auffälliger tastbefund der brust bei negativer mammographie

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Der Gynäkologe 1297 978 Zum Fall... Eine Patientin unter 40 Jahre, Krebserkrankungen in der Familie, aber kein Mammakarzinom. Mammographie 1988 unauffällig. Juli 1991: Untersuchung wegen eines von ihr selbst getasteten Knotens im oberen äußeren Quadranten der rechten Brust. Palpationsbefund des Gynäkologen: knotige fibrozystische Mastopathie, Mammographie o.B. September 1992: Größenzunahme der palpatorischen Veränderungen in der rechten Brust. Mammographie: kein malignitäts- verdächtiger Befund. Sonographie zeigt eine deutliche Wachstumstendenz. April 1994: Erneute Untersuchung der Brust mit Mammographie, die den dringenden Verdacht eines Brustkrebses ergab. Histologische Untersuchung: 3 cm großes invasives Karzinom vom duk- talen Typ. ? Wann hätte der beschuldigte Gynäkologe trotz der negativen Mammographie 1991 und 1992 eine Klärung des auffälligen Palpa- tionsbefundes herbeiführen müssen? Gutachterkommission: Spätestens im Herbst 1992 wären auch bei negativem Mammogra- phiebefund weitergehende Untersuchungen notwendig gewesen. Medizinrecht Die Verkennung eines Mammakarzinoms infolge eines nicht abgeklärten auffälli- gen Palpationsbefundes ist häufig Gegenstand eines Antrages zur Über- prüfung der ärztlichen Behandlung bei der Gutachterkommission für ärztliche Behandlungsfehler der Ärztekammer Nordrhein. So ergingen in der Zeit von Dezember 1975 bis 30.06.1997 1.701 gutachterli- che Bescheide aus dem Fachgebiet der Gynäkologie und Geburtshilfe, davon Verkennung eines Mammakarzinoms in 67 Fällen und mit fehlgedeutetem Palpationsbefund in 37 Fällen (über 50%). Im Zeitraum vom 01.01.1995- 30.06.1997 waren es 26 Fälle mit Ver- kennung eines Mammakarzinoms und 21 mit Verkennung des Palpationsbe- fundes. So der folgende Fall. Kommentar Bei der klinischen Untersuchung der Brust ist folgende Unterscheidung an- gezeigt: Die Palpation der Brust ist un- verdächtig bzw. der Palpationsbefund ist auffällig oder verdächtig (suspekt). Ein bei der klinischen Untersu- chung auffälliger oder suspekter Be- fund muß durch weitergehende Unter- suchungsmethoden abgeklärt werden, um mit höchster Wahrscheinlichkeit die Dignität festzustellen.Von der Form der palpierten Veränderungen sind Ver- mutungen über die Art der Verände- rung möglich. Ein Herdbefund, wie z.B. ein tastbarer Knoten, ist mit Ausnahme einer scharf abgegrenzten Zyste als krebsverdächtig anzusehen. Wann ist eine Abklärung durch Mammographie aufgrund des Palpationsbefundes angezeigt? Jeder auffällige oder verdächtige (auch fraglich verdächtige) Palpationsbefund bedarf einer bildgebenden Abklärung. Durch die Mammasonographie kann eine Zyste korrelierend zur klinischen Veränderungen eindeutig diagnosti- ziert werden. Die Mammographie er- kennt insbesondere Mikroverkalkun- gen als indirekten Hinweis auf intra- duktale Proliferationen. B. Weber 1 • D.S. Mosny 2 • L. Beck 2 1 Gutachterkommission für ärztliche Behandungsfehler, Ärztekammer Nordrhein, 2 Universitäts-Frauenklinik, Düsseldorf Aus der Gutachterkommission für ärztliche Behandungsfehler,Ärztekammer Nordrhein Auffälliger Tastbefund der Brust bei negativer Mammographie Welche Kontrollen sind erforderlich? Redaktion H.G. Bender, Düsseldorf L. Beck, Düsseldorf Gynäkologe 1997 · 30: 978-979 © Springer-Verlag 1997 Dr. Beate Weber Gutachterkommission für ärztliche Behandungsfehler, Ärztekammer Nordrhein Tersteegen Straße 31, D-40474 Düsseldorf

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Der Gynäkologe 12•97978

Medizinrecht

Zum Fall...

• Eine Patientin unter 40 Jahre,Krebserkrankungen in der Familie,aber kein Mammakarzinom.

• Mammographie 1988 unauffällig.• Juli 1991: Untersuchung wegen eines

von ihr selbst getasteten Knotens imoberen äußeren Quadranten derrechten Brust.Palpationsbefund des Gynäkologen:knotige fibrozystische Mastopathie,Mammographie o.B.

• September 1992: Größenzunahmeder palpatorischen Veränderungen inder rechten Brust.Mammographie: kein malignitäts-verdächtiger Befund.Sonographie zeigt eine deutlicheWachstumstendenz.

