atypische angina pectoris

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Jg. 36, Heft 16 FRITZ MAII'IZER: AVypische Angin~ pectoris 749 15. August 1958 aktuellem Bicarbonat- und Standardbicarbon&tgehalt besproehen. Literatur. ~ As~, P.: Klin. Wschr. 195L 749.- 2 SLYKE, D. D. VA~, E. STILLM:A~b; and G. E. CULLE:N: J. biol. Chem. 38, 167 (1919). -- ~ SC~IB~, B. H.: J. Amer. med. Ass. 15.~, 644 (1954). - - ~ LESTRADET,H. : Presse m6d. 1955, 1704; 195~, 150. -- ~ Jovr, D.: Dtseh. ned. Wschr. 1956, 241. -- ~ H~D~SO~, L. J. : Blur. Deutsche Ausgabe 1932. siehe aueh in v. v B~TELS, H., E. S. B~C~E~L, C. W. I-I~TZ, Ox.RODEWALDund M. SchwAB: Lungenfunktionsprtifungen. Berlin-GSttingen-Heidelberg 1958. (In Druck.) - - s Sc~wA~, M. : Klin. Wsehr. 1958, 349. --~ Asleep, P., and S. Sc~:aoD~: Se~nd. J. elin. Lab. Invest. 8, 31 (1956). --~o S~VE~At~S, J. W., M. S~V~F~L and A. F. B~ADL~Y: J. appl. Physiol. 9, 197 (1956). Siehe uueh in ~. -- ~ P~T~S, J. J., ~nd D. D. VAN SLYKE: Deutsche (~bersetzung in ABDERttALDENS Handbuch der biologischen Arbeitsmethoden, Abt. V, Tell 10, 1. Hglfte, S. 267. Siehe ~uch in ~. - - ~ Dmr~, D. B., A. GI%AY- s~, A. HURTADO and A. TAQ~NI: Z. Alternsforseh. 2, 20 (1939). Siehe ~uch in ~. - - ~s A~S~TTO~, E. C. : Standa.rd values in blood. Philadelphia 1952. -- ~ JORGEI~SEN,K., and P. AsT~u~': Seand. J. clin. L~b. Invest. 9, 122 (1957). -- ~ Wo~s, F., u. H. K~SZL~EIS~: XrztI. Wschr. 1956, 584. -- ~s S~YKn, D. D. yam ", ~nd G. E. CvnnE~: J. biol. Chem. 30, 289 (1917). --x~ DAv~oJ~% H. W.: The ABC of Acid-Base Chemistry. Chicago 1956. - - ~s BRONSTED,J ~.: Ree. Truv. chim. Pa.ys-Bas 42, 718 (1923). -- ~s RE~A~, A. S. : Amer. J. Med. 17, 435 (t954). -- ~oC~STn:~S~, H. N. : Amer. J. Med. 23, 163 (1957). -~ -"~ S~¢GER, 1~. B., and A. B. HAST[S¢S: Medicine (Baltimore) 27, 223 (1948). - - ~ SC~IWAB, M. :Klin. Wsehr. 1957, 157. -- ~aROBerTs, C. E. :Klin. Wschr. 19~7,997. ATYPISCHE ANGINA PECTORIS Der Zusammenhang zwischen Angina peetoris und Wirbelsiiulenerkrankung: ~'erkettnngs~ngina und pseudo-angin~ses Wurzelsyndrom Vou FRI~Z MAI~Z~ Aus den Swiss Hospital Allseitig bekannt sind heut~ die Beziehungen zwisehen Angina peetoris (A. p.) und den sog. ~¢'urzel- syndrom (,,radicular syndrome"), d.h. einer Reizung der Anstrittsstellen der somatischen Nerven, im bier interessierenden Pa,lle in den den Herzen zugeordneten Segmenten, durch krankhafte Ver£nderungen der Wirbels£ule, insbesondere Spondylarthritis, Erkran- kung und Luxation der Zwischenwirbelscheibe, Hernie des Nucleus pulposus, Verkalkung des Ligamentum flavum usw. Auf diese Zusammenh~nge als mbgliche Quelle von Fehldiagnosen ist in Deutschland in den letzten Jahren yon GUTZEIT 2s, PARADE 48-45, F. HOFF 31 und REISCItAUER52 hingewiesen worden. Die einsch]ggigen Erkenntnisse sind aber durchaus nieht so neuartig, wie es zum Tell naeh diesen Ver- 5ffentlichungen scheinen mug. In der Tat haben bereits gegen Ende des vorigen Jahrhunderts die fra~nz6sischen Kardiologen PoTAI~ und HUCttAR.D32 a.uf die Beziehungen zwisehen Wirbels£ule und A.p. aufmerksam gemacht; zu Anfang dieses Jahrhunderts sprach der Neurologe LAS~GUE im Hinblick auf so]che Fg.lle yon ,,angine de poitrine h rebours" und a.uf den franz6sisehen KongreB fiir innere Medizin des Jahres 1905 sagte der !geferent TEISSIEt¢ hinsichtlich der Auswh'kungen der rhenmatisehen Vc'irbelsgulenerkran- kungen, ,,qu'i]s pouvaient aller jusqu'au syndrome d'angine de poitrine". Seit dieser l~riihzeit hat die fra.nz6sische Klinik diese Beziehungen nieht mehr aus den Ange verloren. Bemerkenswert sind vor allen die Arbeiten yon LIA~ 35; neuerdings haben eine ganze lgeihe yon AHtoren zu den Thema Ste]lung genommen, vielfaeh in kasuistisehen Mitteilungen 41, 60, s~, u'a., zum anderen Teil in zusammenfassenden D&rstellun- g e n 1, s3, as, 64 Im Laufe eines vielj~hrigen Studiums wurde die Frage seit 1942 yon 1~. F~obI~ und seinen Mitarbeitern s, is-~0 bearbeitet, wobei ganz neue Ge- siehtspunkte herausgestellt wurden; in der Mono- graphie yon R. F~o~E~ u. A. Go~ ~ fund diese Arbeit kiirzlieh ihren krbnenden Abschlufi. Die amerikanische Sehule -- engtisehe Ver6ffent- liehungen zu dem Thema spieten eine weniger bedeut- same lgo]le -- ist erst spgter auf das Problem gesto~en. Die ersten Arbeiten stammen aus den zwanziger Xlin. Wschr., 36. Yahrg. zu Alexundrien (Xgypten) Jahren ~s-27, im folgenden Jahrzehnt und sparer ersehienen eine ganze Reihe einsehlggiger Artikel n, 1~, 15, ,9, ~, ks, 51, ss, sT; die in jiingster Zcit herausgekom- mene Monographie yon I)AVl:S is bedeutet einen gewissen Abschlut~ dieser Periode. Bevor die Beziehungen zwisehen A.p. und dem Wurze]syndrom bei Erkrankungen der Wirbels£ule zur Er5rterung kommen, ist as nbtig, um Verwirrung zu vermeiden, den Begriff der A.p. ausreichend klar- zuste]len. Gesehiehtlieh ist das Syndrom A.p. entsprechend der uniibertroffenen Schilderung HEBERDENS nur dutch die Eigenheit des anginbsen Schmerzes umgrenzt, die Besonderheit seiner Lokalisation, seiner Ausstrah- lung, seines Auftretens und Verschwindens. Es hundelt sieh also dabei nichtum eine Definition im landli~ufigen Sinne, sondern um eine Begriffsbestim- mung dutch Beschreibung. Die Beziehung zu einer Organerkrankung gehbrte nicht dazu, noeh weniger eine ursgehliche oder pathogenetische Grundlage. So tagen die Dinge noeh mehr oder weniger, als EDENS 14 im Ja~hre 1929 sein Lehrbuch der Herzkra, nkheiten verbffent]ichte. Im Laufe der letzten drei Jahrzehnte -- die Entwieklung hatte sieh schon vor dem Ersehei- hen des genannten Lehrbuchs angebahnt -- ist jedoeh in dieser Sachlage eine ~mderung eingetreten. Unter A.p. wird heute das yon HEBERDEN beschriebene Syndrom nur so welt verstanden, als es dnrch eine Mangeldurchblutung des Herzmuskels mitverursacht wird s6. Zu einer solchen Iseh~mie kann es bei Erkran- kungen der Corona.rarterien kommen, bei Hochdxuek nit Herzhypertrophie, bei Aortenklappeninsuffizienz und -stenose, bei Mitralstenose und bei paroxysmalen Tachykardien, gelegentlieh aueh bei hochgradigen Angmien. Gleiehartige oder ghnliehe l~Bempfindungen bei Aortenaneurysmen, bei Aorta disseeans, bei Peri- karditis, bei Oesophaguserkrankungen, bei Hiatus- hernie, bei Intercostalneuralgie, bei psyehosomatisehen Kreistaufabwandlungen oder in Vergesellschaftung nit anderen Stbrungen (Menopause, Tetanie) wiirden danach als angina-ghnliehe, unginoide oder pseudo- a.nginbse Schmerzen zu bezeichnen sein. Die im ]etz- ten Jakrhundert gepr~gte, vielfach auf iiberholten 49a

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Page 1: Atypische Angina pectoris

Jg. 36, Heft 16 FRITZ MAII'IZER: AVypische Angin~ pectoris 749 15. August 1958

aktuellem Bicarbonat- und Standardbicarbon&tgehal t besproehen.

Literatur. ~ A s ~ , P.: Klin. Wschr. 195L 7 4 9 . - 2 SLYKE, D. D. VA~, E. STILLM:A~b; and G. E. CULLE:N: J. biol. Chem. 38, 167 (1919). - - ~ SC~IB~ , B. H.: J. Amer. med. Ass. 15.~, 644 (1954). - - ~ LESTRADET, H. : Presse m6d. 1955, 1704; 195~, 150. - - ~ Jovr , D.: Dtseh. ned. Wschr. 1956, 241. - - ~ H~D~SO~, L. J. : Blur. Deutsche Ausgabe 1932. siehe aueh in v. v B~TELS, H., E. S. B~C~E~L, C. W. I-I~TZ, Ox. RODEWALD und M. SchwAB: Lungenfunktionsprtifungen. Berlin-GSttingen-Heidelberg 1958. ( In Druck.) - - s Sc~wA~, M. : Klin. Wsehr. 1958, 349. - -~ Asleep, P., and S. Sc~:aoD~: Se~nd. J. elin. Lab. Invest. 8, 31 (1956). --~o S ~ V E ~ A t ~ S , J. W., M. S~V~F~L and A. F. B~ADL~Y: J. appl. Physiol. 9, 197 (1956). Siehe uueh in ~. - - ~ P~T~S, J. J., ~nd D. D.

VAN SLYKE: Deutsche (~bersetzung in ABDERttALDENS Handbuch der biologischen Arbeitsmethoden, Abt. V, Tell 10, 1. Hglfte, S. 267. Siehe ~uch in ~. - - ~ Dmr~, D. B., A. GI%AY- s ~ , A. HURTADO and A. TAQ~NI: Z. Alternsforseh. 2, 20 (1939). Siehe ~uch in ~. - - ~s A~S~TTO~, E. C. : Standa.rd values in blood. Philadelphia 1952. - - ~ JORGEI~SEN, K., and P. AsT~u~': Seand. J. clin. L~b. Invest. 9, 122 (1957). - - ~ Wo~s, F., u. H. K~SZL~EIS~: XrztI. Wschr. 1956, 584. - - ~s S~YKn, D. D. yam ", ~nd G. E. CvnnE~: J. biol. Chem. 30, 289 (1917). - -x~ DAv~oJ~% H. W.: The ABC of Acid-Base Chemistry. Chicago 1956. - - ~s BRONSTED, J ~.: Ree. Truv. chim. Pa.ys-Bas 42, 718 (1923). - - ~s RE~A~, A. S. : Amer. J. Med. 17, 435 (t954). - - ~o C~STn:~S~, H. N. : Amer. J. Med. 23, 163 (1957). -~ -"~ S~¢GER, 1~. B., and A. B. HAST[S¢S: Medicine (Baltimore) 27, 223 (1948). - - ~ SC~IWAB, M. :Klin. Wsehr. 1957, 157. - - ~a ROBerTs, C. E. :Klin. Wschr. 19~7,997.

ATYPISCHE ANGINA PECTORIS

Der Zusammenhang zwischen Angina peetoris und Wirbelsiiulenerkrankung: ~'erkettnngs~ngina und pseudo-angin~ses Wurzelsyndrom

V o u

FRI~Z M A I ~ Z ~

Aus den Swiss Hospital

Allseitig bekann t sind heut~ die Beziehungen zwisehen Angina peetoris (A. p.) und d e n sog. ~¢'urzel- syndrom (,,radicular syndrome") , d.h. einer Reizung der Anstri t tsstellen der somatischen Nerven, im bier interessierenden Pa,lle in den d e n Herzen zugeordneten Segmenten, durch krankhaf te Ver£nderungen der Wirbels£ule, insbesondere Spondylarthri t is , Erkran- kung und Luxa t ion der Zwischenwirbelscheibe, Hernie des Nucleus pulposus, Verkalkung des L igamentum f lavum usw. Auf diese Zusammenh~nge als mbgliche Quelle von Fehldiagnosen ist in Deutschland in den letzten Jah ren y o n GUTZEIT 2s, P A R A D E 48-45, F . HOFF 31 und REISCItAUER52 hingewiesen worden.

