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10 BRANDNEWS EINS.11 Projekte 11 BRANDNEWS EINS.11 Projekte Obwohl die TGL zur Errichtung von Ge- bäuden heute keine Vorschriften im gän- gigen Baurecht mehr darstellen, ist es dennoch erforderlich, ihren Aufbau und Inhalt zu verstehen. Nur so kann man bei Bestandssanierungen in den Regionen Ostdeutschlands auch aussagekräftige Grundlagen erhalten. Insbesondere der richtige Umgang mit der TGL 10685, die die Grundlage für Bauten der DDR war, ist dabei ein wichtiger Aspekt. Um ein Gebäude brandschutztechnisch beurteilen zu können, ist zunächst die sogenannte Brandlaststufe nach der TGL 10685 zu ermitteln. Sie dient als Aus- gangsgröße, um die erforderliche Feuer- widerstandsdauer der tragenden Bauteile, die zulässige Brandabschnittsgröße, die Anforderungen an die Löschwasserversor- gung sowie die Anzahl und Größe der Rauch- und Hitzeableitung zu bestimmen. Für diese Größe können zum einen feste Werte aus einer Tabelle (z. B. für Wohnge- bäude, Verkaufs- oder Versammlungsstät- ten) verwendet werden. Zum anderen kann unter Einbeziehung der vorhande- nen bzw. zu erwartenden Brandlasten (Heizwert und Masse) eine Brandlaststufe ermittelt werden. Darüber hinaus ist nach dem Teil 06 der TGL die Brandgefahrenklasse (A-E) zu bestimmen, die die Art der vorhandenen Brandlasten im Gebäude zusätzlich genauer fest- legt. Beispielsweise werden in Gebäuden der Brandgefahren- klasse A vorrangig leicht entzündliche Stoffe gelagert und ver- arbeitet. Wird die Brandgefahrenklasse E angesetzt, so sind vor allem nichtbrennbare Lagergüter im Gebäude vorhanden. Mit Hilfe der beiden Kennzahlen „Brandlaststufe“ und „Brandgefah- renklasse“ können dann anhand von Tabellen u. a. die zulässige Rettungsweglänge, die erforderliche Löschwassermenge sowie die Anforderungen an die tragenden und aussteifenden Teile des Gebäudes ermittelt werden. Neben den erforderlichen Feuerwiderstandsklassen lassen sich aus diesen Tabellen auch die zulässigen Gebäudehöhen ablesen. Im nächsten Schritt kann dann die zulässige Brandabschnitts- größe unter Berücksichtigung der Feuerwiderstandsklasse und einer Kennzahl, die sich aus der Brandlaststufe und verschiede- nen weiteren Faktoren ergibt (z. B. Vorhandensein einer Brand- meldeanlage), ermittelt werden. Am Beispiel eines Hotels zeigt sich im Folgenden, wie die zulässige Feuerwiderstandsklasse und weitere Randbedingungen ermittelt werden: Für die Gebäudekategorie Hotel ergibt sich eine Brandgefahren- klasse C sowie eine Brandlaststufe von 500. Das freistehende Gebäude soll eine maximale Höhe von 24 Metern haben und muss somit die Anforderungen an die tragenden und aussteifen- den Bauteile entsprechend der Feuerwiderstandsklasse III/2 erfüllen. Die oberhalb der erforderlichen Feuerwiderstands- dauer (Brandverhaltensgruppe) befindlichen Abkürzungen beschreiben das Brandverhalten der Baustoffe, aus denen diese Bauteile bestehen. Diese Einstufung ist ähnlich der heutigen Klassifizierung in brennbare und nichtbrennbare Baustoffe zu betrachten. Dabei steht „oFa“ für „ohne Feuerausbreitung“ und „lFa“ für „lokale Feuerausbreitung“. Im Vergleich zu dieser Vorgehensweise sind die heutige Klassi- fizierung von Gebäuden und die Ermittlung der erforderlichen Feuerwiderstandsklassen der