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Basel II – ein Überblick 3

Basel II – ein Überblick

Martin Wolf *

1 Einleitung

2 Weiterentwicklung des Eigenkapitalakkords von 1988 = Der Weg zu Basel II

3 Das Drei-Säulen-Konzept von Basel II

4 Die wesentlichen Änderungen bei den Eigenkapitalanforderungen nach Säule 1 4.1 Insgesamte Eigenkapitalanforderung nach Basel II 4.2 Neuregelungen der Eigenkapitalanforderungen an das Kreditrisiko 4.2.1 Standardansatz 4.2.2 IRB-Ansätze 4.2.3 Partial Use des IRB-Ansatzes 4.3 Künftige Unterlegung des operationellen Risikos

5 Das künftige Aufsichtliche Überprüfungsverfahren nach Säule 2 5.1 Inhalt des Aufsichtlichen Überprüfungsverfahrens 5.2 Die vier Grundsätze des Aufsichtlichen Überprüfungsverfahrens 5.3 Zinsänderungsrisiko des Anlagebuches

6 Markttransparenz nach Säule 3

Literatur

* Martin Wolf ist Mitarbeiter in der Internen Revision der ING BHF-BANK AG in Frankfurt/Main und prüft dort insbesondere im Bereich Kreditrisikocontrolling und Kreditmanagement und ist in diesem Zusammenhang im Basel II-Projekt vertreten.

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1 Einleitung

Die Aufsicht über Kredit- und andere Finanzdienstleistungsinstitute in den im Basler Ausschuss für Bankenaufsicht vertretenen Ländern steht vor großen Veränderungen, und zwar sowohl in quantitativer als auch in qualitativer Hinsicht. Bereits aus dem im Juni 1999 vom Basler Ausschuss für Bankenaufsicht vorgelegten Papier »A New Capital Adequacy Framework«, das eine grundlegende Neugestaltung des Basler Eigenkapitalakkords von 1988 (Basel I) beinhaltet, wurde deutlich, dass es nicht nur um punktuelle Neuregelungen einzelner aufsichtlicher Kapitalanforderungen für Bankrisiken geht, sondern dass der Bankenaufsicht eine neue, zusätzliche Dimension verliehen werden soll. Nicht nur die traditionellen aufsichtlichen Vorgaben für die Kapitalanforderungen an das Kreditrisiko und deren bankinterne Ermittlung sollen verfeinert werden; darüber hinaus soll die Bankenaufsicht künftig mehr als bisher qualitativ orientiert sein. Besonderes Merkmal dieses neuen Konzeptes ist dabei, wie später noch näher beschrieben wird, das Zusammenwirken von modifi zierter quantitativer Überwachung und einer qualitativen, mehr beurteilenden Aufsicht. Beide Dimensionen der Bankenaufsicht sollen sich in ihrer Wirkung verstärken. Ein weiteres Merkmal der Vorschläge des Basler Ausschusses in dem neuen »Capi-tal Adequacy Framework« (Basel II genannt) ist, dass die Neuregelungen weit über das rein Bankaufsichtliche hinausgehen und weitreichende Auswirkungen auf die Geschäftspolitik, auf die Organisation des Kreditgeschäftes der Banken und auch auf das Finanzierungsverhalten der Firmenkunden haben werden. Ohne Übertreibung wurde deshalb das Konzept von Basel II von dem Präsidenten der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), Jochen Sanio, als »Revolution der Bankenauf-sicht« bezeichnet, die sich nachhaltig auf die Geschäftsstruktur der Banken auswirken wird.1 Noch deutlicher für die Anwendungspraxis in den Kreditinstituten sind die Worte »Wenn der neue Akkord steht, dann leben wir in einer neuen Welt«, die ein führender Experte der Kreditwirtschaft über Basel II geäußert hat.2

Mit der Modifi zierung des Eigenkapitalakkords von 1988 (Basel I) verfolgt der Basler Ausschuss in erster Linie das Ziel, die Solidität des internationalen Finanzsys-tems zu stärken. Dabei sollen unter Erhaltung des derzeitigen Eigenkapitalniveaus die Wettbewerbsgleichheit der Regulierung verbessert, Bankrisiken umfassender, differenzierter und individueller behandelt sowie zugleich verstärkt unternehmerische Freiräume für die Kreditinstitute eröffnet werden.

Der Beitrag soll einen zusammenfassenden Überblick über die durch Basel II geplanten Neuregelungen bieten. Die einzelnen Themen werden dann in den nachfol-genden Beiträgen vertiefend dargestellt. Zunächst wird in diesem Beitrag die Entste-hungsgeschichte von Basel II beschrieben sowie die Ursachen und Begründungen für die Fortentwicklung des Basler Eigenkapitalakkords von 1988 (Basel I) kurz umrissen. Dem schließt sich die Darstellung des Drei-Säulen-Konzepts von Basel II sowie eine zusammenfassende Darstellung der Schwerpunkte der Neuregelungen an.