Die einsch]ggigen Erkenntnisse sind aber durchaus nieht so neuartig, wie es zum Tell naeh diesen Ver- 5ffentlichungen scheinen mug. In der Ta t haben bereits gegen Ende des vorigen Jahrhunder t s die fra~nz6sischen Kardiologen PoTAI~ und HUCttAR.D 32 a.uf die Beziehungen zwisehen Wirbels£ule und A.p. aufmerksam gemacht ; zu Anfang dieses Jahrhunder t s sprach der Neurologe LAS~GUE im Hinblick auf so]che Fg.lle yon ,,angine de poitrine h rebours" und a.uf d e n franz6sisehen KongreB fiir innere Medizin des Jahres 1905 sagte der !geferent TEISSIEt¢ hinsichtlich der Auswh'kungen der rhenmatisehen Vc'irbelsgulenerkran- kungen, ,,qu'i]s pouvaient aller jusqu 'au syndrome d 'angine de poitrine". Seit dieser l~riihzeit ha t die fra.nz6sische Klinik diese Beziehungen nieht mehr aus d e n Ange verloren. Bemerkenswert sind vor a l l en die Arbeiten yon LIA~ 35; neuerdings haben eine ganze lgeihe yon AHtoren zu d e n Thema Ste]lung genommen, vielfaeh in kasuistisehen Mitteilungen 41, 60, s~, u ' a . , zum anderen Teil in zusammenfassenden D&rstellun- gen 1, s3, as, 64 I m Laufe eines vielj~hrigen Studiums wurde die Frage seit 1942 yon 1~. F ~ o b I ~ und seinen Mitarbeitern s, is-~0 bearbeitet, wobei ganz neue Ge- siehtspunkte herausgestellt wurden; in der Mono- graphie yon R. F ~ o ~ E ~ u. A. G o ~ ~ fund diese Arbei t kiirzlieh ihren krbnenden Abschlufi.

Die amerikanische Sehule - - engtisehe Ver6ffent- liehungen zu dem Thema spieten eine weniger bedeut- same lgo]le - - ist erst spgter auf das Problem gesto~en. Die ersten Arbei ten s t ammen aus den zwanziger

Xlin. Wschr., 36. Yahrg.

zu Alexundrien (Xgypten)

Jahren ~s-27, im folgenden Jah rzehn t und sparer ersehienen eine ganze Reihe einsehlggiger Artikel n, 1~, 15, ,9, ~, ks, 51, ss, sT; die in jiingster Zcit herausgekom- mene Monographie yon I)AVl:S is bedeutet einen gewissen Abschlut~ dieser Periode.

Bevor die Beziehungen zwisehen A.p. und dem Wurze]syndrom bei Erkrankungen der Wirbels£ule zur Er5r terung kommen, ist as nbtig, um Verwirrung zu vermeiden, den Begriff der A.p. ausreichend klar- zuste]len.

Gesehiehtlieh ist das Syndrom A.p. entsprechend der uniibertroffenen Schilderung HEBERDENS nur dutch die Eigenheit des anginbsen Schmerzes umgrenzt , die Besonderheit seiner Lokalisation, seiner Ausstrah- lung, seines Auftretens und Verschwindens. Es hundelt sieh also dabei n i c h t u m eine Definition im landli~ufigen Sinne, sondern um eine Begriffsbestim- mung du tch Beschreibung. Die Beziehung zu einer Organerkrankung gehbrte nicht dazu, noeh weniger eine ursgehliche oder pathogenetische Grundlage. So tagen die Dinge noeh mehr oder weniger, als EDENS 14 im Ja~hre 1929 sein Lehrbuch der Herzkra, nkhei ten verbffent]ichte. Im Laufe der letzten drei Jahrzehnte - - die Entwieklung ha t te sieh schon vor dem Ersehei- hen des genannten Lehrbuchs angebahnt - - ist jedoeh in dieser Sachlage eine ~mderung eingetreten. Unter A.p. wird heute das yon HEBERDEN beschriebene Syndrom nur so welt verstanden, als es dnrch eine Mangeldurchblutung des Herzmuskels mi tverursacht wird s6. Zu einer solchen Iseh~mie kann es bei Erkran- kungen der Corona.rarterien kommen, bei Hochdxuek n i t Herzhypertrophie , bei Aortenklappeninsuffizienz und -stenose, bei Mitralstenose und bei paroxysmalen Tachykardien, gelegentlieh aueh bei hochgradigen Angmien. Gleiehartige oder ghnliehe l~Bempfindungen bei Aortenaneurysmen, bei Aorta disseeans, bei Peri- karditis, bei Oesophaguserkrankungen, bei Hiatus- hernie, bei Intercostalneuralgie, bei psyehosomatisehen Kreis taufabwandlungen oder in Vergesellschaftung n i t anderen Stbrungen (Menopause, Tetanie) wiirden danach als angina-ghnliehe, unginoide oder pseudo- a.nginbse Schmerzen zu bezeichnen sein. Die im ]etz- ten Jak rhunde r t gepr~gte, vielfach auf iiberholten

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Page 2: Atypische Angina pectoris

750 ] ~ z ~V~AINZER: Atypische Anginu pectoris Klinische Wochenschrift

Vorstellungen beruhende Bezeictmung: Angina spuria (fausse angine) entf/~tlt damit, da sie zu Unklarheiten fiihren kann oder 5fter noeh solehe zu verdecken sueht.

Erst naeh dieser Begriffsbestimmung der A.p. hat die Frage naeh ihren Beziehungen zum Wurzelsyndrom einen unmiBverst/~ndliehen Sinn. Diesbeziiglieh sind folgende Auffassungen mSglieh:

A. Das Wurzelsyndrom kann einen pseudo-angi- nSsen Sehmerz hervorrufen; er ist differentialdiagno- stiseh wiehtig, hat abet seinem Wesen naeh mit der A.p. niehts zu tun.

B. Die dem Wurzelsyndrom zugrunde liegende Erkrankung des somatischen Nerven kann aueh ohne Ver/inderungen der Coronararterien zu einer eehten A.p. ffihren.

C. Die dem Wurzelsyndrom zugrunde liegende Nervenerkrankung kaaan bei ktinisch latenten Ver- /~nderungen der Coronararterien die A. p. in Erseheinung treten lassen oder die Erscheinungen des bereits mani- festen Syndroms modifizieren [,,Angor intriqu4" = Verkettungsangina (1%. FaO~[E~T U. A. GomN~)].

Diese Alternativen sind bisher in pr'~gnanter Weise nicht nebeneinandergestellt worden. Auf der einen Seite, besonders im amerikanisehen Schrifttum, ist die Tendenz v611ig herrschend, die F/ille yon ,,Pseudo- Angina" bei Erkrankung der Hals- und Brust~drbel- sgule nur als differentiMdiagnostisches Problem zn betrachten (so auch ~:, ~): Der kasuistisehe Gesiehts- punkt fiberwiegt dementspreehend. In dem daraus entspringenden Eifer werden nieht ganz selten Kran- kengesehiehten yon Wurzelsyndrom mit Pseudo- Angina mitgeteilt, deren einsehlggiger Charakter angezweifelt werden kann. So finden sieh unter den 4 Fgllen yon S~I~TH u. Kou~Tz a~ zwei, bei denen die organische Herzerkrankung ditrch elektrokardiographi- sche und/oder rSntgenologische Befnnde sichergestellt ist, nnd eine weitere Kranke, bei welcher der klinische Befund die Mitbeteiligung des Herzens jedenfalls nahelegt. Auch bei der Monographie yon DAws ~a hat man den Eindruck, daft der Verfasser in seiner Freude an dem yon anderen vielfach fehldiagnostizierten Syndrom eine ganze l~eihe von F/illen mit sicherer oder wahrscheinlicher Kreislauferkrankung in die Gruppe des pseudo-angin6sen Wurzeisyndroms einge- reiht hat. Die gleiche kasuistische und rein differential- diagnostisch orientierte Absicht ist in dan meisten franz6sischen Arbeiten bemerkbar. Es versteht sich yon selbst, dag diese Betrachtungsweise die einfache Vergesellschaftung yon A.p. und Wurzelsyndrom in einer Reihe yon l~'/~llen als klinisehe Tatsache ohne weiteres einr/~umt. Da die beiden Grunderkrankungen - - der ~rirbelsg, ule und der Coronararterien - - im reifen Al£er hgnfig sind, ist das Zusammentreffen der Syndrome durchaus wahrscheinlich. DaB diese Anf- fassung eines einfachen Nebeneinanderbestehens heider Syndrome irrtfimlieh ist, dab es sieh vielmehr vielfach um ein Ineinanderverflochtensein handelt, wird sich im Verauf der weiteren Ausfiihrungen zeigen.

Demgegeniiber hat R. I~O~]~NT mit seinen Mit- arbeitern ~, m, eine tiefer sehiirfende klinisehe Analyse unternommen, die ihn zu dem Begriff des ,,Angor intriqud", der Verkettungsangina gefiihrt hat; ange- regt durch die diesem Thema gewidmete Lebens- arbeit seines Lehrers L. GALLAVARDIN 2e, 23 geht er von einer Zergliederung der atypischen A.p. ans. Ans//tze zu einer derartigen Betrachtungsweise finden

sich gelegentlieh aueh im angels£ehsisehen Schrifttum 3, ~, 5~, aa vor ahem aueh bei MACKENZIE36 aber es fehlt die weitausgreifende Ffille der klinisehen Ausarbeitung, m6glieh geworden erst dureh die moderne Entwieklung der Elektrokardiographie, deren sich GALLAVARDIN und MACKENZIE nicht bedienen konnten.

Die typische A.p. ist durch die folgenden Eigen- heiten gekennzeichnet:

1. das anlallsweise Auftreten der MiBempfindung (S ehmerz ) ;

2. die knrze Dauer der Miftempfindung: eine halbe bis wenige ~Iinuten;

3. den Sitz der MiBempfindung in der tterzgegend, vorziiglich retrosternal;

4. Die Besonderheit der MiBempfindung: unbe- stimmter Druek, Einsehniirungsgefiihl, oft kein eigent- lieher Sehmerz;

5. die eigentfim]iehe Ausstrahhmg der Mi~empfin- dung in die der Nervenversorgung des Herzens ent- spreehenden Segmente: Hals, Sehulter, ulnare Seite von Arm und Hand, mit Vorliebe ]inksseitig;

6. die AuslSsung der MiBempfindung dutch k6rper- liehe Anstrengung, seelisehe Erregung oder Ka]teein- fluS, begfinstigt durch vollen Magen;

7. die sofortige Beeinflussung der MiBempfindung dureh Amy]nitrit und Nitroglycerin.

~¥enn yon einigen Ausnahmen abgesehen wird (Angina decubitus, Myokardinfarkt, sog. Intermedi£r- syndrom, seltenere Falle yon mangelnder Reaktion auf Nitrite), ist die These FROMENTS berechtigt: we immer bei A. 19. die ausldsenden Fal~toren, das zeitliche Verhalten, die Art der Ausstrahlung und die Realction des A, p.-Schmerzes au] Nitrite veto typischen Verhalten abweiehen, liegt Grund vet, die Ursache da[i~r in der ~itwirb~ng modi]izierender Ein/tiisse von gIeiehzeitig bestehenden anderweitigen Organer~ranl~u:ngen zu suchen. Ffir diesen Zusammenhang hat FROMENT die Bezeich- nung Verkettungsangina gepr~gt. Die Verkettung kann versehiedene Organe und Strukturen betreffen.

Einsehl£gige Tatsaehen sind seit l~ngem bekannt. doeh fehlte mit Ausnahme des Buehes yon MACKEn- ZIE s6 die systematische Betraehtung. So kenn~ man seit Jahren, znerst dureh Arbeiten deutseher Forseher ao die Beziehungen der A,p. zum Ulcus ventrieuli und duodeni ~, 3t im Sinne eines gteiehzeitigen periodisehen Auftretens der Symptome beider Erkrankungen ein Umstand, der auf den konditionierenden EinfluB des periodisehen Ulcusleidens auf die A.p. hinweist. Anch wit selbst ~s haben kfirzlich fiber ein derartiges Vor- kommen beriehten kSnnen, we ein atypisch nur in beiden Handgelenken lokMisierter A.p.-Sehmerz regel- m/~gig etwa 3 Std. nach den Mahlzeiten in Erscheinung brat bei einem Kranken mit aktivem, durch l~6ntgenbitd und Blutung nachgewiesenem schmerzlosen DuodenM- ulcus. Die Beziehungen z~4schen Gallenblasenleiden und A.p. sind vor allem durch angels/ichsische Autoren studiert worden (Schrifttum beiWEGELI~ sa und beiF~o- N~NT u. GONIN21). Sie/~uBern sieh gleichfalls durch die zeitliche Gebundenheit des Anfalls an die Verdauung, abet auch durch die vorzugsweise LokMisation des Schmerzes im rechten Oberbauch und am unmil3- verst//ndlichsten dutch den gelegentlich unerwartet giinstigen Einfluft der Gallenblasenexstirpation auf die A.p.~% Wir haben nicht nur derartige F/~lle beob- aehtet sondern anch nach jahrelangem Bestehen das vSllige Verschwinden geh/~ufter, peinlich empfundener

Page 3: Atypische Angina pectoris

Jg. 36, Heft 16 FRITZ MAI~ZER: A~ypische Angina pectoris 751 15..August 1958

Extrasystolen naeh Entfernung einer Steingallenblase. Der ausl6sende Einftug yon VerdauungsstSrungen und yon ,,votlem Magen" auf die A.p. ist eine Angetegen- heir der t£gliehen Sprechstundenberatung; aber auch akute und ehronisehe Colitiden k6nnen die ausl6sende Rolle spielen, Me aueh dutch eine der folgenden Krankengesehiehten veranschaulicht wird (s. Fall 1 [). Was atypisehe Sehmerzausstrahlnng angeht, soist unter anderem A. p.-Sehmerz im IIinterhaupt bei bestehender Oceipitalneuralgie ~°, in einem eari6s erkrankten Zahn 36 und im Bereieh einer Steinniere s9 besehrieben worden. Diese wenigen Beispiele mSgen die Verkettung hin- sichtlieh Ausl6sung, zeigliehen Verhaltens und Loka- tisation des A.p.-Sehmerzes veransehauliehen in Zusammenh/tngen, die abseits unseres engeren Themas liegen.

Im Hinbliek auf die Verkettung der A.p. mit dem Wurzelsyndrom mfissen die folgenden zwei Fragen gestellt werden:

a) Welche Befunde begriinden die Diagnose der Verkettung ?

b) Welehe Befunde begrfinden die Diagnose des Wurzelsyndroms ?

