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Aufstieg Deutschland - Kurzfassung - Vom kranken Mann zum Popeye Henner Lüttich

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Page 1: Aufstieg deutschland kurzfassung

Aufstieg Deutschland - Kurzfassung -

Vom kranken Mann zum Popeye

Henner Lüttich

Page 2: Aufstieg deutschland kurzfassung

Henner Lüttich:Henner Lüttich studierte bis 1983 Betriebswirtschaftslehre an der Westfäli-schen-Wilhelms-Universität WWU Münster. Studienschwerpunkte: Marketingund Statistik.

Nach Studienabschluß trat der Diplom-Kaufmann als geschäftsführenderGesellschafter in die familieneigene CONTOR GmbH ein. Die Unterneh-menstätigkeit lag in der Beratung von Kommunen bei der Umnutzung brach-liegender Industrieareale und der Beratung von Industrie- undGewerbebetrieben bei der Standortsuche. Er legte einen neuen Schwerpunktauf die wirtschaftliche Sanierung notleidender Unternehmen. Im Zuge dieserSanierungsarbeiten wurde mehrfach die Investition an falschen Standortenals Auslöser für die Notsituation der Unternehmen ausgemacht. Mit dieser Erkenntnis begann er 1996 mit der systematischen Erarbeitungeines neuen multivariaten statistischen Verfahrens zur Standortsuche fürUnternehmen. Bis heute wurde dieses Verfahren um Ranking- und Struktur-analysen ergänzt.

2007 stellte er mit dem Online-Analysemodell CONTOR-REGIO daswahrscheinlich erste Analysetool Europas vor, das simultane Standort- undStrukturanalysen sämtlicher Gemeinden Deutschlands und aller EU-Regio-nen online erlaubt. Henner Lüttich war jahrelang als Dozent an der Immobilienakademie derEBS, European Business School in Oestrich-Winkel, tätig. Er fertigte Studienfür namhafte Pressemedien wie dem Manager-Magazin, Capital oder Finan-cial Times Deutschland. 2007 veröffentlichte er zusammen mit Prof. Dr.Jürgen Weigand von der WHU, Otto Beisheim School of Management dasBuch „Boomplaces 2010“. Seitdem erscheinen in der Reihe „Standortkom-pass CONTOR“ Studien und Bücher zum Thema Standort. Er berät Unternehmen bei der Standortwahl, der Analyse vorhandenerStandorte und bei Immobilien-Investments sowie Städte und Regionen beider Analyse ihrer Standorte. Weitere Informationen finden sich auf:

http://www.thema-standortanalyse.dehttp://www.contor.org

CONTOR Gesellschaft für Grundbesitz- Baubetreuung- Investitionen mbHTenderingsweg 7, 46569 Hünxe, Tel: +49 (0) 2064 / 31809 , e-mail: [email protected]

Internet: http://www.contor.org und http://www.thema-standortanalyse.deAmtsgericht Duisburg HRB 10648, Geschäftsführer: Henner Lüttich

Bankverbindung: Sparkasse Dinslaken-Voerde-Hünxe, BLZ 352 510 00, Konto-Nr. 132 720IBAN DE66 3525 1000 0000 1327 20, BIC (SWIFT-Code) WELADED1DIN

USt-IdNr.: DE119061271

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Vorbemerkung

Bei diesem Dokument handelt es sich um einen zusam-menfassenden Auszug aus dem Buch „Aufstieg Deutsch-land“. Ziel und Zweck der Studien sind erklärt, dieangewandten Methoden werden genannt sowie die Ergeb-nisse der Studien aus deutscher Sicht beschrieben.Ausführliche Zahlenwerke und Graphiken sind in dieserZusammenfassung nicht enthalten. Diese finden sich imBuch „Aufstieg Deutschland“. Die Originalstudien könnenals Buch erworben werden oder die älteren Studien„Standorte typisierter Unternehmen in Europa“, „Deutsch-land - Österreich“ und „Deutschland 2010“ als PDF-Doku-mente direkt beim Autor bezogen werden.

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Inhaltsverzeichnis

Seite

1. Einführung 1

2. Situation und Stimmung vor 2004 3

3. 2004: Standorte typisierter Unternehmen in Europa 83.1. Fazit „Standorte typisierter Unternehmen in Europa 10

4. 2005: Deutschland - Österreich 12

5. 2005: Deutschland 2010 155.1. Fazit der Studie „Deutschland 2010“ 18

6. 2007: Boomplaces 2010 206.1. Fazit „Boomplaces 2010“ 24

7. 2010: Zukunftsregionen EU 267.1. Fazit „Zukunftsregionen EU“ 29

8. 2011: Die Robustheit der EU-Staaten 318.1. Fazit „Die Robustheit der EU-Staaten“ 33

9. Vom kranken Mann zum Popeye 35

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1. Einführung

Deutschland hat in den letzten 10 bis 15 Jahren eineerstaunliche Entwicklung durchlebt. Während es um dieJahrtausendwende noch der kranke Mann Europas war,gehört es wenige Jahre später zu den Ländern in der EUmit einer positiven wirtschaftlichen Entwicklung undebenfalls positiver Prognose. Aufgrund seiner Größe undWirtschaftskraft ist es daher auch das einzige Land, dasdie Möglichkeit besitzt, Lokomotive für den Wirtschafts-raum Europa zu werden und positive Akzente für diewirtschaftliche Entwicklung Europas zu setzen. Momen-tan spricht auch der Internationale Währungsfonds IWFin seinem Länderbericht davon, daß Deutschland einwichtiger Anker der regionalen Stabilität ist.

Der Autor hat diese Entwicklung Deutschlands als Stand-ortberater und Standortanalytiker für Unternehmen oderImmobilien-Investoren verfolgt. In seinen Wirtschafts-und Standortanalysen, die in Zeitschriften wie demManager Magazin, der Zeitschrift Capital oder der Finan-cial Times Deutschland veröffentlicht wurden, spiegeltsich genau diese Entwicklung. Dabei ist es ihm gelungen,diese Entwicklung zu einem Zeitpunkt vorherzusehen,„an dem dies noch ziemlich absonderlich klang“, wie dasManager Magazin bestätigte.

Insbesondere für die Zeitschrift Manager Magazinwurden mehrere Studien mit dem Ziel erstellt, dieStellung deutscher Regionen und die Standortqualitätdeutscher Regionen für verschiedene Industriebereicheim europäischen Umfeld zu untersuchen. Gerade anhanddieser Studien läßt sich der Weg Deutschlands in denletzten 10 bis 15 Jahren vom kranken Mann Europas

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zum vor Kraft strotzenden Popeye sehr gut und einfachnachvollziehen. Dies soll im Folgenden geschehen.