Bauteile etc. stark vereinfacht. Je nach Gebäudehöhe und Art der Nutzung ergeben sich aus der jeweils anzuwendenden Bauordnung oder Sonderbauver- ordnung (z. B. Versammlungsstätten oder Beherbergungsstät- tenverordnung) die einzelnen Anforderungen. Beim Erarbeiten von Brandschutzkonzepten stellt sich immer wieder die Frage, wie mit Gebäuden, die nach der TGL 10685 errichtet wurden, umzugehen ist. Auch der ansteigende Bedarf an Brandschutzsanierungen und Umnutzungen von Gebäuden aus der ehemaligen DDR fordert eine Antwort auf diese Frage. Insbesondere die Unterschiede zwischen den baulichen Anfor- derungen und den Rettungswegen zum Genehmigungszeit- punkt sowie den heutigen Vorgaben stellen den Brandschutz- sachverständigen vor eine besondere Herausforderung. Seine Aufgabe ist es, einen für alle Beteiligten gangbaren Mittelweg zwischen dem genehmigten Bestandsgebäude und den heutigen bauordnungsrechtlichen Anforderungen zu finden. Aber auch die den Feuerwiderstandsklassen der Bauteile zugrunde geleg- ten Prüfungen, die nicht immer denen der heutigen /DIN 4102-4/ entsprechen, stellen eine Schwierigkeit im Umgang mit solchen Gebäuden dar. Im Einzelfall ist hier ggf. eine Bauteilprüfung notwendig. Oftmals genügt jedoch ein vergleichender Blick in die /DIN 4102-4/, um eine Einschätzung der tatsächlich vorhan- denen Bauteilqualität vornehmen zu können. Als Hilfe können dabei auch die der TGL 10685 zugehörigen Bauteilkataloge „Zusammenstellung von Feuerwiderstandswerten, Feueraus- breitungsgraden und Eignungsgruppen für die Einstufung von Bauwerksteilen und Ausbaukonstruktionen“ herangezogen werden. Anhand des Hotel-Beispiels kann man auch sehr gut die Schwierigkeiten im Umgang mit solchen Bestandsbauten und mögliche Lösungsansätze aufzeigen. So darf beispielsweise das Hotel-Gebäude nach den Vorgaben der Tabellen der TGL 10685 ohne Begrenzung als ein Brandabschnitt ausgebildet werden. Über die Autorin… Dipl.-Ing. (FH) Anja Krake ist erfahrene Ingenieurin für Brandschutz. Bei hhpberlin entwickelt und konzipiert sie den Brand- schutz für vielfältige Sonderbauten. Dabei stellen Sanierungs- und Umbauarbeiten bestehender DDR-Bauten einen wichtigen Teil ihrer Arbeit dar. „Für unsere Kunden ist es wichtig zu wissen, dass wir umfangreiche Kenntnisse über das DDR-Baurecht, aber vor allem auch über die heutigen Chancen und Risiken haben. Und genau das bieten wir.“ Beim Bauen im Bestand trifft man in den neuen Bundes- ländern mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit auf viele Ge- bäude, die nach den Vorgaben der TGL (Technischen Nor- men, Gütevorschriften und Lieferbedingungen) oder nach den „Vorschriften der Staatlichen Bauaufsicht“ errichtet wurden. In der ehemaligen DDR waren diese TGL-Stan- dards oder -Vorschriften von 1955-1990 das Gegenstück zu den Normen, Verordnungen oder Richtlinien der Bundes- republik. Sie galten als Vorschrift und waren Grundlage jeder Planung und Ausführung eines Bauvorhabens. Das Amt für Standardisierung, Messwesen und Warenprüfung der DDR war für die Herausgabe der TGL zuständig und wurde 1990 vom Deutschen Institut für Normung e.V. übernommen. In diesem Zuge wurden auch die TGL außer Kraft gesetzt. TGL 10685: Umgang mit Gebäuden der ehemaligen DDR Bauen im DDR-Bestand Foto: Fotolia Foto: Fotolia