Z u a: Das Auftreten typiseher A.p.-Anfglle in dem Zeitraum vor der Beobaehtung der atypisehen Krisen oder naeh ihrer Beseitigung oder alternierend mit diesen stfitzt die Diagnose der Verkettung, so etwa das gelegentliehe Anftreten eines Anfalls naeh Anstrengung oder Erregung, ebenso aueh sein Ver- seh~dnden unter der Wirkung yon Nitroglycerin. Elektrokaxdiographische Anhaltspunkte fiir eine Durehblutungsst6rung des tIerzmUskels sind selbst- verstgndlieh yon aussehlaggebender Bedeutung.

Eine diagnostisehe Sehwierigkeit erw/~chst aber daraus, dab umgekehrt ans dem Fehlen dieser klini- schen Eigenheiten und elektrokardiographisehen Be- funde nieht unbedingt auf die Abwesenheit einer A.p. gesehlossen werden kann. Das h/tngt damit zusammen, dab sich zwar einerseits in gewissen F/tllen, naeh unserer Erfahrung besonders hitufig bei Diabetikern, sine kliniseh ]atente Coronarinsuffizienz elektrokardio- graphiseh nachweisen 1/igt, andererseits aber, Mewohl bekarmt, das EKG bei typiseherA.p, fiber Igngere Zeitr~iume normal bleiben kann. In erster Reihe gilt das letztere ffir das t/,uhe-EKG, innerhalb gewisser Grenzen jedoch aueh flit den Arbeitsversuch. Die Zahl der falschen negativen Befunde kann nach eigener und Iremder Effahrung dutch kritisehe Ein- beziehung der Ballistokardiographie noeh weiter ein- gesehr/inkt, nieht, abet vSllig ausgemerzt werden. Wenn (wie 6fret zu beobaehten) bei durch EKG nachgewiesener Coronarinsuffizienz die A.p.-Anf/tlle naeh Beseitigung der Verkettung versehwinden (ohne dag das EKG sich zu/indern braucht), so kann often- sichtlieh das gleiehe aueh bei yon vornherein nega- tivem EKG-Befund statthaben. Demnaeh stellt also aueh ein v611ig negativer Befund naeh Behebung der Verkettung kein tmbedingtes Argument gegen das vorausgegangene Vorliegen einer A.p. dar.

Der EinfluB der Wirbels/fulenerkrankung kann dutch mannigfaehe Eigentfimtiehkeiten der A.p. zum Ausdruck kommen. In solehen F//llen kann der Anfatl dutch eine-bestimmte KSrperhaltung oder Bewegung ausgel6st werden, z.B. beim Liegen im Bert - - daher n£ehtliehe Anfglle - - oder bei einer Halsdrehung - - daher Anf/~Ile beim gasieren - - oder beim Radfahren

Klin. Wschr., 36. /rahrg.

als Folge der Beugung des t~iickens. Der Anfall kann lange dauern, eine Viertelstunde, eine halbe Stunde, ja stundenlang; er kann sich s t~dig wiederholen, so dab man yon Status anginosus zu spreehen geneigt ist. Und doch haben weder die stundenlangen Schmerz- anf/ille, welche 6fter die Diagnose des Myokardinfarkts nahelegen, noch der ,,Status anginosus" die ernste prognostisehe Bedeutung, die ihnen unter anderen Umst/tnden zuk/ime (s. Fall 1 u. 8!). Bei manehen Kranken kann der Anfall aneh dutch Druek auf einen ~rirbelkSrper oder anI ein }Virbelgelenk hervorgerufen werden. Die Verabreiehung yon Nitroglycerin hat meist nieht die dramatisehe Wirkung, die dem Arzt sonst yon der Behandlung der A.p. vertraut ist. Dagegen wird durch eine geeignete Extensionsbehand- lung der Wirbelsgule mittels Glissonseher Sehlinge in einigen Sitzungen (3--5 kg; 3--~ Std) oder dutch osteopathisehe ttandgriffe die Verkettung niehg selten mehr oder weniger behoben, gelegentlieh in zauber- halter Weise (s. Fall 1!). Diese Wirkung gugert sieh im Versehwinden oder der Abnahme der atypi- sehen und manehmal aneh in einer Besserung tier typisehen Anfftlle. Der Effolg der Extensionstherapie ist verst/~ndlieherweise ein entseheidendes Argument ffir die Diagnose der Verkettungsangina. Wie bereits gesagt, kommen neben den atypisehen Anf//llen 6fter A.p.-Krisen mit regelreehter AuslSsung durch An- strengung oder Erregung vor (siehe Fall 3!). -&us diesen Bemerknngen geht hervor, dab neben dem EKG eine peinlieh genau aufgeno:mmene Kranken- geschichte grundlegend flit die Diagnose ist. Die Ausdeutung yon Anamnesen, die dureh dritte Personen erhoben wurden, ist lfir diesen Zweek v611ig ungeeignet.

Zu b: Der Verkettungsangina steht das viseerale Wurzels~mdrom gegenfiber, tiler bestehen 6fter die Er- seheinungen der Reizung des (der) die betreffenden Segmente versorgenden Nerven (Neuritis/Nenralgie des Plexus braehialis, IntereostalneurMgie) unter dem Bilde yon mehr oder weniger kontinuierliehen Schmer- zen im Bereieh der einl~ezogenen Dermatome und der 1Kuskulatur; dies stellt die somatisehe Komponente des Syndroms dar. Die viseerale Komponente ist dureh Erseheinungen yon seiten des Herzens vertreten, die lebhaft an die A.p. erinnern k6nnen, besonders auch dutch ihr anfallsweises Auftreten. In solehen }'/illen kann der Naehweis sehwierig sein, dal3 es sieh nieh~ mn eine Verkettungsangina handelt, wie dies immer in der Diagnostik da zutreffend ist, wo die Argumente negativer Art nnd daher jeweils ffir sieh allein nieht beweisend sind. Ein normMes EKG im Ruhezustand und im Arbeitsversueh, ein unter Berficksiehtigung des Lebensalters und des sonstigen Befundes als irrelevant anzusehendes Ballistokardiogramm, die Abwesenheit yon A.p.-Anf/tllen typiseher Verlaufsart, die dutch Anstrengung oder Erregung ausgel6st und dutch Nitroglycerin behoben werden, ein normales Verhalten des Blutdruekes und - - sehlieglieh - - ein Lebensalter, welches das VorIiegen einer signifikanten Coronar- sklerose weniger wahrseheinlieh maeht; das alles sind Beweisgrfinde, welehe im Sinne des reinen Wurzelsyn- droms spreehen, jeder fiir sieh atlein yon m/tl~igem Gewieht, jedoeh in ihrem ZusammenfaHen yon bedeu- tender Beweiskraft. ~'arum negative Befunde hin- sichtlich der Ausl6sung des atypisehen Anfalles durch Druek auf Wirbe]k6rper, Zwisehenwirbelseheibe oder Zwisehenwirbelgeleifl~ einerseits sowie hinsiehtlieh der

49b

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752 FRITZ ]~LktNZER: Atypische Angin~ peetoris Klinische Woehensehrift

Behebung des Syndroms dureh Extensions- oder ortho- p/~disehe Behandlung andererseits keine unbedingten Argumente der Differentialdiagnose sind, wurde weiter oben begriindet. Auf die wahre Natur des pseudo- angin6sen Wurzelsyndroms gegenfiber der reinen A.p. kann fernerhin die Vergesellsehaitung des kardialen Syndroms mit anderen Erseheilmngen gMeher Patho- genese hinweisen, z.B. mit eerviealem Hinterhaupts- kopfsehmerz (s. F~lle 8 und 9 !), eerviealem Schwindel (s. Fall 8!), eerviealer Migr/ine. Das zeigt, wie wiehtig es ist die Diagnose als eine gegebene MSglieh- keit ins Auge zu fassen und im Hinbliek darauf in der Vorgesehiehte naeh Anhaltspunkten zu suehen.

Diese Auseinandersetzung dfirfte zur Genfige gezeigt haben, dab es F/ille gibt, in denen die klinisehen und kardiographisehen Gegebenheiten es erlauben, zu einer klaren Differentialdiagnose zwisehen Ver- kettungsangina nnd pseudo-anginSsem Wurzelsyndrom zu kommen, dug aber andererseits bei einer nicht unbetrg.chtliehen Zahl yon Kranken diese Entseheidung zu einem gegebenen Zeitpunkt nngewShnlieh sehwierig oder gar unmSg]ieh sein kann. Die Dinge liegen also beileibe nicht so einfach, wie vor etwas mehr als einem halben Jahrhundert HUCttAgD ~2 meinte, als er schrieb : ,,If n 'y a pus des angines de poitrine, il n 'y en a qu'une seule, toutes les autres @tant fausses. Et si l'on ne savait pus faire la distinction entre les unes et lea autres, je me demande £ quoi servirait la mgde- eine."

Wenn schon die Differentialdiagnose zwisehen Ver- kettangsangina und pseudo-anginSsem Wurzelsyndrom im gegebenen Falle so schwierig oder gg.nzl]eh umnSg- lieh sein kann, so gilt dies in vermehrtem AusmaB ffir die Entseheidung der weiteren Frage: gibt es als viseerale Komponente des Wurzelsyndroms eine A.p. im Sinne der oben gegebenen Definition und welches sind die Kriterien ihrer klinisehen Naehweisbarkeit ? A priori liegen keine Argumente gegen diese M6glieh- keit vor. Spasmen der Coronararterien sind wohl vereinbar mit der Gesamtheit des physiologisehen, pathologisehen und klinisehen Erfahrungsgutes. Die Rolle, welehe die Vasomotorik in der Pathogenese des A.p.-Syndroms spielen kann, hubert wit vor geraumer Zeit an anderer Stelle auszuwerten ver- sueht 3~. DaB Coronarspasmen aueh bei intakten Arterien vorkommen kSnnen, erweist neben vielen anderen Tatbest/~nden, fiber jeden Zweifel erhaben, die klassisehe Beobaehtung yon G ~ u B ~ u. LANZ ~, die als Folge clues epileptischen Anfalles mit Herz- bektemmung Myokardnekrosen bei vSilig einwand- freien Coronararterien feststellen konnten. Diese Sachlage Mrd aueh dureh die ~ t i g e n Angriffe nicht gea.ndert, die der englische Kliniker P ~ c K ~ I ~ ~-~s gegen die These der eoronaren und eerebralen GefgB- spasmen unternommen hat, wobei er diese Anschau- ung verschiedentlich als ,,grotesken Mythos yon Idioten" bezeichnet hat. Aber es ist etwas anderes, eine solehe MSgliehkeit grnnds/~tzlieh einzurgumen oder die Tats/~chliehkeit eines reflexbedingten Coronar- spasmus beim kardialen Wurzelsyndrom klinisch zu erweisen. Als Mindestmag der klinisehen Evidenz wgre zu fordern ein positiver elektrokardiographiseher Befund im Anfall mit einem einwandfreien EKG augerhalb des Anfatls in Ruhe und nach Arbeitsbela- stung. Lrberzeugender w/~re selbstverst/~ndlieh die bei dem gutartigen Wesen der Erkrankung selten

zu gewinnende anatomisehe Feststellung, dab eine signifikante Coronarsklerose nieht vorliegt. Zwar hat PAt~.AD]S 44 den Obduktionsbefund eines Kranken mit pseudo-anginSsem Wurzelsyndrom und praktisch in- takten Coronararterien mitgeteilt, doeh fehlt der EKG- Befund im Anfall. D a e s bier und da mSglieh ist, durch Druck auf die erkrankte Wirbels~ule oder durch aktive Bewegung einen Anfall auszulSsen, sollte es nicht allzu schwierig sein, in einsehl~gigen F£11en die oben gefordert~n Kriterien zu erl~ngen.

Bei der gegenw~rtigen Saehlage beschr~nkt sieh jedoeh die Differentialdiagnose dieser Zustgnde auf die Alternative zwischen Verkettungsangina und pseudo-angin6sem ~Vurzelsyndrom; ffir die dritte MSg- liehkeit einer reflexbedingten A.p. fehlen den obigen Ausfiihrungen entspreehend noch die AnhMtspunkte.

Diese diagnostiseh-klassifikatorisehen Erwg.gtmgen ffihren unmittetbar zum Problem der Pathogenese des pseudo-angin6sen Wurzelsyndroms, einem Problem, das - - soweit wit sehen - - im Schriittum nirgends ins Auge gefagt ~drd. Grunds//tztieh sind bier zwei M6g- ]iehkeiten gegeben: c<) Die somatisehe l~eizung ffihrt yore t~fickenmark durch zentrifugale Leitung fiber den Plexus der Herznerven zu nenrogenen StSrungen der CoronarstrSmung; was fiir eine solehe MSgliehkeit sprieht, ist das unter diesen Bedingungen beobachtete Vorkommen einer paroxysmalen Taehykardie (siehe Fall 5!), also einer durch zentrifugaI geleitete Impulse ausgelSsten RhythmusstSrung beim kardiaten Wurzel- syndrom 44. - - fi) Die Alternative hierzu ist dutch die Hypo~hese gegeben, dab die krankhaften Herzempfin- dungen (Beklemmung, Druek, Sehmerz) in diesen F/illen dutch das Uberspringen somatiseher l~eize auf die zentripetMe viseerale Bahn im lgiiekenmark selber bedingt sind, also dureh die Umkehr der Riehtung des Geschehens, das sieh naeh NACK~ZIES Vorstellungen bei der Aussgrahlung des Herzsehmerzes auf die Thoraxwand und in Sehulter wie Ax'm vollzieht (,,viseerale Headsehe Zone"). Zugunsten dieser An- sehauung sprieht die Tatsache, dag auch Dyspnoe, spontan oder naeh Anstrengung, als kardioviseerale Komponente beim Wurzelsyndrom besehrieben wurde. In der Tat widmet DAVIS is, 13 in seiner 2¢[onographie sowohl der Dyspnoe als aueh dem Husten als viseeralen Komponenten des Wurzelsyndroms ganze Absehnitte, wobei er allerdings gelegentlieh aueh F//lle einbezieht, deren Beweiskraft sieh einer strengen Kritik gegen- fiber als unzul/~nglieh erweist; doeh wird aueh ander- weitig ~, s3 wiederhott fiber die unter einsehlggigen Be- dingungen auftretende Dyspnoe berichtet, so dab an der Tatsaehe ihres Vorkommens unter diesen Umst/~nden kein Zweifel m6glieh ist (s. 'Fall 4 und 8 !). Man kann hypothetiseherweise annehmen, dab es sieh dabei um Impulse handelt, die normalerweise yon der Lunge herriihren (Churchill-Cope-Reflex), deren Xquivalent abet unter diesen Bedingungen im l~iiekenmark selbst entsteht. Naeh dieser Deutung wfirde es sieh also bei den kardioputmongren Erseheinungen des Wurzel- syndroms um Mil~empfindungen und Reflexe handeln, deren Impulse ohne adgquates kardiales und pulmo- n/~res Kol~elat in den zugeordneten Segmenten des Rfiekenmarks dutch I~berspringen des Reizes yon den somatisehen auf die visceralen Bahnen ausgelSst werden.