Diese Entwicklung ist durch verschiedene Wirtschaftsre-formen der Jahre 2003 und nachfolgend in Deutschlandverursacht oder doch zumindest angestoßen worden. DieZahlen und Fakten aus den Studien bestätigen dies.Über Ursache und Wirkung in der Wirtschaftspolitik wirdhäufig und heftig gestritten. Die Zusammenhänge sindderartig vielfältig und komplex, daß eine eindeutigeAussage darüber zumeist kaum gegeben werden kann.Die Ergebnisse der Contor-Studien legen jedoch starkeZusammenhänge zwischen Reformen und positiverEntwicklung nahe.

Das hier vorliegende Dokument ist ein zusammenfassen-der Auszug aus dem Buch „Aufstieg Deutschland“.

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2. Situation und Stimmung vor 2004

In den Jahren vor 2004 hatten sich die ökonomischenDaten Deutschlands deutlich verschlechtert. So stiegenz.B. die Arbeitslosenzahlen und die Insolvenzen. Hierseien im Folgenden nur diese beiden Indikatoren alsAusdruck der Bedingungen angegeben. Natürlich gebendiese Zahlen kein umfassendes Bild der ökonomischenSituation, zeigen jedoch beispielhaft die Lage.

Die Zahl der Unternehmensinsolvenzen stieg von 1995bis 2004 an, von 22.344 im Jahr 1995 auf 39.213 im Jahr2004. Dabei ist eine kurze Pause steigender Insolvenzenzwischen 1997 und 1999 zu erkennen.

Die Insolvenzen betreffen natürlich nicht nur die Unter-nehmen. In Folge der Unternehmensinsolvenzen steigtauch in der Regel die Arbeitslosigkeit und danach dieZahl der Privatinsolvenzen.

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Unternehmensinsolvenzen

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50000

1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004

Jahr

Zahl Insolvenzen

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Die Arbeitslosenzahlen stiegen von 3.612.000 im Jahr1995 auf fast 4.400.000 im Jahr 1997, fielen dann wiederbis zum Jahr 2001, um danach wiederum auf 4.400.000im Jahr 2004 zu steigen.

Während andere europäische Staaten wie z.B. Öster-reich Reformen zur Stärkung des Wirtschaftsstandortesdurchführten, hatte sich in Deutschland ein enormerökonomischer Reformstau aufgebaut. Bereits vor derdeutschen Wiedervereinigung gab es laute Rufe nachReformen. Jedoch war Deutschland nach der Wiederver-einigung offensichtlich mit anderen Problemen beschäf-tigt und dringend benötigte ökonomische Reformenblieben aus.

Auch andere europäische Länder reformierten ihreWirtschaft und verbesserten damit ihre Wettbewerbsfä-higkeit. Dies wurde besonders deutlich in den Ländern,die 2004 der EU beitraten. Estland, Lettland, Litauen,Malta, Polen, Slowakei, Tschechien, Ungarn und Zypern

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Arbeitslosigkeit

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1000000

2000000

3000000

4000000

5000000

1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004

Jahr

Zahl Arbeitslose

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nutzten den EU-Beitritt 2004, um bereits vorher wesentli-che Reformen vorzubereiten, anzustoßen und dann 2004umzusetzen. Dies führte in diesen Ländern zu einerenormen Aufbruchstimmung und in der deutschenWirtschaft zu der Sorge, als Wirtschaftsstandort in sehrweiten Teilen nicht mehr konkurrenzfähig zu sein.

Der bereits viele Jahre andauernde Reformstau inDeutschland, die sich weiterhin verschlechternden Datenund Fakten bei sich gleichzeitig verbessernden ökonomi-schen Bedingungen in anderen europäischen Ländern,führten zu einer geradezu depressiven Stimmung beivielen deutschen Unternehmen und Managern. Ein Lichtam Ende des Tunnels war nicht zu erkennen. DeutscheUnternehmen wollten nur noch „raus aus Deutschland“.Insbesondere der bevorstehende EU-Beitritt von 10Ländern im Jahr 2004 führte im Vorfeld zu geradezupanischen Reaktionen. Deutsche Unternehmen warenvielfach davon überzeugt, der kommenden Konkurrenznicht gewachsen zu sein. Die Bedingungen am StandortDeutschland schienen zu schlecht.

Dies zeigte sich auch bei Standortberatungen, die derAutor zu dieser Zeit durchführte. Die Angst vor derdrohenden Konkurrenz bei Unternehmen war manchmalso groß, daß nur noch auf die viel niedrigeren Arbeitskos-ten in den neuen EU-Ländern geachtet wurde. AndereStandortfaktoren wie Produktivität, Infrastruktur, Ausbil-dungsniveau und Qualifikation der Arbeitnehmer fandenkaum Beachtung. Der Autor hatte bei Beratungenmanchmal erhebliche Mühe, den Blick auch auf dieseFaktoren zu richten. Auch die niedrigsten Arbeitskostenführen schließlich zu keinem positiven Ergebnis, wenndie Produktion nicht ausgeliefert werden kann oder die

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Produktion aufgrund unzureichend qualifizierter Arbeit-nehmer mangelhaft erfolgt.

Der starke Abwanderungswille deutscher Unternehmenin diesen Jahren zeigte sich auch bei einem mehrstündi-gen Gespräch, das der Autor mit einem, nennen wir ihnhier einmal „Hauptabwerber“ eines NachbarlandesDeutschlands, auf der Hannovermesse führte. „Ichmache diesen Job seit mehr als 30 Jahren und noch niewar es so einfach, deutsche Unternehmen zu einerAbwanderung und zu einer Unternehmensgründung beiuns zu überzeugen. Die Frage ist gar nicht mehr, ob dieUnternehmen umsiedeln wollen, sondern nur noch, obsie auch das „Fluchtgeld“ für diese Abwanderung ausDeutschland haben.“

Der stete ökonomische Niedergang hatte mittlerweiledazu geführt, daß Unternehmen häufig weder dieSubstanz noch die Liquidität hatten, ihren Standort zuwechseln. Es ging dann allein um die Frage „wer ausunserer Branche überlebt die Krise und erreicht denbisher nicht sichtbaren Aufschwung“.

Die schwere ökonomische Krise in Deutschland führteauch zu Problemen ausländischer Unternehmen. Dieszeigten insbesondere Gespräche des Autors auf derHannovermesse mit Managern aus den Niederlanden,Dänemark, Österreich und der Schweiz. „Da ihr inDeutschland Eure wirtschaftlichen Probleme nicht löst,geraten unsere mittelständischen deutschen Kunden inSchwierigkeiten und nach und nach bricht unserdeutscher Kundenstamm zusammen. Damit leiden wirunter Eurer Krise. Macht endlich Eure Hausaufgaben.“

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Die 2004 bevorstehende EU-Erweiterung, der steteökonomische Niedergang Deutschlands, der langjährigeReformstau, die seit vielen Jahren geführten Reform-Dis-kussionen und die langjährige Untätigkeit der Politikführten zu Diskussionen mit Redakteuren des ManagerMagazin und schließlich in die Studie „Standorte typisier-ter Unternehmen in Europa“.