1 Sanio, Jochen: Basel II – Das neue Weltaufsichtsregime für Banken, Rede am 17.01.2001 bei der Landeszentralbank Hessen in Frankfurt/Main.

2 Fischer, Thomas R.: Wenn der neue Akkord steht, dann leben wir in einer neuen Welt, in: Börsenzei-tung vom 16.01.2001, S. 19.

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6 Martin Wolf

2 Weiterentwicklung des Eigenkapitalakkords von 1988 = Der Weg zu Basel II

Die Empfehlungen des Basler Ausschusses für Bankenaufsicht von 1988 zur Eigenka-pitalunterlegung des Kreditrisikos des Anlagebuches (»Basler Eigenkapitalakkord« = Basel I) waren der erste Meilenstein auf dem Weg zur einheitlichen Unterlegung von Bankrisiken mit haftendem Eigenkapital. Der Akkord von 1988 bildete die Grundlage für die 1989 von der EU verabschiedete EU-Solvabilitäts- und die EU-Eigenkapital-richtlinie; beides wesentliche Meilensteine auf dem Weg zu einem harmonisierten Bankaufsichtsrecht in Europa. Durch diese Richtlinien wurden EU-einheitlich die Eigenkapitalbestandteile von Banken defi niert, die Risikogewichtsätze für Risikoaktiva festgelegt und die Mindest-Eigenkapitalquoten (sog. Solvabilitätskoeffi zienten) be-stimmt (Kernkapitalquote 4 % der gewichteten Risikoaktiva; Gesamt-Eigenkapitalquote 8 %). Die Solvabilitätskoeffi zienten werden durch Basel II nicht geändert.

Anfang 1996 hat der Basler Ausschuss angesichts der starken Ausweitung des Derivate- und Handelsgeschäftes der Banken Empfehlungen zur Unterlegung der Marktpreisrisiken des Handelsbuches veröffentlicht, welche die EU als Kapitaladä-quanzrichtlinie übernommen hat und die in den EU-Mitgliedstaaten 1998 in Kraft traten (Deutschland = 6. KWG-Novelle mit erweitertem Grundsatz 1). Methodischer Meilenstein war hierbei die erstmalige Anerkennung von bankinternen Modellen zur Quantifi zierung von Marktpreisrisiken für Zwecke deren aufsichtlicher Eigen-kapitalunterlegung. Mit der Einbeziehung der Marktpreisrisiken in die aufsichtliche Eigenkapitalunterlegung wurde auch eine weitere Eigenmittelklasse (Tier 3 = Drit-trangmittel) speziell für die Unterlegung von Marktpreisrisiken zugelassen.

Besonderes Merkmal des Basler Akkordes von 1988 (Basel I) sind die für defi -nierte Gruppen von Kreditnehmern fest vorgegebenen Risikogewichtsätze, die die Eigenkapitalanforderung eines Kredites bestimmen. Die Höhe des für einen Kredit oder für ein anderes unterlegungspfl ichtiges Geschäft maßgeblichen Risikogewich-tes richtet sich dementsprechend nicht nach der tatsächlichen Bonität der Adresse, sondern nach der Art der Adresse. In der Praxis führt dies bis heute dazu, dass die aufsichtliche Eigenkapitalanforderung an einen Kredit in vielen Fällen nicht dem tatsächlichen Ausfallrisiko der Adresse entspricht. Die Folge ist in vielen Fällen eine Fehlallokation von aufsichtlichem Eigenkapital: Kredite an Adressen mit niedrigem Ausfallrisiko werden häufi g zu hoch; Kredite an Adressen mit hohem Ausfallrisiken dagegen häufi g zu niedrig mit Eigenkapital unterlegt. Bezieht man die aufsichtliche Eigenkapitalanforderung an einen Kredit als Kostenfaktor in die Kreditbepreisung ein, verursacht die derzeitige aufsichtliche Behandlung des Kreditrisikos eine Fehlbewer-tung und -bepreisung von Krediten: Kreditnehmer mit guter Bonität werden über die Kreditkonditionen mit zu hohen Kapitalkosten, Kreditnehmer mit schlechter Bonität mit zu niedrigen Kapitalkosten belastet. In der Folge kommt es zu einer unerwünschten Subvention innerhalb des Kreditportfolios: Gute Kreditnehmer subventionieren über ihre zu schlechten (bonitätsunabhängigen) Kreditkonditionen die Kreditnehmer mit schlechter Bonität, die eigentlich schlechtere Kreditkonditionen haben müssten.

Weiterer wesentlicher Kritikpunkt am Basler Eigenkapitalakkord von 1988 ist die sehr restriktive Anerkennung von Sicherheiten bei der Ermittlung der aufsichtlichen Eigenkapitalanforderungen. Nach den derzeitigen Regelungen werden nur wenige

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Formen von Sicherheiten anrechnungsmindernd anerkannt. Dies entspricht nach Ansicht der Banken nicht mehr der gängigen Praxis und führt zu überhöhten Ei-genkapitalanforderungen an das Kreditrisiko. Weiterhin seien moderne Instrumente der Kreditrisikominderung, die mittlerweile in großem Umfange und erfolgreich zur Risikominderung eingesetzt werden, im derzeitigen Basler Akkord überhaupt nicht zugelassen. Weiterhin wird von Bankenkreisen moniert, dass bankinterne Schätzver-fahren für das Kreditrisiko – im Gegensatz zu den Marktpreisrisiken – aufsichtlich nicht zugelassen sind.