SehtieBlich darf aueh mit der M6glicb.kei~ gereehnet werden, dab in der Pathogenese dieser Syndrome

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Jg. 36, t Iei t 16 FI~ITZ ~IAINZEt¢ : Atypische Angina loeetoris 753 15. Augus~ 1958

gegebenenfalls zentrifugale (~) und zentripetMe (fl) Impuls t iber t ragungen gleichzeitig eine t~olle spielen.

Zusammen/assung. Wit kommen daher zu der Schlugfolgerung, dab sieh die anginoiden Herzbe- schwerden, welche im Verlauf der dureh eine Wirbel- s/hllenerkrankung verursaehten Wurzelreizung auf- treten, in zwei prognostiseh und therapeutiseh zu unterscheidende Gruppen aufteilen ]assen: 1. die Verket tungsangina (1%. lt~oMn~T), welehe eine auf einer Kranzar ter ienerkrankung beruhende A.p. ist, und 2. das pseudo-anginSse Wurzelsynda-om, liir welches die Bezeiehnung A.p. durchaus vermieden werden sollte. Posit ive AnhMtspunkte fiir das Vor- kommen einer A.p. ohne Coronarar ter ienerkrankung im Verlauf des Wurzelsyndroms stehen aus. Bei der Verket tungsangina handel t es sieh um eine Erk rankung der Coronararterien, deren Erseheinungen dureh die Reizung der somatisehen Nervenwurzel ausgel6st oder modifiziert werden. Beim pseudo-anginSsen Wurzel- syndrom handel t es sieh demgegeniiber um ins Herz projizierte MiBempfindungen, welehe nach der yon uns aufgestellten Hypothese dureh das ~berspr ingen von Sehmerz- (and anderen) Impulsen innerhalb des Riickenmarks yon der somatisehen in die viscerale Bahn bedingt sind (Headsche Zone mit umgekehrter I~iehtung der Projektion). Ftir die Differentialdiagnose ist die peinlieh genau aufzunehmende Kranken- gesehichte and das Ergebnis der elektrokardiographi- sche Untersuehung aussehlaggebend; sie kann sehr schwierig, ja zn einem gegebenen Zeitpunkt. ohne Beobachtung des Verlaufs umaaSglich sein. Es bleibt als selbstverst£ndiich die Tatsaehe anzumerken, dab eine Wirbels/~ulenerkrankung der gleiehen Art, wie sic in gewissen F/illen zur Verket tungsangina oder zum pseudo-angin6sen Wurze]syndrom ffihrt, bei vielen anderen Kranken klinisch s tumm b]eibt, genau so, wie die Coronarsklerose bekanntl ieh keineswegs regelm/igig im Syndrom der A.p. ihren Ausdruek linden muB. W a r u m das so ist, ob Eigenti imtichkeiten des lokMen Erkrankungsprozesses, oder (wie LIlY,AN meinte) des Gesam~organismus, insbesondere des au tonomen Ner- vensystems dafiir ausseMaggebend sind, oder beide zusammen, diese Frage kann gegenwgrtig nur mit Hypothesen beantwor te t werden.

Wir ]assen eine Reihe ausgew/ihlter charakteristi- seher Krankengeschichten folgen; ihr Zweek ist nicht, die bereits reiche Kasuist ik weiter aufzufiillen, sondern die im vorausgegangenen Text zur ErSr terung gekommenen Eigenti imlichkeiten plastisch zu veran- schaulichen und vor Mlem die iiberragende Bedeutung einer eingehenden Vorgeschichte a]s r ichtunggebend ffir den Gang der Untersuchung und ffir die Diagnose herauszustel]en. Neben den oben dargestellten Eigen- tfimlichkeiten der Verket tungsangina und des pseudo- angin6sen Wurzelsyndroms lassen die Anamnesen auch die Vergesellschaftung der anginoiden Symptome mit anderen, gleichfMls anfMlsweise auf t re tenden Erschei- nungen gleicher Atiologie wohl hervortreten, so mi t Dyspnoe (zweimal), mi t paroxysmaler Tachykardic (zweimal), mi t t I in terhauptskopfschmerz (zweimM), mit cervicMem Schwindel (zweimM), mi t Ohnmaehts- anwandlungen (eerviea]e Ohnmaeht) (einmM) - - d i e bier erstmMig beschrieben wird - - sowie mit abdominalen Symptomen (dreimal). Bei einem Kranken begegneten sieh pseudoangin6ses Wurzelsyndrom und echte A.p.

Klin. Wschr., 36. Jahrg.

Kran£:engeschichten Fall 1. V. T. 1956/57. E K G vom 9. 1 .56, 2. 11.56,

11. 11. 56, 2. 3. 56, 3. 8. 5 6 u n d S . 3.57. Eine 71jahl~ige Witwe litt seit Jahren an einer intermit-

tierenden chronisehen Colitis mit alternierenden Pelqoden yon Breistfihlen und Verstopfmlg, ohne spezifisehen Laboratoriums- befund. W/~hrend der VerdauungsstSrungen war der Diekdarm und besonders das Caecum druekempfindlich. Im iibrigen handelte es sich um eine nervSse, vegetativ labile Frau. Als Teilerscheinung dieser neurovegetativen Dystonie bestand regelm/igig im feuchtwarmen Sommer yon Alexandrien (NAttlere Temperatur: 28--30°C, mittlere ]~%uchtigkeit: 80 95 %) Hyperthermie mit Mundtempera~uren bis zu 37,8 °, eine St5rung, die mit ausgesprochenem Fiebergeftihl einherging.

Vort Mitre Oktober 1955 an hatte die Kranke vereinzelte anginSse Anfglle der Art, wie sie welter unten geschildert werden, bis zuAnfang Januar 1956 im ganzen friar. Von Anfang Januar 1956 an wurden die Krisen h~ufiger, drei im Laufe yon 14 Tagen. In der zweiten H/~lfte des Januar nahm ihre Hgufigkeit noch welter zu, der 31. Januar war schlieBlich dureh eine ganze t~eihe yon Ka'isen gekennzeichnet, einmal mit Erbrechen. Eine Paatopon-Einspritzung erwies sich Ms notwendig. In den darauffolgenden Tagen hatte die Kranke noeh mehrfaeh Anf~lle yore gleiehen Typus, begleitet yon einer Taehykardie yon 95--100 mit zahlreichen Extrasystolen. Die Temperatur erreiehte am 7. Tage ein Maximum yon 37,80 bei oraler Messung, die Leukoeytenzahl stieg yon 7600 auf 9900 am 8. Tage, die ESZ von 14/32 am 3. Tage auf 22/45 mm am 8. Tage. Diese Messungen fielen nach Ablauf der 1. Woehe allm~hlich zur Norm ab. Im Verlauf voa Sommer und Herbst nahm die Zahl der Anf~lle fortschreitend ab.

Die Krisen hatten alle den gleiehea Charakter. Der dumpfe Schmerz begann gewShnlich mit einem Spannungs- geftihl im linken Hypochondrinm, breitete sich dana in den Rfieken: in die Lendengegend und den Interscapularbereieh aus, weiterhin in die Iinke Sehulter, die ]lake Seite des Halses und Hinterkopfes, ergriff schlieB]ieh die ulnare Seite des linken Armes and der Hand und gipfette in ehmm schweren retroster- nalen Beklemmungsgefiihl; bei leiehteren Anf~l]en konnte der ForCsehritt der anginSsen 3/[igempfindung auf jeder Stufe der geschilderten Ausbreitung stehenbleiben, so dab der Schmerz sieh hi~ufig auf Sehulter, HMs und Hinterkopf besehri~nkte. Das AnfMlsende war gewShnlieh durch Abgang eines Flatus gekennzeiehnet. Die leiehteren Krisen dauerten eine Viertel- bis eine halbe Stunde, um ganz allmi~hlich zurfickzugehen, schwerere Anf~lle mul]ten wegert ihrer Dauer meistens durch Einspritzung eines Codethylinpr~parates behoben werden. Nitroglycerin war yon zweifelhaftem Einflul~, bei leichteren AIff/~tlen sehien es eine magige Wirkung zu haben, jedoch ifiemals den dramatisehen Effekt wie bei kypischer A. p., bei schweren Krisen war es offensiehtlich wirkungslos.

Im Laufe der 1. Augustwoehe hatte die Na'anke drei mehr- stiindige Anf~lle yon paroxysmMer Tachyarrhythmie mit einer Pulszahl yon rund 160; sie waren yon mgitigem Beklemmungs- gefiihl begleitet. Wahrscheinlich handelte es sich um paroxys- males Vorhofsflimmern, doeh war eine elektrokardiographische Kontrolle w~hrend der A~ffglle technisch untunlich. Durch prophylaktische Chinidinmedikation war es jedenfalls in der Folge mSglich, das Auftreten weiterer Anfi~lle vSllig zu ver- hindern. Es folgte eine mehrmona~iche symptomfreie Ruhe- zeit. Seit Januar 1957 begamlen die Klisen abermals mit steigender tt~ufigkeit aufzutreten, diesmal ganz vorwiegend zur Naehtzeit. Am Nachmittage des 14. M~rz erfolgte erneut eine t~eihe an- and ~bsehwellender A. p.-Anfglle, die sich bis zum Abend hinzogen und - - wie am 31.1.56 - - mit Erbrechen ihren AbschluB fanden. Es kam anschlieBend zu einer 24stiindi- gen Temperatursteigerung auf 37,4 °, oral gemessen, und Anstieg der ESZ yon 11 auf 17 m m i m Laufe einiger Tage. Zwischen den Anf/~llen wurde periodertweise fiber einen bestgndigen Schmerz im Bereich des HMses, Nackens, Hinter- kopfes und beider Schultergegenden geklagt.

Das EKG zeigte in der Endsehwankung betrgcht, liche Abweichungen yon der Norm im Sinne einer Senkung des S-T-Segmentes, einer Abflachung der T-~¥elle End einer Ve,schmelzung yon S-T mit T. Diese Ver~,nderungen sehwank- ten in ihrer Intensitgt, wie aus den sechs Kurven hervorgeht, die in der Zeit yore 19. 1.56 bis 8.3.57 aufgenommen wurden. Wir veranschaulichen diese Abwandlungen in Abb. I aund b, welehe 2 EKG zur Darstellung bringen.

Die EKG zeigten keine ffir eine Infarzierung typischen Ver/inderungen der Kammer- and Endschwankuag. Die

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754 FIcI'rZ IVLCINZEIt: Atypisehe Angina pectoris Klinische Woehenschrift

bedeutendsten Abwandlungen vom Typus der Iseh~mie wurden nieht, wie a priori zu erwarten, im AnsehluB an den infarkt~hnliehen Anfall, sondern einige Tage naeh den taehy- arrhythmisehen Krisen (Abb. 1 b) aufgezeichnet.

Die RSntgenaufnahmen der Wirbelsaule zeigten starke spondylarthritisehe Ver~nderungen in ttThe yon C 6--7, C 7--8 und C 8 Th I sowie Randwulstbildung der Wirbel- kSrper in diesem Bereich. Diese Gelenke waren sehr druck- empfindlieh, jedoch konnte dutch Dmek oder Lagemanipulation kein Anfall ausgelSst werden.

Gegen Ende M~rz 1957 wurde eine Extensionsbehandlung der Wirbels~ule mittels Glissonseher Schlinge begonnen: im ganzen innerhalb 3 Woehen neun Sitzungen yon 2--3stiind- lieher Daner bei einer Belastung yon 4--6 kg. Der Erfolg war

vSllig, die neuritischen Beschwerden wei¢gehend behoben. Es handelte sieh demnaeh um ein pr/ignantes Beispiel yon Verkettungsangina mit paroxysmalem Vorhofsflimmern bei spondylarthritiseher Wurzelrei- zung (und ehroniseher Colitis), behoben dutch ortho- p/~dische Behandlung.

F a l l 2. J . D . 1952--1957. EKG vom 15. 3. 52, 2.3.54, 13.5. 55 und 5.9.57.

Eir~ 52jahriger Bankbeamter ftihlt, e sieh im Jahre 1952 beunruhigt, weil er seit einigen Monaten beim morgendlichen Gang zu seiner Arbeitssti~tte von einem dumpfen Sehmerz im Riieken, vor allem in der lirtksseitigen Lendengegend befallen

Extrem.- Abltg.

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A b b . 1 ~ u . b . V . T . , 7 1 J a h r e . : E K G y o r e 1 9 . 1 . ( a ) u n d 3 . 8 . 5 6 ( b )

erstaunheh: Anf/ille, leiehte oder sehwere, sind seit dieser Zeit bei mehr als einjahriger Beobaehtungszeit nieht wieder auf- getreten.