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3. 2004: Standorte typisierter Unternehmen in Europa

Grundlage der Studie und Standortanalyse „Standortetypisierter Unternehmen in Europa“ war die Frage,welche Möglichkeiten bieten sich Unternehmen im Raumder gewachsenen EU, die im Zuge einer Expansion einenStandort für einen neuen Betrieb suchen oder aber auch auf Grund des wachsenden und härteren Wettbewerbsgezwungen sind, über Standortverlagerungen nachzu-denken. Die nächste Frage war, wie ist Deutschland indiesem Wettbewerb positioniert.

Da die Unterschiede auch innerhalb einzelner Länderenorm sind, sollte nicht lediglich ein Ländervergleicherfolgen, sondern ein Vergleich auf Regionenebene.Dazu wurden sämtliche Nuts-3-Regionen der damals 25EU-Staaten analysiert. Insgesamt waren dies 1.207EU-Regionen. Diese Nuts-3-Regionen entsprechen inDeutschland den kreisfreien Städten und Landkreisen.Damit ist gewährleistet, daß in der Analyse auch Unter-schiede innerhalb der Länder erfaßt werden.

Untersucht werden sollten diese EU-Regionen in Bezugauf die Standortanforderungen von 3 „typischen“ Unter-nehmen bzw. Branchen. Diese „typischen“ Unternehmenbzw. Branchen waren:

klassischer IndustriebetriebHigh-Tech-UnternehmenDienstleistungsunternehmen

Die Studie wurde Ende 2003 bis Anfang 2004 erstellt undwurde im Mai 2004 in der Zeitschrift Manager Magazinvorgestellt.

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Die Erwartungshaltung des Autors war, daß deutscheRegionen von ihrer Grundausrichtung im Bereich derIndustrie nicht konkurrenzfähig wären. Im Bereich derIndustrie war schließlich bereits seit Anfang der sechzigerJahre eine starke Abwanderung zu beobachten. Sowanderte nahezu die gesamte Textilindustrie zunächstnach Nordafrika ab. Mit den äußerst günstigen Kosten-strukturen in Osteuropa würden deutsche Regionen beigleichzeitigem Wegfall vieler Grenzen und Im- undExporthindernissen sowie Aufbau von Infrastruktur inVerkehr und Ausbildung in Osteuropa einfach nichtmithalten können. Für die Bereiche Dienstleistung undHochtechnologie erwartete der Autor und Analytikerjedoch ein deutlich besseres Abschneiden deutscherRegionen. Das Ergebnis der Studie war jedoch erschre-ckend.

Bei insgesamt 1.207 untersuchten EU-Regionen lag diebeste deutsche Region im Bereich Industrie auf Rang669, im Bereich Hochtechnologie auf Rang 443 und imBereich Dienstleistung auf Rang 348.

Für eine Wirtschaftsnation wie Deutschland mit Stolz aufseine 150-jährige Industrieerfahrung, seinen Erfindungs-und Entwicklungsgeist insbesondere im Technologiebe-reich, in der Automobilindustrie und im Maschinenbau einniederschmetterndes Ergebnis.

Die Studie wurde mit der Contor-Regio-Methodik erstellt.Dabei errechnet eine Software auf Basis eines von derContor bzw. dem Autor entwickelten Algorithmus einRanking.

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3.1. Fazit „Standorte typisierter Unternehmen in Europa“

Das schlechte Abschneiden selbst der besten deutschenRegionen in den Bereichen Industrie, Dienstleistung undHochtechnologie ließ sich sehr leicht erklären:

Die Arbeitnehmerentgelte lagen sehr weit über demEU-Durchschnitt. Die Produktivitäten lagen zwarebenfalls über dem EU-Mittelwert, jedoch nicht so weit,daß dadurch die hohen Arbeitnehmerentgelte ausgegli-chen werden konnten. Der Hebel von Arbeitnehmerent-gelten und Produktivität war zu ungünstig im Vergleich zuanderen EU-Regionen. Die Zahl der geleisteten Arbeits-stunden lag ebenfalls unter dem EU-Durchschnitt.

Die Unternehmenssteuern waren die höchsten in der EU.

Auch andere nicht so entscheidende Kostenfaktorenlagen in der Regel über den EU-Mittelwerten.

Diese negativen Kernpunkte konnten durch andereStandortfaktoren nicht ausgeglichen werden.

Wie richtig die Contor mit ihrer Analyse auch derdeutschen Standorte untereinander lag, erfuhr der Autordurch Zufall Monate später. Ein deutsches Automobil-werk verlagerte einen Teil seiner Produktion aus eineranderen deutschen Region nach Bremen. Grund wareninsbesondere die höhere Produktivität und die niedrige-ren Arbeitnehmerentgelte an diesem Standort.

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Die Ergebnisse der Studie, die in der Zeitschrift ManagerMagazin auf 8 Seiten vorgestellt wurde, führte zuenormen Reaktionen sowohl bei der Redaktion desManager Magazins als auch bei der Contor bzw. demAutor. Insbesondere das schlechte Abschneidendeutscher Regionen im Bereich der Hochtechnologielieferte die Grundlage heftiger Diskussionen darüber, obund wie dieses deprimierende Ergebnis Deutschlandsverbessert werden könnte.

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4. 2005: Deutschland - Österreich

Die Studie „Standorte typisierter Unternehmen in Europa“hatte gezeigt, daß westeuropäische Länder und Regio-nen durchaus in der Lage waren, mit der neuen Konkur-renz in Europa mitzuhalten und Spitzenpositionen inEuropa einzunehmen. Darunter waren auch österreichi-sche Regionen.

Österreich hatte im Zuge seiner EU-Aufnahme und in denFolgejahren erhebliche strukturelle Reformen angesto-ßen. Österreich, direktes Nachbarland Deutschlands, mitgleicher Sprache, stark ähnelnder Kultur und oft als„kleiner Bruder Deutschlands“ angesehen, war also in derLage, verkrustete ökonomische Strukturen aufzubrechen.Zu welchen Unterschieden dies in der Standorteignungführen könnte war Ziel einer Analyse für die ZeitschriftManager Magazin im Jahr 2005 mit dem Titel „Deutsch-land - Österreich“.

Diese Studie untersuchte ausschließlich den für beideLänder so wichtigen Hochtechnologiebereich. Dabeiwurden die gleichen Faktoren analysiert wie imHochtechnologiebereich der Studie „Standorte typisierterUnternehmen in Europa“. Die Studie war also ein aufDeutschland und Österreich fokussierter Auszug aus derStudie zuvor und wurde im März 2005 in der ZeitschriftManager Magazin unter dem Titel „Ist Österreich dasbessere Deutschland?“ präsentiert.