Aber auch der Basler Ausschuss hält den Eigenkapitalakkord in der derzeitigen Fassung reform- und ergänzungsbedürftig. Aus seiner Sicht lässt der derzeitige Ei-genkapitalakkord eine Risikoart völlig außer Acht, die nach allgemeiner Auffassung von der Verlustgefahr her gesehen, nach dem Kreditrisiko an zweiter Stelle rangiert, nämlich das operationelle Risiko einschließlich des Rechtsrisikos. Zwar enthält die derzeitige Eigenkapitalanforderung an das Kreditrisiko einen gewissen »Puffer«, der auch das operationelle Risiko abdecken soll. Aber dieser Puffer reicht nach Ansicht des Basler Ausschusses mittlerweile nicht mehr aus, um der gewachsenen Verlust-gefahr aus dem operationellen Risiko gerecht zu werden. Vielmehr hält der Basler Ausschuss nunmehr eine explizite Unterlegung des operationellen Risikos wegen der hohen Verlustgefahren für erforderlich. Ebenso hält der Baseler Ausschuss die derzeitige Methodik der Bankenaufsicht in den meisten G-10-Staaten weiterhin für unbefriedigend. Diese Methodik beschränkt sich zumeist auf eine Auswertung von vergangenheitsbezogenen Verhältnis- und Kennzahlen, die zeitpunktbezogen Hinweise auf die Eigenkapital- und Liquiditätslage eines Bankinsitutes erlauben. Zudem sind derzeit die Möglichkeiten der Bankaufsichtsbehörden für ein frühzeitiges Eingreifen bei Fehlentwicklungen sehr begrenzt.

Aus diesen Erkenntnissen resultierend hat der Basler Ausschuss im Juni 1999 den ersten Entwurf (1. Konsultationspapier) einer Neufassung des Eigenkapitalak-kordes »A New Capital Adequacy Framework« veröffentlicht, besser bekannt als Basel II, und die Fachkreise um Stellungnahme gebeten. Nach Auswertung und Prüfung der zahlreich eingegangenen Stellungnahmen mit Änderungswünschen hat der Basler Ausschuss im Januar 2001 einen zweiten Entwurf (2. Konsultationspapier) vorgelegt, der auch die Verwendung von internen Ratingverfahren für die Bemessung des unterlegungspfl ichtigen Kreditrisikos vorsah. Im Jahr 2001 führte der Basler Ausschuss mit ausgewählten Banken empirische Studien über die Eigenkapitalaus-wirkungen von Basel II durch (Quantitative Impact Study – QIS – 1 und 2). Die Er-gebnisse dieser Erhebungen zeigten zu hohe Eigenkapitalanforderungen bei der Verwendung von internen Ratingverfahren (IRB-Ansatz). Daraufhin wurden die Ei-genkapitalanforderungen in der Risikogewichtfunktion für Kredite an Unternehmen im IRB-Ansatz deutlich gesenkt. Außerdem wurden nach langen Verhandlungen, insbesondere auf Drängen der deutschen Vertreter im Basler Ausschuss, Mitte 2002 die Eigenkapitalanforderungen für Kredite an klein- und mittelständische Unterneh-men gemindert (sog. Mittelstandskompromiss), um deutschen Bedenken wegen einer eventuellen Benachteilungen des Mittelstandes durch Basel II Rechnung zu tra-gen.

Auf Basis dieser Erleichterungen führte der Basler Ausschuss von Oktober bis Dezember 2002 eine dritte Quantitative Impact Study (QIS 3) durch, um die Eigen-

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kapitalanforderungen an das Kreditrisiko unter Berücksichtigung der oben genannten Erleichterungen und an das operationelle Risiko abschätzen zu können.

Für die QIS 3 wurden die befragten Banken in zwei Gruppen eingeteilt: In Gruppe 1 waren große international tätige Institute mit einem Kernkapital von mindestens 3 Mrd. Euro enthalten, in Gruppe 2 kleinere und mittlere Institute.

Die Ergebnisse der QIS 3 wurden im Mai und Juni 2003 von der Bundesbank und vom Basler Ausschuss veröffentlicht3, 4.

Für die in Deutschland tätigen Banken zeigte die QIS 3 folgende Eigenkapital-auswirkungen von Basel II:

� Gruppe 1-Banken hatten bei Anwendung des IRB-Basisansatzes 15 % und bei An-wendung des fortgeschrittenen IRB-Ansatzes 5 % höhere Eigenkapitalanforderungen an das Kreditrisiko als nach den derzeitigen Regelungen. Ursache hierfür waren (und sind) die hohen Ausfallwahrscheinlichkeiten im Firmenkundenbereich.