• April 1994: Erneute Untersuchungder Brust mit Mammographie, dieden dringenden Verdacht einesBrustkrebses ergab.Histologische Untersuchung: 3 cmgroßes invasives Karzinom vom duk-talen Typ.

? Wann hätte der beschuldigte Gynäkologetrotz der negativen Mammographie 1991und 1992 eine Klärung des auffälligen Palpa-tionsbefundes herbeiführen müssen?

Gutachterkommission: Spätestens im Herbst1992 wären auch bei negativem Mammogra-phiebefund weitergehende Untersuchungennotwendig gewesen.

Medizinrecht

Die Verkennung eines Mammakarzinomsinfolge eines nicht abgeklärten auffälli-gen Palpationsbefundes ist häufig Gegenstand eines Antrages zur Über-prüfung der ärztlichen Behandlung beider Gutachterkommission für ärztlicheBehandlungsfehler der ÄrztekammerNordrhein.So ergingen in der Zeit von Dezember1975 bis 30.06.1997 1.701 gutachterli-che Bescheide aus dem Fachgebiet derGynäkologie und Geburtshilfe, davonVerkennung eines Mammakarzinoms in 67 Fällen und mit fehlgedeutetemPalpationsbefund in 37 Fällen (über50%). Im Zeitraum vom 01.01.1995-30.06.1997 waren es 26 Fälle mit Ver-kennung eines Mammakarzinoms und21 mit Verkennung des Palpationsbe-fundes. So der folgende Fall.

Kommentar

Bei der klinischen Untersuchung derBrust ist folgende Unterscheidung an-gezeigt: Die Palpation der Brust ist un-verdächtig bzw. der Palpationsbefundist auffällig oder verdächtig (suspekt).

Ein bei der klinischen Untersu-chung auffälliger oder suspekter Be-fund muß durch weitergehende Unter-suchungsmethoden abgeklärt werden,um mit höchster Wahrscheinlichkeitdie Dignität festzustellen.Von der Formder palpierten Veränderungen sind Ver-mutungen über die Art der Verände-rung möglich. Ein Herdbefund, wie z.B.ein tastbarer Knoten, ist mit Ausnahmeeiner scharf abgegrenzten Zyste alskrebsverdächtig anzusehen.

Wann ist eine Abklärung durch Mammographie aufgrund desPalpationsbefundes angezeigt?

Jeder auffällige oder verdächtige (auchfraglich verdächtige) Palpationsbefundbedarf einer bildgebenden Abklärung.Durch die Mammasonographie kanneine Zyste korrelierend zur klinischenVeränderungen eindeutig diagnosti-ziert werden. Die Mammographie er-kennt insbesondere Mikroverkalkun-gen als indirekten Hinweis auf intra-duktale Proliferationen.

B.Weber1 • D.S. Mosny2 • L. Beck2 • 1Gutachterkommission für ärztliche Behandungsfehler,Ärztekammer Nordrhein, 2Universitäts-Frauenklinik, Düsseldorf

Aus der Gutachterkommission für ärztliche Behandungsfehler,Ärztekammer Nordrhein

Auffälliger Tastbefund der Brust bei negativer Mammographie

Welche Kontrollen sind erforderlich?

RedaktionH.G. Bender, DüsseldorfL. Beck, Düsseldorf

Gynäkologe1997 · 30: 978-979 © Springer-Verlag 1997

Dr. Beate WeberGutachterkommission für ärztliche Behandungsfehler, Ärztekammer NordrheinTersteegen Straße 31, D-40474 Düsseldorf

Der Gynäkologe 12•97 979

Bei der adulten Brust während derGeschlechtsreife kann aufgrund desdichten Drüsenkörpers die Aussage-kraft der Mammographie einge-schränkt sein, so daß hier die Mamma-sonographie großzügiger indiziert wer-den sollte.

Tastbefund auffällig oder verdächtig,Mammographie negativ – WeiteresProcedere?

Bei suspektem Tastbefund ohne ent-sprechendem Korrelat in der Mammo-graphie ist zunächst die Mammasono-graphie mit einer zugelassenen Ultra-schallsonde (mindestens 7,5 Mhz) indi-ziert.

Wenn auch durch diese Untersu-chung keine eindeutige Aussage ge-macht werden kann, ist in begründetenFällen, z. B. Narbe oder Tumor, eineKernspinresonanz-Mammographie an-gezeigt; evtl. müssen die bildgebendenUntersuchungen nach 12–24 Wochenwiederholt werden.

Alle Herdbefunde mit Befundkon-stanz oder Befundzunahme, außerscharf abgegrenzte Zysten ohne Zysten-wandproliferationen, sind zunächst alskrebsverdächtig anzusehen und bedür-fen einer histologischen Sicherung,auch wenn der Mammographiebefundnegativ ist. Auch Fibroadenome könnemaligne entarten oder mit Malignomenverwechselt werden (z.B. medulläresCA), so daß bei sonographischemNachweis mindestens eine ultraschall-gesteuerte Stanzbiopsie (z.B. Hochge-schwindigkeitsstanze) mit Bilddoku-mentation der Nadelspitze zu erfolgenhat.