Da sich ja bereits in der Studie zuvor gezeigt hatte, daßösterreichische Regionen weit vor deutschen Regionenlagen, war nicht zu erwarten, daß sich das Ergebnis nunstark veränderte. Sämtliche österreichischen Regionen

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waren für Unternehmen der Hochtechnologie bessergeeignet als die beste deutsche Region. Auch dieschlechteste österreichische Region lag vor der bestendeutschen Region.

Obwohl ein schlechtes Abschneiden der deutschenRegionen nach der ersten Studie zu erwarten war, warendie Reaktionen auf das Ergebnis des direkten Deutsch-land - Österreichs Vergleichs extrem. Dies zeigte sichsowohl in der Fülle als auch in der Art der Reaktionensowohl in der Redaktion des Manager Magazin als auchbei der Contor bzw. dem Autor. Das Manager Magazinhatte für die Österreich-Ausgabe ein Titelbild gewählt, aufdem sich der deutsche und der österreichische Bundes-adler grimmig blickend gegenüberstehen mit dem Titel„Österreich: Das bessere Deutschland?“. Die Contorhatte auf ihrem Messestand auf der Hannovermessedieses Titelbild vergrößert als Hintergrund eines Teils desMessestandes gewählt. Dies führte zu teilweise absurdenDiskussionen mit Messeteilnehmern und Messebesu-chern, zu Vorwürfen der Daten- und Studienmanipulation,zu Vorwürfen der Bestechlichkeit und zu Beschimpfun-gen wie „Sie dürften nie mehr einen Auftrag aus Deutsch-land bekommen“. Auf der anderen Seite führte diesjedoch auch zu Reaktionen wie „genau richtig“ oder„endlich legt mal jemand seinen Finger in die Wunde, sodaß es auch weh tut“. Diese Reaktionen zeigen, wiehoch emotional besetzt das Thema Standort und Stand-orteignung ist und daß dieses Thema nicht nur einenökonomischen Aspekt aufweist. Die Schmach, ausge-rechnet gegen den „kleinen Bruder“ ins Hintertreffengeraten zu sein, wirkte offenbar schwer. Die Reaktion aufösterreichischer Seite war dementsprechend positiv biseuphorisch. Die Ergebnisse der Studie geisterten

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wahrscheinlich durch die gesamte österreichischePresselandschaft und führten zu zahlreichenInterviewanfragen.

Als Ergebnis war also festzuhalten, daß sämtliche35 österreichischen Regionen vor der besten der 441deutschen Regionen lagen. Die Studie kam zu folgenderErgebnis-Zusammenfassung:

„Österreich hat bei niedrigeren Arbeitnehmerentgelteneine tendenziell höhere Produktivität. Gestützt durch einehöhere Zahl geleisteter Stunden im Jahr führt dies zuerheblichen Vorteilen Österreichs bei der Gesamtarbeits-kostenbelastung. Österreich hat weiterhin ganz erhebli-che Vorteile bei der Höhe der Unternehmenssteuern. Beigleich guter Verkehrsinfrastruktur, gleicher Nähe zuForschung und Entwicklung und ähnlichem Arbeitsmarkthat Österreich zudem Vorteile hinsichtlich der Sicherheit,gemessen an der Kriminalität und der Korruption. Alleinbei der Variablen Wettbewerb und Wachstumschancen,die sich auf den Erwartungen des World EconomicForum gründet, hat Deutschland Vorteile. Eine Analyse,worauf sich diese Erwartungen gründen, ist an dieserStelle zu komplex und kann hier nicht gegeben werden.“

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5. 2005: Deutschland 2010

Die eigentliche Frage, die durch diese Studien aufgewor-fen wurde, war, ob sich die deprimierende Standorteig-nung deutscher Regionen im Vergleich mit anderenEU-Regionen verbessern ließe. Schließlich müßte dochDeutschland als einwohnerstärkstes und wirtschafts-stärkstes Land der EU die Lokomotive und nicht derkranke Mann Europas sein. Ob und wie sich die Situationfür deutsche Regionen ändern ließe, sollte Inhalt einerweiteren Studie für die Zeitschrift Manager Magazin sein.„Deutschland 2010“ wurde diese Studie genannt.

In den Gesprächen mit der Redaktion des ManagerMagazin stellte sich die Frage nach mittelfristig wirksa-men Maßnahmen zur Steigerung der Wettbewerbsfähig-keit deutscher Regionen. Besonders interessant schiendabei der für den Wirtschaftsstandort wichtigeHochtechnologiebereich.

Zunächst mußte also die Ausgangssituation 2005 festge-stellt werden. Danach mußte ein Szenario einer mittelfris-tigen, also ca. 5-jährigen, Prognose auf Basis der festge-stellten Ausgangssituation erstellt werden. Zuletzt mußteein Szenario einer mittelfristigen Prognose auf Basisrealitätsnaher Wirtschaftsreformen erstellt werden.

Für die Diskussionen über die Auswahl relevanter Stand-ortfaktoren für Hochtechnologieunternehmen, für diemittelfristige Prognose und für Diskussion und Festle-gung einzelner Reformpunkte konnten die Herren Prof.Dr. Michael Frenkel, Inhaber des Lehrstuhls für Makro-ökonomik und internationale Wirtschaftsbeziehungen undProf. Dr. Jürgen Weigand, Inhaber des Lehrstuhls für

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Mikroökonomik und Industrieökonomik, beide an derWissenschaftlichen Hochschule für Unternehmensfüh-rung WHU - Otto-Beisheim-Hochschule - gewonnenwerden.

Bei den in das Reformszenario einzubindenden Refor-men sollten nur Punkte aufgenommen werden, diebereits seit längerem in der öffentlichen Diskussionstanden, relativ einfach umsetzbar waren und sich auchmittelfristig über einen Zeitraum von ca. 5 Jahren positivbemerkbar machen würden.

In den folgenden Kapiteln wird das Ergebnis der Studiekurz folgendermaßen vorgestellt:

Präsentation des Ausgangszustandes 2005Prognose 2010 auf Basis des AusgangszustandesReformszenario 2010

Auch diese Studie wurde wieder mit dem Contor-Regio-Ranking-Modell gefertigt.

Auch die Ergebnisse dieser Studie wurden wiederausführlich in der Zeitschrift Manager Magazin vorgestelltund lösten sowohl dort als auch bei der WHU und derContor bzw. dem Autor erhebliche Reaktionen undNachfragen aus. Im Gegensatz zu vielen Reaktionen zuden vorherigen Studien waren die Nachfragen meistpositiv. Auch aus der Politik kamen etliche Anfragen.Vielleicht lassen sich positive Nachrichten in der Politikeinfach besser verwerten?