� Für Gruppe 2-Banken sinken dagegen die Eigenkapitalanforderungen an das Kreditrisiko gegenüber den derzeitigen Regelungen im IRB-Basisansatz um fast 10 % und im fortgeschrittenen IRB-Ansatz um knapp 8 %. Ursache für diesen Rückgang ist das im Vergleich zu den Gruppe 1-Banken größere Gewicht des Retailportfolios und der Kredite an kleine bis mittlere Firmenkunden bis 50 Mio. Euro Jahresumsatz. Grund hierfür ist, dass Basel II für diese Kreditnehmergrup-pen seit Mitte 2002 deutlich niedrigere Eigenkapitalanforderungen vorsieht als für größere Firmenkunden.

Für Deutschland zeigte die QIS 3 damit, dass alle Institute, die in der Mittelstandsfi -nanzierung, im Retailgeschäft und in der Finanzierung des privaten Wohnungsbaues engagiert sind, durch Basel II Reduzierungen der Kapitalanforderungen erwarten können.

Für das operationelle Risiko zeigte die QIS 3, dass die Kapitalanforderung bei Anwendung der aufsichtlich vorgegebenen, einfachen Verfahren (Basisindikatoran-satz, Standardansatz), die den Ertrag der Bank als Bemessungsgrundlage für die Kapitalanforderungen verwenden, etwa 12 % der derzeitigen Kapitalanforderung für Kredit- und Marktpreisrisiken beträgt.

Die Ergebnisse der QIS 3 fl ossen in Form einzelner technisch-quantitativer Än-derungen in das dritte Konsultationspapier zu Basel II ein, dass im April 2003 ver-öffentlicht wurde.

Seitdem hat der Basler Ausschuss weitere Papiere veröffentlicht, die sich auf einzelne Aspekte von Basel II beziehen und die detaillierte Vorschläge für aufsicht-liche Anforderungen enthalten und die aus Gründen der Übersichtlichkeit nicht in das eigentliche Basel II-Regelwerk aufgenommen werden sollen. Hierbei handelt es sich um Vorschläge für aufsichtliche Mindestanforderungen an das Management des Zinsänderungsrisikos und an das Management der operationellen Risiken5, 6.

3 Deutsche Bundesbank Ergebnisse der dritten Auswirkungsstudie zu Basel II – Länderbericht Deutsch-land, Frankfurt am Main, Juni 2003.

4 Basler Ausschuss für Bankenaufsicht: Quantitative Impact Study 3 – Overview of Global Results, 05.05.2003.

5 Basler Ausschuss für Bankenaufsicht: Principles for the Management and Supervision of Interest Risk, Working Paper, September 2003.

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Ein weiterer wesentlicher Entwicklungsschritt war im Oktober 2003 die Verein-barung im Basler Ausschuss, dass nur unerwartete Verluste aus Kreditausfällen unterlegungspfl ichtig sein sollen. Erwartete Verluste aus Kreditausfällen sollen von der Unterlegungspfl icht befreit sein, wenn und soweit sie durch Wertberichtigungen abgedeckt sind.

Ende Juni 2004 hat der Basler Ausschuss die als Regelungsrahmen (»Framework«) konzipierte endgültige Fassung von Basel II verabschiedet (»International Convergence of Capital Measurement and Capital Standards – A Revised Framework«). Dieser Regelungsrahmen lässt an zahlreichen Stellen Raum für Detailregelungen durch die nationalen Aufsichtsbehörden, die in den nächsten Jahren zu erwarten sind. Auch die Höhe der Eigenkapitalanforderungen an das Kreditrisiko und an operationelle Risiken in dem Regelungsrahmen sind noch nicht endgültig.

Die Auswirkungen des Regelungsrahmens des Basler Auschusses auf die Eigen-kapitalanforderungen sollen durch eine vierte Auswirkungsstudie (QIS 4) empirisch ermittelt werden. In dieser Erhebung möchte der Basler Ausschuss insbesondere wissen, wie sich die Reduzierung der Unterlegungspfl icht auf unerwartete Kredit-verluste auf die Eigenkapitalanforderung an das Kreditrisiko auswirkt. QIS 4 soll von Dezember 2004 bis Februar 2005 in Deutschland und anderen Staaten durchgeführt werden. Die Ergebnisse der QIS 4 werden voraussichtlich im Mai oder Juni 2005 vorliegen. Auf der Grundlage dieser Ergebnisse will der Basler Ausschuss die Eigen-kapitalanforderungen für Basel II endgültig festlegen.

Die EU-Kommission hat den Regelungsrahmen des Basler Ausschusses inhaltlich weitestgehend übernommen und im Juli 2004 den Entwurf einer EU-Richtlinie zur Umsetzung von Basel II in EU-Bankaufsichtsrecht veröffentlicht (»Final Draft EU Directive implementing the Basel II Framework«). Die neuen Regelungen sollen in die bereits bestehende Kapitaladäquanzrichtlinie und in die Bankenrichtlinie inte-griert werden.

