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1 Prof. Dr. Ute Ritzerfeld-Zell, Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Marketing - B-to-B-Marketing - WS 2012/13 Umdruck zur Vorlesung Business-to-Business- Marketing- Erweiterungsseminar Wintersemester 2012/13

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B2B Marketing

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Page 1: B2B Marketing

1Prof. Dr. Ute Ritzerfeld-Zell, Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Marketing- B-to-B-Marketing -

WS 2012/13

Umdruck zur Vorlesung

Business-to-Business-Marketing-

ErweiterungsseminarWintersemester 2012/13

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2Prof. Dr. Ute Ritzerfeld-Zell, Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Marketing- B-to-B-Marketing -

WS 2012/13

Gliederung

Gliederung B-to-B-Marketing

1 Grundlagen des B-to-B-Marketing

1.1 Begriff und Arten von B-to-B-Märkten1.2 Besonderheiten von B-to-B-Märkten1.3 Charakteristika von Leistungsangeboten in B-to-B-Märkten1.4 Entwicklungstendenzen und Anforderungen an das Industriegütermarketing

2 Wie kaufen Organisationen ein?

2.1 Grundlagen einer Kaufentscheidung2.1.1 Verzahnung der Wertschöpfungsprozesse von Anbieter und Nachfrager2.1.2 Unsicherheit und ihre Bewältigung

2.2 Beschreibung des Kaufverhaltens2.2.1 Beschreibung alternativer Kaufsituationen2.2.2 Phasenablauf des Kaufentscheidungsprozesses2.2.3 Buying-Center-Konzept

2.2.3.1 Merkmale des und Beteiligte am Buying-Center2.2.3.2 Beziehungen und Einflussnahme im Buying-Center

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3Prof. Dr. Ute Ritzerfeld-Zell, Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Marketing- B-to-B-Marketing -

WS 2012/13

Gliederung

2.3 Arten von Kaufentscheidungen2.3.1 Individualität der Leistung und Kundenintegration2.3.2 Zeitlicher Kaufverbund2.3.3 Abgrenzung von Geschäftstypen als Ansatzpunkt für das Marketing

2.4 Ziele der Geschäftsbeziehungspartner

3 Marketing für unterschiedliche Typen von Industriegütermärkten

3.1 Das Produktgeschäft3.1.1 Charakteristika des Produktgeschäfts3.1.2 Marketing im Produktgeschäft

3.2 Das Systemgeschäft3.2.1 Charakteristika des Systemgeschäfts3.2.2 Marketing im Systemgeschäft

3.3 Das Anlagengeschäft3.3.1 Charakteristika des Anlagengeschäfts3.3.2 Marketing im Anlagengeschäft

3.4 Das Zuliefergeschäft3.4.1 Charakteristika des Zuliefergeschäfts3.4.2 Marketing im Zuliefergeschäft

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4Prof. Dr. Ute Ritzerfeld-Zell, Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Marketing- B-to-B-Marketing -

WS 2012/13

Literaturhinweise

Literaturauswahl

Backhaus, K., Voeth, M.: Industriegütermarketing, 9. Aufl., München 2010

Backhaus, K., Voeth, M.: Handbuch Industriegütermarketing, Wiesbaden 2004

Godefroid, P., Pförtsch, W.: Business-to-Business-Marketing, 4. Aufl., Ludwigshafen 2008

Kleinaltenkamp, M., Saab, S.: Technischer Vertrieb, Berlin Heidelberg 2009

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5Prof. Dr. Ute Ritzerfeld-Zell, Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Marketing- B-to-B-Marketing -

WS 2012/13

1 Grundlagen des B-to-B-Marketing

1.1 Begriff und Arten von B-to-B-Märkten

Ausgangsüberlegung: Vermarktungsprobleme in Märkten, wo es sich bei den Nachfragern um Organisationen und nicht um Privatpersonen handelt, sind sehr unterschiedlich

⇒ Eigenständiger Marketing-Ansatz erforderlich

⇒ Herausbildung eines eigenen Forschungszweiges: Industriegüter-, vormals Investitionsgütermarketing

Problem: Begriffsfassung Industriegütermarketing nicht ausreichend, da nachfragende Organisationen nicht immer nur Industrieunternehmen sind, sondern auch Dienstleistungsunternehmen, Absatzmittler oder der Staat

⇒⇒⇒⇒ „Business-to-Business-Marketing“: alle Absatzprozesse, die sich an Unternehmen oder sonstige Organisationen richten, wozu auch staatliche Organisationen gehören

1 Grundl. des B-to-B-Marketing1.1 Begriff und Arten von B-to-B-Märkten

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6Prof. Dr. Ute Ritzerfeld-Zell, Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Marketing- B-to-B-Marketing -

WS 2012/13

1 Grundl. des B-to-B-Marketing1.1 Begriff und Arten von B-to-B-Märkten

Arten von Business-to-Business-Märkten:

1. Industriegütermärkte:

→Leistungen, die entweder ...… von Produktions- oder Dienstleistungsunternehmen bzw. sonstigen Institutionen beschafft

werden, um damit Güter für die Fremdbedarfsdeckung zu erstellen oder… von Unternehmen des Produktionsverbindungshandels geordert werden, welche sie – mehr oder

weniger unverändert – wiederum an andere produzierende oder dienstleistende Organisationen weiterveräußern

� vgl. Übersicht 1-1

2. Märkte für professionelle Dienstleistungen:

→Dienstleistungen, die für andere Unternehmen erbracht werden, z.B. Leistungen von Unternehmens-beratern, Logistikunternehmen, Werbeagenturen u.ä.

3. Vermarktung von Handelswaren an den Konsumgüterhandel

→Wird hier und in vielen Abhandlungen zum Business-to-Business-Marketing nicht explizit behandelt→nicht problematisch, da die Beziehungen zwischen Konsumgüterherstellern und –händlern mit denen

in Industriegütermärkten große Ähnlichkeiten aufweisen

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7Prof. Dr. Ute Ritzerfeld-Zell, Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Marketing- B-to-B-Marketing -

WS 2012/13

Übersicht 1-1: Kategorien von Industriegütern

1 Grundlagen des Marketing1.1 Marketing-Begriff

Rohstoffe:Erzeugnisse der ersten Fertigungsstufe (Urproduktion)

Einsatzstoffe: ver- oder bearbeitete Rohstoffe, die den Ausgangspunkt für weitere Produktionsprozesse bilden

Hilfsstoffe: ver- oder bearbeitete Rohstoffe/ Einsatzstoffe, aber nur Nebenbestandteil

Betriebsstoffe: dienen der Auf-rechterhaltung betrieblicher Leistungsprozesse

Teile: werden ohne wesentliche Be-oder Verarbeitung in andere Produkte eingebaut

Energieträger

Standardisierte Werkzeuge

Großanlagen: Einzelne Maschinen sowie Dienstleistungen werden zu einer einsatzfähigen Einheit, der Großanlage, kombiniert und gemeinsam vermarktet

Einzelaggregate: Maschinen, die einzeln veräußert und im allgemeinen auch vom Nachfrager isoliert eingesetzt werden

Serien- sowie einzelgefertigte Produkte sowie Dienstleistungen werden auf Basis einer bestimmten Systemarchitektur so miteinander kombiniert, dass sie einen integrierten Nutzungsverbund bilden

Verbrauchsgüter(Produktionsgüter)Verbrauchsgüter

(Produktionsgüter)Gebrauchsgüter

(Investitionsgüter)Gebrauchsgüter

(Investitionsgüter) SystemtechnologienSystemtechnologien

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8Prof. Dr. Ute Ritzerfeld-Zell, Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Marketing- B-to-B-Marketing -

WS 2012/13

1 Grundl. des B-to-B-Marketing1.2 Besonderheiten von B-to-B-Märkten

1.2 Besonderheiten von B-to-B-Märkten

B-to-B-Märkte zeichnen sich durch einige Besonderheiten aus, und zwar auf der

• Nachfragerseite und der • Anbieterseite

� vgl. Übersicht 1-2

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9Prof. Dr. Ute Ritzerfeld-Zell, Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Marketing- B-to-B-Marketing -

WS 2012/13

Übersicht 1-2: Besonderheiten von B-to-B-Märkten

1 Grundl. des B-to-B-Marketing1.2 Besonderheiten von B-to-B-Märkten

Besonderheiten von B2B-Märktenauf der ...

Besonderheiten von B2B-Märktenauf der ...

…Nachfragerseite…Nachfragerseite

• Abgeleitete / derivative Nachfrage

• Organisationen als Nachfrager

• Multipersonale Beschaffungsentscheidungen

• Multiorganisationale Beschaffungsentscheidungen

• Formalisierter Beschaffungsprozess

• Internationalität der Beschaffungsentscheidung

• Hohe Bedeutung von Dienstleistungen

• Projektspezifische Anbietergemeinschaften

• z.T. staatliche Einflussnahme

• Kundenspezifisches Marketing(� vgl. Übersicht 1-3)

• Interaktive Vermarktung

• Ausrichtung auf Geschäftsbeziehungen

• Hohe Markttransparenz

…Anbieterseite…Anbieterseite

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10Prof. Dr. Ute Ritzerfeld-Zell, Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Marketing- B-to-B-Marketing -

WS 2012/13

Übersicht 1-3: Zur zunehmenden Bedeutung der Kundenspezifikation

1 Grundl. des B-to-B-Marketing1.2 Besonderheiten von B-to-B-Märkten

50,8 52,2 53,4 55,1 56,3 57,8 59,4 59,5

28,8 29,4 28,4 27,9 28,2 26,6 25,0 25,2

20,4 18,6 18,3 17,0 15,7 15,5 15,6 15,3

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

90%

100%

1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998

Kundenspezifikation Varianten Standarderzeugnisse

Quelle: Daten des NIFA-Panels 1991-1998

(„Neue Informations-

technologien und flexible

Arbeitssysteme“)

(Varianten:Erzeugnisse nach standardisiertem Grundprogramm mit vom Kunden vorgegebenen Varianten)

Anteil am Fertigungs-programm

Quelle: Kleinaltenkamp, M., Plinke, W., Technischer Vertrieb, 2. Aufl., Berlin Heidelberg 2000, S. 198

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11Prof. Dr. Ute Ritzerfeld-Zell, Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Marketing- B-to-B-Marketing -

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1 Grundl. des B-to-B-Marketing1.3 Charakteristika von Leistungsangeboten in B-to-B-Märkten

1.3 Charakteristika von Leistungsangeboten in B-to-B-Märkten

Leistung in industriellen Märkten besteht nicht nur aus der eigentlichen Produktleistung

→ Industriegut besteht immer aus materiellen und immateriellen Bestandteilen:

� vgl. Übersichten 1-4, 1-5

⇒Vermarktung von industriellen Gütern ist i.d.R. ohne ein mehr oder weniger großes Angebot von Dienstleistungen gar nicht möglich

Der Umfang der in einem Leistungsangebot enthaltenen Dienstleistungen ist abhängig von ...

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12Prof. Dr. Ute Ritzerfeld-Zell, Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Marketing- B-to-B-Marketing -

WS 2012/13

Übersicht 1-4: Elemente des Leistungsangebots „Industriegut“

1 Grundl. des B-to-B-Marketing1.2 Besonderheiten von B-to-B-Märkten

Produkt-kern

Produktäußeres

Dienstleistungen

Verpackung des Produktkerns (z.B. zwecks Schutz des Guts, guter Lager-/Stapelfähigkeit)

• Hauptmaterialien, aus denen das Investitionsgut besteht (z. B. Maschinengehäuse, chemische Einsatzstoffe)

• technische Grundfunktionen (z. B. Schleifen, Bohren)

Leistungen, die sich um das materielle Vermarktungsobjekt ranken oder davon gänzlich losgelöst sind

Produkt i.e.S.= Materielle Leistung

Immaterielle Leistungen

Produkt i.w.S. / Problemlösung= Leistungsangebot "Industriegut"

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13Prof. Dr. Ute Ritzerfeld-Zell, Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Marketing- B-to-B-Marketing -

WS 2012/13

Übersicht 1-5: Ausmaß des Angebots einzelner Arten von Serviceleistungen

1 Grundl. des B-to-B-Marketing1.2 Besonderheiten von B-to-B-Märkten

93%

80%73% 72%

20%

33%

83%

55%

28%23%

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

90%

100%

Anwendung

sber

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Technis

che P

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Inst

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Entsorg

ung

Finanzier

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Trans

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Logist

ikVerm

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ngHan

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Anteil der Unternehmen, die die Leistung anbieten

Erhebung der IMT Project GmbH bei 60 Unternehmen aus unterschiedlichen industriellen Branchen (2002)

Quelle: Kleinaltenkamp, M., Plötner, O., Zedler, C., Industrielles Servicemanagement, in: Backhaus, K., Voeth, M., (Hrsg.), Handbuch Industriegüter-

marketing, Wiesbaden 2004, S. 628

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1 Grundl. des B-to-B-Marketing1.3 Charakteristika von Leistungsangeboten in B-to-B-Märkten

Die Services stehen in einem unterschiedlich engen Bezug zum Hauptprodukt:

• Obligatorische / Muss-Leistungen: müssen zusammen mit dem Hauptprodukt angeboten werden

Gründe: ... ...

• Fakultative / Kann-Leistungen: sind für die Vermarktungsfähigkeit des Hauptproduktes nicht zwingend notwendig, sollen aber die Attraktivität des

Gesamtangebotes steigern

Fazit: Wahrnehmung und Erwartung der Leistung und Qualität bezieht sich nicht nur auf das Produkt imengeren Sinne

Dimensionen der Leistung und der Qualität:

� Technische Qualität: Qualität der eigentlichen Produktleistung, des Produkts im engeren Sinne

� Funktionale Qualität: Leistung bezieht sich auf den gesamten, die Produktleistung umgebenden Interaktionsprozess

Beispiele: ...

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WS 2012/13

1 Grundl. des B-to-B-Marketing1.3 Charakteristika von Leistungsangeboten in B-to-B-Märkten

Problem aus Kundensicht: Erwartungen sind mit Unsicherheiten behaftet, Kunde weiß nicht, ob sie sich bestätigen werden (gilt insbesondere für funktionale Qualität):

Einteilung der Leistungsmerkmale nach ihrer Bewertbarkeit:

� Search qualities / Sucheigenschaften einer Leistung:

→ Eigenschaften, von denen sich der Käufer bereits vor dem Kauf überzeugen kann→ Im B2B-Bereich häufig geringer Umfang dieser Sucheigenschaften

� Experience qualities / Erfahrungseigenschaften einer Leistung:

→ Eigenschaften, die der Käufer nach entsprechenden Nutzungserfahrungen mit der Leistung beurteilen kann

→ können auch von anderen Personen/Institutionen (TÜV, IHK ...) geprüft werden, die die Informationen darüber weitergeben

� Credence qualities / Vertrauenseigenschaften einer Leistung:

→ Eigenschaften, die der Käufer auch nach entsprechenden Nutzungserfahrungen mit der Leistung nicht abschließend beurteilen kann

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WS 2012/13

1 Grundl. des B-to-B-Marketing1.3 Charakteristika von Leistungsangeboten in B-to-B-Märkten

⇒Im B2B-Bereich deutlich größere Relevanz der Erfahrungs- und Vertrauenseigenschaften gegenüber Sucheigenschaften!

Konsequenzen für das Marketing des Anbieters:

� Vor Vertragsabschluss:→ Ziel des Marketing, Vertrauen in das Leistungspotenzial eines Anbieters zu schaffen

� Nach Vertragsabschluss im eigentlichen Prozess der Leistungserstellung:→ Ziel des Marketing, bestmögliche Integration des Kunden in den Leistungserstellungsprozessvorzunehmen

� Nach Erstellung und Übergabe der Leistung:→ Ziel des Marketing, Zufriedenheit des Kunden durch verschiedenste Maßnahmen zu stärken→ Pflege der Geschäftsbeziehung

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1 Grundl. des B-to-B-Marketing1.4 Entwicklungstendenzen und Anforderungen

1.4 Entwicklungstendenzen und Anforderungen an das Industriegüter-marketing

Vermarktungsprozesse von Industriegütern:

• seit jeher von angebotener Technik geprägt und daher durch Technologieüberlegungen dominiert• sehr komplex

Entwicklungen in der Vergangenheit:

• Angleichung von Produkten und weite Verbreitung von technischem Know-how, verstärkt durch Internationalisierung der Märkte

⇒ Spielräume für eine Abhebung vom Wettbewerb über technologische Vorsprünge sind in manchen Märkten ausgereizt

• Verstärkter Drang zu Produktweiterentwicklungen und Innovationen

⇒ Gefahr, dass technologische Weiterentwicklungen an den Kundenbedürfnissen vorbeigehen⇒ "Technologischer Overkill"

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1 Grundl. des B-to-B-Marketing1.4 Entwicklungstendenzen und Anforderungen

•••• Begleitende Dienstleistungen gewannen in den letzten Jahren als Chance der Wettbewerbs-differenzierung immer stärker an Bedeutung

⇒Ständig wechselnde Vielfalt des Serviceangebots; trotzdem wechselten Kunden z.B. bei der kleinsten Preisänderung den Lieferanten

⇒"Service-Overkill"

⇒ Ausrichtung des gesamten Anbieterverhaltens am Kundennutzen und an den Kundenbedürfnissen,die äußerst unterschiedlich sein können

Ausgangsüberlegung: Im Wettbewerb kann man nur dadurch gewinnen, wenn man entweder schneller (Zeit), billiger (Kosten) oder besser (Qualität) als der Wettbewerber ist:

1 Zunehmende Bedeutung des Zeitfaktors

• Sich verkürzende Produktlebenszyklen

Die zeitlichen Abstände, in denen Innovationen bei vielen Industriegütern auf den Markt kommen, verkürzen sich zusehends

� vgl. Übersicht 1-6

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WS 2012/13

Übersicht 1-6: Entwicklung der Produktlebenszyklen

Quelle: Godefroid, P., Pförtsch, W., Business-to-Business-Marketing, 4. Aufl., Ludwigshafen 2008, S. 153

1 Grundl. des B-to-B-Marketing1.4 Entwicklungstendenzen und Anforderungen

Page 20: B2B Marketing

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WS 2012/13

1 Grundl. des B-to-B-Marketing1.4 Entwicklungstendenzen und Anforderungen

Konsequenzen: ...

...

• Zunehmende Bedeutung von Flexibilität

Kunden neigen zu immer individualisierteren Lösungen, wollen jederzeit und unmittelbar beliefert werden

⇒ Erheblicher Flexibilitätsbedarf beim Anbieter, dem man zunehmend durch neue Fertigungs- und Logistikkonzepte begegnet

2 Veränderungen auf der Kostenseite

•••• Kostenniveau: durch Internationalität der Märkte konkurrieren deutsche Anbieter mit Anbietern aus anderen Ländern, in denen das Kostenniveau deutlich niedriger ist→ Thema „Standort Deutschland“ (Löhne, Steuern, Energiekosten u.ä.)

⇒ Auswirkungen auf die Preispolitik sind offensichtlich

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1 Grundl. des B-to-B-Marketing1.4 Entwicklungstendenzen und Anforderungen

• Kostenstruktur:

→ hat sich in letzten Jahren bei vielen Anbietern verschlechtert, d.h. die Fixkosten sind im Verhältnis zu den variablen Kosten deutlich angestiegen

� vgl. Übersicht 1-7Gründe z.B.: ...

...

Problem: Variable Kosten ermöglichen stärker eine flexiblere Reaktion auf Marktrückgänge

⇒ Auswirkungen auf die Preispolitik: ...

3 Zunehmende Bedeutung des Qualitätsfaktors

Immer mehr Anbieter streben danach, hohe Qualität sicherzustellen und zertifiziert zu werden, um einen hohen Qualitätsstandard dokumentieren zu können⇒ Total-Quality-Management-Programme

4 Entstehen elektronischer Marktlösungen

� vgl. Übersicht 1-8

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22Prof. Dr. Ute Ritzerfeld-Zell, Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Marketing- B-to-B-Marketing -

WS 2012/13

Übersicht 1-7: Branchenspezifische Erhöhung des Fixkostenblocks

1 Grundl. des B-to-B-Marketing1.4 Entwicklungstendenzen und Anforderungen

41,5

38

32,1

39

41,5

46

50 49

42,5

47,2 47,245,3

30

40

50C

hem

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Mas

chin

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au

An

lag

enb

au

Info

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Fah

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gb

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70er

90er

+20,5% +28,6% +32,4% +21,1% +13,7% -1,6%

% der Gesamt-kosten

Prozentuale Veränderung des Fixkostenanteils

Page 23: B2B Marketing

23Prof. Dr. Ute Ritzerfeld-Zell, Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Marketing- B-to-B-Marketing -

WS 2012/13

Übersicht 1-8: Einsatzfelder des E-Commerce in B-to-B-Märkten

1 Grundl. des B-to-B-Marketing1.4 Entwicklungstendenzen und Anforderungen

LieferantLieferant KundeKundeUnternehmenUnternehmenElektronisches

Absatzmanagement(„E-Sales“)

Elektronisches Absatzmanagement

(„E-Sales“)

Elektronisches Besch.management(„E-Procurement“)

Elektronisches Besch.management(„E-Procurement“)

Realisierung mit Hilfe elektronischer

Marktlösungen

Realisierung mit Hilfe elektronischer

Marktlösungen

E-CommerceE-Commerce

Page 24: B2B Marketing

24Prof. Dr. Ute Ritzerfeld-Zell, Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Marketing- B-to-B-Marketing -

WS 2012/13

1 Grundl. des B-to-B-Marketing1.4 Entwicklungstendenzen und Anforderungen

Vorteile gegenüber bisherigen Geschäftsprozessen:

+ Reduktion der Transaktions- und Prozesskosten+ Optimierung von Prozessen+ Reduktion der Durchlaufzeiten+ Kopplung von Transaktionen und Bezahlung+ ...

Aktuelle Herausforderungen auf Industriegütermärkten führen zur Aufgabe des Industriegütermarketing:

Das Management von komparativen Konkurrenzvorteilen

Bestimmungsfaktoren:

• Bedürfnisse (Probleme) der potenziellen Nachfrager• Eigene Position in der Wahrnehmung der Nachfrager• Position der relevanten Konkurrenten in der Wahrnehmung der Nachfrager

� vgl. Übersicht 1-9

Page 25: B2B Marketing

25Prof. Dr. Ute Ritzerfeld-Zell, Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Marketing- B-to-B-Marketing -

WS 2012/13

Übersicht 1-9: Netto-Nutzen-Differenz zweier Alternativen

1 Grundl. des B-to-B-Marketing1.4 Entwicklungstendenzen und Anforderungen

Quelle: Backhaus, K., Voeth, M., Industriegütermarketing, 9. Aufl., München 2010, S. 14

Page 26: B2B Marketing

26Prof. Dr. Ute Ritzerfeld-Zell, Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Marketing- B-to-B-Marketing -

WS 2012/13

2 Wie kaufen Organisationen ein?

2.1 Grundlagen einer Kaufentscheidung

→ Die erläuterten Besonderheiten lassen die Kaufentscheidungen in Industriegütermärkten z. T. völliganders ablaufen als Kaufentscheidungen von Individuen

Frage: Wovon wird die Kaufentscheidung des nachfragenden Unternehmens getrieben, welche Bedürfnisse / Motivationen stehen dahinter?

