis M 3.4).

3. Lesen Sie M 3.5. Nehmen Sie zur Überschrift Stellung: „Armut durch wirtschaftlichen Aufschwung?“.

4. Bilden Sie Hypothesen zur Frage, weshalb der wirtschaftliche Aufschwung nicht bei der Masse der Be-völkerung ankommt.

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M 3.5 – Licht und Schatten durch wirtschaftlichen Aufschwung

M 3.4 – Monokulturen für den Energiehunger der Welt

Grafik ©: pa/dpa-Infografik

143Themen und Materialien – Lateinamerika verstehen lernen / bpb 2011

Das gravierendste Problem in beinahe allen latein-amerikanischen Ländern ist die regressive Steuer-struktur. 66% der Steuern werden durch die indirek-te Besteuerung des Konsums (z.B. Mehrwertsteuer)erhoben, während direkte Steuern auf Einkommen,Kapital und Gewinn nur einen kleinen Anteil (4,5%)ausmachen. Diese Steuerstruktur belastet Familienmit niedrigen Einkommen überdurchschnittlichstark und führt zu der bizarren Situation, dass sozia-le Ungleichheit in Ländern wie Argentinien, Hondu-ras, Mexiko und Nicaragua nach der staatlichen

Steuererhebung noch größer ist als vorher. Damitlässt Lateinamerika eine große Chance ungenutzt,wie ein Vergleich mit Europa zeigt: Vor der Steuerer-hebung ist die soziale Ungleichheit zwischen Armund Reich in Europa und in Lateinamerika etwagleich groß. Nach der Besteuerung ist die Ungleich-heit in Europa deutlich verringert – da die europäi-schen Länder vor allem eine große Besteuerung vonEinkommen und Besitz vornehmen und damit einenunmittelbaren Umverteilungseffekt erzielen.

Simone Mayer: Lateinamerikas gespaltene Gesellschaft. In: Friedrich-Ebert-Stiftung: Perspektive. Berlin, April 2010, S. 4

Armut und soziale Ungleichheit: Die Kluft überwinden M 4 – Steuersystem in Lateinamerika / M 5 – Ansätze zur Armutsbekämpfung

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M 4 – Besteuerung von Konsum oder Gewinn?

Die Schneiderin Fuentes Ramirez hat großes Glück:Ihr Geschäft wirft gerade genug zum Leben ab. Dasist viel in Ecuadors größter Stadt Guayaquil – 65%der Menschen hier leben unter der Armutsgrenze.Doch in diesem Jahr hat Ramirez, eine kleine, stäm-mige Mittfünfzigerin mit kurzen grauen Haaren, zumersten Mal in 30 Jahren die Chance, mehr als den Le-bensunterhalt zu verdienen: Ihre Geschichte stehtauf der Internetseite Kiva.org. Dort hat sie einen Kre-dit über 600 Dollar bekommen, um beim besten Ge-schäft des Jahres mitzumischen – dem Schneidernvon Schuluniformen.

Dank Kiva.org kann Ramirez in diesem Jahr denStoff auf Vorrat kaufen, weil ihr 15 Kreditgeber ausDeutschland, Belgien, Frankreich und den Vereinig-ten Staaten das nötige Geld geliehen haben – bin-nen weniger Tage, mit einem Mausklick per Paypal,rückzahlbar in den kommenden zwölf Monaten. AufKiva.org kann jeder in wenigen Minuten Mikrokredi-

te an Kleinunternehmer in Entwicklungsländern ver-geben. Seit eineinhalb Jahren ist die Seite online,jetzt hat sie die beachtliche Marke von vier MillionenDollar Kreditvolumen erreicht. Das Erfolgsrezept: Ki-va ist das MySpace der Entwicklungshilfe.