Basel II soll in den EU-Mitgliedsstaaten Ende 2006 in Kraft treten. Ab Anfang 2006 soll im Vorgriff auf das neue Aufsichtsrecht bereits ein sog. Parallellauf von Basel I und Basel II durchgeführt werden. Während dieses Parallellaufes, d.h. während des gesamten Jahres 2006 müssen z.B. die in Deutschland tätigen Institute Meldun-gen sowohl nach Basel II als auch nach Basel I (= derzeitiger Grundsatz 1) bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) und bei der Bundesbank einreichen. Ab Anfang 2007 ist Basel II alleinig obligatorisches Aufsichtsrecht in allen EU-Mitgliedsstaaten. Nach einem Vorschlag der EU-Kommission soll es den Instituten aber gestattet werden, die Eigenkapitalanforderungen an das Kreditrisiko noch bis Ende 2007 nach den derzeitigen Regeln (Basel I) zu ermitteln.

6 Basler Ausschuss für Bankenaufsicht: Sound Practices for the Management and Supervision of Op-erational Risk, Working Paper, Februar 2003.

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3 Das Drei-Säulen-Konzept von Basel II

Das vorrangige Ziel der Überarbeitung des Basler Eigenkapitalakkords von 1988 ist eine risikogerechte Eigenkapitalunterlegung für das Kreditrisiko sowie die Einbe-ziehung des materiell immer bedeutsamer gewordenen operationellen Risikos in die Eigenkapitalunterlegung. Dadurch soll ein realistischeres Verhältnis zwischen dem tatsächlichen Risiko als potenzielle Verlustgefahr und dem zu seiner Deckung erforderlichen Eigenkapital hergestellt werden als dies nach derzeitigen Unterlegungs-vorschriften der Fall ist. Aktuelles Risikoprofi l und zur Unterlegung erforderliches Eigenkapital sollen aufsichtlich und gleichermaßen auch für Zwecke der internen Gesamtbanksteuerung in einen engen Zusammenhang gebracht werden. Die Banken sollen durch Basel II veranlasst werden, sich laufend mit dem aktuellen Risikoprofi l und dem erforderlichen Eigenkapital als Risikopuffer zu befassen, um bestandsgefähr-dende Entwicklungen frühzeitig erkennen und Risikovorsorgemaßnahmen ergreifen zu können. Damit soll auch die interne, risikoadäquate Allokation des Eigenkapitals in den Banken vorangetrieben werden.

Ausgehend von diesen Zielsetzungen wurde Basel II als Drei-Säulen-Modell kon-zipiert:

� In der Säule 1 sind die Mindesteigenkapitalanforderungen an das Kreditrisiko und an das operationelle Risiko enthalten. Die aufsichtlich vorgesehenen Messverfahren für das Kreditrisiko sind gegenüber dem derzeitig geltenden Akkord von 1988 wesentlich verfeinert worden, um das Kreditrisikoprofi l eines Institutes möglichst genau zu erfassen. Weiterhin sind in der Säule 1 die aufsichtlichen Messverfahren und die Eigenkapitalanforderungen für das operationelle Risiko enthalten. Ziel der Säule 1 ist eine möglichst exakte Quantifi zierung des Kreditrisikos und des operationellen Risikos als Voraussetzung für die risikoadäquate Eigenkapital- unterlegung. Zu beachten ist, dass die Mindesteigenkapitalanforderungen nach Säule 1 lediglich die Untergrenze, nicht aber die Obergrenze der aufsichtlichen Eigenkapitalanforderungen an eine Bank darstellen.

� Die Säule 2 enthält die Inhalte und Grundsätze für eine künftig qualitativ ausgerich-tete bankaufsichtliche Überwachung der Institute, des »Aufsichtlichen Überprüfungs-verfahrens« (»Supervisory Review Process«). Die künftige qualitative Ausrichtung der Bankenaufsicht ist für deutsche Institute und die deutsche Bankenaufsicht eine der zentralen Neuerungen durch Basel II. Im Rahmen des Aufsichtlichen Überprüfungsprozesses soll die Bankenaufsicht beurteilen, ob eine Bank eine angemessene Eigenkapitalausstattung für alle ihren Geschäften anhaftenden Ri-siken hat. Weiterhin soll die Bankenaufsicht beurteilen, ob die internen Verfahren zur Messung, Steuerung und Überwachung der Risiken angemessen sind, d.h. ob die Banken verantwortungsbewusst mit ihren Risiken umgehen. Dies soll zeitnah und in engen Kontakt mit den Instituten erfolgen. Weiterhin soll geprüft werden, ob die Mindesteigenkapitalanforderungen nach Säule 1 erfüllt werden. Der aufsichtliche Überprüfungsprozess bezieht sich nicht nur auf das Kredit- und das operationelle Risiko, sondern auch auf alle übrigen Bankrisiken.