Die Studie hatte einen Vorlauf von ca. 9 Monaten,angefangen von den Gesprächen mit dem Manager

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Magazin über die Diskussionen mit Herrn Prof. Frenkelund Herrn Prof. Weigand bis zur Erstellung der Studieund deren Veröffentlichung im Manager Magazin. Seitunserer ersten Contor-Studie 2004 „Standorte typisierterUnternehmen in Europa“ bis zu dieser Studie schienenbereits einige Reformen, die seit 2003 politisch auf denWeg gebracht wurden, zu wirken. Weitere folgendeReformen der nächsten Jahre zeigten, daß dasWHU-Contor-Team die Stimmung und Machbarkeit inWirtschaft und Politik recht gut und realistisch einge-schätzt hatte. Die Studie führte letztlich zu dem Ergebnis,daß bereits wenige, aber klare und deutlichewirtschaftspolitische Reformschritte überaus erfolgreichsein könnten. Und dies könnte bereits in einem kurzenZeitraum, wie in dieser Studie angenommen von 2005 bis2010, wirken. Daß diese insgesamt sehr positiven Erwar-tungen von der Realität sogar noch übertroffen werdensollten, damit hätte der Autor nicht gerechnet. Schließlichist Deutschland in der Folge als eines der wenigenLänder bisher relativ ungeschoren aus der weltweitenFinanzkrise herausgekommen.

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5.1. Fazit der Studie „Deutschland 2010“

Deutsche Hochtechnologiestandorte haben durchaus dasPotential, im internationalen Wettbewerb wieder konkur-renzfähig zu werden. Dies könnte in einem Satz derSchluß aus dieser Studie sein.

Die Studie zeigt jedoch zweierlei.

Zunächst ist es für die Wirtschaft in Deutschland möglich,mit „hauseigenen Mitteln“ wie der Erhöhung der Produkti-vität oder Senkung der Arbeitskosten in einem bestimm-ten Rahmen, z.B. durch verantwortungsvolles Agierender Tarifpartner, den Wirtschaftsstandort Deutschland zustärken. Dies legt ein Vergleich der Ergebnisse des Istzu-standes 2005 mit dem Prognoseszenario 2010 nahe.Immerhin stieg der beste deutsche Hochtechnolo-giestandort auf diese Weise von Rang 368 im Jahr 2005auf Rang 283 im Prognoseszenario 2010. Dabei setztedas Prognoseszenario lediglich die bereits in Deutsch-land angestoßene Entwicklung zur Senkung derLohnstückkosten fort. Allerdings ist ein Rang 283 alsbester Rang im Bereich Hochtechnologie für dieWirtschafts- und Exportnation Deutschland noch keinRuhmesblatt. Allein Maßnahmen aus der Wirtschaftselbst könnten also nicht zum Erstarken des Wirtschafts-standortes Deutschland ausreichen.

Um deutsche Regionen wirklich langfristig konkurrenzfä-hig zu machen, bedarf es wahrscheinlich zusätzlicherwirtschaftspolitischer Maßnahmen. Darauf weist dasReformszenario 2010. Dieses Szenario geht von einerReduzierung der Unternehmenssteuern auf 25 % undvon einer weiteren Senkung der Lohnstückkosten um 10

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% aus. Diese weitere Senkung der Lohnstückkostenkönnte z.B. durch Senkung der Sozialversicherungsbei-träge um ca. 3 % und flächendeckende Einführung der40-Stunden-Woche verursacht werden. Diese Maßnah-men könnten bereits die beste deutsche Region vonRang 368 im Jahr 2005 auf Rang 65 im Jahr 2010führen.

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6. 2007: Boomplaces 2010

Nachdem im Jahr 2005 die Studie „Deutschland 2010“die besten europäischen Standorte für den Hochtechno-logiebereich ermittelt hatte und ausführlich in derZeitschrift Manager Magazin vorgestellt wurde, erhieltdas WHU-Contor-Team eine überaus große Resonanz.Die Fragen und Diskussionen zu dieser Studie führten zudem Wunsch, die Studie einerseits auszuweiten,andererseits zu fokussieren. Dies führte zu „Boomplaces2010“.

Ausgeweitet werden sollte die Studie durch Analysemehrerer Wirtschaftsbereiche. Fokussiert werden solltedie Studie durch detailliertere Abgrenzung dieser Berei-che.

Die Wirtschaftsbereiche, die untersucht werden sollten,waren:

GesamtindustrieHochtechnologieInvestment

Der Bereich der Gesamtindustrie sollte die Anforderun-gen von Unternehmen an einen Standort abdecken, den„klassische Industriebetriebe“ an einen guten Standortstellen. Im Folgenden werden die Ergebnisse der Studiein diesem Bereich nicht weiter berücksichtigt. DerSchwerpunkt der Analysen zuvor und danach lag aufdem Hochtechnologiebereich. Daher ist ein Vergleich derStudienergebnisse untereinander eher für diesen Bereichmöglich. Hier soll lediglich erwähnt werden, daß deutscheRegionen in diesem Bereich nicht zu den besten Regio-nen zählten.

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Auch die Studienergebnisse im Bereich Investment, derdie Anforderungen großer Investitionsvorhaben z.B. inBüroobjekten abdeckte, sollen hier ebenfalls nicht weiterbehandelt werden. Erwähnt werden soll lediglich, daßdeutsche Regionen hierbei zu den besten Regionengehörten.

Vorgestellt werden hier die Analyseergebnisse imBereich Hochtechnologie. Dieser Bereich wurde durchge-hend in den vorherigen Studien analysiert und wurdeauch danach noch untersucht. An diesem Bereich kannalso durchgehend die Entwicklung deutscher Regionenbeobachtet werden.

Auch „Boomplaces 2010“ wurde in Zusammenarbeit mitProf. Dr. Jürgen Weigand, Inhaber des Lehrstuhls fürMikroökonomik und Industrieökonomik der Wissenschaft-lichen Hochschule für Unternehmensführung WHU -Otto-Beisheim-Hochschule, erstellt.

Genau wie für die Studie „Deutschland 2010“ sollte dieEntwicklung einiger Schlüsselvariabler, die als mitent-scheidend für die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmenangesehen werden, bis zum Jahr 2010 fortgeführtwerden. Dabei hatte der Prognosezeitpunkt 2010 denVorteil der Vergleichbarkeit der Analyseergebnisse derStudien „Deutschland 2010“ und „Boomplaces 2010“. Dain die aktuelle Studie „Boomplaces 2010“ bereits neuereDaten einflossen und zudem der Prognosezeitraumkürzer war, war das Ergebnis dieser Studie wahrschein-lich noch mit deutlich weniger Unsicherheit behaftet.