Epi lcr ise . Bei einer 71j~.hrigen Frau mit chronischer Colitis und Spondylarthritis der Hals- und oberen Brustwirbeis/~ule traten zahtreiche atypische A.p.- Anf/~lle auf. Gleichzeitig bestand ein linksseitiges neurit isches Wurze lsyndrom im Bereich yon Schulter, Hand, Nacken und Hinterkopf. Atypisch waren die Kr isen durch ihr spontanes Auftre ten, ihre eigentiim- liche Lokal isat ion und Ausbrei tung, ihre lange I)auer, ihre infarktar t ige Schwere bei zwei Gelegenheiten und ihre mangelnde Reakt ion auf Nitroglycerin. Ferner wurden einige Anf/ille yon paroxysmaler Tachyar rhyth- mie (Vorhofsflimmern) beobachtet . ])as E K G legte das Bestehen einer Coronarsklerose nahe. Die schweren Anf/iIle waren nach ihrem klinischen Charakter Lind E K G - B e f u n d als In te rmedi~rsyndrom (akute Coronar- insuffizienz) anzusprechen. Das anginSse Syndrom wurde durch Extens ionsbehandlung der Wirbels/iule

wurde. Der Schmerz trat meistens bei vollem Magen auf, nicht jedoch, wenn der Kranke vor dem iPriihsttiek ausging, und versehwand, sobald er stehenblieb. Versuehte er jedoch weiter- 7.ugehen, so gesellte sieh auch eln Beklemmungsgeiiihl hiaater dem Brnstbein hinzu. Da der Patient in der Regel vorsiehtig war, so besehrankt~en sieh seine Besehwerden gewShnlieh auf den Lendenschmerz. Dieser war fiber geraume Zeit als ,,l~heuma- tismus" behandelt worden. Die klinisehe Untersuehung des leieht untersetzten Marmes ergab keinen wesentliehen Befund. Der Blutdruek sehwankte seit 1944 zwischen 170/100 und 190/115 mm ttg, fiel jedoeh in der Folgezeit bei geeigneter Therapie auf Werte um 125/85 mm ab. Es bestand magige ?~ettleibigkeit. In drei EKG (15. 3.52; ii. 3.54; 13.5. 55) waren Abwandlungen der Ertdsehwankung vorh~nden: Sen- kung der S-T-Streeke mit briisk ansehlieBendem, spitzen T ia mehreren Ableitungen, negatives T in der Nehbsehen AbI. D der Sehreibung vom 13. 5. 55, Abwandlungen, die sieh im reduzierten Arbeitsversuch (66 Stafen) in eharakteristiseher Weise starker auspragen (Abb. 2 a).

Der atypisehe A. p.-Sehmerz - - denn um einen solehen handelte es sieh danaeh olfensiehtlieh - - erwies sieh in der Folge Ms prompt dutch Nitroglyeeri~ beeirfflnl3bar. Im I~Sntgenbild stellte sieh eine fortgesehrittene Spondylarthritis der Brust- und Lendenwirbels~ule heraus mit ausgesproehener

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Jg. 36, tlef~ 16 FRITZ MAINZEI~: Atypisehe .~,:agina peetoris 755 1 5 . A u g u s t 1 9 5 8 ........

Osteophytenbfldung and sklerotisehen Verinderungen an den oberen und mlteren Wirbelfliehen, besonders ausgeprggt im mittleren had urtteren Tell der Brustwirbelsinle; ierner degenerative Verinderungen der Zwisehenwirbelseheiben im Bereieh der mittleren und besonders unteren Brustwirbelsiule und Spondylarthritis der Lendenwirbelsiule mit degenerativer Veri~nderung and teilweiser Verkalkutlg der Zwisehenwirbel- seheiben Th I0--11 und Th t2 - -L 1.

An einem der letzten Augusttage 1957 verspiirte der Kranke einen heftigen pressenden Sehmerz in der linken Lendengegend, n~ehdem er im AnsehluB an Bin reiehliehes Mittagsmahl lingere

Sehmerz typ i sehe Ausl6sung durch Ansgrengung und gute Ni t rogtyeer inbee inf luBbarke i t . Die a typ i sehe Loka l i sa t ion erwies sieh als Auswi rkung einer spondyl - a r th r i t i sehen E r k r a n k u n g der un te ren Brusg- und der Lendenwirbelsgule . Auch hier hande l te es sieh somi t u m eine Verke t tungsangina . E in im wei teren Verl~uf e in t re tender Hinterwandi~l fark t spiel te sieh un te r dem kl inisehen Bild eines p ro t rah ie r ten , l inkssei t igen he i t igen Lendensehmerzes mi t naetffolgender F ieber-

: ..: . : . ' , + ~ ' . , L: - . . : i : _ ; . . ~ . . ; , . ' " ~ Y Z K ~ 2 % . . . . . . . . ~ : Z . ~ 7 ~ . . - S ; K E 7 2 " : 2 Z . ; i : 2 i E : 7 [ - ) [ - ; - .2.F2:IIU21.~L2~

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f f ~ :~ . . . . . . . . . . . " - - - - . . . . . i~ - , " ' ~ - - - ' - = + - ' , - - - - : , ~ " : i ' . : " " K + - - r . . . . . . . . . . ~ ........ l . - : . - , t - . k ~ : - "' . . . . . . i" ~ - ? - - ? . . . . . . .

~ ~ 7 ~ ,v. -(-=:~:-I : ,-. ) ::~...=,~::W~-: =;.~:~. [ :{~i .......... iii:-ii !i::5!T:~7.i!:.: i:iY-~ ::]i:::!i ili : . : :JT- : ] . . : . .L : : - : : : L21 :..L::. ~ . ' W L ~ I T _ : 2 : . X " 2 2 . . t 1 : : I . 7 i _ "~: : :V: , ' )__ L _ \ - - I _ ' : : 7 : -21 " ; < . _ : I L - ' : - - - ? ' 7 "+: "':~ :: 2 2 - . . . . . . . . . . . . . . ~_. .~ . . . . . . . . . . . : . . . . . . . . . .

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a Arbeitsversuch (66 8tufen)

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~ j ~ f ' , - - ~ y ~ ' ~ : "~ .' ~ ii i I ~, ,', ~ !

b Abb. 2 a u. b. J. D. 52 (57) Jahre. EK G vom 13.5, 55 (a) und 5.9.57 (b). R ~ in tiefer Einatmung, b =nach Arbeitsversuch (66 Stufen).

N e h b s c h e A b l e i t u u g e n : I ) , A , I E r k l i r u n g i m T e x ~

Zeit mit gebeugtem giieken ein sehweres Bueh auf den Knieen gehalten hatte; art- und absehwellend dauerte der Sehmerz yore friihen Naehmittag bis zum n~ehstezl Morgen an, ohne jede sonstige Krankbeits~uBel~ang, vor allem ohne He~schmerz, Beklemmung und Atemnot. Am niehsten Tag ging der Patient trotz allgemeinen MiBbehagens, vor allem leiehter Ubelkeit, der gewohnten Biiroarbeit naeh. Am darauffolgenden Tag stieg die erst am Abelld wegen Fiebergefiihl gemessene Tem- perat~lr anf 38,40 (omt) und ein jetzt zugezogener Arzt glaubte, eine VerdauungsstSrung als Ursaehe anspreehen zu dfirfem Im Laufe yon 5 Tagen naeh dem Arffall Iiel das Fieber zu Normaltemperaturen (36,9 °) ab, der Blutdruek blieb wihrend der gaaazen Episode unveri~Mert 135--130/80 mm H g Naeh der vorberiehteten Krankengesehiehte meinte der sparer zugezogene Verfasser, einen Myokardinfarkt hinter dem sym- ptomenarmen Fieberzustand vermuten zu dfii4en; diese Annahme win'de dureh das EKG 1 Woehe naeh dem A~M1 vollauf bestiitigt, es stellte sieh das typisehe Bild eines Hinter- wandinfarktes herans (Abb. 2b).

Epib ' i se . Bei einer e l ek t roka rd iograph i seh mani- Ies ten Coronarinsuffizienz wurde der A . p . - S e h m e r z vorwiegend in den un te ren Rfieken und die l inke Lendengegend lokMisiert. I m fibrigen zeigte der

per iode ab, ohne d i e ger ingsten auf das Herz hinweisen- den Erscheinungen. Es ha t den Ansehein, als ob bei sonst gegebenen Vorbedingungen die lunge Zei t inne- gehal tene BeugehMtung des I~iiekens mi t Belas tung, infolge der bes tehenden Spondyla r th r i t i s , die l%olle eines auslSsenden F a k t o r s ( tr igger mechanism) gespiel t h~tte.

Fall 3. M. I . Kh. 1956/57. E K G vom 8. 8. 56, 2 6 . 9 . 5 6 und 2 . 5 . 5 7 .

Ein 45jihriger hSherer Staatsbeamter berichtete fiber eine reeht verwiekelteKrankengesehiehte,die sieh erst naeh lingerem Tasten hi dramatiseher Weise aufklirte. Es begann im Sommer 1956 mit Uleus duodeni&bnlichen Besehwerden. Die R6ntgen- aufnahmen wurden nieht einheitlieh beul~eilt, yon den einen als uleusverdiehtig angesehen, von den anderen im Sinne eines DuodenMkatarrhs oder als niehtkrankhafte Variante gedeutet. Die Klagen hOrten sehlieBlieh auf, ob als Folge der Behandlung oder nieht, muB dahingesteltt bMben. Einige Woeben spiter began~ der Patiellt iiber I-Ierzbeklemmtmgen zu beriehten, deren Charakter weiter unten besehtieben wird. Diese MiBempfindungen ~arden yon Besehwerden im reehten

Page 8: Atypische Angina pectoris

756 F ~ z Mx~z~:~: Atypisehe Angina pectoris Klinische Wochenschrift

Unterbauch abgelSst und letztere von einem RSntgenfaeh- mann auf eine chronische Appendicitis bezogen. Damit erhob rich die Frage, ob nieht aueh die ulcus-artigen Sehmerzen-- wie sonst gelegentlieh - - durch diese Erkrankung verursacht seien. Nach mehrwSehentlicher Dauer wurden diese I~agen abermals dureh das Wiederauftreten der erw~[mten Herzbeschwerden abgelSst. Deren Eigentiimliehkeiten - - nachfolgend gesehildert

- - traten nut allm~hlieh in der Krankengesehichte hervor, so dab einige Monate bis zur Kl~rung des Bildes vergingen. Die als retrosternal oder pr~eordial besch~iebene Beklemmung mit linksseitigem Sehultersehmerz sehien nieht ganz selten bei schnellerem Gehen aufzutreten. Manchmal verging sie inner- halb kiirzerer Zeit beim Stehenbleiben oder naeh Nitroglycerin, 5fter war dies jedoeh nieht der Fall. Bei der Arbeit am Schreib- pult in gebeugter Haltung trat dieser Sehmerz jedoeh ganz unvermittelt im Sitzen anf, war yon lgngerer Dauer (1/~ bis 1 Std.) und in der t~egel unbeeinfluiJt dureh Nitroglycerin. Die Kliirung der Saehlage erfolgte im AnsehluB an einen besonders heftigen Anfall, der rich eines Morgens einstellte, als der Kranke seine Sehuhe anziehen wollte. Bei weiterem Befragen stellte rich heraus, dab er die meisen Anfglle bei dieser Besehgftigung sowie beim Biieken zum Heraufziehen der Hosen erlebte; sehlieBlieh gab er erggnzend an, dab er sehon seit Jahren nicht mehr rein Gebet verriehten kSnne, weil es ibm unmSglich sei, die dazn fiir einen h~[oslem vorgesetuqebene Haltung: Knieen unter Ber[~hrung der Erde mit der Stim einzunehmen, ohne einen heftigen Herzsehmerz zu empfinden. Dazu kam, dab die Angst vor dem vermeintlichen Herzleiden den Patienten sehr beunruhigte und zu einer hochgradigen nervSsen 13bererregbarkeit gefiihr~ hatte. Es hatte rich damit der Zustand entwickelt, den die Angelsaehsen als ,,heart consciousness" bezeiehnet haben.

Die erst jetzt nach dem sehweren Anfall vorgenommene RSntgenuntersuehung ergab in weitem Bereich der Wirbel- sa.ule eine Verkalkung des Ligamentum flavum mit Osteo- phytenbitdung im Bereich der mittleren und unteren Brust- wirbels~ule. Im iibrigen war die kSrperliche Untersuehung ergebnislos. Der Blutdruck betrug 110--120/70--80 mm Hg.

Die Ergebnisse der elektrokardiographischen und ballisto- kardiographischen Untersuchungen in Ruhe und nach Arbeits- belastung waren normal. Die so gewonnene Aufkl~rung der Beschwerden als Folge der Wirbelsaulenerkrankung zeitigte eine vSllige Beruhigung des Patienten. Seitdem er auBerdem die als anslSsend erkannte KSrperhaltungen vermeidet, rind die Anf~itle selten geworden.

Epikrise. Bei einem 45j~hrigen hohen S taa t s - beamten k a m es in per iodenweiser Abwechslung mi t unklaren Abdomina lbeschwerden zu anfal]sweisen, meis t l~nger daue rnden MiBempfindungen..des Herzens yore Typus der A. p. Sie wurden in einer Uberzah l der F/~lle durch Beugung des Ri ickens bei typ i schen Be- schgf t igungen (Anziehen, Beten, Schreiben) hervor- gerufen und durch Ni t rog lycer in wenig beeinfluftt . E lek t ro- und Ba l l i s toka rd iogramme in Ruhe und nach Belas tung waren einwandfrei . Die ~Virbetsg~ule war durch Verka lkung des L igamen tum fIavum m i t Osteo- phy tenb i ldung in groller Ansdehnung e rk rank t . Die Herzbesehwerden waren demnach als pseudo-angin6ses Wurze l synd rom zu deuten. Auch die abdomina len Besehwerden konn ten be im Feh len jeder anderen plausib]en Erk lg rung als Ersche inungen des Wurzel - syndroms ausgelegt werden; ta ts~cht ieh r ind abdomi- nale Beschwerden dieser Genese, hgufig i r r t i iml ieher- weise opera t iv behandel t , insbesondere yon C A ~ S ~ T s-s beschrieben worden. Der Ums tand , dab die angi- n6sen Mil]empfindungen zuweilen auch nach Anstren- gung an f t r a t en und d a n n gelegentl ieh durch Ni t ro- glycerin beeinfluBt wurden, liel~ jedoeh einen Zweifel hinsieht l ieh der Different ia ldiagnose mi t Verke t tungs- angina bestehen, d e r n u r durch weitere Beobach tung gekl/ ir t werden kann.