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Page 1: Bauen im DDR-Bestand - Start | hhpberlin€¦ · 10 Projekte BRANDNEWS EINS.11 BRANDNEWS EINS.11 Projekte 11 Obwohl die TGL zur Errichtung von Ge-bäuden heute keine Vorschriften

10 BRANDNEWS EINS.11Projekte 11BRANDNEWS EINS.11 Projekte

Obwohl die TGL zur Errichtung von Ge-

bäuden heute keine Vorschriften im gän-

gigen Baurecht mehr darstellen, ist es

dennoch erforderlich, ihren Aufbau und

Inhalt zu verstehen. Nur so kann man bei

Bestandssanierungen in den Regionen

Ostdeutschlands auch aussagekräftige

Grundlagen erhalten. Insbesondere der

richtige Umgang mit der TGL 10685, die

die Grundlage für Bauten der DDR war,

ist dabei ein wichtiger Aspekt.

Um ein Gebäude brandschutztechnisch

beurteilen zu können, ist zunächst die

sogenannte Brandlaststufe nach der TGL

10685 zu ermitteln. Sie dient als Aus-

gangsgröße, um die erforderliche Feuer-

widerstandsdauer der tragenden Bauteile,

die zulässige Brandabschnittsgröße, die

Anforderungen an die Löschwasserversor-

gung sowie die Anzahl und Größe der

Rauch- und Hitzeableitung zu bestimmen.

Für diese Größe können zum einen feste

Werte aus einer Tabelle (z. B. für Wohnge-

bäude, Verkaufs- oder Versammlungsstät-

ten) verwendet werden. Zum anderen

kann unter Einbeziehung der vorhande-

nen bzw. zu erwartenden Brandlasten

(Heizwert und Masse) eine Brandlaststufe

ermittelt werden. Darüber hinaus ist nach dem Teil 06 der TGL

die Brandgefahrenklasse (A-E) zu bestimmen, die die Art der

vorhandenen Brandlasten im Gebäude zusätzlich genauer fest-

legt. Beispielsweise werden in Gebäuden der Brandgefahren-

klasse A vorrangig leicht entzündliche Stoffe gelagert und ver-

arbeitet. Wird die Brandgefahrenklasse E angesetzt, so sind vor

allem nichtbrennbare Lagergüter im Gebäude vorhanden. Mit

Hilfe der beiden Kennzahlen „Brandlaststufe“ und „Brandgefah-

renklasse“ können dann anhand von Tabellen u. a. die zulässige

Rettungsweglänge, die erforderliche Löschwassermenge sowie

die Anforderungen an die tragenden und aussteifenden Teile

des Gebäudes ermittelt werden.

Neben den erforderlichen Feuerwiderstandsklassen lassen sich

aus diesen Tabellen auch die zulässigen Gebäudehöhen ablesen.

Im nächsten Schritt kann dann die zulässige Brandabschnitts-

größe unter Berücksichtigung der Feuerwiderstandsklasse und

einer Kennzahl, die sich aus der Brandlaststufe und verschiede-

nen weiteren Faktoren ergibt (z. B. Vorhandensein einer Brand-

meldeanlage), ermittelt werden. Am Beispiel eines Hotels zeigt

sich im Folgenden, wie die zulässige Feuerwiderstandsklasse

und weitere Randbedingungen ermittelt werden:

Für die Gebäudekategorie Hotel ergibt sich eine Brandgefahren-

klasse C sowie eine Brandlaststufe von 500. Das freistehende

Gebäude soll eine maximale Höhe von 24 Metern haben und

muss somit die Anforderungen an die tragenden und aussteifen-

den Bauteile entsprechend der Feuerwiderstandsklasse III/2

erfüllen. Die oberhalb der erforderlichen Feuerwiderstands-

dauer (Brandverhaltensgruppe) befindlichen Abkürzungen

beschreiben das Brandverhalten der Baustoffe, aus denen diese

Bauteile bestehen. Diese Einstufung ist ähnlich der heutigen

Klassifizierung in brennbare und nichtbrennbare Baustoffe zu

betrachten. Dabei steht „oFa“ für „ohne Feuerausbreitung“ und

„lFa“ für „lokale Feuerausbreitung“.

Im Vergleich zu dieser Vorgehensweise sind die heutige Klassi-

fizierung von Gebäuden und die Ermittlung der erforderlichen

Feuerwiderstandsklassen der Bauteile etc. stark vereinfacht.

Je nach Gebäudehöhe und Art der Nutzung ergeben sich aus

der jeweils anzuwendenden Bauordnung oder Sonderbauver-

ordnung (z. B. Versammlungsstätten oder Beherbergungsstät-

tenverordnung) die einzelnen Anforderungen.