� Die Säule 3 sieht künftig umfangreiche und detaillierte Offenlegungen der Institute über ihr Risikoprofi l (bestehende Risikopositionen), über die Eigenkapitalausstat-

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tung sowie über ihre internen Verfahren zur Messung, Steuerung und Über-wachung ihrer Risiken vor. Diese Offenlegungen sollen periodisch in öffentlich zugänglichen Medien (z.B. veröffentlichte Jahres- und Zwischenabschlüsse oder Internet) erfolgen und sind in erster Linie an die Teilnehmer des Kapitalmarktes gerichtet, z.B. potenzielle Kapitalgeber, Ratingagenturen u.a.

Die drei Säulen stehen nicht isoliert nebeneinander, sondern sollen bei der Realisierung des Zieles der risikoadäquaten Eigenkapitalausstattung des Institutes zusammenwir-ken: Die von einem Institut intern angewendeten Verfahren zur Quantifi zierung von Risiken (z.B. Ratingverfahren für das Kreditrisiko oder fortgeschrittene Messverfahren für das operationelle Risiko), die von einer Bank zur Ermittlung der aufsichtlichen Mindesteigenkapitalanforderungen nach Säule 1 verwendet werden, werden im Rah-men des Aufsichtlichen Überprüfungsprozesses nach Säule 2 dahingehend überprüft, ob sie geeignet sind, die tatsächlich vorhandenen Risiken zu erfassen und ob das aufsichtliche Mindesteigenkapital nach Säule 1 ausreicht, um die tatsächlich beste-henden Risiken abzudecken. Ist Letzteres nach aufsichtlicher Überprüfung der Fall, sind die vorhandenen Risiken der Bank durch die Mindesteigenkapitalanforderungen nach Säule 1 ausreichend unterlegt. Zeigt der aufsichtliche Überwachungsprozess, dass die internen Risikomess- und -überwachungsverfahren ungeeignet sind, die tatsächlich vorhandenen Risiken zu erfassen und demzufolge ein falsches Bild über die Risikolage liefern, kann die Bankenaufsicht nach den Grundsätzen der Säule 2 eine höhere Unterlegung der Risiken als nach Säule 1 verlangen.

Die aufsichtliche Überwachung der Institute hinsichtlich ihres Umganges mit Risiken und deren Eigenkapitalunterlegung soll durch eine Kontrolle des Kapitalmark-tes mittels Offenlegungen nach Säule 3 verstärkt werden. Daher fi rmiert die Säule 3 auch unter »Marktdisziplin«. Dem liegt die Erwartung zugrunde, dass Banken, die ihre Risiken »im Griff« und ausreichend mit Eigenkapital unterlegt haben, durch die Kapitalmarktteilnehmer »belohnt« werden, z.B. durch entsprechend günstige Finanzierungskonditionen. Andererseits wird erwartet, dass Banken mit schlech-tem Risikoverhalten durch den Markt durch Kapitalverweigerung oder schlechtere Konditionen »bestraft« werden. Darüber hinaus sind Offenlegungen über die intern angewendeten Risikomess- und -steuerungsverfahren Voraussetzung, dass diese für die Berechnung der aufsichtlichen Mindesteigenkapitalanforderungen nach Säule 1 verwendet werden dürfen.

4 Die wesentlichen Änderungen bei den Eigenkapital- anforderungen nach Säule 1

4.1 Insgesamte Eigenkapitalanforderung nach Basel II

Unverändert durch Basel II bleibt die Defi nition des aufsichtsrechtlichen Eigenka-pitals/der Eigenmittel sowie die Mindesteigenkapitalquote 8 % im Verhältnis zu den risikogewichteten Aktiva. Durch die künftige Unterlegung des operationellen Risikos wird der Nenner der Gesamtkapitalquote aus drei Komponenten bestehen: der Sum-

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me der risikogewichteten Aktiva (RWA) für das Kreditrisiko plus das 12,5fache der Anrechnungsbeträge für die Marktpreisrisiken und für das operationelle Risiko:

Anrechenbare Eigenmittel RWA + (12,5 × Anrechnungsbeträge für Marktpreisrisiken und operationelles Risiko)

> 8 %

Der Basler Ausschuss geht davon aus, dass die künftig genauere Messung des Kredit-risikos, insbesondere bei der Verwendung interner Ratingverfahren (IRB-Ansatz) zu einer Absenkung der aufsichtlichen Eigenkapitalanforderungen an das Kreditrisiko führt, was Spielraum für die Unterlegung des operationellen Risikos schafft, ohne die Eigenkapitalanforderungen künftig insgesamt zu erhöhen.

4.2 Neuregelungen der Eigenkapitalanforderungen an das Kreditrisiko

Die Banken können künftig für die Ermittlung des zur Unterlegung des Kreditrisikos erforderlichen Eigenkapitals zwischen drei Verfahren wählen, die als Standardver-fahren, IRB-Basisansatz und fortgeschrittener IRB-Ansatz bezeichnet werden.