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Im Gegensatz zu den vorherigen Studien wurde„Boomplaces 2010“ nicht mit unserem Contor-Regio-Mo-dell erstellt, sondern mit einem clusteranalytischenModell. Dies ergibt eine andere Sichtweise auf dasProblem. Verursacht durch die klare Rangordnung verlei-ten Rankingmodelle wie das Contor-Regio-Modell sehrleicht dazu, Sieger und Verlierer darzustellen. Dies solltenicht Sinn der Studie sein. Zwar sollten auch hier diegeeignetsten Regionen für Unternehmen der Hochtech-nologie ermittelt werden. Dies ist auch innerhalb einesclusteranalytischen Vorgehens mittels Interpretation undverschiedener Berechnungen möglich. Jedoch solltendiese geeignetsten Regionen innerhalb eines Clusterseher gleichberechtigt nebeneinander gestellt werden. Indem Sinne, daß alle präsentierten Regionen besondersgut für die Hochtechnologie geeignet sind, die strukturel-len Unterschiede zwischen den Regionen jedoch so großsind, daß auch individuelle Anforderungen verschiedens-ter Unternehmen der High-Tech-Branche abgedecktwerden. Und strukturelle Unterschiede zwischen Regio-nen bzw. Clustern lassen sich mittels Clusteranalysebesonders gut herausarbeiten.

Trotz der anderen Methodik lassen sich die Analyseer-gebnisse der verschiedenen Studien durchaus miteinan-der vergleichen. Entgegen der weitläufigen Meinungführen unterschiedliche Analysemethoden nicht zuvollständig abweichenden Ergebnissen. Zumindest beisorgfältiger Auswahl und Anwendung verschiedenerMethoden führen diese Methoden zumindest zuvergleichbaren Ergebnissen. Die Ergebnisse werden beigleichem Analyseziel nicht identisch sein, sich jedochstark ähneln. Überträgt man dies zur Verdeutlichung aufein Ranking mit ca. 1.300 EU-Regionen, wird eine

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Region, die bei der einen Analysemethode z.B. Rang 7belegt, bei der anderen Analysemethode den Rang 5oder auch den Rang 19 belegen. Eine Region, die sichbei Analyse mittels der einen Methode als sehr gut aufge-stellt erweist, wird sich auch bei Anwendung eineranderen Methode als gut aufgestellt zeigen.

Der Standortwettbewerb ist keine Olympiade, bei dervielleicht nur der Sieger zählt. Bei ca. 1.300 untersuchtenRegionen müssen ca. 3 % bis 10 % als sehr gut aufge-stellt für einen Unternehmenszweck gelten. Der Autor hatselbst etliche Studien zur Überprüfung der Güte derErgebnisse mit unterschiedlichen Methoden untersuchtund nicht in einem einzigen Fall haben unterschiedlicheMethoden zu völlig anderen Ergebnissen geführt. NachAnsicht des Autors lassen sich unterschiedliche Ergeb-nisse bei unterschiedlichen Methoden unter Berücksichti-gung gleicher Datensätze und gleicher Analyseziele aufmöglicherweise falsche Methodenauswahl, falscheAnwendung der Methode oder fehlerhafte Interpretationder Ergebnisse zurückführen.

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6.1. Fazit „Boomplaces 2010“

Das Manager Magazin titelte zur Studie „Europaserstaunliches Comeback“ und präsentierte ausführlich dieErgebnisse der Studie.

Deutsche Regionen konnten nach Anpassung derArbeitskosten und Erhöhung der Produktivität ihreStärken in den Bereichen Wissen, Forschung, Qualifika-tion der Mitarbeiter sowie Infrastruktur in allen Bereichenwieder ausspielen. Auch starke westeuropäische Länderwie z.B. Österreich, das noch kurz zuvor deutlich überle-gen schien, war bei Arbeitskosten und Produktivitäteneingeholt. Die gefürchtete Konkurrenz aus Osteuropahatte lediglich im Niedriglohnbereich einfacherer Tätigkei-ten Chancen. Ein wirklich erstaunliches Comeback inner-halb weniger Jahre.

Dies machte sich auch in der Stimmung bei Unterneh-men und Unternehmern bemerkbar. Wie der Autor inzahlreichen Gesprächen und Diskussionen sowie Stand-ortberatungen feststellte, war das Thema im Manage-ment nicht mehr Verlagerung der Unternehmen, sondernExpansion und Aufbau von Zweigwerken. Der Druck aufdie Unternehmen hatte deutlich nachgelassen. Innerhalbkurzer Zeit war die Stimmung umgeschlagen. Von derDepression der Jahre um die Jahrtausendwende in einepositive Aufbruchstimmung. Die war ein Erfolg aller ander Wirtschaft Beteiligter. Die Politik hatte in verschiede-nen Bereichen günstigere Rahmenbedingungen gesetzt,die Unternehmen hatten Produktivitäten gesteigert undwaren effektiver geworden, die Arbeitnehmer hatten sichjahrelang in Lohnzurückhaltung geübt. Dabei stand eineder wirtschaftspolitischen Reformen, die das

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WHU-Contor-Team in das Reformszenario der Studie„Deutschland 2010“ eingearbeitet hatte, die Senkung derUnternehmenssteuern, noch aus. Dies würde nocheinmal für einen zusätzlichen Schub sorgen.

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7. 2010: Zukunftsregionen EU

Die ersten Studien beschäftigten sich mit der Frage, woUnternehmen geeignete Standorte finden würden und obdeutsche Regionen dabei sein würden. Dabei konzen-trierten sich die Studien streng an den Anforderungen derUnternehmen bestimmter Branchen wie der klassischenIndustrie, der Hochtechnologie, Dienstleistung oderInvestments. Dies folgte dem wirtschaftlichen Druck derUnternehmen aus den Anfangsjahren des neuen Jahrtau-sends. Nach „Boomplaces 2010“ war klar, deutscheRegionen sind wieder top im internationalen Standort-wettbewerb. Die Frage war damit zunächst geklärt.Weitere Studien, die diese strenge Unternehmenssichteinnahmen, waren damit überflüssig. Jetzt war es eigent-lich an der Zeit, einen anderen Blickwinkel einzunehmen,das Problem des Standortwettbewerbs aus Regionen-sicht zu betrachten. Die Frage war jetzt, welche Regio-nen würden besonders gut für die Herausforderungen derZukunft gerüstet sein. Natürlich interessierte dabeibesonders die deutsche Sicht. Diese besteht darin, ausdeutscher Sicht Zukunftsfähigkeit zu definieren. Dieweitgehend übereinstimmende Meinung in Deutschlandgeht dahin, daß die wirtschaftliche Zukunft im Bereichwissensbasierter Produktion und Dienstleistung liegt.Diese Zukunftssicht trifft natürlich nicht nur auf Deutsch-land zu, sondern auf viele westliche Ökonomien. AufDeutschland als Exportnation gerade derartiger Produkteund Dienstleistungen trifft diese Sichtweise jedochbesonders stark zu.