Beim Erarbeiten von Brandschutzkonzepten stellt sich immer

wieder die Frage, wie mit Gebäuden, die nach der TGL 10685

errichtet wurden, umzugehen ist. Auch der ansteigende Bedarf

an Brandschutzsanierungen und Umnutzungen von Gebäuden

aus der ehemaligen DDR fordert eine Antwort auf diese Frage.

Insbesondere die Unterschiede zwischen den baulichen Anfor-

derungen und den Rettungswegen zum Genehmigungszeit-

punkt sowie den heutigen Vorgaben stellen den Brandschutz-

sachverständigen vor eine besondere Herausforderung. Seine

Aufgabe ist es, einen für alle Beteiligten gangbaren Mittelweg

zwischen dem genehmigten Bestandsgebäude und den heutigen

bauordnungsrechtlichen Anforderungen zu finden. Aber auch

die den Feuerwiderstandsklassen der Bauteile zugrunde geleg-

ten Prüfungen, die nicht immer denen der heutigen /DIN 4102-4/

entsprechen, stellen eine Schwierigkeit im Umgang mit solchen

Gebäuden dar. Im Einzelfall ist hier ggf. eine Bauteilprüfung

notwendig. Oftmals genügt jedoch ein vergleichender Blick in

die /DIN 4102-4/, um eine Einschätzung der tatsächlich vorhan-

denen Bauteilqualität vornehmen zu können. Als Hilfe können

dabei auch die der TGL 10685 zugehörigen Bauteilkataloge

„Zusammenstellung von Feuerwiderstandswerten, Feueraus-

breitungsgraden und Eignungsgruppen für die Einstufung von

Bauwerksteilen und Ausbaukonstruktionen“ herangezogen

werden.

Anhand des Hotel-Beispiels kann man auch sehr gut die

Schwierigkeiten im Umgang mit solchen Bestandsbauten und

mögliche Lösungsansätze aufzeigen. So darf beispielsweise das

Hotel-Gebäude nach den Vorgaben der Tabellen der TGL 10685

ohne Begrenzung als ein Brandabschnitt ausgebildet werden.

Über die Autorin…

Dipl.-Ing. (FH) Anja Krake ist erfahrene

Ingenieurin für Brandschutz. Bei hhpberlin

entwickelt und konzipiert sie den Brand-

schutz für vielfältige Sonderbauten. Dabei

stellen Sanierungs- und Umbauarbeiten

bestehender DDR-Bauten einen wichtigen

Teil ihrer Arbeit dar.

„Für unsere Kunden ist es wichtig zu wissen, dass wir umfangreiche

Kenntnisse über das DDR-Baurecht, aber vor allem auch über die

heutigen Chancen und Risiken haben. Und genau das bieten wir.“

Beim Bauen im Bestand trifft man in den neuen Bundes-

ländern mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit auf viele Ge-

bäude, die nach den Vorgaben der TGL (Technischen Nor-

men, Gütevorschriften und Lieferbedingungen) oder nach

den „Vorschriften der Staatlichen Bauaufsicht“ errichtet

wurden. In der ehemaligen DDR waren diese TGL-Stan-

dards oder -Vorschriften von 1955-1990 das Gegenstück

zu den Normen, Verordnungen oder Richtlinien der Bundes-

republik. Sie galten als Vorschrift und waren Grundlage

jeder Planung und Ausführung eines Bauvorhabens. Das

Amt für Standardisierung, Messwesen und Warenprüfung

der DDR war für die Herausgabe der TGL zuständig und

wurde 1990 vom Deutschen Institut für Normung e.V.

übernommen. In diesem Zuge wurden auch die TGL außer

Kraft gesetzt.