⇒Im Industriegüterbereich werden die vom Anbieter angebotenen Leistungen vom Nachfrager investiv oder produktiv verwendet, d.h. es kommt zu einer Verknüpfung vonWertschöpfungsprozessen

2 Wie kaufen Organisationen ein?2.1 Grundlagen einer Kaufentscheidung

Page 27: B2B Marketing

27Prof. Dr. Ute Ritzerfeld-Zell, Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Marketing- B-to-B-Marketing -

WS 2012/13

2 Wie kaufen Organisationen ein?2.1.1 Verzahnung der Wertschöpfungsketten

2.1.1 Verzahnung der Wertschöpfungsketten von Anbieter und Nachfrager

Wert(schöpfungs)kette nach Porter:

Jedes Unternehmen ist eine Ansammlung von Tätigkeiten, durch die ein Produkt entworfen, hergestellt, vertrieben und unterstützt wird. Diese Tätigkeiten lassen sich in Form einer Wertkette darstellen, und zwar jeweils für eine Branche, d.h. für eine Unternehmenseinheit.

Wert = Betrag, den die Abnehmer für das, was ein Unternehmen ihnen anbietet, zu zahlen bereit sind⇒ Erzielbarer Nettoerlös am Markt

Bestandteile:

•Wertaktivitäten =die vom Unternehmen ausgeführten Aktivitäten; das Unternehmen setzt gekaufte Inputs, menschliche Ressourcen (Arbeitskräfte und Management)

sowie Technologien ein•Gewinnspanne =Unterschied zwischen dem Gesamtwert und den Kosten, die bei der

Ausführung der Wertaktivitäten anfallen

� vgl. Übersicht 2-1

Page 28: B2B Marketing

28Prof. Dr. Ute Ritzerfeld-Zell, Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Marketing- B-to-B-Marketing -

WS 2012/13

Übersicht 2-1: Produktbezogene Wertkette eines Unternehmens

Quelle: Kotler, P., Keller, K.L., Bliemel, F., Marketing-Management, 12. Aufl., München 2007, S. 75

Personalwirtschaft

Beschaffung

Eingangs-logistik

OperationenAusgangs-

logistikMarketing & Vertrieb

Kunden-dienst

Gew

inns

pann

e

Unternehmensinfrastruktur

Technologieentwicklung

Primäre Aktivitäten

Un

ters

tütz

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eA

ktiv

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Gew

innspanne

2 Wie kaufen Organisationen ein?2.1.1 Verzahnung der Wertschöpfungsketten

Page 29: B2B Marketing

29Prof. Dr. Ute Ritzerfeld-Zell, Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Marketing- B-to-B-Marketing -

WS 2012/13

2 Wie kaufen Organisationen ein?2.1.1 Verzahnung der Wertschöpfungsketten

Lieferant+ lassen sich durch solch eine Wertkette charakterisierenNachfragerorganisation

Auf industriellen Märkten gelangt ein Gut aus der Wertkette des Lieferanten in die Wertkette der Nachfragerorganisation (im Falle direkten Vertriebs)

� vgl. Übersicht 2-2

⇒ Anbieter und Nachfrager nehmen somit gegenseitig weitreichend Einfluss auf die Wertkette des jeweils anderen, z.B. hinsichtlich ...

……………

Page 30: B2B Marketing

30Prof. Dr. Ute Ritzerfeld-Zell, Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Marketing- B-to-B-Marketing -

WS 2012/13

Übersicht 2-2: Verzahnung der Wertschöpfungsketten

Quelle: Arnold , U., Beschaffungskooperationen und Netzwerke, in: Backhaus, K., Voeth, M., Handbuch Industriegütermarketing, Wiesbaden 2004, S. 290

2 Wie kaufen Organisationen ein?2.1.1 Verzahnung der Wertschöpfungsketten

Page 31: B2B Marketing

31Prof. Dr. Ute Ritzerfeld-Zell, Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Marketing- B-to-B-Marketing -

WS 2012/13

Anbieter beeinflusst die Möglichkeiten des Kunden, seinerseits Wettbewerbsvorteile auf seinem jeweiligen Markt zu erzielen

⇒ Will der Anbieter erfolgreich sein, so muss er sich im Klaren darüber sein, wie die eigenen Leistungen dazu beitragen, dem Kunden einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen

Er muss Informationen über folgende Dinge haben:

• Was wird nachher mit der Leistung des direkten Kunden gemacht, über welchen Vertriebsweg wird sie vertrieben?

• Konkurrenzverhältnisse

• Kaufverhaltensweisen der Endkunden und vor allem

• Strategische Wichtigkeit des Guts für den Kunden (Kostenanteil, Beitrag zur Erreichung einer best. Qualität, Beitrag zur Erreichung eines Kundenimages)

2 Wie kaufen Organisationen ein?2.1.1 Verzahnung der Wertschöpfungsketten

Page 32: B2B Marketing

32Prof. Dr. Ute Ritzerfeld-Zell, Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Marketing- B-to-B-Marketing -

WS 2012/13

2 Wie kaufen Organisationen ein?2.1.2 Unsicherheit und ihre Bewältigung

2.1.2 Unsicherheit und ihre Bewältigung

Eine Kaufentscheidung basiert auf Erwartungen

⇒ Nachfrager empfindet Unsicherheit darüber, ob seine Erwartungen erfüllt werden⇒ subjektiv empfundenes Risiko

� vgl. Übersicht 2-3

Page 33: B2B Marketing

33Prof. Dr. Ute Ritzerfeld-Zell, Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Marketing- B-to-B-Marketing -

WS 2012/13

Übersicht 2-3: Risiko beim Abschluss des Kaufvertrages

2 Wie kaufen Organisationen ein?2.1.2 Unsicherheit und ihre Bewältigung

Quelle: in Anlehnung an Fließ, S., Industrielles Kaufverhalten, in: Kleinaltenkamp, M., Plinke, W., Technischer Vertrieb, 2. Aufl., Berlin 2000, S. 261

Vom Nachfrager wahrgenommenes Risiko beim Abschluss des KaufvertragsVom Nachfrager wahrgenommenes Risiko beim Abschluss des Kaufvertrags

Empfundene Bedeutung der Konsequenzen, die aus dem Eintritt nachteiliger Ereignisse resultieren

Empfundene Bedeutung der Konsequenzen, die aus dem Eintritt nachteiliger Ereignisse resultieren

Bsp.: Die Leistung eines beschafften Produkts ist schlechter als erwartet

⇒ Konsequenzen, die sich daraus für die Nachfragerorganisation ergeben, werden als erheblich eingeschätzt

Empfundene Unsicherheit über den Eintritt nachteiliger Ereignisse

Empfundene Unsicherheit über den Eintritt nachteiliger Ereignisse

Exogene UnsicherheitExogene Unsicherheit Endogene UnsicherheitEndogene Unsicherheit

Unsicherheit über den Eintritt allgemeiner Umweltzustände

Unsicherheit über das Verhalten anderer Marktteilnehmer

Nicht-opportunistisches Verhalten

Opportunistisches Verhalten

Page 34: B2B Marketing

34Prof. Dr. Ute Ritzerfeld-Zell, Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Marketing- B-to-B-Marketing -

WS 2012/13

2 Wie kaufen Organisationen ein?2.1.2 Unsicherheit und ihre Bewältigung

Ursache für das Entstehen endogener Unsicherheit:

→ Ungleich verteilte Informationen (Informationsasymmetrie):

Anbieter und Nachfrager besitzen jeweils einen ...… Informationsvorsprung bezüglich ihres eigenen Verhaltens… Informationsnachteil bezüglich des Verhaltens des jeweils anderen

Normalfall: sinnvolle Zusammenarbeit beider Beteiligten insofern, als beide bestrebt sind, den Informationsnachteil des jeweils anderen auszugleichen

Problem: Sowohl für den Anbieter als auch für den Nachfrager möglich, den eigenen Informations-vorsprung zum eigenen Nutzen auszunutzen

⇒ Opportunistisches Verhalten

→ Will der Käufer zu einer Kaufentscheidung kommen, muss er sein subjektiv wahrgenommenes Risiko auf ein Maß reduzieren, das für ihn erträglich ist:

� vgl. Übersicht 2-4

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Übersicht 2-4: Maßnahmen des Nachfragers zur Reduktion des wahrgenommenen Risikos

2 Wie kaufen Organisationen ein?2.1.2 Unsicherheit und ihre Bewältigung

Quelle: in Anlehnung an Fließ, S., Industrielles Kaufverhalten, in: Kleinaltenkamp, M., Plinke, W., Technischer Vertrieb, 2. Aufl., Berlin 2000, S. 261

Vom Nachfrager wahrgenommenes Risiko beim Abschluss des KaufvertragsVom Nachfrager wahrgenommenes Risiko beim Abschluss des Kaufvertrags

Möglichkeiten des Nachfragers zur Handhabung des wahrgenommenen RisikosMöglichkeiten des Nachfragers zur Handhabung des wahrgenommenen Risikos

Empfundene Bedeutung der Konsequenzen, die aus dem Eintritt nachteiliger Ereignisse

resultieren

Empfundene Bedeutung der Konsequenzen, die aus dem Eintritt nachteiliger Ereignisse

resultieren

Risiko-überwälzung

Risiko-überwälzung

Reserven-bildung

Reserven-bildung

Risiko-teilungRisiko-teilung

Empfundene Unsicherheit über den Eintritt nachteiliger Ereignisse

(endogene Unsicherheit)

Empfundene Unsicherheit über den Eintritt nachteiliger Ereignisse

(endogene Unsicherheit)

Informationsgewinnung zur Kontrolle des wahr-genommenen Risikos

Informationsgewinnung zur Kontrolle des wahr-genommenen Risikos

Beeinflussung des AnbieterverhaltensBeeinflussung des Anbieterverhaltens

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2 Wie kaufen Organisationen ein?2.2 Beschreibung des Kaufverhaltens

2.2 Beschreibung des Kaufverhaltens

Einflussfaktoren, von denen die genaue Ausgestaltung des Kaufentscheidungsprozesses eines Unternehmens abhängig ist:

� vgl. Übersicht 2-5

→ Zum Einfluss dieser Faktoren auf das Kaufverhalten sind zahlreiche Erklärungsansätze entwickelt worden, die entweder einzelne dieser Faktoren (Partialansätze) oder deren gesamtes Beziehungs-geflecht (Totalmodelle) erfassen.

Hier: lediglich Betrachtung ausgewählter Partialansätze zu folgenden Untersuchungsbereichen:

1. Kennzeichnung alternativer Kaufsituationen (Kauftyp)2. Phasenablauf des Kaufentscheidungsprozesses (Organisationaler Beschaffungsprozess)3. Kollektiver Charakter des Kaufentscheidungsprozesses (Buying Center Konzept)

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Übersicht 2-5: Einflussfaktoren auf den Kaufentscheidungsprozess

2 Wie kaufen Organisationen ein?2.1.2 Unsicherheit und ihre Bewältigung

Quelle: Backhaus, K., Voeth, M., Industriegütermarketing, 9. Aufl., München 2010, S. 38

Merkmale der beschaffenden Organisation

Kauftyp

Umwelt

Buying-Center Buying-Network

Organisatio-naler Beschaf-fungsprozess

Selling-Center/Selling-Network

A

Selling-Center/Selling-Network

K

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2 Wie kaufen Organisationen ein?2.2.1 Beschreibung alternativer Kaufsituationen

2.2.1 Beschreibung alternativer Kaufsituationen

Kaufklassenkonzept von Robinson/Faris/Wind (1967):

→ Kunde kann sich zum Zeitpunkt der Kaufentscheidung grundsätzlich in drei Kaufsituationen befinden:1. Neukauf (new task)2. Modifizierter Wiederkauf (modified rebuy)3. Identischer Wiederkauf (straight rebuy)

� vgl. Übersicht 2-6

Zu 1.: Neukauf

→ Kaufproblem tritt zum ersten Mal im Unternehmen auf (z.B. neue Fertigungstechnologie o.ä.)

⇒ Hohe Innovationsbarrieren wegen: • fehlender Erfahrung• hohen Informationsbedarfs

⇒ Große Herausforderung für alle Lieferanten, aber es ist zu unterscheiden, ob sie einen Kunden bereits beliefern oder ob sie von ihm noch keinen Auftrag erhalten haben:• In-Supplier: bereits in den Lieferantenkreis aufgenommenes Unternehmen• Out-Supplier: gehören noch nicht zum Lieferantenkreis

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Übersicht 2-6: Charakterisierung der Kaufklassen

2 Wie kaufen Organisationen ein?

Quelle: in Anlehnung an Backhaus, K., Voeth, M., Industriegütermarketing, 9. Aufl., München 2010, S. 76 ff.

2.2.1 Beschreibung alternativer Kaufsituationen

Kaufklasse

Neuheit des Problems

Informations-bedarf

Neukauf

Identischer Wiederkauf

Dimensionen

Hoch

Modifizierter Wiederkauf

Betrachtung neuer Alternativen

Maximal Bedeutend

Mittel Eingeschränkt Begrenzt

Gering Minimal Keine

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2 Wie kaufen Organisationen ein?2.2.1 Beschreibung alternativer Kaufsituationen

Zu 2.: Modifizierter Wiederkauf

→ Produkt / Technologie, das / die bereits einmal gekauft wurde, wird noch einmal gekauft, so dass das Unternehmen auf Erfahrungen mit ähnlichen Kaufproblemen zurückgreifen kann

Aber: vom Nachfrager werden aus verschiedenen Gründen Produkt- oder Konditionsveränderungen gefordert

⇒ In-Supplier sind zumeist beunruhigt, wenn eine solche Situation entsteht (Angriffspunkte für andere Wettbewerber, Out-Supplier)

Zu 3.: Identischer Wiederkauf

→ Produkt / Technologie, das / die bereits einmal gekauft wurde, wird noch einmal gekauft

Aber: Es werden keine anderen Kaufalternativen berücksichtigt, die Einkaufsabteilung bestellt routinemäßig nach

⇒ In-Supplier bieten häufig automatische Nachbestellverfahren, computergestützte Beschaffungs-systeme an, um den Zeitaufwand des Einkäufers gering zu halten

⇒ Out-Supplier versuchen, in diesen Kreis einzubrechen, das Absatzmarketing ist auf das Einbrechen in eine stabile Lieferbeziehung ausgerichtet

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2 Wie kaufen Organisationen ein?2.2.2 Phasenablauf des Kaufentscheidungsprozesses

2.2.2 Phasenablauf des Kaufentscheidungsprozesses

→ In jedem Kaufentscheidungsprozess eines Unternehmens lassen sich bestimmte typische Phasen aufdecken, die durch jeweils unterschiedliche Verhaltensweisen der Beteiligten gekennzeichnet sind

→ In der Literatur existiert eine Vielzahl weiterer Kaufphasenkonzepte, die sich im wesentlichen durch den Detailliertheitsgrad bei der Phaseneinteilung unterscheiden

� vgl. Übersicht 2-7

Kritik an allen derartigen Phasenschemata:

- ...

- ...

- ...

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Übersicht 2-7: Überblick über Phasenablaufkonzepte

2 Wie kaufen Organisationen ein?

Quelle: in Anlehnung an Backhaus, K., Voeth, M., Industriegütermarketing, 9. Aufl., München 2010, S. 43

2.2.2 Phasenablauf des Kaufentscheidungsprozesses

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2 Wie kaufen Organisationen ein?2.2.3 Buying-Center-Konzept

2.2.3 Buying-Center-Konzept

2.2.3.1 Merkmale des und Beteiligte am Buying-Center

Buying-Center: problembezogene, meist nicht formal institutionalisierte Gruppen aus Mitgliedern der nachfragenden Organisation, die am Kaufentscheidungsprozess beteiligt sind

Vorteil des Vorhandenseins eines Buying-Centers:

→ Risikoreduktion in zweierlei Hinsicht:

• Unternehmen reduziert das Risiko, dass eine falsche Entscheidung getroffen wird:

→ ...

• Risiko jeder einzelnen beteiligten Person wird reduziert:

→ ...

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2 Wie kaufen Organisationen ein?2.2.3.1 Merkmale des und Beteiligte am Buying-Center

Drei zentrale Fragestellungen für die Analyse des Kaufverhaltens im Buying-Center:

1. Wer ist an der Kaufentscheidung beteiligt?

2. Welche Beziehungen bestehen zwischen den Mitgliedern des Buying-Centers?

3. Wer übt welchen Einfluss auf die Kaufentscheidung aus?

Zu 1.: Wer ist an der Kaufentscheidung beteiligt?

Funktionsbereiche, aus denen die Mitglieder des Buying-Centers typischerweise rekrutiert werden:

- ...- ...- ...- ...- ...- ...

Einfluss der Funktionsbereiche in Abhängigkeit von der Kaufphase: � vgl. Übersicht 2-8

Page 45: B2B Marketing

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Übersicht 2-8: Einfluss der Funktionsbereiche abhängig von der Kaufphase

2 Wie kaufen Organisationen ein?

Quelle: Backhaus, K., Voeth, M., Industriegütermarketing, 9. Aufl., München 2010, S. 49

2.2.3.1 Merkmale des und Beteiligte am Buying-Center

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2 Wie kaufen Organisationen ein?2.2.3.2 Beziehungen und Einflussnahme im Buying-Center

→ Einflussfaktoren auf die Größe und Zusammensetzung des Buying-Centers:• ...• ...• ...• ...

2.2.3.2 Beziehungen und Einflussnahme im Buying-Center

→ Analyse der Rollen, die die am Kaufprozess Beteiligten wahrnehmen

2 Ansätze zur Rollenanalyse: • Rollenkonzept von Webster/Wind • Promotorenmodell von Witte

Rollenkonzept von Webster/Wind

Rolle = Verhaltenserwartung, die ein Mitglied des Buying-Centers an ein anderes Mitglied stellt, unabhängig von einer konkreten Person, sondern bezogen auf die Position, die von einer Person bekleidet wird

� vgl. Übersicht 2-9

Page 47: B2B Marketing

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Übersicht 2-9: Einfluss der Funktionsbereiche abhängig von der Kaufphase

2 Wie kaufen Organisationen ein?

Rollen von Mitgliedern des Buying-Centers

Rollen von Mitgliedern des Buying-Centers

User(Verwender)

User(Verwender)

Buyer(Einkäufer)

Buyer(Einkäufer)

Decider(Entscheider)

Decider(Entscheider)

Gatekeeper(Pförtner)

Gatekeeper(Pförtner)

Influencer(Einfl.nehmer)

Influencer(Einfl.nehmer) InitiatorInitiator

Person, die mit dem zu beschaffenden Produkt arbeitet, und zwar

•direkt oder•indirekt

Person, die die Lieferanten auswählt und Kauf-bedingungen aushandelt

Person, die letztendlich die Kaufentschei-dung trifft

Person, die den Informa-tionsfluss in das Buying-Center hinein und heraus beeinflusst

Sonstige Per-sonen, die direkten oder indirekten Einfluss auf die Beschaffungs-entscheidung nehmen

Person, die die Beschaffungs-entscheidung initiiert

2.2.3.2 Beziehungen und Einflussnahme im Buying-Center

Page 48: B2B Marketing

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2 Wie kaufen Organisationen ein?2.2.3.2 Beziehungen und Einflussnahme im Buying-Center

Wie ist die Entscheidungskompetenz der fünf wesentlichen Rollen ausgeprägt?

• User: - direkt: ...- indirekt: ...

• Buyer: ...

• Decider: ...

• Gatekeeper: ...

• Influencer: ...

Zur Verteilung der Rollen:

• Jede Person, die am Kaufprozess mitwirkt, ist auch ein Influencer• Nicht alle Influencer nehmen darüber hinaus auch noch weitere Rollen wahr• Häufig wird ein und dieselbe Rolle von mehreren Personen wahrgenommen (z.B. Influencer,

Gatekeeper)• Eine Person kann auch verschiedene Rollen einnehmen (z.B. Einkäufer, der sowohl Buyer als auch

Gatekeeper ist)• Es müssen nicht alle sechs Rollen in einem Kaufprozess vertreten sein (je länger und komplexer der

Kaufprozess, desto wahrscheinlicher ist das)

Page 49: B2B Marketing

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2 Wie kaufen Organisationen ein?2.2.3.2 Beziehungen und Einflussnahme im Buying-Center

Promotorenmodell von Witte � vgl. Übersicht 2-10

→zwei Arten von Personen bzw. von Verhaltensweisen gegenüber dem Kauf von Innovationen:

(1) Opponenten: Gegenspieler einer Kaufentscheidung , leisten Widerstand

(2) Promotoren: Personen, die den Innovations- bzw. Kaufentscheidungsprozess aktiv und intensiv fördern

Zu (1):Opponenten

Ausgangsüberlegung: Kauf von Innovationen ist häufig mit innerbetrieblichen Widerständen verbunden, die auf zwei Arten von Barrieren zurückzuführen sind

→Fähigkeitsbarrieren: • Es müssen neue Kenntnisse und Fähigkeiten erworben werden• Beim Auftreten von Problemen kann man nicht auf Erfahrungen zurückgreifen

→Willensbarrieren: • Negative Einstellung gegenüber Innovationen aufgrund konservativer Erziehung• Schlechte Erfahrungen mit Innovationen• Befürchteter Verlust des eigenen Status im Unternehmen

Page 50: B2B Marketing

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Übersicht 2-10: Promotorenmodell von WITTE

2 Wie kaufen Organisationen ein?2.2.3.2 Beziehungen und Einflussnahme im Buying-Center

Am Kaufprozess Beteiligte

hinsichtlich ihrer Einstellung gegenüber der zu beschaffenden Innovation ...

Am Kaufprozess Beteiligte

hinsichtlich ihrer Einstellung gegenüber der zu beschaffenden Innovation ...