An den Eigenkapitalakkord von 1988 (Basel I) methodisch angelehnt wurde das Standardverfahren, welches die Ratings externer Ratingagenturen zur Bestimmung der Höhe der Eigenkapitalunterlegung nutzt. Bei den beiden IRB-Ansätzen richtet sich die Eigenkapitalanforderung an einen Kredit im Wesentlichen nach der intern eingeschätzten Ausfallwahrscheinlichkeit des Kreditnehmers sowie nach Umfang und Werthaltigkeit der Besicherung.

4.2.1 Standardansatz

Im Standardverfahren nach Basel II werden wie im bisherigen Standardverfahren nach Basel I Risikogewichte zunächst nach den bisher schon bekannten Kreditneh-merkategorien (Staaten, Banken, Nichtbanken) und – neu durch Basel II – innerhalb dieser Kategorien gestaffelt nach den externen Ratings der Kreditnehmer aufsichtlich vorgegeben und zwar in Höhe der jetzigen Stufen 0 %, 20 %, 50 % und 100 %. Neu ist ein Risikogewicht von 150 % für Kreditnehmer mit schlechter Bonität oder wenn der Kreditnehmer im Leistungsrückstand ist. Forderungen an Staaten werden künf-tig abhängig vom Länderrating zwischen 0 % und 150 % gewichtet. Für Forderungen an Banken ist ein Wahlrecht der nationalen Bankenaufsicht zwischen zwei Optionen vorgesehen. In der ersten Option wird das Risikogewicht für eine Bank mittelbar an das Rating des Sitzstaates der Bank gekoppelt und grundsätzlich eine Risikogewicht-stufe schlechter eingestuft. Bei der zweiten Option wird das Risikogewicht für eine Bank unmittelbar durch das individuelle Rating der Bank bestimmt.

Sonderregelungen gelten für Retailkredite einschließlich Kredite an Kleingewerbe, für die ein einheitliches, bonitätsunabhängiges Risikogewicht von 75 % gelten wird, für vollständig durch Wohnimmobilien besicherte Kredite, die einheitlich mit 35 % gewichtet werden und für den besicherten Teil von gewerblichen Realkrediten, für die das Risikogewicht 50 % vorgesehen ist.

Der Kreis der anerkannten Kreditsicherungsinstrumente wird erheblich erweitert. Über die im derzeitigen Grundsatz 1 anerkannten Sicherheiten hinaus werden künftig

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folgende Sicherheiten aufsichtlich anerkannt und führen zur Minderung der Eigen-kapitalanforderung an ein entsprechend abgesichertes Risikoaktivum: Gold, geratete Unternehmensschuldverschreibungen, Bankschuldverschreibungen, Aktien, Anteile an Investmentfonds, Garantien, Kreditderivate sowie Nettingvereinbarungen für die Verrechnung von bilanzierten Forderungen an eine Adresse mit Verbindlichkeiten gegenüber der gleichen Adresse.

4.2.2 IRB-Ansätze

Bei Anwendung eines der beiden IRB-Ansätze (Internal Rating Based Approach) berech-nen die Banken die aufsichtliche Eigenkapitalanforderung für ein kreditrisikobehaftetes Geschäft ganz oder teilweise auf der Grundlage selbst eingeschätzter Risikoparameter, z.B. Bonitätseinschätzungen von Kreditnehmern durch Ratingverfahren.

Ratingverfahren, die für die Berechnung der aufsichtlichen Eigenkapitalunterlegung verwendet werden, müssen umfangreiche quantitative und qualitative Mindestan-forderungen erfüllen. Die Erfüllung dieser Mindestanforderungen ist grundlegende Voraussetzung, damit die Bank einen der beiden IRB-Ansätze zur Berechnung der aufsichtlichen Eigenkapitalanforderung an das Kreditrisiko anwenden darf. Vor erstmaliger Anwendung für aufsichtliche Zwecke wird das Ratingverfahren einer aufsichtlichen Zulassungsprüfung unterzogen, ähnlich wie die Risikomessverfahren für Marktpreisrisiken. Erst nach der Zulassung darf das Ratingverfahren für aufsicht-liche Zwecke verwendet werden. Im Vorgriff auf die Zulassungsverfahren für interne Ratingverfahren hat die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) den Banken im August 2003 angeboten, von den Banken vorgelegte Konzepte interner Ratingverfahren dahingehend einzuschätzen, ob diese Basel II-konform sind7. Das Ergebnis der späteren Zulassungsprüfung soll dadurch aber nicht vorweggenommen werden.

Auch nach erteilter Zulassung für ein Ratingverfahren wird die Bankenaufsicht im Rahmen des Aufsichtlichen Überprüfungsprozesses nach Säule 2 in Abständen prüfen, ob die Mindestanforderungen dauerhaft eingehalten werden und ob damit die aufsichtliche Zulassung aufrecht erhalten werden kann. Bei Nichterfüllung der Mindestanforderungen muss die Bank den Standardansatz mit seinen fest vorgege-benen Risikogewichten anwenden.