Fall 4. G. Ch. 1957. E K G vom 13. 6. 57. Herr G. Ch. war ein 52j~ihriger Berufsmusiker, der Violon-

cello und Ziehharmonika sDielte. Im Juni 1957 suchte er den

Arzt in groBer Besorgnis um rein Herz auf. Seit einigen Monaten verspiirte er beim Musizieren oder aueh ohne ersiehtliehen ~uBeren Grund eine meist l~ngere (1/2 bis I Std) dauernde Beklemmung mii~ Kurzluftigkeit. Beim Treppensteigen und bei seelischer Erregung traten diese Symptome nieht auf. AuBer- dem verspiirte der Kranke beim Spielen des Violoncellos einen Schmerz in der li~xken Schulter. 4 Jahre vor dem derzeitigen Leiden hatte er an einer rechtsseitigen Isehias gelitten, welche nach Ausweis des R6ntgenbildes auf eine Spondylarthritis der Lendenwirbels~ule mit Spornbfldung zuriiekgefiihrt wurde. Auf Grund dieser Vorgesehichte wurde nunmehr das Vorliegen eines pseudo-anginSsen Wurzelsyndromes vermutet. Die kSrperliche Untersuchung und die Laboratorinmsbefunde ergaben niehts Ungew6hntiches. Der Blutch'uek betrug 150--160/90--100 mm Hg. Elektro- und Ballistokardiogramme in Ruhe und naeh Arbeitsbelastnng waren innerhalb des l~ormatbereichs. Die RSntgenuntersuchung ergab eine um- sehriebene Spondylar~hritis mit Osteophyteabildung in HShe yon C 6, C 7 und Th 1, auflerdem in HShe yon Th 8 und Th 9, wo die Osteophyten zur Briickenbildung rechts Anlag gegeben hatten.

Epil~rise. Bei einem 52j/~hrigen Musiker konn te eine Krankengeseh ich te he rausgearbe i t e t werden, die schon vor der Untersuehxmg t ro tz der bes tehenden le iehten ar te r ie l len Hype r ton i e e in pseudo-angin5ses Wurze l synd rom nahelegte. Kl in isehe Unte rsuchung , E lek t ro- und Ba l l i s tokard iogramme und RSntgen- un te rsuchung der Wirbels/ iule f i ihr ten in ihrer Syn- these zu einer Best~t igung dieses Verdaehtes .

Fall 5. J . t t . 1955--1957. E K G vom ]8. 4. 56 morgens und mi t tags , yore 28.4 . 56 und yore 17 .5 .57 .

Ein 38j~.hriger Kaufmann benStigte wegen seines gegen- w~.r~igen Leidens am 17.4. 55 zum erstenmal ~rztliehe Hilfe, nach einem Aniall yon paroxysmaler Taehykardie, der rich seit dieser Zeit rdeht wiederholt hat. Er war dutch diem Ereignis schwer betroffen und glanbte seitdem ein dem Siechtum geweihter Herzkranker zu rein. Die Angst beeinfluBte das EKG derart, d~I~ zuni~chst in einigen Ableitungen eine leiehte Depression des S-T-Zwischenstiickes mit einer deutlichen Abflachung vonT vorhanden war, naeh bernhigender Zuspraehe aber eine vSllige Norma]isierung erfolgte; dieses eigentiimliehe Verhalten wurde bei 3 Gelegenheiten beobachtet und damit in seiner Genese vSllig siehergestellt. An anderer Stelle haben wit uns ausftihrlich mit dieser elektrokardiographischen Angst- reaktion beschgftigt sv, 73~ 4o. Im vorliegenden Zusammenhang ist nur yon Bedeutung, dab EKG wie BaUistokardiogramm in l~uhe and naeh Arbeitsbelastung im l~ormalbereich lagen, werm der Patient rich im seelischen Gleichgewicht befand. Im iibrigen war der klinische Befund des etwas untersetzten Manner unerheblich. Der Blutdruck betrug 125/80 mm Hg. Der Patient zeigte rich etwa 1 Jahr naeh dem Anfall wieder mit Klagen fiber ,,messerstiehartige" Schmerzen yon Augen- blicksdauer in der Herzgegend und im linken Arm, verbunden mit einem beklemmenden Gefiihl der Einsehniirung. Viermal im Laufe des verf|ossenen Jahres hatte er Anfiille yon heftiger retrosternaler Beklemmung mit Todesangst und Ausbrueh yon kaltem SehweiB gehabt; diese waren bei kSrperlicher und seeliseher Ruhe ohne gul~eren Grund aufgetreten und mochten eine 1/2 Std oder lgnger gedauert haben. Die kSrperliche und elektrokardiographische Untersuehung ergab keine Anderung. Die R5ntgenuntersuchung der Wirbels~tule zeigte eine ausge- sproehene Spondylarthritis in HShe yon C 7, C 8, Th 1 und Th 2.

Epikrise. Ein 38j/thriger Mann ohne klinische, e lektro- und ba l l i s tokard iogrsph ische A n h a t t s p u n k t e ffir eine E r k r a n k u n g der Coronarar te r ien ha t t e e inen Anfal l yon pa roxysma le r Tachykard ie sowie vier langdauernde , spon tan auf t re tende angin6se Anf~lle. Daneben bes t anden Erscheinungen, die in das Bild eines Wurze l syndroms hineinpal~ten. I n der Ta t wurde eine E r k r a n k u n g der Wirbels~ule in der den Beschwerden en tsprechenden Segmenth6he festgestel t t . Es hande l te r ich demnach u m pseudo-angin6se Anfgtle m i t pa roxysma le r Tachyka rd i e air wei terer visceraler K o m p o n e n t e eines durch Spondy la r th r i t i s bed ing ten Wurze lsyndroms.

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Jg. 36, t tef t 16 FRITZ M ~ z ~ g : Atypisehe Angina peetoris 757 15. August 1958

Fall6. J . S. 1953. E K G v o m 20. 1 1 . u n d 23. 11.53. Der 44j/~hrige Leiter eines groBea Untemehmens wurde

unmittelbar aus der Fabrik zur Untersuehnng eingeliefert, weil er beim Gehen w/~hrend einer Wendung einen zwar kurz- dauernden, aber so unertr~glieh heftigen Sehmerz in der Herzgegend versptirt hatte, dab er das Bewugtsein verlor. Der Kranke hatte bereits vorher 1/~ngere Aiff/~lle yon Herz- beklemmung gehabt n i t einer Migempfindung, als ob ein groBer Bissen im ttals steekengeblieben sei. Es handelte sieh um eine~ hochaufgesehossenen schm~ehtigen Mann (Habitus asthenieus). Der Blutdruek war 120/80 mm ttg. Es wurden zwei EKG gesehrieben, ein guhe-EKG sofort naeh der Ohnmaeht und ein zweites n i t naehfolgender Arbeitsbelastung einige Tage sp/~ter. Alle 3 Kurven lagen im NormMbereieh, es bestand eine Bradykardie yon 60, die T-Wellen waren in mehreren Ableitungen spitz und ausnehmend hoch (vegetative Dystonie). Die R6:~genuntersuehung der Wirbels/~ule ergab eine umschriebene Spondylarthritis in ttShe yon C 6, C 7, C 8 und Th 1.

Epil~rise. Bei einem 41j/~hrigen Mann m i t H a b i t u s as thenieus sowie einer Vorgeschichte von a typ i schem, spon t an auft . re tendem Pr / ikord ia l sehmerz s tel l te sich, wahrscheinI ich im AnsehluB an eine unve rmi t t e l t e Drehbewegung des Kopfes ein unertr / /gl ieher Herz- schmerz ein, der durch seine In tens i t / / t eine Ohnmach t ausl5ste. Das Ruhe- und B e l a s t u n g s - E K G war wieder- ho]t im Normalbere ieh , yon Zeichen einer vege ta t iven Dys ton ie abgesehen. Da die l~6ntgenunte rsuehung eine S p o n d y l a r t h r i t i s im Bereich der dem Herzen en t sp reehenden Segmente aufdeekte , waren die Anfgl le als pseudo-angin6ses W u r z e l s y n d r o m gekennzeichnet .

Fall 7. M . E . D . L . 1957. E K G vom 13. 8. 57. Ein 38j/~hriger ehemaliger Offizier, jetzt als Leiter eines

grol]en Verkehrsunternehmens t/~tig, wurde vom behandelnden Arzt zur Beurteihmg seines Kreislaufes fiberwiesen. Den Grund hierffir lieferte die ~olgende Krankengesehiehte, in der die Erscheinung der eervicalen Ohnmacht erstmalig besehrieben wird. Seit Anfang November 1956 hat der Kranke 6 Anf/~lle gehabt, davon drei in den letzten 14 Tagen. Alle A~ff~Ile waren dureh Erseheinungen yon seiten des Herzens, die sehwererert aueh dureh cerebrate Symptome gekermzeiehnet. Es begann mit einem Druekschmerz in der Herzgegend n i t Ausstrahlung in den Riieken, die linke Sehulter und den linken Arm, mehr- faeh aueh ~belkeit, zweimal mit Erbrechen. Gleiehzeitig hatte der Kranke ein intensives Schwindelgefiihl, das sieh bei den drei schwersten Anf~llen bis zur Ohnmaeht steigerte. Die leichteren, rein kardialen Krisen dauertei~ eine Viertel- bis eine halbe Stunde, bei zwei sehweren Ani~llen n i t naehfolgender Amnesiew/~hrte die Ohnmaebtmehrere Stunden. Nitroglycerin war ohne eindeutige Wirkung. Infolge eines glfiekliehen Zufalls kormte ein schwerer Anfall yon Anfang an yon Freunden nnd ein wenig sp/~ter yon zwei ~rzten beobaehtet werden. Der Kranke war blaB, das Gesieht von kaltem Sehweig bedeckt; Kr/~mpfe stellten sich nicht ein. Die Pulszahl betrug 90--100, der Blutdruck 130/80mm Hg, beides etwas mehr Ms im Normalzustand. Das Ergebnis der klinisehen Untersuchnng war regelrecht, insbesondere aueh der eingehend erhobene neurologische Befund. Der Carotissinus-Druekversuch war beiderseits negativ. Es handelte sieh um einen reizba~n, dureh seinert Zustand reeht beunruhigten Kranken. Das EKG trod das Batlistokardiogramm waren in l%uhe urtd nach int~nsiver Arbeitsbelastung (176 Stufen) im NormMbereieh.

Der Sehliissel zur Diagnose wurde dutch die Vorgesehiehte geliefert. 2 Jahre vorher hatte der Kranke fiber Monate hin an einem sehweren reehtsseitigen Sehultersehmerz gelitten, als deren Ursaehe rSntgenologiseh die Sublaxation einer Zwischen- wirbelseheibe erkarmt und yon orthop~diseher Seite erfolg- reich (lurch dreimonatliehe Fixierung mittels Gipskragen behandelt worden war. Die ~mnmehr wiederholte RSntgen- untersuehung der Halswirbels~ule IieB zwar keine Spur der friiheren Erkrankung erkemaen, zeigte jedoeh eine seharf umsehriebene Spondylarthritis n i t Osteophytenbildnng im Bereieh yon C 7, hauptsgehlieh an der hinteren, weniger aus- gesproehen an der vorderen Kontur siehtbar.

Epilcrise. Bei einem 38j//hrigen Mann s te l l ten sieh anginoide Anf/~lle ein, die auf Grund ihrer Erschei- nungsweise (Unabhgngigke i t yon Ans t r engung u n d

~l in . Wsehr., 36. JMarg.

Erregung, Iange Dauer , keine e indeut ige R e a k t i o n auf Ni t roglycer in) , des no rma len E K G und BMlis tokardio- gramms, de r Vorgeschiehte (eervieale Bandsehe iben- e rkrankung) und des g6n tgenbe fundes einer cerviealen Spondy la r th r i t i s im Bereieh yon C 7 als pseudo-angi- n6ses Wurze l synd rom e rkann t wnrden.

Bemerkenswer t war die Beobaeh tung der Ver- gesel lsehaf tung der ka rd i a l en Syml?tome n i t eerebra len Ersehe inungen: eerviealem Seh~dndel sowie bei sehwe- ren Anf/i l len l angdaue rnde r Ohnmaeh t n i t naehfotgen- der Amnesic. Die im Anfa l l gemessenen W e r t e yon B lu td ruek und Pulsfrequenz schlossen ein Carotis- s inus -Syndrom nnd or thos ta t i sehe Hypo ton i e als Ursaehen der Synkope aus. Die Ohnmach t war also ein u n m i t t e l b a r cerebral bedingtes Ph/~nomen, wie es der cervieale Sehwindel und die cervieale Migr/~ne sind, S3nadrome, deren Pa thogenese e instwei len hypo- the t i seh bteibt . Dabe i da r f m a n sieh d a r a n er innern, dab aueh be im Caro t i s s inus -Syndrom S. W E i s s u. Mitarb. ~s neben den beiden Formen , die 1. dureh Pu l sve r l angsamung oder m o m e n t a n e n Herzs t i l l s t and und 2. du t ch per iphere Vasod i la ta t ion ohne Brady- kard ie bed ing t sind, eine d r i t t e rein eerebrale F o r m prob lemat i scher Genese besehr ieben hat , die weder n i t Pu l sve r l angsamnng noch n i t Vasod i l a t a t ion u n d dem in be iden F/~llen resu l t ie renden B lu td ruekabfa l l e inhergeht . ~¥ie diese Ersehe inungen aueh zus tande k o m m e n m6gen, die Vergesel lsehaftung kard ia le r (pseudoangin6ser) und eerebrMer Wurze l synd rome auf dem Boden einer Spondy la r th r i t i s der Hals- wirbels/iule s te l l t jedenfal ls ein ungewShnliehes und pr0blemschweres Ereignis dar .