OpponentenOpponenten

Gegenspieler einer Kaufentscheidung, leisten Widerstand

PromotorenPromotoren

Förderer des Kauf- und Innovationsprozesses

Fach-opponenten

Fach-opponenten

Stützen ihren Widerstand auf ihre hierarchische Position

Stützen ihren Widerstand auf ihr Fachwissen

Macht-opponenten

Macht-opponenten

Fach-promotoren

Fach-promotoren

Macht-promotoren

Macht-promotoren

Prozess-promotorenProzess-

promotoren

Können aufgrund ihres Zugangs zu Finanzen oder Mitar-beitern Maßnahmen durchsetzen und Willensbarrieren überwinden

Streben an, Fähig-keitsbarrieren durch Erwerb und Weiter-gabe von Fachwis-sen zu überwinden

Fördern Kaufprozess durch ihre Kenntnis von Entscheidungs-abläufen im Unter-nehmen und Eigenschaften von Beteiligten

Page 51: B2B Marketing

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2 Wie kaufen Organisationen ein?2.2.3.2 Beziehungen und Einflussnahme im Buying-Center

Opponenten sind nicht nur negativ zu sehen, sondern bewirken auch Positives, z.B.

☺ ...

☺ ...

☺ ...

Zu (2): Promotoren

→ Fördern den Kauf- und Innovationsprozess aktiv, und zwar aus eigenem Antrieb, nicht weil sie dazu bestimmt worden sind

Allgemein gilt: • Es treten nicht in allen Kaufentscheidungsprozessen Promotoren auf •Auftreten von Promotoren und Opponenten beeinflusst den Verlauf und die Effizienz des Kaufentscheidungsprozesses

� vgl. Übersicht 2-11

Page 52: B2B Marketing

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Übersicht 2-11: Promotorenmodell von WITTE

2 Wie kaufen Organisationen ein?2.2.3.2 Beziehungen und Einflussnahme im Buying-Center

Machtquellen BarrierenBarrierenLeistungsbeiträge

Machtpromoter

Fachpromoter

ProzesspromoterProzesspromoter

• Hohe hierarchischePosition

• Willensbarrieren• Hierarchiebarrieren• Willensbarrieren• Hierarchiebarrieren

• Stellt organisatorischeRessourcen bereit

• Legt Ziele fest• Gewährt Anreize• Sanktioniert Akteure• Blockiert Opponenten

• Expertenkompetenz • FachspezifischeFähigkeitsbarrieren

• FachspezifischeFähigkeitsbarrieren

• Evaluiert neuartige undkomplexe Probleme

• Beurteilt und entwickeltProblemlösungsvorschläge

• Realisiert ProblemlösungenInitiiert und fördert fach-spezifische Lernprozesse

• Organisationskenntnisse• Organisationsinterne

Kommunikations-potentiale

• Organisationskenntnisse• Organisationsinterne

Kommunikations-potentiale

• Sammelt, filtert, übersetztund interpretiert Informa-tionen und leitet diesegezielt an Akteure weiter

• Fördert Kommunikations-beziehungen und Koalitionenzwischen Akteuren

• Sammelt, filtert, übersetztund interpretiert Informa-tionen und leitet diesegezielt an Akteure weiter

• Fördert Kommunikations-beziehungen und Koalitionenzwischen Akteuren

• Organisatorische undadministrative Barrieren

• Organisatorische undadministrative Barrieren

Quelle: in Anlehnung an Backhaus, K., Voeth, M., Industriegütermarketing, 9. Aufl., München 2010, S. 55

Page 53: B2B Marketing

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2 Wie kaufen Organisationen ein?2.3 Arten von Kaufentscheidungen

2.3 Arten von Kaufentscheidungen

Bisher: wesentliche Besonderheiten von Kaufentscheidungen in Industriegütermärkten und imKaufentscheidungsprozess behandelt

Im folgenden: Um konkrete Vorschläge für das Marketing von Anbietern in diesen Märkten zu machen, müssen unterschiedliche Typen von Industriegütergeschäften abgegrenzt werden, und

zwar anhand zweier Merkmale:

• Individualität der Leistung und Kundenintegration

• Zeitlicher Kaufverbund

Page 54: B2B Marketing

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2 Wie kaufen Organisationen ein?2.3.1 Individualität der Leistung und Kundenintegration

2.3.1 Individualität der Leistung und Kundenintegration

(1) Leistungsindividualisierung als Ausgangspunkt

→ Genaue Abstimmung des Angebots auf die Bedürfnisse eines einzelnen Kunden→ Leistungsergebnisse in Form von Unikaten

Leistungsindividualisierung kann an drei Bereichen ansetzen:

a) Produktgestaltung i. e. S.b) Produktbegleitende Dienstleistungenc) Reine Dienstleistungen

Zu a): Produktgestaltung i. e. S.

→ Gestaltung einer Sachleistung nach den Bedürfnissen und Vorgaben eines einzelnen Kunden(vgl. Übersicht 1-3)

Page 55: B2B Marketing

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2 Wie kaufen Organisationen ein?2.3.1 Individualität der Leistung und Kundenintegration

Zu b): Produktbegleitende Dienstleistungen

→ Oft erfolgt Leistungsindividualisierung gar nicht über spezifische Produktgestaltung, sondern über eine kundenspezifische Gestaltung produktbegleitender Dienstleistungen

→ Gilt vor allem für After-Sales-Services, z.B. ...

... Spezifische just-in-time-Vereinbarungen

... Key-Account-Management

Zu c): Reine Dienstleistungen

→ Sind im Unterschied zu produktbegleitenden Dienstleistungen eigenständig vermarktbar→ Sind zumeist per se auf die Bedürfnisse einzelner Kunden zugeschnitten!

Beispiele: Unternehmensberatungen, Engineering-Firmen, Versicherungen, Banken

Page 56: B2B Marketing

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WS 2012/13

2 Wie kaufen Organisationen ein?2.3.1 Individualität der Leistung und Kundenintegration

(2) Kundenintegration

→ Damit eine Leistung kundenspezifisch gestaltet werden kann, muss der Kunde in den Prozess der Leistungserstellung einbezogen werden, der Kunde muss an der Entstehung der entsprechenden Leistung mitwirken, und zwar vor allem über ...

� vgl. Übersicht 2-12

→ Bedingt durch die Kundenintegration ergibt sich bei dem Zustandekommen einer individualisierten Leistung eine andere zeitliche Reihenfolge als bei standardisierten Leistungen:

� vgl. Übersicht 2-13

Page 57: B2B Marketing

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WS 2012/13

Übersicht 2-12: Kundenindividuelle Leistungsgestaltung mit Kundenintegration

2 Wie kaufen Organisationen ein?

Quelle: Jacob, F., Kleinaltenkamp, M., Leistungsindividualisierung und -standardisierung, in: Backhaus, K., Voeth, M., (Hrsg.), Handbuch

Industriegütermarketing, Wiesbaden 2004, S. 607

2.3.1 Individualität der Leistung und Kundenintegration

Form der KundenintegrationForm der Kundenintegration Interaktions-punkt

Interaktions-punkt

Grad der Kundenintegration

Grad der Kundenintegration

match-to-order / locate-to-order:Unterstützung bei der Auswahl vorhandener Standardprodukte

match-to-order / locate-to-order:Unterstützung bei der Auswahl vorhandener Standardprodukte

Handel / VertriebHandel / Vertrieb

bundle-to-order:Bündelung von Standardprodukten und -leistungen zu einem individuellen Produkt

bundle-to-order:Bündelung von Standardprodukten und -leistungen zu einem individuellen Produkt

Handel / VertriebHandel / Vertrieb

assemble-to-order:Individuelle Endmontage aus standar-disierten Komponenten und Modulen

assemble-to-order:Individuelle Endmontage aus standar-disierten Komponenten und Modulen

EndmontageEndmontage

make-to-order:Individuelle Fertigung inklusive kundenspezifischer Komponenten

make-to-order:Individuelle Fertigung inklusive kundenspezifischer Komponenten

FertigungFertigung

soft

cust

omiz

atio

nha

rd c

usto

miz

atio

n

Anz

ahl k

unde

nspe

zifis

cher

Akt

ivitä

ten

Page 58: B2B Marketing

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Übersicht 2-13: Zeitliche Reihenfolge der Aktivitäten bei der Leistungsindividualisierung

2 Wie kaufen Organisationen ein?

Quelle: Jacob, F., Kleinaltenkamp, M., Leistungsindividualisierung und -standardisierung, in: Backhaus, K., Voeth, M., (Hrsg.), Handbuch

Industriegütermarketing, Wiesbaden 2004, S. 608

2.3.1 Individualität der Leistung und Kundenintegration

Produkt

Potenzial Prozess ProduktProdukt

Produkt Kaufent-scheidung

Potenzial Kaufent-scheidung

ProduktProdukt Produkt

Prozess Produkt

t0

Leistungsstandardisierung

Leistungsindividualisierung

Page 59: B2B Marketing

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WS 2012/13

2 Wie kaufen Organisationen ein?2.3.1 Individualität der Leistung und Kundenintegration

Problem der Kundenintegration:

→ Anbieter wird eingeschränkt in seinen Entscheidungsfreiräumen und seinen Möglichkeiten, Aktivitäten autonom zu planen

⇒ Werden die durch Individualisierung gewonnenen Effektivitätssteigerungen nicht durch daraus resultierende Effizienzminderungen überkompensiert?

Ausweg: ...

Fazit: Leistungsindividualisierung muss sich nicht auf alle Geschäftsabläufe beziehen

→ Im Rahmen der Vorkombination können viele Prozesse und Zwischenergebnisse standardisiert werden→ Endgültige Gestaltung des Leistungsbündels und Zusammenfügung der einzelnen Bestandteile erfolgt

dann kundenindividuell

Leistungsindividualisierung kann sich somit auf folgende Komponenten beziehen:

− Produkt- bzw. Leistungsgestaltung i. e. S.− Kommunikationsleistungen− Distributionsleistungen− Serviceleistungen− Preis- und Konditionengestaltung

Page 60: B2B Marketing

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WS 2012/13

2 Wie kaufen Organisationen ein?2.3.2 Zeitlicher Kaufverbund

2.3.2 Zeitlicher Kaufverbund

→ Für viele Transaktionen in Industriegütermärkten ist es typisch, dass der Kunde mit seiner Entscheidung, einem Anbieter X den Auftrag zu erteilen, seinen Entscheidungsspielraum einengt, bei einem erneuten Kauf einen anderen Anbieter zu wählen

⇒ Folgekaufentscheidungen werden dadurch angestoßen bzw. bestimmt⇒ Verbundwirkung zwischen Einzelkaufentscheidungen

⇒ Thema Wechselkosten als äußerst bedeutsames Thema in Industriegütermärkten

In Industriegütermärkten gibt es ein unterschiedlich hohes ...

... Bindungspotenzial: Bestreben eines Kunden, mit einem Anbieter dauerhaft zusammenzuarbeiten

Anhand dieses Kriteriums lassen sich die verschiedenen Lieferanten-Kunden-Beziehungen unterscheiden:

� vgl. Übersicht 2-14

Page 61: B2B Marketing

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Übersicht 2-14: Lieferanten-Kunden-Beziehungen nach dem vom Kunden angestrebten Zeithorizont

2 Wie kaufen Organisationen ein?2.3.2 Zeitlicher Kaufverbund

AngestrebterZeithorizont

EinmaligeTransaktion

= geringes Bindungspotenzial

EinmaligeTransaktion

= geringes Bindungspotenzial

„ex-ante“-dauerhafte Geschäftsbeziehung

= hohes Bindungspotenzial

„ex-ante“-dauerhafte Geschäftsbeziehung

= hohes Bindungspotenzial

„ex-post“-dauerhafte Geschäftsbeziehung„ex-post“-dauerhafte Geschäftsbeziehung

Page 62: B2B Marketing

62Prof. Dr. Ute Ritzerfeld-Zell, Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Marketing- B-to-B-Marketing -

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2 Wie kaufen Organisationen ein?2.3.2 Zeitlicher Kaufverbund

→ Eine Lieferanten-Kunden-Beziehung kann an einer beliebigen Stelle zwischen diesen beiden Polen angesiedelt sein

Frage: Wovon ist das Bindungspotenzial abhängig?

Wechselkosten als Einflussgröße auf das Bindungspotenzial

3 Arten:

(1) Sunk costs

→ Verlust der Investitionen, die zum Zeitpunkt des Erstkaufs in die Errichtung der Lieferbeziehunggeleistet wurden

→ Sind zumeist exakt für diese Geschäftsbeziehung entstanden und nicht anders verwendbar

• Bezogen auf den Verhandlungsprozess:

- ...- ...

Page 63: B2B Marketing

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2 Wie kaufen Organisationen ein?2.3.2 Zeitlicher Kaufverbund

• Bezogen auf die Einstellung des Kunden auf den Lieferanten:

- ...- ...- ...- ...

• Bezogen auf das Vertrauen des Kunden zum Lieferanten:

- ...

• Bezogen auf die Reduktion der Transaktionskosten:

- ...

� vgl. Übersicht 2-15

Page 64: B2B Marketing

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Übersicht 2-15: Verlorene Transaktionskosteneinsparungen als Wechselkosten

2 Wie kaufen Organisationen ein?2.3.2 Zeitlicher Kaufverbund

Transaktions-

kosten pro €

Beschaffungs

wert

Page 65: B2B Marketing

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2 Wie kaufen Organisationen ein?2.3.2 Zeitlicher Kaufverbund

(2) Direkte Kosten

→ Vergleichbare Investitionen in die neue Lieferbeziehung

(3) Opportunitätskosten

→ Entgangener Nettonutzen der verlassenen Geschäftsbeziehung

→ Erfahrungen, die der Kunde im Umgang mit dem Anbieter sammelt, führen zu einer Reduktion des Risikos⇒ Unsicherheit bei der Leistungsbeurteilung eines Lieferanten wird kleiner⇒ (Risiko-)nutzen der Lieferantenleistung wird größer

Fazit: Bindungspotenzial des Kunden ist um so höher, je höher die Wechselkosten, da er sich hier für den richtigen Anbieter entscheiden will

⇒ Bisherige Abgrenzung unterschiedlicher Lieferanten-Kunden-Beziehungstypen wird entsprechend um die Wechselkosten-Komponente erweitert:

� vgl. Übersicht 2-16

Page 66: B2B Marketing

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Übersicht 2-16: Lieferanten-Kunden-Beziehungen nach der Höhe der Wechselkosten (1)

2 Wie kaufen Organisationen ein?2.3.2 Zeitlicher Kaufverbund

EinmaligeTransaktion

= geringes Bindungspotenzial

EinmaligeTransaktion

= geringes Bindungspotenzial

„ex-ante“-dauerhafte Geschäftsbeziehung

= hohes Bindungspotenzial

„ex-ante“-dauerhafte Geschäftsbeziehung

= hohes Bindungspotenzial

„ex-post“-dauerhafte Geschäftsbeziehung„ex-post“-dauerhafte Geschäftsbeziehung

Determinanten des Bindungspotenzials

Geringe Wechselkosten→ geringfügige Investitionen⇒ kurzfristige Kosten-Nutzen-Überlegungen

Hohe Wechselkosten→ umfangreiche Investitionen⇒ investitionsrechnerische Überlegungen

AngestrebterZeithorizont

Page 67: B2B Marketing

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2 Wie kaufen Organisationen ein?2.3.2 Zeitlicher Kaufverbund

Einflussfaktoren, die die Höhe der Wechselkosten bestimmen:

1. Produktcharakteristika

•Vorgefertigte und in Mehrfachfertigung erstellte Leistungen (nicht kundenspezifisch angefertigt) für einen anonymen Markt

⇒⇒⇒⇒Standardprodukte

⇒im allgemeinen geringe Wechselkosten zum Zeitpunkt der Erstkaufentscheidung

•Kundenindividuell erstellte Leistungen

⇒⇒⇒⇒Spezialprodukte

⇒im allgemeinen hohe Wechselkosten

Page 68: B2B Marketing

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2 Wie kaufen Organisationen ein?2.3.2 Zeitlicher Kaufverbund

2. Strategische Wichtigkeit des Guts

→ wird dadurch bestimmt, welchen Einfluss das Gut auf Erfolgsgrößen des Kunden hat, z. B.:

• ...• ...• ...

Auswirkungen einer hohen strategischen Wichtigkeit des Guts auf die Wechselkosten bzw. das Bindungspotenzial:

→ Je höher die strategische Wichtigkeit des Guts, desto ...

3. Kompatibilität technischer Schnittstellen

→ Grad, in dem die Teilkomponenten bzw. Produkte in einem System miteinander verbunden sind

Auswirkungen der Kompatibilität auf die Wechselkosten bzw. das Bindungspotenzial:

→ Je geringer die Kompatibilität der technischen Schnittstellen, desto ...

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WS 2012/13

2 Wie kaufen Organisationen ein?2.3.2 Zeitlicher Kaufverbund

4. Abnahmemengen der Nachfragerorganisation

→ Die nachgefragten Mengen der Kunden (Großkunden, mittlere und kleine Kunden) führen zu einer unterschiedlichen Verhandlungsposition gegenüber dem Lieferanten

Auswirkungen der nachgefragten Mengen auf die Wechselkosten bzw. das Bindungspotenzial:→ Je größer die nachgefragten Mengen, desto ...

5. Verhaltenscharakteristika der Nachfragerorganisation

• Subjektives Leitbild (Werte)

→Grundsätzliche Haltung bzw. Motivation, mit der der Kunde an die Zusammenarbeit mit einem Lieferanten herangeht

Bestimmungsgrößen: Unternehmenskultur, Einfluss von für die Organisation wesentlichen Personen

Ausprägungen: � egoistisches Vorgehen, d.h. Motivation, in einem bestimmten Zeitraum einen möglichst hohen Geldgewinn zu erzielen

� Streben nach Partnerschaft und sozialer Gerechtigkeit

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WS 2012/13

2 Wie kaufen Organisationen ein?2.3.2 Zeitlicher Kaufverbund

• Vertrauen

→Grad der subjektiv empfundenen Sicherheit bezüglich der Erwartung, dass der Geschäftspartner sich zukünftig zumindest nicht opportunistisch verhalten wird

Vertrauen kann sich richten auf ...

� Personen (individuelles Vertrauen auf der persönlichen Ebene)

→ wird dem Geschäftspartner nicht als Privatperson, sondern als Geschäftspartner entgegengebracht⇒ Erwartung, dass er sich nicht opportunistisch verhält

Ausprägungen: − Spontanes Vertrauen, d.h. emotional geprägt, Mitglieder einer Gruppe fühlen sich gefühlsmäßig miteinander verbunden

− Durchschauendes Vertrauen, d.h. kognitiv geprägt, das Verhalten des anderen wird analysiert

� Organisationen (Systemvertrauen auf der organisationalen Ebene)

→ Vertrauen in die andere Unternehmung als System⇒ Das Unternehmen geht davon aus, dass alle an der Geschäftsbeziehung beteiligten

Organisationen die geschäftsbeziehungsspezifischen Normen und Regeln beachten

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WS 2012/13

2 Wie kaufen Organisationen ein?2.3.2 Zeitlicher Kaufverbund

• Commitment

→ Einstellung gegenüber einer Geschäftsbeziehung, die durch die Überzeugung geprägt ist, dass die Aufrechterhaltung der Geschäftsbeziehung maximale Anstrengungen rechtfertigt.

→ Der Geschäftspartner hält die Geschäftsbeziehung für bedeutend genug, sich nachhaltig für die Sicherung ihrer unbegrenzten Fortdauer einzusetzen.

2 Facetten des Commitments in Geschäftsbeziehungen:

� Soziales Commitment (persönliche Ebene)

→ Persönlich empfundenes Gefühl der inneren Verpflichtung gegenüber einem Geschäfts-partner, unabhängig vom Wert der Geschäftsbeziehung auf der organisationalen Ebene

Bildung eines solchen Gefühls kann sich stützen auf− ...− ...

⇒ Soziales Commitment ist in neuen Geschäftsbeziehungen nicht vorhanden⇒ Auflösung der Geschäftsbeziehung und Wechsel des Partners verursacht psychische Wechselkosten⇒ Auch Personalwechsel zerstört die soziale Facette des Commitment

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WS 2012/13

2 Wie kaufen Organisationen ein?2.3.2 Zeitlicher Kaufverbund

� Strukturelles Commitment (organisationale Ebene)

→Geschäftspartner entschließen sich aufgrund des Werts der Geschäftsbeziehung zu deren Fortsetzung, auch unter Inkaufnahme vorübergehender Nachteile

Auswirkungen der Verhaltenscharakteristika der Nachfragerorganisation auf die Wechselkosten bzw. das Bindungspotenzial:

→Je ...

... mehr das subjektive Leitbild durch das Streben nach Partnerschaft und sozialer Gerechtigkeit gekennzeichnet ist,

... größer die innere Verpflichtung des Kunden in der Beziehung zu einem Lieferanten aufgrund vergangener Erfahrungen

... größer das resultierende Vertrauen,

desto ...