TGL 10685: Umgang mit Gebäuden der ehemaligen DDR

Bauen im DDR-Bestand

Foto: Fotolia

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Abbildung 1: Tabelle 3 der TGL 10685/07

Anlagen zur Branderkennung und -bekämpfung sind bereits

vorhanden, sodass bei der in Tabelle 3 der TGL 10685/07

dargestellten Feuerwiderstandsdauer die in Klammern gesetz-

ten Werte zur Anwendung kommen. Nach den Vorgaben der

TGL ergeben sich zudem folgende Voraussetzungen für das

Hotel: Rettungsweglängen von 50 Metern bei Vorhandensein

zweier entgegengesetzt angeordneter Treppenräume, Durch-

gangsbreiten von mindestens ein Meter, Türen von den Hotel-

zimmern und den Treppenräumen zu den notwendigen Fluren

mit mindestens 15 Minuten Feuerwiderstand.

Aufgrund einer Sanierung des Gebäudes und dem Umbau der

einzelnen Hotelzimmerbereiche ist nun eine Neubetrachtung

erforderlich. Als Bewertungsgrundlage ist nach heutigem Stand

der Technik neben der Beherbergungsstättenverordnung auch

die Hochhaus-Richtlinie anzuwenden. [1]

Aus diesen beiden aktuellen Beurteilungsgrundlagen ergeben

sich zum Teil grundlegend andere Anforderungen an das Ge-

bäude als bisher. Deutlich wird dies insbesondere bei den tra-

genden und aussteifenden Bauteilen sowie den Rettungsweg-

längen. Nach den heutigen Anforderungen sind hier mindestens

feuerbeständige Bauteile notwendig. Die zulässige Rettungs-

weglänge beträgt maximal 35 Meter.

Würde man eine komplette Anpassung an das geltende Bau-

recht vornehmen, so würde dies sowohl bei den Bauteilen, als

auch bei den Rettungswegen im Rahmen der Sanierung sehr

umfangreiche und kostenaufwändige Maßnahmen erfordern,

um eine Anpassung an die Bauordnung sowie an Verordnungen

und Richtlinien zu erreichen.

Grundsätzlich ist, z. B. bei Nutzungsänderungen, eine Anpassung

an das aktuelle Baurecht bezogen auf die Bauteile nur dann

möglich, wenn die bestehende Tragkonstruktion und die Ge-

schossdecken entsprechend bekleidet oder mit einer zusätzli-

chen Putzdeckung versehen werden. Dabei ergeben sich insbe-

sondere im Rahmen der baulichen Umsetzung viele Fragen – z. B.

bezüglich der Befestigungen und der Anschlüsse der Verkleidung

an nicht entsprechend qualifi zierte Bauteile. Eine Verbesserung

der bestehenden baulichen Situation bedarf daher häufi g Sonder-

lösungen, die in Abstimmung mit den Genehmigungsbehörden

oder einem Prüfi ngenieur für Brandschutz, der zuständigen

Brandschutzdienststelle sowie unter Einbeziehung von Material-

prüfämtern gefunden werden müssen.

Jedoch stellt sich auch die Frage, ob dieser Aufwand bei der

weiteren Nutzung teilweise überhaupt erforderlich ist, da ggf.

der Feuerwiderstand für den zu erwartenden Naturbrand aus-

reicht. Oder ob nicht sogar durch anlagentechnische Brand-

schutzmaßnahmen das gewünschte Schutzziel erreicht werden

kann. Als Kompensation bezogen auf den Feuerwiderstand

wäre an dieser Stelle eine automatische Löschanlage denkbar.

Diese Löschanlage kann zwar eine Brandausbreitung eindäm-

men und somit die thermische Beanspruchung der Bauteile

reduzieren, für die Personenrettung wirkt sie jedoch nur sekun-

där. So kann in jedem Fall eine Brandmeldeanlage gekoppelt mit

einer Alarmierungsanlage Personen schnell warnen und bei

einer Aufschaltung zur Leitstelle der zuständigen Feuerwehr

einen entscheidenden Zeitgewinn für die Personenrettung und

einen schnellen Löschangriff bringen.

Da die Verbesserung des baulichen Brandschutzes bezogen auf

die Rettungswege (z. B. fehlende Treppenräume) nur mit erheb-

lichem Aufwand möglich ist, muss im Hinblick auf den Personen-

schutz im Gebäude eine Verbesserung der Rettungswegsituation,

z. B. durch die Bildung weiterer Rauchabschnitte angestrebt

werden. So können die fl üchtenden Personen in kurzer Zeit einen

sicheren, vom Brandrauch nicht betroffenen Bereich erreichen.