Literatur1. Schulz K-D, Duda V, Schreer I, Heywang-

Köbrunner SH (1997) Möglichkeiten derBrustkrebsfrüherkennung. Gynäkologe,30:631-636

Enzyklopädie Naturwissenschaft undTechnik

2., vollst. überarb. Aufl.; Landsberg: eco-med,1996. Loseblattwerk mit Leinenordner, ca.850 S.. Inkl. CD-ROM,(ISBN 3-609-75790-6). DM 198,–Seitenpreis für Ergänzungslieferungen:DM 0,72

Der Blick über denTellerrand ist beson-ders dann wichtig,wenn sich aus Wis-senschaft und For-schung immer hefti-ger die Flut neuer Er-kenntnisse auch undgerade über denMediziner ergießt.Um Medizin nicht nur als Methode, sondernals Wissenschaft zu verstehen, müssen Basis-kenntnisse erworben, und dieses Wissen muß imschnellen Wandel der Zeit immer wieder justiertwerden. Nur durch die Bereitschaft, komplexe Fra-gestellungen aus allen Sparten der Technik in diepsychologische, soziale und biologisch-medizini-sche Betrachtung der Pathogenese einzubezie-hen, erschließen sich dem Arzt neue Handlungs-räume, wie z.B. den der Umweltmedizin. Der Be-griff Gesundheit, um den ärztlich und philoso-phisch seit 2 Jahrtausenden gerungen wird, wirdim Präventionsgedanken wieder und neu in Fragegestellt. Der Patient tritt als Partner auf, und derArzt wird in die Rolle des Beraters gezwungen.Hier muß er Rede und Antwort auf Fragen geben,deren naturwissenschaftliche Hintergründe ihmnicht immer vertraut sind.

Deshalb wird hier auch ein Werk bespro-chen, das von seinen Inhalten her eigentlich keinmedizinisches ist. Erstmals wurde 1979 die Enzy-klopädie über Wissenschaft und Technik verlegt.Sie ermöglicht in der neuen Auflage einen gera-dezu spielerischen Ausflug über 800 Seiten undrund 4000 Stichwörter durch eine weite Wissens-landschaft. Der Leser findet eine Vielzahl an wich-tigen und interessanten Informationen, diedurchaus in den Dialog der Sprechstunde ein-fließen können. Das System an Querverweisen istsowohl in der Ausgabe des Loseblattwerks alsauch im schnellen Zugriff der CD ROM ausgefeilt.An wichtigen Stellen werden die Schlagworte derEnzyklopädie durch kurze Essays vertieft. Hand-buch und CD-ROM verkörpern so den rasantenFlug, den die Wissenschaft heute nimmt und stel-len sich dem Anspruch, den die Menschen an jedewissenschaftlich begründete Intervention stellen– also auch an die Medizin. Beide zusammen,Buch und CD-ROM, rechtfertigen den Preis vonDM 198.

U. K. Lindner (Heidelberg)

M. DörenHormonsubstitution in Klimakteriumund Postmenopause

Stuttgart, New York: Thieme, 1997. 116 S.,24 Abb., 30 Tab., (ISBN 3-13-107361-6),flex. TB, DM 29,80

Dieses Buch soll zum einen auf die Facharztprü-fung vorbereiten und zum anderen spricht derAutor auch diejenigen Gynäkologen an, die sichein kompaktes Kompendium zur täglichen Praxis-hilfe wünschen.

Es ist schon erstaunlich, wie der Autor aufknapp 300 Seiten die ganze Gynäkologie und Ge-burtshilfe dargestellt hat. Kein Thema wird ver-nachlässigt oder zu kurz behandelt. Der Aufbauist logisch. Die Therapieformen werden prägnantdargestellt.

Dieses Buch ist in der Tat auch ein Erfah-rungsschatz, auf den der niedergelassene Gynä-kologe oder der im Krankenhaus tätige Facharztgern und leicht zurückgreifen kann. Um nur einBeispiel zu nennen: Im Kapitel „Unerfüllter Kin-derwunsch“ wird die Spermaaufbereitung mit ei-ner so knappen, jedoch völlig ausreichenden Be-schreibung dargestellt, daß der diese Methodenoch nicht Anwendende jederzeit in der Lage ist,diese Spermaaufbereitung durchzuführen. In ei-nem irrt allerdings der Autor, bei der Beschrei-bung des Screenings in der Schwangerschaft istder Nüchtern-Blutzucker bislang noch nicht in dieobligaten Laboruntersuchungen aufgenommenworden.

Nichtsdestotrotz kann dies in einer Neuauf-lage berücksichtigt werden. Bis dahin ist demBuch eine weite Verbreitung zu wünschen.

J.V. Stockert (Pforzheim)

Buchbesprechung