� vgl. Übersicht 2-17

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WS 2012/13

Übersicht 2-17: Lieferanten-Kunden-Beziehungen nach der Höhe der Wechselkosten (2)

2 Wie kaufen Organisationen ein?2.3.2 Zeitlicher Kaufverbund

EinmaligeTransaktion

= geringes Bindungspotenzial

EinmaligeTransaktion

= geringes Bindungspotenzial

„ex-ante“-dauerhafte Geschäftsbeziehung

= hohes Bindungspotenzial

„ex-ante“-dauerhafte Geschäftsbeziehung

= hohes Bindungspotenzial

„ex-post“-dauerhafte Geschäftsbeziehung„ex-post“-dauerhafte Geschäftsbeziehung

Geringe Wechselkosten:→ geringfügige Investitionen⇒ kurzfristige Kosten-Nutzen-Überlegungen

Hohe Wechselkosten→ umfangreiche Investitionen

⇒ investitionsrechnerische Überlegungen

... bedingt durch

• Charakteristika eines Standardprodukts,• verstärkt durch dessen hohe strategische Wichtigkeit

für den Kunden• hohe Kompatibilität technischer Schnittstellen• Verhaltenscharakteristika des Kunden:

– egoistisches Leitbild– geringes Vertrauen– geringe empfundene innere Verpflichtung

... bedingt durch

• Charakteristika eines Spezialprodukts,• verstärkt durch dessen hohe strategische

Wichtigkeitfür den Kunden• geringe Kompatibilität technischer Schnittstellen

• Verhaltenscharakteristika des Kunden:– auf Partnerschaft ausgerichtetes Leitbild

– großes Vertrauen– hohe empfundene innere Verpflichtung

AngestrebterZeithorizont

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WS 2012/13

2 Wie kaufen Organisationen ein?2.3.3 Abgrenzung von Geschäftstypen

2.3.3 Abgrenzung von Geschäftstypen als Ansatzpunkt für das Marketing

Praxis: Vermarktungsprozesse von Industriegütern sind sehr heterogen⇒ abhängig von der Beschaffenheit des Gutes sind völlig unterschiedliche Marketing-

Programme erforderlich

Aber: nicht sinnvoll, für jedes spezifische Produkt oder jeden spezifischen Markt ein einzelfall-bezogenes Marketing zu entwickeln

Vielmehr: festzustellen, dass es Typen von Geschäften gibt, die sich hinsichtlich der Transaktionsprozesse ähnlich sind und im Vergleich zu anderen relativ unähnlich

⇒ Für diese Typen gibt es typenspezifische Marketing-Programme

Abgrenzung der Geschäftstypen:

� vgl. Übersicht 2-18

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WS 2012/13

Übersicht 2-18: Abgrenzung von Geschäftstypen im Industriegütermarketing

2 Wie kaufen Organisationen ein?2.3.3 Abgrenzung von Geschäftstypen

Quelle: in Anlehnung an Backhaus, K., Voeth, M., Industriegütermarketing, 9. Aufl., München 2010, S. 206

Grad der Individualisierung des Angebots

Fokus anonymerMarkt, Marktsegment

Fokus Einzelkunde

Fo

kus

Kau

fver

bu

nd

Fo

kus

Ein

zelt

ran

sakt

ion

Anlagen-geschäft

Produkt-geschäft

Zuliefer-geschäft

System-geschäft

Zei

tlic

her

Kau

fver

bu

nd

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WS 2012/13

2 Wie kaufen Organisationen ein?2.3.4 Ziele der Geschäftsbeziehungspartner

2.3.4 Ziele der Geschäftsbeziehungspartner

Ziele, die beim Aufbau dauerhafter Geschäftsbeziehungen verfolgt werden:

� vgl. Übersicht 2-19

Zu ...... Höhere dauerhafte Deckungsbeiträge und Gewinne... Schaffung von Referenzpotenzialen... Höhere Preisbereitschaft des Kunden:

� vgl. Übersicht 2-20

Investitionen des Anbieters in den Aufbau der Geschäftsbeziehung, die diesen Zielen gegenüberstehen:

� vgl. Übersicht 2-21

Page 77: B2B Marketing

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WS 2012/13

Übersicht 2-19: Mögliche Ziele von Geschäftsbeziehungspartnern

2 Wie kaufen Organisationen ein?2.3.4 Ziele der Geschäftsbeziehungspartner

Zeithorizont

Lieferanten-perspektive

beidseitig

operativ

Perspektive

• Bessere Planbarkeit• Höhere dauerhafte

Deckungsbeiträge und Gewinne

• Schaffung von Referenzpotenzialen

strategisch

Kunden-perspektive

• Aufbau vonInformationspotenzialenKooperationspotenzialenSynergiepotenzialenInnovationspotenzialen

• Senkung der Transaktionskosten

• Höhere Preisbereitschaft des Kunden

• Kapazitätsauslastung

• Sicherung dauerhafter Beschaffungspotenziale

• Verringerung der Fertigungstiefe

• Einflussnahme auf den Lieferanten

• Offener Informations-austausch

• Partnerschaftliches Verhalten

• Senkung von Produktions-und Marketingkosten

• Gemeinsame Forschungsvorhaben

• Risikoreduktion pro Transaktion

• Bevorzugte Behandlung durch den Lieferanten

• Individuelle Spezifikation von Problemlösungen

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WS 2012/13

Übersicht 2-20: Kostensenkung und zusätzliche Einnahmen

2 Wie kaufen Organisationen ein?2.3.4 Ziele der Geschäftsbeziehungspartner

Einnahme-quellen

Kosten-umfang

Akquisi-tions-kosten

Kosten der Pflege der Geschäftsbeziehung

Basis-Umsatzvolumen

Höhere Marge

Umsatzwachstum

Cross SalesReferenzen

Gewinn-potenzial

Dauer der Geschäftsbeziehung

Quelle: in Anlehnung an Bruhn, M., Relationship-Marketing, München 2001, S. 5

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WS 2012/13

Übersicht 2-21: Investitionen in Geschäftsbeziehungen aus Anbietersicht

2 Wie kaufen Organisationen ein?2.3.4 Ziele der Geschäftsbeziehungspartner

Arten von Investitionen des Anbieters in Geschäftsbeziehungen

Arten von Investitionen des Anbieters in Geschäftsbeziehungen

Hohe Einmalausgaben am Beginn der

Geschäftsbeziehung

Hohe Einmalausgaben am Beginn der

Geschäftsbeziehung

• F&E-Ausgaben

• Umfangreiche Anwendungsberatung

• Ausarbeitung von Projektvorschlägen

• ...

Laufende KostenLaufende Kosten

• Hohe Bedeutung produktbegleitender Dienstleistungen

• Kosten der direkten Beziehungspflege

• ...

Inkaufnahme ungeplanter und ungedeckter

Mehrkosten

Inkaufnahme ungeplanter und ungedeckter

Mehrkosten

• Kulanzleistungen

• Gefälligkeiten (Bsp.: Seminare für Mitar-beiter des Kunden)

• ...

Verzicht auf volle Aus-nutzung des preispoli-tischen Spielraums bei jeder Einzeltransaktion

Verzicht auf volle Aus-nutzung des preispoli-tischen Spielraums bei jeder Einzeltransaktion

• z.B. im Falle kurzfristi-ger Lieferengpässe der Wettbewerber

• z.B. im Falle vom Kunden selbst verur-sachter Termin-engpässe

• ...

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WS 2012/13

3 Untersch. Typen von IG-Märkten3.1 Das Produktgeschäft

3 Marketing für unterschiedliche Typen von Industriegütermärkten

3.1 Das Produktgeschäft

3.1.1 Charakteristika des Produktgeschäfts

→ Nicht einzelkundenspezifisch, sondern für einen breiten Markt, d.h. einen Gesamtmarkt oder ein Marktsegment entwickelt

→ Käufer ist bei einer Folgekaufentscheidung des gleichen Produkts wieder völlig frei⇒ Spotmarkt⇒ Keine Verbundwirkungen zwischen den Einzelkaufentscheidungen

Das heißt: 1) Anonymer Markt2) Kein Kaufverbund

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WS 2012/13

3 Untersch. Typen von IG-Märkten3.1.1 Charakteristika des Produktgeschäfts

Zu 1): Anonymer Markt

Fokus des Anbieters: ● breite Zielgruppe, nicht Einzelkunde● vorgefertigte, in Mehrfachfertigung erstellte Produkte, die der Kunde zum isolierten Einsatz nachfragt

⇒ Geringer Spezialisierungsgrad⇒ Leistungserstellungsprozess zeitlich vor dem Vermarktungsprozess⇒ Basis für die Produktentwicklung: Ermittlung von Präferenzen der

Nachfrager aus Marktstudien

Aber: Auch im Produktgeschäft gibt es …

… Commoditymärkte: Die Leistungen der Anbieter sind wenig innovativ, so dass der Kunde die Leistungen der verschiedenen Wettbewerber sachlich kaum

voneinander unterscheiden kann

Konsequenzen für das Marketing: …

Page 82: B2B Marketing

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WS 2012/13

3 Untersch. Typen von IG-Märkten3.1.1 Charakteristika des Produktgeschäfts

… Specialty-Märkte: Jeder einzelne Anbieter bietet seinen Kunden eine identische Leistung zum Kauf an

⇒ Leistungen der verschiedenen Anbieter untereinander sind nichtoder nur begrenzt vergleichbar ⇒ Geringerer

Standardisierungsgrad der Leistungen

In welcher Phase des PLZ befinden sich diese Produkte? …

Konsequenzen für das Marketing: …

Zu 2): Kein Kaufverbund

● Leistungen werden von Nachfragern gekauft, ohne dass sie sich damit festlegen, welchen Anbieter sie beim Wiederkauf wählen

⇒ Welche Informationen benötigt der Käufer:

→ Welche Qualitäten kennzeichnen das Leistungsangebot (Produktpolitik)?→ Wo und wann ist dieses Leistungsangebot verfügbar (Distributionspolitik)?→ Welche Preise sind für diese Leistungen zu bezahlen (Preispolitik)?

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WS 2012/13

3 Untersch. Typen von IG-Märkten3.1.2 Marketing im Produktgeschäft

3.1.2 Marketing im Produktgeschäft

PRODUKTPOLITIK

Auch das Produktgeschäft lebt von der Neuproduktentwicklung, vor allem angesichts der höheren Attraktivität der Specialty-Märkte

Strategische Vorgaben für den Neuproduktfindungsprozess:

● Welche Marktsegmente sollen von der Innovation angesprochen werden?● Welche strategische Rolle sollen die neuen Produkte erfüllen?● Welche Technologien sollen zum Einsatz kommen?● Sollen Kunden in den Neuproduktplanungsprozess eingebunden werden?

Page 84: B2B Marketing

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WS 2012/13

3 Untersch. Typen von IG-Märkten3.1.2 Marketing im Produktgeschäft

Zur Kundeneinbindung in den Produktentwicklungsprozess:

→ Bereits in frühen Phasen der Produktentwicklung soll eine Zusammenarbeit mit besonders innovationswilligen Kunden aufgebaut werden

Gründe: - ...- ...

Die Kunden können mit unterschiedlichen Methoden in den Produktentwicklungsprozess eingebunden werden:

� vgl. Übersicht 3-1

Zudem können Sie zu unterschiedlichen Zeitpunkten eingebunden werden:

� vgl. Übersicht 3-2

Page 85: B2B Marketing

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WS 2012/13

Übersicht 3-1: Methoden zur Integration von Kunden in den Neuproduktplanungsprozess

IntegrationsmethodenIntegrationsmethoden

Kundenbefragungen oder -beobachtungenKundenbefragungen oder -beobachtungen

Kundengruppen-arbeitsformen

Kundengruppen-arbeitsformen

• Fokusgruppen

• Workshops

• ...

Beratung durch Kunden

Beratung durch Kunden

• Launching Customerals Berater zur Anregung von Ideen

Kunden als Mitglieder von

Entwicklungsteams

Kunden als Mitglieder von

Entwicklungsteams

3 Untersch. Typen von IG-Märkten3.1.2 Marketing im Produktgeschäft

• Lead User als Mitglieder eines interfunktionalen Teams:

• verfügen über Bedürfnisse, die repräsentativ für den Gesamtmarkt oder ein Marktsegment sind

• empfinden früher als andere Kunden neue Bedürfnisse

• sind bereit, diese durch neuartige Produkte oder Technologien zu befriedigen

Quelle: in Anlehnung an Backhaus, K., Voeth, M., Industriegütermarketing, 9. Aufl., München 2010, S. 219

Page 86: B2B Marketing

86Prof. Dr. Ute Ritzerfeld-Zell, Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Marketing- B-to-B-Marketing -

WS 2012/13

Übersicht 3-2: Phasenspezifische Kundeneinbindung in den Innovationsprozess

3 Untersch. Typen von IG-Märkten3.1.2 Marketing im Produktgeschäft

Quelle: in Anlehnung an Backhaus, K., Voeth, M., Industriegütermarketing, 9. Aufl., München 2010, S. 219

Page 87: B2B Marketing

87Prof. Dr. Ute Ritzerfeld-Zell, Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Marketing- B-to-B-Marketing -

WS 2012/13

3 Untersch. Typen von IG-Märkten3.1.2 Marketing im Produktgeschäft

Chancen und Risiken der kooperativen Neuproduktentwicklung:

☺ …☺ …☺ …☺ …☺ …

� …� …� …� …� …

Neuproduktplanungsprozess läuft in folgenden Schritten ab:

• Ideengewinnung• Ideenprüfung• Ideenverwirklichung:---- Produktentwicklung

→ Markteintrittstermin / Produktentwicklungszeiten besonders bedeutsam (� vgl. Übersicht 3-3)- Produkttests- Produkteinführung

Page 88: B2B Marketing

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WS 2012/13

Übersicht 3-3: Ergebniswirkung von Planungsabweichungen innerhalb der F&E

3 Untersch. Typen von IG-Märkten3.1.2 Marketing im Produktgeschäft

Quelle: in Anlehnung an Backhaus, K., Voeth, M., Industriegütermarketing, 9. Aufl., München 2010, S. 223

Page 89: B2B Marketing

89Prof. Dr. Ute Ritzerfeld-Zell, Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Marketing- B-to-B-Marketing -

WS 2012/13

3 Untersch. Typen von IG-Märkten3.1.2 Marketing im Produktgeschäft

Bedeutung der Markenpolitik im Industriegüterbereich

Markenpolitik: klassische Thematik des Konsumgüterbereichs

Industriegüterbereich:

In der Wissenschaft: nur in Ansätzen oder in bestimmten Teilaspekten diskutiert⇒ kein Markenhype im Industriegüterbereich

In der Praxis: ● Unternehmen betreiben vermehrt eine strategische Markenpolitik● Neuere empirische Studien, die auf verschiedenen internationalen B-to-B-Märkten durchgeführt wurden, belegen die empirische Relevanz des Themas

Interbrand Ranking 2010 „Best Global Brands“:

http://www.interbrand.com/de/knowledge/best-global-brands/best-global-brands-2008/best-global-brands-2010.aspx

Unter den 100 besten Marken: ca. 20 Industriegütermarken (IBM, General Electric, Intel, Cisco, Merrill Lynch, Dell, Oracle, UPS, J.P. Morgan, SAP, Morgan Stanley, Goldman

Sachs, Siemens, Accenture, Xerox, Caterpillar und Reuters)

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WS 2012/13

3 Untersch. Typen von IG-Märkten3.1.2 Marketing im Produktgeschäft

⇒⇒⇒⇒ Markenpolitik:

→Aufbau einer starken Marke als Weg zum Abbau dieser Unsicherheit

Definition Marke: …

Aufbau einer Marke erfordert hohe Investitionen seitens des Anbieters

⇒ Sie muss einen Mehrwert sowohl für den Nachfrager als auch für den Anbieter generieren

� vgl. Übersichten 3-4, 3-5, 3-6, 3-7

Page 91: B2B Marketing

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WS 2012/13

Übersicht 3-4: Mehrwert der Marke für den Anbieter

3 Untersch. Typen von IG-Märkten3.1.2 Marketing im Produktgeschäft

Quelle: in Anlehnung an Backhaus, K., Voeth, M., Industriegütermarketing, 9. Aufl., München 2010, S. 173

Page 92: B2B Marketing

92Prof. Dr. Ute Ritzerfeld-Zell, Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Marketing- B-to-B-Marketing -

WS 2012/13

Übersicht 3-5: Mehrwert der Marke für den Nachfrager

3 Untersch. Typen von IG-Märkten3.1.2 Marketing im Produktgeschäft

Quelle: in Anlehnung an Backhaus, K., Sabel, T., Markenrelevanz auf Industriegütermärkten, in: Backhaus, K., Voeth, M., (Hrsg.), Handbuch

Industriegütermarketing, Wiesbaden 2004, S. 786

Reduktion der Qualitätsunsicherheit

Reduktion der Qualitätsunsicherheit

Mehrwert der Marke für den Nachfrager

Mehrwert der Marke für den Nachfrager

InformationseffizienzInformationseffizienz

→Nachfrager weiß, dass der Anbieter in den Aufbau einer Marke in erheblichem Umfang investieren muss

⇒Signalfunktion für den Nach-frager, da dieser weiß, dass die Investitionen des Anbieters, wenn er sein Qualitätsversprechen nicht einhält, verloren sind (sunk costs)

→Das Vorstellungsbild der Marke ist mit einer Reihe von Eigenschaften aufgeladen

⇒Hilft dem Nachfrager bei seiner Selbstdarstellung, wenn diese Eigenschaften zu seinem Selbstbild passen

Ideeller NutzenIdeeller Nutzen

Marke symbolisiert, wofür das Leistungsangebot des Anbieters steht

⇒Vereinfachter Informations-verarbeitungsprozess

Page 93: B2B Marketing

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WS 2012/13

Übersicht 3-6: Konsum- und industriegüterspezifische Markenaspekte

3 Untersch. Typen von IG-Märkten3.1.2 Marketing im Produktgeschäft

Quelle: in Anlehnung an Backhaus, K., Sabel, T., Markenrelevanz auf Industriegütermärkten, in: Backhaus, K., Voeth, M., (Hrsg.), Handbuch

Industriegütermarketing, Wiesbaden 2004, S. 786

Informationseffizienz Risikoreduktion

Konsumgüter

Industriegüter

Beide

Ideeller Nutzen

Schnellere und bessere

• Identifikation durch Differenzierung und Herkunftsangabe

• Wiedererkennung

• Emotionalisierung

• Orientierungshilfe • Qualitative Sicherheit

• Monetäre Sicherheit

• Demonstration

• Kommunikationshilfe

• Komplexitätsreduktion

• Rechtfertigungs-möglichkeit

• Sicherheit bzgl. Problemlösungs-kompetenz und Kontinuität

• Kommunikation der Unternehmenswerte

• Reputationstransfer

Page 94: B2B Marketing

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WS 2012/13

Übersicht 3-6: Mehrwert der Marke für den Nachfrager

3 Untersch. Typen von IG-Märkten3.1.2 Marketing im Produktgeschäft

Quelle: in Anlehnung an Backhaus, K., Sabel, T., Markenrelevanz auf Industriegütermärkten, in: Backhaus, K., Voeth, M., (Hrsg.), Handbuch

Industriegütermarketing, Wiesbaden 2004, S. 792

14%

41% 45%

0%

10%

20%

30%

40%

50%

Ideeller Nutzen Informationseffiz ienz Risikoreduktion

Konsumgüter

Industriegüter

40% 37%23%

0%

10%

20%

30%

40%

50%

Ideeller Nutzen Informationseffiz ienz Risikoreduktion

Page 95: B2B Marketing

95Prof. Dr. Ute Ritzerfeld-Zell, Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Marketing- B-to-B-Marketing -

WS 2012/13

Übersicht 3-7: Relative Abweichungen nach Geschäftstypen

3 Untersch. Typen von IG-Märkten3.1.2 Marketing im Produktgeschäft

Quelle: in Anlehnung an Backhaus, K., Sabel, T., Markenrelevanz auf Industriegütermärkten, in: Backhaus, K., Voeth, M., (Hrsg.), Handbuch

Industriegütermarketing, Wiesbaden 2004, S. 792

-2,8%

1,3%

6,0%

-3,5%

1,9%

-3,7%

7,5%

-2,8%

11,1%

-7,8%

2,1%

-1,2%Produkt-geschäft

Anlagen-geschäft

System-geschäft

Zuliefer-geschäft

Informations-effizienz

∅ ∅

Risiko-reduktion

Ideeller Nutzen

Page 96: B2B Marketing

96Prof. Dr. Ute Ritzerfeld-Zell, Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Marketing- B-to-B-Marketing -

WS 2012/13

3 Untersch. Typen von IG-Märkten3.1.2 Marketing im Produktgeschäft

Problem: Abschätzung dieses Mehrwerts bzw. der aus dem Markenaufbau erwarteten Überschüsse

⇒ Bestimmung des zu erwartenden Markenwerts (Brand Equity)

Dazu Schätzung der Faktoren ...

• Auszahlungsentwicklung für den Aufbau der Markenposition• Einzahlungsentwicklung

→ Konzepte der Markenbewertung

Abschließend festzuhalten:

→ Markenführung, also dynamische Betrachtung der Markenpolitik, hat in den letzten Jahren aufgrund der sich rasch ändernden Markt- und Wettbewerbsbedingungen (Verkürzung von PLZ, zunehmende Informationsüberlastung der Nachfrager usw.) stark an Bedeutung gewonnen

Page 97: B2B Marketing

97Prof. Dr. Ute Ritzerfeld-Zell, Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Marketing- B-to-B-Marketing -

WS 2012/13

3 Untersch. Typen von IG-Märkten3.1.2 Marketing im Produktgeschäft

DISTRIBUTIONSPOLITIK

(1) Akquisitorische Dimension:→ Management der Verkaufswege einschließlich des persönlichen Verkaufs

(2) Logistische Dimension:→ Überbrückung von Raum und Zeit durch Transport und Lagerung

Zu (1): Akquisitorische Dimension

a) Absatzkanalalternativen:

� vgl. Übersicht 3-8

Page 98: B2B Marketing

98Prof. Dr. Ute Ritzerfeld-Zell, Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Marketing- B-to-B-Marketing -

WS 2012/13

Übersicht 3-8: Absatzkanalalternativen

3 Untersch. Typen von IG-Märkten3.1.2 Marketing im Produktgeschäft

Quelle: Backhaus, K., Voeth, M., Industriegütermarketing, 9. Aufl., München 2010, S. 280

AbsatzwegAbsatzweg

DirektDirekt IndirektIndirekt

Werksver-bundene Verkaufs-

gesellschaft

Werksver-bundene Verkaufs-

gesellschaft

Verkaufs-nieder-

lassungen

Verkaufs-nieder-

lassungen

Mitglied der Geschäfts-

führung/Key-Account-Manager

Mitglied der Geschäfts-

führung/Key-Account-Manager

ReisendeReisende Neue MedienNeue Medien Produktions-verbindungs-

handel

Produktions-verbindungs-

handel

Handels-vertreterHandels-vertreter

Produkt-orientierter

Produktions-verbindungs-

handel

Produkt-orientierter

Produktions-verbindungs-

handel

Hersteller-orientierter

PVH (Werks-handelsge-

sellschaften)

Hersteller-orientierter

PVH (Werks-handelsge-

sellschaften)

Verwender-orientierter

Produktions-verbindungs-

handel

Verwender-orientierter

Produktions-verbindungs-

handel

Werks-vertriebs-

gesellschaft

Werks-vertriebs-

gesellschaft

Werks-handels-

gesellschaft

Werks-handels-

gesellschaft

�E-Portale http://www.volkswagen-nutzfahrzeuge.de/de/models.html

� E-Shops http://www.gital.it/de,online-shop,start#

�Virtuelle Marktplätzehttp://www.supplyon.com/scm_auto

mobilindustrie.html

�E-Portale http://www.volkswagen-nutzfahrzeuge.de/de/models.html

� E-Shops http://www.gital.it/de,online-shop,start#

�Virtuelle Marktplätzehttp://www.supplyon.com/scm_auto

mobilindustrie.html

Page 99: B2B Marketing

99Prof. Dr. Ute Ritzerfeld-Zell, Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Marketing- B-to-B-Marketing -

WS 2012/13

3 Untersch. Typen von IG-Märkten3.1.2 Marketing im Produktgeschäft

b) Persönlicher Verkauf:

→ Sowohl bei direktem als auch bei indirektem Verkauf erforderlich

Entscheidungstatbestände des persönlichen Verkaufs:

• ...• ...• ...• ...