Diese Sichtweise ist bedeutend breiter angelegt als dieunternehmerische Sichtweise in den Studien zuvor. Diesführte dann auch zu einem erheblich größeren

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Variablensatz. Zunächst war jedoch Zukunftsfähigkeitgenau zu definieren.

Auch die Methodik der Analyse wurde dem Analyse-zweck folgend vollständig verändert. Die vorherigenStudien gaben aus Unternehmenssicht eine klareRichtung vor, welche Standortfaktoren z.B. besonderswichtig sind. Diese Studien nahmen demnach eine sehrsubjektive unternehmerische Sicht ein. Dies sollte jetztverändert werden. Die Sicht auf die Zukunftsfähigkeit derRegionen sollte so objektiv wie möglich sein. Die vorheri-gen Studien erstellten Rankings auf Basis von Cluster-analysen oder des Contor-Regio-Modells, in die gewich-tete Standortfaktoren eingingen. Die aktuelle Studieerstellte ebenfalls ein Ranking, jedoch auf Basis einerFaktorenanalyse. Dabei gehen die Standortfaktorenzunächst vom Analytiker ungewichtet in das Verfahrenein und werden innerhalb des Analyseverfahrens mitGewichten versehen. Hierbei wird dann die interneGewichtung von den tatsächlichen Gegebenheiten undFakten in den Regionen vorgegeben, so wie sie sich ausden Datensätzen und den Verhältnissen innerhalb der„Datenwolken“ mathematisch ergeben. Dies hat automa-tisch an Stelle der subjektiven Unternehmenssicht in denStudien zuvor eine deutlich neutralere Sichtweise zurFolge. Auf Basis der Faktorenanalyse wurde dann dasRanking errechnet.

Nun war es bereits 2009 und die Finanzkrise war invollem Gange, hatte vielleicht schon ihren Höhepunkterreicht. Nicht alle Volkswirtschaften waren gleicherma-ßen von der Krise getroffen. Einige Länder schienenbesser durch die Krise zu kommen. Sind dabei Zukunfts-regionen zu identifizieren, Regionen, die besser durch

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eine Krise kommen und besser für zukünftige Anforde-rungen gewappnet sind? Aus diesem Grund deckte dieStudie „Zukunftsregionen EU“ zwei Szenarien ab. Daserste Szenario sollte Zukunftsregionen vor der Finanz-krise identifizieren. Das zweite Szenario sollte Zukunfts-regionen nach der Finanzkrise ermitteln. Damit könntegeklärt werden, welche Regionen besser durch die Krisekommen, schneller gesunden und letztlich den Menschenbessere Lebensumstände bieten können. Um dieseszweite Nach-Krisen-Szenario erstellen zu können,wurden einige volkswirtschaftliche Variablen fortgeschrie-ben durch Prognosedaten der EuropäischenKommission.

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7.1. Fazit „Zukunftsregionen EU“

Auch diese Studie wurde in der Zeitschrift ManagerMagazin unter dem Titel „Neue Geographie“ ausführlicherörtert. Dabei legte die Redaktion den Schwerpunkt ihrerBerichterstattung auf die Eignung der besten Standorteals Investmentstandort. Denn an Standorten, die gut fürdie Zukunft gerüstet sind, läßt sich gut investieren.

Analysiert wurden 1.103 EU-Regionen.

Szenario „Zukunftsregionen vor der Krise“:Unter den Top-100-Regionen von insgesamt 1.103 unter-suchten EU-Regionen finden sich 7 deutsche Regionen.Damit bestätigte sich eine Tendenz aus den vorherigenStudien, die ebenfalls deutsche Regionen wieder unterden Top-100-Regionen platzierten. Auch in der vorheri-gen Studie, die die besten Standorte für Hochtechnolo-gieunternehmen suchte, fanden sich süddeutsche Regio-nen vorne im Ranking. In der vorherigen Studie waren esRegionen im Großraum Stuttgart. In diesem Szenariowar es der Landkreis München, der auf Rang 31 diebesten deutschen Regionen anführte.

Szenario „Zukunftsregionen nach der Krise“:Insgesamt 36 deutsche Regionen liegen im Szenario„nach der Krise“ unter den Top-100. Im Zusammenhangmit dem Szenario „vor der Krise“ zeigt das Ergebnis, daßdeutsche Regionen nicht nur vor der Krise für die Anfor-derungen der Zukunft gut gerüstet schienen, sonderndaß sie im Vergleich zu den Regionen anderer EU-Län-der wahrscheinlich auch gut durch die Finanzkrisekommen werden. Auch in diesem Szenario führt wiederder Landkreis München die deutschen Regionen an,

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wobei dieser Landkreis in diesem Szenario sogar Rang 2belegt.

Deutsche Regionen sind also grundsätzlichzukunftsfähig, wenn man den Fokus auf Wissen, Bildung,Qualifikation, Technologie und Wohlstand setzt. Ausgeh-end von einem hohem Standard zeigen viele Regionen inDeutschland immer noch positive Entwicklungen. Diesläßt optimistisch in die Zukunft schauen, wenn man zuden besseren Standorten zählt. Jedoch darf auch nichtverschwiegen werden, daß auch unter den letztenRangplätzen deutsche Regionen zu finden sind. Wohl inkeinem anderen Land ist die Spreizung zwischen densehr gut aufgestellten Regionen und den schlecht aufge-stellten Regionen so groß. Aber insgesamt scheintDeutschland die Weichen richtig gestellt zu haben. Sonstwären die deutschen Regionen nicht so gut durch dieKrise gekommen.

Nach dem desaströsen Abschneiden deutscher Regio-nen in den ersten Studien, haben die späteren Studiendie Wandlung deutscher Regionen zu Top-Standortenzumindest im Bereich der Hochtechnologie dokumentiert.Mit „Zukunftsregionen EU“ konnte darüber hinaus nochZukunftsfähigkeit belegt werden. Eindrucksvoller als ineiner globalen Finanzkrise kann dieser Beleg eigentlichnicht gelingen.

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8. 2011: Die Robustheit der EU-Staaten

Deutsche Regionen waren, wie die vorhergehendenStudien belegten, nicht nur wieder gut aufgestellt imStandortwettbewerb um Hochtechnologieunternehmen.Sie waren auch zukunftsfähig und konnten damit ihrenBürgern positive Perspektiven bieten. Ihre Stärken ließensie in weiten Teilen sogar die globale Finanzkrise gutüberstehen.

Die Studien bisher betrachteten die Ökonomien aus einersehr deutschen Sicht und fokussierten auf Faktoren, diefür Deutschland als relevant angesehen wurden. Nunbestehen Ökonomien jedoch nicht nur aus diesen Fakto-ren, sondern sind bedeutend vielschichtiger.Gerade in der Finanzkrise, die sehr große Verwerfungenin Europa zur Folge hat, blieben viele Fragen offen.

