arzneimittelrückstände im wasserkreislauf – methodische konzepte zur risikobewertung

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Arzneimittelrückstände im Wasserkreislauf – methodische Konzepte zur Risikobewertung Tamara Grummt Umweltbundesamt, Dienstgebäude Bad Elster 2. Treffen des „Mitteldeutschen Netzwerkes für Innovative UmwelttechnikFH-Anhalt in Köthen, 29. März 2010

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Arzneimittelrückstände im Wasserkreislauf – methodische Konzepte zur Risikobewertung Tamara Grummt Umweltbundesamt, Dienstgebäude Bad Elster. 2. Treffen des „ Mitteldeutschen Netzwerkes für Innovative Umwelttechnik “ FH-Anhalt in Köthen, 29. März 2010. Niedrigdosis-Bereich=Wirkung?!. - PowerPoint PPT Presentation

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Page 1: Arzneimittelrückstände im Wasserkreislauf – methodische Konzepte zur Risikobewertung

Arzneimittelrückstände im Wasserkreislauf – methodische Konzepte zur Risikobewertung

Tamara GrummtUmweltbundesamt, Dienstgebäude Bad Elster

2. Treffen des „Mitteldeutschen Netzwerkes für Innovative Umwelttechnik“

FH-Anhalt in Köthen, 29. März 2010

Page 2: Arzneimittelrückstände im Wasserkreislauf – methodische Konzepte zur Risikobewertung

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Niedrigdosis-Bereich=Wirkung?!

Quelle: http://www.homiz.ch/interessantesfuerpatienten/die3homoeopathischenprinzipien/index.php

BodenseeBodensee

Würfel-zucker

Homöopathie - Potenzierung Moderne Umweltanalytik

Page 3: Arzneimittelrückstände im Wasserkreislauf – methodische Konzepte zur Risikobewertung

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Ökologischer Faktor

Ökonomischer Faktor

Zwei Seiten der “Medaille”Fragestellung: Zwei Seiten der Medaille!

Hoher Lebensstandard Hohe Lebenserwartung

Umweltprobleme

Arzneimittel

Nanopartikel

KosmetikaPFT …

Metabolite

Isomere …

Freisetzungs- Umwandlungs- Produkte

Wohlstandund

Gesundheit

Gefahr für Umwelt und

Mensch

Page 4: Arzneimittelrückstände im Wasserkreislauf – methodische Konzepte zur Risikobewertung

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Wasserdargebot und WassernutzungFragestellung: Wasserdargebot und Wassernutzung

Wasserdargebot ist nicht das Problem.

Nutzungskonkurrenz wird das Problem!

Landwirtschaft

Industrie

Freizeit

Trinkwasser

Page 5: Arzneimittelrückstände im Wasserkreislauf – methodische Konzepte zur Risikobewertung

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Nutzen Risiko

Steuerungselemente

Neue Umweltschadstoffe

Risikowahrnehmung Risikobewertung Risikomanagement

Page 6: Arzneimittelrückstände im Wasserkreislauf – methodische Konzepte zur Risikobewertung

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Neue Umwelt-

schadstoffe

ProblematischeStoff-

eigenschaften

Komplexes Schutzgut

Unzureichendes Wissen innerhalb der KausalketteUrsache(n)-Wirkung(en)

FlächenhafteExposition

Warnsignaleaus der

Ökotoxikologie

Unkenntnis über zeitlicheReichweite möglicher Wirkungen

und Anzahl der Betroffenen

Page 7: Arzneimittelrückstände im Wasserkreislauf – methodische Konzepte zur Risikobewertung

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Teufelskreis

Teufelskreis

Innovation

Wohlstand undGesundheit

KonstruktiverDialog

Datenkrise

Page 8: Arzneimittelrückstände im Wasserkreislauf – methodische Konzepte zur Risikobewertung

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Motivation

Motivation

Krebs mit > 3,2 Mio.diagnostizierten Fällenpro Jahr die häufigsteErkrankung in der EU