Fall 8. Dr. G . B . 19 t8- -1957 . E K G vom 2 . 8 . 1 8 und 2. 8. 57 sowie mehr als ein Du tzend anderwei t ig gesehriebene Kurven .

Diese Xrankengeschiehte ist besonders aufsehlugreieh dureh die L~nge nnd Ausftihrliehkeit der Vorgesehiehte (da es sich um einen Arzt handelt) sowie dureh die ernsten Folgen einer langdauernden irrtiimliehen Deutung, die seit vollen 15 Jahren das Gemfit des Kranken verfinsterte.

Im Alter yon 42 Jahren hatte der heute 57jghrige Dozent seinen ersten AIffall, w/ihrend er an einem Sommer- naehmittage des Jahres 1942 geruhsam mit Freunden beim Naehmittagstee saB; es war ein Anfall yon sehwerer retro- sternater Beklemmung n i t Angstgeffihl und Ausbrueh yon kaltem Sehweig, jedoeh ohne Sehmerzansstrahlung, der etwa eine Viertelstunde dauerte nnd in einen E~;seh6pfungs- zustand ausmfindete. Naeh lgngerer anfallsfreier Zwisehen- zeit suehte der Kranke wegen einiger erneuter Kaisen gleieher Art im Sommer 1945 einen Spezialisten anf, der das Herz kliniseh und elektrokardiographisch normal land. Von einem anderen Arzt wurde er damals anf Gallenblasenleiden behandelt. Im folgenden Jahre hatte er abermals eine Reihe yon Anf~lle~t n i t BeIdemmung und Atemnot, die sieh ohne ~nBere Ursaehe eii~stellten und yon kfirzerer Dauer waren. Auch werm sic gelegenttieh beim Gehen einsetzten, kamen sic bei Rnhe nicht ausnahmslos zum ErlSsehen. Im September 1954 kam es erneut zu einem ganz schlimmen Anfall, der sieh an- und absehwellend n i t retrosternaler Beklemmung nnd Lufthnnger fiber einen halben Tag hinzog. Der Patient suehte daraufhin das Krankenhaus anf, wo er einer einmonatliehen Beobaehtung unterzogen wurde. Im Laufe dieser Zei~ traten noeh mehrfaeh mittelsehwere Anf/~lle yon l~ngerer Dauer auf, nunmehr aneh mit Magendruek und Aufstogen verbunden; die Temperat~ur und die ESZ bliebe~l jedoeh stets im Normal- bereieh nnd mehrere EKG-Aufnahmen zeigten keinerlei Ver- gnderungen gegen frfiher. Die Brustwand iiber dem tterzen war sehr druekempfindlieh; dies wurde yon einem bedeute~t- den franzSsischen Kardinlogen Ms Tietze-Syndrom gedeutet. Im fibrigen wurde der Kranke Ms hoehgradiger Neurastheniker abgetan und die Anfglle als psyehogen aufgefaBt, aueh zum erstenmal eine Coronarerkrankung kategoriseh ausgesehlossen. Neben einer Anzahl leichterer Krisen hatte der Kranke im

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758 :FRITZ MAINZER: Atypische Angina pectoris Klinische Wochenschrif~

L~ufe des Jahres 1955 w~hrend einer Eisenbahnfahrt im September abermals eJnen sohweren Anigll yon mehrsti~ndiger D~uer. Im Jahre 1956 traten die Erscheinungen yon seiten des Magens (VSllegeffiht, AufstoBen) noeh mehr in den Vordergrund. Am hgufigsten traten die Anfa, lte nachts im Bert auf, nieht setten fanden sic mit einem heftigen Ruktus ihren Absehlul~. Der sehlimmste AnfaI1 der ganzen Erkrankung ereigr~ete sieh am 10.--11.7.57; veto l~achmittag des 10. bis zum Mittag des 11.7. folgte eine Reihe yon stundenla.ng ~nh~ltenden Krisen mit intensiver retrosternaler Beklemmung, Atemnot und Druck- geffihl im Epigastrium, aueh mit zweim&ligem Erbrechen. Kalter SchweiBausbruch und f~hle Bl~isse w~ren weitere Erscheinungen. In Ruhe litt der Kranke mehr als beim Herum- gehen. Zweimal im L~ufe des Anfalls muBte Morphin (Panto- pen) gespritzt werden, da sich Nitroglycerin als v511ig wir- kungslos erwies. Der Blutdruek betrug im Anfang 140 bis 130/90 mm ttg and fiel sparer vort~bergehend auf 115/70 mm ab. Pulszahl und HerztSne blieben unver&ndert. In seiner Symptomatologie untersehied sieh der Anfall fiir den erfahrenen Beobuehter dureh nichts yon einer Infarktepisode. Jedoch

Epikrise. Ein 57j/~hriger Arz t l i t t w~hrend fi infzehn J a h r e n an anfat lsweisem Auf t re ten s ta rker pr/~kordia]er Bek lemmung, im sp~teren Verlau~ mi t Druck in der Magengegend a n d t e rmina lem Anfstol~en, jedoch ohne Schmerzauss t rah]ung. Die Anf~lle t r a t e n ohne Bezie- hung zu kSrloerlicher Ans t rengung a n d seelischer Er regung aui , am h~ufigsten im Bet t , waren yon l~ngerer Dauer und bl ieben unbeeinflul~t dureh Ni t ro- glycerin. Wenigs tens dre imal im Laufe dieser J ah re handel te es sich urn s tundenlang dauernde , an- und abschwellende Anf£]]e mi t Ausbruch yon k a l t e m Schweil~, aschfahler B]/~sse und Erbrechen, kl iniseh vom Bi ld des aku t en Myokard in fa rk t s n icht zu unter - seheiden; im schwers ten An.fall war wiederhol te Ver- abre ichung von Morphin notwendig . Bei mehr als zwanzigf~eher Kontro] le bl ieb das E K G im Laufe

Abb. 3. Dr . G . B . 57 Jah re . E K G ve to 2 . 8 . 5 7 . Dieses normale E K G is~ nach einer 15j~hrigen Anamnese yon Angina pec~oris gesehrieben, in de ren Ver lauf dre i sehwers~e infarktg le iehe A~ff~ille registr ier~ sind; der Ie tz te a n d sehl immste dieser Anf~ille l a n d 3 ~roehen v e t der A u f n a h m e des E K G s ta r t ; zwei vorausgehende E K G - - 3 a n d 7 Ta.ge naeh dieser l e tz tea K]:ise gesehr ieben - - s ind m i t der abgebi ldeten K u r v e identiseh, ebenso das E K G

nach Arbei t sbe las tung , abge~ehen yon tier do r t vo rhandenen Fulsbeschleunigung. Wei te re Einzelhei ten ira T e x t

zeigten die Leukocyten in den n~chsten Tagen keinea Anstieg (Maximum: 8200) and die ESZ, wegea eines gleiehzeitig bestehenden Zahnwurzelabscesses leicht erhSht, zeigte keiner- lei Bewegung (14--18 mm Westergren); die K6rpertemperatur blieb im Normalbereich und drei EKG erwiesen sieh als mitein&nder identiseh und gliehen den jahrelang voraus- gegangenen Anfn~hmen, yon einer geringffigigen ~nderung der ,,elektrisehen Herz]age" abgesehen (Abb. 3). Aueh das Ballistogramm war vSllig einwandfrei.

Nur mit groBer Mi~he konnte der Kranke yon seiner Diagnose des Myokardinfarktes abgebrucht und zum Verlassen des Bettes and sparer des Krankenh~uses i;lberredet werden.

Bemerkenswert in seiner Vorgeschichte war die nun- mehrige Anggbe, dal3 er zeitweilig an Oecipit~lkopfsehmerz sowie an Sehwiadel bei Drehbewegungen des Kopfes gelitten habe. Eine dieserhalb vet Jahren vorgenommene RSntgen- untersuehung habe des Bestehen einer cervie~len Spondyl- arthritis erwiesen.

Wghrend der Konvaleszenz naeh dem schweren Anfsll ergab die klinisehe Untersuchung nur eine sehr ausgesprochene Druckempfiadlichkeit der linken Prgkordialgegend, besonders der Rippenunsgtze (daher die vor~usgeg~ngene Fehldiagnose des Tietze-Syndroms !) and der WirbelkSrper Th 2, Th 3 and Th 4. Dureh Druek auf die Wirbel oder Bewegungen von Hsls, Rumpf und der Arme konnte kein Anfall ausgelSst werden. Die n~eh der ]etzten schweren Krise erneut durchgefiihrte RSntgenuntersuchung deekte eine fortgeschrittene Spondyl- ~rthritis der Halswirbets~ule im Bereich yon C 5, C 6 und C 7 auf mit Osteophytenbfldung sowie Vergnderungen der Zwisehenwirbelseheibe C 6~7 mit Schrumpfung des Zwischen~ wirbelraumes, ~uBerdem eine Verk~lkung des Ligamentum intelspinosum im Bereieh tier mittleren Brnstwirbelsaule. Die RSntgenuntersuehung des Magens zeitigte keinen patho- logisehen Befund. Trotz dieser Festste]lungen und des Vor- liegens z~hlreieher ~ormaler EKG war es uuch jetzt sehwierig nuch 15jghriger Erkr~nkung den P~tienten psychisch yon dem schweren Leiden seiner vermeintliehen Coronarsklerose zu erlSsen. D~her lehnte er auch die vorgesehl~gene orthop~dische Wirbelsgulenbehandlung ~b.

dieser Zei t innerha]b des Normalbere ichs und p rak t i s ch unver/~ndert, ebenso war das Ba] l i s tokard iogramm im Al te r yon 57 J a h r e n normal . Auch die schwers ten Anf£11e h a t t e n keinen Einflu• auf Lcukocytenzahl , E S Z und Tempera tu rve r l au f , noch auch - - yon un- be t r~cht l ichen ku rzdaue rnden Schwankungen abge- sehen - - auf die HShe des Blutdrueks . Liel~ schon die Gesamthe i t dieses kl inischen Bildes eine Coronarsklerose als Ursache aussehlieBen, so zeigte das RSntgenb i ld e indeut ig die zugrunde l iegende for tgesehr i t tene Er - k r ankung der Halswirbels~ule und sehloI~ d a m i t den Beweisr ing fiir das Vorl iegen eines pseudo-anginSsen ~Turzelsyndroms. Diagnost isch bedeu t sam war aueh die Vergese]lsehaftung des Syndroms mi t t t i n t e r h a u p t s - kopfschmerz sowie Schwindel be im Drehen des Kopfes , beides Ersche inungen der gleiehen Genese, die bei sorgf~ltiger Anamnesenerhebung berei ts fr i iher auf den wahren Charak te r der E r k r a n k u n g h£ t t en hinfi ihren k6nnen. Trotz dieser Sachlage wurde die Diagnose des pseudo-angin5sen Wurze l syndroms w~hrend ffinf- zehn J ah ren yon ke inem der Jh.zte in Be t r ach t gezogen, die der K r a n k e in n icht geringcr Anzah] zu Ra t e zog und worunter sich mehrere erfahrene SpeziMisten und ein Kard io loge yon Wel t ru f be- fanden. Zwar bekann te sieh keiner yon ihnen often zm- Diagnose der Coronarinsuffizienz; da sic jedoch keine annehmbare diagnost ische Al t e rna t ive anzu- bieten hatten, fielder Kranke mit seinen Faehkennt- nissen zwangslgufig der Annahme zum Opfer, dal~ man ibm die schlimme Wahrheit verbergen wollte, eine Vor- stellung, die sein Leben fiinfzchn Jahre vergiftete und dann nicht mehr aus seinem ~opf auszutreiben war.

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• lg. ~6, ]~eft ~6 F~ITZ MAI~ZEI~: Atypisehe Anghia pectoris 759 15. August 1958

Fall 9. U. P. 1957. Die Geschichte dieses Kranken ahnelt dem vorberichteten

Fall in vielen Einzelheiten einer die Behandlung lange Jahre beherrsehenden irrtiimliehen Deutung, ist aber dadureh nn- gewShnlieh ~nteressa~t, dab es im Laufe einer mehrwSehent- lichen Beobaehtnag gelang, vSllig einwandfrei das Neben- einanderbestehen eines sehweren pseudo-anginSsen Wurzet- syndroms and eines im Verlauf einer paroxysmaten Hypertonie nur sporadiseh auftretenden, wenig bedeutsamen, eehten A.p.~ Syndroms zu erweisen and beide dureh eine jeweils/~tiologisch ausgerichtete Therapie zu beseitigen.

Ein jetzt 65j~hriger l~echt~sanwalt litt seit 14 Jahren an A~f~llen yon Pr~kordialsehmerz im Bereieh der linken Brust- warze, nieht selten mit Atemnot verbnnden. Diese traten vor- zugsweise brim ruhigen Sitzen, besonders hgufig auch w/~hrend der Bettruhe anf, nur ganz ausnahmsweise bei rtistigem Gehen, sonstiger kSrperlicher Anstrengung oder seelischer Em-egung. Aneh bei wiederholtem Aufenthalt im tIochgebirge (etwa 2500 m HShe) waren FuBwanderungen besehwerdefrei ge- wesen. Dagegen traten die Sehmerzen ziemlieh regelmgSig auf, wenn der Patient einen leiehten Koffer oder selbst nur eine wohlgefiillte Aktenmappe in der linken Hand (nicht abet in der rechten) zu tragen versuchte. Die Migempfindung war yon m~i.Biger bis heftiger Intensit~t und ko~mte eine halbe bis mehrere Stunden anhaIten, was h~ufig zu Sehlafs~Isangen An- lab gab, Nitroglycerin war ohne Wirkung.