Was unterscheidet die EU-Ökonomien voneinander?Warum kommen einige Staaten besser durch dieKrise? Wo liegen die Stärken und Schwächen derEU-Länder? Was macht die einzelnen Staaten empfindlich fürKrisen?Lassen sich Gemeinsamkeiten herausstellen?

Dies sind Fragen, denen „Die Robustheit derEU-Staaten“ nachgeht. Dazu sollte eine großeBandbreite an Variablen untersucht werden, die dieFinanzierung der Staaten zeigt, die Wirtschaftskraft abbil-det, die wirtschaftliche Struktur verdeutlicht und diewirtschaftliche Situation wiedergibt sowie die Entwicklungin den letzten Jahren bei diesen Faktoren aufzeigt. DieEU-Staaten sollten anhand dieser Variablen auf

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Gemeinsamkeiten untersucht und gegebenenfalls zuClustern zusammengeschlossen werden. Anschließendsollte versucht werden, anhand dieser GemeinsamkeitenGründe für die Krisenempfindlichkeit und die tatsächlicheGefährdung der Staaten herauszustellen sowie eineRangfolge und „Karte der Robustheit“ der EU-Staaten zuerstellen.

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8.1. Fazit „Die Robustheit der EU-Staaten“

Das Manager Magazin veröffentlichte die Ergebnisse derStudie im Dezember 2011. Dies war eine Situation, alsgerade der Wille in der EU dokumentiert war, Griechen-land mit Finanzmitteln zu unterstützen und Griechenlandnicht in die Staatsinsolvenz abgleiten zu lassen. DieAufregung zu dieser Zeit war groß und die Frage , obGriechenland letztlich in der EURO-Zone bleibt, wurdeheiß diskutiert. Die Studie paßte genau zu dieserSituation.

Analysiert wurden die 27 EU-Staaten anhand von 61Variablen. Untersuchungsmethode war eine Clusterana-lyse mit anschließender Interpretation, die zu einerRangfolge der „Robustheit“ und zu einer „Karte derRobustheit“ führte. Die Clusteranalyse führte zu 13Clustern. Deutschland lag in einem Cluster, das imanschließenden Ranking Rang 3 belegte.

Deutschland lag zusammen mit den nord- und westeuro-päischen Ländern Österreich, Niederlande, Finnland undSchweden in einem relativ „robusten“ Cluster. DieseLänder waren also, neben einigen anderen EU-Staaten,die Länder, die wahrscheinlich erfolgreich auch schwieri-gere Zeiten überstehen könnten. Neben einer nochmoderaten Staatsverschuldung weisen sie ein hohesvolkswirtschaftliches Niveau auf bei einer immer nochpositiven Entwicklung. Die Wirtschaftsstruktur dieserLänder ist eher industriell geprägt mit einem hohenExportanteil von Investitionsgütern. Dies läßt auf eineinsgesamt technisch anspruchsvolle Produktion schlie-ßen. Darauf deutet auch die hohe Produktivität. Dies

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erfordert Forschung, Wissen und Qualifikation. Damitschließt sich der Kreis der Studien.

Offensichtlich hat Deutschland in den letzten 10 bis 15Jahren den richtigen Weg eingeschlagen. Wie dieStudien zeigen, hat Deutschland die Schwerpunkte aufHochtechnologie und die Stärkung wissensbasierterProduktion gesetzt. Dies war wahrscheinlich der Schlüs-sel, um ausgehend von einem bereits hohen Standardden Wohlstand und die Infrastruktur in allen Bereichenwie Verkehr, Bildung, Sozialem, Kultur usw. weiterentwi-ckeln zu können.

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9. Vom kranken Mann zum Popeye

Wer hätte dies um die Jahrtausendwende gedacht.Gelähmt und unfähig zu Reformen war Deutschlandökonomisch auf dem absteigenden Ast und wurde zumkranken Mann Europas. Das größte Land Europas warzur Belastung für ganz Europa geworden. Deutschlandwar längst nicht mehr wettbewerbsfähig. Die erstenStudien zeigen sehr schön den desolaten ZustandDeutschlands und führen auch die Gründe dafür vorAugen.

Eine Anstrengung aller an der Wirtschaft Beteiligten,Unternehmen, Arbeitnehmer und Politik und dieWeichenstellung an den richtigen Stellen führten inner-halb weniger Jahre zu einem erstaunlichen Comeback.Dies belegen die nächsten Studien. Gerade in dem fürDeutschland so wichtigen Bereich der Hochtechnologiewurden deutsche Regionen wieder konkurrenzfähig undgehörten bald wieder zu den Top-Regionen in der EU.

Die letzten Studien führten zu dem Ergebnis, daßdeutsche Regionen nicht nur im Hochtechnologiebereichgute Voraussetzungen boten, sondern darüber hinaus ineinem breiteren Kontext auch zukunftsfähig waren. Undwenn man sich die Studie „Die Robustheit der EU-Staa-ten“ anschaut, waren es wohl genau diese Faktoren, dieDeutschland nicht nur die aktuelle Finanzkrise bisher gutüberstehen ließen, sondern auch generell relativ robustgegen Wirtschaftskrisen machen.

So positiv und schön diese Ergebnisse für Deutschlandsind, sie sind leider lediglich eine Momentaufnahme undhaben bestenfalls noch mittelfristig Gültigkeit. Letztlich

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zehren wir heute von den vergangenen Wirtschaftsrefor-men und Anstrengungen. Größere Reformen sind in denletzten Jahren ausgeblieben. Reformen sind anscheinendnur möglich, wenn die Not groß ist. Dabei ist es nicht so,daß uns die Themen ausgehen würden. Steuerreform,Senkung der Schuldenlast, demographischer Wandel mitAuswirkungen auf unser Rentensystem und unserGesundheitssystem, Klimawandel und zunehmendeGlobalisierung sind Themen, die uns die nächsten Jahreoder eher sogar Jahrzehnte beschäftigen werden. Wowerden wir im Jahr 2030 stehen und wie werden sich bisdahin die Verhältnisse entwickelt haben, wenn wir unsnicht bewegen? Probleme müssen erkannt werden,durchdacht werden, diskutiert werden und entschiedenwerden.

Und an der Entscheidungskraft mangelt es häufig. Beialler Anstrengung sämtlicher an der Wirtschaft Beteiligter,ohne die Weichenstellung und Entscheidungskraft derPolitik werden längerfristige Impulse für die Zukunft nichtgesetzt werden können. Dies zeigen die vorgestelltenAnalysen. Erfolge können dabei schneller und nachhalti-ger erzielt werden als vermutet. Dies zeigen die Studienebenfalls. Dabei haben diese hier kurz angerissenenStudien gezeigt, wie schnell ein Land vom kranken Mannzum Popeye werden kann.

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