Der Raucheintrag in die Rettungswege kann auch behindert

werden, indem die bestehenden Türen zu den Hotelzimmern

– z. B. durch das Einbringen von aufschäumenden Dichtbändern

in den Türzargen und durch Anbringen von Selbstschließern –

ertüchtigt werden.

Zur Erleichterung der Brandbekämpfung durch die Feuerwehr

kann es sinnvoll sein, nasse oder trockene Steigleitungen vor-

zusehen. Bei Gebäuden über 30 Metern ist bei einer Nutzungs-

änderung gegebenenfalls die Installation eines Feuerwehrauf-

zuges und bei Beibehaltung der Nutzung die Umrüstung eines

bestehenden Aufzuges als Feuerwehraufzug bzw. Aufzug mit

erhöhten Sicherheitsanforderungen sinnvoll.

Es wird deutlich, dass eine Standardlösung für bestehende Bau-

ten der DDR, die nach der TGL 10685 errichtet wurden, zumeist

nicht möglich ist. Hier ist, nach Abklärung der tatsächlich vor-

handenen Voraussetzungen, eine schutzzielorientierte Beurtei-

lung durch den Brandschutzsachverständigen erforderlich. So

können für jeden Bau individuelle Lösungen gefunden werden,

die den Bestand berücksichtigen und dennoch eine Nutzung des

Gebäudes nach heutigen Anforderungen ermöglichen.

Anja Krake

In aller Kürze…

[1] In der DDR entsprach die Gebäudehöhe dem Abstand

zwischen Oberfl äche der Zufahrt für Feuerwehrfahr-

zeuge und Oberkannte Außenwand einschließlich Ge-

länder, Brüstung oder Traufe des Dachgeschosses!

(siehe TGL 9552/04)

Brand-

gefahren-

klasse

(BGKL)

Brandlast-

stufe

(BS)

Gebäude-

höhe

m

Feuer-

wider-

stands-

klasse

(FWKL)

erforderliche Brandverhaltensgruppe mindestens von Fa-Grad

von Dach-

deckungentragenden Bauteilen, belastet durch Keller-

decken

Geschoss-

decken,

Galerien

und

Rängen

Treppen-

haus-

wänden

Podesten und Läufen von

angeschlossenen

unbelasteten

Außenwänden

unbelaste-

ten Wän-

den von

Fluren

Dachkonst-

ruktionen,

Arbeits-

und Appa-

ratebühnen

Keller-

decken

Geschoss-

decken,

Galerien

und

Rängen

Dachkonst-

ruktionen,

Arbeits-

und Appa-

ratebühnen

Treppen

und Außen-

treppen

offenen

Treppen

selbst-

tragend

von

Skeletten

getragen

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17

A bis E BS 3000 unbegrenzt I oFa

180(90)

oFa

120(90)

oFa

90(45)

oFa

90(45)

oFa

90(45)

oFa

90

oFa

0

Hartholz

zulässig bis

10 m zu

überwin-

dende

Höhe

oFa

0

Holz

zulässig bis

5 m zu

überwin-

dende

Höhe

oFa

90(45)

oFa

60 oFa

45

oFa

45lFa

A bis E BS 2000 bis 28 II/1 oFa

150(60)

oFa

120(60)

oFa

60(30)

oFa

60(45)

oFa

60(30)

oFa

60(30)

oFa 10)

30

oFa

30

lFa

C bis E BS 1000 unbegrenzt II/2

C bis E BS 1000 bis 28 III/1 oFa

120(60)

oFa

90(45)

oFa 3)

45(15)

oFa

45(30)

oFa

45(15)

oFa 11)

15

lFa

30

oFa 4)7)

15lFa 7)

C bis E BS 500 bis 28 III/2 oFa

90(45)

oFa

60(45)

oFa 3)

30(15) oFa (lFa)

30

30

oFa

60

oFa

30(15)

oFa 4)8)

0lFa 8)

C bis E BS 500bis 10

n = 2IV

oFa

60

oFa 9)

45

lFa 3)

30

oFa

45

lFa

30

oFa 9)

45

lFa

30

lFa

0

lFa

15

mFa

0mFa

Foto: Fotolia