Zu (2): Logistische Dimension

Wichtiges Entscheidungskriterium für die Kunden im Produktgeschäft (neben dem Preis):

→ Lieferservice

Der Kunde bewertet den Lieferservice anhand folgender Leistungen:

• ...• ...• ...

Page 100: B2B Marketing

100Prof. Dr. Ute Ritzerfeld-Zell, Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Marketing- B-to-B-Marketing -

WS 2012/13

3 Untersch. Typen von IG-Märkten3.1.2 Marketing im Produktgeschäft

Aufgabenbereiche der Logistik:

• Auftragsabwicklung• Lagerhaltung (Bestellmenge, Lagerbestandskontrolle ...)• Lagerhaus (Kauf oder Miete, Anzahl Standorte, technische Einrichtung ...)• Transport• Verpackung

→ Entscheidungen über die akquisitorische und die logistische Dimension sind nie getrennt voneinander zu treffen, da einige Interdependenzen vorliegen

Page 101: B2B Marketing

101Prof. Dr. Ute Ritzerfeld-Zell, Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Marketing- B-to-B-Marketing -

WS 2012/13

3 Untersch. Typen von IG-Märkten3.1.2 Marketing im Produktgeschäft

KOMMUNIKATIONSPOLITIK

Klassischerweise Instrument mit hohem Stellenwert auf Konsumgütermärkten!

Aber: → steigende Bedeutung auf Industriegütermärkten, und hier vor allem im Produktgeschäft→ Besonderheiten in der Kommunikationspolitik ergeben sich jedoch in folgenden Bereichen:

(1) Zielgruppe der Kommunikationspolitik(2) Auswahl und Gestaltung der Instrumente

Zu (1) Zielgruppe der Kommunikationspolitik

Wer sind die Zielgruppen für kommunikationspolitische Maßnahmen?

• ...• ...

⇒ Stichwort „Mehrstufiges Marketing“→ Ingredient Branding→ Pull-Effekt

� vgl. Übersicht 3-9

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WS 2012/13

Übersicht 3-9: Beispiel für Printwerbung als Beispiel des mehrstufigen Marketings

3 Untersch. Typen von IG-Märkten3.1.2 Marketing im Produktgeschäft

Quelle: Backhaus, K., Voeth, M., Industriegütermarketing, 9. Aufl., München 2010, S. 297

Page 103: B2B Marketing

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WS 2012/13

3 Untersch. Typen von IG-Märkten3.1.2 Marketing im Produktgeschäft

Zu (2) Auswahl und Gestaltung der Instrumente

Instrumente mit besonderer Bedeutung im industriellen Produktgeschäft:

� vgl. Übersicht 3-10

Page 104: B2B Marketing

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Übersicht 3-10: Relevante Kommunikationsinstrumente im industriellen Produktgeschäft

3 Untersch. Typen von IG-Märkten3.1.2 Marketing im Produktgeschäft

KommunikationsinstrumenteKommunikationsinstrumente

WerbungWerbung VerkaufsförderungVerkaufsförderung Öffentlichkeits-arbeit

Öffentlichkeits-arbeit

Spon-soringSpon-soring

Messen und AusstellungenMessen und

Ausstellungen

• Schaffen eines positiven Klimas für das persönliche Verkaufsgespräch

• Stimulierung der Nach-frage auf Folgestufen der Absatzprozesse

• Ansprache von Kauf-beeinflussern, die durch persönlichen Verkauf nicht erreicht werden

• Initiierung von Anfragen

Klassiker der Anzeigenwerbung im IGM:⇒⇒⇒⇒vgl. Übersicht 3-11

Typische Medien:⇒⇒⇒⇒vgl. Übersicht 3-12

2 Zielgruppen:

• Außendienst-Promotions:Auf Verbesserung der Außendiensttätigkeit gerichtet

• Händler-Promotions:Beim indirekten Vertrieb relevant und auf den Handel gerichtet

• Herstellen guter Kontakte zu Presse und Rundfunk

• Abhalten von Pressekonferenzen

• Einsatz attraktiv gestalteter Geschäftsberichte

• Herausgabe von Jubiläumsschriften

• Durchführung von Betriebs-besichtigungen

• Bau von Sport- und Kulturstätten

• Förderung wissenschaft-licher Vorhaben

• …

→ Möglichkeit, vielfältige Informationswünsche zu befriedigen

→ Kosten der Informationssuche vor dem Kauf werden deutlich reduziert

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Übersicht 3-11: Klassiker der Anzeigenwerbung im IGM

3 Untersch. Typen von IG-Märkten3.1.2 Marketing im Produktgeschäft

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Übersicht 3-12: Typische Medien für die Industriegüterwerbung

3 Untersch. Typen von IG-Märkten3.1.2 Marketing im Produktgeschäft

Quelle: Backhaus, K., Voeth, M., Industriegütermarketing, 9. Aufl., München 2010, S. 303

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3 Untersch. Typen von IG-Märkten3.1.2 Marketing im Produktgeschäft

Zu: Messen und Ausstellungen:

Messen kommen im Kommunikations-Mix in Industriegütermärkten eine besondere Bedeutung zu:

� vgl. Übersicht 3-13

Gründe: � …� …

Probleme des Instruments Messe:

� Hohe Kosten� Unterschiedliches Verhalten der Messebesucher� Ansprache der Standbesucher wegen unterschiedlicher Motivation:

� Geplante Besuchsphasen: vorher ausgewählte Stände werden gezielt besucht� Rezeptive Besuchsphasen: Stände werden je nach Aufmerksamkeitswirkung besucht

⇒ Sorgfältiges Messemanagement erforderlich!

Beispiel: http://www.auma.de/_pages/d/08_Marketing/0801_Marketing/080100_Marketing.aspx

http://www.auma.de/_pages/d/16_Download/download/Messevorbereitung/ErfolgreicheMessebeteiligungGrundlagen.pdf

http://www.auma.de/_pages/d/05_MesseNutzenCheck/0501_Info/050100_Info.aspxhttp://www.auma.de/mnc/Lernvideo/index.html

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Übersicht 3-13: Bedeutung von Messen im B-to-B-Marketing

3 Untersch. Typen von IG-Märkten3.1.2 Marketing im Produktgeschäft

Quelle: AUMA e.V. (Hrsg.), 2011

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3 Untersch. Typen von IG-Märkten3.1.2 Marketing im Produktgeschäft

PREIS- und KONDITIONENPOLITIK

Besondere Anforderungen an die Preisfestsetzung im Produktgeschäft:

• Leistungskomponente der Güter gewöhnlich gut messbar• Rational geprägte Kaufentscheidungen (intensive Informationssuche und umfassende Bewertung der

Alternativen)• Risikoeinstellung oder Charakteristika der Mitglieder des Buying-Centers beeinflussen erheblich die

Kaufentscheidung

⇒ Zentrale Frage: Wie wird das Preis-Leistungs-Verhältnis von den an der Kaufentscheidung beteiligten Personen wahrgenommen?

⇒ Zentrale Aufgaben des Anbieters sind es ...... das wahrgenommene Preis-Leistungs-Verhältnis zu bestimmen,... die entsprechend optimalen Preise zu definieren,... diese dem Nachfrager zu kommunizieren

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WS 2012/13

3 Untersch. Typen von IG-Märkten

3.2 Das Systemgeschäft

3.2.1 Charakteristika des Systemgeschäfts

� Leistungen sind nicht einzelkundenspezifisch, sondern für einen anonymen Markt entwickelt

� Leistungen werden zeitlich versetzt gekauft⇒ Ist nach dem Erstkauf hinsichtlich seiner Folgekaufentscheidungen festgelegt⇒ Zeitlicher Kaufverbund zwischen den Einzelkaufentscheidungen

Beispiel: � vgl. Übersicht 3-14

3.2 Das Systemgeschäft

Page 111: B2B Marketing

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Übersicht 3-14: Vorteile einer IT-On-Demand-Technik am Beispiel Hella

3 Untersch. Typen von IG-Märkten

Quelle: Backhaus, K., Voeth, M., Industriegütermarketing, 9. Aufl., München 2010, S. 420

3.2.1 Charakteristika des Systemgeschäfts

http://www.fujitsu.com/de/dynamic-infrastructures/solutions/datacenter/sap/flexframe-for-sap/

Page 112: B2B Marketing

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3 Untersch. Typen von IG-Märkten

Determinanten, die als Vermarktungsbesonderheiten das Systemgeschäft bestimmen:

(1) Beschaffungsschrittfolge

Nachfrager vollzieht eine Gesamtinvestition nicht in einem Beschaffungsschritt, sondern sukzessiv:

• Initialkauf (Einstiegsinvestition)• Folgekaufentscheidungen (systemerweiternde Investitionen)

⇒Initialkauf hat die größere Tragweite!

(2) Systemarchitektur

Zwischen dem Initialkauf und den Folgekaufentscheidungen besteht eine innere Verbindung⇒Vermarktung richtet sich vor allem auf den Entscheidungsprozess des Kunden bis zum Initialkauf

Die Systembindung hat zwei Effekte:

•••• Systemnutzen→ Häufig entsteht durch die Nutzung des gesamten Systems ein Nutzen gegenüber der isolierten

Nutzung der Einzelkomponenten

3.2.1 Charakteristika des Systemgeschäfts

Page 113: B2B Marketing

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3 Untersch. Typen von IG-Märkten

•••• Systembindung→Der Nachfrager kann sich bei seinen Folgekaufentscheidungen nicht mehr frei für Einzelmodule

anderer Anbieter entscheiden⇒ Lock-in-Effekt⇒ Wirkt sich durch Wechselkosten für den Nachfrager aus

Frage: Wie stark ist der Grad der Abhängigkeit, d.h. die Systembindung?

→ Unterscheidung der Systembindung danach, ob die Erstkaufentscheidung die Folgekäufe ...

... anstößt→ Folgekäufe werden durch vorhandene Technologien lediglich angeregt, es gibt jedoch

unbeschränkte Wahlmöglichkeiten

... limitiert→ nur noch begrenzte Auswahl möglicher Alternativen möglich, da nicht alle Konkurrenz-

produkte zu dem angeschafften System kompatibel sind

... determiniert→ nur Angebote des gewählten Anbieters passen zu dem System

3.2.1 Charakteristika des Systemgeschäfts

Page 114: B2B Marketing

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3 Untersch. Typen von IG-Märkten

Systembindung geht auf zwei Quellen zurück:

•••• Kompatibilität technischer Schnittstellen / technikbasierte Systembindungen

→ „Produkt-Produkt-Kompatibilität“

•••• Organisationsbezogene Systembindungen

→ Nutzung angebotener Leistungen im Systemgeschäft erfordert spezielles Know-how, das nur in Bezug auf das zum Erwerb anstehende System genutzt werden kann

⇒Beratungs- und Schulungsaufwendungen⇒Unternehmensumstrukturierungen, Einarbeitungen in das System

→ „Produkt-Nutzer-Kompatibilität“

3.2.1 Charakteristika des Systemgeschäfts

Page 115: B2B Marketing

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WS 2012/13

3 Untersch. Typen von IG-Märkten

Grundsätzliches Vermarktungsproblem, das aus diesen Determinanten resultiert:

Nachfragerunsicherheit bezüglich …

• Verhalten des Anbieters

→ Kunde begibt sich in eine Abhängigkeitsposition zum Anbieter und fürchtet, dass der Anbieter dies opportunistisch ausnutzt, z.B. hinsichtlich ……Preisen für Systemerweiterungen oder Ersatzbeschaffungen…Qualität der Folgeinvestitionen…Service-Bereitschaft des Anbieters…Weiterentwicklung der Systemarchitektur…Zeitpunkt, bis zu welchem Systemerweiterungen oder -ergänzungen angeboten werden.

• Nutzung des Systems

→ Kunde weiß vorher z.B. nicht, wie häufig Folgeinvestitionen erforderlich werden

3.2.1 Charakteristika des Systemgeschäfts

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WS 2012/13

3 Untersch. Typen von IG-Märkten

Frage: Warum fasst der Nachfrager die Einzelkäufe nicht zu einer Einmalinvestition zusammen?

⇒ Motive zur sukzessiven Beschaffung:

• ... → ...

• ... → ...

• ... → ...

• ... → ...

• ... → ...

• ... → ...

⇒ Sukzessive Beschaffung verspricht gegenüber einer Gesamtbeschaffung Nutzenvorteile für den Nachfrager

3.2.1 Charakteristika des Systemgeschäfts

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3 Untersch. Typen von IG-Märkten3.2.2 Marketing im Systemgeschäft

3.2.2 Marketing im Systemgeschäft

Ansatzpunkt für das Marketing im Systemgeschäft:

→ Kaufentscheidung des Nachfragers im Systemgeschäft wesentlich durch Unsicherheit geprägt, die sich auf den Zeitraum nach dem Erstkauf bezieht (Ex-post-Unsicherheit)

→ Grundprinzip: Das Management von Unsicherheiten

⇒ Aussenden von Signalen des Anbieters bezüglich …… der Leistungsfähigkeit des Systems… seines zukünftigen Verhaltens

� vgl. Übersicht 3-15

Page 118: B2B Marketing

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WS 2012/13

Übersicht 3-15: Marketing-Maßnahmen zum Management von Unsicherheiten im Systemgeschäft

3 Untersch. Typen von IG-Märkten3.2.2 Marketing im Systemgeschäft

System-bindung

Verbindlichkeits-grad der Maß-

nahmen Vertraglicher Anspruch

Informeller Anspruch

Abbau des Bindungseffekts

Absicherungs-maßnahmen der Systembindung

Standardisierung

GarantieSignale über

Kommunikation

Leasing

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WS 2012/13

3 Untersch. Typen von IG-Märkten3.2.2 Marketing im Systemgeschäft

A Abbau des Bindungseffekts

1) Leasing zur Senkung der Einstiegsinvestitionen

Def.: besondere Vertragsform der Vermietung und Verpachtung von Investitionsgütern; das Leasingobjekt wird entweder von einer speziellen Leasinggesellschaft vom Hersteller gekauft und dann dem Leasingnehmer übergeben (indirektes Leasing) oder direkt vom Produzenten verpachtet (direktes oder Hersteller-Leasing)

⇒Nutzer muss die Anschaffung nicht direkt aus eigenen Mitteln zahlen

http://www.abcfinance.de/leasing.html : Downloads Broschüre Leasing, Bsp. IT Flex

Vertragsbestandteile:

(1) Grundmietzeit (i.d.R. kein Kündigungsrecht für den Leasingnehmer)(2) Vereinbarung von Verlängerungs-, Kauf- oder Rücknahmeoptionen nach Ablauf der Grundmietzeit(3) Höhe der zu entrichtenden Leasingraten(4) Übernahme der Gefahr des zufälligen Untergangs oder der wirtschaftlichen Entwertung (5) eventuell Vereinbarungen über Wartung und Pflege des Leasingobjekts

Page 120: B2B Marketing

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3 Untersch. Typen von IG-Märkten3.2.2 Marketing im Systemgeschäft

Vorteile:

☺ ...☺ ...☺ ...☺ ...☺ ...

⇒ Die hohen Unsicherheiten bei der Anfangsinvestition werden deutlich reduziert

Leasingverträge können so gestaltet werden, dass diese Unsicherheit maximal reduziert wird, z. B. durch …

... Anpassung der Vertragslaufzeit an die Nutzungserfordernisse:→→→→ Normale Grundmietzeit: bei 90% der betrieblichen Nutzungsdauer→→→→ Anpassung der Vertragslaufzeiten auf kürzere Abschreibungszeiten, ohne dass sich die

monatliche Leasinggebühr erhöht

... Austauschbarkeit der Leasingobjekte:→→→→ Nach Ablauf der vereinbarten Mindestlaufzeit kann der Abnehmer das alte System durch ein neues ersetzen, i.d.R. jedoch verbunden mit einer höheren Leasinggebühr

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WS 2012/13

3 Untersch. Typen von IG-Märkten3.2.2 Marketing im Systemgeschäft

2) Standardisierung zur informellen Reduzierung der Systembindung

Ansatzpunkt: Unsicherheit im Systemgeschäft bezieht sich auf die schlecht vorhersagbaren, später anfallenden Anpassungskosten, d.h. beim Wechsel eines Systems

→ Bietet der Anbieter eine standardisierte Systemarchitektur mit standardisierten Schnittstellen an, so reduziert sich die Systembindung

⇒ Nachfrager kann jederzeit die Systemarchitektur wechseln, ohne dass Funktionalität der Systemelemente eingeschränkt ist

Def. Standard: Ergebnis eines Prozesses, an dessen Ende bestimmte Produktmerkmale allgemein akzeptiert werden

Typen von Standards:

� vgl. Übersichten 3-16, 3-17

Page 122: B2B Marketing

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WS 2012/13

Übersicht 3-16: Unterschiedliche Arten von Standards

3 Untersch. Typen von IG-Märkten3.2.2 Marketing im Systemgeschäft

Definition SystembindungseffektSystembindungseffektZustandekommen

Standards

NormenNormen

De-Facto-Standards:

Standards entstehen als Folge einer zunehmenden Marktpenetration eines Systems, d.h. eines unternehmensspezifischen Typen

Technische Beschreibung von Normungsinstitutionen, die für jedermann zugänglich ist

Technische Beschreibung von Normungsinstitutionen, die für jedermann zugänglich ist

Typen

• Geringe Reduktion der Systembindung, da Anbieterwechsel mit Kosten verbunden

• Geringe Reduktion der Systembindung, da Anbieterwechsel mit Kosten verbunden

Hintergrund: angestrebte Rationalisierung (Kosteneinsparungen in Produktion, Transport und Lagerung)

Hersteller- bzw. anwender-spezifische Produkt- und Systembeschreibung

⇒einzelbetriebliche Festle-gungen, z.B. Motorentypen

• Gute Reduktion der Systembindung, da Anbieterwechsel jederzeit und mit geringen Kosten möglich

• Gute Reduktion der Systembindung, da Anbieterwechsel jederzeit und mit geringen Kosten möglich

• Barometrische Standardführerschaft

• Mengenorientierte Lizenzpolitik

• Verbundpolitik

• Gute Reduktion der Systembindung, jedoch häufig dadurch behindert, dass langwierige Gremienarbeit erforderlich

• Gute Reduktion der Systembindung, jedoch häufig dadurch behindert, dass langwierige Gremienarbeit erforderlich

Page 123: B2B Marketing

123Prof. Dr. Ute Ritzerfeld-Zell, Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Marketing- B-to-B-Marketing -

WS 2012/13

3 Untersch. Typen von IG-Märkten3.2.2 Marketing im Systemgeschäft

Übersicht 3-17: Anbieterwerbung zu Standards – Das Beispiel IBM

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WS 2012/13

3 Untersch. Typen von IG-Märkten3.2.2 Marketing im Systemgeschäft

Ziel jeder Standardisierung: möglichst schnelle Verbreitung und Förderung des Standards

Frage: Wie läuft die Verbreitung eines Standards bei den Nachfragern ab?

→ Diffusionsprozess als Ausgangsbasis für die Diffusion von Standards

Adoptions- und Diffusionsforschung

Adoptionsforschung: untersucht, wie einzelne Individuen Innovationen übernehmen

Diffusionsforschung: untersucht die Ausbreitung eines Produktes innerhalb von Nachfragergruppen als aggregiertes Ergebnis der Entscheidungen der Individuen

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WS 2012/13

3 Untersch. Typen von IG-Märkten3.2.2 Marketing im Systemgeschäft

● Adoptionsprozess

Teilt sich in 5 Phasen auf:

(1) Aufmerksamkeitsphase→ Erste Kontaktaufnahme mit dem Leistungsangebot

(2) Interessenphase→ Informationen für Entscheidungsproblem besorgen

(3) Bewertungsphase→ Material analysieren und Urteil über Bedürfnisbefriedigung fällen

(4) Versuchsphase→ Ist das Produkt zur Bedürfnisbefriedigung geeignet?