Gesundheitsvorsprungein unterschätzterWachstumshebel

Kampf gegen Krebs gesunde Ernährung Kampf gegen Tabak- rauch

3 wirksame Hebel:

langfristiges Denkennotwendig undKooperationsallianz

Vorsorge auch in dennächsten Jahrzehntenwirksamstes Mittel

HealthyHealthy„„Old Europe“Old Europe“

Zahl der Erkrankungensteigt nicht, aberZunahme der Mortalität

Page 9: Arzneimittelrückstände im Wasserkreislauf – methodische Konzepte zur Risikobewertung

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Theoretisches Konzept

Lösungsweg

Produkt-entwicklung

Toxikologisches Risiko

Effekt-Dosis

UmweltToxikologische

SicherheitNiedrig-Dosis-

Bereich

Page 10: Arzneimittelrückstände im Wasserkreislauf – methodische Konzepte zur Risikobewertung

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Anforderungen an die Trinkwasserbeschaffenheit

Anforderungen an Trinkwasser

Trinkwasser muss rein und genusstauglich sein.

Die TrinkwV fordert ein Wasser für den menschlichen Gebrauch, das durch seinen Genuss oder Gebraucheine Schädigung der menschlichen Gesundheit nicht besorgen lässt.

= Ausdruck eines Qualitätsanspruchs, der nicht alleinauf die Abwehr bekannter und wissenschaftlich quantifizierbarer Gefährdungspotenziale abstellt, sondern zugleich die Vorsorge gegen solche Gefährdungspotenziale einfordert.

§

Page 11: Arzneimittelrückstände im Wasserkreislauf – methodische Konzepte zur Risikobewertung

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Bewertung der Anwesenheit teil- oder nicht bewertbarer Stoffe im Trinkwasser aus gesundheitlicher SichtBundesgesundheitsblatt 2003, 46, 249-251

Empfehlung des Umweltbundesamtes

Bewertungsbasis (Pragmatischer)GOW = 0,1 µg/l

Keine oder unvollständige Daten;kein Grenzwert, Regelung nach § 6 1 TrinkwV 2001 (Minimierungsgebot)

GOW ≤ 0,3 µg/l Stoff nachweislich nicht gentoxisch; keine exp.-toxikologischen Daten

GOW ≤ 1 µg/l Stoff nachweislich nicht gentoxisch; In-vivo- und In-vitro Daten zu Neuro-toxizität und Keimzellschädigung

GOW ≤ 3 µg/l Stoff weder gentoxisch, noch keimzellschädigend oder neuro-toxisch; In-vivo Daten vorhanden

Page 12: Arzneimittelrückstände im Wasserkreislauf – methodische Konzepte zur Risikobewertung

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Anteil positiver Befunde im Untersuchungsprogramm

"Rhein/Wahnbachtalsperre"

Rhine/Wahnbach reservoir

62

408

test approaches positive results

Karlsruhe (Rhine)

14

102

test approaches positive results

Wahnbach reservoir

7

102

test approaches positive results

Köln (Rhine)

16

102

test approaches positive results

Düsseldorf (Rhine)

25

102

test approaches positive results

Page 13: Arzneimittelrückstände im Wasserkreislauf – methodische Konzepte zur Risikobewertung

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Anteil positiver Befunde im Untersuchungsprogramm

"Rhein/Wahnbachtalsperre"

Rhine/Wahnbach reservoir

62

408

test approaches positive results

Karlsruhe (Rhine)

14

102

test approaches positive results

Wahnbach reservoir

7

102

test approaches positive results

Köln (Rhine)

16

102

test approaches positive results

Düsseldorf (Rhine)

25

102

test approaches positive results

Frühwarnsystem !

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Gentoxizität als Messparameter

Gentoxizität als Messparameter (Sigi Folie)

2002 – 03/2008: 140 Publikationen zur Gentoxizität in europäischen Oberflächengewässern

Page 15: Arzneimittelrückstände im Wasserkreislauf – methodische Konzepte zur Risikobewertung

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Gentoxizität als Messparameter

Gentoxizität als Messparameter + bekanntes Unwissen

2002 – 03/2008: 140 Publikationen zur Gentoxizität in europäischen Oberflächengewässern

“Bekanntes Unwissen“

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Sachstand Arzneimittel

Konzentrationen in ng/L ng/L bis µg/L µg/Lin Fließgewässern nachweisbar

Konzentrationen in ng/Lng/L und vereinzelt von µg/Lµg/Lin Trinkwässern (Uferfiltrat, angereichertesGrundwasser) nachweisbar