In den Jahren 1944--1957 w~ren yon 4 ~rzten insgesamt 7 EKG-Kurven aufgenommen women; mit einer einzigen Aus- nahme (2/IV/57), auf die sparer zurtiekzukommen sein wird, waren sie a.lle im Normalhereieh und miteinander sowie mit der yon u~s sparer, im Dezember 1957, aufgenommenen Kurve identiseh. Zwar wurde angesiehts dieser Saehlage dem Kran- ken gegeniiber die Diagnose zumeist in der Sehwebe gelassen oder yon ,,nervSsem Spasmus" gesproehen, was fiir de~ in- telligenten, urtNlsfi~higen and psyehiseh wohl ausgegliehenen N[ensehen wenig befriedigend war; doch war die Behandlung trotzdem unausgesproehen yon dam Leitmotiv der Coronar- insuffizienz beherrseht. Eine Ansnahme yon dieser unent- sehiedenen ~irztlichen Haltung bildete eine Episode, die sieh im Friihjahr 1956 abspielte. Damals hatte der Krar/ke n~ehtlieher- weile einen vielstiindigen, besoMers quglenden Anfall des Pr~kordialsehmerzes nnd wurde daraufhin trotz stabilen Blut- druckes, unver~nde~i no~,maler ESZ und KSrpertemperatnr und bei Abwesenheit jedes elektrokardiographischen At~halts- punktes zwccks Behandlung des vorgebliehen Myokardinfark- tes zu einmonatlicher Bettruhe verurteilt.

Bereits mehrere Jahre vorher hatte der Kranke an anfalls- weise auftretendemHinterhauptskopfsehmerz gelitten; bei einer dieserhalb vorgenommene~ RSntgemmtersuehung h~%te sieh eine ausgesproehene eervieale Spondylarthritis herausgestellt. Der weitere Sehritt, die mSgliche Beziehung dieses Befundes zu den I-Ierzbeschwerden ins Ange zu fassen, wurde jedoeh tiber die Jahre hin nieht getan. Als im Herbst 1957 abermals ein ganz sehwerer Aafall yon ngehtlichem IIerzschmerz auf- getreten war, wurde der Verfasser zugezogen.

Der im folgenden wiede~gegebene Befund wurde nur so- welt nnmittelbgr erhoben, als das pseudo-anginSse WurzeL syndrom in Frage kam. Dagegen erforderte die Differenzierung yon der gleichzeitig bestehenden A.p. eine mehrwbehentliche Beobachtnngszeit.

Die nunmehr vervollstiindigte Rbntgennntersuehung der gesamten Wirbelsa, ule zeigte in ihrem ganzen Bereich, mit Aus- nahme des unte~ten Teiles die hochgr&digsten Veranderungen: enorme Osteophyten, die vielfach an den Vorder- und Seiten- fl~chen der Wirbel zur Briiekenbildung geftihrt hatten, Ver- engerung der Zwisehenwirbe]r~ume infolge Degeneration der teilweise verkalkten Zwisehenwirbelseheiben, wobei die Kon- turen der WirbelkSrper an vielen Stellen wie angefressen er- schienen; aueh die kleinen Wirbelgetenke waren sehwer ver- gndel%. Am weitesten war die Erkrankung in HShe yon C 6 und C 7 fortgesehritten. Die Halswirbels~ule war in ausge- dehntem Bereich stark druekempfindlieh. Bereits fiir sieh allein anssehlaggebend ftir die Diagnose war aber der bei diesem Kranken (als einzigem arts der vorliegenden t~eihe) er- hobene Befund, dab Lagemanipulation der Wirbels~ule (so- wohl reehts wie links: Hebe~ des Armes tiber SeheigelhShe mit gleichzeitiger Beugung des l~tickens und Drehung des Kopfes naeh der Seite der manipulierten Extremit~t) den typischen Anfall yon prgkordialem ,,IIerzsehmerz" regelmgBig auslSsen konate; r~ach Rtickkehr in die Ruhelage hielt jedoeh die MiB- empfindung noeh geraume Zeit an. Charakter und Lokali- sation des Schmerzes wurden vom Krankea Ms vSllig gleieh-

Klin. Wschr., 36. Jahrg .

artig mit der Empfindung der rt~ehtlichen Herzanfglle an- gegeben. Das im Dezember ]957 geschriebene EKG war gegen- tiber den Voraufnahmcn unver~ndert und innerhalb des Nor- malbereiehs. Die l~Sntgenuntersuehung des Herzens zeigte regelreehte Mafte, and die Kontur war ohne Besonderheiten, mit Ausrtahme einer stark abgerundeten, oberh~Ib des Zwerch- felles gelegenen Herzspitze (Ursaehe: siehe sparer!). Der Bint- druek hielt sieh bei mehrwSehentlieher Kontrolle zwisehen 150/90 und 160/90 mm Jig. Die Diagnose des pseudo-anginSsen Wurzelsyadroms war mit diesen Gegebeuheiten gesiehert. Die Extensionsbeha~dlung der Wirbels~nle, die bei der ersten Kranken der hier mitgeteilten Reihe ein so ansgezeiehnetes Ergebnis gezeitigt hatte, versagte. Dagegen wurde mit einer Anzahl yon Novoeaininfiltrationen (10 Irffiltrationen, Novo- cain 1%ig, 50 cm 3) der ]inksseitigen Thoraxwand im Bereieh der Segmente C 6 und C 7 eine bercits seit Monaten anha]tende vSllige Anfallsfreiheit erzielt. (Der Erfolg dieser Therapie stellt tibrigens kein weiteres Argument ftir den ver~ebrMen Ur- sprung des Herzsehmerzes dar, well die Novoeaininfiltxation der Brustwand nach dem ¥%rgange yon LE~AII~ ~3 ~ unter Um- st~nden, auf die bier nieht n~her eingegangen werden sell, 6ftcr auch bei echter A.p. gnte Behandlungsergebnisse zeitigt.)

Wg~hrend der Beobachtungszeit kam es bei einer Gelegen- heir zu einer Hochdruck-Krise mit Bintdrnek~Anlstieg auf 195/90 ram, einem Zustand, der mehrere Tage anhielt. W~i.h- rend dieser Zeit verspiirte der Kranke zu wiederhoIten Malen beith schnellen Gehen eine retrosternale Beklemmung, die sieh beim Stehenbleiben sofort verfltichtigte. Ansehliegend stellte sich herans, dab bereits in den vorausgegangenen Jahren einige Krise~ dieser Art mit gleiehen Erscheinungen aufge- treten waren. Dieser Retrosternaldruek wurde jedoeh yon dem Kranken als in Charakter und Lokalisation dnrehaus ver- sehieden yon dem viel hgufigeren and heftigeren, linksseitigen Pr~kordialsehmerz der vorzugsweise ii~chtliehen Herzan~lle empfunden. Das einzige EKG, welches (wie oben erwghnt) nieht einwandfreiim Normalbereieh lag (2/IV/56), war w~hrend einer solchen Hoehdruek-Krise geschrieben worden. Es war im Gegensatz zu den iibrigen Kurven dnrch die folgenden Ver- /inderungen gekelmzeietmet: geringfiigige Senkung der ST- Streeke nnter die Null-Linie in Ableitung 1, 2, aVL and aVF; in den Ableitungen 2, aVL und aVF folgte darauf ein stark ab- geflaehtes positives T mit scharfwinklig beginnendem, gerad- linig ansteigendem Ast (wie es haufig brim positiven Arbeits- versuch gefunden wird); in Ableitung 1 war T iso-elektI~seh. Dutch prophytaktisehe Behandlung mit geserpin and Gan- glionbloekern konnten die Hoehdruek-Krisen und mit ihnen auch die AnfNle yon Arbeits-A.p. unterdriiekt werden.

Hier handelt es sieh also um ein gleiehzeitig bestehendes, aber ~ur w~hrend der Hochdruek-Krisen auftretendes echtes A.p.-S~mdrom, das jedoch dureh seine Entstehungsbedin- gunger~ und seine abweichende Erseheinungsweise unsehwer vom pseudo-anginSsen Wurzelsyndrom untersehieden warden konnte. Die fltichtigen EKG-Anomalien waren als Auswir- kungen der Linkstiberlastung dureh den vortibergehenden Hochdruek zu deuten; das gMehe galt ffir die geringffigige Abweiehung der r6ntgenologisehen Herzkontnr.

Epil~rise. Ei n 65jghriger t~echtsanw&lt I i t t andert- halb Jahrzehnte an heftigen angin6sen Besehwerden. die sich durch ihren atypischen Charakter : Unab- h/~ngigkeit yon Ans t rengung und Erregung, vorwie- gendes Auf t re ten im Liegen oder bei Bela~stung des l inken Arms, lange Dauer, Unbeeinf]uBbarkeit durch Nitroglycerin, dureh ein tiber Jahre hinaus unver/ in. dertes normales E K G sowie durch das gleichzeitige Bestehen yon anfa]lsweise auf t re tendem Hinterhaupts- kopfschmerz auszeichneten. Dureh den rSntgenolo- gisehen Nachweis einer sehwersten eervieMen u n d thorakalen Spondylar thr i t is (ira l~ahlnen einer Er- k rankung der gesamten Wirbelsgule) sowie dutch die wiederholte experimentelle Provokat ion des I-Ierzanfalls vermit tels Lagemaniputa t ion der Wh-belsgule war es m6glieh, die Krisen einwandfrei Ms Ausdruck des pseudo-anginSsen Wurzelsyndroms zu erweisen. Ob- wohl die einsehlggige Na tu r des Hin terhauptkopf- sehmerzes frfihzeitig erkalmt worden war, gingen ffinf A_rzte, worunter ein Kliniker yon europ£ischem Ruf, an der r iehtigen Deu tung der Pseudo-Angina vorbei.

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760 D. K~O~R: ~ber die Ausscheidm~g saurer Phosphatase im Urin K1inische Wochenschrift

D a n e b e n t r a t e n ge legen t l i che H o c h d r u e k - K r i s e n y o n mehr t / ig ige r D a u e r auf, in de ren Ver l au f s ieh y o n d e m o b e n be seh r i ebenen S y n d r o m s y m p t o m a t i s e h vSl l ig ve r seh iedene Anfg l l e y o n Arbe i t s -A .p . e ins te l l ten .

Die vo r l i egende K r a n k e n g e s e h i e h t e v e r a n s e h a u l i e h t d a m i t in u n g e w 6 h n l i e h e r Weise das N e b e n e i n a n d e r - b e s t e h e n eines p seudo -ang in6sen W u r z e l s y n d r o m s u n d e iner (nu t u n t e r b e s o n d e r e n B e d i n g u n g e n aufgre ten- den) e c h t e n A.p. , wetehe d u r c h ihre un t e r s ch i ed t i ehen E r s e h e i n u n g s w e i s e n n n s e h w e r d i f fe renz ie r t w e r d e n k o n n t e n .

A u f G r u n d de r M a e k e n z i e s c h e n Vor s t e l l ungen u n d v e r w a n d t e r Be~raeh~ungsweisen a~a, a~ a, ~, ~0 a f iber die B e d e u t u n g de r s o m a t i s e h e n K o m p o n e n t e ifir den Vis- ce ra l sehmerz l iegt es nahe , p a t h o g e n e t i s e h e Bezie- h u n g e n zwisehen den be iden hier ve rgese l l s cha f t e t en Synch 'omen des H e r z s c h m e r z e s ins A u g e zu fassen. D a j edoeh die vo r l i egende B e o b a e h t u n g k e i n e n n e u e n Bei - t r a g zu dieser F r a g e l iefer t , sell die (rein theore t i sche) E r S r t e r u n g un te rb le iben .

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i 3 B E R D I E A U S S C H E I D U N G S A U R E R P H O S P H A T A S E I M U R I N A L S R E I F E Z E I C H E N BEII~I M A N N L I C H E N J U G E N D L I C H E ~ N

Yon

D. K ~ o R ~

Aus der Universit/its-Kinderklinik ~iinchen (Direkt~)r: Prof. Dr. A. WIS~OTT)

D e r s u b j e k t i v e n s o m a t o s k o p i s c h e n B e u r t e i l u n g des l~e i fungsgrades g u g e n d l i c h e r s t ehen n u r wenige ob jek- t i r e b io log i sehe u n d c h e m i s e h e K r i t e r i e n zur Sei£e. D e r g e n a u d e t e r m i n i e r t e n M e n a r c h e e n t s p r i c h t b e i m J u n g e n de r sehwer f a g b a r e T e r m i n des A u f t r e t e n s re i fe r S p e r m a t o z o e n . C h e m i s c h e u n d b io log i sche U n t e r s u e h u n g e n b i l den d a h e r b e i m J u n g e n eine w e r t v o l l e Erg/~nzung des ICeifungssta tus .

Als z e n t r a l e r R e i f u n g s i m p u l s 1//gt s ich das Auf- ~re ten grSBerer M e n g e n gonadot , r o p e r H o r m o n e , we lche s u c h in d e n H a m i ibe r t r e t en , ansp rechen . D e r i m

H a m ausgesch i edene Gonado~rop inan te i l , we l ehe r e in G e m i s e h aus F S H n n d I C S H dars te l l t , 1/£1~t sieh bio- logisch b e s t i m m e n . HAI~ 1 u n d MOORE 2 b e f a g t e n s ich e i n g e h e n d m i t de r R e l a t i o n G o n a d o t r o p i n a u s s c h e i d u n g u n d P u b e r t i i t .

E b e n s o lassen s ich aus d e m U r i n die geseh leeh ts - spez i f i schen H o r m o n e isol ieren. A n d r o g e n e e n t s t a m - m e n j e d o c h n i c h t n u r den Testes , sonde rn s u c h der N e b e n n i e r e n r i n d e . K l e i n e A n d r o g e n m e n g e n w e r d e n b io log i seh schon v o r de r Puber t~ i t im U r i n y o n K n a b e n g e f u n d e n s-5.