(5) Übernahmephase→ Kaufakt

Page 126: B2B Marketing

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WS 2012/13

3 Untersch. Typen von IG-Märkten3.2.2 Marketing im Systemgeschäft

Faktoren, die auf den Adoptionsprozess einwirken:

- Leistungsangebotsspezifische Faktoren:- Relativer Vorteil- Kompatibilität- Komplexität- Erprobbarkeit- Kommunizierbarkeit

- Adopterspezifische Faktoren (Individuum oder Organisation)

- Umweltspezifische Faktoren, d.h. Einflussgrößen aus der ...- politisch-rechtlichen Umwelt- wirtschaftlichen Umwelt- sozialen Umwelt- technischen Umwelt

● Diffusionsprozess

⇒ Bei der Aggregation aller Adoptionsvorgänge kommt es, abhängig von unterschiedlichen Übernahmezeitpunkten, zu einem bestimmten Diffusionsverlauf

� vgl. Übersicht 3-18

Page 127: B2B Marketing

127Prof. Dr. Ute Ritzerfeld-Zell, Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Marketing- B-to-B-Marketing -

WS 2012/13

Übersicht 3-18: Idealtypischer Diffusionsverlauf

3 Untersch. Typen von IG-Märkten3.2.2 Marketing im Systemgeschäft

% Neukäufer

tInnovatoren Früh-adopter

Frühe Mehrheit

Späte Mehrheit

Nachzügler

Page 128: B2B Marketing

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WS 2012/13

3 Untersch. Typen von IG-Märkten3.2.2 Marketing im Systemgeschäft

2 Erkenntnisse für das Systemgeschäft:

• Diffusion schreitet um so schneller voran, je standardisierter das Angebot

• Es gibt leistungsangebotsspezifische Faktoren, die die Diffusionsgeschwindigkeit erhöhen und damit die Durchsetzung von Standards und Normen vereinfachen:

- Gestaltung und Kommunikation des relativen Vorteils einer Innovation:→ Darstellung des Kosten-Nutzen-Vorteils besonders kritisch, wenn Leistung erst mit zunehmender

Anwendungserfahrung deutlich wird (z.B. bei Dienstleistungen)

- Kompatibilitätspolitik:→ Je kompatibler die Systeme und Systemkomponenten, desto schneller die Diffusion

- Komplexitätsreduzierung:→ Empfundener Schwierigkeitsgrad zur Einarbeitung in das System→ Zielgerechte Dokumentation der Leistungsmöglichkeiten des Systems, angemessener Grad an

Leistungsmöglichkeiten

- Erprobbarkeit:→ Möglichkeit einer partiellen Einführung oder eines stufenweisen Ausbaus eines Systems

Page 129: B2B Marketing

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3 Untersch. Typen von IG-Märkten3.2.2 Marketing im Systemgeschäft

B Absicherung von Gefährdungspotenzialen der Systembindung

→ Maßnahmen, die den Nachfrager bei gegebener Systembindung vor Ausbeutung durch den Anbieter schützen

1) Garantien

Garantie im Sinne der durch das BGB geregelten gesetzlichen Gewährleistungspflicht:→ hier uninteressant, da für den Anbieter obligatorisch und als Marketing-Instrument zur Reduktion der

Unsicherheit nicht geeignet

Garantien als Marketing-Instrument:

(1) Funktionsgarantien:

→ Anbieter garantiert für aktuell bereits gekaufte Produkte für einen ex-ante definierten Zeitraum die Funktionalität bestimmter Merkmale

• Zeitliche Ausdehnung über die gesetzliche Garantiefrist hinaus• Inhaltliche Ausdehnung von Garantieversprechen

Page 130: B2B Marketing

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3 Untersch. Typen von IG-Märkten3.2.2 Marketing im Systemgeschäft

(2) Erfüllungsgarantien:

→ Garantien, die sich auf zukünftig noch zu tätigende Käufe des Nachfragers beziehen→ Versprechen, heutige, mit dem Erstkauf verbundene Leistungsverpflichtungen zukünftig auch zu

erfüllen

� vgl. Übersicht 3-19

Nur die Erfüllungsgarantien sind originäre Marketing-Instrumente im Systemgeschäft, da sie die dem Systemgeschäft immanente Nachfragerunsicherheit reduzieren

Merkmale:• vertragliche Regelung, in der objektive Kriterien festgelegt werden, die auch von Dritten überprüft

werden könnten• beziehen sich nur auf Unsicherheiten, die im Anbieterverhalten begründet liegen, nicht auf exogene Umweltveränderungen

Anwendungsbereich:• beziehen sich nur auf die Möglichkeit des Nachfragers, Erweiterungsinvestitionen tätigen zu können, mit oder ohne festgelegte Konditionen• Bei Unsicherheit des Nachfragers, ob das System in n Jahren überhaupt noch leistungsfähig ist, eignen sich Erfüllungsgarantien nicht

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Übersicht 3-19: Garantieformen als Marketing-Instrument

3 Untersch. Typen von IG-Märkten3.2.2 Marketing im Systemgeschäft

GarantienGarantien

ErfüllungsgarantieErfüllungsgarantieFunktionsgarantieFunktionsgarantie

Ohne Kondi-tionenfixierungOhne Kondi-

tionenfixierungMit Kondi-

tionenfixierungMit Kondi-

tionenfixierungGesetzlich normiert

Gesetzlich normiert

FreiwilligeAdd-on-Leistung

FreiwilligeAdd-on-Leistung

GeschäftstypenunabhängigeMarketing-Instrumente

GeschäftstypenunabhängigeMarketing-Instrumente

SystemgeschäftsspezifischeMarketing-Instrumente

SystemgeschäftsspezifischeMarketing-Instrumente

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WS 2012/13

3 Untersch. Typen von IG-Märkten3.2.2 Marketing im Systemgeschäft

2) Signale über Kommunikation

Reduktion der Unsicherheit kann auch durch eine Beseitigung von Informationsmängeln erreicht werden

Basis: Vertrauen in den Anbieter

→Anbieter muss dem Nachfrager Gründe liefern, warum dieser ihm vertrauen sollte, d.h. er muss dem Nachfrager glaubhafte Signale geben

Mögliche Instrumente:

● Investitionen zur Demonstration der Leistungsfähigkeit des Anbieters:

� vgl. Übersicht 3-20

Problem für den Nachfrager: ...

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WS 2012/13

Übersicht 3-20: Signale zur Demonstration der Leistungsfähigkeit des Anbieters

3 Untersch. Typen von IG-Märkten3.2.2 Marketing im Systemgeschäft

• Anbieter installiert ein System bei einem Referenzkunden zu einem niedrigeren Beschaffungspreis und mit der Zusage der Funktionsfähigkeit, sonst Nachbesserungen

• Gegenleistung des Nachfragers:Bereitschaft, anderen Nachfragern die Gelegenheit zur Besichtigung des Systems zu geben, d.h. Referenz als glaubhafte Zusicherung gegenüber weiteren Nachfragern

• Bindung / Abhängigkeit des Anbieters: Investition durch niedrigeren Preis und eventuelle Nachbesserungsaufwendungen; macht sich vom Kunden abhängig, da er auf dessen positives Urteil angewiesen ist

Referenzen

• System bzw. -komponenten werden dem Nachfrager testweise zur Verfügung gestellt

• Bindung / Abhängigkeit des Anbieters: Investition durch Vorleistung ohne vertragliche Gegenleistung

• Investition des Nachfragers: muss Arbeitsabläufe probeweise ändern, um potenziellen Nutzen festzustellen

Test-installationen

• Simulation des Leistungsangebots in herstellereigenen DemonstrationszentrenDem Nachfrager wird die Systemfunktionalität in bezug auf seine Anforderungen verdeutlicht, Unsicherheiten über die grundsätzliche Integrationsfähigkeit des Systems bleiben

• Bindung / Abhängigkeit des Anbieters: vernachlässigbar, da sich die Investitionen wegen vielseitiger Nutzungsmöglichkeiten auf eine aggregierte Anzahl von Nachfragern beziehen

Kompetenz-zentren

• After-Sales-Service, der die Bereitschaft des Anbieters demonstriert, den Nachfrager bei Problemen mit dem System(teil) zu unterstützen

• Bindung / Abhängigkeit des Anbieters: umfangreiche Investitionen in Aufbau des Servicenetzes

Servicenetz

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3 Untersch. Typen von IG-Märkten3.2.2 Marketing im Systemgeschäft

● Sonstige Kommunikationsinstrumente:

Ansatzpunkt: Reputation als Summe von Erwartungen an Vertrauenswürdigkeit (Leistungswille) und Kompetenz (Leistungsfähigkeit)

→ Markenpolitik!!

Entstehung von Reputation:

→ Längerfristiger Prozess, Kumulation von abgewickelten Geschäften im Markt, in dem / denen der Anbieter die Vertrauenswürdigkeit sowie die Leistungsfähigkeit unter Beweis gestellt hat

→ Weg geht immer über den Nachweis von Leistungsfähigkeit

→ Mit hoher Reputation weist der Anbieter auf seinen Leistungswillen hin, da der langfristige Schaden aus Reputationsverlust sehr hoch wäre

Signale über sonstige Kommunikationsinstrumente:

� vgl. Übersichten 3-21, 3-22

Reputation ist von enormer Bedeutung für den Vermarktungserfolg: „Lieber Geld verlieren als Vertrauen“ (Robert Bosch)

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Übersicht 3-21: Signale über sonstige Kommunikationsinstrumente

3 Untersch. Typen von IG-Märkten3.2.2 Marketing im Systemgeschäft

HerstellerunabhängigHerstellerunabhängig HerstellerabhängigHerstellerabhängig

KommunikationsinstrumenteKommunikationsinstrumente

Demonstra-tionen

(Kompetenz-zentren, Messen,

Workshops)

Demonstra-tionen

(Kompetenz-zentren, Messen,

Workshops)

WerbungWerbung Personal Selling

Personal Selling

Proto-typen / Beta-

versionen

Proto-typen / Beta-

versionen

Referenz-anlagen

Referenz-anlagen

User-GroupsUser-GroupsNeutrale Fachaufsätze

Neutrale Fachaufsätze

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Übersicht 3-22: Bedeutung von Kommunikationsträgern aus Anbieter- und Nachfragersicht

3 Untersch. Typen von IG-Märkten3.2.2 Marketing im Systemgeschäft

Quelle: Backhaus, K., Voeth, M., Industriegütermarketing, 9. Aufl., München 2010, S. 479

Page 137: B2B Marketing

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3 Untersch. Typen von IG-Märkten

3.3 Das Anlagengeschäft

3.3.1 Charakteristika des Anlagengeschäfts

(1) Marketingrelevante Charakteristika

Merkmale des Anlagengeschäfts:

• Kein zeitlicher Kaufverbund→ Durch die Vermarktung der Leistung im Anlagengeschäft wird kein späterer Folgekauf angestoßen

oder bestimmt

• Einzelkundenbetrachtung, d.h. kundenspezifische Leistungen→ Vermarktungsprozess liegt vor dem Herstellungsprozess, da die Leistung so individuell ist, dass sie zunächst in Abstimmung mit dem Kunden entwickelt werden muss

⇒Kundenintegration

Bsp.: � häufig großindustrielle Anlagen (Raffinerien, Walzwerke, Infrastruktureinrichtungen aus der Versorgungsindustrie) � vgl. Übersicht 3-23

� auch Projekte mit kleinerem Wertvolumen

3.3 Das Anlagengeschäft

Page 138: B2B Marketing

138Prof. Dr. Ute Ritzerfeld-Zell, Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Marketing- B-to-B-Marketing -

WS 2012/13

Übersicht 3-23: Fallstudie Trianel GmbH

3 Untersch. Typen von IG-Märkten

Quelle: Backhaus, K., Voeth, M., Industriegütermarketing, 9. Aufl., München 2010, S. 326 f.

3.3.1 Charakteristika des Anlagengeschäfts

Die Trianel GmbH stellt einen 1999 gegründeten Verbund von Stadtwerken dar, dem im Jahr 2009 mehr als 40 Stadtwerke aus Deutschland, Österreich und der Schweiz angehörten. Zielsetzung des Unternehmens ist es, kommunalen Versorgern in den Bereichen Strom und Gas eine unabhängige Marktstellung im liberalisierten europäischen Energiemarkt zu ermöglichen. Hierzu will das Unternehmen auch eigene Kraftwerke bauen und betreiben. Seit Anfang der 2000er Jahre prüfte und plante das Unternehmen den Bau eines neuen Steinkohlekraftwerks am Standort Lünen. Für das neue Kraftwerk, das das dort bereits vorhandene Kraftwerk ergänzen sollte, war eine Nettoleistung von 750 Megawatt geplant. Dies entspricht der Versorgung von bis zu 1,6 Millionen Haushalten.

Um das Projekt bemühten sich bis zur Vergabe verschiedene Anbieterkonsortien, in denen sich jeweils Unternehmen verschiedener Branchen zusammen geschlossen hatten, um ihre jeweils in Teilbereichen vorhandenen Kompetenzen zu bündeln. Beispielsweise arbeitete die Siemens AG in diesem Projekt u. a. mit dem japanischen Kesselbauer IHI und der österreichischen Energy & Environment (AE&E) zusammen. IHI als weltweit führendes Unternehmen beim Bau entsprechend dimensionierter Turmkessel sowie AE&E als Rauchgasreinigungsspezialist ergänzen das Angebotsspektrum der Siemens AG, die sich vor allem auf die Lieferung von Dampfturbine und Generator sowie die Elektro- und Leittechnik konzentriert, in sinnvoller Art und Weise. Auch wenn das Konsortium bereits in anderen Projekten zusammen gearbeitet hat, stellt der Bau des Lünener Kraftwerks eine besondere Herausforderung dar, da in diesem Projekt verschiedene technische und kundenindividuelle Anforderungen zu beachten sind.

Da der Kunde, die Trianel GmbH, kein Spezialist für den Kraftwerksbau, sondern allein für den Kraftwerksbetrieb ist, wurde mit dem von der Siemens AG geführten Konsortium eine schlüsselfertige Errichtung der Anlage vereinbart. Angesichts der großen technischen Komplexität wurde seitens der Projektbeteiligten mit einer Bauzeit von mindestens vier Jahren gerechnet. Der Trianel GmbH sowie dem Anbieterkonsortium war dabei von Beginn an völlig klar, dass sich das geplante Projektvolumen von 1,4 Mrd. € währende der Bauzeit noch verändern kann. So stehen beispielsweise noch verschiedene Teilgenehmigungen aus, die gegebenenfalls nur unter Auflagen erteilt werden. Je nach Ausgestaltung der Auflagen kann eine technische Anpassung des ursprünglich geplanten Konzepts erforderlich werden (Stand Juni 2009).

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WS 2012/13

3 Untersch. Typen von IG-Märkten

Marketingrelevante Charakteristika, die aus diesen Merkmalen des Anlagengeschäfts resultieren:

•••• Auftrags-(Einzel-)fertigung:

→ Leistung wird wegen Kundenindividualität erst im Rahmen des Akquisitionsprozesses festgelegt⇒ kaum Vergleichbarkeit zwischen verschiedenen Projekten

•••• Lieferumfang und Auftragsinhalt variiert:

→ Auftragsumfang wird häufig während der gesamten Akquisitionsphase und auch nach Auftragserteilung zwischen Anbieter und Nachfrager verändert

→ Planungsrisiko um so größer, je mehr technische Lösungen es für das Problem gibt

•••• Know-how-Gefälle:

→ weniger produktspezifisches Know-how beim Kunden, da keine sukzessive Beschaffung wie z.B. im Systemgeschäft

⇒ Versuch, dies durch Einschaltung von Consulting Engineers auszugleichen

•••• Kooperative Anbietergemeinschaften

→ Häufig können Anbieter bei komplexen Großanlagen nicht alle Teilleistungen selber erbringen⇒ Entstehen von Anbietergemeinschaften / Konsortien u.ä. mit den daraus resultierenden

Koordinationsproblemen

3.3.1 Charakteristika des Anlagengeschäfts

Page 140: B2B Marketing

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WS 2012/13

3 Untersch. Typen von IG-Märkten

(2) Phasenablauf als Basis für das Marketing im Anlagengeschäft

Besonderheit des Anlagengeschäfts: Vermarktungsprozess erstreckt sich über einen relativ langen Zeitraum mit ... ... klar unterscheidbaren

Teilphasen ... jeweils unterschiedlichen Marketing-Problemen

� vgl. Übersicht 3-24

3.3.1 Charakteristika des Anlagengeschäfts

Page 141: B2B Marketing

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WS 2012/13

Übersicht 3-24: Phasenablauf der Anlagenvermarktung

3 Untersch. Typen von IG-Märkten

Quelle: Backhaus, K., Voeth, M., Industriegütermarketing, 9. Aufl., München 2010, S. 330

3.3.1 Charakteristika des Anlagengeschäfts

Page 142: B2B Marketing

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WS 2012/13

3 Untersch. Typen von IG-Märkten

•••• Voranfragenphase:

→ beim Anbieter:• Allgemeine Akquisitionsbemühungen durch Kommunikation• Problemerkennung, die zur Erstellung einer Vorstudie zur technischen Machbarkeit und zu

pauschalen Leistungsdaten Anlass geben kann

→ beim Nachfrager:• Problemerkennung• Prüfung einer möglichen Vorstudie• Erstellung der Anfragen-/ Ausschreibungsunterlagen

•••• Angebotserstellungsphase:

→ beim Anbieter:• Kontaktaufnahme zu potenziellen Mitanbietern• Konzeption der technischen Lösung• Sicherstellung einer Auftragsfinanzierung• Formulierung eines Angebotspreises• Klärung von Rückfragen

3.3.1 Charakteristika des Anlagengeschäfts

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WS 2012/13

3 Untersch. Typen von IG-Märkten

•••• Kundenverhandlungsphase:

→ bilateral:• Verhandlungen über technische und ökonomische Konditionen inklusive Lieferzeit• Erteilung des letter of intent (Dokument, das ohne Rechtsanspruch die Zuschlagszusicherung

enthält)• Juristische Vertragsausfertigung

•••• Abwicklungs- und Gewährleistungs-/Servicephase:

→ bilateral:• Produktion, Lieferung, Montage• Probelauf• Abwicklung von Gewährleistungsansprüchen• Kulanzverhandlungen• Finanzierungsabwicklung

3.3.1 Charakteristika des Anlagengeschäfts

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WS 2012/13

3 Untersch. Typen von IG-Märkten

3.3.2 Marketing im Anlagengeschäft

A Marketing in der Voranfragenphase

→Es liegt noch kein konkretes Projekt vor, Marketing des Anbieters ist jedoch darauf ausgerichtet, Projekte zu akquirieren

Typische Verhaltensweisen:

(1) Passives Akquisitionsverhalten:

→ Anbieter reagiert absatzpolitisch auf Anfragen von Kunden

(2) Aktives Akquisitionsverhalten:

→ Anbieter versucht, beim Kunden Bedarf zu erzeugen und somit eine Anfrage zu veranlassen

3.3.2 Marketing im Anlagengeschäft

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WS 2012/13

3 Untersch. Typen von IG-Märkten

Zu (1): Passives Akquisitionsverhalten

Praxis:Sehr häufig anzutreffen im Großanlagengeschäft wegen der hohen Markttransparenz in diesem Markt

→ Häufig relativ geringe Zahl von potenziellen Lieferanten wegen erforderlichen Know-hows und hohen Kapitalanforderungen

⇒Erfahren in der Regel von den Projekten und werden häufig deswegen vorher nicht absatzpolitisch aktiv

Probleme:

� ...� ... � ...

3.3.2 Marketing im Anlagengeschäft

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WS 2012/13

3 Untersch. Typen von IG-Märkten

Zu (2): Aktives Akquisitionsverhalten

Kommunikationsinstrumente, die zur Erzeugung eines Bedarfs besonders geeignet sind:

• Werbung:

→ weniger bezogen auf den Einzelauftrag, sondern stärker bezogen auf Unternehmens-werbung, d.h. auf den Aufbau eines positiven Images

→ kann hier wichtig sein, da es sich hier um Vertrauensgüter handelt, d.h. Kunde kann vorher keine Information über die Leistung des Produkts beschaffen

• Business-Development-Abteilungen:

→ Aufgabe derartiger Abteilungen: Stimulierung des Bedarfs nach Industrieanlagen→ Weg z.B.: Anbieter macht dem Kunden deutlich, dass die Nachfrage nach den Produkten,

für die seine Anlagen genutzt werden, sich positiv entwickelt

� vgl. Übersicht 3-25

3.3.2 Marketing im Anlagengeschäft

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Übersicht 3-25: Business Development Abteilungen in der Flugzeugindustrie

3 Untersch. Typen von IG-Märkten

Quelle: Backhaus, K., Voeth, M., Industriegütermarketing, 9. Aufl., München 2010, S. 333

3.3.2 Marketing im Anlagengeschäft

Die Nachfrage nach Flugzeugen hängt von der Entwicklung des Flugverkehrsmarktes insgesamt ab. Für die Investitionsentscheidungen der Airlines ist dabei vor allem die Entwicklung des Fluggastaufkommens weltweit, aber vor allem auch in den verschiedenen Regionen des Weltmarktes entscheidend. Da allerdings zwischen derBestellung von Verkehrsflugzeugen und deren Auslieferung im Regelfall mehrere Jahre liegen, ist es das Interesse der Flugzeugindustrien ihre Kunden – die Airlines – frühzeitig auf deren zukünftigen bedarf an Neumaschinen aufmerksam zu machen. Aus diesem Grunde unterhalten Firmen wie Airbus oder Boeing eigene Abteilungen, deren Aufgabe vor allem darin besteht, sich mit der zukünftigen Entwicklung des Flugverkehrsmarktes zu beschäftigen und daraus zukünftig benötigte Verkehrsmaschinen abzuleiten. Die Abbildung zeigt einen Ausriss des von Airbus regelmäßig herausgegebenen „Global Market Forecast“ aus dem Jahre 2007.

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WS 2012/13

3 Untersch. Typen von IG-Märkten

• Betreiber-Modelle (BOT-Modelle):

→ Anlagenlieferant bleibt über den Zeitpunkt der Betriebsbereitschaft hinaus befristet oderunbefristet Betreiber und/oder Miteigentümer der Anlage.

→ Besondere Modelle zur Projektfinanzierung aufgrund fehlender Kapitalmittel und fehlenden Betriebs-Know-hows auf Seiten des Kunden

→ Auftraggeber überträgt die Gesamtverantwortung für ein Anlagenprojekt auf den Lieferanten

→ Verschiedene am Geschäft beteiligte Parteien (Anlagenlieferant, Banken, staatliche Institutionen u.ä.) schließen sich zusammen und gründen eine Projektgesellschaft, an der sie mit Eigenkapitalanteilen beteiligt sind und die für die Durchführung des Projekts

verantwortlich ist

→ Anlagenlieferant verpflichtet sich i.d.R. auch, für den wirtschaftlichen Betrieb der Anlage zu sorgen

Beispiel: http://www.iwkoeln.de/Publikationen/iwd/Archiv/tabid/122/articleid/17244/language/de-DE/Default.aspx

3.3.2 Marketing im Anlagengeschäft

Page 149: B2B Marketing

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WS 2012/13

3 Untersch. Typen von IG-Märkten

B Marketing in der Angebotserstellungsphase

Schritte:

(1) Anfragenselektion(2) Anbieterorganisation(3) Preispolitik(4) Finanzierung(5) Festlegung des Lieferzeitpunktes

Zu (1): Anfragenselektion

Beginn der Angebotserstellungsphase mit dem Eingang einer Anfrage

→ Anfragenselektion hat eine besondere Bedeutung im gesamten Akquisitionsprozess

Gründe: ... ...

⇒ Versuch, diese Auswirkungen frühzeitig zu ermitteln um zu entscheiden, ob ein Projekt weiterverfolgt werden soll oder nicht

3.3.2 Marketing im Anlagengeschäft

Page 150: B2B Marketing

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WS 2012/13

3 Untersch. Typen von IG-Märkten

Positionen, aus denen sich die Angebotskosten zusammensetzen:

• ...

• ...

• ...