Auf Kiva.org präsentiert jeder Kreditnehmer sichund seine Geschäftsidee auf einer eigenen Seite mitFotos, persönlichen Geschichten und Tagebüchern.Jedermann kann sehen, wie viel Kapital andereschon für das Projekt vergeben haben. Und vor al-lem, wer. Denn auch die Geber stellen sich auf eige-nen Seiten dar, kommentieren die Tagebücher ihrerKreditnehmer.

Kiva.org ist sehr persönlich. Und sehr schnell: Ge-fällt einem eine Geschäftsidee, kann man dem Kre-ditnehmer per Mausklick einen Paypal-Kredit über25 bis 200 Dollar gewähren.

Konrad Lischka: Entwicklungshilfe 2.0. Per Mausklick zum Mikrokredit.In: SPIEGEL ONLINE, 04.04.2007.

www.spiegel.de/netzwelt/web/0,1518,475307,00.html [31.08.2010]

M 5.1 – Per Mausklick zum Mikrokredit

Arbeitsvorschläge

1. Recherchieren Sie die Grundprinzipien des progressiven Steuersystems in Deutschland.

2. Vergleichen Sie ausgehend von M 4 das System mit dem regressiven Steuersystem in Lateinamerika.

3. Diskutieren Sie, ob progressive oder regressive Steuersysteme gerechter sind. Beachten Sie dabei dietendenziellen Steuerzahlungen verschiedener Bevölkerungsgruppen sowohl in absoluten als auch inrelativen Zahlen.

144 Themen und Materialien – Lateinamerika verstehen lernen / bpb 2011

Im Jahr 2000 hoben die Staatschefs der 12 südame-rikanischen Länder die Infrastrukturinitiative zur re-gionalen Integration Südamerikas, kurz IIRSA, ausder Taufe. IIRSA ist ein gigantisches Infrastruktur-und Entwicklungsvorhaben: Der südamerikanischeKontinent soll erschlossen, Grenzen und Barrierenzum schnelleren Warentransport und Rohstoffab-transport überwunden werden.

Dazu dienen mehr als 500 Einzelprojekte, die, auf12 Achsen verteilt, die einzelnen Kerne von IIRSA bil-den: neue oder ausgebaute Fern- und Wasserstra-

ßen, Projekte zur Energiegewinnung, wie Staudäm-me und Wasserkraftwerke, Gas- und Ölpipelines.Südamerika rüstet sich für den Weltmarkt. Es will alsLieferant für Agrarprodukte, Energie und Rohstoffeeine neue Stufenleiter erklimmen. Doch was bringtIIRSA tatsächlich? Wem bringt es was? Und wie wirktes sich auf die ökologisch hochsensiblen Gebietedes Kontinents, wie den Amazonas oder das Panta-nal, aus?

Eva Völpel: Größenwahn auf südamerikanisch – die Infrastrukturinitiative zurregionalen Integration Südamerikas (IIRSA). (Kurzbeschreibung). In: Radio onda

– Agéncia radiofónica Latinoamérica-Europa, 16.11.2009.www.npla.de/onda/content/992 [17.12.2010]

Armut und soziale Ungleichheit: Die Kluft überwinden M 5 – Ansätze zur Armutsbekämpfung

Arbeitsvorschläge

1. Stellen Sie die in den Materialien zum Ausdruck kommenden Ansätze zur Entwicklung Lateinamerikas(M 5.1 und M 5.2) gegenüber. Beachten Sie auch, wessen Interessen jeweils im Mittelpunkt stehen.

2. Sammeln Sie im Plenum, welche Interessen deutsche Bürger (durch staatliche oder private Aktivitäten)an der Entwicklung und Armutsbekämpfung in Lateinamerika haben könnten.

3. Vergleichen Sie die Ergebnisse mit M 5.3.

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M 5.2 – Regionale Integration Südamerikas (mithilfe internationaler Institutionen)

Auszug aus dem Förderkonzept des Bundesmi-nisteriums für wirtschaftliche Zusammenarbeitund Entwicklung 2008

Lateinamerika ist ein wichtiger Wirtschafts- undHandelspartner und seit Jahrzehnten bedeutenderStandort deutscher Investitionen. Die strategischeBedeutung der Region als Exporteur von Rohstoffen(Erze, Erdöl) und Agrar(industrie)produkten (Nah-rungs- und Futtermittel, Agrartreibstoffe) ist in denletzten Jahren deutlich gewachsen. Die Bedeutungder Region als Importeur europäischer Waren undDienstleistungen wird in Abhängigkeit von der künf-tigen wirtschaftlichen Entwicklung und der regiona-len wirtschaftlichen und politischen Integration wei-ter zunehmen.

Europa hat auch sicherheitspolitische Interessenin der Region. Die Bekämpfung von Drogenproduk-tion und -transit (Kokain, Marihuana, Heroin), dieStabilisierung politischer, wirtschaftlicher und sozia-ler Verhältnisse auch zur Vermeidung von Migra-tionswellen, wie sie in der Vergangenheit immerwieder auch Europa (vor allem Spanien) erreicht ha-

ben, und die Zusammenarbeit bei der Bekämpfungdes internationalen Terrorismus sind heute und inZukunft wichtige Bereiche der Zusammenarbeit.

Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung(BMZ): Konzept für die entwicklungspolitische Zusammenarbeit mit den Län-

dern Lateinamerikas und der Karibik. Konzepte 161, Februar 2008, S. 35

M 5.3 – Wirtschaftliche und politische Interessen der Zusammenarbeit

Beladung eines Tankschiffes mit Ethanol für Europa im Hafen von Corinto, Nicaragua (19.02.2007) Foto ©: pa/epa Sugar Estates Limited

145Themen und Materialien – Lateinamerika verstehen lernen / bpb 2011

Seit einigen Jahren organisieren sich die Chiquitan-os in Velasco (Bolivien) in drei Dachverbänden. Siewollen die staatliche Anerkennung ihres Landeigen-tums durch die Agrarreformbehörde erreichen undmehr soziale, politische und wirtschaftliche Beteili-gung erlangen. Die Welthungerhilfe und ihr lokalerPartner „Fundación Tierra“ unterstützen sie in die-sem Prozess. Tierra leistet zum Beispiel Rechtsbera-tung und berät die Dorfgemeinschaften in Konflikt-fällen mit Dritten.

Zweites Ziel des Projekts ist es, die Bewohner zueiner gewaltfreien Bewältigung des Konflikts umLandrechte zu bewegen. Dazu müssen sich sowohldie Einstellungen als auch das Handeln der Men-

schen ändern. Die Welthungerhilfe und Tierra unter-stützen die Herausbildung neuer Räume, in denenDialog ermöglicht wird. In Versammlungen, Foren,Workshops und Runden Tischen können sich dieKonfliktparteien treffen, sich friedlich über ihre Posi-tionen austauschen und gemeinsam einen Konsenssuchen.

Führungspersonen der Dachverbände können inder „Schule für Gruppenleiter“ ihre Führungsqualitä-ten verbessern. Vor allem benachteiligte Personen-gruppen wie Frauen und Jugendliche werden hiergefördert – zum Beispiel mit Fortbildungen zurfriedlichen Konfliktbearbeitung und zur Ausübungvon Führungsfunktionen in ihren Gemeinden.

www.welthungerhilfe.de/hilfsprojekt-bolivien-landrechte.html [08.09.2010]

Armut und soziale Ungleichheit: Die Kluft überwinden M 6 – Arbeit von NROs – über Rechte aufklären

5

M 6.1 – Landrechte für indigene Kleinbauern in Bolivien

M 6.2 – Bildungssituation auf dem Lande (Bolivien)

- Fehlende Schulen- lange Schulwege

Familiäre Beschäftigung der Mädchen

Eingeschränkte Berufswahl

Kein Schulbesuch (Absentismus 55 %)

Abgang von der Schule (Desertion nach 2–3

Schuljahren 45%)

Wenige Chancen auf dem Arbeitsmarkt

SekundärerAnalphabetismus Nachlassende Motivation

Vielzahl von Einzelschicksalen Schlechte Leistungen

- Mangelnde Konzentration- apathisches Verhalten- häufiges Fehlen

Volkswirtschaftliche Konsequenzen Schlechter Gesundheitszustand der Kinder

Frühkindliche Störungen Verzögerte Entwicklung

Unterernährung der Mutter

Mangelernährung der Kinder

Wolfgang Schoop, in: Misereor 2007, S. 66

146 Themen und Materialien – Lateinamerika verstehen lernen / bpb 2011

Armut und soziale Ungleichheit: Die Kluft überwinden M 6 – Arbeit von NROs – über Rechte aufklären

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Arbeitsvorschläge

1. Charakterisieren Sie die in M 6.1 geschilderten Maßnahmen und erläutern Sie, inwiefern sie zur Ar-mutsbekämpfung beitragen.

2. Verfassen Sie anhand von M 6.2 einen Handbuchartikel zum Thema „Die Bildungssituation auf demLande in Bolivien”.

3. Vergleichen Sie die in M 6.3 dargestellten Ausbildungsangebote mit Ihrer schulischen Bildung. Erklä-ren Sie die Ursachen für Gemeinsamkeiten und Unterschiede.

4. Diskutieren Sie Kernanliegen und Arbeitsschwerpunkte von Nichtregierungsorganisationen (M 6.4)hinsichtlich ihrer Wirksamkeit für die Armutsbekämpfung.

Abschließende Fragestellung zu M 5 und M 6Diskutieren Sie, welches Vorgehen Sie zur Bekämpfung von Armut in Lateinamerika am geeignetsten finden.

M 6.3 – Ausbildungs-angebot alternativer Bildungszentren

© CETHA, gefunden in: MISEREOR Materia-lien für die Schule Nr. 38: Bildung ist Zu-

kunft. Aachen 2007, S. 69

Kernanliegen von NRO� Beteiligung („Partizipation“) ermöglichen� „Partnerschaft“ (gute Kommunikation)

praktizieren� Auf Eigendynamik der Projekte hinwirken

- Positive Erfahrungen vervielfältigen („Modellwirkung“)

- Regionale Entwicklung beeinflussen- Partnernetzwerke bilden

� Wirtschaftliche und soziale Menschenrechte einfordern

Arbeitsschwerpunkte von NRO� Menschenrechtsarbeit� Bürgerbeteiligung� Demokratieförderung� Zugang zu Ressourcen

- Landbesitz- Trinkwasser-Systeme- Gesundheitsdienste- Wohnbauprogramme- Kreditfonds etc.

Wolfgang Schoop/Michael Mingenbach: Lateinamerika. DIERCKE-Spezial. 2008, S. 114

M 6.4 – Kernanliegen und Arbeitsschwerpunkte von Nichtregierungsorganisationen

147Themen und Materialien – Lateinamerika verstehen lernen / bpb 2011

Bereiche des informellen SektorsWirtschaftliche Aktivitäten Handel

ProduktionSelbstversorgung

Bauen und Siedeln Gemeinschaftliche Landnahme Wohnungsbau ohne Genehmigung Infrastruktur in Selbsthilfe

Soziopolitische Organisation Stadtviertel-Organisationen Zusammenschlüsse von SelbsthilfeorganisationenPolitische Demonstrationen

Gemeinschaftliche Dienste KinderhorteMüllbeseitigungVolksküchen Wachdienste

Kommunikation Stadtviertel-Zeitungen Stadtviertel-Radio Lokale Musik Straßentheater

Auf der Basis von Eike Schütz, 1987MISEREOR (2006): Materialien für die Schule Nr. 37: Nachhaltige Stadtentwicklung. Aachen, S. 47

Armut und soziale Ungleichheit: Die Kluft überwinden M 7 – Menschen werden aktiv

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M 7.1 – Entwicklung sozialer Proteste in Santa Cruz (Bolivien) 1970–2000

M 7.2 – Tätigkeiten im informellen Sektor

Protestformen

Passiv: Arbeitsniederlegung, Hungerstreik

Aktiv: Demonstrationszüge, Straßensperren, BesetzungenQuelle: Programa de Naciones Unidas para el Desarrollo (PNUD): IDH–Informe sobre Desarrollo Humano en Bolivia. La Paz, 2004, S. 134

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148 Themen und Materialien – Lateinamerika verstehen lernen / bpb 2011

Armut und soziale Ungleichheit: Die Kluft überwinden M 7 – Menschen werden aktiv

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700 Demonstranten der „Befreiungsbewegung derLandlosen“ MLST haben am Dienstag das brasiliani-sche Parlament gestürmt und für rund eineinhalbStunden besetzt gehalten. Bei Auseinandersetzun-gen mit Sicherheitskräften wurden mindestens 26Menschen verletzt, manche davon schwer.

Zu der gewaltsamen Erstürmung in der Haupt-stadt Brasilia war es gekommen, als Sicherheitsleuteden Demonstranten verbieten wollten, dem Parla-ment eine Liste mit Forderungen zu überreichen.Die Menge zerschlug Glasscheiben, warf ein Autoum und verschaffte sich Zugang zum Gebäude. Inden Fluren bildeten die Demonstranten eine Men-schenkette, um den Abgeordneten das Verlassendes Saales zu verwehren. Nach eineinhalb Stundenzogen sich die Demonstranten freiwillig zurück. Etli-che der Anführer und mehrere hundert Demon-stranten wurden beim Verlassen des Geländes von

der Polizei festgenommen. […]Die Demonstranten waren insbesondere mit der

Forderung nach mehr Mitteln für die Agrarreformund die Enteignung von Ländereien angetreten. DieMLST ist eine 1997 gegründete linke Abspaltung dergrößten Landlosenbewegung MST. Die MST organi-siert regelmäßig die Besetzung brachliegendenAckerlandes und versucht, auf diesem Wege die Um-verteilung an landlose Bauern zu erreichen. DerMLST geht das nicht weit genug. […]

Die ungerechte Landverteilung gehört zu dengroßen ungelösten Entwicklungsproblemen Brasi-liens. Nur 20 Prozent der Bevölkerung besitzen rund90 Prozent der landwirtschaftlich nutzbaren Fläche,während die ärmsten 40 Prozent der Einwohner sichein Prozent des Landes teilen müssen. […]

Bernd Pickert: Landlose stürmen Parlament. Verletzte und Verhaftete in Brasi-lien: Demonstranten besetzen das Kongressgebäude. In: taz.de, 08.06.2006.

www.taz.de/1/archiv/archiv/?dig=2006/06/08/a0130 [03.03.2011]

Arbeitsvorschläge

1. Erstellen Sie mithilfe von M 7.1 und M 7.2 eine Mindmap zum Thema „Menschen werden aktiv gegenArmut“. Bilden Sie dabei unter Verwendung von Ober- und Unterbegriffen verschiedene Handlungs-strategien der betroffenen Menschen gegen die Armut ab.

2. Setzen Sie sich mit den Materialien M 7.3 und M 7.4 auseinander. Welche Handlungsstrategien gegenArmut werden dort aufgezeigt?

3. Diskutieren Sie: Welche Aktionsform ist am erfolgversprechendsten?

M 7.3 – Landlose stürmen Parlament (2006)

M 7.4 – Reparatur und Recycling auf der Straße

Straßenszene in Santa Cruz Foto ©: W. Schoop