Bildung von Transformationsproduktennach Ozonung

Page 17: Arzneimittelrückstände im Wasserkreislauf – methodische Konzepte zur Risikobewertung

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Sonderfall Arzneimittel

Zwei Gesichtspunkte von grundsätzlicher Bedeutung:Zwei Gesichtspunkte von grundsätzlicher Bedeutung:

1. Die wissenschaftliche Bewertung unerwünschter

Schadwirkungen, die unabhängig von der ge-

wünschten Hauptwirkung auftreten können, und

2. die Berücksichtigung des Paradigmenwechsels in

der regulatorischen Toxikologie, in dessen Folge

Informationen über Wirkmechanismen verstärkt in

die Risikobewertung einzubeziehen sind.

Page 18: Arzneimittelrückstände im Wasserkreislauf – methodische Konzepte zur Risikobewertung

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Fallbeispiel/Onkologie

Fallbeispiel / Abwasser Onkologie

Beprobungsplan Krankenhausabwässer

Page 19: Arzneimittelrückstände im Wasserkreislauf – methodische Konzepte zur Risikobewertung

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Biologische Testverfahren (Ames und Comet)

Biologische Testverfahren

AMES-TestAMES-Test

Teststamm:Salmonella typhimuriumTA 98, TA 100,TA 1535± metabolische Aktivierung

COMET-AssayCOMET-Assay

Primäre Hepatozyten

gentoxisch positiv

Page 20: Arzneimittelrückstände im Wasserkreislauf – methodische Konzepte zur Risikobewertung

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Kausalität (2): Ergebnisse quartäre Ammoniumverbindungen

Ergebnisse:Ergebnisse:

Quartäre Ammonium-

verbindungen induzieren

gentoxische Effekte in

umweltrelevanten Kon-

zentrationen

Kausalität

Page 21: Arzneimittelrückstände im Wasserkreislauf – methodische Konzepte zur Risikobewertung

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Ferk et al. 2009: Genotoxic effects of wastewater from the oncological ward. Water Res. 672, 69-75

Water Research 672(2), 2009, 69-75

Genotoxic effects of wastewater from the oncological ward

F. Ferka, M. Mišíka, T. Grummtb, B. Majera, M. Fuerhackerc,C. Buchmanna, M. Vitala, M. Uhld, K. Lenzc, B. Grillitsche, W. Parzefalla, A. Nersesyana, S. Knasmüllera

a Institute of Cancer Research, Department of Medicine I, Medical University of Vienna, Austriab German Environmental Protection Agency, Bad Elster, Germanyc University of Natural Resources and Applied Life Sciences, Vienna, Austriad Federal Environment Agency Austria, Vienna, Austriae University of Veterinary Medicine, Laboratory of Ecotoxicology, Vienna, Austria

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Testbatterie

Datenlücken

PräzedenzfälleReparatur

Theoretisches KonstruktVorsorge

Grunddilemma

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In-vitro-Kurzzeittest

ZytotoxizitätPlating efficiency

ApoptoseNeutralrot-Testp53-Induktion

Bakterieller TestAmes-Test

Zellkultur

Chromosomen-aberrationen

Teststrategie und Methodenin der Gentoxizitätsprüfung

Kontrolle Gentoxisch

Mikrokerne

Page 24: Arzneimittelrückstände im Wasserkreislauf – methodische Konzepte zur Risikobewertung

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Summarische Bewertung von Arzneimittelmetaboliten

Summarische Bewertung von Arzneimittelmetaboliten

Testsystem Metabolit 1 Metabolit 2 Metabolit 3

Gentoxizität Salmonella/ Mikrosomen-Test

Negativ Negativ Negativ

Chromosomen-aberrationen

Negativ Positiv Positiv

Nichtgentoxische Mechanismen

Zytotoxizität Negativ Positiv Positiv Proliferation Negativ Positiv Positiv Apoptose Negativ Negativ Negativ

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Von molekularer Störung zum Tod des Organismus