→ Kosten können bis zu 5% des Projektwertes ausmachen→ verlaufen nicht proportional zum Projektwert, d.h. Kosten für eine Kleinanlage können für ein

Unternehmen, das auf Großprojekte ausgerichtet ist, überdurchschnittlich hoch sein

⇒ Konkrete Verfahren zur Anfragenselektion

• Qualitative Verfahren:Heuristische Verfahren, Beurteilungsgrößen liegen nicht inmetrischer Form vor

Beispiele:- Checklisten: stellen Bewertungskriterien zusammen, die nur mit qualitativen

Beschreibungen belegt werden- Profilvergleiche: Erweiterung der Checkliste insofern, als für die einzelnen Kriterien

Punktwerte vergeben werden (werden aber nicht über alle Kriterien verdichtet)

3.3.2 Marketing im Anlagengeschäft

Page 151: B2B Marketing

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WS 2012/13

3 Untersch. Typen von IG-Märkten

• Quantitative Verfahren: Verwenden Informationen mit metrischem Skalenniveau undbasieren auf der Kalkulation von Auftragswahrscheinlichkeiten und

geschätzten Angebotskosten

⇒Vergleich mehrerer zur Auswahl stehender Anfragen möglich

• Scoring-Modelle: zwischen qualitativen und quantitativen Verfahren angesiedelt

Zu (2): Anbieterorganisation

Ausgangspunkt: Entscheidung für die Bearbeitung einer Anfrage ist gefallen

⇒ Im Regelfall hat der Kunde eine konkrete Vergabeform (Einzelauftrag, schlüsselfertiges Gesamtsystem, Betreibermodell) festgelegt

⇒ Marketing-Bemühungen konzentrieren sich nicht mehr nur auf den Endkunden, sondern auch auf andere Anbieter als mögliche Partner

3.3.2 Marketing im Anlagengeschäft

Page 152: B2B Marketing

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WS 2012/13

3 Untersch. Typen von IG-Märkten

Gründe für die Bildung von kooperativen Anbietergemeinschaften:

• ...• ...• ...• ...• ...

Aber:Erhebliches Konfliktpotenzial

→ Je nach relativer Machtposition in der Anbietergemeinschaft sind mehr oder weniger marketingpolitische Vorstellungen durchsetzbar

a) Organisationsformen der Anbietergemeinschaft:

� vgl. Übersicht 3-26

3.3.2 Marketing im Anlagengeschäft

Page 153: B2B Marketing

153Prof. Dr. Ute Ritzerfeld-Zell, Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Marketing- B-to-B-Marketing -

WS 2012/13

Übersicht 3-26: Organisationsformen der Anbietergemeinschaft

3 Untersch. Typen von IG-Märkten3.3.2 Marketing im Anlagengeschäft

Generalunter-nehmer

Kunde

Unterlieferant A

Unterlieferant B

Unterlieferant N

Direktes Vertragsverhältnis

über Gesamtleistung

Ver

träg

e ü

ber

T

eille

istu

ng

en

Kunde

Konsorte A

Konsorte B

Konsorte N

Direktes Vertragsverhältnis

über Gesamtleistung

Konsortium (ARGE)

Generalunter-nehmer

Kunde

Teilauftrag-nehmer A

Teilauftrag-nehmer B

Teilauftrag-nehmer N

Direktes Vertragsverhältnis

über Gesamtleistung

Ver

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GeneralunternehmerschaftGeneralunternehmerschaft Stilles KonsortiumStilles KonsortiumOffenes KonsortiumOffenes Konsortium

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WS 2012/13

3 Untersch. Typen von IG-Märkten

Generalunternehmerschaft: Generalunternehmer haftet im sogenannten Außenverhältnisallein für die Erbringung der vertragsmäßigen Gesamtleistung

Offenes Konsortium: Gegenüber dem Kunden treten die Konsorten gemeinsam auf,z.B. in Form einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts; jederKonsorte haftet im Außenverhältnis gesamtschuldnerisch

Haftungsregelung im Innenverhältnis wird im Konsortialvertrag geregelt

Stilles Konsortium: Innengesellschaft, d.h. der im Außenverhältnis allein haftendeGeneralunternehmer kann eine Haftungsweitergabe im

Innenverhältnis erreichen

b) Wahl der Koalitionspartner:

Entweder ...... einzelner Koalitionspartner oder... Politik der Parallelangebote (mit mehreren Anbietergemeinschaften koalieren)

3.3.2 Marketing im Anlagengeschäft

Page 155: B2B Marketing

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WS 2012/13

3 Untersch. Typen von IG-Märkten

Zu (3): Preispolitik

Besonderheit bei der Preisfindung im Anlagengeschäft: Mitanbieter üben Einfluss auf diePreisgestaltung aus

Probleme bei der Formulierung eines Angebotspreises:� ...� ... � ... � ...

Verfahren zur Preisfindung: Individuelle Angebotskalkulation

→Die vorgestellten Verfahren verzichten auf eine detaillierte Projektierung im Angebotsstadium, und zwar aus folgenden Gründen:

• Insbesondere bei Großanlagen müssen wegen der Komplexität der Objekte großeDatenmengen berücksichtigt werden

• Im Anfragenstadium ist die Spezifizierung der gewünschten technischen Problemlösung oft sehr vage, so dass der Informationsstand über die konkrete technische Ausstattung und das Mengengerüst oft sehr gering ist

3.3.2 Marketing im Anlagengeschäft

Page 156: B2B Marketing

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WS 2012/13

3 Untersch. Typen von IG-Märkten

• in vielen Branchen sehr ungünstiges Verhältnis zwischen der Zahl erstellter Angebote und der Zahl erhaltener Aufträge (zwischen 5 und 79%), so dass detaillierte Projektierung häufig nicht wirtschaftlich

Kalkulationsansätze lassen sich dadurch unterscheiden, ob sie explizit auf ein Mengengerüst zurückgreifen oder nicht:

a)Verfahren ohne differenziertes Mengengerüst

• „Kilokostenmethode“

Kalkulationsbasis: Erfahrungskostenwerte je kg Anlage⇒ Entwicklung der Herstellkosten wird vom Gewicht der Anlage abhängig gemacht

Alternativen zur Verwendung des Gewichts als Basis:- Kubikmeter umbauter Raum- Längenmeter Walzstraße- ...

� vgl. Übersicht 3-27

3.3.2 Marketing im Anlagengeschäft

Page 157: B2B Marketing

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WS 2012/13

Übersicht 3-27: Fallstudie „Offshore 1“ für die Kilokostenmethode

3 Untersch. Typen von IG-Märkten3.3.2 Marketing im Anlagengeschäft

Quelle: Backhaus, K., Voeth, M., Industriegütermarketing, 9. Aufl., München 2010, S. 359

Seit einigen Jahren entdecken immer mehr Unternehmen aus dem Energieversorgungsbereich die Attraktivität von Windparks, die nicht auf dem Festland („Onshore“), sondern die auf See („Offshore“) gebaut werden. Diese sind sehr ergiebig, da auf See rund 4000 Stunden pro Jahr starker Wind herrscht, während auf dem Festland – selbst an windanfälligen Stellen – die Anzahl von Windstunden nur rund halb so groß ist. Nicht zuletzt aus diesem Grunde planen viele Unternehmen Windparks auf Nord- und Ostsee. Für die kommenden Jahre rechnen Marktexperten damit, dass vor den europäischen Küsten Offshore-Parks mit insgesamt 65.000 Megawatt in Betrieb genommen werden. Dies entspricht in etwa der Leistung von 65 Atomkraftwerken.

Trotz der seit langem bekannten größeren Ergiebigkeit von Offshore-Parks haben viele Unternehmen bislang eher auf Onshore-Windparks gesetzt. Ursächlich hierfür sind die enormen Investitionsrisiken, die mit der Errichtung von Offshore-Windparks verbunden sind. Da beispielsweise in Deutschland – anders als in England, wo solche Parks im Abstand von 10 km vor der Küste erreichtet werden dürfen – Offshore-Windparks mindestens 60 km vor der Küste errichtet werden müssen, sehen sich die Windpark-Bauer großen technischen Schwierigkeiten gegenüber, die in vollem Umfang häufig erst während der Bauphase sichtbar werden. So lässt sich im Vorfeld nicht abschließend beurteilen, wie große der Aufwand ist, um die 490 t schweren Stützkreuze im bis zu 40 m tiefen Meer zu verankern.

Als einer der ersten kommerziellen Windparks vor deutschen Küsten wird zur Zeit etwa 90 km vor der Küste Borkums von der Bremer BARD Group der Offshore-Windpark „BARD Offshore 1“ gebaut. Bei diesem Projekt besteht eines der Hauptprobleme darin, dass die Projektkosten im Vorfeld nur schwer abschätzbar sind. Daher behilft man sich bei der Kostenkalkulation mit einer Kalkulation nach der Kilokostenmethode, da die erwarteten Kosten in Abhängigkeit von der Megawatt-Größe des Parks abgeschätzt werden. Auf die Frage nach den Investitionskosten für BARD Offshore 1 äußerte sich beispielsweise der Geschäftsführer von BARD in einem Radiointerview wie folgt: „Es ist eigentlich schwer, für ein Kraftwerk das Investitionsvolumen zu benennen, das da draußen noch gar nicht steht. Wir sehen derzeit im Offshore-Bereich in Wassertiefen von 30 oder 40 Metern spezifische Investitionskosten, die bei 3,5 Mill. € je Megawatt liegen. Mit einem dicken Daumen: ein 400 MW-Windkraftwerk zwischen 1,4 und 1,6 Mrd. €.“

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3 Untersch. Typen von IG-Märkten

Problem:

�Verfahren liefert nur recht grobe Anhaltspunkte

• Einflussgrößenkalkulation

Kalkulationsbasis: Kostenfunktionen

Schritte:- Analyse potenzieller Kosteneinflussgrößen (unabhängige Variablen)

Bsp.: Materialkosten (abhängig von Gewicht, das wiederum bestimmt wird durch die Abmessungen und das spezifische Gewicht des Werkstoffes, sowie dem

Preis/Einheit, bezogen auf den Werkstoff), Fertigungskosten (manuell undmaschinell), Gemeinkosten

- Bestimmung der Zusammenhänge zwischen den unabhängigen Variablen und der Höhe der Herstellkosten in der Vergangenheit in Regressionsgleichungen

- Verwendung der Regressionsgleichungen für die Prognose der Herstellkosten bei konkreten Projekten

3.3.2 Marketing im Anlagengeschäft

Page 159: B2B Marketing

159Prof. Dr. Ute Ritzerfeld-Zell, Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Marketing- B-to-B-Marketing -

WS 2012/13

3 Untersch. Typen von IG-Märkten

Probleme:

�Schätzung des Teils der Kosten, der nicht zu den Herstellkosten zählt (Vertriebskosten, Versicherungen, Provisionen) ist nicht berücksichtigt�Regressionsbeziehungen sind bisher nur für wenige Beispiele empirisch nachgewiesen

b)Bewertungsverfahren auf Basis eines Mengengerüsts, z.B.

• Grobprojektierungsansatz

� vgl. Übersicht 3-28

Problem:

�Berücksichtigung von Kostenveränderungen in der Zukunft ist bei diesem Ansatz schwierig

Daneben: Es existieren neben diesen kostenorientierten weitere Modelle zur Preisfindung (konkurrenzorientiert, kundenorientiert)

3.3.2 Marketing im Anlagengeschäft

Page 160: B2B Marketing

160Prof. Dr. Ute Ritzerfeld-Zell, Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Marketing- B-to-B-Marketing -

WS 2012/13

Übersicht 3-28: Entwicklung einer Ausgangspreisforderung bei Grobprojektierung

3 Untersch. Typen von IG-Märkten3.3.2 Marketing im Anlagengeschäft

Anfragenadaptierter Basispreis =

Ausgangspreisforderung

Anfragenadaptierter Basispreis =

Ausgangspreisforderung

Kundenindividueller Basispreis

Kundenindividueller Basispreis

BasispreisBasispreis

Technisches GrobkonzeptTechnisches Grobkonzept

Bewertung der Komponenten

ReisekostenZusatzrisikenTransport und VersicherungenMontagesonderleistungenBankgarantienInbetriebsetzungskosten...

FinanzierungskostenLagerkostenGewinn

Je nach Zielgebiet des Kunden

Liefer- und Zahlungs-

bedingungen

Quelle: Backhaus, K., Voeth, M., Industriegütermarketing, 9. Aufl., München 2010, S. 361

Page 161: B2B Marketing

161Prof. Dr. Ute Ritzerfeld-Zell, Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Marketing- B-to-B-Marketing -

WS 2012/13

3 Untersch. Typen von IG-Märkten

Zu (4): Finanzierung

• In Großprojekten ist es für die Kunden oftmals schwierig, ausreichende Finanzmittel zu beschaffen

• Da die Auszahlungen in Anlageprojekten nicht zu einem einmaligen Zeitpunkt, sondern zeitlich sukzessive anfallen, stellt die Barzahlung zum Auftragsabschluss eine Vorfinanzierung und

damit einen seltenen Ausnahmefall dar

• Kosten der Finanzierung sind unmittelbar preiswirksam

⇒Auftragsfinanzierung als entscheidendes Marketing-Instrument im internationalen Anlagengeschäft

Auftragsfinanzierung: Beschaffung von Finanzmitteln zur Deckung von Auszahlungsüber-hängen, die aufgrund von zeitlichen oder betragsmäßigen Diskre-panzen im Anfall auftragsbezogener Ein- und Auszahlungen

entstehen⇒ sämtliche Maßnahmen, die mit der Finanzierung eines Auftrags

erforderlich werden (Auswahl und Einschaltung von Banken,Beschaffung von Kreditversicherungen, Betreuung aller mit derAbwicklung eines Auftrages zusammenhängenden

Finanzaktivitäten ...)

3.3.2 Marketing im Anlagengeschäft

Page 162: B2B Marketing

162Prof. Dr. Ute Ritzerfeld-Zell, Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Marketing- B-to-B-Marketing -

WS 2012/13

3 Untersch. Typen von IG-Märkten

Financial Engineering: Planung und Ausarbeitung von maßgeschneiderten Finanzierungs-konzepten durch Erschließung und Kombination aller zweck-

mäßigen Finanzierungsalternativen als Grundvoraussetzung für die Durchführung komplexer Anlagenprojekte

Stellenwert von Auftragsfinanzierung und Financial Engineering:

→sehr hoch, besonders in den Fällen, in denen bereits in der Ausschreibung eines Projektes Hinweise enthalten sind, nach denen Anbieter den Vorzug erhalten, die eine mittel- oder

langfristige Finanzierung anbieten oder vermitteln können.

Instrumente: Lieferantenkredite, Kompensationsgeschäfte, Leasing usw.

3.3.2 Marketing im Anlagengeschäft

Page 163: B2B Marketing

163Prof. Dr. Ute Ritzerfeld-Zell, Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Marketing- B-to-B-Marketing -

WS 2012/13

3 Untersch. Typen von IG-Märkten

Zu (5): Festlegung des Lieferzeitpunkts

→ Lieferzeitpolitik hat erhebliche Bedeutung, da von Lieferung auch die Aufnahme der Produktion durch den Kunden abhängt

⇒ Überschreitung von Lieferzeiten ist mit Vertragsstrafen belegt

Probleme bei systematischer Lieferzeitplanung:

• Zeitbezogener Kapazitätsbedarf steht wegen fehlender Detailprojektierung häufig noch nicht fest

• Mögliche Lieferzeit wird durch die anderen Aufträge, die ebenfalls um die Kapazitäten konkurrieren, bestimmt

⇒ Zwei Teilaufgaben für die Planung des Lieferzeitpunktes:

a)Mengengerüst ist im Hinblick auf den Kapazitätsbedarf zeitlich zu strukturieren (Projekt-Prozess-Plan)b)Kapazitätsmäßige Interdependenzen zu den konkurrierenden Aufgaben sind zu ermitteln (Multi-Projekt-Planung)

3.3.2 Marketing im Anlagengeschäft

Page 164: B2B Marketing

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WS 2012/13

3 Untersch. Typen von IG-Märkten

C Marketing in der Kundenverhandlungsphase

Verhandlungen mit ausgewählten Anbietern über die Angebotsbestandteile, über die kein Konsens zwischen Anbieter und Nachfrager besteht, vor allem ...

(1) Verhandlungen über technische Leistungsmodifikationen

Gründe:• ...• ...• ...• ...• ...

→ Koordination mit parallel laufenden Preisverhandlungen erforderlich

(2) Verhandlungen über Auftragsfinanzierung und Zahlungsbedingungen

(3) Verhandlungen über den effektiven Abschlusspreis

→ u.a. abhängig von der Machtposition des Nachfragers

3.3.2 Marketing im Anlagengeschäft

Page 165: B2B Marketing

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WS 2012/13

3 Untersch. Typen von IG-Märkten

(4) Verhandlungen über den Liefertermin

→ Verhandlungen über technische Leistungsmodifikationen oder Zusatzaufträge können die Liefertermine verändern

Ende der Kundenverhandlungsphase: Vertragsabschluss

D Marketing in der Projektabwicklungs- und Gewährleistungsphase

→ Von großer Bedeutung, da jedes abgewickelte Projekt für mögliche Folgeaufträge als Referenz-anlage anzusehen ist

„Projektabwicklung und Gewährleistung sind die ersten Akquisitionsbemühungen für neue Projekte“(Backhaus 2010)

3.3.2 Marketing im Anlagengeschäft

Page 166: B2B Marketing

166Prof. Dr. Ute Ritzerfeld-Zell, Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Marketing- B-to-B-Marketing -

WS 2012/13

3 Untersch. Typen von IG-Märkten

3.4 Das Zuliefergeschäft

3.4.1 Charakteristika des Zuliefergeschäfts

Zulieferer: beliefern Herstellerunternehmen (OEMs) mit industriellen Vorprodukten und den zugehörigen Dienstleistungen

OEMs: • Original Equipment Manufacturer = Erstausrüster• Nachfragerunternehmen, die Produkte als Teile oder Module bei Zulieferern beschaffen, um sie in ihre Endprodukte einzubauen

Neben dem OEM-Markt: Ersatzteilemarkt

→ Vermarktung von Zulieferprodukten auf dem nachgelagerten Endverbraucher-markt zwecks Reparaturen oder Modernisierungen bestehender Endprodukte

→ wird teilweise über die OEMs, teilweise über die Zulieferer bedient

3.4 Das Zuliefergeschäft

Page 167: B2B Marketing

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WS 2012/13

3 Untersch. Typen von IG-Märkten

Obwohl es sich teilweise um die gleichen Produkte handelt, unterliegt dieser Markt anderen Marktbedingungen

Gründe: ...

(1) Einzelkundenfokus

Leistungsangebot wird genau für diesen Kunden entwickelt, genau auf die Anforderungen eines einzelnen Kunden ausgerichtet

⇒ Absatzprozess, Vermarktung liegt zeitlich vor dem Fertigungsprozess

Grund: Individualität der Leistung macht eine Fertigung, die vor der Vermarktung liegt, unmöglich.Erst in den Verhandlungen mit dem Kunden wird genau konkretisiert, wie das Produkt

aussehen soll und erst dann kann gefertigt werden

⇒ Erhöhte Interaktionskomplexität:

→ Nachfrager wird in den Prozess der Leistungsdefinition stark integriert, nimmt unmittelbar Einfluss auf die Produktentwicklung (Bsp. BASF Coatings)

3.4.1 Charakteristika des Zuliefergeschäfts

Page 168: B2B Marketing

168Prof. Dr. Ute Ritzerfeld-Zell, Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Marketing- B-to-B-Marketing -

WS 2012/13

3 Untersch. Typen von IG-Märkten

Frage: Worauf bezieht sich die Leistungsindividualisierung?

→ ...

→ ....

⇒ Häufig umfangreiche nachfragerindividuelle F&E-Aktivitäten des Herstellers erforderlich

Das Marketing im Zuliefergeschäft bezieht sich auf einen personalisierten Markt, d.h. einen Markt, der durch wenige, z. T. sogar nur einen einzigen Anbieter und Nachfrager gekennzeichnet ist

⇒ beschränkte Ausweichmöglichkeiten für die Marktteilnehmer⇒ gegenseitige Abhängigkeit (Verlust des Marktpartners kann für die Beteiligten fatale Folgen haben)

3.4.1 Charakteristika des Zuliefergeschäfts

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WS 2012/13

3 Untersch. Typen von IG-Märkten

Individualität des Leistungsangebots wird gemessen über die ...

... Integralqualität: Fähigkeit von Produkten, gut zueinander zu passen (variante/invariante Schnitt-stellen), und zwar …

(1) … des Produkts: Abstimmung von inhaltlichen Produkteigenschaften, z.B. wenn Produkte genau für einen Modelltyp entwickelt wurden

(2) … zeitlicher Art: die Lebensdauer des Teilprodukts muss auf die Lebensdauer des End-produktes abgestimmt sein

(3) … der Verfügbarkeit: rechtzeitige Verfügbarkeit der Teilprodukte muss sicher gestellt werden z.B. über Just-in-Time-Systeme

(2) Zeitlicher Kaufverbund

→ Langfristiger Kaufverbund zwischen den Einzeltransaktionen→ Idealfall: Geschäftsbeziehungsdauer ist identisch mit der Modelllaufzeit des Endprodukts

⇒ Anbieter entwickelt kundenspezifische Lösungen, die dann für die Dauer der Geschäfts-beziehung kundenspezifisch normiert sind

⇒ Produkte werden für den OEM in Serienfertigung für die Dauer des Endprodukt-Lebenszyklusses geliefert

3.4.1 Charakteristika des Zuliefergeschäfts

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3 Untersch. Typen von IG-Märkten

(3) Phasen des Transaktionsprozesses

Phasen im Transaktionsprozess:

•Auswahlphase (Vorvertragsphase): verschiedene Zulieferer konkurrieren miteinander

•Geschäftsbeziehungsphase: Ziel sind Absicherung bzw. Ausbau und ggf. Beendigung der Geschäftsbeziehung

⇒Mittelpunkt des Zuliefergeschäfts:Management von Geschäftsbeziehungen

3.4.1 Charakteristika des Zuliefergeschäfts

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3 Untersch. Typen von IG-Märkten

3.4.2 Marketing im Zuliefergeschäft

A Einstieg in die Geschäftsbeziehung

Auslöser der Vorvertragsphase: ...

⇒Ausschreibung zur Neuvergabe eines Auftrags:

• Zahl der Lieferanten ist von vornherein begrenzt (sowohl In-Supplier als auch mögliche Out-Supplier)

• Durch Konkretisierung im Sinne von Zusatzwünschen engt sich die Zahl in Frage kommender Zulieferer weiter ein

• Nach Entscheidung für einen Zulieferer erfolgt erst die genaue Spezifizierung des Leistungsangebots

• Kunde bricht dann die Verhandlungen mit anderen Zulieferern ab, investiert also in einen Zulieferer

• Zulieferer richtet nun auch sein Leistungsangebot voll auf den Kunden aus, auch er investiert in diesen

3.4.2 Marketing im Zuliefergeschäft

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3 Untersch. Typen von IG-Märkten

Chance für den Out-Supplier ist abhängig von der Sourcing-Strategie des OEM:

���� Single versus Multiple Sourcing:

Single Sourcing: Gesamtbeschaffungsvolumen wird nur bei einem Zulieferer beschafft

Multiple Sourcing: Gesamtbeschaffungsvolumen wird auf mehrere Zulieferer verteilt

Höhere Chance für den Out-Supplier: …

���� Modular versus Component Sourcing:

Modular Sourcing: beim Zulieferer werden keine Einzelkomponenten, sondern komplexe Bündel von Subsystemen bezogen (z.B. Nasszellen in der Bauindustrie, Beleuchtungssysteme in der Automobilindustrie)⇒Systemlieferant, „first-tier-supplier“, der vom ehemaligen Direktlieferanten („second-tier-supplier“) bezieht (z.B. Hella von 3M)

Bsp.: http://www.econstor.eu/bitstream/10419/29501/1/611897652.pdf http://www.scherdel.de/dokumente/archiv/aktuell1_11d_ebook.pdf

Component Sourcing: Beschaffung von Einzelkomponenten, die zwar kundenspezifisch entwickelt wurden, jedoch mit Komponenten anderer Zulieferer verbaut werden müssen (z.B. Getriebegestänge, Kupplungen u.ä. in der Automobilindustrie)

3.4.2 Marketing im Zuliefergeschäft

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3 Untersch. Typen von IG-Märkten

Maßnahmen zum Einstieg in die Geschäftsbeziehung

• Oben aufgezeigt: beide Marktpartner investieren Ressourcen in die Geschäftsbeziehung zum jeweils anderen

• Anderes Beschaffungsverhalten als z.B. im Produktgeschäft, da der Kunde andere Anforderungen bei der Kaufentscheidung hat:

→ Zusätzlich zu direkt beobachtbaren Leistungsmerkmalen (Produktqualität, Serviceleistungen) zählen auch Kriterien, die ihm dabei helfen, die Unsicherheit hinsichtlich der Nachkaufphase zu reduzieren

2 Schritte im Rahmen der Auswahlphase:

(1) Vorauswahl(2) Konzeptauswahl

3.4.2 Marketing im Zuliefergeschäft

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3 Untersch. Typen von IG-Märkten

Zu (1) Vorauswahl

→ Auffinden und Auswahl vorhandener und potenzieller Zulieferer, die voraussichtlich in der Lage sind, den Leistungsanforderungen des OEMs gerecht zu werden

⇒ Bewertungskriterien zur Vorauswahl von Zulieferern:

a) Produktbezogene Leistungsmerkmale

� vgl. Übersicht 3-29

b) Potenzialbezogene Leistungsmerkmale

Ziel der Geschäftsbeziehung: Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit in bezug auf die gesamte Wertkette

⇒ Zulieferer müssen strategische Potenziale aufweisen:

� vgl. Übersicht 3-30

3.4.2 Marketing im Zuliefergeschäft

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Übersicht 3-29: Bewertungskriterien zur Vorauswahl von Zulieferern - Produktbezogen

3 Untersch. Typen von IG-Märkten3.4.2 Marketing im Zuliefergeschäft

Produktbezogene BewertungskriterienProduktbezogene Bewertungskriterien

PreisPreis QualitätQualität ZeitZeit

�Preisstrukturanalysen:Genaue Abschätzung der Kostenstruktur des Zuliefe-rers (durch technische Ana-lysen des Produkts, Samm-lung von Infos, die den Preis des Zulieferers beeinflussen, wie Standort, Verkehrsver-bindung, Transportmittel ...)

�Preisbeobachtung:Bei Zulieferteilen, die sich durch hohe Preisvariablilität auszeichnen; Ziel: Preis-prognose

�Preisvergleiche:oft schwierig wegen kundenspezifischer Leistung

OrtOrt

• Von enormer Bedeutung, da schlechte Qualität des Zulieferprodukts zu schlechter Qualität des OEM-Endprodukts führt

• Qualitätssicherungs-systeme / Total-Quality-Management zu großer Bedeutung gelangt

• Bedeutung resultiert vor allem aus gestiegener Bedeutung der Verringe-rung der Fertigungstiefe und des Just-in-time-Konzepts

• Bewertungskennziffer:Terminwertzahl =Anzahl der termingerechten Lieferungen / Gesamtzahl der Lieferungen

• Räumliche Entfernung vor allem dann wichtig, wenn häufige Belieferung mit kleinen Liefermengen erforderlich

• Transportzeit wird dadurch beeinflußt⇒Teilweise Ansiedelung von Zulieferern auf dem Gelände der OEM‘s zu beobachten

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Übersicht 3-30: Bewertungskriterien zur Vorauswahl von Zulieferern - Potenzialbezogen

3 Untersch. Typen von IG-Märkten3.4.2 Marketing im Zuliefergeschäft

Potenzialbezogene BewertungskriterienPotenzialbezogene Bewertungskriterien

InnovationspotenzialInnovationspotenzial FlexibilitätspotenzialFlexibilitätspotenzialIntegrationspotenzialIntegrationspotenzial

→Hohe Technologiekompetenz, Fähigkeit, neue wirtschaftliche Konzepte zu realisieren

→Zulieferer sollte sich im Idealfall zu einer Art Entwicklungs-partner entwickeln, d.h. früh-zeitige Einbindung in den Prozess der Produktentwicklung

→Fähigkeit, statt vieler Teile komplexe Teile-kombinationen oder sogar Module zu beziehen (Modular Sourcing)

⇒Geringere Koordinationskosten und geringerer Montage-aufwand

→Fähigkeit, möglichst schnell auf Änderungen der Leistungsanforderungen des Kunden einzugehen, und zwar vor allem hinsichtlich Qualität, Quantität und Zeit

⇒Aufbau flexibler Fertigungs-und Logistikeinrichtungen

⇒Aufbau DV-gestützter Kommunikationssysteme

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3 Untersch. Typen von IG-Märkten

Produktbezogene Leistungsmerkmale und potenzialbezogene Leistungsmerkmale sind die in der Vorauswahlphase entscheidenden Kaufkriterien des Kunden im Zuliefergeschäft

⇒ Daran muss sich das Marketing des Zulieferers in dieser Phase ausrichten:

Marketing in der Vorauswahlphase

a) Dokumentation von produktbezogenen Leistungsmerkmalen

2 Strategiekonzepte:

• Anpassungsstrategie: Potenzieller Zulieferer richtet seine Aktivitäten streng an den Anforderungen der Nachfrager aus

• Emanzipationsstrategie: Potenzieller Zulieferer versucht, auf die Definition des Kundenpro-blems durch Einbringung eigener Ideen aktiv Einfluss zu nehmen

� vgl. Übersicht 3-31

3.4.2 Marketing im Zuliefergeschäft

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Übersicht 3-31: Marketing in der Vorauswahlphase - Produktbezogen

3 Untersch. Typen von IG-Märkten3.4.2 Marketing im Zuliefergeschäft

Strategie-konzept

Instrumente

Emanzipations-konzepte

• Qualitätssicherung

Anpassungs-konzepte

���� Passive Qualitätssicherung:Ausschließlich auf die Identifikation fehlerhafter Produkte konzentriert, Feststellung von Abweichungen im Produktionsprozess

���� Aktive Qualitätssicherung Maßnahmen, die auf eine Beseitigung der Fehlerquelle abstellen zwecks Verringerung der Ausschussquoten

• Innovations-konzepte

Durch Entwicklung neuer Produktideen unabhängig werden und einen Innovations-prozess beim Abnehmer initiieren, der diesem einen Wettbewerbsvorteil verschafftProblem: Lange Vorlaufzeiten und Vorfinanzierung der F&E-Aufwendungen über einen langen Zeitraum

• Logistikintegration

• reaktive F&E-Kooperation

• Preispolitik

Neben anderen Integrationskonzepten vor allem Just-in-time-Konzept: Produktions-synchrone Bereitstellung der Zulieferteile ohne Vorratshaltung auf beiden Seiten

Klare Ausrichtung der F&E-Aktivitäten des Zulieferers an den absatzpolitischen Maß-nahmen des Kunden, Zulieferer werden schon früh in den Entwicklungsprozess des Kunden einbezogen

���� Passive Preispolitik, d.h. Anpassung der Kostenstruktur an das herrschende Preisniveau, z.B. durch Fertigungsrationalisierung, Standortverlagerung, Verringerung der Fertigungstiefe, horizontale Kooperation mit anderen Zulieferern

���� Aktive Preispolitik, d.h. eigene Beeinflussung des Preisniveaus durch Target Pricing, d.h. ausgehend von bestimmten Absatzmengenzielen seine Preispolitik so zu gestalten, dass das herrschende Preisniveau unterschritten wird

• Mehrstufiges Marketing

Gesamtheit aller Maßnahmen, die auf eine gegenüber den Nachfragern nachgelagerte Marktstufe gerichtet sind (Pull-Strategie)

Ausgestaltung

Quelle: in Anlehnung an Backhaus, K., Voeth, M., Industriegütermarketing, 9. Aufl., München 2010, S. 517 ff.

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3 Untersch. Typen von IG-Märkten

b)Aufbau von Vertrauen in die Potenzialeigenschaften

Vertrauen: fester Glauben des Nachfragers, die erwartete Kosten-Nutzen-Relation derTransaktionen auch tatsächlich vorzufinden

� vgl. Übersicht 3-32

Zu (2) Konzeptauswahl

→Phase, in der die Entscheidung für einen bestimmten Zulieferer gefällt wird

→In der Vorauswahl selektierte Lieferanten sollen kreative Vorschläge zur Lösung des Kundenproblems abgeben

→Grundidee:durch Intensivierung des Verhältnisses zwischen Zulieferern und OEM zusätzliche Informationen über den Leistungswillen und die Leistungs- bzw. Bindungsbereitschaft des

Zulieferers zu gewinnen (gilt auch für den Zulieferer)

3.4.2 Marketing im Zuliefergeschäft

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Übersicht 3-32: Marketing in der Vorauswahlphase - Potenzialbezogen

3 Untersch. Typen von IG-Märkten3.4.2 Marketing im Zuliefergeschäft

Marketing-Maßnahmen bezogen auf

Dokumentation von ...Instrument

…Innovations-fähigkeit

Beispiel

…Integrations-fähigkeit

…Flexibilitäts-potenzial

Beispiel: Auslagerung von Logistikverantwortung an den Lieferanten (Just-in-time-Anlieferung)

���� Dokumentation der quantitativen Integrationsfähigkeit:Zusage, Investitionen in DV- oder Vernetzungssysteme oder in flexible Fertigungsanlagen vorzunehmen

���� Dokumentation der qualitativen Integrationsfähigkeit:Maßnahmen zur präventiven Qualitätssicherung, z.B. Übernahme der Verantwortung für die uneingeschränkte Verwendbarkeit der zugelieferten Teile

→ Kommunikation der qualitativen und quantitativen Lieferzuverlässigkeit

→ Übernahme eines Teils des Risikos der zukünftigen Transaktionen

Erfolgsabhängige Belohnung, die erst bei Serienanlauf einsetzt⇒Bereitschaft, für Fehler, die ihm zuzurechnen sind, die

Verantwortung zu übernehmen, z.B. in Form von Verlustbeteiligungen oder Pönalen

→ Bereitschaft des Zulieferers, die Ferti-gungskapazitäten an die Bedürfnisse des Kunden anzupassen

Zulieferer muss sich bei seinen Kapazitätsplanungen trotz denkbarer Nachfrageschwankungen eventuell am maximalen Bedarf des OEMs orientieren

Quelle: in Anlehnung an Backhaus, K., Voeth, M., Industriegütermarketing, 9. Aufl., München 2010, S. 538 ff.

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3 Untersch. Typen von IG-Märkten

B Absicherung der Geschäftsbeziehung

Frage: Was ist festzulegen, wenn die Entscheidung für einen Zulieferer gefallen ist?

• ...• ...• ...

Ziel: Absicherung der Geschäftsbeziehung vor der Gefahr eines einseitigen vorzeitigen Ausstiegs einer Partei, in der Regel durch Abschluss von Verträgen, die Inputs und Ansprüche regeln

⇒⇒⇒⇒ Externe Absicherung

3.4.2 Marketing im Zuliefergeschäft

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3 Untersch. Typen von IG-Märkten

Der Bedarf an externer Absicherung wird bestimmt durch die ...

... Interne Stabilität der Beziehung: Gegenseitige Abhängigkeiten der beiden Partner sind so groß, dass eine Beendigung der Geschäftsbeziehung für beide gleich schmerzlich ist

→ Ist bestimmt durch die spezifischen Investitionen, die von den Beteiligten in die Geschäfts-beziehung geleistet werden, nämlich in ...

... Sachvermögen: Investitionen in Güter, z.B. ...

• in ausschließlich für die Erstellung der Zulieferleistung geeignete Maschinen oder Werkzeuge• in Hard- und Software, um eine datentechnische Vernetzung von Zuliefererund OEM umzusetzen

... Humanvermögen: Investitionen in Mitarbeiter, z.B. ...

•wenn Mitarbeiter speziell für die Belange der Geschäftsbeziehung eingesetzt werden, z.B. spezielles Entwicklungs-Know-how

3.4.2 Marketing im Zuliefergeschäft

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WS 2012/13

3 Untersch. Typen von IG-Märkten

Bei Ungleichverteilung der spezifischen Investitionen: Partei, die weniger investiert hat, könnte sich opportunistisch verhalten

⇒ Geschäftsbeziehung ist intern instabil und damit nicht intern abgesichert⇒ Externe Absicherungsformen erforderlich!

Externe Absicherungsformen:

• Ausgleich der einseitig getätigten spezifischen Investitionen durch den anderen Partner in der Form, dass dieser ebenfalls spezifisch investiert

Bsp.: spezifische Investitionen in Personal, organisatorische Maßnahmen o.ä.

3.4.2 Marketing im Zuliefergeschäft

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3 Untersch. Typen von IG-Märkten

• Vertragliche Absicherung der Beziehung: Versuch, einseitig erfolgte Investitionen zu kompensie-ren und die entstehenden Pflichten und Ansprüche der Parteien zu fixieren

Beispiele: - OEM überlässt dem Zulieferer unentgeltlich Aktiva, die für den Zulieferer, wenn er diese beibringen müsste, hochspezifisch wären

- OEM verpflichtet sich vertraglich zur Abnahme der Zulieferumfänge mit Beginn der Serienproduktion

- Fixierung der Teilepreise- ...

Bsp: Vom Verband der Automobilindustrie (VDA) am 25.03.1992 im Rohstoffausschuss erarbeiteter und verabschiedeter Leitfaden als Beispiel für den Regelungs- und

Absicherungsbedarf in Geschäftsbeziehungen:

� vgl. Übersicht 3-33

Zusätzlich zu diesen „Rahmenlieferverträgen“ kommen häufig individuell auszuhan-delnde Aspekte hinzu, bei denen es um die folgenden kritischen Punkte geht:

� vgl. Übersicht 3-34

3.4.2 Marketing im Zuliefergeschäft

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Übersicht 3-33: Grundsätze zur Partnerschaft zwischen Automobilherstellern und ihren Zulieferern

3 Untersch. Typen von IG-Märkten3.4.2 Marketing im Zuliefergeschäft

Quelle: VDA 2009, S. 9f.

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Übersicht 3-34: Kritische Punkte in einer Vertragsverhandlung

3 Untersch. Typen von IG-Märkten3.4.2 Marketing im Zuliefergeschäft

Quelle: in Anlehnung an Backhaus, K., Voeth, M., Industriegütermarketing, 9. Aufl., München 2010, S. 549 ff.

Regelungsbereich Beispiel

Kündigungs-klauseln

→ Klauseln, die den Abnehmer berechtigen, den Liefervertrag einseitig zu kündigen, wenn er Angebote von anderen Zulieferern erhält, die bei gleicher Qualität einen günstigeren Preis erhalten

→ Preisklauseln, die Abnehmer durchzusetzen versuchen und die eine automatische An-passung der vertraglich bestimmten Preise an niedrigere Wettbewerbsangebote vorsehen

Forschung und Entwicklung

→ Festlegung von Schutzrechten des Abnehmers und Einschränkungen der Verwertbar-keit seitens des Zulieferers

Qualität

→ Im Vorfeld der Vertragsverhandlungen festgelegte konkrete Zusagen des Zulieferers, die Verantwortung für die uneingeschränkte Verwertbarkeit seiner Lieferungen zu gewährleisten; falls nicht:

→ Klauseln, dass Beginn der Zusammenarbeit erst nach erfolgreicher Erstmusterprüfung (Maß-, Werkstoff- und Funktionsprüfungen der ersten serienmäßig erstellten Erzeugnisse)

→ Vereinbarungen über das anzuwendende Qualitätsprüfungsverfahren→ gemeinsame Qualitätsschulungen der Mitarbeiter von Zulieferer und OEM

Preis

→ Regelungen, dass Zulieferer Preisveränderungen auf seiner Beschaffungsseite durch Preisgleitklauseln an den Abnehmer weitergibt

→ Regelungen zur Forderung des Abnehmers, an der Ausschöpfung von Rationalisierungs-potenzialen des Zulieferers beteiligt zu werden; dazu Vereinbarung regelmäßiger Wert-analysen durch Mitarbeiter des OEMs oder von unabhängigen Dritten

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3 Untersch. Typen von IG-Märkten

C Ausbau der Geschäftsbeziehung

Nach Abschluss des Vertrags sind Vorgehensweisen abzustimmen, mit denen man die langfristige Aufrechterhaltung der Geschäftsbeziehung gewährleisten kann:

(1) Kooperationen, die sich auf die laufende Serie beziehen: Prozessverbesserungs-kooperationen

→ Setzen an in den Bereichen Entwicklung, Produktion, Logistik, Qualität oder auch Entsorgung

→ Bildung von Teams, die sich aus Vertretern der betroffenen Funktionsbereiche beider Partner zusammensetzen

Aufgabe: Entwicklung von Verbesserungsvorschlägen für die Weiterentwicklung der Geschäfts-beziehung

⇒ Kontinuierlicher Verbesserungsprozess (KVP)

Beispiele:...

3.4.2 Marketing im Zuliefergeschäft

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WS 2012/13

3 Untersch. Typen von IG-Märkten

(2) Kooperationen, die sich auf kommende Modellreihen beziehen

→ Forschungs- und Entwicklungskooperationen: Begründen neue Geschäftsbeziehungen oder Folgebeziehungen

→ Hauptziel der meisten OEMs: Verkürzung der Entwicklungszeiten

(3) Spezifische Investitionen in die Geschäftsbeziehung

→ Maßnahmen mit spezifischen Investitionen in Sachkapital:

a) Insourcingmaßnahmenb)Maßnahmen zur informationstechnischen Vernetzung

Zu (a): Insourcingmaßnahmen / Vertikale Kooperation ( � vgl. Übersicht 3-35)

→Mitarbeiter des Zulieferers montieren und fertigen teilweise Baugruppen direkt am Verbauort des Abnehmers

Ziel: Versuch, durch Optimierung des vertikalen Integrationsgrades der Abnehmer die Vorteile der Eigenfertigung mit den Vorteilen des Fremdbezugs zu kombinieren

3.4.2 Marketing im Zuliefergeschäft

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Übersicht 3-35: Insourcing-Varianten

3 Untersch. Typen von IG-Märkten3.4.2 Marketing im Zuliefergeschäft

Quelle: Backhaus, K., Voeth, M., Industriegütermarketing, 9. Aufl., München 2010, S. 556

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3 Untersch. Typen von IG-Märkten3.4.2 Marketing im Zuliefergeschäft

Insourcing Varianten (steigender Integrationsgrad von A nach D):

• Typ A: → 1 Zulieferer koordiniert Unterlieferanten und montiert die Teile der Unter-lieferanten zu abnehmerspezifischen Modulen

→ Module werden beim Abnehmer vor Ort vom Zulieferer zusammengebaut

⇒ Zulieferer muss produktionssynchrone Anlieferung sicherstellen⇒ Produktion sowie Logistik abnehmerspezifisch ausgerichtet⇒ Investitionen in Informations- und Kommunikationssystem erforderlich

• Typ B: → Zulieferer verlagern Teile ihrer Montagestätten auf freie Flächen im Abnehmerunternehmen

→ Montage der Module und Einbau in das Endprodukt zusammen mit Mitarbeitern des Abnehmers

→ Bezahlung der Mitarbeiter durch den OEM, entsprechende Lohnsummewird dem Zulieferer jedoch beim Bezugspreis in Rechnung gestellt

• Typ C: → Kernlieferanten verlagern abnehmerspezifische Fertigungen auf ein Gebiet in unmittelbarer räumlicher Nähe des OEM

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3 Untersch. Typen von IG-Märkten3.4.2 Marketing im Zuliefergeschäft

• Typ D: → Gemeinsames Montage- und Teilefertigungsunternehmen→ Kosten für Grundstück, Anlagen und Betriebsmittel werden anteilsmäßig

übernommen, Mitarbeiter des Unternehmens stammen sowohl vom OEM als auch vom Zulieferer

⇒Durch derartige Investitionen des Zulieferers in die Geschäftsbeziehung gelingt es dem OEM, den Zulieferer zu binden, so dass ein Abbruch der Beziehung durch diesen

unwahrscheinlich wird

Zu (b): Maßnahmen zur informationstechnischen Vernetzung

→Vor allem durch (a) Zunahme von Vernetzungen zwischen Anbieter- und Zuliefer-unternehmen (z.B. organisatorische Kopplungen wie z.B. JIT)

⇒Enge informationelle Koordination der Unternehmen erforderlich, z.B. über EDI:

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3 Untersch. Typen von IG-Märkten3.4.2 Marketing im Zuliefergeschäft

Electronic Data Interchange (EDI)

• Ermöglicht einen nach standardisierten Formaten strukturierten Austausch von Daten, Dokumenten, Texten, Sprache und Bildern

• Soft- und Hardware-neutrale Weiterverarbeitbarkeit der elektronisch übermittelten Daten und Informationen in unternehmensinternen Anwendungssystemen ohne

erneute Dateneingabe

⇒Prozesskette der Produktentwicklung und Prozesskette der Auftragsabwicklung können durch den direkten und den besonders schnellen Datenaustausch effizienter

gestaltet werden

Fazit: informationstechnische Vernetzung kann die Partnerbindung festigenZentrale Voraussetzungen sind wechselseitiges Vertrauen und eine gute

Reputation der Geschäftspartner

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3 Untersch. Typen von IG-Märkten

D Beendigung der Geschäftsbeziehung

• Häufig geht die Initiative zur Beendigung einer Geschäftsbeziehung aufgrund der spezifischen Macht-verteilung zugunsten der OEMs von diesen aus

• Allgemein: Ende der Geschäftsbeziehung typischerweise möglich, wenn Lebenszyklus des OEM-Zulieferprodukts zu Ende geht

⇒ Strategisches Ausstiegsfenster für OEM⇒ Strategisches Einstiegsfenster für potenzielle neue Lieferanten

3.4.2 Marketing im Zuliefergeschäft