Für die Berechnung der Eigenkapitalunterlegung eines Kredites sind in den IRB-Ansätzen folgende Risikoparameter maßgebend, die von den Banken teils selbst ermittelt werden und teils aufsichtlich vorgegeben werden:

� Die Wahrscheinlichkeit, dass der Kreditnehmer ausfällt (Probability of Default, PD): Pro Ratingklasse ist auf Basis historischer Ausfallraten die Ein-Jahres-Aus-fallwahrscheinlichkeit (PD) der zugeordneten Kreditnehmer einzuschätzen. Die Ausfalldefi nition als Grundlage der historischen Ausfallraten ist aufsichtlich vorge-geben. Die Ratingklassen-PD gilt dann für alle dieser Ratingklasse zugeordneten Kreditnehmer.

7 Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht: Schreiben vom 29.8.2003 an die deutschen Banken-verbände (»Erste Einschätzung der Konzepte interner Ratingverfahren«).

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� Der erwartete Verlust eines Kredites bei Ausfall des Kreditnehmers, ausgedrückt als Prozentsatz des ausgereichten Kredites (Loss Given Default, LGD). Die Höhe der LGD richtet sich nach Art und Umfang der Kreditbesicherung.

� Die Restlaufzeit des Kredites (Maturity, M) � Die erwartete Höhe der Forderung an den Kreditnehmer im Zeitpunkt seines

Ausfalles (Exposure at Default, EaD). Alle bilanzwirksamen Positionen, z.B. Kre-ditforderungen werden mit dem vom Kreditnehmer geschuldeten Betrag angesetzt ohne Abzug von Einzelwertberichtigungen oder Teilabschreibungen. Traditionelle außerbilanzielle Geschäfte wie zugesagte Kreditlinien, Akkreditive, Bürgschaften u.Ä. werden in Höhe vorgegebener Prozentsätze des zugesagten Nominalvolumens angesetzt; Derivate unverändert mit dem kreditäquivalenten Betrag.

Die Risikoparameter PD und LGD fl ießen als Rechengrößen in die aufsichtliche Risikogewichtfunktion ein. Aus der Risikogewichtfunktion ergibt sich als Dezimal-zahl (0,0..) die Eigenkapitalanforderung (K) an einen Kredit. Der ausgereichte Kredit (EaD) wird mit dem Faktor K multipliziert. Das Ergebnis aus EaD x K ist der Betrag an Eigenkapital, mit dem der Kredit aufsichtlich zu unterlegen ist.

Wendet eine Bank den IRB-Basisansatz an, hat sie lediglich die PD auf der Grund-lage historischer Ausfallraten in den einzelnen Ratingstufen ihres Ratingsystems selbst einzuschätzen. Die LGD wird im IRB-Basisansatz aufsichtlich mit 45 % für unbesicherte Kredite vorgegeben. Dieser Wert wird bei besicherten Krediten ent-sprechend der vorhandenen Kreditsicherheiten nach einer aufsichtlich vorgegebenen Formel gemindert. Zusätzlich zu den im Standardansatz zugelassenen Sicherheiten werden bei der LGD-Ermittlung im IRB-Basisansatz Besicherungen in Form von Forderungsabtretungen und Sachsicherheiten anerkannt, wenn hierfür bestimmte aufsichtliche Anforderungen erfüllt werden.

Die Restlaufzeit M wird im IRB-Basisansatz für alle Kredite mit einheitlich 2,5 Jahren unterstellt (Wertpapierpensions- und -leihgeschäfte 6 Monate).Weil dieser Wert als Rechengröße in der Risikogewichtfunktion enthalten ist und im IRB-Basi-sansatz keine Restlaufzeitanpassung erfolgt, hat die tatsächliche Restlaufzeit eines Risikoaktivums im IRB-Basisansatz keine Auswirkung auf die Höhe der aufsichtlichen Eigenkapitalanforderung.

Bei Anwendung des fortgeschrittenen IRB-Ansatzes schätzt die Bank außer der PD auch alle übrigen Risikoparameter mittels interner Schätzverfahren selbst ein. Die Schätzverfahren für LGD, M und EaD müssen dabei, ähnlich wie die PD-Schätzungen, aufsichtliche Mindestanforderungen erfüllen. Die interne LGD-Schätzung beruht auf Erfahrungen aus der Vergangenheit, wie hoch die Deckungsquoten (Erlösquoten) aus der Sicherheitenverwertung bei Kreditausfällen waren. Aufgrund der historischen Erlösquoten bei den verschiedenen Kredit- und Besicherungsformen wird der künftig bei Kreditnehmerausfällen zu erwartete Forderungsverlust in % des ausgereichten Kredites (LGD) geschätzt. LGD-Schätzungen setzen somit die Feststellung von Er-lösquoten von einzelnen Kredit- und Besicherungsarten voraus. Alle banküblichen Formen von Sicherheiten sind für die eigenen LGD-Schätzungen zugelassen. Bei der EaD-Schätzung ist beispielsweise aus Vergangenheitserfahrungen zu schätzen, zu wie viel Prozent des zugesagten Betrages Kreditzusagen im Zeitpunkt des Kredit-nehmerausfalles vom Kunden in Anspruch genommen waren.