Systembiologie – Von molekularer Störung zum Tod des Organismus

ZelleMolekül

Physiologische Signale

Funktionsstörungen

GewebeOrgan Organismus

Pathologische Veränderungen

KrankheitTod

Reversibilität

Zeit

Präkursor-Ereignisse

Exposition Kumulatives Risiko

Page 26: Arzneimittelrückstände im Wasserkreislauf – methodische Konzepte zur Risikobewertung

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Zusammenfassung – pragmatischer Ansatz

Zusammenfassung –pragmatischer Ansatz

Für biologisch reaktive Substanzen könnte das neue Paradigma für die Risikobewertung im Niedrigdosis-Bereich gelten, wonach als primäre Wirkung die Beeinflussung verschiedener zellulärer Mechanismen mit eigenen Dosis-Wirkung-Beziehungen und Wirkkaskaden zu definieren ist.

Eine systematische Charakterisierung dieser Präkursor-Ereignisse wird zu einer Neubewertung von Spurenstoffen führen.

Page 27: Arzneimittelrückstände im Wasserkreislauf – methodische Konzepte zur Risikobewertung

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Multiple Wirkmechanismen

Multiple Wirkmechanismen

ZNS, Nerven

Hormone

Immunsystem

Gene

Neurotoxisch

Endokrine Disruptoren

Reprotoxisch

Immunotoxisch

Gentoxisch

ReproduktivesSystem

79 %48 Vertreter im Test

50 %

52 %

81 %

RegelkreiseNeuartige Wirkungen

Literatur: J. Toxocol. Environ. Health Part B, 7 (2004) 1-24

Page 28: Arzneimittelrückstände im Wasserkreislauf – methodische Konzepte zur Risikobewertung

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Das Beispiel der hormonabhängigen Tumore

Hormonabhängiger Tumor

TumorGesunde ZellenImbalance im

Hormonsystem

Primäre Noxe(n)

Page 29: Arzneimittelrückstände im Wasserkreislauf – methodische Konzepte zur Risikobewertung

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Das Beispiel der hormonabhängigen Tumore

Hormonabhängiger Tumor

TumorGesunde ZellenImbalance im

Hormonsystem

Noxe(n)

… führtdie Biologie !

Primäre Noxe(n)

Page 30: Arzneimittelrückstände im Wasserkreislauf – methodische Konzepte zur Risikobewertung

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Vorsorgeprinzip beim Schutzgut „Mensch“

Schutzgut „Mensch“ – Vorsorgeprinzip + Biomarker

Exposition

WechselndePräkursoren

Gesundheit Krankheit

ManifestationLeben mit der Vergangenheit

Kind Erwachsener

Biomarker Testsysteme

Chromosomen-aberrationenEnzymmuster

DNA-Reparatur„OMICS“

Page 31: Arzneimittelrückstände im Wasserkreislauf – methodische Konzepte zur Risikobewertung

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Methodischer Ansatz

Methodische Möglichkeiten

Internewirkungsbezogene

AnalytikMultitox

Primäre Zellen,humanifizierte

Zelllinien

Modifikatoren

Externe Analytik z. B. Krebs

Exposition adverser Effekt

Struktur-Wirkung-Beziehungen

In vivo / in vitro

Endpunkt

ZytotoxizitätMetabolismus

ZellproliferationZellkommunikationZelldifferenzierung

GentoxizitätIn vivo / in vitro

Page 32: Arzneimittelrückstände im Wasserkreislauf – methodische Konzepte zur Risikobewertung

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Reduktionistischer Ansatz

Reduktionistischer Ansatz

- Prozesskontrolle - Gesamtfracht - Einzelstoffe

Ja / NeinTestsysteme ?

Screening

- Einzelstoffe

Quantitativ-----

Bewertungs-kriterien ?

Dosis-Wirkung

und Wirk-Mechanis-

mus

- Prozesskontrolle - Gesamtfracht - Einzelstoffe

?Black box

Bio-logischer Endpunkt Zielorgan

ExpositionToxikologische

Bewertung

Page 33: Arzneimittelrückstände im Wasserkreislauf – methodische Konzepte zur Risikobewertung

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Toxikologische Sicherheit

Toxikologische Sicherheit

„All Ding’ sind Gift und nichts ohn’ Gift;allein die Dosis macht,

dass ein Ding kein Gift ist.“

Eine alte Erkenntnis bleibt: