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B E R U F S B I L D U N G Europäische Zeitschrift Nr. 19 Januar - April 2000/I ISSN 0378-5106 Politikentwicklung Seite 3 Forschungsbeiträge Seiten 6/17/33/44/56

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B E R U F S

B I L D U N GE u r o p ä i s c h e Z e i t s c h r i f t

Nr. 19Januar - April2000/IISSN 0378-5106

PolitikentwicklungSeite 3

ForschungsbeiträgeSeiten 6/17/33/44/56

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CEDEFOP

Redaktioneller Beirat:

Jordi Planas Vorsitzender, Universitat Autònoma de Barcelona,Spanien

Steve Bainbridge Chefredakteur, CEDEFOP, GriechenlandSergio Bruno Facoltà di Scienze Economiche, ItalienUlrich Hillenkamp Europäische Stiftung für Berufsbildung, ItalienTadeusz Kozek Task Force for Training and Human Resources, PolenHilary Steedman London School of Economics and Political Science,

Centre for Economic Performance, Vereinigtes KönigreichManfred Tessaring CEDEFOP, GriechenlandMartin Mulder Universität Twente, NiederlandeÉric Fries Guggenheim CEDEFOP, GriechenlandLise Skanting Dansk Arbejdsgiverforening, DänemarkEric Verdier Laboratoire LEST/CNRS, Frankreich

Redaktionssekretariat:

Steve Bainbridge CEDEFOP, GriechenlandGisela Schürings Europäische Stiftung für Berufsbildung, ItalienErika Ekström Institutet För Arbetsmarknadspolitisk Utvärdering

(IFAU), SchwedenJean-François Giret CEREQ, Frankreich

Die von den Autoren geäußerten Ansichten decken sich nicht notwendiger-weise mit der Position des CEDEFOP. In der Europäischen Zeitschrift für Be-rufsbildung haben die Autoren das Wort, um ihre Analysen und unterschied-lichen, teilweise sogar gegensätzlichen Standpunkte darzulegen. Auf dieseWeise will die Zeitschrift einen Beitrag zur kritischen Diskussion leisten, diefür die Zukunft der beruflichen Bildung auf europäischer Ebene unerläßlichist.

BERUFSBILDUNG NR. 19 EUROPÄISCHE ZEITSCHRIFT

CEDEFOPEuropäisches Zentrum

für die Förderungder Berufsbildung

Europe 123GR-57001 THESSALONIKI

(Pylea)

Postanschrift:PO Box 22427

GR-55102 THESSALONIKI

Tel.: (30-31) 490 111Fax: (30-31) 490 020

E-mail: [email protected]:

www.cedefop.grInteraktive Website:

www.trainingvillage.gr

Haben Sie Interesse daran, einen Beitrag zu verfassen?Dann lesen Sie bitte Seite 84.

Verantwortlich:Johan van Rens, DirektorStavros Stavrou, stellvertretenderDirektor

Technische Redaktion und Koordination:Bernd Möhlmann

Übersetzung:Corinna Frey

Layout: Zühlke Scholz & PartnerWerbeagentur GmbH, Berlin

Umschlag: Rudolf J. Schmitt, Berlin

Technische Produktion mit DTP:Axel Hunstock, Berlin

Redaktionsschluß: 01.03.2000

Nachdruck – ausgenommen zukommerziellen Zwecken – mitQuellenangabe gestattet

Katalognummer: HX-AA-00-001-DE-C

Printed in Italy, 2000

Diese Zeitschrift erscheint dreimaljährlich auf Deutsch, Englisch,Französisch und Spanisch.

Das CEDEFOP unterstützt die Eu-ropäische Kommission dabei,durch den Informationsaustauschund Erfahrungsvergleich zu The-men von gemeinsamem Interessefür die Mitgliedstaaten die Berufs-bildung und die ständige Weiterbil-dung auf Gemeinschaftsebene zufördern und weiterzuentwickeln.

Es stellt Verbindungen zwischender Berufsbildungsforschung,-politik und -praxis her. Es verhilftden politischen Entscheidungsträ-gern und praktisch Tätigen auf al-len Ebenen der EU zu einem bes-seren Verständnis der Entwicklun-gen im Bereich der Berufsbildung,um ihnen Schlußfolgerungen fürkünftige Tätigkeiten zu erleich-tern. Es bemüht sich ferner dar-um, Wissenschaftler und Forscherzur Ermittlung von Entwicklungs-tendenzen und Zukunftsfragenanzuregen.

Der Verwaltungsrat des CEDEFOPhat sich für den Zeitraum 2000 bis2003 auf eine Reihe mittelfristigerPrioritäten verständigt. In ihremRahmen konzentrieren sich dieTätigkeiten des CEDEFOP auf vierHauptthemenbereiche:

❏ Förderung der Kompetenzenund des lebensbegleitenden Ler-nens;❏ Förderung neuer Lernformenim gesellschaftlichen Wandel;❏ Förderung von Beschäftigungund Wettbewerbsfähigkeit;❏ Verbesserung des gegenseitigenVerständnisses und der Transpa-renz in Europa.

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InhaltsverzeichnisPolitikentwicklung

Politik und Perspektiven: ein Interview mit KommissarinViviane Reding ..........................................................................................................3Frau Viviane Reding, zuständige Kommissarin der GD Bildung und Kultur,erläutert ausführlich ihre Pläne für die Zukunft der allgemeinen undberuflichen Bildung.

Forschungsbeiträge

Kann die Einsatzfähigkeit älterer Erwachsener gesteigert werden? ............... 6Dominique Kiekens, Paulette De ConinckDie Beschäftigungsfähigkeit älterer Erwachsener ist ein wichtiges Thema, da dieBevölkerung altert und junge Menschen nicht in genügender Zahlnachkommen. Dieses Problem muß im Rahmen künftiger Perspektiven derPersonalpolitik gelöst werden.

Altersbarrieren abbauen, Wettbewerbspositionen ausbauen –Altern und Flexibilisierung aus einer Lebenszyklusperspektive .................. 17Ruud J. A. MuffelsIn einer flexiblen Volkswirtschaft, die hohe Anforderungen stellt, ist eine andereReaktion des Sozialstaates und der Unternehmen auf die Alterungsproblematikgefordert, die eine ausgewogenere Verteilung von Erwerbsarbeit, Ausbildungund Freizeit über den Lebenszyklus herbeiführt.

Der Betrieb der Zukunft: Auswirkungen auf die Berufsbildung .................... 33Richard CurtainAnhand einer Analyse von Daten aus Australien und den Vereinigten Staatenwerden die voraussichtlichen Merkmale des Betriebes der Zukunft ermittelt sowieeinige der Auswirkungen auf die Berufsbildung untersucht.

Wissensdynamik, Communities of Practice (Praktikergemeinschaften):Neue Perspektiven der Ausbildung ..................................................................... 44Massimo TomassiniNeben dem herkömmlichen Ausbildungsparadigma, das auf der Wissens-vermittlung beruht und sich zumeist am Bedarf an formalen Qualifikationenorientiert, bildet sich ein neues, auf dem Wissenserwerb basierendes Paradigmaheraus, das den tatsächlichen Qualifikationsbedarf berücksichtigt.

Formen der Berufsausbildung und ihr Nutzen ................................................. 56Miguel Aurelio Alonso GarcíaDieser Artikel behandelt die verschiedenen Formen der beruflichen Bildung inSpanien – staatlich geregelte Berufsbildung, berufliche Fortbildung undUmschulung, Weiterbildung und Ausbildung in Form von Praktika.

Lektüre zum Thema

Literaturhinweise .................................................................................................. 66

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Politik und Perspekti-ven: ein Interview mitKommissarinViviane Reding

VivianeRedingEuropäischeKommissarinfür Bildungund Kultur

Anläßlich der Einweihungdes neuen CEDEFOP-Gebäu-des am 22. November 1999erläuterte Frau Reding aus-führlich ihre Pläne für dieZukunft der allgemeinenund beruflichen Bildung.

Einleitung

Viviane Reding kommt aus Luxemburg.Sie begann ihre berufliche Laufbahn 1978als Journalistin beim Luxemburger Wortund war von 1986 bis 1998 Vorsitzendedes luxemburgischen Journalistenver-bands. Im Verlauf ihrer politischen Kar-riere wurde sie 1979 zur Abgeordnetendes luxemburgischen Parlaments und 1989als Mitglied der Christlich-Sozialen Parteiin das Europäische Parlament gewählt.1999 wurde sie zur Kommissarin für Bil-dung und Kultur ernannt.

Herzlichen Glückwunsch zu IhrerErnennung zur Kommissarin für Bil-dung und Kultur. Die Struktur derEuropäischen Kommission hat sichverändert und die Verantwortung fürdie Berufsbildungspolitik der Euro-päischen Gemeinschaft liegt jetzt beiIhnen und der Generaldirektion Bil-dung und Kultur. Welche Rolle messenSie der Generaldirektion bei, und wel-chen Stellenwert nimmt dabei die Be-rufsbildung ein?

Diese neue Generaldirektion ist aus demnachdrücklichen Wunsch heraus entstan-den, der Europäischen Union etwas „mehrSeele“ zu verleihen, was ihr mitunter fehlt;das ist auch der Grund, weshalb die neueKommission beschlossen hat, die Berei-che zusammenzufassen, die die europäi-schen Bürger unmittelbar berühren, d.h.Bildung, Berufsbildung, Jugend, Sport,Kultur und Audiovisuelles.

Die Generaldirektion „Bildung und Kul-tur“ steht auf einer soliden Grundlage undhat sich ein prioritäres Ziel gesetzt: näm-lich auf europäischer Ebene all diesen

Sektoren, die zwar Unterschiede und in-dividuelle Besonderheiten aufweisen,aber alle als potentielle Arbeitsplatz-beschaffer und manchmal sogar als neueFundstätten für Beschäftigungsmöglich-keiten dienen können, eine neue Dyna-mik zu verleihen. Aus dieser zweifachenPerspektive betrachtet, läßt sich leichterkennen, weshalb ich der Gemeinschafts-politik im Bereich der Berufsbildung mei-ne ganze Aufmerksamkeit widme.

Die Berufsbildung taucht jedoch inIhrem Titel als Kommissarin oder imNamen Ihrer Generaldirektion nichtlänger auf. Welche Bedeutung hat dieBerufsbildung im Kontext der euro-päischen Politik ganz allgemein?

Wie Sie wissen, mißt die Agenda 2000 denGemeinschaftspolitiken, die auf eine Aus-weitung der Kenntnisse und Kompeten-zen der Humanressourcen ausgerichtetsind, eine zentrale Bedeutung für dieWeiterentwicklung der Europäischen Uni-on bei. Aus diesem Grund hat schon dievorherige Kommission diesen Politikengroße Priorität eingeräumt.

Wichtig ist aber auch, darauf hinzuwei-sen, daß die neue Präambel des Vertragsvon Amsterdam in diesem Zusammenhangdie Entschlossenheit der Unterzeichner-staaten unterstreicht, „die Entwicklungeines möglichst hohen Kenntnisstands fürihre Völker durch einen breiten Zugangzur Ausbildung und durch die ständigeAktualisierung der Kenntnisse zu fördern“.

Es liegt heute auf der Hand, daß Wohl-stand und Wirtschaftswachstum, allgemei-nes Wohlergehen und persönliche Entfal-tung eng mit dem Wissen, seiner Erfor-schung und seiner Verbreitung durch die

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allgemeine und berufliche Bildung, ver-knüpft sind. Die Rolle der Ausbildungs-und Berufsbildungspolitik ist folglich fürden Erfolg des europäischen Aufbauwerksentscheidend.

Nicht nur die Erweiterung, sondern auchdas Wachstum, der soziale Zusammenhaltund das fundamentale Problem der Ar-beitslosigkeit stellen die Europäische Uni-on vor eine große Herausforderung, zuderen Bewältigung bewußte und aufGemeinschaftsebene aufeinander abge-stimmte Maßnahmen erforderlich sind.

Welches sind Ihre Pläne und Priori-täten für die Berufsbildungspolitikauf europäischer Ebene?

Unser oberstes Ziel muß zunächst einmallauten, einen europäischen Bildungs- undKulturraum zu errichten, der alle Bürgerder Union aktiv mit einschließt; einenRaum, in dem jeder Einzelne, ganz gleichwelchen Alters, seine Möglichkeiten vollentfalten kann, und zwar dank eines brei-ten Zugangs zu qualitativ hochwertigenAusbildungs- und Berufsbildungsressour-cen sowie zu einem breiten Spektrum anformalen und informellen Lernerfah-rungen; einen Raum, in dem sich die jun-gen Menschen aktiv an der Gesellschaftbeteiligen und, allgemeiner gesprochen,die Bürger auf das Europa von morgenvorbereitet sind – kurz gesagt also einenRaum, der zur Schaffung eines „Europasder Bürger“ beiträgt.

Was muß Ihrer Meinung nach getanwerden, um einen europäischen Bil-dungs- und Kulturraum, so wie Sie ihnbeschreiben, zu schaffen?

In diesem Zusammenhang erscheint esmir äußerst wichtig, einen neuen, gutstrukturierten Rahmen für die politischeZusammenarbeit mit den Mitgliedstaatenzu schaffen und fest zu verankern. Estrifft zwar zu, daß die Aktionsprogram-me der Gemeinschaft im Bereich allge-meine und berufliche Bildung die Aktio-nen der Mitgliedstaaten unterstützen undergänzen, doch es trifft ebenso zu, daßdie von Artikel 150 des Vertrags gebote-nen Möglichkeiten für die Durchführungeiner gemeinschaftlichen Berufsbildungs-politik noch nicht voll ausgeschöpft sind.

Die Verstärkung des Dialogs und der Zu-sammenarbeit mit den Mitgliedstaaten istfolglich für den Erfolg dieser Politikenunerläßlich, vor allem wenn es darumgeht, bei Themen von gemeinsamem In-teresse nach konkreten Lösungen zu su-chen und der Gemeinschaftsaktion eineRichtung zu verleihen. Im Zentrum die-ses Dialogs stehen schon jetzt drei we-sentliche Fragen:

Die Rolle der allgemeinen und beruflichenBildung in der Beschäftigungspolitik undinsbesondere in der europäischen Be-schäftigungsstrategie. In diesem Bereichgilt es, die Ausbildungs- und Berufsbil-dungsdimension der „nationalen Be-schäftigungspläne“ zu untersuchen undIndikatoren für die Beteiligung des ein-zelnen an der lebensbegleitenden Aus-und Berufsbildung zu entwickeln. Wich-tig ist auch eine Analyse der Anreiz-mechanismen, die die Mitgliedstaaten zurFörderung einer lebensbegleitendenBerufsbildungspolitik einsetzen. Als Bei-spiele sind hier die Anerkennung vonFähigkeiten, die am Arbeitsplatz erwor-ben wurden, und die Abkommen zwi-schen den Sozialpartnern zu nennen, dieeinerseits Berufsbildung und Arbeitsorga-nisation und andererseits Berufsbildungund Neugestaltung der Arbeitszeit mitein-ander in Einklang bringen sollen.

Das zweite Thema ist die Qualität der all-gemeinen und beruflichen Ausbildung aufallen Ebenen. Das „Qualitäts“-Konzeptwird in der Berufsbildung ebenso wie inder Allgemeinbildung unterschiedlich in-terpretiert, was vor allem auf seine An-wendung in unterschiedlichen Zusam-menhängen, wie öffentliche und privateBerufsbildungsträger oder Unternehmen,zurückzuführen ist.

Und schließlich das dritte Thema: dieFörderung der Mobilität, einschließlich derAnerkennung der Befähigungsnachweise.Dank des ersten Programms „Leonardo daVinci“ kamen bereits etwa 150 000 Bür-ger in den Genuß einer grenzüberschrei-tenden Mobilität. Letztere fördert den Er-werb von Berufserfahrung oder das Ab-solvieren einer zusätzlichen Berufsbildungin unterschiedlichen sozialen, beruflichenund kulturellen Umfeldern und spielt da-mit eine nicht zu unterschätzende Rollebei der beruflichen Eingliederung vonJugendlichen.

„In diesem Zusammenhangerscheint es mir äußerstwichtig, einen neuen, gutstrukturierten Rahmen fürdie politische Zusammen-arbeit mit den Mitglied-staaten zu schaffen undfest zu verankern. Es trifftzwar zu, daß die Aktions-programme der Gemein-schaft im Bereich allgemei-ne und berufliche Bildungdie Aktionen der Mitglied-staaten unterstützen undergänzen, doch es trifftebenso zu, daß die von Ar-tikel 150 des Vertrags gebo-tenen Möglichkeiten für dieDurchführung einer ge-meinschaftlichen Berufs-bildungspolitik noch nichtvoll ausgeschöpft sind“.

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Auch Fragen der Anerkennung von Zy-klen, die im Rahmen von Mobilitäts-projekten zum Zwecke der Berufsbildungund/oder des Erwerbs von Berufserfah-rung durchlaufen wurden, sind sehr wich-tig. Die baldige Einführung der dualeneuropäischen Berufsbildungsgänge unddes Europasses Berufsbildung könntebeispielsweise einen sehr nützlichen Bei-trag hierzu leisten.

Bei diesen drei Fragen setzt – wie bei an-deren auch – der Dialog mit den Mitglied-staaten nicht nur eine Neugestaltung derVorgehensweisen und Diskussionen aufpolitischer Ebene voraus, sondern be-inhaltet auch die Einführung eines wis-senschaftlichen und technischen Instru-ments, das es ermöglicht, die gemeinsa-men nationalen Probleme zu ermitteln, sieeinander gegenüberzustellen, die Informa-tion und Erfahrung eines jeden Mitglied-staats zu nutzen und vorbildliche Beispie-le aus der Praxis aufzuspüren und wei-terzugeben.

Die Gemeinschaftspolitik auf dem Gebietder allgemeinen und beruflichen Bildungmuß auf vielfältige Herausforderungeneine Antwort finden, die mitunter sicher-lich nur schwer miteinander in Einklangzu bringen sind. Notwendig ist hier einwirksamerer Einsatz aller Instrumente, diefür Aktionen, für die Zusammenarbeit undfür den Dialog, insbesondere den Dialogmit den Sozialpartnern, zur Verfügung ste-hen.

Der Dialog mit allen Akteuren im Bereichder Berufsbildung muß angeregt werden,um auf die Verwirklichung des Ziels ei-ner lebensbegleitenden Berufsbildunghinarbeiten zu können. Auf europäischerEbene muß dieser Dialog verstärkt wer-den, um die erforderliche Zusammenar-beit zwischen dem Staat, den öffentlichenStellen auf den verschiedenen Ebenen,den Unternehmen, den Sozialpartnernund den Berufsbildungseinrichtungen si-cherstellen zu können.

Im Jahr 2000 wird die zweite Phasedes Programms Leonardo da Vincieingeleitet. Welchen Beitrag kann esIhrer Meinung nach leisten, um diePrioritäten, die Sie aufgezeigt haben,zu verwirklichen?

Neben den politischen Prioritäten möch-te ich auch die Bedeutung des Programms„Leonardo da Vinci“ hervorheben. Diezweite Phase wird am 1. Januar 2000 be-ginnen und 2006 auslaufen. Die Zielset-zungen bleiben im Grunde genommen diegleichen: der Aufbau eines europäischenBildungsraums, um den Herausforderun-gen des Wachstums und der Wettbewerbs-fähigkeit begegnen zu können, und dieFörderung des Ausbaus der Fähigkeitenund Kenntnisse, um die Chancen der be-ruflichen Eingliederung bzw. Wiederein-gliederung mit Hilfe von „grenzüber-schreitenden“ und „auf viele Akteure aus-gerichteten“ Partnerschaften zu erhöhen.Dieses Programm bietet umfangreicheMöglichkeiten für innovative Aktionen,die es in Zukunft voll auszuschöpfen gilt.In diesem Zusammenhang wird es uner-läßlich sein, eine effizientere Verwaltungdes Programms sicherzustellen und gleich-zeitig seine mittelfristige Wirkung zu er-höhen, was insbesondere durch eine an-gemessene Nutzung und Verbreitung derErgebnisse der durchgeführten Projekteerreicht werden kann.

Es muß sichergestellt werden, daß die„beitrittswilligen Länder“ sich erfolgreicham Programm „Leonardo da Vinci“ beteili-gen können, das ja bereits echte „pan-europäische“ Züge angenommen hat. DieÖffnung des Programms „Leonardo da Vin-ci“ für diese sich auf den Beitritt vorberei-tenden Länder hat nämlich bereits einenbeträchtlichen Erfahrungsaustausch ermög-licht, der eine Verbesserung der Qualitätihres Berufsbildungsangebot nach sichgezogen hat. Dieser Prozeß muß natürlichmit der neuen Generation von Aus-bildungs- und Berufsbildungsprogrammenfortgesetzt und verstärkt werden.

Frau Kommissarin Reding,vielen Dank.

„Der Dialog mit allen Akteu-ren im Bereich der Berufs-bildung muß angeregt wer-den, um auf die Verwirkli-chung des Ziels einer le-bensbegleitenden Berufsbil-dung hinarbeiten zu kön-nen. Auf europäischer Ebe-ne muß dieser Dialog ver-stärkt werden, um die er-forderliche Zusammenar-beit zwischen dem Staat,den öffentlichen Stellen aufden verschiedenen Ebenen,den Unternehmen, den Sozi-alpartnern und den Berufs-bildungseinrichtungen si-cherstellen zu können.“

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Kann die Einsatzfähig-keit älterer Erwachse-ner gesteigert werden?

Dominique KiekensUniversität Antwerpen (UIA)

– Fachbereich Sozialrecht

PauletteDe Coninck

Universität Antwerpen (UIA)- Fachbereich Sozialrecht

Die Beschäftigungsfähigkeit wird mitsechs Komponenten von Einsatzfähigkeitin Verbindung gebracht oder auch nur inBeziehung zur Ausbildung gesehen. Beiden sechs Komponenten der Beschäfti-gungsfähigkeit handelt es sich zumeist umgeographische Einsatzfähigkeit (Einsatz-fähigkeit der Beschäftigten an anderenOrten als dem aktuellen Arbeitsort), quan-titative Einsatzfähigkeit (Bereitschaft derBeschäftigten, ihre Arbeit zu wechseln-den Zeiten zu verrichten), funktionaleMobilität (Fähigkeit der Beschäftigten,innerhalb ihres Aufgabenbereichs mehrereAufgaben auszuführen), qualitative Ein-satzfähigkeit (Fähigkeit der Beschäftigten,in unterschiedlichen Aufgabenbereichentätig zu werden), Ausbildungsbereitschaft(Bereitschaft und Motivation der Beschäf-tigten zur Fortbildung) und Veränderungs-bereitschaft (Motivation der Beschäftigten,sich zu verändern und einen Beitrag zumFortbestand der Organisation zu leisten,in der sie tätig sind).

Es herrscht die Auffassung, daß die Men-schen mit zunehmendem Alter nicht mehrSchritt halten könnten, daß sie der For-derung nach flexiblem Verhalten nichtmehr gerecht werden könnten und ins-besondere, daß sie nicht mehr lernfähigseien. Die Fähigkeit, sich (weiter) zu bil-den, ist – bedarf es noch der Erwähnung?– conditio sine qua non für den Verbleibim Arbeitsprozeß beziehungsweise dieWiedereingliederung in den Arbeitspro-zeß. Die Zahlen belegen, daß die Erwerbs-quote in den höheren Altersgruppen wäh-rend der zurückliegenden Jahrzehnte dra-stisch zurückgegangen ist.

Einleitung

Mit dem Beginn des Zeitalters der „Flexi-bilität“, das von den Arbeitnehmern An-passungsfähigkeit und Lernbereitschaftverlangt, wenn sie verhindern wollen, ausdem Arbeitsprozeß ausgeschlossen zuwerden, stellt sich die Frage, ob ältere Er-wachsene diesen erhöhten Anforderungenan Beweglichkeit und Flexibilität gerechtwerden können. Diese Art der Beweglich-keit wird in jüngster Zeit oftmals mit demBegriff „Beschäftigungsfähigkeit“ in Ver-bindung gebracht.

Beschäftigungsfähigkeitälterer Erwachsener1

Der Begriff „employability“ („Beschäfti-gungsfähigkeit“) hielt in der zweiten Hälf-te der 90er Jahre verstärkt Einzug in dieLiteratur über „human resource manage-ment“ (Nutzung der Humanressourcen)und in (europäische) politische Kreise.„Employability“ steht für „employeeadaptability“, für das Vermögen von Ar-beitnehmern also, sich Veränderungen derberuflichen Aufgaben und der Arbeitsum-welt anpassen zu können. Dieser Begriffwurde in Anbetracht unsicherer Arbeits-plätze und instabiler Beschäftigung alsneues Konzept der Arbeitsplatzsicherheitentwickelt („lifelong employability“ (le-benslange Beschäftigungsfähigkeit) anstel-le von „life long employed“ (lebenslangbeschäftigt)). Beschäftigungsfähigkeit undFlexibilität gehören demnach zusammen.

Die Frage, ob die Einsatzfä-higkeit und „employability“(Beschäftigungsfähigkeit)älterer Erwachsener gestei-gert werden kann, gewinntin Anbetracht der Bevölke-rungsalterung und der stetsgeringer werdenden Zahlvon in den Arbeitsmarkteintretenden jungen Men-schen zunehmend an Be-deutung. Der vorliegendeArtikel setzt sich mit derAuffassung auseinander,daß die Menschen mit zu-nehmendem Alter nichtmehr Schritt halten könn-ten und nicht mehr lernfä-hig seien. Ferner wird be-schrieben, welche Fähigkei-ten mit den Jahren abneh-men und welche zuneh-men, und auch, welche Fak-toren den Alterungsprozeßbeeinflussen. Außerdemwerden Perspektiven fürdie Zukunft sowie laufbahn-orientierte Personalpolitikund Mentorentum vorge-stellt.

1) In diesem Artikel werden die Be-griffe „älterer Erwachsener“ und „äl-terer Arbeitnehmer“ nebeneinanderverwendet. Mittlerweile hat sich dieVerwendung des Begriffs „älterer Ar-beitnehmer“ durchgesetzt. Da unterdem Gesichtspunkt der Weiterbildungauch die Weiterbildung Arbeitslosereinbegriffen ist, wird in diesem Arti-kel häufig von „älteren Erwachsenen“gesprochen.

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Im Jahre 1994 betrug die Erwerbsquotealler Erwerbspersonen in der Europäi-schen Union 55 %. In der Gruppe der 50-64jährigen lag dieser Wert bei nur 50 %(in der Gruppe der 25-46jährigen bei81,7 %) (De arbeidsmarkt in Vlaanderen,1996). Den Zahlen von Eurostat zufolgeweist Belgien (1995) die niedrigsteErwerbstätigenquote bei Männern im Al-ter von 50 bis 64 Jahren auf. Es folgenFrankreich, Luxemburg und die Nieder-lande (Tabelle 1). In Belgien und den Nie-derlanden hat das Interesse an der Frageder Einsatzfähigkeit älterer Erwachsenerin den vergangenen fünf Jahren deutlichzugenommen.

Welche Gründe gibt es für diese geringeBeschäftigungsquote? Stimmt das Bild deserstarrten oder unflexiblen älteren Er-wachsenen mit der Wirklichkeit überein?In diesem Artikel soll der Versuch unter-nommen werden, eine Antwort auf dieseFragen zu geben. Die Bildungsfähigkeitund die Lernbereitschaft älterer Erwach-sener spielen hierbei eine große Rolle.

Die Behandlung dieser Problematik stütztsich auf zwei Arten von Material, auf For-schungsergebnisse aus unterschiedlichenFachbereichen und eine Synthese der Er-mittlung der bestehenden Literatur überdie Lernfähigkeit älterer Erwachsener2.Die Untersuchung beschränkt sich aller-dings nicht auf die Lernfähigkeit. Es wer-den darüber hinaus Studien angeführt, dieAufschluß über sonstige, die Einsatzfähig-keit älterer Erwachsener beeinflussendeFaktoren geben. Eine zweite Quelle, dieim Rahmen der vorliegenden Arbeit ge-nutzt wird, sind die Ergebnisse einesForschungsprojekts, das die Verfasser die-ses Artikels 1997 für das IISA3 in mehre-ren Betrieben der Metallindustrie in Ant-werpen durchführten (De Coninck undKiekens, 1997). Dieses Projekt hatte essich zur Aufgabe gemacht, der Frage nach-zugehen, wie ältere Arbeitnehmer in un-terschiedlichen Arbeitsumfeldern einengewissen Grad von Beschäftigungs-fähigkeit erreichen. Abschließend werdendie politischen Lösungsvorschläge erör-tert, die in den vergangenen Jahren ent-wickelt wurden.

Die Einsatzfähigkeit älterer Erwachsenerwird zunehmend als eines der arbeits-marktpolitischen Probleme der kommen-den Jahrzehnte erkannt. Auf die gesell-

schaftlichen Auswirkungen des behandel-ten Themas wird daher ebenfalls kurz ein-gegangen. Es handelt sich um mehrereProbleme, denn das zunehmende Inter-esse an der Einsatzfähigkeit älterer Er-wachsener betrifft verschiedene Aspekteder Gesellschaft.

Die Beschäftigung mit derFrage der Einsatzfähigkeitälterer Erwachsenerhat verschiedene Gründe

Warum soll die Einsatzfähigkeit ältererMenschen verbessert werden? Warum istdieses Thema interessant? Die Antwort aufdiese Frage ist nicht eindimensional, son-dern umfaßt verschiedene Aspekte.

Erstens die Alterung der Bevölkerung.Eine Ursache des Anstiegs des Durch-schnittsalters der Bevölkerung ist auchdarin zu sehen, daß die Jüngeren nichtmehr so zahlreich sind. Dies bedeutet, daßweniger junge Menschen in den Arbeits-markt eintreten. Die Folge ist, daß mehrältere Menschen auf dem Arbeitsmarkt zurVerfügung stehen als junge. Die Unter-nehmen möchten jedoch vor allem jungeArbeitnehmer einstellen. Ihnen wird grö-

„Es herrscht die Auffas-sung, daß die Menschen mitzunehmendem Alter nichtmehr Schritt halten könn-ten, daß sie der Forderungnach flexiblem Verhaltennicht mehr gerecht werdenkönnten und insbesondere,daß sie nicht mehr lernfä-hig seien (...) conditio sinequa non für den Verbleib imArbeitsprozeß beziehungs-weise die Wiedereinglie-derung in den Arbeitspro-zeß.“

2) Eine erste Fassung dieser Studie zurErmittlung der bestehenden Literaturstellte Dominique Kiekens am 25. Mai1998 auf einem wissenschaftlichen Se-minar im Rahmen des ADAPT-ProjektsAGE an der Universität Antwerpenvor.

3) Inter Universitair Instituut voor deStudie van de Arbeid (in Flandern tä-tiges interuniversitäres Institut für dieErforschung der Arbeit)

Tabelle 1

Erwerbsquoten von Männern und Frauenin der Altersgruppe 50-64 in verschiedenen Ländernder Europäischen Union, 1995

Männer Frauen InsgesamtBelgien 51,2 22,3 36,5Dänemark 77,3 53,3 65,2Deutschland 67,3 43,8 55,5Griechenland 69,2 28,8 48,2Spanien 65,8 24,7 44,3Frankreich 54,1 40,2 47,0Irland 72,6 26,3 49,6Italien 56,5 21,1 38,3Luxemburg 54,6 19,5 37,0Niederlande 58,4 29,5 44,0Portugal 70,4 42,9 55,9Vereinigtes Königreich 71,5 51,6 61,4

Quelle: Eurostat (1996)

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ßere Flexibilität und Lernbereitschaft alsälteren Menschen unterstellt. Es mangeltan Vertrauen in die Einsatzfähigkeit älte-rer Erwachsener. Dies führt zu einem vor-zeitigen Ausschluß der Betreffenden vomArbeitsmarkt. In Anbetracht der Entwick-lung der Altersstruktur der Bevölkerungund der fehlenden jungen Menschen istdiese Situation langfristig untragbar. DieGründe hierfür werden im folgenden dar-gelegt.

Die Zahl der älteren Menschen, die in denRuhestand und in den Vorruhestand tre-ten, nimmt zu, was die Sozialversiche-rungskosten ansteigen läßt. Die Kostender Sozialversicherung werden – abhän-gig von dem System – überwiegend vonden Erwerbstätigen aufgebracht. Da dieerwerbstätige Bevölkerung abnimmt, ver-ringert sich auch die Tragfähigkeit derSozialversicherung. Die Belastbarkeit derSozialversicherung hat aufgrund der Über-alterung der Bevölkerung ohnehin schonabgenommen, doch wird sich diese Ten-denz zusätzlich verstärken, wenn Vor-ruhestandsregelungen in großem Umfangeingeführt werden.

Der vorzeitige Ausschluß von Arbeitneh-mern aus dem Arbeitsprozeß kann lang-fristig auch zu einer Ausgrenzung einerbestimmten Bevölkerungsgruppe führen.Und zwar in dem Maße, wie das Systemdes Vorruhestands institutionalisiert wird,wie von älteren Menschen keine gesell-schaftliche Aktivität mehr gefordert wirdund wie die Betreffenden von sich selbstglauben, daß sie nicht mehr für den Ar-beitsmarkt geeignet sind.

Die Bevölkerungsalterung und das vor-zeitige Ausscheiden aus der Erwerbstätig-keit lassen auch den Anteil der Erwerbs-personen schrumpfen, der dem Arbeits-markt zur Verfügung steht. Gleichzeitiggehen die spezifischen Fähigkeiten älte-rer Erwachsener verloren. Ungeachtet dervorherrschenden Meinung über ältereArbeitnehmer kann festgestellt werden,daß diese Gruppe der Bevölkerung überzahlreiche Fähigkeiten verfügt, von de-nen der Arbeitsmarkt profitiert.

Welche Fähigkeiten nehmen mit zu-nehmendem Alter zu und welche ab?

Wie die Untersuchung über die Beschäfti-gungsfähigkeit älterer Metallarbeiter zeigt,

glauben ältere Arbeitnehmer von sichselbst, daß vor allem die physischen Fä-higkeiten mit zunehmendem Alter nach-lassen, während die sozialen und geisti-gen Fähigkeiten im allgemeinen zuneh-men.

Körperkraft, physische Belastbarkeit, Seh-vermögen, Hörvermögen, Gesundheit undRegenerationsvermögen gehören zu denphysischen Fähigkeiten. Die Körperkraftläßt mit zunehmendem Alter allmählichnach, wohingegen beispielsweise die phy-sische Belastbarkeit zwischen 31 und 35Jahren schlagartig und zwischen 41 und50 Jahren weniger stark zurückgeht. Auchin der Entwicklung der Gesundheit ist inder Spanne zwischen 31 und 35 Jahrenein Tiefpunkt festzustellen, und zwischen46 und 50 Jahren nimmt die Gesundheitmit zunehmendem Alter gegenüber denanderen Altersgruppen weniger stark ab.Es kann also nicht von einem Einbruchin der Entwicklung der physischen Fähig-keiten in einem bestimmten Alter die Redesein. Festzuhalten ist jedoch, daß die Ab-nahme der physischen Fähigkeiten in ge-wissen Altersgruppen rascher voranschrei-ten kann als in anderen.

Zu den sozialen und geistigen Fähigkei-ten werden die geistige Eigenständigkeit,die Fähigkeit zu relativieren, die Fähig-keit, zu denken und dann zu handeln,Kreativität, Verantwortungsbewußtsein,Loyalität gegenüber dem Unternehmenund der Umgang mit anderen gezählt. Diegrößte Zunahme mit fortschreitendemAlter verzeichnen die Fähigkeit, zu den-ken und dann zu handeln, das Verantwor-tungsbewußtsein und der Umgang mitanderen. Die Untersuchung ergab außer-dem, daß ältere Arbeitnehmer der Mei-nung sind, sie hätten im Verlauf ihresBerufslebens sehr viele nützliche Erfah-rungen sammeln können.

Welche Berufe eignen sich am bestenfür ältere Arbeitnehmer?

In Anbetracht der Vielzahl an Fähigkei-ten, die erst in höherem Lebensalter zurEntfaltung kommen, wäre es unsinnig, dieälteren Menschen aus dem Arbeitsprozeßauszuschließen. Wie kann erreicht wer-den, daß sie bis ins höhere Alter einge-setzt werden können? Sie müssen zu-nächst während ihrer gesamten berufli-chen Laufbahn ausreichende Entfaltungs-

„Die Einsatzfähigkeit älte-rer Erwachsener wird zu-nehmend als eines der ar-beitsmarktpolitischen Pro-bleme der kommenden Jahr-zehnte erkannt. (...)Erstensdie Überalterung der Bevöl-kerung. Eine Ursache desAnstiegs des Durchschnitts-alters der Bevölkerung istauch darin zu sehen, daßdie Jüngeren nicht mehr sozahlreich sind.“

„(...) ältere Arbeitnehmer[glauben] (...), daß vor al-lem die physischen Fähig-keiten mit zunehmendemAlter nachlassen, währenddie sozialen und geistigenFähigkeiten im allgemeinenzunehmen. (...)Ältere Men-schen sollten keine körper-lich stark beanspruchendeTätigkeit ausüben. Sie soll-ten vielmehr in Funktionentätig werden, in denen Ge-nauigkeit und Präzision ge-fordert werden. (...)ältereMenschen [können] inner-halb des Unternehmens zurSchulung anderer Arbeit-nehmer eingesetzt werden.(...)Ältere Arbeitnehmer er-kennen auch, welche Ein-stellung in einem Unterneh-men gefordert ist. Auch indieser Hinsicht können sieJüngeren Anleitung geben.“

„In Anbetracht der Vielzahlan Fähigkeiten, die erst inhöherem Lebensalter zurEntfaltung kommen, wärees unsinnig, die älterenMenschen aus dem Arbeits-prozeß auszuschließen.“

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möglichkeiten erhalten. Im fortgeschrit-tenen Alter sollten sie dann an den Stel-len eingesetzt werden, an denen insbe-sondere ihre angesammelten Fähigkeitengenutzt werden können. Ältere Menschensollten keine körperlich stark beanspru-chende Tätigkeit ausüben. Sie sollten viel-mehr in Funktionen tätig werden, in de-nen Genauigkeit und Präzision gefordertwerden. Mit zunehmendem Alter verbes-sert sich die Feinmotorik. In Anbetrachtder vor allem sozialen Fähigkeiten unddes im Laufe der Zeit angesammelten Er-fahrungsschatzes können ältere Menscheninnerhalb des Unternehmens zur Schulunganderer Arbeitnehmer eingesetzt werden.Ältere Menschen haben ein Netz von Kon-takten aufgebaut. Sie können die Jünge-ren mit diesen Kontaktpersonen bekanntmachen. Ältere Arbeitnehmer erkennenauch, welche Einstellung in einem Unter-nehmen gefordert ist. Auch in dieser Hin-sicht können sie Jüngeren Anleitung ge-ben. Die genauen Funktionen, die vonälteren Arbeitnehmern ausgeübt werdenkönnen, sind Gegenstand des laufendenADAPT-Projekts AGE. In Zusammenarbeitmit ADULTA (Finnland) und der Hoch-schule Loughborough (England) sollenhier einige operationelle Modelle für dieErhaltung der Einsatzfähigkeit älterer Er-wachsener entwickelt werden. Zu diesemZweck wird eine Broschüre über Bildungund ältere Menschen verfaßt, ROME, einfranzösisches Modell, das berufliche Aus-weichmöglichkeiten untersucht und an-bieten kann und eine Methodik fürMentorentum entwickelt, das heißt eineMethodik, bei der ältere Menschen zuMentoren für andere ältere Menschengeschult werden. Aufgrund der zahlrei-chen Fähigkeiten, die sich im Laufe desLebens entwickeln, können ältere Men-schen weiter auf dem Arbeitsmarkt ein-gesetzt werden.

Ältere Erwachsene,Lernfähigkeitund Lernbereitschaft

Lernfähigkeit und Lernbereitschaft sindimmer mehr zu entscheidenden Voraus-setzungen für eine Fortsetzung der Er-werbstätigkeit geworden. Groot undMaasen van den Brink (1997) stellen fest,daß Weiterbildung – völlig zu Recht – viel-fach als eine gute Möglichkeit betrachtet

wird, den Anteil älterer Menschen an denErwerbstätigen zu erhöhen. Ältere Men-schen beteiligen sich weniger an der be-trieblichen Weiterbildung als jüngere,obwohl sich dies positiv auf ihre Einsatz-fähigkeit auswirkt.

In diesem Artikel sollen die Bildungs-fähigkeit und die Bildungsbereitschaft äl-terer Erwachsener im Mittelpunkt derBetrachtung stehen. Was ist über die Lern-fähigkeit und Lernbereitschaft älterer Er-wachsener bekannt?

Was ist unter Älterwerden zu verstehen,und wer sind ältere Erwachsene? In derVergangenheit wurden bereits unter-schiedliche Definitionen formuliert.

Unterschiedliche Betrachtungsweisendes Älterwerdens

Wissenschaftler verschiedener Fachberei-che heben unterschiedliche Aspekte desAlterungsphänomens hervor.

Biologen konzentrieren sich auf biologi-sche Aspekte, die die Lebenszeit der Men-schen bestimmen. Psychologen hingegenbetrachten schwerpunktmäßig die mit derAlterung einhergehenden Verhaltens-änderungen der Individuen (beispielswei-se die Auswirkungen des Alterns auf Ler-nen, Auswendiglernen, Intelligenz, Fertig-keiten, Motivationen und Emotionen). ImLaufe der Jahre haben Biologen und Psy-chologen verschiedene Kurven des Alte-rungsprozesses ermittelt. Dieser Prozeßwurde im allgemeinen mit den BegriffenWachstum (bis zu einem bestimmten Al-ter), Höhepunkt (in einem bestimmtenAlter) und Niedergang (ab einem be-stimmten Alter) beschrieben und betrafalle Fähigkeiten zugleich. Die Form die-ser Kurve ähnelt einem Hügel und wirddaher auch als „Hügelmetapher“ bezeich-net. Heute stellen Wissenschaftler dasAltern eher als „rechtwinkligen Prozeß“dar, bei dem die Fähigkeiten zunächst biszu einem bestimmten Alter zunehmen, an-schließend entweder gleich bleiben oderzunehmen oder abnehmen und schließ-lich zum Lebensende hin alle gleichzeitigabnehmen. Dieser Ablauf gestaltet sichvon Individuum zu Individuum ganz un-terschiedlich. Bei älteren Erwachsenenkönnen einerseits bestimmte Fähigkeitendurch die Anwendung von Ausgleichs-techniken erhalten bleiben. Sie können

„Heute stellen Wissen-schaftler das Altern (...) als„rechtwinkligen Prozeß“dar, bei dem die Fähigkei-ten zunächst bis zu einembestimmten Alter zuneh-men, anschließend entwe-der gleich bleiben oder zu-nehmen oder abnehmenund schließlich zum Le-bensende hin alle gleichzei-tig abnehmen.“

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beispielsweise auf bestimmte Tätigkeitenmehr Zeit verwenden oder weniger Tä-tigkeiten ausüben, diese wenigen Tätig-keiten im Gegenzug aber genauer undgewissenhafter ausführen. Eine Studieüber Personalleiter zeigt allerdings auch,daß dieser Personenkreis bestimmte Merk-male älterer Arbeitnehmer als stärker undandere als schwächer einstuft. Wie dieIISA-Studie über die Beschäftigungs-fähigkeit älterer Metallarbeiter zeigt, neh-men bestimmte Fähigkeiten mit zuneh-mendem Alter ab und andere Fähigkei-ten zu. Zu den ersteren gehören vor al-lem physische Fähigkeiten, wie Hörver-mögen, Sehvermögen und Gedächtnis.Zunehmende Fähigkeiten sind insbeson-dere soziale oder geistige Fähigkeiten, wiedie Fähigkeit, zu denken und dann zuhandeln, Verantwortungsbewußtsein,Loyalität und Umgang mit anderen.

Soziologen betonen den sozialen Aspektdes Alterungsprozesses. Innerhalb derGesellschaft werden bestimmten Lebens-abschnitten bestimmte Rollenverhaltenzugeordnet. Rollenveränderungen inner-halb von Institutionen, wie beispielswei-se Familie, System der sozialen Sicherheitoder Arbeitsorganisation wirken sich spür-bar auf die Definition von Altern aus.Soziologen untersuchen, wie die Men-schen von der einen Rolle in die anderehinüberwechseln, wie sich das Verhaltender Menschen durch diesen Rollenwechselverändert. Aus Sicht der Soziologen ist mitanderen Worten von Interesse, einerseitswelche gesellschaftlichen Faktoren dieVerhaltensweisen der Menschen beeinflus-sen und andererseits welche Auswirkun-gen auf die Gesellschaft mit dem Verhal-ten der Menschen verbunden sind.

Diese unterschiedlichen Sichtweisen ma-chen deutlich, daß eine große Zahl (phy-sischer, psychischer und gesellschaftli-cher) Faktoren den Alterungsprozeßbeeinflußen. Bei der Untersuchung derälteren Erwachsenen wird es deshalb auchimmer wichtiger, diese unterschiedlichenFormen der Annäherung miteinander zuverbinden oder zumindest nebeneinanderzu stellen.

Wer sind die älteren Erwachsenen?

Die Gruppe der älteren Erwachsenen istzunächst einmal nichts anderes als eineGruppe von Individuen. Jeder Erwachse-

ne altert auf eine sehr individuelle Art undWeise. Im Rahmen der Lebenslauffor-schung betonen Psychologen, daß derLebenslauf des einzelnen sowohl Phasender Stabilität (Erhalt der Fähigkeiten) alsauch Phasen der Veränderung (Zunahmeoder Abnahme der Fähigkeiten) umfas-sen kann. Die Menschen unterscheidensich voneinander, was ihr genetischesMaterial und was das Zusammentreffendieses Materials mit verschiedenen Um-gebungen (Familie, Schule, Arbeitsum-feld) anbelangt.

Andererseits werden bestimmte biologi-sche Merkmale (beispielsweise Geschlechtoder ethnische Zugehörigkeit) mit spezi-fischen sozialen Bedeutungen (Rollen)verknüpft und mehrere Menschen mitgleichartigen Umständen konfrontiert. DieGruppe der älteren Erwachsenen kannsomit, anknüpfend an diese Überlegun-gen, in Untergruppen unterteilt werden(nach Geschlecht, ethnischer Gruppe, Ein-kommensniveau). Henkens kommt in sei-ner Studie zur Ermittlung der bestehen-den Literatur zu dem Schluß, daß ältereMenschen eine vielfältige Gruppe bilden,deren einzelne Mitglieder sich entspre-chend den gewonnenen Erfahrungen undden unterschiedlichen Möglichkeiten, dieihnen zur Verfügung standen, unterschei-den. Die beruflichen Erfahrungen ältererErwachsener sind abhängig von den Fak-toren Beruf, ethnische Zugehörigkeit, Bil-dungsstand, Geschlecht usw. BestimmteFaktoren treten in bestimmten Wirtschafts-sektoren außerdem (zusammen) häufigerauf. Demographen unterteilen die Bevöl-kerung in Kohorten. Kohorten sind alters-homogene Gruppen, die gemeinsame hi-storische Ereignisse erleben, eine gemein-same Form der Sozialisierung durchlau-fen und gemeinsame Normen haben.

Mit anderen Worten, sowohl physische,psychische als auch soziale Faktoren spie-len im Alterungsprozeß eine Rolle. Au-ßerdem ist bekannt, daß die Menschen injeweils unterschiedlichem Lebensalter altwerden und daß sie gleichzeitig in einembestimmten Lebensalter als alt gelten. Sokann beispielsweise ein Mensch erst mit70 Jahren in physischer und psychischerHinsicht alt und dabei bereits seit zehnJahren im Ruhestand sein. Es gibt dem-nach kein festes Alter, ab dem man vonälteren Erwachsenen sprechen kann. Ge-nau so wenig läßt sich ein bestimmtes

„(...)bestimmte Fähigkeiten[nehmen] mit zunehmendemAlter ab und andere Fähig-keiten zu. Zu den ersterengehören vor allem physi-sche Fähigkeiten, wie Hör-vermögen, Sehvermögenund Gedächtnis. Zunehmen-de Fähigkeiten sind insbe-sondere soziale oder geisti-ge Fähigkeiten, wie die Fä-higkeit , zu denken unddann zu handeln, Verant-wortungsbewußtsein, Loya-lität und Umgang mit ande-ren.“

„(.. .) sowohl physische,psychische als auch sozia-le Faktoren spielen im Alte-rungsprozeß eine Rolle. Au-ßerdem ist bekannt, daß dieMenschen in jeweils unter-schiedlichem Lebensalteralt werden und daß siegleichzeitig in einem be-stimmten Lebensalter als altgelten. (...) Es gibt demnachkein festes Alter, ab demman von älteren Erwachse-nen sprechen kann.“

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Alter festsetzen, ab dem ein Arbeitneh-mer als älter gilt.

Sind ältere Erwachsene lernfähig?

Ungeachtet der unterschiedlichen Defini-tionen des Alterungsprozesses und unge-achtet der Schwierigkeiten, eine genaueAltersgrenze zwischen jung und alt zie-hen zu können, bleibt doch die Frage, obältere Erwachsene noch „lernen“ können.Eine Antwort hierauf bieten Neurologie(Alterung des Gehirns), Kognitionswissen-schaft und Sozialpsychologie.

NeurologieNach Birren und Shaie wirkt sich die Al-terung auf das Gehirn wie folgt aus. Eineerste Folge des Alterns ist die Verringe-rung der Zahl der Neuronen (Birren undShaie, 1995). In diesem Zusammenhangist allerdings darauf hinzuweisen, daß dergrößte Verlust an Neuronen in der Kind-heit stattfindet und die meisten Neuronenwährend des ganzen Lebens erhalten blei-ben. Außerdem bewahren ältere Erwach-sene während des gesamten Lebens-zyklus’ ein gewisses Maß an Plastizität.Plastizität bezeichnet den Mechanismus imGehirn, der Voraussetzung für kognitivesund emotionales Wachstum ist. DieserMechanismus läßt sich am besten mit derHerstellung von Verbindungen zwischenNeuronen vergleichen. Wenn wir plötz-lich etwas begreifen, ist in unserem Ge-hirn eine Verbindung zwischen zwei Neu-ronen zustande gekommen. Das kogniti-ve Funktionieren (Lernen) hänge vor al-lem von Verbindungen zwischen Neuro-nen ab und weniger von der Zahl derNeuronen, stellt Kolinsky fest. (1996).

Einige Autoren vertreten die Auffassung,daß im Alter eine Verzögerung der Verar-beitung von Informationen eintritt. Mitzunehmendem Alter werden Informationenlangsamer verarbeitet. Die Reaktion auf dasLernen, also Fähigkeiten und Kenntnisse,stellt sich demnach langsamer ein. AußerFaktoren innerhalb des eigentlichenVerarbeitungsprozesses können auch an-dere Ursachen für diese Verzögerung her-angezogen werden. Nachstehende Fakto-ren können für eine Verzögerung desVerarbeitungsprozesses bei älteren Erwach-senen mit verantwortlich gemacht werden:

Umgebungsfaktoren, wie Beleuchtungund Akustik. Mit zunehmendem Alter ver-

kleinert sich die Pupille (Winn, 1994), fälltdas Fokussieren schwerer (Elworth, 1986)wie auch das Auffangen von Schallwel-len (Mc Dowd, 1988). Ausreichend Lichtund eine gute Akustik können mit ande-ren Worten den Prozeß der Informations-verarbeitung durch ältere Erwachsenebeschleunigen.

Aufgaben und Möglichkeiten des Lehr-auftragsAuch die Gestaltung des Lehrauftragskann eine Verzögerung des Verarbei-tungsprozesses begünstigen. Auf der ei-nen Seite regt eine Auswahl des zu verar-beitenden Materials die Leistungsfähigkeitdes Gedächtnisses an, auf der anderenSeite werden unwichtige Informationen zuLasten wichtiger Informationen verarbei-tet (Bloom, 1976; Guskey, 1997; Block,1971). Auf die Speicherung neuer Infor-mationen soll an dieser Stelle näher ein-gegangen werden. Zum einen behindernneu gespeicherte Informationen die Erin-nerung an früher aufgenommene Infor-mationen. Laut Peterson läßt sich diesemProzeß dadurch entgegenwirken, daß auf-einanderfolgende Lernaufgaben ausrei-chend klar gegeneinander abgegrenztwerden (Peterson, 1983). Zum anderenkann die Aufnahme neuer Informationenaber auch durch vorhandenes Wissen er-schwert werden. Schreibmaschinenkennt-nisse können beispielsweise für das Er-lernen des Umgangs mit dem Computerhinderlich sein (Halasz, 1982). Die Betä-tigung der „Enter“-Taste am Zeilenendeist ein typischer Vorgang beim Schreib-maschineschreiben, der allerdings bei derTextverarbeitung mit einem Computer zu-meist falsch ist. Dies zeigt, daß die neuzu erlernenden Informationen den eige-nen Vorstellungen und den bereits erwor-benen Kenntnisse entgegengesetzt seinkönnen. Für ältere Erwachsene ist dies zu-meist eine schmerzliche Erfahrung. ZuBeginn des Unterrichts sollte die Lehrkraftlaut Bolton daher zunächst die bereitsvorhandenen Fähigkeiten älterer Schülerbestätigen (Bolton, 1978). Danach ist eswichtig, die Bedeutung der neuen Infor-mationen herauszustellen. Schließlichkönnen die neuen Informationen pro-blemlos mit den vorhandenen Kenntnis-sen vereinbart werden. Am Beispiel desUmgangs mit Schreibmaschine und Com-puter bedeutet dies, daß zunächst dasSchreiben mit der Maschine gewürdigtwerden sollte. Später wird der Nutzen der

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rechnergestützten Textverarbeitung erläu-tert, und schließlich werden die Unter-schiede und die Ähnlichkeiten beider Sy-steme aufgezeigt.

Aus neurologischer Sicht sind ältere Er-wachsene lernfähig. Allerdings läuft derLernprozeß bei dieser Bevölkerungsgrup-pe langsamer ab. Wenn jedoch die Umge-bungsfaktoren und bestimmte Merkmaledes Lehrauftrags beachtet werden, kanndieser Verzögerung des Verarbeitungs-prozesses entgegengewirkt werden.

KognitionswissenschaftBirren und Shaie vergleichen die Auswir-kungen der Alterung auf das Gehirn miteinem Reifeprozeß oder einer Weiterent-wicklung im Erwachsenenstadium (Birrenund Shaie, op. cit). Kennzeichnend fürdiesen Prozeß ist, daß Erwachsene mitzunehmendem Alter eine andere Art vonIntelligenz entwickeln. Im Laufe der Jah-re wird die Informationsverarbeitung nachdem bottom-up-Ansatz durch einen top-down-Ansatz ersetzt. Cattel, Horn undSalthouse sprechen in diesem Zusammen-hang von einem Übergang von der „flie-ßenden Intelligenz“ zur „kristallisiertenIntelligenz“ (Cattel, 1987; Horn, 1989;Salthouse, 1984).

Der bottom-up-Verarbeitungsprozeß erfor-dert sehr viel Energie. Er beruht nämlichauf einer intensiven Datensammlung, beider es kaum Rückkopplungen zu vorhan-denen Erfahrungen gibt. Werden Indivi-duen im Alltag oder in einer Lernsituationmit einem völlig neuen Problem konfron-tiert, können sie zur Lösung dieses Pro-blems nicht auf früher gewonnene Erfah-rungen zurückgreifen. In diesem Fall wirdviel Energie darauf verwandt, eine Strate-gie zur Problemlösung zu finden. Der top-down-Verarbeitungsprozeß hingegenstützt sich auf bereits gespeicherte Infor-mationen. Im Rahmen dieses Verarbei-tungsprozesses lassen sich Problemedurch Abrufen der richtigen Informatio-nen lösen.

Der Unterschied zwischen fließender undkristallisierter Intelligenz ist dem Unter-schied zwischen bottom-up- und top-down-Verarbeitungsprozeß vergleichbar.Fließende Intelligenz kommt beispielswei-se in abstrakter Argumentation, schnellerReaktion und schneller Verarbeitung vonInformationen zum Ausdruck, während

sich kristallisierte Intelligenz auf Erkennt-nis und im Verlauf des Lebens gewonne-ne Erfahrungen stützt.

Thijssen stellt eine Beziehung zwischender spezifischen Intelligenz älterer Arbeit-nehmer und der aktuellen Arbeitssituati-on her. Er verwendet in diesem Zusam-menhang den Begriff „Erfahrungskonzen-tration“. Mit Erfahrungskonzentration be-schreibt er den Vorgang, daß mit zuneh-mendem Alter die Zahl der Erfahrungengrößer wird und ihre Unterschiedlichkeitabnimmt. Dieser Prozeß hat sowohl ne-gative als auch positive Folgen. Thijssensieht in der Erfahrungskonzentration je-doch bei raschen, tiefgreifenden Verän-derungen hauptsächlich negative Folgen.Seiner Meinung nach ist die Neigung,neue Qualifikationen durch die Teilnah-me an Schulungen zu erwerben oder denvorhandenen Erfahrungsschatz so auszu-bauen, daß sich die Einsatzchancen er-höhen, dann häufig sehr begrenzt. Ananderer Stelle wird in diesem Artikel zurSprache kommen, daß die Lernbereit-schaft bei älteren Erwachsenen tatsäch-lich nicht selbstverständlich ist.

Ältere Erwachsene haben demnach eineandere Art von Intelligenz als jüngere Er-wachsene. Diese Art der Intelligenz fin-det laut Thijssen bei raschen Veränderun-gen weniger Würdigung. Dementspre-chend behindert Erfahrungskonzentration(hergeleitet von kristallisierter Intelligenzoder der top-down-Verarbeitung von In-formationen) die Lernbereitschaft ältererErwachsener.

SozialpsychologieEs wurden bereits verschiedene Gründeangeführt, die zeigen, daß ältere Erwach-sene Lernfähigkeiten besitzen. Die älte-ren Menschen setzen sie jedoch nur dannumfassend ein, wenn sie von ihren eige-nen Fähigkeiten überzeugt sind. In derLiteratur wird dieser Grundsatz als „self-efficacy“ bezeichnet (Bandura, 1995).„Self-efficacy“ (oder Vertrauen in die ei-genen Fähigkeiten) wird von vier ver-schiedenen Faktoren beeinflußt: Primär-erfahrungen, Sekundärerfahrungen, ver-bales Selbstvertrauen und psychologischeAspekte, die mit dem jeweiligen Zeitpunktselbst zusammenhängen.

Primärerfahrungen sind frühere, in be-stimmten Bereichen gewonnene Erfahrun-

„Kennzeichnend (...) ist,daß Erwachsene mit zuneh-mendem Alter eine andereArt von Intelligenz entwik-keln. Im Laufe der Jahrewird die Informationsver-arbeitung nach dem bot-tom-up-Ansatz durch einentop-down-Ansatz ersetzt.(...)Der bottom-up-Verar-beitungsprozeß erfordertsehr viel Energie. Er beruhtnämlich auf einer intensi-ven Datensammlung, beider es kaum Rückkopplun-gen zu vorhandenen Erfah-rungen gibt. (...) Der top-down-Verarbeitungsprozeßhingegen stützt sich aufbereits gespeicherte Infor-mationen.“

„Ältere Erwachsene haben(...) eine andere Art von In-telligenz als jüngere Er-wachsene. Diese Art der In-telligenz findet laut Thijs-sen bei raschen Verände-rungen weniger Würdigung.Dementsprechend behin-dert Erfahrungskonzen-tration (hergeleitet von kri-stallisierter Intelligenzoder der top-down-Verar-beitung von Informationen)die Lernbereitschaft ältererErwachsener. (...) AußerLernfähigkeit spielt auchLernbereitschaft eine Rolle.Zwischen beiden bestehtnatürlich eine Beziehung.Ein Mensch, der das Gefühlhat, lernen zu können, isteher zur Weiterbildung be-reit. Die Bereitschaft zu ler-nen wird durch günstigeLernbedingungen geför-dert.“

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gen. Individuen, die frühere Erfahrungen(aus der Bildung) und frühere Erfolge(gute Ergebnisse, Lohn-/Gehaltserhöhung,Karriere) vorweisen können, haben grö-ßeres Vertrauen in die eigenen (Lern-) Fä-higkeiten. Positive Erfahrungen haben eingrößeres Vertrauen in die eigene Lern-fähigkeit zur Folge, negative Erfahrungenführen hingegen zu einer allmählichenUnterminierung dieses Vertrauens. Bloomspricht in diesem Zusammenhang vom„akademischen Selbstentwurf“ (Bloom,op. cit.). Sekundärerfahrungen beziehensich im Vergleich hierzu auf die Feststel-lung von erwarteten Fähigkeiten bei an-deren älteren Erwachsenen. Anders aus-gedrückt, das Vertrauen in die eigenenFähigkeiten bei einem älteren Erwachse-nen übt einen positiven Einfluß auf dieFähigkeiten eines anderen älteren Erwach-senen aus. Unter verbalem Selbstvertrau-en ist die Unterstützung beziehungswei-se die fehlende Unterstützung von ande-ren, von Familie, Führungskräften, Leh-rern und Medien, zu verstehen. Bei älte-ren Erwachsenen ist es zum Lernen wich-tig, daß sowohl Führungskräfte als auchLehrkräfte von den Lernfähigkeiten älte-rer Menschen überzeugt sind.

Schließlich sind mit psychologischer Mo-mentaufnahme die Gefühle und Emotio-nen in dem jeweiligen Augenblick desLernens selbst gemeint, die sich positivoder negativ auf die eigenen Fähigkeitenauswirken können.

Die Meinung von Personalleitern vonälteren Menschen – ein sich selbst er-füllendes VorurteilDas Urteil der Führungskräfte über dasLernvermögen älterer Erwachsener beein-flußt das Bild, das sich die Betroffenenvon ihren eigenen Lernfähigkeiten ma-chen. Oftmals werden älteren Menschenkeine Fortbildungsmöglichkeiten angebo-ten. Ihre Unfähigkeit zu lernen bestätigtsich also, weil ein entsprechendes Vorur-teil herrscht. Es gibt eindeutige Hinweisedarauf, daß diese Voreingenommenheitunter Führungskräften und Personalleiternweit verbrei tet is t (Bouman, 1996;Simoens, Denys en Omey, 1995).

Lernbereitschaft

Außer Lernfähigkeit spielt auch Lern-bereitschaft eine Rolle. Zwischen beidenbesteht natürlich eine Beziehung. Ein

Mensch, der das Gefühl hat, lernen zukönnen, ist eher zur Weiterbildung bereit.Die Bereitschaft zu lernen wird durchgünstige Lernbedingungen gefördert.

Künftige ErträgeWie die Untersuchung über die Beschäfti-gungsfähigkeit älterer Arbeitnehmer derMetallindustrie in Antwerpen zeigt, spie-len die Zukunftsperspektiven der Men-schen eine große Rolle, wenn es darumgeht, an Weiterbildungsmaßnahmen teil-zunehmen. Der mit der Weiterbildungverbundene Nutzen in Form von höhe-rem Lohn/Gehalt, Nutzen und Anwend-barkeit im Hinblick auf die Berufsaus-übung, auf Arbeitsplatzsicherheit undLaufbahnperspektiven werden als wich-tige Anreize für eine Teilnahme an Fort-bildungsmaßnahmen anerkannt.

Befragten, die keine Weiterbildungsplänehaben, wurden im Rahmen dieser Unter-suchung mehrere Gründe vorgelegt, wes-halb sie nicht an entsprechenden Maß-nahmen teilnehmen. Sie wurden gebeten,diesen Gründen jeweils eine Punktzahl(von 1 bis 5) (Tabelle 2) zuzuordnen. Diehöchste Punktzahl entfiel auf die Gründe„Dem Weiterbildungsaufwand stehen nurungenügende Laufbahnperspektiven ge-genüber „ und „Weiterbildung ist das fal-sche Mittel“. Dies gilt für die Antwortenim Durchschnitt aller Befragten (jungerwie älterer Menschen). Mit zunehmendemAlter der Befragten wurden diese Gründehäufiger angeführt, wobei die Altersgrup-pe der 41-45jährigen besonders stark ver-treten ist. Mit zunehmendem Alter neh-men die Laufbahnperspektiven der Men-schen ab. Die Bereitschaft zur Weiterbil-dung hängt dann um so mehr von dennoch vorhandenen beruflichen Perspek-tiven ab.

Ein weiteres Ergebnis der genannten Un-tersuchung ist die Tatsache, daß die Be-reitschaft zur Weiterbildung eng mit derBereitschaft zur Flexibilität in anderenBereichen zusammenhängt. Die Bereit-schaft zur Anpassung bei einer Kompo-nente der Beschäftigungsfähigkeit steht inengem Zusammenhang zu der Opferbe-reitschaft bei einer anderen. Bei den an-deren Komponenten (außer Weiterbil-dung) wird der jeweilige Gegenwert inBetracht gezogen. Die Opferbereitschaftkann beispielsweise bei vorübergehenderFlexibilität, die oft mit starkem Arbeits-

„(...) die Zukunftsperspek-tiven der Menschen [spie-len] eine große Rolle, wennes darum geht, an Weiterbil-dungsmaßnahmen teilzu-nehmen. Der mit der Weiter-bildung verbundene Nutzenin Form von höherem Lohn/Gehalt , Nutzen und An-wendbarkeit im Hinblickauf die Berufsausübung,auf Arbeitsplatzsicherheitund Laufbahnperspektivenwerden als wichtige Anrei-ze für eine Teilnahme anFortbildungsmaßnahmenanerkannt.“

„Mit zunehmendem Alternehmen die Laufbahnper-spektiven der Menschen ab.Die Bereitschaft zur Weiter-bildung hängt dann um somehr von den noch vorhan-denen beruflichen Perspek-tiven ab.“

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druck verbunden ist, sehr hoch sein, wennals Gegenleistung ein gutes Angebot un-terbreitet wird, beispielsweise funktiona-le Flexibilität (in bezug auf eine inhalt-lich interessante Tätigkeit). Die Bereit-schaft zur Weiterbildung ist also in dembetrieblichen Gesamtkontext der Arbeit-nehmer zu sehen.

Wie die Untersuchung über die Beschäfti-gungsfähigkeit älterer Arbeitnehmer derMetallindustrie in Antwerpen zeigt, hängtdie Beweglichkeit älterer Arbeitnehmervon der jeweiligen Arbeitsumgebung ab.Faktoren, wie die physische und geistigeBelastung am Arbeitsplatz, die gegebeneArbeitsplatzsicherheit, die als noch vor-handen wahrgenommenen (Laufbahn-)Perspektiven, sind ausschlaggebend fürdie Flexibilität älterer Erwachsener.

In dem vorangegangenen Kapitel wurdeder Einfluß der Arbeitsbedingungen aufdie Lernbereitschaft untersucht. Die Ar-beitsbedingungen spielen allerdings aucheine entscheidende Rolle im Hinblick auf

das vorzeitige Ausscheiden aus dem Ar-beitsmarkt (Van Gageldonk, 1978; VanSantvoort,1982; deZwart et al., 1996; Ra-sche, 1994).

Lösungsvorschlägezur Verlängerungder Einsatzfähigkeitälterer Erwachsener

Forschungsarbeiten in verschiedenenFachbereichen haben die Betrachtung derEinsatzfähigkeit älterer Erwachsener wäh-rend der vergangenen Jahrzehnte auf einebreitere Basis gestellt. Wirtschaftswissen-schaftler verweisen darauf, daß die Höheder Ersatzeinkommen eine wichtige Rol-le spielt (Heyma, 1996). Sozialgeronto-logen und Ergonomen betonen die Be-deutung der physischen und geistigen Be-lastung der Arbeit. Kognitionswissen-schaftler lenken die Aufmerksamkeit aufdie ungleichmäßige Entwicklung der Lern-

Tabelle 2:

Dem Weiterbildungsaufwand stehen nur ungenügende Laufbahnperspektivengegenüber

26-30 31-35 36-40 41-45 46-50 51-55 56-600,0

0,5

1,0

1,5

2,0

2,5

3,0

3,5

4,0

Lebensalter in Klassen zu jeweils fünf Jahren

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fähigkeiten im Laufe des Lebens. Arbeits-und Organisationssoziologen erklären,daß der Mangel an Veränderungsmöglich-keiten der Laufbahn sowie das Fehleneiner ständigen bewußten Beschäftigungmit der zielgerichteten Entwicklung derMenschen in bezug auf ihre Arbeit diezentralen Ursachen für berufliches Schei-tern seien (van den Berg, Frietman,Hetebrij, Joosse, Krot & Ykema-Wei-nen,1996).

Altersorientierte PersonalpolitikWährend der vergangenen Jahre wurdedie Notwendigkeit einer „altersorientiertenPersonalpolitik“ angesprochen (Dresens,1991)4. Eine solche Personalpolitik trägtsowohl den Rückschritts- als auch denWachstumsphasen Rechnung, die sich imLaufe des Lebens ergeben. Sie beinhaltetStrategien für Neuzugänge zu einem Un-ternehmen, für betriebsinterne Laufbah-nen und für Abgänge. Ein besondererSchwerpunkt liegt auf der Notwendigkeiteiner spezifischen, auf ältere Erwachseneabgestellten Weiterbildungspolitik. ImRahmen einer altersorientierten Personal-politik ist Weiterbildung lediglich eineKomponente einer Reihe von Politik-feldern. Altersorientierte Personalpolitikist auch eine vorbeugende Strategie, beider verschiedene Elemente unterschiedenwerden können: Anpassen der Funktio-nen an den Menschen, Verringerung derStreßfaktoren, planvolle Konzeption vonKompetenzentwicklung und Laufbahn-steuerung. In diesem Zusammenhangwerden die verbesserte Nutzung der Fä-higkeiten der Menschen und die Schaf-fung günstigerer Lernbedingungen alswichtige Faktoren herausgestellt.

Anpassung der Funktionen an denMenschenDie Funktionen können der Entwicklungder physischen und geistigen Fähigkeitender Menschen angepaßt werden. In denNiederlanden sind Überlegungen imGange, die Sozialpolitik am Arbeitsplatzmit den auf ältere Arbeitnehmer abge-stellten Vorbeugungsstrategien zu verbin-den.

Auch eine altersorientierte „Zuteilungs-politik“ (unter anderem Wechsel in ande-re Funktionen) kann eine große Rollespielen. Mit der Anpassung der Arbeits-zeit- und Urlaubsregelungen an älter wer-dende Arbeitnehmer kann diese Politik

konkretere Ausgestaltung finden. Auch dieAltersteilzeit gehört zu solchen Möglich-keiten.

Programme für LaufbahnentwicklungJ. van den Berg et al. bevorzugen in die-sem Zusammenhang den Begriff der„laufbahnorientierten Personalpolitik“.Planmäßige Übersichten über künftigeQualifikationsanforderungen und Über-sichten über (nach Altersgruppen diffe-renziertes) Qualifikationspotential in Un-ternehmen werden hier als wichtige Bau-steine betrachtet. (van den Berg, op. cit.).Auch Arbeitsplatzgespräche, die sowohlvon dem Arbeitnehmer als auch dem Ar-beitgeber geleitet werden können, gehö-ren zu dieser Politik. Die Bereitschaft, insich selbst zu investieren, ist bei denMenschen größer, wenn sie ihre Zukunftmitgestalten können. Die Möglichkeiten,die Laufbahn steuern zu können, ist hier-bei wichtig.

Vorurteile der FührungskräfteEin ständiges bewußtes Interesse an derzielgerichteten Entwicklung der Menschenin bezug auf ihre Arbeit setzt einen vor-urteilsfreien Umgang mit älteren Arbeit-nehmern voraus. Die Vorstellungen undErwartungen der Verantwortlichen in denPersonalabteilungen sind, wie weiter obenausgeführt wurde, entscheidende Fakto-ren für die Haltung älterer Arbeitnehmer.Die vorhandenen Vorurteile und Klischeessind oftmals der Grund dafür, daß ältereErwachsene nicht an Weiterbildungsmaß-nahmen teilnehmen. Die logische Folgedavon ist, daß sie mit ihren Kenntnissenins Hintertreffen geraten und die Wahr-scheinlichkeit eines Ausscheidens wächst.Die Bekämpfung dieser Vorurteile vonFührungskräften der Personalabteilungenwird somit als Bestandteil einer alters-orientierten Personalpolitik gesehen.

MentorentumDie Fähigkeiten älterer Erwachsener kön-nen durch die Einführung des Mentoren-tums genutzt werden. Dies ist ein Rück-griff auf die Möglichkeiten der mittelal-terlichen Beziehung zwischen Meister undLehrling, bei denen der ältere Arbeitneh-mer eine Schlüsselrolle bei der Ausbildungjüngerer übernimmt. Wertvolle Kenntnis-se und Erfahrungen werden damit in mehroder weniger institutionalisierter Formweitergegeben. Innerhalb des ADAPT-Pro-jekts AGE erarbeiten die britischen und

4) Im Rahmen der sektorbezogenenInitiative der Angestellten der Metall-industrie in Antwerpen (VIBAM) inder Provinz Antwerpen wurde im Lau-fe des Jahres 1998 ein Plan ausgear-beitet, der darauf abzielte, die Sozial-partner für die Vorstellung von einem„altersorientierten Unternehmen“ zusensibilisieren.

„Planmäßige Übersichtenüber künftige Qualifika-tionsanforderungen undÜbersichten über (nach Al-tersgruppen differenzier-tes) Qualifikationspoten-tial in Unternehmen werden(...)als wichtige Bausteinebetrachtet. (...)Die Bereit-schaft, in sich selbst zu in-vestieren, ist bei den Men-schen größer, wenn sie ihreZukunft mitgestalten kön-nen.“

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finnischen Partner ein Modell für dasMentorentum in der Ausbildungspraxis.

Schlußfolgerung

Der niedrigere Anteil älterer Menschen amArbeitsmarkt ist ein vielschichtiges gesell-schaftliches Problem. In Anbetracht derimmer früher aus dem Arbeitsmarkt schei-denden Menschen stellt sich die Fragenach der Finanzierbarkeit. Ein weiteresProblem ist die soziale Gerechtigkeit. DerGrundsatz, daß Arbeit zentraler Faktor für

die Identität des Menschen ist, gilt auchfür ältere Bevölkerungsgruppen. Auch siehaben ein Recht auf die Freude an derArbeit und auf die sozialen Kontakte, diedie Berufstätigkeit mit sich bringt. Einelängere Einsatzfähigkeit darf aber sicher-lich nicht zu einer generellen Pflicht wer-den. Es wäre ungerecht, Menschen län-ger arbeiten zu lassen, wenn ihnen dieMöglichkeiten hierfür fehlen. Mit ande-ren Worten kann die Einsatzfähigkeit derMenschen nur auf humane Weise verlän-gert werden. Eine diesbezügliche Politikstützt sich auf mehrere Pfeiler.

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Altersbarrieren abbau-en, Wettbewerbspositio-nen ausbauen – Alternund Flexibilisierungaus einer Lebenszyklus-perspektive1 Nach der weit verbreiteten

Ansicht, daß sich das Alternauf die Produktivität und dieFlexibilität negativ auswirke,werden diese Prozesse offen-sichtlich als gegenläufige Ent-wicklungstendenzen aufge-faßt. Der vorliegende Artikelsetzt sich mit den theoreti-schen Grundlagen der Bezie-hung zwischen Altern und Fle-xibilisierung auseinander. Ergeht der Frage nach, in wel-chem Zusammenhang diesebeiden Trends zueinander ste-hen, und versucht dabei, dieseEntwicklungstendenzen auseiner Gesamtlebenszyklus-perspektive zu untersuchen.Der Artikel dokumentiert, daßdie eher pessimistische An-nahme über die Wirkung desAlterns auf die Leistungsfähig-keit der Unternehmen und derGesamtwirtschaft empirischkaum nachgewiesen ist undweitgehend auf einer traditio-nellen Sichtweise der Rolle desArbeitsmarktes und des Sozial-staates beruht. In einer flexi-blen Volkswirtschaft, die hoheAnforderungen stellt, ist eineandere Reaktion des Sozial-staates und der Unternehmenauf die Alterungsproblematikgefordert, die eine ausgewoge-nere Verteilung von Erwerbs-arbeit, Ausbildung und Freizeitüber den gesamten Lebens-zyklus herbeiführt. Hierzumüssen betriebliche Strategiengefördert werden, die kontinu-ierliche Humankapitalinvesti-tionen über den gesamtenErwerbsverlauf der Arbeitneh-mer durch Berufsberatung, fle-xible Arbeitsverfahren und hö-here Investitionen in allgemei-ne und berufsbezogene Aus-und Weiterbildungsangebotein den Unternehmen vorse-hen.

Einleitung

Nach der weit verbreiteten Ansicht, daßsich das Altern auf die Produktivität unddie Flexibilität negativ auswirke, geltenAltern und Flexibilisierung offensichtlichals gegenläufige Entwicklungstendenzen.Dieser Artikel setzt sich mit den theoreti-schen Grundlagen der Beziehung zwi-schen Altern und Flexibilisierung ausein-ander. Er geht der Frage nach, in welchemZusammenhang diese beiden Entwick-lungstendenzen zueinander stehen, undversucht dabei, die Kluft zwischen die-sen scheinbar unvereinbaren Welten zuüberbrücken.

Daß Flexibilität und Altern in engem Zu-sammenhang zueinander stehen, folgt ausder Definition der Flexibilität gemäßDahrendorf (OECD, 1986): „Flexibilitätkann als die Fähigkeit von Systemen, Or-ganisationen und Einzelpersonen verstan-den werden, sich durch Übernahme neu-er Strukturen oder Verhaltensmuster angewandelte Bedingungen anzupassen.“Freilich wird gemeinhin davon ausgegan-gen, daß die Flexibilität im Sinne der Fä-higkeit zur Anpassung an gewandelteBedingungen durch Verhaltensumstellungmit fortschreitendem Alter abnehme. VieleAutoren (so etwa Kling, 1995) prophezei-en, daß sich in zunehmendem Maße das„flexible Unternehmen“ durchsetzen wer-de, das besser dafür gerüstet sei, sich aufgewandelte Bedingungen einzustellen.Wenn dem so ist, wird sich infolge des

erwarteten Nachlassens der Flexibilität mitzunehmendem Alter die Position von äl-teren Arbeitnehmern in Zukunft ver-schlechtern. Das „flexible Unternehmen“dürfte in erster Linie jüngere, flexiblereund billigere Arbeitskräfte beschäftigen.Analog dazu wird davon ausgegangen,daß die Produktivität mit steigendem Al-ter zu- und wieder abnehme, ein Argu-ment, das zur Rechtfertigung von alters-selektiven Einstellungs- und Entlassungs-praktiken herangezogen wird.

Altersselektive Vorgehensweisen in derbetrieblichen Personalpolitik werden invielen Ländern durch großzügige Vor-ruhestandsregelungen gefördert, die so-wohl die Gewerkschaften, die Arbeitge-ber als auch der Staat für gerechtfertigthalten. Diese zielen darauf ab, Personal-überhänge zu beseitigen, eine Umvertei-lung der Beschäftigung von Alt auf Jungherbeizuführen, die Produktion in Zeitender Rezession auf eine rückläufige Nach-frage abzustimmen und hochbezahlte äl-tere Arbeitnehmer durch billigere Nach-wuchsarbeitskräfte zu ersetzen (Johnson& Zimmermann, 1993). Altern und Flexi-bilisierung werden von einem volkswirt-schaftlichen Standpunkt aus als gegenläu-fige Entwicklungstendenzen eingestuft.Dementsprechend wird angenommen,daß das Altern der Erwerbsbevölkerungdie Modernisierung der Wirtschaft gefähr-den, die Arbeitnehmerstückkosten in dieHöhe treiben (aufgrund dessen, daß dieBerufserfahrung in den meisten Lohn- undGehaltsvereinbarungen mitberücksichtigt

Ruud J. A. MuffelsProfessor für Arbeitsmarktund soziale Sicherheit unddie Sozioökonomik desAlterns am Zentrum fürArbeits- und Organisations-forschung (WORC) derKatholischen UniversitätBrabant in Tilburg(Niederlande)E-Mail:[email protected]

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wird) und die wirtschaftliche Wettbe-werbsfähigkeit schwächen werde.

Diese Annahmen werden im folgendeneingehender untersucht. Es wird ausge-lotet, wie die Unternehmen und der Sozi-alstaat am sinnvollsten auf die vermeint-lichen Wohlstandseinbußen infolge desAlterns reagieren können; zudem werdeneinige neue Verfahren zur Verbesserungder Kosten-Ertrags-Bilanz des Alterns überden Lebenszyklus erörtert.

Altern aus einerLebenszyklusperspektive

Demographen haben verschiedentlich aufdie Folgen des Alterungsprozesses auf-merksam gemacht. Neben einem gewan-delten Fortpflanzungsverhalten steigt au-ßerdem die Lebenserwartung der Men-schen langfristig an. Die alternde Bevöl-kerung und Arbeitnehmerschaft kann fürdie Betriebe unter Umständen erheblicheKosten mit sich bringen, bedingt durchdie Notwendigkeit zur Finanzierung im-mer umfangreicherer Ruhegeldzahlungensowie – indirekt – wachsender Ausgabenfür das Gesundheitswesen (Johnson et al.,1992, 1993). Ebenso wird sie den jünge-ren Generationen große Belastungen inForm von höheren Steuern und Abgabenoder Versicherungsbeiträgen auferlegen.Das Altern der Belegschaften wird zudemden Druck auf das innerbetriebliche Lohn-und Gehaltsverhältnis zwischen älterenund jüngeren Arbeitnehmern erhöhen.Falls die Unternehmen hierauf wie in derjüngsten Vergangenheit mit einer Verkür-zung der Lebensarbeitszeit und einer Ver-ringerung ihrer Aus- und Weiterbildungs-investitionen reagieren, werden sie sichkünftig wachsenden direkten Lohn- undGehaltskosten infolge der Verknappungdes Arbeitskräftenachwuchses sowie stei-genden indirekten Lohn- und Gehaltsko-sten angesichts einer zunehmenden Steu-ern- und Abgabenbelastung ausgesetztsehen.

Entscheiden sich die Betriebe statt des-sen dafür, einen anderen Kurs einzuschla-gen, könnten sie durch verstärkte Inve-stitionen in Weiterbildungsmaßnahmen fürältere Arbeitnehmer bewirken, daß sichdas Verhältnis zwischen der Produktivitätund den Löhnen/Gehältern älterer Arbeit-

nehmer verbessert. Wie die Ergebnisseeinschlägiger Studien nahelegen, gehenflexible innerbetriebliche Arbeitsverfahrenmit höheren Aus- und Weiterbildungs-investitionen Hand in Hand (OECD, 1999).Die Rentabilität solcher Maßnahmenkönnte durch längere innerbetrieblicheBeschäftigungs- und Fortbildungslauf-bahnen und eine geringere Inanspruch-nahme von Vorruhestandsregelungen er-höht werden.

Die traditionelle pessimistische Sichtweiseder Folgen des Alterns geht – ebenso wiedie volkswirtschaftliche Theorie – davonaus, daß die Belastungen durch die wach-senden Ausgaben der Gesellschaft für äl-tere Menschen zu einem Rückgang desWirtschaftswachstums, höheren Steuern,einem Absinken des allgemeinen Lebens-standards und einem schwindenden ge-sellschaftlichen Zusammenhalt zwischenden älteren und den jüngeren Generatio-nen führen werden (Johnson & Falking-ham, 1992).

Allmählich setzt sich jedoch immer mehrdie Überzeugung durch, daß sich demo-graphische Entscheidungen auf Mikro-ebene nachhaltig auf das wirtschaftlicheVerhalten und Wohl der Wirtschafts-subjekte (Arbeitnehmer, Haushalte) wäh-rend des Lebenszyklus auswirken. Einsolcher demographischer Ansatz erweistsich für die Untersuchung der Lebens-zykluswirkungen des Alterns als äußerstzweckmäßig (Falkingham & Hills, 1995).Dies wirft die Frage auf, welche Lehrenman aus der Lebenszyklustheorie über dieBeziehung zwischen Altern und Flexibili-sierung ziehen kann.

Die Lebenszyklustheorie befaßt sich mitder Allokation und Verteilung von wirt-schaftlichen Ressourcen über den Lebens-zyklus. Sie geht davon aus, daß wirtschaft-liche Entscheidungen in bezug auf dieInvestition in Humankapital, das Beschäf-tigungsangebot und das Sparverhalten mitBlick auf die gesamte Lebensspanne ge-troffen werden. Entscheidungsregel ist dieAuswahl derjenigen Alternative, die dis-kontiert über den Gesamtlebenszyklusden höchsten derzeitigen Nutzenwert ge-währleistet. Das Alter bzw. der jeweiligeLebensabschnitt haben auf diese Entschei-dungen einen mitbestimmenden Einfluß.Menschen in früheren Lebensabschnittenverhalten sich in bezug auf das Beschäf-

1) Eine frühere Fassung dieses Bei-trags wurde auf dem Kongreß „Ageingand f lex ib i l i sa t ion. Conf l ic t ingtendencies?“ (Altern und Flexibilisie-rung – gegensätzliche Tendenzen?)präsentiert, der am 20. November1996 am Arbeits- und Organisations-forschungszentrum, WORC, der Ka-tholischen Universität Brabant inTilburg stattfand.

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tigungsangebot, den Konsum und dieErsparnisbildung anders als solche in spä-teren Lebensphasen. Die Erzeugung undVerteilung von Ressourcen über denLebenszyklus wird zudem von Lebens-ereignissen beEinflußt, die Entscheidun-gen für den Übergang von einem Stadi-um in ein anderes herbeiführen. Die so-ziologische Lebenslauftheorie wendet eineähnliche Argumentation an und betrach-tet die Auswirkungen von Lebensereig-nissen auf die Übergänge von einem Sta-dium in ein anderes. Diese Theorie stütztsich auf den Grundsatz der Heterogenitätoder Differenzierung; dieser besagt, daßdas Alter die kumulativen Erfahrungen derMitglieder einer Kohorte über die Zeit wi-derspiegelt, infolge derer diese unter-schiedliche Lebenswege einschlagen(Marshall, 1995). Gemäß dieser Theorieentspricht die Vorstellung von einer ho-mogenen älteren Bevölkerungsgruppenicht der Realität.

Die volkswirtschaftliche Theorie desAlterns (Estes et al., 1982, Phillippson,1982) baut auf der soziologischenLebenslauftheorie auf und setzt sich mitdem massenhaften Ausscheiden ältererArbeitnehmer aus dem Arbeitsleben infortgeschrittenen industrialisierten Volks-wirtschaften in den 60er und 70er Jahrenauseinander. Der Eintritt in den Ruhestandwird dabei als „gesellschaftlich konstru-iert“ beurteilt, als willkürliche institutio-nalisierte Praxis zur Ausgrenzung ältererMenschen, durch die diese vom Sozial-staat abhängig gemacht werden. Vertre-ter dieser Theorie sind der Auffassung,daß der Staat in Kombination mit denaltersselektiven Vorgehensweisen derUnternehmen und der kurzsichtigen Po-litik der Gewerkschaften entscheidend zudiesem Prozeß beigetragen haben (Laczko& Phillippson, 1991). Aus diesem Grundewird dieser als „altersdiskriminierendergesellschaftlicher Vorgang“ bezeichnet,der dazu diene, ältere Menschen en mas-se aus der Erwerbsbevölkerung auszu-schließen (Walker, 1990).

Von der Altersdifferenzierung zurAltersintegration

In politischer Hinsicht ist der Lebenslauf-ansatz hochinteressant. Er stellt die Gül-tigkeit der klassischen Vorstellung von dendrei Lebensphasen – „zu jung zum Arbei-ten“, „alt genug zum Arbeiten“ und „zu

alt zum Arbeiten“ – grundsätzlich in Fra-ge (Krain, 1995). Ein grundlegendes Merk-mal des Wandels auf dem Arbeitsmarktist die Verkürzung der Lebensarbeitszeitinfolge einer längeren Ausbildungsdauer,des Eintritts in den Vorruhestand oder desRückzugs aus dem Erwerbsleben. Aus derSicht der Lebenszyklustheorie ist dies einAnachronismus. Der Strukturwandel inden meisten westlichen Industriestaatenbeinhaltet nämlich nicht nur die Verän-derung der Erwerbsstrukturen, sondernauch eine zunehmende Langlebigkeit derBevölkerung und somit eine Verlängerungdes Lebensabschnitts, in dem vermehrtgesundheitliche Beschwerden auftreten,einen Anstieg des durchschnittlichen Le-bensstandards, einen Rückgang der Ge-burtenhäufigkeit, ein geändertes Ge-schlechterverhältnis bezüglich der Teil-nahme am Erwerbsleben sowie schwin-dende familiäre Strukturen. Heutige Le-bensläufe passen nicht mehr in die kon-ventionelle Vorstellung von den drei klarvoneinander abgegrenzten Lebensab-schnitten hinein. Laut Krain muß diesekonventionelle Vorstellung aufgegebenund durch ein Konzept des „positivenAlterns“ („ageing well“) ersetzt werden,das eine ständige Verflechtung von Aus-bildung, Erwerbsarbeit und Freizeit überden gesamten Lebenslauf herbeiführensoll. Dies bedeutet eine Wende von derAltersdifferenzierung zur Altersintegration(Riley et al., 1994), bei der Ausbildung,Erwerbsarbeit und Freizeit gleichzeitigerfolgen und nicht etwa nacheinander.Dadurch verwischen sich die Grenzenzwischen Erwerbsarbeit, Bildung und Frei-zeit immer mehr. Die für diese drei Aspek-te des Lebens aufgewendete Zeit wird sichkünftig gleichmäßiger über den berufli-chen Werdegang und den Lebenszyklusverteilen; die Vorstellungen vom lebens-langen Lernen sind insofern eng an einelebenslange Erwerbsarbeit und die lebens-lange Ausübung von Freizeitaktivitätengeknüpft.

Über die Auswirkungen der Anwendungdes Lebenszyklusansatzes auf das Wohl-ergehen der Menschen und die Leistungs-fähigkeit von Unternehmen und Wirt-schaftssystemen ist nur wenig bekannt.Dieser wirft jedoch ein neues Licht aufdie Gestaltung und den Inhalt der betrieb-lichen und sozialstaatlichen Politik undermuntert zu einer besseren Verteilung derArbeitszeit, familiären Pflegeverpflich-

„In politischer Hinsicht istder Lebenslaufansatz hoch-interessant. Er stellt dieGültigkeit der klassischenVorstellung von den drei Le-bensphasen – „zu jung zumArbeiten“, „alt genug zumArbeiten“ und „zu alt zumArbeiten“ – grundsätzlich inFrage (…). (…) diese kon-ventionelle Vorstellung(muß) aufgegeben unddurch ein Konzept des ‚po-sitiven Alterns‘ (‚ageingwell‘) ersetzt werden, daseine ständige Verflechtungvon Ausbildung, Erwerbs-arbeit und Freizeit über dengesamten Lebenslauf her-beiführen soll. Dies bedeu-tet eine Wende von derAltersdifferenzierung zurAltersintegration (…), beider Ausbildung, Erwerbs-arbeit und Freizeit gleich-zeitig erfolgen und nichtetwa nacheinander.“

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tungen und Beurlaubung zu Weiterbil-dungszwecken über das gesamte Erwerbs-leben. Flexiblere Ruhestandsregelungenund Arbeitsverfahren (Jobrotation, stärke-re Einbeziehung der Arbeitnehmer, team-basierte Arbeitsorganisation usw.) und In-vestitionen in Aus- und Weiterbildungs-maßnahmen, insbesondere auch für älte-re Arbeitnehmer, sind einige von mehre-ren Möglichkeiten, die sich aus dieser Per-spektive anbieten.

Altern, Humankapitalund Produktivität

Die Lebenszyklustheorie lenkt die Auf-merksamkeit auf die Frage, wie sich dieZugehörigkeit zu einer bestimmten Alters-kohorte auf die Entwicklung der persönli-chen wirtschaftlichen Stellung über denLebenszyklus auswirkt. In dieser Bezie-hung stützt sie sich auf die Theorie desHumankapitals (Becker, 1964; Mincer,1974, 1993). Die Humankapitaltheorie setztsich mit dem Kompetenzangebot und denInvestitionen in Humankapital auseinan-der. Die Einkommen der Arbeitnehmer stei-gen im Laufe des Lebenszyklus bedingtdurch die Anhäufung von Humankapitalaufgrund wachsender Berufserfahrung undam Arbeitsplatz erworbener Kompetenzenoder infolge von allgemeinen bzw. beruf-lichen Aus- und Weiterbildungsmaßnah-men. Die Humankapitaltheorie geht davonaus, daß das Altern der Erwerbsbevöl-kerung einen Anstieg der Arbeitskräfte-kosten herbeiführen wird. Ältere Men-schen, die ihren Arbeitsplatz verlieren oderwegen einer Behinderung aus einem Be-schäftigungsverhältnis ausscheiden, dürf-ten somit geringe Chancen auf eine Neu-beschäftigung haben.

Die schwache Stellung älterer Menschenberuht auf ihren allzu betriebsspezifischenKompetenzen, einer unzeitgemäßen oderveralteten Humankapitalausstattung, demzu kurzen Amortisierungszeitraum fürHumankapitalinvestitionen bei älteren Ar-beitnehmern sowie negativen Vorstellun-gen über die potenzielle Produktivität die-ser Gruppe. Angesichts des rapiden Wan-dels der Kompetenzanforderungen sinktder Humankapitalwert älterer Arbeitneh-mer infolge der altersbedingt nachlassen-den Lernfähigkeit und der weit verbreite-ten Auffassung, daß die Produktivität ei-

nes Arbeitnehmers mit fortschreitendem Al-ter abnehme. Nach Auswertung von 28 ein-schlägigen Studien gelangte Doeringer(1990) zu dem Schluß, daß die Leistungs-fähigkeit älterer Arbeitnehmer nicht not-wendigerweise höher oder geringer ist alsdie von jüngeren Arbeitnehmern, dochkönnen andere Faktoren wie z.B. Motiva-tion, Selbstständigkeit, Erfahrung und be-rufliche Anforderungen die Leistung mitfortschreitendem Alter beeinflussen. AuchForschungsarbeiten von Industrie- undSozialpsychologen (Warr, 1994) legennahe, daß die Beziehungen zwischen Al-ter und Produktivität komplexer Natur sind.In fast allen Fällen treten offenbar inner-halb einer Altersgruppe größere Produkti-vitätsunterschiede auf als zwischen ver-schiedenen Altersgruppen. Wie Untersu-chungen aus den Niederlanden zeigen,steigt die Produktivität mit fortschreiten-dem Alter bis zu bestimmten Grenzwertenan, welche je nach Umfang und Reichweiteder „innerbetrieblichen Humankapital-investitionen“ variieren (Gelderblom et al.,1992). In Betrieben, die mehr Zeit undAnstrengungen auf die Aus- und Weiter-bildung von älteren Beschäftigten verwen-den, kommt es zu Produktivitätszuwäch-sen, da die Altersgrenze, ab der die Pro-duktivität der Arbeitnehmer allmählichnachläßt, weiter hinausgeschoben wird.Dies bestätigt die Ergebnisse zahlreicherempirischer Studien, in denen eine positi-ve Korrelation zwischen der Aus- undWeiterbildung und dem Anstieg des Ein-kommens bzw. der Produktivität festge-stellt wurde (Bartel, 1995, Black und Lynch,1996, sowie Boon, 1998).

Deutlicher Rückgang der Erwerbs-teilnahme älterer Arbeitnehmer

Die Erwerbsquoten von Männern undFrauen ab 55 Jahren sind zwischen demEnde der 70er Jahre und dem Beginn der90er Jahre auffallend gesunken. DieserTrend fiel jedoch in verschiedenen Län-dern ausgesprochen unterschiedlich aus.Besonders deutlich war der Rückgang inDeutschland, den Niederlanden, Frank-reich und im Vereinigten Königreich, wäh-rend er sich in Schweden, den Vereinig-ten Staaten und Japan nur mäßig oderauch überhaupt nicht bemerkbar machte.

Die rückläufige Erwerbsteilnahme ältererArbeitnehmer läßt sich am besten anhandvon Pull- und Push-Faktoren erklären, die

„Angesichts des rapidenWandels der Kompetenzan-forderungen sinkt der Hu-mankapitalwert älterer Ar-beitnehmer infolge der al-tersbedingt nachlassendenLernfähigkeit und der weitverbreiteten Auffassung,daß die Produktivität einesArbeitnehmers mit fort-schreitendem Alter abneh-me. Nach Auswertung von28 einschlägigen Studiengelangte Doeringer (1990)zu dem Schluß, daß die Lei-stungsfähigkeit älterer Ar-beitnehmer nicht notwen-digerweise höher oder ge-ringer ist als die von jünge-ren Arbeitnehmern, dochkönnen andere Faktorenwie z.B. Motivation, Selb-ständigkeit, Erfahrung undberufliche Anforderungendie Leistung mit fortschrei-tendem Alter beeinflussen.(…) offenbar (treten) inner-halb einer Altersgruppegrößere Produktivitätsun-terschiede auf als zwischenverschiedenen Altersgrup-pen.“

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das Ausscheiden aus der erwerbstätigenBevölkerung bedingen. Als Pull-Faktorenwirken die Gestaltung der Rentensystemeund Anreize zum frühzeitigen Ausschei-den aus dem Erwerbsleben durch groß-zügige Sozialleistungssysteme. Die hohenErwerbsquoten von Männern im Alter von55 bis 65 Jahren in Schweden lassen sichetwa darauf zurückführen, daß das dorti-ge Rentensystem sowohl einen vorgezo-genen Ruhestand als auch die Hinauszö-gerung des Ruhestands bis zum Alter von70 Jahren gestattet. Weitere Pull-Faktorensind institutionelle Beschränkungen undVorschriften, die wie etwa in den Verei-nigten Staaten altersdiskriminierende Ver-fahrensweisen auf dem Arbeitsmarkt ver-bieten. U.a. aus diesem Grunde liegen dieErwerbsquoten von Personen über 65 Jah-ren in den USA deutlich höher als inEuropa.

Zu den Push-Faktoren gehören der An-stieg der strukturbedingten Arbeitslosig-keit, Rationalisierungsprozesse in denIndustriegesellschaften und der zuneh-mende Anteil von Arbeitnehmern in fle-xiblen Arbeitsverhältnissen. Nach Ansichtder Vertreter des strukturellen Erklärungs-ansatzes läßt sich die Entstehung einerVielzahl von Ausstiegswegen aus demErwerbsleben durch sozialpolitische Maß-nahmen nicht aufhalten. Der Trend zurFlexibilisierung von Ruhestandsrege-lungen, Arbeitszeiten, Arbeitsverfahrenund Beschäftigungsverhältnissen gilt alseiner davon.

In den 80er und 90er Jahren trat die Ent-wicklung der Ausstiegswege aus dem Er-werbsleben in eine neue Phase (Heuvelet al., 1992; Johnson et al., 1995). DerWandel der Ruhestandsregelungen voll-zog sich seit den 60er und 70er Jahren indrei Stufen. Zuerst erfolgte ein Übergangvon starren zu flexibleren Systemen, dannein Übergang vom vorgezogenen Vollzeit-ruhestand zu flexibleren Altersgrenzen,Altersteilzeitregelungen und einem schritt-weisen Rentenbeginn und schließlich einÜbergang von kollektiven zu individuel-len, streng privatwirtschaftlich organisier-ten Systemen (Lebensversicherungen undprivaten Sparformen). Die Flexibilisierungdes Übergangs in den Ruhestand wird ander zunehmenden Anwendung von Ab-findungen und Abgangsprämien, einer fle-xiblen Renteneintrittspraxis und Arbeits-losigkeits- und Berufs-/Erwerbsunfähig-

keitsvereinbarungen in den 80er und 90erJahren erkennbar (Hayward et al., 1994;Kalisch und Aman, 1997). Den Betriebenbietet sich dadurch eine Vielzahl von Ver-fahren zur Entlassung von Beschäftigtenin den Ruhestand, die ihnen eine zahlen-mäßige Anpassung ihrer Belegschaftenohne nennenswerten Widerstand von sei-ten der Gewerkschaften oder des Staatesermöglichen.

Aus allgemeinerer gesellschaftlicher Per-spektive verloren verbindliche Rentenein-trittssysteme somit ihre zentrale Bedeu-tung zugunsten eines breiten Spektrumsvon Möglichkeiten zum Ausscheiden ausdem Erwerbsleben. Folglich gestaltete sichder Übergang vom Erwerbsleben in denRuhestand nun wesentlich fließender.Pollan und Levine (1995) deuten dies als„Zerfall des Ruhestands“, da die Bedin-gungen für den konventionellen Eintrittin das Rentenalter allmählich verschwun-den seien. Nach Auffassung von Guille-mard (1989) ist diese Entwicklung Aus-druck einer Entstandardisierung bzw. Fle-xibilisierung des Lebenslaufs.

Die Flexibilisierung der Arbeits-strukturen

Die Heranbildung der verschiedenenWege zum vorzeitigen Ausscheiden ausdem Erwerbsleben erfolgte im Zuge ei-ner zunehmenden Flexibilisierung der Ar-beitsbedingungen, -zeiten und -verträge.Der ideale Betrieb ist eine schlanke, an-passungsfähige Organisation, in der derWandel ein zentrales Element und einegrundlegende Voraussetzung für das Über-leben und den Erfolg des Unternehmensbildet. Stabilität und die Unfähigkeit zurBewältigung von Veränderungen geltenals fundamentale Bedrohungen für dieOrganisation (Krain, 1995). Hieraus ergibtsich jedoch die Frage, wie sich Betriebeauf die neuen Flexibilitätsanforderungeneinstellen, die infolge geänderter Markt-bedingungen und eines gewandelten wirt-schaftlichen und technologischen Umfeldsan sie gestellt werden. Die Notwendig-keit zur Schaffung einer flexibleren Or-ganisation hat zur Entstehung einer Viel-zahl von neuen Beschäftigungsformengeführt, durch die sich das konventionel-le Bild von der Erwerbsarbeit über dengesamten Lebenszyklus in den meistenwestlichen Volkswirtschaften radikal ge-wandelt hat (Bosch, 1995).

„Die Flexibilisierung desÜbergangs in den Ruhe-stand wird an der zuneh-menden Anwendung vonAbfindungen und Abgangs-prämien, einer flexiblenRenteneintrittspraxis undArbeitslosigkeits- und Be-rufs-/Erwerbsunfähigkeits-vereinbarungen in den 80erund 90er Jahren erkennbar(…). Den Betrieben bietetsich dadurch eine Vielzahlvon Verfahren zur Entlas-sung von Beschäftigten inden Ruhestand, die ihneneine zahlenmäßige Anpas-sung ihrer Belegschaftenohne nennenswerten Wi-derstand von seiten der Ge-werkschaften oder des Staa-tes ermöglichen.“

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Fest steht, daß das Altern der Erwerbs-bevölkerung und die zunehmende Flexi-bilisierung der Arbeit zueinander in Be-ziehung stehen. In weiten Kreisen wirddarüber diskutiert, welchen Einfluß insti-tutionelle Beschränkungen und starreArbeitsmarktstrukturen auf die Entstehungvon flexiblen Beschäftigungsverhältnissenhaben. Eine solche Rigidität resultiert ausden rechtlichen Gepflogenheiten, aus derFunktionsweise von Märkten und Institu-tionen sowie aus den jeweils vorliegen-den formalen Vorschriften und unge-schriebenen Regeln in bezug auf einemehr oder weniger ungehinderte Einstel-lung und Entlassung von Arbeitskräftenoder den Schutz des Arbeitsplatzes(Emerson, 1988; Droit et al., 1992; Bet-ten, 1995; Danner, 1996; O’Brien Hylton,1996). Auf aktuelle Trends im Zusammen-hang mit der Zunahme verschiedener Ar-ten von flexiblen Beschäftigungsverhält-nissen und deren Auswirkungen auf dieArbeitsmarktposition älterer Arbeitnehmerwird im folgenden eingegangen.

Altern, Arbeitsplatzschutz und starreLohn- und Gehaltsstrukturen

Es wird argumentiert, daß restriktiveKündigungsregelungen die Betriebe dazuanimierten, eher vorübergehende undzeitlich befristete Beschäftigungsverträgeabzuschließen als Dauerarbeitsplätze zuschaffen, um so die Arbeitsplatzschutzvor-schriften zu umgehen. Folglich geht derrelative Anteil der Dauerarbeitsplätze zu-rück (Grubb & Wells, 1993). Je mehr be-fristete Arbeitsstellen geschaffen werden,desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit,daß ältere Arbeitslose, bedingt durch ihrerelativ hohen Lohn- bzw. Gehaltsansprü-che – also das Mindesteinkommen, für dassie bereit sind, ein Stellenangebot anzu-nehmen –, eine Beschäftigung finden wer-den. Je schneller sich die Flexibilisierungdes Arbeitsmarktes vollzieht, desto gerin-ger ist die Wahrscheinlichkeit, daß es derimmer größeren Zahl der Arbeitslosenfortgeschrittenen Alters gelingt, wieder aufdem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Dieswird ceteris paribus zur Zunahme desAnteils älterer Arbeitsloser und zu einemAnstieg der Langzeitarbeitslosigkeit füh-ren, da ältere Arbeitslose vergleichswei-se länger erwerbslos bleiben. Die poten-tielle Zunahme der Langzeitarbeitslosig-keit kann unter Umständen durch einBeschäftigungswachstum in Zeiten des

konjunkturellen Aufschwungs oder durcheinen Rückgang des Arbeitskräftenach-wuchses ausgeglichen werden. Zwar istunklar, inwieweit das schrumpfende An-gebot an jungen Arbeitskräften durch dieerhöhte Erwerbsbeteiligung von Frauenund den Zustrom ausländischer Arbeit-nehmer aufgewogen werden wird, dochgeht man im allgemeinen davon aus, daßein Mangel an Nachwuchsarbeitskräftenund eine höhere Nachfrage nach älterenArbeitnehmern nicht völlig ausgeschlos-sen werden kann, da viele europäischeStaaten eine restriktive Einwanderungs-politik praktizieren. Ob die gegenwärti-gen wirtschaftlichen Wachstumsraten eineAufrechterhaltung oder Zunahme der Zahlder Arbeitsplätze für ältere Arbeitnehmerbewirken werden, hängt außer von denMarktbedingungen noch von einer Reiheweiterer Faktoren ab. Die Möglichkeit,daß es trotz des Wirtschaftswachstumsnicht zu einem nennenswerten Stellenzu-wachs kommt, läßt sich dabei nicht aus-schließen.

Das Altern unddie Zunahme flexiblerArbeitsformen

Nach Ansicht von Emerson (1988) spie-gelt die Debatte über die Vor- und Nach-teile der Flexibilisierung eine grundsätz-liche transatlantische und transpazifischeUneinigkeit über den Inhalt und die Ge-staltung der Beschäftigungspolitik wider.In den Vereinigten Staaten herrscht einweitgehend ungeregeltes System der Ein-stellung und Entlassung von Arbeitneh-mern vor, während dieser Bereich in Eu-ropa und Japan umfangreichen arbeits-rechtlichen Bestimmungen unterworfenist. Befürworter einer liberalen Beschäfti-gungspolitik vertreten den Standpunkt,daß sich die starren regulierten Arbeits-marktsysteme in Europa negativ auf denErfolg der europäischen Beschäftigungs-politik auswirken.

Wie aus einer Reihe von OECD-Studienüber die bestehenden Kündigungsschutz-regelungen hervorgeht, war der gesetzli-che Kündigungsschutz in südeuropäi-schen Ländern wie Italien, Portugal, Spa-nien und Griechenland sowohl Ende der80er Jahre wie auch Ende der 90er Jahream umfangreichsten (vgl. Tabelle 1). InFrankreich, Deutschland, Schweden und

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Belgien hatte der gesetzliche Kündigungs-schutz einen mittleren Umfang, währender in den Niederlanden, Dänemark, Irlandund im Vereinigten Königreich am gering-sten war.

Die Ergebnisse zeigen, daß Länder mithochgradig reguliertem Arbeitsmarkt wieetwa Spanien und Italien einen relativhohen Anteil an flexiblen Beschäftigungs-verhältnissen aufzuweisen haben, wäh-rend dieser Anteil in Ländern mit weni-ger stark reguliertem Arbeitsmarkt, so z.B.im Vereinigten Königreich, in Irland undin Dänemark, deutlich niedriger liegt.

Offenbar dient die Schaffung von flexi-blen Arbeitsstellen als Mittel zur Umge-hung der strengen Bestimmungen, denenDauerarbeitsplätze unterliegen. Tabelle 2liefert einige Daten zum Umfang der fle-xiblen Arbeitsverhältnisse in einigen eu-ropäischen Ländern, aufgeschlüsselt nachdem Qualifikationsstand der Arbeitneh-mer. Wie aus dieser Übersicht hervorgeht,machen bei einer Aufgliederung nach demQualifikationsstand Stellen für ungelern-te Arbeiter den größten Anteil der flexi-blen Beschäftigungsverhältnisse (zeitlichbefristeten Arbeitsverträge) aus (Delsen &Huijgen, 1994).

Tabelle 1

Rangordnung der nationalen Arbeitsplatzschutzgesetze (EPL-Indikatoren) in Euro-pa und den USA nach Strenge (mit abnehmender Strenge), Mitte der 80er bis Endeder 90er Jahre

Rang Arbeitgeberbefragungen Auswertung statistischer Daten

IOEa Unternehmens- Lazear Bertola OECD OECD (1999)f

erhebungen (1990)c (1990)d Arbeits-der EGb platz-

studie(1994)e

1985 1989 1994 1956-84 1988 Ende der Ende der Ende der Ende der80er 80er (1) 90er (1) 90er (2)

1 IT IT BE IT IT IT PO PO PO2 ES NL ES ES BE PO IT GR GR3 BE ES DE/IR GR FR DE ES IT IT4 FR DE FR SW ES GR ES ES5 DE FR FR/GR DA DE GR SW FR FR6 NL BE PO UK BE DE DE DE7 PO/SW GR IT DE NL NL BE SW SW8 PO NL BE DK SW NL NL BE9 IR IR PO NL DK FR BE NL

10 DA UK UK SW IR DK DK DK11 UK UK UK IR IR IR12 IR UK UK UK13 USA USA USA USA USA

Anmerkungen: BE=Belgien, DE=Deutschland, DK=Dänemark, ES=Spanien, FR=Frankreich, GR=Griechenland, IT=Italien, NL=Niederlande, PO=Portugal,SW=Schweden, IR=Irland, UK=Vereinigtes Königreich, USA=Vereinigte Staaten von Amerikaa) Rangordnung auf der Grundlage der durchschnittlichen Punktewertung, die von der Internationalen Arbeitgeberorganisation (IOE) für Kündigungshin-

dernisse und Hemmnisse für die Einstellung von Arbeitnehmern in regulären und zeitlich befristeten Vertragsarbeitsverhältnissen vergeben wurdeb) Rangordnung auf der Grundlage des Anteils der befragten Arbeitgeber, die die Einstellungs-/Kündigungsbeschränkungen als sehr bedeutend oder

bedeutend einstuftenc) Rangordnung auf der Grundlage einer Kombination aus der gesetzlich vorgeschriebenen Kündigungsfristen und Abfindungszahlungen (Durchschnitts-

werte für den Zeitraum von 1956 bis 1984)d) Zusammenstellung des Autors ausgehend von der Einstufung bei Emerson (1988)e) Rangordnung auf der Grundlage der durchschnittlichen Gesamtplatzierung in bezug auf reguläre und befristete Arbeitsverhältnisse in der OECD (1994a)f) Rangordnung auf der Grundlage des Gesamtdurchschnitts der zusammenfassenden EPL-Indikatoren in bezug auf die Strenge der Arbeitsplatzschutz-

gesetzgebung (Version 1 in Spalte 8 und 9 für reguläre und befristete Beschäftigungsverhältnisse und Version 2 in Spalte 10 einschließlich Massenent-lassungen)

Quelle: OECD, Employment Outlook 1999

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In Tabelle 3 wird die Zahl der flexiblen(zeitlich befristeten) Arbeitsplätze als pro-zentualer Anteil an der Gesamtbeschäf-tigung für den Zeitraum von 1983 bis 1994angegeben. Der Anteil der flexiblen Be-schäftigungsverhältnisse hat in den mei-sten Ländern zugenommen, doch tretendabei unterschiedliche Entwicklungs-muster zutage. In einigen europäischenLändern ist der Anteil der flexiblen Ar-beitsverhältnisse weitgehend gleich ge-blieben, so z.B. in Belgien, Luxemburgund Deutschland. In anderen Ländernhingegen, etwa in Spanien, Frankreich,den Niederlanden, dem Vereinigten Kö-nigreich und Italien, ist der Anteil flexi-bler Beschäftigungsverhältnisse signifikantgestiegen2. Besonders auffallend sind dieErgebnisse für Frankreich und Spanien.So hat sich der Anteil der flexiblen Ar-beitsverhältnisse an der Gesamtbeschäfti-gung in Frankreich verdreifacht und inSpanien annähernd verdoppelt. In denNiederlanden wuchs der Anteil der flexi-blen Arbeitsplätze im gleichen Zeitraumvon knapp 6 % auf fast 11 %.

Ein Bericht der OECD (1996) liefert stati-stische Angaben über den Übergang vonder Arbeitslosigkeit in feste oder befriste-te Beschäftigungsverhältnisse sowie vonbefristeten Beschäftigungsverhältnissen inDauerarbeitsverhältnisse für das Vereinig-

te Königreich, Deutschland, Frankreichund Spanien. Wie aus dem Bericht her-vorgeht, fallen die prozentualen Anteileder Arbeitslosen, die innerhalb eines Jah-res in ein befristetes Arbeitsverhältnisüberwechseln, in den verschiedenen Län-dern extrem unterschiedlich aus. Derhöchste Anteil ist durchweg in den bei-den jüngsten Altersgruppen – 15 bis 19Jahre und 19 bis 24 Jahre – zu verzeich-nen. Doch selbst von den Personen ab25 Jahren treten offensichtlich in Spanien90 % und in Frankreich 52 % in ein flexi-bles Beschäftigungsverhältnis ein, gegen-über nur 23 % im Vereinigten Königreichund 37 % in den Niederlanden. Die Zahlderjenigen, die von befristeten Beschäfti-gungsverhältnissen in Dauerarbeitsver-hältnisse übertreten, ist vergleichsweisegering. Nach einem Jahr liegt die Über-gangsquote bei 25 % bis 30 % im Verei-nigten Königreich und in Frankreich, je-doch nur bei 15 % in Deutschland und9 % in Spanien. Nach zwei Jahren liegtdie Übergangsquote bei knapp 40 % imVereinigten Königreich und bei fast 30 %in Deutschland. Sogar noch nach vier Jah-ren beträgt die Übergangsquote inDeutschland weniger als 40 %. Für dieNiederlande ist nach drei Jahren eine et-was höhere Übergangsquote von flexiblenin feste Arbeitsverhältnisse von 50 % zuverzeichnen (Muffels et al., 1999).

„Im Hinblick auf den Alte-rungsprozeß ist die Zunah-me der flexiblen Arbeitsver-hältnisse insofern von Be-lang, als der Anteil der dau-erhaft Beschäftigten offen-bar in dem Maße sinkt, wiedie Zahl der flexibel Be-schäftigten steigt. (…) derAnteil der flexiblen Arbeits-verhältnisse in Ländern mithochgradig reguliertem Ar-beitsmarkt (liegt) in einigenFällen augenscheinlich hö-her. (…) Dort, wo flexibleArbeitsplätze einen sehrhohen Anteil an der Ge-samtzahl der neu geschaf-fenen Stellen ausmachen,(…) sind die Beschäfti-gungsaussichten für ältereArbeitnehmer eindeutigschlechter. Werden in die-sen Ländern altersselektiveEinstellungs- und Entlas-sungspraktiken ange-wandt, wird die Zunahmeder flexiblen Beschäfti-gungsverhältnisse das Aus-scheiden älterer Arbeitneh-mer aus dem Arbeitsmarktnoch weiter beschleunigen.“

Tabelle 2

Aufschlüsselung der zeitlich befristeten Arbeitsverhältnissenach Qualifikationsstand des Arbeitnehmers in verschiedenen Ländern

Land Ungelernte Fach- Niedrigere Höhere Anteil derArbeiter arbeiter Angestellte Angestellte zeitlich

befristetenBeschäftigungs-

verhältnisseBelgien 41,1 8,7 34,8 15,4 2,1Dänemark 23,5 16,2 33,2 27,1 1,3Deutschland 42,0 17,0 23,1 17,9 2,5Irland 38,5 15,6 14,6 31,2 2,0Italien 44,4 7,4 31,7 16,5 7,0Niederlande 47,3 4,0 30,4 18,3 6,6Spanien 42,5 21,3 16,3 19,8 12,5VereinigtesKönigreich 18,4 16,1 25,0 40,5 0,9EUR8 41,4 13,0 26,2 19,4 2,9

Quelle: Delsen/Huijgen, 1994 (zitiert in Bosch, 1995)

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Im Hinblick auf den Alterungsprozeß istdie Zunahme der flexiblen Arbeitsverhält-nisse insofern von Belang, als der Anteilder dauerhaft Beschäftigten offenbar indem Maße sinkt, wie die Zahl der flexibelBeschäftigten steigt. Wie weiter oben fest-gestellt wurde, liegt der Anteil der flexi-blen Arbeitsverhältnisse in Ländern mithochgradig reguliertem Arbeitsmarkt in ei-nigen Fällen augenscheinlich höher. Die-ses Phänomen könnte darauf beruhen, daßin einer Phase des wirtschaftlichen Auf-schwungs in einem Land zunächst bewußtbefristete Arbeitsplätze anstelle von Dau-erarbeitsplätzen geschaffen werden. InZeiten des konjunkturellen Rückgangs wirddann umgekehrt verfahren, d.h. befristetbeschäftigte Arbeitnehmer werden als Er-ste entlassen. Da befristete Stellen oft vonFrauen und jungen Menschen besetzt wer-den, verschlechtert sich die Arbeitsmarkt-position älterer Arbeitnehmer, je höher derAnteil der flexiblen Arbeitsverhältnisse ist.Dort, wo flexible Arbeitsplätze einen sehrhohen Anteil an der Gesamtzahl der neugeschaffenen Stellen ausmachen, wie etwain Frankreich, Irland oder Spanien, sinddie Beschäftigungsaussichten für ältere Ar-beitnehmer eindeutig schlechter. Werdenin diesen Ländern altersselektive Einstel-lungs- und Entlassungspraktiken ange-wandt, wird die Zunahme der flexiblen Be-schäftigungsverhältnisse das Ausscheidenälterer Arbeitnehmer aus dem Arbeitsmarktnoch weiter beschleunigen.

Flexible Arbeitsverfahren

Ein weiterer Aspekt der Flexibilisierungder Arbeit ist der Bedarf an größerer funk-tioneller Flexibilität in Anbetracht der Ein-führung verschiedener flexibler Arbeits-verfahren. In der OECD-Publikation„Employment Outlook“ (OECD, 1999)werden vier neue Arten von flexiblen Ar-beitsverfahren aufgeführt: flachere Füh-rungsstrukturen, die stärkere Einbezie-hung von Arbeitnehmern auf den unte-ren Hierarchieebenen, die Einführung ei-ner teambasierten Arbeitsorganisation unddie Jobrotation3. In Tabelle 4 sind dieRohwahrscheinlichkeiten in bezug auf dieErgreifung von Initiativen in diesen vierBereichen in den drei Jahren vor der Be-fragung für verschiedene Länder im Ver-gleich aufgeführt.

Die OECD stellt Daten über die Einfüh-rung von flexiblen Arbeitsverfahren vor,

die sich auf die 1996 in 10 europäischenLändern durchgeführte EPOC-Erhebungstützen. In bezug auf die Wahrscheinlich-keit, daß eine der vier genannten Initiati-ven ergriffen wurde, bestehen zwischenden einzelnen Ländern große Unterschie-de. Das Vereinigte Königreich, Dänemarkund Schweden gehören zu denjenigenLändern, in denen die meisten entspre-chenden Initiativen ergriffen wurden.Frankreich, Spanien und die Niederlandeliegen im Mittelfeld, während Italien, Ir-land, Spanien und Portugal die Länder-gruppe bilden, in denen die Wahrschein-lichkeit, daß Initiativen zur Einführungvon flexiblen Arbeitsverfahren ergriffenwurden, am geringsten ist; diese Länderweisen auch, wie bereits an anderer Stel-le dargelegt, die am strengsten regulier-ten Kündigungsschutzsysteme auf. In denLändern, in denen die Wahrscheinlichkeit

2) In zwei Ländern, Griechenland undPortugal, ist der niedrigere Anteil derbefristeten Beschäftigungsverhältnis-se im Jahre 1994 im Vergleich zu denfrühen 80er Jahren mit hoher Wahr-scheinlichkeit auf Anfang der 90erJahre vorgenommene Definitions-änderungen zurückzuführen.

3) Die EPOC-Erhebung hat den ent-scheidenden Nachteil, daß nur Infor-mationen über diejenigen Initiativenerfaßt werden, die in den drei Jahrenunmittelbar vor der Erhebung von1996 durchgeführt wurden. DieUntersuchungsergebnisse dürften da-mit die tatsächliche Häufigkeit solcherVorgehensweisen höchstwahrschein-lich zu niedrig ansetzen, da Unterneh-men, die in diesen Bereichen bereitsseit langem aktiv sind, von der Erhe-bung nicht erfaßt werden.

Tabelle 3

Befristete Arbeitsverhältnisse in Europa, Kanada,den Vereinigten Staaten und Japan

Land 1983 1994 Mittelwert Differenz1983-1994 1983-1994

Belgien 5,4 5,1 5,6 -0,3Dänemark 12,5 12,0 11,4 -0,5Frankreich 3,3 11,0 7,8 +6,7Deutschlanda 10,0 10,3 10,6 -0,3Griechenlandb 16,2 10,3 15,7 -5,9Irland 6,1 9,4 8,2 +3,3Italien 6,6 7,3 5,8 +0,7Luxemburg 3,2 2,9 3,5 -0,3Niederlande 5,8 10,9 8,6 +5,1Portugalc 14,4 9,4 14,8 -5,0Spaniend 15,6 33,7 28,2 +18,1Vereinigtes Königreich 5,5 6,5 6,0 +1,0Vereinigte Staatene k.A. 2,2 k.A. k.A.Kanadaf 7,5 8,8 k.A. +1,3Japang 10,3 10,4 10,5 +0,1

Anmerkungen:a) 1984 und 1994. Daten bis 1992 nur für Westdeutschlandb) Aufgrund einer Definitionsänderung im Jahre 1992 sind die Daten mit denen von 1983 nicht

vollständig vergleichbar.c) 1986 und 1994. Aufgrund einer Definitionsänderung im Jahre 1992 sind die Daten mit denen von

1986 nicht vollständig vergleichbar.d) 1987 und 1994e) Februar 1995f) Zahlen von 1989 und 1994 für die Altersgruppe 15 bis 24 Jahreg) Die Daten beziehen sich auf die Altersgruppe 15 bis 19 Jahre.

Quelle: OECD, Employment Outlook 1996

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der Ergreifung derartiger Initiativen amhöchsten ist, wie etwa im VereinigtenKönigreich und in Dänemark, war derUmfang der Arbeitsplatzschutzvorschriftenam geringsten. Einige Staaten jedoch, soz.B. Irland, Frankreich und Schweden, las-sen sich nicht so recht in dieses Mustereinfügen. Die Beziehung zwischen derArbeitsplatzschutzgesetzgebung und derfunktionellen oder zahlenmäßigen Flexi-bilität ist offensichtlich doch sehr vielkomplexer, wobei auch andere Faktorenmit hineinspielen, wie etwa kulturelleUnterschiede z.B. bei der Einstellung derArbeitnehmer sowie Unterschiede im Be-reich der Technik oder bezüglich des Füh-rungsstils. Zu dem gleichen Schluß gelangtauch die OECD in ihrer Untersuchung derBeziehungen zwischen dem Einsatz vonflexiblen Arbeitsverfahren und der Inan-spruchnahme von Bedarfsarbeitskräften(zahlenmäßige Flexibilität). Nach Auffas-sung der OECD braucht die Anwendungvon flexiblen Arbeitsverfahren deshalbnicht zwangsläufig auch eine wachsendePolarisierung zwischen der „Kernbeleg-schaft“ und den „peripheren Arbeitskräf-ten“ herbeizuführen (OECD, 1999). Zwarsind diese Untersuchungsergebnisse an-gesichts der Begrenzungen des Daten-materials mit einer gewissen Vorsicht zu

genießen, doch brachte eine kürzlich inden Niederlanden durchgeführte Studie(Kleinknecht et al.,1997) eine sehr ähnli-che Schlußfolgerung hervor.

Auch wenn sich manche Abweichungenzwischen Ländern nur schwer erklärenlassen, konnte die OECD dennoch einepositive Korrelation zwischen Initiativenzur Einführung flexibler Arbeitsverfahren,der Flexibilität der Arbeitszeit und demVorliegen von ausbildungs- und stärkerleistungs- oder kompetenzbezogenenLohn- und Gehaltssystemen feststellen.Was bedeutet dies nun für die Stellungälterer Arbeitnehmer auf dem Arbeits-markt? Die Korrelation zur Flexibilität derArbeitszeit erscheint logisch und ent-spricht dem Gedanken, daß z.B. das Ar-beiten in selbstverwaltenden oder eigen-ständigen Teams größere Möglichkeitenzur Abkehr von der Standardarbeitszeiteröffnet. Die positive Korrelation zwi-schen den Initiativen zur Einführung fle-xibler Arbeitsverfahren und dem Vorlie-gen von ausbildungs- und leistungsbezo-genen Lohn- und Gehaltssystemen läßtsich möglicherweise durch den damit ver-bundenen Anstieg der Kompetenzan-forderungen an die Arbeitnehmer erklä-ren. Untersuchungen aus zahlreichen eu-

Tabelle 4

Flexible Verfahren der Arbeitsorganisation in 10 europäischen Ländern. Roh-wahrscheinlichkeit der Ergreifung entsprechender Initiativen in den einzelnenLändern (Placierungen in Klammern), EPOC-Erhebung, 1996

Land Einführung Stärkere Einführung Job- Aggregierterflacherer Einbeziehung einer team- rotation RangFührungs- von Arbeit- basierten (Durchschnittstrukturen nehmern der Arbeits- aller

unteren Ebenen organisation Placierungen)Dänemark 44 (3) 10 (9) 43 (1) 24 (2) (3)Frankreich 20 (6) 40 (4) 26 (5) 6 (8) (4)Deutschland 31 (5) 18 (8) 18 (8) 7 (7) (7)Irland 18 (7) 31 (6) 22 (7) 7 (7) (6)Italien 9 (8) 25 (7) 29 (4) 13 (5) (5)Niederlande 38 (4) 46 (3) 8 (9) 7 (7) (4)Portugal 3 (9) 10 (9) 22 (7) 11 (6) (8)Spanien .. 35 (5) 40 (2) 17 (3) (2)Schweden 41 (2) 58 (1) 24 (6) 34 (1) (1)VereinigtesKönigreich 48 (1) 51 (2) 39 (3) 16 (4) (1)(N=….) (4 244) (4 640) (4 640) (4 640)

Quelle: OECD, Employment Outlook 1999, und eigene Berechnungen

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ropäischen Ländern deuten darauf hin,daß in den meisten Unternehmen derzeitdie Praxis vorherrscht, berufsbezogeneAus- und Weiterbildungsangebote vor al-lem auf junge Arbeitnehmer in der An-fangsphase ihrer beruflichen Laufbahnauszurichten. Offenbar ist insbesonderein den südlichen Ländern wie Spanien,Portugal und Griechenland, aber auch inFrankreich, Deutschland und den Nieder-landen das Angebot von berufsbezogenenAus- und Weiterbildungsmaßnahmen inhohem Maße altersgebunden.

Die zunehmende Verbreitung flexibler Ar-beitsverfahren wird, sofern es nicht zueiner radikalen Änderung der gegenwär-tigen altersbezogenen Aus- und Weiter-bildungspraktiken kommt, eine Schwä-chung der Position von älteren Arbeitneh-mern bewirken. Durch den wachsendenBedarf an flexiblen Arbeitsorganisationenwird die Stellung von älteren Arbeitneh-mern langfristig gefährdet, wenn sich diederzeitigen Personalstrategien der Betrie-be nicht grundsätzlich wandeln. Aus die-sem Grunde dürfte die drohende Polari-sierung auf dem Arbeitsmarkt wenigerzwischen den Kernbelegschaften und denperipheren Arbeitskräften eintreten, alsvielmehr zwischen älteren und jüngerenArbeitnehmern. Zeigen sich die Unterneh-men jedoch bereit, eine im Hinblick aufdie berufliche Aus- und Weiterbildung unddie Berufslaufbahnberatung altersneutralePersonalpolitik zu entwickeln, könnte dieFlexibilisierung der Arbeitsverfahren ei-genständige Impulse zur verstärkten In-vestition in die Aus- und Weiterbildungvon älteren Arbeitnehmern liefern. Einealtersneutrale Flexibilisierungsstrategiekönnte somit die aus der Flexibilisierungder Arbeitsverfahren resultierenden Pro-duktivitätszuwächse noch weiter erhöhen.Wenn sich an der gegenwärtigen Praxisnichts ändert, wird dies die direkten undindirekten Lohn- und Gehaltskosten fürjüngere Arbeitnehmer in die Höhe trei-ben. Als Folge davon werden die Investi-tionen der Betriebe in Aus- und Weiter-bildungsmaßnahmen für jüngere Arbeit-nehmer allmählich zurückgehen. Steigen-de Lohn- und Gehaltskosten und sinken-de Bildungsinvestitionen bringen indes-sen die Wettbewerbsfähigkeit der Volks-wirtschaft in Gefahr, insbesondere in ei-ner wissensbasierten globalen Gesell-schaft. Somit wird eine negative Spiralein Gang gesetzt, die sich auf die Ein-

kommensperspektiven älterer wie auchjüngerer Arbeitnehmer nachteilig aus-wirkt.

Lehren für die Unterneh-men und den Sozialstaat

Welche Lehren lassen sich daraus für dieGestaltung der betrieblichen Personalpo-litik und den Sozialstaat ziehen? Die kon-ventionelle Herangehensweise liefert kei-ne klare Antwort auf die grundlegendenFragen, die sich aus der Thematik desAlterns und der Flexibilisierung ergeben.Zur Ermittlung von Lösungen ist eine an-dere Sichtweise gefordert, die den land-läufigen Annahmen über das Altern wi-derspricht. Eine solche neue Perspektivebietet die Lebenszyklustheorie, welchevon einem dynamischeren Ansatz ausgeht.Ihre wesentlichen Komponenten lassensich entsprechend obiger Diskussion indrei Punkten zusammenfassen:

a) eine Reform der Rentensysteme, durchdie diese flexibler und langfristig tragbarwerden;

b) altersneutrale allgemeine und berufli-che Aus- und Weiterbildungsangebote, diedie Betriebe dazu ermuntern, stärker indas Humankapital von älteren Beschäf-tigten zu investieren, um so ihre Produk-tivität zu steigern. Dies setzt die Schaf-fung von Möglichkeiten zum lebenslan-gen berufsbezogenen Lernen, Angebotenzur Berufslaufbahnberatung und individu-ellen Betreuungs- und Schulungsmaß-nahmen voraus;

c) die Umverteilung von Erwerbsarbeit,Ausbildung und Freizeit über den gesam-ten Lebenszyklus durch Schaffung vonMöglichkeiten zur Unterbrechung derberuflichen Laufbahn, zur Freistellung zuBildungszwecken und zur Beurlaubungzur Wahrnehmung von familiären Pflege-verpflichtungen.

Neugestaltung der Rentensysteme

Im Zuge der Flexibilisierung des Lebens-laufs sollte es zu institutionellen Verän-derungen an den bestehenden Renten-systemen kommen. Eine Reform derRentensysteme erscheint insbesondere imHinblick auf die Flexibilisierung der Aus-

„Die positive Korrelationzwischen den Initiativenzur Einführung flexiblerArbeitsverfahren und demVorliegen von ausbildungs-und leistungsbezogenenLohn- und Gehaltssystemenläßt sich möglicherweisedurch den damit verbunde-nen Anstieg der Kompetenz-anforderungen an die Ar-beitnehmer erklären. Unter-suchungen aus zahlreicheneuropäischen Ländern deu-ten darauf hin, daß in denmeisten Unternehmen der-zeit die Praxis vorherrscht,berufsbezogene Aus- undWeiterbildungsangebotevor allem auf junge Arbeit-nehmer in der Anfangspha-se ihrer beruflichen Lauf-bahn auszurichten. (…)Die zunehmende Verbrei-tung flexibler Arbeitsver-fahren wird, sofern es nichtzu einer radikalen Ände-rung der gegenwärtigenaltersbezogenen Aus- undWeiterbildungspraktikenkommt, eine Schwächungder Position von älteren Ar-beitnehmern bewirken.“

„Eine Reform der Renten-systeme erscheint insbeson-dere im Hinblick auf dieFlexibilisierung der Aus-stiegswege aus dem Er-werbsleben angebracht.Eine Veränderung derRuhestandsregelungen isterforderlich, damit sicher-gestellt werden kann, daßdie beruflichen Altersrentenauch in Zukunft nochfinanzierbar sind und lang-fristig tragbar bleiben.“

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stiegswege aus dem Erwerbsleben ange-bracht. Eine Veränderung der Ruhestands-regelungen ist erforderlich, damit sicher-gestellt werden kann, daß die beruflichenAltersrenten auch in Zukunft nochfinanzierbar sind und langfristig tragbarbleiben. Die geregelten Leistungs- undAltersversorgungssysteme in vielen euro-päischen Ländern beeinträchtigen die Fle-xibilität des Arbeitsmarktes und halten dieArbeitnehmer davon ab, in den späterenPhasen ihres Erwerbslebens eine wenigeranspruchsvolle und geringer bezahlte Be-schäftigung anzunehmen. Insofern bildetdas Rentensystem ein bedeutendesHemmnis für eine flexiblere Verteilung derBerufstätigkeit über das Erwerbsleben(Muffels, 1993). Zur Erhöhung der Flexi-bilität müssen in den bestehenden Renten-systemen Reformen vorgenommen wer-den, die mehr Spielraum für einen schritt-weisen oder gleitenden (Teil-)Rückzugaus dem Erwerbsleben schaffen. Zugleichsollten die Wahlmöglichkeiten beim Über-gang in den Ruhestand erweitert werden,wobei klarere finanzielle Anreize für eineHinauszögerung des Rentenbeginns ge-schaffen werden sollten. Diese Änderun-gen sollten gewährleisten, daß sich dieRuhestandsregelungen im Detail auf diejeweiligen Möglichkeiten und Vorliebender Arbeitgeber und Arbeitnehmer in je-der einzelnen Branche abstimmen lassen.

Änderung der betrieblichen Personal-strategien

Zahlreiche Studienergebnisse belegen diebenachteiligte Arbeitsmarktposition älte-rer Arbeitnehmer sowohl bei der inner-betrieblichen Stellenbesetzung als auchauf dem offenen Arbeitsmarkt. Auf deminnerbetrieblichen Stellenmarkt bewirktdie vermeintliche Diskrepanz zwischendem Kompetenzangebot älterer Arbeit-nehmer und der Kompetenznachfrage,daß diese Beschäftigten als Erste entlas-sen werden, wenn ein Unternehmen sei-ne Belegschaftsstärke verringert. Auf demoffenen Arbeitsmarkt ist die beruflicheMobilität älterer Arbeitnehmer gering, undes ist ziemlich unwahrscheinlich, daß die-se nach einer Kündigung wieder eineneue Stelle finden werden. Durch denwachsenden Anteil flexibler Arbeitsver-hältnisse verringert sich die Zahl der Dau-erarbeitsplätze, und das Ausscheiden äl-terer Arbeitnehmer aus dem Arbeitsmarktwird weiter forciert, da flexible Stellen

zumeist mit jüngeren Arbeitskräften be-setzt werden. Aus diesen Beobachtungenfolgt, daß sowohl die Verweildauer älte-rer Beschäftigten auf demselben Arbeits-platz als auch die Dauer der Arbeitslosig-keit bei älteren Arbeitnehmern im Durch-schnitt länger ist. Angesichts des Alte-rungsprozesses wird die Position ältererArbeitnehmer immer mehr vom Angebotan Nachwuchsarbeitskräften abhängig.Geht dieses zurück, weil s inkendeGeburtenzahlen nicht durch eine wach-sende Arbeitskräftezuwanderung kom-pensiert werden, wird sich die Stellungälterer Arbeitnehmer auf dem Arbeits-markt verbessern, da die Gesamtbeschäfti-gung aller Voraussicht nach gleich blei-ben dürfte.

Das Altern der Erwerbsbevölkerung kannsomit bei im übrigen gleichbleibenden Be-dingungen die Politik des Sozialstaatesernsthaft in Frage stellen. Wie zuvor dar-gelegt, ergeben sich diese Erwartungenaus den landläufigen Annahmen über dasProduktivitätspotential älterer Arbeitneh-mer. Die Alterungsproblematik setztdurchgreifende Änderungen in der Per-sonalpolitik der Unternehmen voraus. Diesinnvollste Strategie besteht für die Be-t r iebe dar in, auf e ine lebenslangelaufbahnbezogene Personalentwicklungzu setzen, und zwar durch Investitionenin die allgemeine und berufliche Aus- undWeiterbildung, Personalbetreuung undeine maßgeschneiderte Beratung für dieBetriebsangehörigen im Laufe ihres ge-samten Erwerbslebens.

Präventive altersbezogene Personal-entwicklungsstrategien können zudem dieArbeitsproduktivität älterer Arbeitnehmererhöhen und einem vorzeitigen Auftretender mit dem Altern verbundenen Produkti-vitätseinbußen vorbeugen. Durch Human-kapitalinvestitionen in Form von allgemei-nen und beruflichen Aus- und Weiterbil-dungsmaßnahmen während des gesamtenBerufslebens verlängert sich die Zeitspan-ne, während derer die Produktivität desArbeitnehmers mit fortschreitendem Alterzunimmt.

Die Politik des Sozialstaates muß den Un-ternehmen entsprechende Anreize bieten,z.B. durch Förderung von Investitionenin die allgemeine und berufliche Aus- undWeiterbildung von Beschäftigten währendihres gesamten Erwerbslebens. Im Rah-

„Präventive altersbezogenePersonalentwicklungsstra-tegien können zudem dieArbeitsproduktivität älte-rer Arbeitnehmer erhöhenund einem vorzeitigen Auf-treten der mit dem Alternverbundenen Produktivi-tätseinbußen vorbeugen.Durch Humankapitalin-vestitionen in Form von all-gemeinen und beruflichenAus- und Weiterbildungs-maßnahmen während desgesamten Berufslebens ver-längert sich die Zeitspanne,während derer die Produk-tivität des Arbeitnehmersmit fortschreitendem Alterzunimmt.“

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men der sozialstaatlichen Politik müssengeeignete Instrumente zur Umverteilungder Berufstätigkeit über das gesamte Er-werbsleben entwickelt werden, indemVereinbarungen zur Flexibilisierung undIndividualisierung der Ruhestandsrege-lungen gestützt bzw. in die Wege geleitetwerden. Dabei sollte die Politik Anreizezur Hinauszögerung des Rentenbeginnsund zur Einführung von Altersteilzeit-regelungen bzw. Möglichkeiten zumschrittweisen Übergang in den Ruhestandbieten, wie sie etwa in Schweden und denVereinigten Staaten bestehen. Des weite-ren sollte Instrumente geschaffen werden,die eine bessere Verbindung von Erwerbs-tätigkeit und Pflegeverpflichtungen fürMänner wie Frauen ermöglichen. Derar-tige Maßnahmen wären etwa die Förde-rung von innovativen flexiblen Arbeits-versuchen, die Verabschiedung von Ge-setzen zur Schaffung von flexiblenBeschäftigungs- und Teilzeitarbeitsmög-lichkeiten, gesetzliche vorgeschriebeneAufwendungen für die Aus- und Weiter-bildung älterer Arbeitnehmer und Maß-nahmen zur Verbesserung des Zugangs zuInformationen und des Informationsaus-tauschs über innovative Verfahrensweisenim Bereich des Personalmanagements.

Umverteilung von Ausbildung, Er-werbsarbeit und Freizeit über denLebenszyklus

Ein weiteres Element der Lebenszyklus-perspektive ist die Umstellung der Politikdes Sozialstaates von einem statischen aufeinen dynamischen lebenszyklusbezoge-nen Ansatz. Im Rahmen dieser Perspekti-ve sollte der Sozialstaat eine Umvertei-lung der wirtschaftlichen Ressourcen überden Lebenszyklus herbeiführen. Dies er-fordert ein gründliches Überdenken derInstrumente, die dem Sozialstaat zur Ver-fügung stehen oder noch von ihm ent-wickelt werden können. Ein sinnvollesKonzept ist in dieser Beziehung der„Generationenvertrag“ (Walker, 1996), der„gesellschaftlich“ definiert und modifiziertwird. Diese Veränderung wird als Wendevon der Altersdifferenzierung zur Alters-integration bezeichnet, bei der Ausbil-dung, Erwerbsarbeit und Freizeit gleich-zeitig erfolgen und nicht etwa nachein-ander. Politische Vorgehensweisen auseiner solchen Perspektive zielen auf eineUmverteilung von Ausbildung, Erwerbs-arbeit und Freizeit über den Lebenszyklus

ab. Die Politik des Sozialstaates strebtdabei danach, Beschäftigungsmöglich-keiten für Unterbeschäftigte und Aus-bildungs- und Freizeitmöglichkeiten fürÜberbeschäftigte zu schaffen. Dies be-inhaltet ebenso einen Ausbau der Mög-lichkeiten zur Beurlaubung von der Ar-beit zum Zwecke der Kinderbetreuungbzw. der Pflege von Angehörigen oder zuBildungszwecken im Laufe des gesamtenLebens. Eine von vielen denkbaren Ver-fahrensweisen zur Verwirklichung einersolchen Lebenszyklusperspektive ist dieEinführung eines Gutscheinsystems. Da-bei könnten Arbeitnehmer durch Aus-übung beruflicher Tätigkeiten Bildungs-oder Freizeitgutscheine erwerben, die ih-nen ein Recht auf Freistellung von derArbeit zur persönlichen Weiterbildungoder für Freizeitaktivitäten einräumen. ImHinblick auf die Thematik des Alterns undder Flexibilisierung bedeutet dies, daß dieallgemeinen und beruflichen Bildungs-möglichkeiten gleichmäßiger über dieGenerationen verteilt werden. Allerdingsliegen kaum Kenntnisse darüber vor, wieMenschen verhaltensmäßig auf Gutschein-systeme ansprechen und welche wirt-schaftlichen Auswirkungen solche Syste-me haben.

Zusammenfassende Be-merkungen und Ausgangs-punkte für die Forschung

Unter den derzeit gegebenen Umständen,in denen landläufige Annahmen über dasAltern das wirtschaftliche Verhalten be-stimmen, wird die vermeintliche negati-ve Wirkung des Alterns auf Produktivität,Arbeitnehmerkosten und berufliche Mo-bilität zu einer selbst bewahrheitendenProphezeiung und bringt somit die inter-nationale Wettbewerbs- und Leistungsfä-higkeit der europäischen Volkswirtschaf-ten in Gefahr. Es herrscht die Auffassungvor, daß Altern und Flexibilisierung zweigegenläufige Entwicklungstendenzen sei-en, die sich nur schwer vereinbaren lie-ßen. Dieser Artikel hat indessen gezeigt,daß die eher pessimistische Annahmeüber die Wirkung des Alterns auf die Wirt-schaft empirisch kaum nachgewiesen istund weitgehend auf einer traditionellenSichtweise der Rolle der Arbeitsmarkt-politik und der Politik des Sozialstaatesberuht.

„Unter den derzeit gegebe-nen Umständen, in denenlandläufige Annahmen überdas Altern das wirtschaft-liche Verhalten bestimmen,wird die vermeintliche ne-gative Wirkung des Alternsauf Produktivität, Arbeit-nehmerkosten und berufli-che Mobilität zu einer selbstbewahrheitenden Prophe-zeiung und bringt somit dieinternationale Wettbe-werbs- und Leistungsfähig-keit der europäischenVolkswirtschaften in Ge-fahr.“

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Faßt man die Erkenntnisse zusammen,sieht es aus demographischer Perspekti-ve danach aus, daß sich infolge des Alte-rungsprozesses der Druck auf das Lohn-und Gehaltsverhältnis zwischen älterenund jüngeren Arbeitnehmern erhöhenwird. Welche Auswirkungen dies für dieeinzelnen Unternehmen hat, wird weit-gehend davon abhängen, wie die Betrie-be jeweils auf die veränderte Alters-struktur der Erwerbsbevölkerung reagie-ren. Entweder reagieren sie nach tradi-tionellem Muster durch Beibehaltung vondefensiven altersselektiven Beschäfti-gungsstrategien, oder aber sie begegnendem Wandel auf positivere Weise durchInvestitionen in das Humankapital ihreralternden Belegschaften. Erstere Vorge-hensweise führt langfristig zu einer Erhö-hung der direkten und indirekten Lohn-und Gehaltskosten für jüngere Arbeitneh-mer und zu einer Verteuerung des Aus-scheidens älterer Arbeitnehmer aus demErwerbsleben. Infolgedessen wird diedurchschnittliche Produktivität im Verhält-nis zu den Löhnen und Gehältern sinken.Die letztere Vorgehensweise beinhaltetdagegen eine Neugestaltung und Flexibi-lisierung der Verfahren der Arbeitsorga-nisation (stärkere Einbeziehung der Ar-beitnehmer, Teamarbeit und Jobrotationsowie flexible leistungsbezogene Lohn-und Gehaltssysteme) und die Flexibilisie-rung der Ausstiegswege aus dem Erwerbs-leben (Altersteilzeit, flexible Altersgren-zen und schrittweiser Übergang in den Ru-hestand). Solche Maßnahmen werden eineProduktivitätssteigerung herbeiführen, dieden durch das Altern der Erwerbs-bevölkerung bedingten Anstieg der Lohn-und Gehaltskosten ausgleicht.

Aus einer Lebenszyklusperspektive fallennicht nur das Altern der Arbeitnehmer-schaft und die Flexibilisierung des Er-werbslebens ins Gewicht, sondern auchdie steigende Lebenserwartung, die rück-läufigen Geburtenziffern, das geänderteGeschlechterverhältnis in bezug auf dieTeilnahme am Erwerbsleben, schwinden-de familiäre Strukturen sowie der allge-meinere Wandel der Einstellungen unddes Lebensstils der Arbeitnehmer. Derstandardisierte Lebenslauf ist verschwun-den, an seine Stelle ist eine Vielzahl ver-schiedenartiger Lebensverläufe getreten,die nicht mehr in die konventionelle Vor-stellung von den drei klar voneinanderabgegrenzten Lebensabschnitten hinein-

passen. Das Modell der Altersdifferen-zierung entspricht nicht mehr den heuti-gen Lebensstilmustern und muß deshalbzu einem Modell der Altersintegration um-geändert werden, bei dem Ausbildung,Erwerbsarbeit und Freizeit gleichzeitigerfolgen. Die Grenzen zwischen Erwerbs-tätigkeit, Bildung und Freizeit verwischensich immer mehr, und die für diese dreiAktivitäten aufgewendete Zeit wird gleich-mäßiger über den beruflichen Werdegangund den Lebenszyklus verteilt. Hierzu isteine neue Sichtweise erforderlich, die dieVielfalt der Lebensstile berücksichtigt.Dadurch könnte eine bessere Verteilungvon Arbeitszeit, Pflegeverpflichtungenund Weiterbildungsurlaub über das ge-samte Erwerbsleben herbeigeführt wer-den. Die Flexibilisierung der Arbeitsver-fahren steht im Einklang mit dieser neu-en Betrachtungsweise, indem die Arbeits-organisation somit besser dafür gerüstetwird, die vielfältigen Wünsche der Men-schen in puncto Erwerbsarbeit, Familien-betreuung und Freizeit auf die Erforder-nisse des flexiblen Unternehmens abzu-stimmen.

Abgesehen von diesen strukturellen Ver-änderungen im äußeren Umfeld des Un-ternehmens ist die Abwicklung der be-trieblichen Aktivitäten ebenso von deninstitutionellen Rahmenbedingungen undBeschränkungen abhängig, die sich ausden rechtlichen Gepflogenheiten, derFunktionsweise des Marktes und den je-weils vorliegenden formalen Vorschriftenund ungeschriebenen Regeln ergeben.Wie aus den weiter oben vorgelegtenDaten hervorgeht, bestehen zwischen ver-schiedenen Ländern offenbar erheblicheUnterschiede in bezug auf die Existenzund Entwicklung von flexiblen Beschäf-tigungsverhältnissen und flexiblen Ar-beitsverfahren. Dies deutet darauf hin, daßinstitutionelle Faktoren vorliegen, die diestarken Unterschiede zwischen den Län-dern erklären könnten. Ungeachtet dergroßen Variationsbreite können die Ar-beitsmärkte in vielen europäischen Län-dern, insbesondere in Südeuropa, als tra-ditionsgebunden, zunehmend segmentiertund in hohem Maße reguliert charakteri-siert werden. Wie Untersuchungsergeb-nisse nahelegen, dürfte die Polarisierungzwischen den Kernbelegschaften und denperipheren Arbeitskräften zumindest ineinigen europäischen Volkswirtschaftenteilweise auf einen hochgradig regulier-

„Welche Auswirkungen diesfür die einzelnen Unterneh-men hat, wird weitgehenddavon abhängen, wie dieBetriebe jeweils auf die ver-änderte Altersstruktur derErwerbsbevölkerung rea-gieren. Entweder reagierensie nach traditionellem Mu-ster durch Beibehaltungvon defensiven altersselek-tiven Beschäftigungsstra-tegien, oder aber sie begeg-nen dem Wandel auf positi-vere Weise durch Investitio-nen in das Humankapitalihrer alternden Belegschaf-ten. (…) Solche Maßnah-men werden eine Produkti-vitätssteigerung herbeifüh-ren, die den durch das Al-tern der Erwerbsbevölke-rung bedingten Anstieg derLohn- und Gehaltskostenausgleicht.“

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ten Arbeitsmarkt zurückzuführen sein. Imvorliegenden Artikel wird jedoch derStandpunkt vertreten, daß europäische Ar-beitsmärkte, bedingt durch die traditio-nellen defensiven altersselektiven Prakti-ken der Unternehmen, stärker von einerPolarisierung zwischen den Generationenbedroht sind als von der Polarisierungzwischen Kernbelegschaften und periphe-ren Arbeitskräften. In Anbetracht des fort-schreitenden Alterns der Erwerbsbevölke-rung und der Notwendigkeit zur Flexibi-lisierung besteht die Gefahr, daß sich diePolarisierung zwischen den Generationenlangfristig zu einer schweren Belastungfür die europäischen Volkswirtschaftenentwickeln wird.

Deshalb wird im vorliegenden Artikel füraltersneutrale Investitionen in die allge-meine und berufliche Aus- und Weiter-bildung plädiert, durch die Möglichkei-ten zum lebenslangen berufsbezogenenLernen, zur Berufslaufbahnberatung undzur individuellen Betreuung geschaffenwerden. Zusammen mit der dringend er-forderlichen Flexibilisierung der Arbeits-verfahren dürfte dies den Weg zu einemerfolgreicheren Funktionieren der euro-päischen Arbeitsmärkte ebnen. Ein solcherErfolg setzt den Rückhalt der Regierun-gen in den einzelnen Staaten für die Schaf-fung bzw. Förderung von Regelungenvoraus, die eine Umverteilung von Aus-bildung, Erwerbsarbeit und Freizeit überden Lebenszyklus zum Ziel haben. Dieskönnte etwa durch Verabschiedung vonGesetzen angestrebt werden, die die Ver-bindung von Berufstätigkeit, Ausbildungund Pflegeverpflichtungen erleichtern undaltersneutrale Aus- und Weiterbildungs-maßnahmen begünstigen, durch finanz-politische Anreize zur Förderung von Aus-und Weiterbildungsinitiativen sowie zurFlexibilisierung der Arbeitsverfahren unddurch Informationskampagnen zur Aus-dehnung der Reichweite neuer Initiativen.Es wird vorgeschlagen, ein Gutschein-system einzuführen, durch das jeder Ar-beitnehmer das Recht auf Beurlaubung zuWeiterbildungszwecken erwirbt.

Zusammenfassend wird im vorliegendenBeitrag dafür argumentiert, daß in einerflexiblen Volkswirtschaft, die sich im ra-schen Wandel befindet, eine überzeugen-dere Antwort der Unternehmen und derSozialstaaten auf die Alterungsproblematikgefordert ist. Die Wohlstandseinbußen, dienach der gegenwärtig vorherrschendenAuffassung infolge des Alterns eintreten,lassen sich nur durch eine ausgewogene-re Verteilung von Erwerbsarbeit, Ausbil-dung und Freizeit über den Lebenszyklusüberwinden, welche sich auf eine Art von„Generationenvertrag“ stützt. Ein solcher„Generationenvertrag“ wird die Bilanzzwischen Kosten und Erträgen des Alternsverbessern. Aus einem solchen Blickwin-kel stellen Altern und Flexibilisierungkeine Beeinträchtigung, sondern vielmehrpositive Herausforderungen für die Un-ternehmen und Sozialstaaten des 21. Jahr-hunderts dar.

Es liegen derzeit nur wenig empirische For-schungsarbeiten vor, in denen die Fragender Flexibilisierung und des Alterns ge-meinsam beleuchtet werden. In Anbetrachtder Herausforderungen, die aus diesenbeiden Entwicklungstendenzen für diePolitik der Zukunft erwachsen, lohnt essich jedoch, diese Forschungsthematikweiter auszuloten. Beide Konzepte müs-sen in ein Forschungsvorhaben integriertwerden, das die Untersuchung der gemein-samen Auswirkungen des Alterns und derFlexibilisierung zum Ziel hat, die durch denWandel des wirtschaftlichen und politi-schen Umfelds auf einzelstaatlicher undinternationaler Ebene bedingt sind. Diesstellt die Wissenschaft vor eine große Her-ausforderung, denn bislang ist nur sehr we-nig über die Folgen einer flexiblen altern-den Gesellschaft für den einzelnen Betrieb,den einzelnen Arbeitnehmer und die Ge-sellschaft bekannt. Es steht zu hoffen, daßdie Politiker künftig besser dafür gerüstetsein werden, die Probleme einer altern-den flexiblen Gesellschaft anzugehen,wenn sie durch solide Forschungsarbeitenvon ungeeigneten politischen Verfahrens-weisen abgehalten werden können.

„(…) Die europäischen Ar-beitsmärkte (sind), bedingtdurch die traditionellen de-fensiven altersselektivenPraktiken der Unterneh-men, stärker von einer Po-larisierung zwischen denGenerationen bedroht (…)als von der Polarisierungzwischen Kernbelegschaf-ten und peripheren Arbeits-kräften. In Anbetracht desfortschreitenden Alternsder Erwerbsbevölkerungund der Notwendigkeit zurFlexibilisierung besteht dieGefahr, daß sich die Pola-risierung zwischen den Ge-nerationen langfristig zu ei-ner schweren Belastung fürdie europäischen Volks-wirtschaften entwickelnwird. Deshalb wird im vor-liegenden Artikel für alters-neutrale Investitionen indie allgemeine und berufli-che Aus- und Weiterbildungplädiert, durch die Mög-lichkeiten zum lebenslan-gen berufsbezogenen Ler-nen, zur Berufslaufbahn-beratung und zur individu-ellen Betreuung geschaffenwerden.“

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RichardCurtainCurtain Consulting,Melbourne

Einleitung

In diesem Artikel wird beschrieben, wieder Betrieb der Zukunft wahrscheinlichaussehen wird und welche Auswirkungensich daraus für die Berufsbildungssystemeergeben. Die Ergebnisse basieren auf ei-ner Analyse nationaler Untersuchungenaus den USA und Australien zu den Merk-malen von Betrieben, die sich durch be-währte Verfahrensweisen auszeichnen.

Die Verwendung von Untersuchungsdatenund Fallstudien zur Ermittlung der Eigen-schaften von leistungsstarken Betriebenberuht auf der Annahme, daß auf demMarkt erfolgreich operierende Unterneh-men sich höchstwahrscheinlich auch inder Zukunft behaupten werden. Es hatkeinen Sinn, die Zukunft vorhersagen zuwollen. Aber es ist möglich – und auchnützlich -, die wichtigsten, bereits unwi-derruflich eingetretenen Ereignisse zu be-nennen, die in den nächsten zehn oderzwanzig Jahren vorhersehbare Auswirkun-gen haben werden. Mit anderen Worten,man kann die bereits geschehene Zukunfterkennen und sich auf sie vorbereiten(Drucker, 1997). In diesem Artikel liegtder Schwerpunkt auf der Erfassung undBeschreibung der Merkmale leistungsstar-ker Betriebe der Gegenwart, um darausabzuleiten, welche Betriebe in der Zu-kunft erfolgreich sein werden.

Insbesondere werden in diesem Artikelursprüngliche Analyseergebnisse der 1995vom australischen Federal Department ofIndustrial Relations (Bundesministeriumfür Arbeitnehmer-Arbeitgeber-Beziehun-gen) durchgeführten Australian WorkplaceIndustrial Relation Survey (AWIS) vorge-stellt. Bei der AWIS handelt es sich umeine landesweite Untersuchung von 2001Betrieben mit mindestens 20 Beschäftig-

Der Betrieb derZukunft: Auswirkungenauf die Berufsbildung 1

ten. Ergänzt wird diese Analyse durch eineZusammenfassung der wichtigsten Ergeb-nisse von vier Fallstudien, bei denen inAustralien niedergelassene internationa-le Unternehmen untersucht werden.

Hauptmerkmale leistungs-starker Betriebe in Austra-lien und den USA

Organisation und technologischerWandel

Zur Erfassung der mit leistungsstarkenBetrieben assoziierten Hauptmerkmalewurde eine multivariante Analyse derAWIS-Ergebnisse vorgenommen.2 Als lei-stungsstarke Betriebe wurden solche de-finiert, die in den zwei Jahren vor Beginnder Untersuchung auf bedeutende Verbes-serungen bei der Arbeitsproduktivität odereine steigende Nachfrage nach ihren Pro-dukten oder Kapitalinvestitionen jünge-ren Datums verweisen konnten. Diese dreiGruppen machten zusammen 27 % allerBetriebe mit mindestens 20 Beschäftigtenaus.

Anhand der Analyse wurde eine Reihe vonEigenschaften ermittelt, die mit leistungs-starken Betrieben in Zusammenhang ge-bracht werden. Dabei ist es hilfreich, die-se einmal aus dem Blickwinkel der aufUnternehmensebene verfolgten Strategi-en und zum anderen aus dem der Art derArbeitsorganisation auf Arbeitsplatzebenezu betrachten, d. h. die beiden entschei-denden betrieblichen Funktionsebenenins Visier zu nehmen.

In der AWIS wird auf den engen Zusam-menhang zwischen großen organisatori-schen Neuerungen der jüngsten Vergan-genheit und der Leistungskraft der Betrie-

Anhand einer Analyse von Da-ten aus Australien und den Ver-einigten Staaten werden dievoraussichtlichen Merkmaledes Betriebes der Zukunft er-mittelt sowie einige der Aus-wirkungen auf die Berufsbil-dung untersucht.In diesem Artikel wird be-schrieben, wie der Betrieb derZukunft wahrscheinlich ausse-hen wird und welche Auswir-kungen sich daraus für dieBerufsbildungssysteme erge-ben. Die Ergebnisse basierenauf einer Analyse nationalerUntersuchungen aus den USAund Australien zu den Merkma-len von Betrieben, die sichdurch bewährte Verfahrens-weisen auszeichnen.Anhand der Analyse wurdeeine Reihe von Eigenschaftenermittelt, die mit leistungsstar-ken Unternehmen in Zusam-menhang gebracht werden.Dabei ist es hilfreich, diese ein-mal aus dem Blickwinkel derauf Unternehmensebene ver-folgten Strategien und zumanderen aus dem der Art derArbeitsorganisation auf Ar-beitsplatzebene zu betrachten,d. h. die beiden entscheiden-den betrieblichen Funktions-ebenen ins Visier zu nehmen.

1) Dieser Artikel basiert auf Untersu-chungen zu einem Bericht über zu-künftige Veränderungen im Bereichder Beschäftigung, der von der AllenConsulting Group im Auftrag der Re-gierung des Bundesstaates Victoriaausgearbeitet wurde. Die in diesemArtikel geäußerten Ansichten sind aus-schließlich die des Autors und nichtals Aussagen des Berichts zu verste-hen. Einige der hier vorgestelltenAnalyseergebnisse wurden veröffent-licht, und zwar in „The workplace ofthe future: insights from futurescenarios and today’s high per-formance workplaces“, AustralianBulletin of Labour, November, 1998

2) Die Analyse der Daten, die auf denAngaben des Autors beruht, wurdevon Frances Robertson von NILS mitUnterstützung von Mark Wooden vor-genommen.

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be hingewiesen. So ist bei Betrieben, indenen in letzter Zeit organisatorische Ver-änderungen im Sinne einer Umstrukturie-rung und arbeitsorganisatorische Verän-derungen für nicht-leitende Angestelltevorgenommen wurden, die Wahrschein-lichkeit, daß sie zu den Leistungsstarkengehören – vorausgesetzt, alle anderenFaktoren bleiben konstant – doppelt sohoch wie bei Firmen, in denen diese Ver-änderungen nicht erfolgen. In Australienkam es in fast allen leistungsstarken Be-trieben (93 %) in den zwei Jahren vor derUntersuchung in der einen oder anderenForm zu organisatorischen Veränderun-gen, während dies nur in 77 % der nicht-leistungsstarken Betriebe der Fall war. Einweiterer Faktor, der mit Leistungsstärkein Zusammenhang gebracht wird, sindtechnologische Veränderungen neuerenDatums. Diese Variable ergab sich aus derSumme der positiven Antworten von Be-trieben im Zusammenhang mit der An-schaffung neuer Anlagen oder Büroaus-stattungen in den vergangenen zwei Jah-ren.

Flexible Arbeitszeitvereinbarungen

Die Leistungsstärke von Betrieben wurdeauch mit flexiblen Arbeitszeitverein-barungen in Verbindung gebracht. Beiihnen konnte mit größerer Wahrschein-lichkeit davon ausgegangen werden, daßsie in den 12 Monaten vor der Untersu-chung die Zahl der Betriebsstunden er-höht hatten (26 % der leistungsstarkenBetriebe gegenüber 16 % der nicht-lei-stungsstarken Betriebe). Auch arbeiten inleistungsstarken Betrieben (70 %) mehrSchichtarbeiter bzw. Gelegenheitsarbeiterals in nicht-leistungsstarken Betrieben(60 %). Ferner sind bei ihnen viel ehersemi-autonome Arbeitsteams zu finden.

Unternehmenskultur und Human-kapitalinvestitionen haben hohenStellenwert

Die Analyse der AWIS zeigt auch, daß eseinen Zusammenhang zwischen leistungs-starken Betrieben und dem Stellenwertder Unternehmensethik/-kultur sowie desPersonal-Managements gibt. Leistungsstar-ke Betriebe bejahen häufiger die Frage,ob sich das Unternehmen für die Entwick-lung einer Unternehmensethik und -kulturZeit nimmt (38 %), während das unter dennicht-leistungsstarken Firmen nur bei 29 %

der Fall ist. Ebenso antworten sie häufi-ger (33 %) als nicht-leistungsstarke Betrie-be (24 %) eindeutig mit „ja“ auf die Fra-ge, ob ihr Unternehmen gegenwärtig er-hebliche Ressourcen für das Personal-Management bereitstellt.

Gute Beziehungen zwischen Arbeit-nehmern und Management

Anhand der oben genannten Ergebnisseläßt sich nachweisen, daß es einen en-gen Zusammenhang zwischen der Quali-tät der Arbeitnehmer-Management-Bezie-hungen und der Leistungsstärke des Be-triebes gibt. Die befragten Manager wur-den in zwei verschiedenen Fragen gebe-ten, die Arbeitnehmer-Management-Bezie-hungen auf einer Fünf-Punkte-Skala vonsehr gut bis sehr schlecht einzuschätzen(mit einer 60 %igen Überschneidung beidenselben Befragten). In leistungsstarkenBetrieben (50 %) werden die Arbeitneh-mer-Management-Beziehungen häufigerals sehr gut eingeschätzt als in nicht-lei-stungsstarken Betrieben (41 %).

Anwendung von Schlüsselindikatorenfür die Leistungsmessung

In leistungsstarken Betrieben (60 %) istdie Wahrscheinlichkeit größer als in nicht-leistungsstarken Betrieben (53 %), daßSchlüsselindikatoren für die Leistungsmes-sung Anwendung finden. Auch wird inihnen häufiger (80 %) die Zufriedenheitder Kunden mit den Dienstleistungen zumMaßstab gemacht als in nicht-leistungs-starken Betrieben (72 %). Ferner ist inleistungsstarken Betrieben (54 %) die re-gelmäßige Messung der Arbeitsprodukti-vität auf Abteilungs- oder Bereichsebenewahrscheinlicher als in nicht-leistungsstar-ken Betrieben (48 %). Zudem finden inleistungsstarken Betrieben häufiger (46 %)Schlüsselindikatoren für die Leistungsmes-sung Anwendung, die von den Mitarbei-tern erarbeitet wurden, als dies in nicht-leistungsstarken Betrieben (36 %) der Fallist.

Die in Australien geleistete Forschung zuden Merkmalen leistungsstarker Betriebeermöglicht durch Extrapolation der ent-stehenden Strukturen und Abläufe Rück-schlüsse auf zukünftige Tendenzen. Den-noch ist die Aussagekraft dieser Methodefür die Form zukünftiger Betriebe in ver-schiedener Hinsicht begrenzt.

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Die AWIS-Daten stammen aus den Jahren1994-1995 und enthalten somit keine Aus-sagen zu den in letzter Zeit entstandenenUnternehmen. Zudem bedeutet die Fest-legung der Beschäftigtenzahl der in derAWIS-Studie untersuchten Betriebe (aufmindestens 20 Beschäftigte), daß Neu-gründungen in ihrer ersten Wachstums-phase möglicherweise nicht berücksich-tigt wurden. Außerdem können aus denvorformulierten Anworten in den Frage-bögen nur teilweise Hinweise auf dievorgenommenen Veränderungen gewon-nen werden.

Stellt man die existierenden, erfolgreichenUnternehmen in den Mittelpunkt, die sichauf den heutigen Märkten bewähren, läßtman möglicherweise außer acht, daß die-se unter veränderten Marktbedingungenkeinen Erfolg mehr haben werden. Viele„visionäre“ und sehr erfolgreiche Unter-nehmen besitzen eine starke Unter-nehmenskultur, die das Festhalten an denjeweiligen Unternehmenszielen und denZusammenhalt innerhalb des Konzernsbetont. Obwohl eine solche Unter-nehmenskultur geeignet ist, Leistung, Ar-beitsmoral und Produktivität zu verbes-sern, hemmt sie gleichzeitig Innovationen,indem sie nicht nur die Äußerung „origi-neller“ Ideen, sondern auch deren Wei-terentwicklung einschränkt (Nemeth1997). Neue, dezentralisiert organisierteUnternehmen, die noch nicht als erfolg-reich oder leistungsstark definiert werden,sind möglicherweise aufgeschlossenergegenüber innerbetrieblichem Dissens. Sosind diese Unternehmen vielleicht besserin der Lage, interne Entscheidungsprozes-se anzuregen und Innovationen hervor-zubringen, und haben somit bessere Er-folgsaussichten (Nemeth op.cit.).

Forschung in den Vereinigten Staaten

Die großen Stichprobenerhebungen zuden Merkmalen leistungsstarker Betriebein den Vereinigten Staaten (Gephart 1995,Smith 1997, Lester 1998) sind von relativgeringer Aussagekraft. Die verfügbarenDaten lassen jedoch ähnliche Schlußfol-gerungen zu. Black und Lynch (1997) stüt-zen sich auf Daten aus einer vom Statisti-schen Bundesamt der USA 1994 durchge-führten, nationalen Stichprobenerhebung,die über 1500 verarbeitende Betriebe derUSA erfaßt. Ihre Ergebnisse belegen, daßBetriebe mit höherer Arbeitsproduktivität

eher über eine eigene Forschungs- undEntwicklungsabteilung verfügen. Ebensoist die Arbeitsproduktivität in den Betrie-ben höher, in denen nicht-leitende Ange-stellte am Computer arbeiten und eineAusbildung erhalten haben. Ferner ver-zeichnen verarbeitende Betriebe mitGewinnbeteiligungsplänen für nicht-lei-tende Angestellte eine um 7 % höhereArbeitsproduktivität als ihre Konkurren-ten. Überdies gehören Leistungsverglei-che mit anderen Unternehmen durchBenchmarking zu den Merkmalen vonBetrieben mit höherer Arbeitsproduktivi-tät.

Aus der Analyse von Lynch und Black gehtferner hervor, daß ein Zusammenhangzwischen einer höheren Arbeitsprodukti-vität des Betriebs und neuen Formen derArbeitsorganisation nur dann gegeben ist,wenn letztere mit einer stärkeren Einbe-ziehung der Arbeitnehmer einhergehen.Zudem zeigen ihre Ergebnisse, daß dieProduktivität in gewerkschaftlich organi-sierten Betrieben mit traditionellen Arbeit-nehmer-Management-Beziehungen ex-trem niedrig ist. Da, wo letztere neueBetriebspraktiken eingeführt haben, wiez. B. leistungsbezogene Vergütungs-systeme und Arbeitnehmerbeteiligung,sind sie nicht nur produktiver als ihre alt-modischen, gewerkschaftlich organisier-ten Pendants, sondern stechen auch nichtgewerkschaftlich organisierte Unterneh-men aus, die neue, ähnliche Betriebs-praktiken eingeführt haben. In gewerk-schaftlich organisierten Unternehmen, dieformelle Qualitätssicherungsprogrammeund regelmäßige Diskussionsforen einge-führt haben, beträgt die Produktivität20 %. In nicht gewerkschaftlich organisier-ten Betrieben bringt die Einführung dergleichen Methoden zur Leistungssteige-rung jedoch nur eine 10%ige Produktivi-tätssteigerung gegenüber dem Ausgangs-wert (Wallich 1998).

Belege aus den USA machen ferner deut-lich, daß neue Formen der Arbeitsorgani-sation nur dann mit höherer Produk-tivitätsleistung im Zusammenhang stehen,wenn sie Teil einer kohärenten Strategiesind. Im Rahmen einer Studie, die 51Stahlwerke der Vereinigten Staaten erfaß-te, wurde untersucht, wie sich unter-schiedliche Methoden der Personalpoli-t ik auf die Produktivität auswirken(Ichniowski, Shaw und Prennushi 1995).

„Viele „visionäre“ und sehrerfolgreiche Unternehmenbesitzen eine starke Unter-nehmenskultur, die dasFesthalten an den jeweili-gen Unternehmenszielenund den Zusammenhalt in-nerhalb des Konzerns be-tont. Obwohl eine solcheUnternehmenskultur geeig-net ist, Leistung, Arbeitsmo-ral und Produktivität zuverbessern, hemmt siegleichzeitig Innovationen,indem sie nicht nur die Äu-ßerung „origineller“ Ideen,sondern auch deren Weiter-entwicklung einschränkt.“

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Die Ergebnisse belegen, daß einzelne In-itiativen wie z. B. Teambildung, Qualitäts-zirkel und leistungsbezogene Vergütungs-systeme für sich genommen keinen gro-ßen Einfluß auf die Leistung haben. Hin-gegen wirkt sich die Summe dieser Maß-nahmen insgesamt stärker auf die Produk-tivität aus. Da, wo einzelne Arbeitsmetho-den sich gegenseitig ergänzen oder inein-ander greifen, ist der Einfluß auf die Lei-stung stärker als die Summe der einzel-nen Maßnahmen (Lester 1998).

Eine Untersuchung von 62 Autofabrikenin der ganzen Welt belegte, daß perso-nalpolitische Maßnahmen zur Leistungs-steigerung „gebündelt“ zu einer höherenProduktivität von Montagewerken (weni-ger Montagestunden pro Fahrzeug) undverbesserter Qualität führen (MacDuffie1995). Außerdem wurde in der Untersu-chung nachgewiesen, daß der Nutzen die-ser personalpolitischen Maßnahmen dortam größten ist, wo sie in ein flexibles,schlankes Produktionssystem integriertsind (MacDuffie 1995).

Die oben genannte Untersuchung, die aufbranchenübergreifenden Erhebungen undbranchenspezifischen Studien der Indu-strie der USA basiert, läßt allgemeineSchlußfolgerungen über die Merkmaleleistungsstarker Betriebe zu (Lester 1998).Diese Verallgemeinerungen lassen sichwie folgt zusammenfassen:

❏ keine Gruppe von Arbeitsmethoden istfür sich genommen für die Leistungsstei-gerung geeignet;

❏ jede einzelne Initiative zur Verände-rung von Arbeitsmethoden hat offenbarnur geringen Einfluß auf die Produktivi-tät, wenn sie isoliert umgesetzt wird;

❏ Kopplungen von Veränderungen derArbeitsmethoden lösen, wenn sie in dieinnerbetrieblichen Abläufe integriert wer-den, offenbar einen Synergieeffekt ausund wirken sich in größerem Maße aufdie Produktivität aus als die Summe derzur Veränderung der Arbeitsmethodengetroffenen Einzelmaßnahmen;

❏ ein Bündel in die innerbetrieblichenAbläufen integrierter veränderter Arbeits-methoden ist vermutlich dann am effek-tivsten, wenn es mit der Wettbewerbs-strategie und -kultur des Unternehmensverknüpft wird. Dennoch setzen sich re-lativ wenige Unternehmen in den USAkonsequent für wesentliche betrieblicheVeränderungen und Verbesserungen ein.

Ausgehend von einer Extrapolation deroben genannten Ergebnisse läßt sich eineVorstellung von den erfolgreichen Betrie-ben der Zukunft entwickeln. Die Organi-sationsstrukturen werden sich wahr-scheinlich nicht nur verkleinern, sondernauch in hohem Grade autonom agieren.Zudem werden sie sich voraussichtlich ineinem ständigen technologischen undorganisatorischen Wandel befinden. Die-se Veränderungen werden um so wir-kungsvoller sein, je stärker die Arbeitneh-mer durch verschiedene Mechanismen zurFörderung der Partizipation, einschließ-lich gewerkschaftlicher Förderung, in die-sen Prozeß eingebunden sind. Die trei-benden Kraft der Veränderungen wirdwahrscheinlich aus der Entwicklung ei-nes starken Gefühls des Zusammenhaltserwachsen, das auf den im Betrieb ver-einbarten Zielen basiert. Ein weiteres her-vorstechendes Merkmal des erfolgreichenBetriebs der Zukunft wird sicherlich einumsichtiges Personal-Management sein.Eine wichtige Rolle wird wohl auch dieFlexibilität der Arbeitnehmer sowohl hin-sichtlich der Arbeitszeit als auch ihrerBeziehungen untereinander spielen. DieMessung der Leistung, besonders nachnicht-finanziellen Maßstäben, wie z. B.Kundenzufriedenheit, wird in Zukunft si-

Hauptmerkmale leistungsstarker Unternehmenals Antwort auf die Globalisierung

Angesichts des starken Wettbewerbsdrucks muß die wirkungsvollste Strategie zurKostensenkung und zur Stärkung der zukünftigen Position gefunden werden.

Die Einführung der weltbesten Verfahrensweisen ist nicht bloß wünschenswert,sondern für das Überleben der Unternehmen unerläßlich.

Der Einsatz von kodifiziertem Wissen als Wettbewerbsmittel rückt in den Mittel-punkt.

Die Umwandlung des impliziten Wissens der Arbeitskräfte in kodifiziertes Wissenunter Anwendung von Qualitätssicherungssystemen gewinnt an Bedeutung.

Die Arbeitskräfte müssen sowohl funktional als auch zeitlich flexibel sein.

Der Schwerpunkt verlagert sich von harmonischen Arbeitsbeziehungen auf dieStrategie der Humankapitalinvestition.

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cher zu einer wichtigen Triebfeder derVeränderung werden.

Leistungsstärkeals Antwort aufdie Globalisierung

Nachdem die Ergebnisse der Untersuchun-gen betrachtet worden sind, soll nun be-leuchtet werden, wie Leistungsstärke inder Praxis erreicht wird. Auch hier ge-schieht das wieder mit der Absicht, dieMerkmale des Betriebs der Zukunft an-hand praktischer Beispiele zu beschrei-ben.

Die Untersuchung stützt sich auf Infor-mationen aus vier Fallstudien über lei-stungsstarke australische Unternehmenund ihre Reaktion auf die Weltwirtschaft.Zu den untersuchten Unternehmen zähl-ten eine internationale Bank in australi-schem Besitz sowie drei internationaleUnternehmen in amerikanischem Besitzaus den Bereichen Erdöl, Fahrzeugbau,Computerdesign, verarbeitendes Gewer-be und Vertrieb. Die Globalisierung wirktsich auf die Organisationsstrukturen undArbeitsweisen unterschiedlich aus (sieheTabelle).

Neue globale Strukturen

In den untersuchten Unternehmen führtdas globale Operieren beispielsweise zuVeränderungen in der Produktion, im Ver-trieb und in den Personalsystemen, umsomit z. B. eine gemeinsame Plattform zuschaffen. Im Zuge dieser Veränderungenwerden in der Regel auch neue Positio-nen, wie die des Globalproduktmanagers,und neue Geschäftsbereiche, wie etwa derfür globales Marketing, geschaffen. Daskann mit einer Rationalisierung derProduktangebote sowie einer Verschlan-kung der Prozesse, vom Verkauf, über denKundendienst bis hin zum Inkasso derErlöse einhergehen.

Dem Schritt zum globalen Operieren gehtunweigerlich die Überlegung voraus, wieallgemein bewährte Verfahrensweisenüber regionale Grenzen hinweg erfolg-reich eingesetzt werden können, ohnedaß dabei ein gewisses Maß an lokalenEigenheiten verlorengeht. Das kann einenneuen Balanceakt erforderlich machen,

wenn es darum geht, allgemeine Prozes-se global zu steuern und gleichzeitig re-gionale Märkte lokal zu bearbeiten.

Der Übergang zu einem globalen Unter-nehmen setzt zudem umfangreiche Maß-nahmen voraus, um die Arbeitnehmer aufdie neuen Arbeitsweisen vorzubereiten.Einerseits muß es dabei zu einer umfas-senden Kommunikation kommen, damitdie betreffenden Personen verstehen, wieund warum sie ihre Arbeitsweise ändernsollen. Andererseits müssen Ausbildungs-maßnahmen durchgeführt werden, damitdie Arbeitnehmer die auf der neuen Ebe-ne benötigten Kenntnisse und Fähigkei-ten erwerben. Ferner müssen die in denglobal agierenden Geschäftseinheiten tä-tigen Arbeitnehmer die Strukturen ihresUnternehmens genau verstehen. Von ih-nen wird verlangt, in virtuellen Teams mitnur geringer Kontrolle durch das Mana-gement zu arbeiten. Sie sind für ihre Aus-und Weiterbildung selbst verantwortlich.Ferner müssen die Kommunikationswe-ge, die Vergütungs- und Anerkennungs-systeme sowie die Meßmethoden im Sin-ne der globalen Orientierung neu ausge-richtet werden.

Die Suche nach der besten Organi-sationsstrategie

Anhand der Fallstudien wurde deutlich,daß global geleitete Unternehmen untereinem ständigen Druck stehen, die Orga-nisationsform zu finden, die ihren strate-gischen Zielen am besten entspricht. Da-bei geht es um Fragen wie etwa denWechsel von einer funktionellen, regio-nal ausgerichteten Struktur zu einem glo-bal agierenden Unternehmen, „Make orBuy“ (Eigenproduktion oder Outsour-cing), Akquisitionen zur Verbesserungbzw. Erweiterung der Kernkompetenzendes Unternehmens, Aufbau von Franchi-se-Betrieben, Bildung strategischer Alli-anzen mit anderen Unternehmen, odersogar um die Frage der Fusion.

Die Einführung der weltbesten Verfah-rensweisen ist von großer Bedeutung

In allen untersuchten Unternehmen fandein Informationsaustausch hinsichtlichbewährter Verfahrensweisen statt. Im Falldes Erdölunternehmens ermöglichten esdie niedrigen Informationsübertragungs-kosten, daß eine Reihe von Netzwerk-

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gruppen Informationen über ihre betrieb-lichen Prozesse austauschen konnte. Sol-che Netzwerkgruppen gab es in den Be-reichen: Raffineriebetrieb, Raffinerie-wartung, Raffinerieoptimierung, Raf-f iner ielogis t ik, Tankstel lenbau undEinzelhandelsvertrieb. Es wird erkannt,daß das funktionelle Fachwissen letztlichim globalen Unternehmen zu finden ist.In der Zukunft kann sich z. B. jemand,der eine Anlage bedient, von seinem Steu-erpult direkt über ein globales Netz bera-ten lassen.

Einsatz des Wissens als Wettbewerbs-instrument

In den untersuchten Unternehmen gewin-nen immaterielle Aktiva wie Kundenbe-treuung, technische Unterstützung, F & E,Managementphilosophie, besondere Fä-higkeiten des Unternehmens und Be-triebssysteme zunehmend an Bedeutung.In mehreren Unternehmen wird der Ein-satz von Wissen als Wettbewerbsinstru-ment immer mehr zu einer wichtigen Stra-tegie.

Zu den wichtigsten immateriellen Aktivades Computerunternehmens zählten dieQualität des Managements, der Produkteund der Dienstleistungen, die Innova-tionsfähigkeit, die Wertentwicklung lang-fristiger Kapitalanlagen, finanzielle Soli-dität sowie die Fähigkeit, talentierte Mit-arbeiter anzuwerben und zu halten. Schät-zungen zufolge war der Marktwert desUnternehmens bis zu 60 % auf diese im-materiellen Aktiva zurückzuführen.

Qualitätssicherungssysteme und Di-versifizierungsprogramme genießenhohen Stellenwert

Im Rahmen ihres Programms für organi-satorische Veränderungen verwendete dieBank zur systematischen Überprüfung derArbeitsprozesse innerhalb des Unterneh-mens bestimmte Qualitätskriterien. Diegesamte laufende Geschäftstätigkeit, sämt-liche Strategien und Verbesserungs-initiativen wurden dabei einbezogen. DerSchwerpunkt lag auf einer kontinuierli-chen Verbesserung aller Geschäftsberei-che, wobei Arbeitsinhalte und die Arbeits-weisen ständig hinterfragt wurden. Die-ses Verfahren wurde durch eine Strukturineinandergreifender Teams unterstützt,um so im ganzen Unternehmen ein Sy-

stem der Anleitung, der Kommunikationund der Verknüpfung der Entscheidungs-prozesse zu schaffen.

Das Autounternehmen verfügte auf inter-nat ionaler Ebene über ein eigenesQualitätssicherungsprogramm, mit dessenHilfe es sich zu einem global geführten,auf Qualität setzenden Unternehmen ent-wickeln will.

Bei der Computerfirma und dem Öl-unternehmen liefen Programme zur Ma-ximierung des Leistungsvermögens allerMitarbeiter als Beitrag zum Unterneh-menserfolg. Damit wollte das Ölunter-nehmen erreichen, daß sich seine Mitar-beiter dem Unternehmenserfolg verpflich-tet fühlen und sich uneingeschränkt da-für einsetzen, daß ihre Firma Marktführerwird. Ferner sollten die Mitarbeiter aufdiese Weise eine Vielzahl verschiedenerArbeitsstile und Herangehensweisen ken-nenlernen und ihre Kenntnisse und Fer-tigkeiten ständig vervollkommnen.

Die Flexibilität der Arbeitskräfte istvon großer Bedeutung

In allen untersuchten Unternehmen spieltdie fachliche und die zeitliche Flexibilitätder Arbeitskräfte eine sehr große Rolle.So setzte die Computerfirma bei 30 % ih-rer Mitarbeiter große Flexibilität hinsicht-lich der inhaltlichen Gestaltung der Ar-beitsverträge voraus. Ferner wurde Flexi-bilität in Form von Telecommuting erwar-tet, wobei die Mitarbeiter von der Firmades Kunden aus arbeiten. In Australienverfügen ca. 40 % aller Beschäftigten vonComputerfirmen über einen Laptop. Au-ßerdem wurde die Bereitschaft zurWochenendarbeit vorausgesetzt. Funktio-nale Flexibilität war ebenfalls sehr gefragt,wobei es neben fachlichen Kenntnissenund Fertigkeiten auch auf Kommunikat-ions- und Teamfähigkeit ankam.

Einführung einer Strategie derHumankapitalinvestition

In den vier untersuchten Unternehmenwar an die Stelle der Arbeitnehmer-Arbeit-geber-Beziehungen das umfassendereKonzept des Personal-Managements ge-treten. In einigen Fällen ging das bis zurEinführung einer Strategie der Human-kapitalinvestition als zentrales Element derUnternehmensstrategie. Dies ging einher

„In den untersuchten Unter-nehmen gewinnen immate-rielle Aktiva wie Kundenbe-treuung, technische Unter-stützung, F & E, Manage-mentphilosophie, besonde-re Fähigkeiten des Unter-nehmens und Betriebssyste-me zunehmend an Bedeu-tung. In mehreren Unter-nehmen wird der Einsatzvon Wissen als Wettbe-werbsinstrument immermehr zu einer wichtigenStrategie.“

„In den vier untersuchtenUnternehmen war an dieStelle der Arbeitnehmer-Ar-beitgeber-Beziehungen dasumfassendere Konzept desPersonal-Managements ge-treten. In einigen Fällenging das bis zur Einfüh-rung einer Strategie derHumankapitalinvestitionals zentrales Element derUnternehmensstrategie.Dies ging einher mit einerVeränderung der Einstel-lung der Arbeitnehmer zumUnternehmen dergestalt,daß sie ihre „Anspruchs-mentalität“ ablegten undzunehmend Verantwortungübernahmen. Diese Verän-derungen führten fernerdazu, daß eng begrenzteTätigkeiten durch Aufga-benbereiche ersetzt wur-den, die aufgrund der er-zielten Ergebnisse beurteiltwerden.“

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mit einer Veränderung der Einstellung derArbeitnehmer zum Unternehmen derge-stalt, daß sie ihre „Anspruchsmentalität“ablegten und zunehmend Verantwortungübernahmen. Diese Veränderungen führ-ten ferner dazu, daß eng begrenzte Tä-tigkeiten durch Aufgabenbereiche ersetztwurden, die aufgrund der erzielten Ergeb-nisse beurteilt werden.

In Unternehmen mit einer stark gewerk-schaftlich organisierten Belegschaft wur-den die Arbeitnehmer-Arbeitgeber-Bezie-hungen umgestaltet. Dabei trat an die Stel-le externer gewerkschaftlicher Einflußnah-me und deren enger Fixierung auf Löhneund Arbeitsbedingungen eine Konzepti-on, die das Unternehmen und dessen Pro-duktivität und Leistung in den Mittelpunktstellt. Die meisten Initiativen hatten eineDiversifizierung der Mitarbeiter zum Ziel,wie z. B. durch familienfreundlichereMaßnahmen und Fremdsprachenaus-bildung.

Im Rahmen dieser Neuorientierung aufdas Unternehmen selbst spielte der Auf-bau von Teams und die Ausstattung ein-zelner Teammitglieder mit größeren Be-fugnissen eine zentrale Rolle. Das Ziel wareine Strategie der Humankapitalinvesti-tion, die die gesamte Belegschaft erfaßt.Die Teams wurden ermutigt, ihre Berei-che wie kleine Unternehmen zu führen,Probleme zu lösen, Entscheidungen zutreffen und die Verantwortung für die Er-gebnisse zu übernehmen. In dem unter-suchten Autounternehmen wurde z. B. ca.1.300 Beschäftigten die Möglichkeit ge-boten, an der Ausbildungsmaßnahme„Geschäftsinn und Geschäftsführung“ teil-zunehmen, um ein besseres Verständnisfür die Unternehmensprinzipien zu ent-wickeln.

Darüber hinaus wurde in dem Autounter-nehmen viel Energie darauf verwendet,für die Büroangestellten ein breit ange-legtes und solides Weiterbildungspro-gramm zu entwickeln. Auch viele derProduktionsarbeiter nahmen – teilweisein ihrer Freizeit – an akkreditierten Aus-bildungsmaßnahmen teil. Es ist geplant,die gegenwärtigen auf die Büroangestell-ten beschränkten Maßnahmen hinsicht-lich Leistungsbeurteilung sowie Aus- undWeiterbildung auf die Produktions-arbeiter auszudehnen. Manager und lei-tende Angestellte sind zunehmend für

ihre Aus- und Weiterbildung sowie ihreberufliche Entwicklung selbst verantwort-lich.

In der Raffinerie des Ölunternehmenswurden die Managementebenen vonsechs auf drei reduziert. Ferner wurde denTeam-Leitern und den Teams größereVerantwortung für die Arbeitsergebnisseübertragen. Von den Team-Leitern wirdein hohes kommunikatives Niveau undgute Fähigkeiten im Umgang mit Men-schen erwartet. Zudem werden alle Be-schäftigten ermutigt, selbst aktiv zu wer-den und Initiativen zu ergreifen.

In der Computerfirma wurde eine umfas-sende Strategie der Humankapita l -investition eingeführt. Dies ist möglicher-weise auf den hohen Anteil der in derFirma beschäftigten Hochschulabsolven-ten zurückzuführen und kann Ausdruckdes Wertes sein, den die Firma traditions-gemäß auf ihr technisches Fachwissenlegt. Ganz besonderes Augenmerk galteiner eigenständigen Laufbahnplanung.Bei der Auswahl und Übernahme vonGeschäftsfeldern ließ man sich vom Zielder langfristigen Beschäftigungssicherungund des Aufstiegs und der Entwicklungdes einzelnen leiten. Im Gegenzug wur-de von den Mitarbeitern erwartet, daß siedie Initiative ergreifen und ihre Karrierevorausschauend planen, neue Kenntnis-se und Fähigkeiten erwerben und diesefür das Unternehmen einsetzen. Dazugehörte auch, daß sie an ihrem Arbeits-platz bestimmte Vorgaben erfüllen undmöglichst übertreffen, und gleichzeitig aufVeränderungen in puncto Aufgabenbe-reich, Ablaufpläne und Arbeitsumfeld fle-xibel reagieren.

Überblick über leistungs-starke Unternehmen

Die zuvor beschriebenen Untersuchungs-ergebnisse geben Aufschluß – wenn auchetwas zusammenhanglos – über die Merk-male leistungsstarker Betriebe in den USAund Australien. Daraus lassen sich Ten-denzen für die Zukunft ableiten. Es istdavon auszugehen, daß die Organisations-strukturen autonomer als in der Vergan-genheit funktionieren werden. Wenn Be-triebe in der Zukunft erfolgreich seinwollen, müssen sie ihre Maßnahmen bün-

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deln, um mit Hilfe einer innovativen Ar-beitsorganisation neue Produkte undDienstleistungen zu entwickeln. Dies wirddazu führen, daß die Betriebe einem stän-digen technologischen und organisatori-schen Wandel ausgesetzt sind.

Beispiele aus den USA lassen daraufschließen, daß diese Veränderungen umso wirkungsvoller sein werden, je stärkerdie Arbeitskräfte durch verschiedene Me-chanismen zur Förderung der Partizipati-on – auch mit gewerkschaftlicher Unter-stützung – in diesen Prozeß eingebundensind. Ein weiteres gemeinsames Merkmalwird die Entwicklung einer starken, aufvereinbarten Zielen basierenden Unter-nehmenskultur sein.

Ferner werden sich die erfolgreichen Be-triebe der Zukunft dadurch auszeichnen,daß sie sich auf einzelne Mitarbeiter kon-zentrieren und sie als Vehikel für Investi-tionen in das geistige Kapital nutzen. Dasheißt jedoch nicht, daß in den Betriebennur eitel Freude und Sonnenschein herr-schen wird. Ein weiteres wichtiges Merk-mal ist die Flexibilität der Arbeitskräfte,d. h. die Arbeitszeit wird auf die Bedürf-nisse der Kunden ausgerichtet sein. Fer-ner wird sicher ein hohes Maß an Flexi-bilität der Beteiligten untereinander erfor-derlich sein. Das kann bedeuten, daß inTeams gearbeitet wird, die für die Fest-setzung ihrer Leistungsziele selbst verant-wortlich sind. Bei der Festlegung des täg-lichen Arbeitsschwerpunkts werden si-cherlich für die Leistungsbeurteilungnicht-finanzielle Schlüsselindikatoren, ins-besondere der Gesichtspunkt der Kunden-zufriedenheit, eine sehr große Rolle spie-len.

Anhand der Fallstudien läßt sich ein um-fassendes und ganzheitliches Bild davonentwickeln, was Leistungsstärke in derPraxis bedeutet. Die hier genannten Bei-spiele für Veränderungen, die im Zuge desWachstums der globalen Wissenswirt-schaft in jüngster Zeit durchgeführt wor-den sind, lassen einige der voraussichtli-chen Hauptmerkmale des Betriebs derZukunft erkennen. Dabei stellen die neu-en Strukturen, die gegenwärtig als Grund-lage für den Übergang zu global ange-legten Operationen geschaffen werden,den bedeutendsten Faktor für die Ausrich-tung und die Organisation der großenUnternehmen dar.

Erfolg im globalen Wettbewerb setzt eineoptimale Anpassung der Organisations-strukturen an die Erfordernisse des jewei-ligen Markts voraus. Unter diesen Umstän-den ist die Einführung bewährter Verfah-rensweisen unverzichtbar und darf nichtnur ein Lippenbekenntnis bleiben. ImZuge sich schnell ändernder und zuneh-mend mannigfaltiger werdender Mark-bedingungen werden sich voraussichtlichunterschiedliche Organisationsstrukturenherausbilden, deren gemeinsames Merk-mal im Vergleich zu den Verfahrenswei-sen der Vergangenheit jedoch ein erheb-lich größeres Maß an Autonomie des Han-delns sein wird.

Beim Operieren auf einem globalen Marktspielt für große wie für kleine Unterneh-men der Einsatz von Wissen als Wettbe-werbsmittel eine Schlüsselrolle. Zudemhat das Operieren in der globalenWissenswirtschaft bedeutende Auswirkun-gen auf das Arbeitsleben der Beschäftig-ten eines Unternehmens. Von ihnen wirdein hohes Maß an Flexibilität erwartet.Dies muß jedoch insofern im Zusammen-hang gesehen werden, als für die Unter-nehmen in diesem neuen Operationsum-feld die Förderung ihres geistigen Kapi-tals Priorität hat, wobei sie eine Strategieder Humankapitalinvestition verfolgen,die die Beschäftigten dazu anhält, ihreberufliche Entwicklung selbst in die Handzu nehmen.

Auswirkungen auf dieBerufsbildungssysteme

In den Industrieländern haben die Verän-derungen in der Arbeitsorganisation weit-reichende Auswirkungen auf die Berufs-bildung. Durch die neue wissensintensiveWirtschaft werden Systeme, die bisher alssehr erfolgreich galten, vor neue Heraus-forderungen gestellt. Die Beschäftigungnimmt immer mehr einen fließenden Cha-rakter an. Berufsbilder verändern sichoder verschwinden sogar ganz. Die Un-ternehmen werden bestrebt sein, das Ler-nen zu fördern und gleichzeitig die Aus-bildungskosten durch Online-Lernen zusenken (Stern 1998).

In vielerlei Hinsicht basiert die neueWissenswirtschaft auf einer Verlagerunginnerhalb der Organisationen, bei der

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Hierarchien durch flachere Strukturen wiez. B. Netzwerke und unabhängige Teamsersetzt werden. Hierarchische Strukturenvon „oben“ nach „unten“ sind besondersbei der Produktion und Bereitstellungstandardisierter Güter und Dienstleistun-gen angemessen. Die Produktion vonWissen erfordert hingegen freiere Orga-nisationsformen, in denen persönlicheAutonomie und die Unabhängigkeit desGeistes in größerem Maße anerkannt wer-den (Stiglitz 1998). Wissen wird am ehe-sten erworben, wenn der Lernende aktivbeteiligt ist und sich Lerninhalte nicht nurpassiv und mechanisch einprägt. Inner-halb der Unternehmen genießen Unab-hängigkeit und Teamarbeit einen hohenStellenwert, während die auf Unabhän-gigkeit und Selbständigkeit basierendenArbeitsbedingungen an Bedeutung verlie-ren. Von den in zunehmend spezialisier-ten Arbeitsgruppen tätigen Personen wirdimmer häufiger die Fähigkeit zur funk-tionsübergreifenden Kommunikation undKoordination erwartet.

Zentrale Befehlsstrukturen werden durchsemi-autonome Teams abgelöst, derenArbeit horizontal entsprechend zentralvorgegebenen Regeln koordiniert wird.Zudem tritt an die Stelle der nach einemextern festgelegten „einzig besten Weg“organisierten Arbeit das partizipative Ex-perimentieren, was zu einer kontinuierli-chen Leistungsverbesserung führt. Inner-halb der Firma erfolgt der Transfer vonlokalisiertem, auf Erfahrungen basieren-dem Wissen hauptsächlich über horizon-tale Beziehungen, die denen unter Aus-zubildenden ähnlich sind, und nicht durcheine vertikale Ausbildung, bei der dasWissen von den Managern an die Beschäf-tigten weitergeben wird (Stiglitz, 1999).

Diese Tendenz hat weitreichende Auswir-kungen für die Berufsbildungssysteme.Ein wichtiges Merkmal der Berufs-bildungssysteme der Zukunft werden vor-aussichtlich dezentralisierte Entschei-dungsprozesse sein, an denen insbeson-dere die Arbeitgeber und Arbeitnehmerals Endnutzer der Ausbildung beteiligtsind.

Von den Berufsbildungssystemen werdenin Zukunft zwei Arten von Flexibilität er-wartet (Sweet und Curtain, 1999), die einebetrifft den Kontext und die andere denzeitlichen Rahmen.

Das Lernen ist am effektivsten, wenn essituationsbezogen ist oder in einem be-stimmten Kontext erfolgt. Flexibilität hin-sichtlich des Kontexts bedeutet dabei, daßdie Bildungsträger ein auf unterschiedli-che Situationen bezogenes Lernen anbie-ten müssen. In den Betrieben der Zukunfthat der strategische Einsatz von Wisseneinen hohen Stellenwert, so daß diese sichverstärkt um das auf Erfahrungen basie-rende implizite Wissen in den Köpfen derMenschen bemühen werden. Zur Nutzungdieses Wissens werden zum Teil bestimm-te Verfahren wie z. B. Qualitätssicherungs-systeme angewendet werden. In anderenFällen wird es durch intensive Teamar-beit erschlossen. Ferner wird der zentra-le Stellenwert des impliziten Wissens be-deuten, daß der größte Teil des Lernensnicht in Form des auf der deduktivenMethode beruhenden Erwerbs von Grund-wissen im Klassenzimmer erfolgt. Insbe-sondere bei wissensintensiver Arbeitstä-tigkeit ist der Betrieb der beste Platz zumLernen.

Arbeitsbezogenes Lernen hat sowohl fürPädagogen als auch für Unternehmenverschiedene Vorteile. So lassen sich dreiBereiche erkennen, in denen sich auf-grund der engen Zusammenarbeit zwi-schen Lehrer und Arbeitgeber Vorteileergeben. Erstens können die Arbeitgeberden Schülern die im Unternehmen benö-tigten Fähigkeiten demonstrieren und ih-nen so den Wert einer entsprechendenAusbildung nahebringen. Zweitens wer-den sich die Schüler nach ihrer Rückkehrins Klassenzimmer wahrscheinlich mehranstrengen, da sie den Zusammenhangzwischen den schulischen Leistungen undihrer zukünftigen beruflichen Laufbahnbesser verstehen. Und drittens gewinntdas Lehrpersonal aufgrund seiner engenZusammenarbeit mit den Arbeitgebernzusätzlich an Autorität. Ob und wie dieseVorteile zum Tragen kommen, hängt je-doch von den Arbeitgebern ab, die eineaktive Rolle bei der Ermittlung und derBeurteilung der Kompetenzen spielenmüssen, die während eines Arbeits-praktikums erworben werden sollen.

Unbefriedigende Lernbedingungen imBetrieb können auf das Fehlen von ent-sprechend ausgebildeten Betreuern zu-rückzuführen sein. Ursache dafür kannauch ein schlechtes Arbeitsklima sein,wenn z. B. Auszubildende zum Sünden-

„Von den Berufsbildungs-systemen werden in Zu-kunft zwei Arten von Flexi-bilität erwartet, die einebetrifft den Kontext und dieandere den zeitlichen Rah-men.“

„Flexibilität hinsichtlichdes Kontexts bedeutet da-bei, daß die Bildungsträgerein auf unterschiedliche Si-tuationen bezogenes Lernenanbieten müssen.“

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bock gemacht oder ungerecht behandeltwerden. Damit ein Arbeitspraktikum zueiner nützlichen Erfahrung für den Schü-ler wird, muß es sorgfältig von den Per-sonen geplant und überwacht werden, diesowohl mit dem Arbeitsumfeld als auchmit dem Ausbildungsziel vertraut sind.Ferner müssen Praktikumskoordinatoreneng mit den Arbeitgebern zusammenar-beiten und sie dazu anregen, die für dieBetreuung von Schülern im Betrieb be-nötigten Mittel bereitzustellen. Deshalbwäre es zweckmäßig, wenn als Koordi-natoren Personen gewonnen werden kön-nen, die direkt aus der Industrie kommenund die in Organisationen vertreten sind,die bei den Arbeitgebern großes Ansehengenießen wie z. B. Arbeitgebervereinigun-gen.

In der Berufsbildung der Zukunft wirdauch die zweite Flexibilitätsform – diezeitliche Flexibilität – von großer Bedeu-tung sein. Neben der flexiblen zeitlichenGestaltung ist darunter auch die Flexibi-lität hinsichtlich des Orts und der Formzu verstehen, die erforderlich ist, um denBedürfnissen einer zunehmend heteroge-nen Nutzergruppe Rechnung zu tragen.Insbesondere junge Menschen gestaltenheute ihre Laufbahn selbst, indem sie hin-sichtlich Beschäftigung und Weiterbildung

eine Reihe von Bedingungen aushandeln.Dennoch werden die Entscheidungen die-ser jungen Menschen nicht linear erfol-gen. So müssen Art und Zeit der Ausbil-dung auf eine Klientel zugeschnitten sein,die zunehmend alle ihre Möglichkeitenausschöpfen will, insbesondere die un-terschiedlichen Kombinationsmöglichkei-ten von Arbeit und Studium.

Die Berufsbildungsträger werden das aufKursen basierende Modell mit seinen fest-gesetzten Ausbildungszeiten durch einModell ersetzen müssen, das die Bedürf-nisse des einzelnen stärker berücksichtigt.Die Frage ist also, wie das Konzept derindividuellen Wahlmöglichkeiten und dieAusbildungsstrukturen am besten mitein-ander in Einklang gebracht werden kön-nen, um ein breiteres Spektrum anKarrieremöglichkeiten und -zielen zu bie-ten.

Außerdem werden die Berufsbildungs-träger individuellere Lernansätze fördernmüssen. Das beinhaltet auch die verbes-serte Anerkennung früherer Lernleis-tungen, damit auch das informelle Lernenzu Buche schlägt. Individuelle Lernplänekönnen u. a. dazu beitragen, daß der ein-zelne seinen Ausbildungsweg selbst ge-stalten kann.

„Neben der flexiblen zeitli-chen Gestaltung ist darun-ter auch die Flexibilitäthinsichtlich des Orts undder Form zu verstehen, dieerforderlich ist, um den Be-dürfnissen einer zuneh-mend heterogenen Nutzer-gruppe Rechnung zu tra-gen.“

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MassimoTomassini

Leitender For-schungsmitarbeiter

bei Isfol – Rom,Italien

Wissensdynamik,Communities ofPractice (Praktiker-gemeinschaften):Neue Perspektivender Ausbildung1

Einleitung

Die Notwendigkeit einer engen Verbin-dung zwischen theoretischem Wissen undpraktischen Erfahrungen in der berufli-chen Arbeit wird von Berufsbildungsex-perten und -praktikern gleichermaßen an-erkannt. Lernen, d.h. der Erwerb prakti-scher und theoretischer Kenntnisse, ist derGrundgedanke beruflicher Ausbildung. Erhat seinen Ursprung in der Lehrlingsaus-bildung, bei der diese beiden Aspekte perdefinitionem untrennbar miteinander ver-bunden sind. Dennoch wird dieses Para-digma, auf dem die am meisten verbrei-teten Ausbildungspraktiken beruhen, derNotwendigkeit, Theorie und Praxis mit-einander zu verknüpfen, nicht ganz ge-recht. Dafür gibt es mehrere Gründe.

Die sozialen und institutionellen Aspekteder Ausbildung haben die stärker auf dieBedürfnisse der Produktion ausgerichte-ten Aufgaben in den Hintergrund ge-drängt. Heutzutage ist es beinahe wichti-ger zu gewährleisten, daß die in der Aus-bildung erworbenen Kompetenzen aufdem Arbeitsmarkt rechtlich anerkanntwerden, als sie entsprechend dem Bedarfzu entwickeln. In den westlichen Gesell-schaften, insbesondere in Europa, erfülltder Großteil der gegenwärtigen Ausbil-dung in erster Linie den Zweck, das Vor-handensein bestimmter Kenntnisse undFertigkeiten auf präzise und von der Ge-sellschaft anerkannte Weise, d.h. in Formvon Qualifikationsstufen, zu zertifizieren.Die Qualifikationen werden in fomali-

sierten Ausbildungsgängen erworben,wobei die praktische Komponente zwareine große Rolle spielen mag, aber den-noch zweitrangig ist im Vergleich zu denZielen, die aufgrund von Gesetzen bzw.auf Betreiben allgemeine Interessen ver-tretender Gruppen (wie z.B. die Sozial-partner) festgelegt werden. Diese Aus-bildungsgänge unterscheiden sich imGrunde kaum von der schulischen Aus-bildung. Obwohl in bestimmten Fällentheoretische und praktische Ausbildungalterniert, dominiert das Konzept „Erstlernen, dann handeln“.

Dieses Paradigma sichert im wesentlicheneine stabile Nutzung der Arbeitskräfte-ressourcen, d.h. deckt die Bedürfnisse:

❏ der Arbeitnehmer (deren Wert damitauf dem Arbeitsmarkt anerkannt wird),und

❏ der Betriebe sowie anderer, Warenproduzierender Organisationen oderDienstleistungsunternehmen (die die vonihnen benötigten Kenntnisse und Fähig-keiten erwerben können, ohne daß siejede in ihre betrieblichen Abläufe zu in-tegrierende Arbeitskräfteeinheit auswäh-len und intern ausbilden müssen – einVerfahren, das kostspielig und in der Pra-xis kaum durchführbar ist).

Daher ist dieses Paradigma für das rei-bungslose Funktionieren des Arbeitsmark-tes unersetzlich. Zudem ist es äußerst ef-fizient und erreicht in einigen Bereichen(z.B. im dualen System) ein hohes Maß

Diesem Artikel liegt die The-se zugrunde, daß sich Aus-bildungsmaßnahmen ent-sprechend den Bedürfnis-sen der Wissensgesellschaftentwickeln und daß die Be-darfssituation erwerbstäti-ger Erwachsener stärker be-rücksichtigt werden muß.Neben dem herkömmlichenAusbildungsparadigma, dasauf der Wissensvermittlungberuht und sich zumeist amBedarf an formalen Qualifi-kationen orientiert, bildetsich ein neues, auf demWissenserwerb basierendesParadigma heraus, das dentatsächlichen Qualifika-tionsbedarf berücksichtigtund die Weiterbildung vonArbeitnehmern in Betrie-ben und komplexen Orga-nisationen umfaßt.

1) Bei diesem Artikel handelt sich umeine gekürzte Fassung eines auf demEU-Seminar zum Thema „Knowledgeproduction and dissemination tobusiness and the labour market“ (Er-zeugung von Wissen und seine Ver-breitung in der Wirtschaft und aufdem Arbeitsmarkt) gehaltenen Vor-trags (Goote-Institut, Universität Am-sterdam, 23. – 24. April 1997).

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an sozialem Konsens. Dennoch beruht esauf dem Marktwert der Kompetenzen undwird den an ihren Gebrauchswert gestell-ten Anforderungen nicht gerecht.

Der Gebrauchswert von Kompetenzensteht mit ihrer Effizienz in Zusammen-hang. Veränderungen in den Fertigungs-prozessen und Organisationssystemenwirken sich unmittelbar auf ihn aus. Aufdieser Ebene beginnt sich der Schwer-punkt zu verlagern, von den regulärenArbeitsleistungen (die innerhalb genaudefinierter Tätigkeiten und stabiler Qua-lifikationen festgelegt sind) zu ihrem Wertin puncto Qualität und Wettbewerbsfähig-keit. Die Art und Weise, wie die Arbeiterbracht wird, ob von Gruppen, Indivi-duen, Teilzeitkräften oder Arbeitnehmern,die nicht nach Qualifikationen organisiertsind, unterliegt einem ständigen Wandel.Daher ist ein neues Ausbildungspara-digma im Entstehen, das dem UmstandRechnung trägt, daß sich viele Aus-bildungsmaßnahmen nicht an formalenQualifikationen, sondern am tatsächlichenKompetenzbedarf orientieren. Dabei istFolgendes zu berücksichtigen:

❏ Die Ausbildung erfaßt zunehmend Per-sonen, die zum ersten Mal erwerbstätigsind. Dabei handelt es sich nicht nur umJugendliche. Angesichts der demographi-schen Veränderungen und der Erforder-nisse der Produktion nehmen an Aus-bildungsmaßnahmen auch Erwachseneteil, die bereits im Arbeitsleben stehen undvon den ständigen organisatorischen undtechnischen Neuentwicklungen betroffensind. Auf diesen Personenkreis treffenviele Prinzipien der herkömmlichen Aus-bildung nicht zu. Der Grundsatz „Erst ler-nen, dann handeln“, auf dem sich das tra-ditionelle Ausbildungsparadigma stützt, istinsbesondere auf Erwachsene nur sehrbegrenzt anwendbar.

❏ Die Ausbildung muß Produktions- undOrganisationsformen Rechnung tragen, fürdie die Reihenfolge „Erst lernen, dannhandeln“ einen Widerspruch darstellt. Inallen Wirtschaftszweigen sind Dynamikund Innovation die wesentlichen Merk-male moderner Produktionsabläufe. Siesetzen voraus, daß Arbeits-, Lern- undInnovationsprozesse parallel erfolgen,d.h. daß die Einführung von Innovatio-nen mit dem Erlernen neuer Arbeitsme-thoden und –techniken einhergehen muß.

Diese müssen die Neuerungen durchkompetente Anwendung unterschiedli-cher Arten von Wissen begleiten und er-möglichen. Ein spezifisch strukturellerAspekt, dem die neuen Schulen der Be-triebswirtschaft immer mehr Bedeutungbeimessen, ist das Verhältnis zwischenWissen und Produktion. Das Wissen istder wichtigste Faktor der gegenwärtigenFertigungsprozesse. Auf jeder Stufe, mitAusnahme der ökonomisch marginalenBereiche der manuellen Arbeit, entstehenKompetenzen durch Wissenstransfor-mation. Der Erwerb von Kompetenzen,die auf Kernwissen basieren, ist die ei-gentliche Quelle des Wettbewerbsvorteils.

❏ Die Ausbildung übernimmt eine stra-tegische Rolle und zwar nicht nur in derProduktion, sondern auch in der sozialenEntwicklung, von der das gesellschaftli-che Wachstum und die Lebensqualitätabhängen, wie im Fall der öffentlichenDienstleistungen oder der öffentlichenVerwaltung im allgemeinen. Angesichtsdes Bedarfs an zunehmend hochwertigenund komplexen Dienstleistungen zu im-mer geringeren Kosten sollten auch hierkontinuierlich Innovationen erfolgen undzwar auf der Grundlage der kompeten-ten Wissensanwendung und -verbreitung.

Grundsätzlich bietet das herkömmlicheAusbildungsparadigma, das auf der Wis-sensvermittlung beruht und im großenund ganzen dem schulischen System ent-liehen ist, den Jugendlichen noch immereine verläßliche institutionelle Kompe-tenzgarantie. Ferner sichert es die sozialeUnterstützung der auf dem Arbeitsmarktbenachteiligten Gruppen, die mit den Ver-änderungen in der Wissensgesellschaft nurschwer Schritt halten können. Anderer-seits eignet sich dieses Modell nicht fürArbeitsbereiche, die in engerer Beziehungzu Innovationsprozessen stehen, d.h. Tä-tigkeitsbereiche, die allgemein als Weiter-bildung bezeichnet werden, worunter not-wendigerweise die Weiterentwicklung desLernens auf allen Ebenen zu verstehen ist.

Während das traditionelle, auf der Wis-sensvermittlung basierende Paradigma,strukturell stabil ist (obwohl die Metho-den und Inhalte ständig aktualisiert undverbessert werden müssen), unterliegt dasinnovative, am Lernen ausgerichtete Pa-radigma einem ständigen Wandel. In vie-lerlei Hinsicht besteht die Gefahr, daß die

„Grundsätzlich bietet dasherkömmliche Ausbildungs-paradigma, das auf derWissensvermittlung beruhtund im großen und ganzendem schulischen Systementliehen ist, den Jugendli-chen noch immer eine ver-läßliche institutionelleKompetenzgarantie. Fernersichert es die soziale Unter-stützung der auf dem Ar-beitsmarkt benachteiligtenGruppen, die mit den Verän-derungen in der Wissens-gesellschaft nur schwerSchritt halten können. Ande-rerseits eignet sich diesesModell nicht für Arbeitsbe-reiche, die in engerer Bezie-hung zu Innovationspro-zessen stehen, d.h. Tätig-keitsbereiche, die allgemeinals Weiterbildung bezeich-net werden, worunter not-wendigerweise die Weiter-entwicklung des Lernensauf allen Ebenen zu verste-hen ist.“

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Weiterbildung ihre „institutionelle Identi-tät“ verliert, da von ihr zunehmend er-wartet wird, daß sie organisationale In-novation und Entwicklungstätigkeit in sichaufnimmt, wobei die charakteristischenAusbildungsformen (Unterricht und ande-re Formen der Arbeit im Klassenzimmer)nur eine Komponente sind.

Die Erfahrungen der letzten Jahre zeigen,daß die Methoden und selbst Ziele derWeiterbildung immer wieder überprüftund verändert werden. Das Problem da-bei ist, daß Weiterbildung auf eine Art undWeise umgestaltet und betrieben werdenmuß, die die Aufgaben und die Rolle al-ler Beteiligten (Ausbilder, Leiter von Un-ternehmen und anderer großer Organisa-tionen, Sozialpartner, Entscheidungsträgerauf nationaler und auf EU-Ebene) erfaßt.

Zur Lösung dieses Problems soll dieserArtikel einen Beitrag leisten. Es werdenAnsätze vorgestellt, die die Herausbildungeines neuen, auf dem Wissenserwerb be-ruhenden Paradigmas und seine Weiterent-wicklung entscheidend vorantreiben könn-ten. Genauer gesagt: Wie läßt sich, wennwir davon ausgehen, daß es sich bei derAusbildung um eine Funktion handelt, diein engem Zusammenhang mit der Dyna-mik des Wissenserwerbs in Organisationensteht, diese Dynamik definieren? Welchessind die Hauptmerkmale der Weiterbildungin der Wissensgesellschaft? Und weiter:Lassen sich angesichts der Unterschiedezwischen den Zielen und Methoden derErstausbildung (die auf dem Paradigma derWissensvermittlung beruht) und der Wei-terbildung (die sich am Paradigma desWissenserwerbs orientiert) neue Weiter-bildungsansätze auch auf die Erstaus-bildung anwenden? In diesem Artikel wer-den einige Schlußfolgerungen gezogensowie denkbare Forschungsrichtungen auf-gezeigt, die im Rahmen der EU-Maßnah-men im Weiterbildungsbereich gefördertwerden sollten.

Wissensdynamik

Ausbildungsprobleme lassen sich in einemKontext interpretieren, der konzeptionellder gegenwärtigen wirtschaftlichen undsozialen Situation besser entspricht, wenndavon ausgegangen wird, daß Ausbildungeine kontinuierliche Transformation von

Wissen als wichtigster Ressource der Ge-genwart darstellt. Wissen ist nicht bloßein weiterer Faktor, der neben den tradi-tionellen Produktionsfaktoren – Arbeit,Kapital und Boden – entwickelt wird, son-dern der bedeutendste Produktionsfaktorder Gegenwart überhaupt: Wissen ist nichteine von mehreren Ressourcen, sonderndie Ressource, die die neue Gesellschaftso einzigartig macht (Drucker, 1993).Demzufolge ist Ausbildung nicht nurWissenstransfer (jemand, der Wissen be-sitzt, gibt es an einen anderen weiter, deres nicht besitzt), sondern ein komplexerVorgang, bei dem der Wissenstransfergleichzeitig die Prozesse der Wissens-transformation fördert, wobei der BegriffWissen selbst unterschiedliche Aspekteund Bedeutungen beinhaltet.

Wissenstransformation umfaßt gleichzei-tig verschiedene Dimensionen des Wis-sens, darunter die folgenden, die sichsowohl im Hinblick auf den einzelnen alsauch auf Organisationen (Ludvall undJohnson, 1994) wie folgt unterscheidenlassen:

❏ „know-what“ (Sachwissen) – beziehtsich auf die Kenntnis der „Fakten“ undentspricht dem, was gemeinhin als Infor-mationen bezeichnet wird bzw. denWissensfundus ausmacht, über den jedeExpertengruppe verfügen muß.

❏ „know-why“ (Kenntnis der Zusam-menhänge) – umfaßt die wissenschaftli-chen Kenntnisse, die die technische Ent-wicklung, ihr Tempo und typische For-men ihrer Anwendung beeinflussen.

❏ „know-how“ (Gewußt wie) – beziehtsich auf fachliche Kenntnisse und Fertig-keiten, die Fähigkeit zu kompetentemHandeln in einem bestimmten Kontext(z.B. Beurteilung der Marktchancen einesneuen Produkts, Bedienung einer Werk-zeugmaschine usw.). Know-how ist in derRegel eine von Individuen entwickelte Artdes Wissens, die im Zusammenhang mitder inner- und zwischenbetrieblichen Ar-beitsteilung und Kooperation eine Rollespielt (so entstanden die industriellenNetze in erster Linie aus dem Bedürfnisder Unternehmen, ihr Know-how auszu-tauschen und zu ergänzen).

❏ „know-who“ (Quellenkenntnis) – eineArt des Wissens, die immer mehr an Be-

„Demzufolge ist Ausbildungnicht nur Wissenstransfer(jemand, der Wissen be-sitzt, gibt es an einen ande-ren weiter, der es nicht be-sitzt), sondern ein komple-xer Vorgang, bei dem derWissenstransfer gleichzei-tig die Prozesse der Wis-senstransformation för-dert, wobei der Begriff Wis-sen selbst unterschiedlicheAspekte und Bedeutungenbeinhaltet.“

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deutung gewinnt. Sie umfaßt die sozialenKompetenzen, ermöglicht den Zugang zufremdem Wissen und seine Nutzbarma-chung.

In welchem Zusammenhang stehen dieseWissensformen miteinander? Wodurchwerden sie produktiv? Zur Beantwortungdieser Fragen leistet die Theorie vom„wissensschaf fenden Unternehmen“(Nonaka, 1991; Nonaka und Takeuchi,1995) einen wesentlichen Beitrag. Sie sollspeziell die Entwicklung von Manage-ment-Modellen für komplexe und hoch-innovative Unternehmen konzeptionellfördern, wobei die japanischen Konzer-ne zur Zeit ihrer größten Erfolge als Vor-bild dienen. Mit dieser Theorie, die östli-che und westliche Denkmuster und An-regungen vereinigt, wird versucht, diedringend benötigte theoretische Basis fürneue Management-Methoden in Unterneh-men zu schaffen.

Nonakas Konzept beruht auf der These,daß Wissen in Organisationen, insbeson-dere in hochinnovativen Unternehmen,durch das Zusammenspiel von implizitemund explizitem Wissen geschaffen wird,wobei eine ständige „Umwandlung“ vonder einen in die andere Wissensform statt-findet. Dabei geht Nonaka von den fol-genden vier Formen der „Wissensum-wandlung“ aus:

❏ Sozialisierung (Wandlung von impli-zitem zu anderem impliziten Wissen)

❏ Externalisierung (wird als Übergangvon implizitem zu explizitem Wissen ver-standen)

❏ Kombination (Wandlung von explizi-tem zu explizitem Wissen) und

❏ Internalisierung (Übergang von expli-zitem zu implizitem Wissen)

Auf diese vier Formen der Wissensum-wandlung soll in den folgenden Absät-zen eingegangen werden.

Sozialisierung

Unter Sozialisierung ist der Prozeß zuverstehen, bei dem Erfahrungen ausge-tauscht werden, wodurch implizites Wis-sen geschaffen wird, das in gemeinsamenDenkmustern und fachlichen und sozia-

len Kompetenzen eingebettet ist. Diestrifft z.B. auf die Lehrlingsausbildung zu,bei der das implizite Wissen direkt vomMeister – durch Sprache, Beobachtung,Nachahmung und Praxis – übernommenund vom Lehrling in implizites Wissenumgewandelt wird. Es handelt sich umeinen Prozeß, der nicht von den assozi-ierten Emotionen und einem bestimmtenKontext zu trennen ist, in dem die gemein-samen Erfahrungen eingebettet sind. Ja-panische Unternehmen liefern weitereBeispiele dafür, wie Wissen sozialisiertwird. Sogenannte „brainstorming camps“sollen z.B. ein positives Umfeld für dieEntwicklung neuer Produkte, neuer Ma-nagement-Systeme und Unternehmens-strategien schaffen. Bei dieser Art vonZusammenkünften wird Wissen durchkreativen Dialog und Stärkung des gegen-seitigen Vertrauens der Teilnehmer sozia-lisiert.

Externalisierung

Externalisierung bezeichnet den Prozeß,bei dem implizites Wissen in explizitenKonzepten zum Ausdruck kommt. Er be-ruht im allgemeinen auf Metaphern, Ana-logien, Hypothesen, Bildern oder Model-len, die aufgrund der Interaktion zwischenIndividuen, die das gleiche Ergebnis an-streben, zur Entwicklung neuer Gedan-ken und Produkte führen können. Diesgeschieht im Rahmen der Konzeptbildung,wobei unterschiedliche Argumentations-methoden (Deduktion und Induktion)miteinander kombiniert werden. Bei-spielsweise spielten beim Design einesneuen Autos die Unternehmensmottos(wie z.B. neue Werte schaffen und Freu-de am Fahren) eine wichtige Rolle eben-so wie die „concept clinics“, in denenMeinungen der Kunden und Fachleutegesammelt wurden. Externalisierung läßtsich oft mit nicht-analytischen, auf Meta-phern und Analogien beruhenden Metho-den erreichen. Ein weiteres Beispiel da-für, wie kollektive Überlegungen zur Ge-staltung eines neuen Autos befruchtetwerden, is t d ie Metapher von der„Automobilevolution“, die die Vorstellungvon einem Auto als einem Organismusweckte.

Kombination

Kombination ist ein Prozeß, bei dem Kon-zepte in einem Wissenssystem systemati-

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siert und verschiedene Bereiche explizi-ten Wissens miteinander verknüpft wer-den. Zu diesem Zweck können sehr un-terschiedliche Medien (schriftliche Unter-lagen, Zusammenkünfte, Telefongesprä-che, computergestützte Datenbankenusw.) eingesetzt werden. Die Aufberei-tung vorhandener Informationen mittelsAuswahl, Ergänzung, Kombination undKategorisierung von explizitem Wissenkann zu neuem Wissen führen. Ein Bei-spiel dafür ist die Nutzung der im „Point-of-Sales“-System gesammelten Daten derHändler, anhand derer sich nicht nur fest-stellen läßt, was sich gut verkauft, son-dern die auch neue Verkaufsformen, d.h.neue Verkaufssysteme und –methoden,hervorbringen können. Bei der Schaffungneuer Konzepte durch die Vernetzungkodifizierter Informationen und Kenntnis-se spielt das mittlere Management eineentscheidende Rolle. Die kreative Nutzungcomputergestützter Kommunikationsnet-ze und großer Datenbanken erleichtertdiese Art der Wissensumwandlung.

Internalisierung

Mit Internalisierung wird der Prozeß be-zeichnet, in dem explizites Wissen alsimplizites Wissen zum Ausdruck kommt.Er steht in engem Zusammenhang mit„learning by doing“ und ist die Summeder von Individuen durch Sozialisierung,Externalisierung und Kombination gesam-melten Erfahrungen, die zu einer explizi-ten Wissensbasis der Individuen in Formgemeinsamer Denkmodelle oder des ge-meinsamen technischen Know-how wer-den. Internalisierung kann aber auch mitHilfe anderer Formen erreicht werden. DieBeschäftigung mit „Erfolgsgeschichten“kann bei den Mitgliedern einer Organisa-tion neue Stufen impliziten Wissens her-vorrufen und die Herausbildung neuergemeinsamer Denkmodelle innerhalb derOrganisationskultur bewirken.

In Nonakas Modell sind die vier Formender Wissensumwandlung strukturell mit-einander verbunden. Verschiedene Ereig-nisse im Leben einer Organisation kön-nen in den Prozessen der Wissens-schaffung unter dem Aspekt jeder dieserFormen betrachtet werden. Das impliziteWissen der Individuen ist die Grundlageder Wissensschaffung, die durch das Wir-ken der vier Formen der Wissensum-wandlung im Unternehmen verstärkt wird.

Nonaka definiert diesen Prozeß als„Wissensspirale“, wobei das Ausmaß derInteraktion zwischen implizitem und ex-plizitem Wissen zunimmt, da die Bezie-hungen zwischen den vier Formen sichständig intensivieren und immer neu ge-regelt werden müssen.

Unter diesem Gesichtspunkt stellt dieWissensschaffung in Organisationen (einesubtilere Bezeichnung für den in ande-ren Ansätzen verwendeten Begriff desorganisationalen Lernens) eine Spirale dar,die auf der Ebene der Individuen beginnt,sich durch die expandierenden Inter-aktionsgemeinschaften weiter nach obenbewegt und dabei interne und selbst ex-terne Grenzen der Organisation überwin-det.

Nach Nonakas Ansatz können die Prozes-se der Wissensumwandlung vor allemdurch das kontinuierliche Handeln desManagements entsprechend den Merkma-len und Bedingungen der „Spirale“ geför-dert werden, wobei die mittleren Füh-rungskräfte als die Hauptakteure auftre-ten. Einem Ansatz zufolge, der als„middle-up-down“ bezeichnet wird, be-steht deren Hauptaufgabe darin, zwischenden „Visionen“ des oberen Managementsund den in der gesamten Organisationvorhandenen kreativen Fähigkeiten, d.h.zwischen den top-down- und den bottom-up-Konzepten, zu vermitteln. Diese Sicht-weise kennt keine Trennung zwischenLernen und Wissensschaffung: Es mußeine Annäherung stattfinden, damit eingeeigneter Rahmen für die Gruppen-tätigkeit sowie für die Schaffung und An-sammlung von Wissen auf individuellerEbene zur Verfügung steht.

Communities of Practice

Die Wirkung der Wissensspirale wird nichtdurch rein mechanisches Eingreifen desManagements zur Geltung gebracht. Injeder einzelnen Organisation bedarf esdazu eines entsprechenden kulturellenHintergrunds, gemeinsamer Auffassungensowie einer gemeinsamen Interpretations-und Verständigungsgrundlage („wer wirsind und was wir anstreben“). Das Kon-zept der Communities of Practice liefertdafür einige interessante Anhaltspunkte,die in der Berufsbildungsdebatte weiter-verfolgt werden sollten. Bei dem Modellder Community of Practice handelt es sich

„Das Konzept der Commu-nities of Practice liefertdafür einige interessanteAnhaltspunkte, die in derBerufsbildungsdebatte wei-terverfolgt werden sollten.(…) Im allgemeinen ist un-ter Community of Practiceein organisationaler infor-meller Zusammenschlußvon Menschen zu verstehen,die die Zugehörigkeit zumgleichen Unternehmen eintund die im Rahmen ihrergemeinsamen Tätigkeit Ar-beitsmethoden, Methodender Gesprächsführung,Überzeugungen und Werteentwickeln und austau-schen, d.h. praktisch erpro-ben.“

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nicht um eine eigenständige Theorie, son-dern um eine Reihe von Konzepten, dieerstmals Anfang der neunziger Jahreentwickelt wurden. Sie gingen davon aus,daß eine enge Wechselwirkung bestehtzwischen der Art und Weise, wie die Be-teiligung der Individuen an der Arbeitentsteht und aufrechterhalten wird, einer-seits, und den Formen, die die Beteiligungje nach sozialem und kulturellem Arbeits-kontext annimmt, andererseits. Auch hierspielt das Wissen eine entscheidende Rol-le, diesmal jedoch als eine kontext-gebundene Ressource, die durch eine viel-schichtige Dynamik der Wissensschaffungund -reproduktion gekennzeichnet ist.

Im allgemeinen ist unter Community ofPractice ein organisationaler informellerZusammenschluß von Menschen zu ver-stehen, die die Zugehörigkeit zum glei-chen Unternehmen eint und die im Rah-men ihrer gemeinsamen Tätigkeit Arbeits-methoden, Methoden der Gesprächsfüh-rung, Überzeugungen und Werte entwik-keln und austauschen, d.h. praktisch er-proben. Die Communities of Practice las-sen sich nicht nur über ihre Mitglieder,sondern auch anhand gemeinsamer Ar-beitsmethoden definieren (IRL, 1993).Unter diesem Gesichtspunkt ist Lernennicht bloß individuelle Tätigkeit, sondernvor allem Auseinandersetzung mit ande-ren. Der Schlüssel zum Erfolg durch Ler-nen und zur Lernmotivation liegt im en-gen Zusammenhang zwischen demWunsch nach Beteiligung und der Rolledes Wissens als Mittel dazu.

Arbeiten, Lernen und das Einführen vonInnovationen sind demzufolge alles Tä-tigkeiten, die auf der Wissenstrans-formation beruhen, d.h. es handelt sichum die kontinuierliche Verbreitung undAnwendung des Wissens einer Organisa-tion und der Erzeugung neuen Wissensentsprechend den Innovationserforder-nissen. Explizites und implizites Wissengehen im Arbeitskontext eine synergeti-sche Verbindung ein, so daß ein dynami-sches Gleichgewicht zwischen „know-what“ (theoretische Ebene) und „know-how“ (praktische Ebene) entsteht, ohnedaß dabei die eine oder andere Formdominiert. Aufgrund der großen gegen-seitigen Abhängigkeit kommt es zu einem„Zusammenspiel“ zwischen theoretischemund praktischem Wissen (Seely Brown etal., 1989).

Der Gedanke, daß Wissen eine direkteReflexion der Wahrnehmungen des ein-zelnen in der physischen Welt darstellt,wird im Community-of-Practice-Ansatzheftig kritisiert. Die Auswertung von Er-fahrungen auf der Grundlage idiosynkra-tischer Strukturen, die individuelle Pro-zesse der Sinngebung gleichzeitig begün-stigen und einschränken, wird als wich-tigstes Element der Entstehung von Wis-sen betrachtet (Resnick, 1993). GroßeBedeutung kommt dem Wissenskontextzu, oder vielmehr der Situation, in derkognitive Leistungen stattfinden. Triebfe-der dieses Ansatzes sind situations-bezogene Erkenntnisse. Er berücksichtigt,daß Individuen den kulturellen Kontextseismographisch registrieren, der ein dich-tes Netz von Assoziationen darstellt, dieletztendlich das Wissen eines Individuumsprägen und die soziale Struktur des Wis-sens ausmachen.

Einige empirische Studien haben dieseHypothese untermauert und zweifelloswichtige Beweise geliefert. In einer an-thropologischen Analyse des Arbeits-verhaltens in einer Community of Practicevon Wartungstechnikern für Kopiergerä-te (Orr, 1993) wird der soziale Charakterdes Arbeitswissens hervorgehoben. ImLaufe der Zeit entwickeln die Wartungs-techniker sehr spezifische Formen derInteraktion und Problemlösung. Die Män-gel, die sie beheben müssen, unterschei-den sich oft erheblich von dem, was sichdie Hersteller in ihren offiziellen Hand-büchern als eventuell auftretende Defek-te vorgestellt haben. Folglich müssenProblemdefinitionen und -lösungen ge-meinsam erarbeitet werden, wobei mansich auf die Erfahrungen eines jeden Mit-glieds der Gruppe stützen kann. In die-sem Zusammenhang spielen verschiede-ne Kommunikationsformen, darunter diezwanglose Unterhaltung – auch außerhalbder Arbeit –, eine wichtige Rolle. Sie bil-den einen Grundstock von „stories“ (dienicht einer gewissen anekdotenhaftenAusschmückung entbehren; weshalb Orrsie als „war stories“ bezeichnet). DieseGeschichten sind Zusammenfassung derkollektiven Diagnosen und Ausdruck dessozialen Kontexts des Arbeitsplatzes. Sieermöglichen somit, daß aktuelle Interpre-tationen mit den von verschiedenen Mit-arbeitern des Unternehmens in der Ver-gangenheit in ähnlichen Fällen und Situa-tionen gesammelten Erfahrungen in Zu-

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sammenhang gebracht werden. Da sie indie vom Kunden vermittelten Erfahrun-gen integriert sind, liefern diese „stories“den Wartungstechnikern ein Repertoire anerprobten Problemlösungen, das ständigergänzt und aktualisiert werden kann.

Die Arbeit in den Communities of Practiceist durch eine enge Verflechtung der fol-genden drei wesentlichen Faktoren ge-kennzeichnet:

❏ das Erzählen, das das Entstehen undden Austausch von „stories“ ermöglicht,wodurch der in zwanglosem Umgang ge-wonnene Erfahrungsschatz gepflegt undbewertet wird;

❏ die Zusammenarbeit, die es den Be-tei l igten ermöglicht, am situations-bezogenen Fluß kollektiven Wissens zupartizipieren;

❏ die soziale Struktur, die die Heraus-bildung beruflicher Identitäten sowohl aufindividueller als auch auf kollektiver Ebe-ne ermöglicht.

Ein insbesondere vom Standpunkt derAusbi ldungsentwicklung relevanterAspekt dieses Ansatzes ist die Frage, wieNeulinge die Communities of Practice ein-schätzen. Wie wird man Mitglied einersolchen Gemeinschaft? Wie wird aus ei-nem Neuling ein gleichberechtigtes Mit-glied? Das in diesem Zusammenhang vor-geschlagene Konzept lautet: „legitimateperipheral participation“ (Lave Wenger,1991; Pontecorvo et al., 1995; Zuccher-maglio, 1996). Darunter ist der Weg zuverstehen, den der Neuling einschlagenmuß, um das erforderliche Fachwissenund den Status eines „alten Hasen“ in derOrganisation zu erwerben. Dabei handeltes sich nur zum Teil um direktes unddeklaratives Lernen. In der Regel lernenNeulinge nicht, indem sie direkt an einerbestimmten Aufgabe beteiligt sind, son-dern indem sie ganz legitim eine Positionan der Peripherie der Organisation ein-nehmen. Diese Art der Teilnahme spieltfür Neulinge, die mit dem kulturellenKontext nicht vertraut sind, eine wichtigeRolle. Sie müssen beobachten können,wie sich Praktiker auf unterschiedlichenEbenen verhalten und wie sie reden, umein Gespür dafür zu entwickeln, wie sichFachwissen in Gesprächen und anderenTätigkeiten äußert (Seely Brown et al.,

1989). Die „kognitive Lehrzeit“ der Neu-linge ist ein umfassender Lernprozeß, dersich angesichts der großen Bedeutung, dieder kollektiven Dimension bei der Ein-gliederung in die Arbeitspraxis zukommt,als gemeinsames Lernen oder Lernen inder Gruppe definieren läßt.

Ausgehend von den improvisierten Mög-lichkeiten einer peripheren Teilnahme ander tagtäglichen Arbeit der Gemeinschaftlernen die Neulinge so im Verlauf der Zeitdie Praxis immer besser zu verstehen.Wissenskompetenz ist Teil des Prozesses,den der Neuling durchläuft, bevor er denStatus eines praktisch tätigen Mitarbeitersmit allen Rechten und Pflichten erwirbt,d.h. ein „alter Hase“ wird. Somit zeigt dieDynamik des legitimen Beobachtens ausperipherer Position, daß in den Comm-unities of Practice kontinuierliche Prozes-se der Wissenstransformation ablaufen,die wesentliche Elemente wie Lernen,soziale Interaktion und kollektive Inter-pretation von Situationen prägen. Unterdem Aspekt der Ausbildung besteht dieAufgabe darin, entsprechend der Dyna-mik der Wissenstransformation Maßnah-men zu planen, die diese Dynamik för-dern und befruchten.

Perspektivenfür die Entwicklungder Ausbildung

Ansätze wie das wissensschaffende Un-ternehmen und die Communities ofPractice unterstützen die Herausbildungeines Lernparadigmas als notwendigenSchritt, um sich von dem auf der Wissens-vermittlung beruhenden Paradigma in derArbeitnehmerausbildung zu lösen. Die Artund Weise, wie die Dynamik des Konzeptsdes wissensschaffenden Unternehmensdargestellt wird, ist sehr auf die Bedürf-nisse des Managements zugeschnitten,insbesondere was das Gruppen- undTeammanagement betrifft. Das Konzeptder Communities of Practice ist in gewis-ser Hinsicht eine Erweiterung des erstenund stellt die interne Funktionsweise derGruppen als Communities, in denen be-deutende sozio-kognitive Mechanismenwirksam werden, in den Mittelpunkt.

Bei beiden Konzepten gibt es Berührungs-punkte mit anderen Ansätzen, die in jüng-

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ster Zeit entwickelt wurden, um die Dy-namik von Organisationen zu definieren.Dies bringt uns zurück zur Frage nach derRolle und den Zielen der Ausbildung. DasKonzept von der lernenden Organisationhat viel mit den zuvor beschriebenenAnsätzen gemein und wird insbesonderevon Managern und Fachleuten geschätzt.Unter den Berufsbildungspraktikern hates Überlegungen zu Formen der Ausbil-dung ausgelöst, die das Lernen in Orga-nisationen ermöglichen sollen, statt einembloßen Wissenstransfer zu dienen (Tomas-sini, 1993, 1996).

Beide Konzepte bieten interessante Be-zugspunkte für eine innovative Ausbil-dungstätigkeit auf verschiedenen Ebeneninnerhalb des Lernparadigmas.

Zunächst ist da die Ebene, auf der es umdie Definition kohärenter Ziele der Aus-bildungstätigkeit geht, die in nicht-generischer Weise an die Entwicklungs-erfordernisse der Organisationen gekop-pelt sind und die unmittelbare Einbezie-hung aller Beteiligten fördern. In Betrie-ben, die von technologischen Verände-rungen betroffen sind, wird von Aus-bildungsleitern häufig der Standpunktvertreten, daß es ausreiche, nur für dieunmittelbar Beteiligten Programme auf-zustellen, um sie mit den Prinzipien undAbläufen der neuen Technologien ver-traut zu machen. Das führt dazu, daß dieErgebnisse nicht immer mit den Erwar-tungen übereinstimmen. Die Auswirkun-gen technischer Neuerungen sind unab-sehbar. Im Vergleich zur linearen Anwen-dung technischer Standards werden hierganz andere Anpassungs- und Inte-grationsanforderungen gestellt. In Kennt-nis der Prozesse der Wissenstrans-formation sollte es in solchen Fällenmöglich sein, die kritischsten Aspekte derVeränderung mit Hilfe der Beteiligten,insbesondere auf der Management-Ebe-ne des jeweiligen Unternehmensbereichs,zu erkennen. Dies könnte ferner beitra-gen zu einem besseren Verständnis derInnovationsentscheidungen, zur Analysedes impliziten und expliziten Wissens-flusses in der Organisation sowie zu Er-kenntnissen darüber, wie die von derInnovation betroffenen Communities ofPractice ihre Funktionsweise in punctoLernen, Situationsinterpretation undKooptierung von Neulingen neu organi-sieren können.

Grundprinzip bei der Planung innerbe-trieblicher Ausbildungsmaßnahmen soll-te sein, daß die Beteiligten nicht mehroder weniger passiv eine „Ausbildung“durchlaufen, sondern von ihnen verlangtwird, daß sie Vorschläge und Lösungenformulieren, Sachzwänge aufzeigen, ge-meinsam lernen und Situationen immerwieder neu interpretieren und gleichzei-tig die im Zusammenhang mit den Inno-vationen erforderlichen fachspezifischenKenntnisse und Fertigkeiten erwerben.

Die Kenntnis von den Wissensumwand-lungsprozessen sollte die Auswahl geeig-neter Ausbildungsmethoden erleichtern.Für neuartige Formen der Weiterbildungsteht eine Vielzahl von Instrumenten undMethoden zur Verfügung, die etwa wiefolgt beschrieben werden können:

❏ Entwicklung eines neuen Verständnis-ses für gegenwärtige Erscheinungen undVermittlung realistischerer Entscheidungs-muster. Interessante Beispiele sind dieMethoden zur Simulation unterschiedli-cher Variablen und Situationen der Orga-nisation wie z.B. die vom Centre forOrganisational Learning entwickelten„Micro-Worlds“ (Senge, 1991). Als spezi-fische Software-Tools, die verschiedenereale Situationen aus dem Arbeitsalltag derBetreffenden simulieren, stehen sie inzwi-schen auch einem größeren Personenkreiszur Verfügung.

❏ Verbesserung der Kenntnisse und Fer-tigkeiten, die Nonaka zufolge aufgrundder Autonomie der Individuen, der Team-arbeit und unter Nutzung der Kreativitätbeider Komponenten das wirtschaftlicheWachstum des wissensschaffenden Un-ternehmens ermöglichen. Zu diesemZweck wird auf verschiedene Formen deshandlungsorientierten Lernens zurückge-griffen. Dabei handelt es sich um Me-thoden, bei denen Teams tatsächlicheFirmenprobleme konzentriert und selbst-reflektorisch lösen. Auf diese Weise wer-den die Integration von explizitem undimplizitem Wissen, die gemeinsame In-terpretation von Situationen und die Zu-sammenarbeit innerhalb der Gemein-schaft gefördert. Andere, herkömmlichereMethoden wie das Rollenspiel machendie Teilnehmer mit unterschiedlichemRollenverhalten vertraut und vermittelndie Fähigkeit, auf turbulente äußere Ein-flüsse zu reagieren, indem die Vielschich-

„In Betrieben, die von tech-nologischen Veränderun-gen betroffen sind, wird vonAusbildungsleitern häufigder Standpunkt vertreten,daß es ausreiche, nur fürdie unmittelbar BeteiligtenProgramme aufzustellen(…). Das führt dazu, daßdie Ergebnisse nicht immermit den Erwartungen über-einstimmen. Die Auswir-kungen technischer Neue-rungen sind unabsehbar.(…) In Kenntnis der Pro-zesse der Wissenstrans-formation sollte es (. . .)möglich sein, die kritisch-sten Aspekte der Verände-rung mit Hilfe der Beteilig-ten, insbesondere auf derManagement-Ebene des je-weiligen Unternehmensbe-reichs, zu erkennen.“

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tigkeit solcher Situationen in den Teamsimitiert wird. Eine Reihe von Instrumen-ten (wie z.B. der „Metaplan“) könneneingesetzt werden, um sowohl den Aus-tausch von Visionen unter den Mitglie-dern eines oder mehrerer Teams zu un-terstützen als auch aus deren unterschied-lichen Rollen heraus funktionsüber-greifende Synergien zu fördern.

❏ Fernunterricht und Selbststudium: Dasim Arbeitsprozeß benötigte Wissen wirdaus einer Vielzahl von Quellen außerhalbdes Arbeitsplatzes erworben. Aufgrundder zunehmenden Nutzung des Internetsund der Anwendungssoftware, die die In-teraktion der Nutzer innerhalb computer-gestützter Kommunikationssysteme er-möglicht, gewinnt dieser Bereich immermehr an Bedeutung. Das Selbststudiumist ein wesentliches Element der Weiter-bildung. Um es jedoch effektiv zu gestal-ten, bedarf es der Koordinierung und Op-timierung mittels geeigneter Betreuungs-methoden und –formen.

❏ im Bereich der Organisationsanalyse:Wie bereits an anderer Stelle erwähnt,sind nicht unbedingt die Ausbildungs-maßnahmen am besten geeignet, bei de-nen die gegenwärtige Organisation alsgegeben angesehen wird, sondern die-jenigen, die eine Definition und konti-nuierliche Einschätzung der Ausbildungs-wege durch die Betroffenen selbst aus-lösen.

Diese Prozesse sollten die Akteure in denOrganisationen in die Lage versetzen, ih-ren Wissensbedarf soweit wie möglichselbst zu decken und eventuelle Wissens-lücken mit Hilfe von Experten, Informa-tionssystemen, Datenbanken oder ande-ren Quellen zu schließen. Bei einigen An-sätzen der Handlungsforschung und desHandlungslernens geht die Tendenz da-hin, Unternehmensebenen in die Bestim-mung weitreichender und langfristigerVeränderungsziele einzubeziehen. Da-durch sollen multipolare Lernprozesse inGang gesetzt werden. Auf diese Weisekönnen Gruppen in Organisationen imWege der organisierten und sachkundigbetreuten innerbetrieblichen Selbstanaly-se sowie der internen und externen Kom-munikation gemeinsame Wertvorstellun-gen, Inhalte, Methoden und Lösungen fürVeränderungen erarbeiten (Di Gregorio,1995, 1996).

Zur Auslösung dieser Prozesse sind be-sondere Kenntnisse und Fähigkeiten imBereich der Organisationsanalyse erfor-derlich, über die der neue Typus vonAusbildern in großem Maße verfügen soll-te. Die Überlegungen, auf die hier nurkurz eingegangen wurde, sollen unter-streichen, wie wichtig es ist, neue Gene-rationen von Weiterbildern nach Konzep-ten heranzubilden, die in bezug auf dasLehrparadigma von einem Höchstmaß anInnovationen geprägt sind. Bei den neuentstehenden Ausbilderprofilen sind ne-ben pädagogischen Fähigkeiten auchKenntnisse in der Organisationsent-wicklung gefragt. Ferner müssen die Aus-bilder in der Lage sein, auf komplexeSachverhalte Einfluß zu nehmen. In vie-lerlei Hinsicht sollte die Kluft zwischendem Ausbilder und dem Initiator neuerOrganisationsprozesse aufgehoben wer-den, denn bei beiden handelt es sich umHandlungsträger der Veränderung. Fernersollten Ausbildungs- und Koordinations-aufgaben innerhalb der Arbeitsgruppenund Teams in engerem Zusammenhanggesehen werden. In innovativen Organi-sationen sind Koordinatoren wenigerstreng hierarchisch eingeordnet. Mit Me-thoden des Coaching regen sie zuneh-mend kollektive Prozesse an und beför-dern sie.

Ausbilder sollten sich, um mit den Ver-änderungen Schritt zu halten, kontinuier-lich mit Innovationen vertraut machen.Dabei können sie sich natürlich nicht aufden gesamten (und nahezu endlosen)Bereich der vorhandenen Konzepte undInstrumente spezialisieren. Folglich soll-te die Ausbildung von Ausbildern nichtauf die endlose Aktualisierung bestimm-ter Berufsfelder und entsprechende Wei-terbildungsmaßnahmen abstellen, son-dern sich soweit möglich auf die Arbeitin funktionsübergreifenden Teams und dieOptimierung der Arbeitsmethoden nachArt der Communities of Practice orientie-ren. Die Teams sollten intern eine Viel-zahl spezieller Rollen entwickeln, um dieVielfalt der ihnen zugewiesenen Aufga-ben zu meistern. Sie sollten in der Lagesein, erforderlichenfalls externes Wissen,insbesondere im Hinblick auf die fachli-chen Aspekte der Ausbildung einzubezie-hen, wobei mit der Vermittlung diesesWissens Experten zu betrauen sind, dieje nach Bedarf hinzugezogen werden soll-ten.

„In vielerlei Hinsicht solltedie Kluft zwischen demAusbilder und dem Initiatorneuer Organisationspro-zesse aufgehoben werden,denn bei beiden handelt essich um Handlungsträgerder Veränderung.“

„Folglich sollte die Ausbil-dung von Ausbildern nichtauf die endlose Aktualisie-rung bestimmter Berufs-felder und entsprechendeWeiterbildungsmaßnahmenabstellen, sondern sich so-weit möglich auf die Arbeitin funktionsübergreifendenTeams und die Optimierungder Arbeitsmethoden nachArt der Communities ofPractice orientieren.“

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Schlußbemerkungen undneue Aufgaben für dieBerufsbildungsforschung

Diesem Artikel liegt die These zugrunde,daß sich Ausbildungsmaßnahmen entspre-chend den Bedürfnissen der Wissens-gesellschaft entwickeln und daß die Be-darfssituation erwerbstätiger Erwachsenerstärker berücksichtigt werden muß. Ne-ben dem herkömmlichen Ausbildungs-paradigma, das auf der Wissensvermitt-lung beruht und sich zumeist am Bedarfan formalen Qualifikationen orientiert,bildet sich ein neues, auf dem Wissens-erwerb basierendes Paradigma heraus, dasden tatsächlichen Qualifikationsbedarfberücksichtigt und die Weiterbildung vonArbeitnehmern in Betrieben und komple-xen Organisationen umfaßt.

Die Entwicklung dieses neuen Paradig-mas, bei dem das Prinzip „Erst lernen,dann handeln“ nur sehr begrenzt anwend-bar ist, findet starken theoretischen Rück-halt in Ansätzen und Konzepten, die inganz unterschiedlichen Disziplinen auf-gestellt wurden. Alle diese Konzepte undAnsätze gehen davon aus, daß die Aus-bildung die laufenden Prozesse derWissenstransformation unterstützen soll.

Unter diesem Gesichtspunkt ist Ausbil-dung nicht nur Wissenstransfer (jemand,der Wissen besitzt, gibt es an einen an-deren weiter, der es nicht besitzt), son-dern hat in erster Linie auch die Aufgabe,die Umwandlung von Wissen zu ermögli-chen.

In diesem Artikel wird auf zwei Ansätzeder Wissenstransformation Bezug genom-men: Bei dem ersten Ansatz, der im Ma-nagement-Kontext entwickelt wurde, liegtder Schwerpunkt auf dem Verhältnis zwi-schen explizitem und implizitem Wissenim wissensschaffenden Unternehmen,während der zweite, der von Psycholo-gen und Anthropologen ausgearbeitetwurde, die sich mit der sozialen Dyna-mik des Wissens beschäft igen, dieCommunities of Practice im alltäglichenArbeitskontext betrifft.

Beide Ansätze, die bei weitem nicht er-schöpfend sind, liefern die konzeptionelleGrundlage für die im Rahmen innovati-ver Ausbildungsmaßnahmen angestrebten

Ziele der Qualitätssicherung, Flexibilitätund Kooperation.

In der Weiterbildung sollte die Konzen-tration auf die Prozesse der Wissens-transformation die Prämisse für die Pla-nung der Ausbildungsmaßnahmen unterEinbeziehung aller Beteiligten sein. DieBeteiligten sollten nicht mehr oder weni-ger passiv eine „Ausbildung“ durchlaufen,sondern Vorschläge und Lösungen formu-lieren, Sachzwänge aufzeigen, gemeinsamlernen und Situationen immer wieder neuinterpretieren. Dafür steht eine große Zahlvon Instrumenten und Methoden zur Ver-fügung. Diese sollen u.a. die Herausbil-dung von Entscheidungsfähigkeiten för-dern, zur Arbeit in autonomen Arbeits-gruppen befähigen, das Selbststudiumunterstützen und Ausbildungsmaßnahmenauf der Grundlage von Organisations-analysen unter Einbeziehung der unmit-telbar Beteiligten umsetzen.

Die Konzentration auf die Prozesse derWissenstransformation könnte jedochauch die Grundlage für neue Ansätze inder Erstausbildung bilden. Die Evolutionin der Weiterbildung kann auch der Erst-ausbildung Impulse verleihen. In diesemBereich genügt es nicht mehr, davon aus-zugehen, daß die sogenannten Grund-fertigkeiten oder Schlüsselkompetenzendie entscheidende Rolle spielen. Vielmehrsind Modelle zu entwickeln, die sich anneuen Formen der Lehrlingsausbildungauf der Grundlage des Gruppenlernensorientieren (wie z.B. im Ansatz vom „ko-operativen Lernen“, Johnson et al., 1993).

Sowohl in der Weiterbildung als auch inder Erstausbildung wird die Wissens-transformation voraussichtlich eine weit-reichende Reform bei der Formulierungvon Ausbildungszielen, der Gestaltung derAusbildungsmaßnahmen und der Ausbil-dung der Ausbilder einleiten.

Im Mittelpunkt der Ausbildung von Aus-bildern sollte nicht nur die Weiter-qualifizierung im Rahmen bestimmterBerufsfelder stehen, sondern soweit wiemöglich auch die Schaffung funktionsüber-greifender Teams in Form von Comm-unities of Practice, die zwar über unter-schiedliche Qualifikationen verfügen, aberdurch gemeinsame Ziele und Wertvorstel-lungen geprägt sind. Diese Team-Comm-unities sollten intern entsprechend den

„In der Weiterbildung soll-te die Konzentration aufdie Prozesse der Wissens-transformation die Prämis-se für die Planung der Aus-bildungsmaßnahmen unterEinbeziehung aller Beteilig-ten sein.“

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gestellten Aufgaben eine Vielzahl von Rol-len und Spezialisierungen entwickeln. Siesollten gegebenenfalls in der Lage sein,externes Wissen einzubeziehen, insbeson-dere im Hinblick auf die Ausbildungswegeund die fachlichen Aspekte der Ausbil-dung, mit deren Vermittlung Experten zubetrauen sind, die nach Bedarf hinzuge-zogen werden sollten.

Es ist dies jedoch eine sehr schematischeDarstellung, die in vielerlei Hinsicht derVerbesserung bedarf. Im Rahmen weite-rer Forschungen wären daher insbeson-dere folgende Fragen zu untersuchen:

❏ Analyse vorbildlicher Beispiele undbewährter Verfahrensweisen. Hierbei soll-te auf neuartige, mit dem Lernparadigmaübereinstimmende Ausbildungserfah-rungen eingegangen werden. Aus denAnalysen könnten sich wertvolle Bezugs-punkte für die Ausbildung auf europäi-scher Ebene ergeben.

❏ Experimentelle Nutzung innovativerForschungsmethoden zur Untersuchungdes Arbeitskontexts (z.B. auf der Grund-lage ethnographischer Ansätze, auf diesich ein Großteil der Forschung über dieCommunities of Practice stützt).

❏ Herstellung engerer Kontakte unterden Ausbildern auf europäischer Ebene.Angesichts der Erfahrungen aus den Pro-

grammen der Vergangenheit spielt dieserAspekt eine sehr wichtige Rolle. Die Ver-netzung der Ausbilder, insbesondere imZusammenhang mit vorbildlichen Beispie-len, sollte als eine vorrangige Aufgabebetrachtet werden. Dies geht auch aus denim Weißbuch der Europäischen Kommis-sion „Lehren und Lernen: Auf dem Wegzur kognitiven Gesellschaft“ enthaltenenVorschlägen hervor, denn dort heißt es:„...keine Institution, und insbesondereweder die Schule noch das Unternehmenkann für sich in Anspruch nehmen, alleindie erforderliche Kompetenz für die Eig-nung zur Erwerbstätigkeit zu entwickeln“(Europäische Kommission, 1995).

Bei der weiteren Arbeit sollte von derHypothese ausgegangen werden, daß dieverschiedenen im Bereich der Ausbildungqualitativ führenden Communities ofPractice sich zu Netzen der Zusammenar-beit und des Wissensaustauschs zusam-menschließen können, die nicht nur fürdie Communities selbst, sondern auch fürdie Systeme insgesamt von Nutzen wä-ren. Eine solche Vernetzung im europäi-schen Maßstab kann u.a. bewirken, daßdie Ausbildung der Ausbilder unter einemneuen Gesichtspunkt betrachtet wird, undzwar nicht nur im Sinne einer Aktualisie-rung, sondern auch im Sinne der Verbrei-tung der erfolgreichsten Ausbildungs-praktiken entsprechend dem neu entste-henden Lernparadigma.

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Formen der Berufsaus-bildung und ihr Nutzen

MiguelAurelioAlonsoGarcía

Abteilung fürDifferential- und

Arbeitspsychologieder Fakultät für Psychologie

an der Universität Madrid.

Die berufliche Fortbildung und Um-schulung wird durch den Fondo deFormación (1992) als das Ergebnis derBemühungen von Unterricht und Lehredefiniert, um die Vorbereitung der Auszu-bildenden auf die Arbeitswelt zu verbes-sern. Eine andere Definition, die als Er-läuterung dienen mag, ist die des Natio-nalen Instituts für Beschäftigung (INEM,1992). Ihr zufolge handelt es sich um eineAusbildung zur beruflichen Befähigungder Arbeitnehmer (Beschäftigte und Ar-beitslose) für die Ausübung einer be-stimmten Beschäftigung oder Arbeitstätig-keit durch kürzere oder längere Lehrgän-ge mit ausgesprochen praktischer Ausrich-tung. Frías (1994) definiert die beruflicheFortbildung und Umschulung in einemengeren Sinne, nämlich als Entwicklungeiner Reihe von Kompetenzen bei Arbeits-losen oder Personen, die eine erste Be-schäftigung suchen, um deren Eingliede-rung in den Arbeitsmarkt zu erleichtern.Er schränkt damit den Personenkreis, anden sich diese Ausbildungsform richtet,ein, stimmt aber hinsichtlich der Ziele mitden anderen Definitionen überein.

Ein wesentliches Merkmal, das die beruf-liche Fortbildung und Umschulung vonder staatlich geregelten Berufsbildungunterscheidet, ist, daß es sich um einedurch das staatliche Bildungssystem nichtanerkannte Art der Ausbildung handelt.Das zweite wichtige Merkmal besteht dar-in, daß ihr Hauptziel die berufliche Qua-lifizierung sein soll, weshalb allgemein-oder persönlichkeitsbildende Lehrveran-staltungen ausgeklammert werden.

Die dritte Form der Ausbildung ist dieberufliche Weiterbildung. Sie richtetsich an Beschäftigte im öffentlichen Dienstauf der Ebene des Staates, der Autono-men Gemeinschaften oder der Gemein-

Einleitung

Die Berufsbildungssysteme in Spanien las-sen sich in drei große Subsysteme unter-teilen, die sogenannte staatlich geregelteBerufsbildung (Formación ProfesionalReglada), die berufliche Fortbildungund Umschulung (Formación Profe-sional Ocupacional) und die beruflicheWeiterbildung (Formación Contínua).

Die staatlich geregelte Berufsbildungist eine Form der beruflichen Erstaus-bildung, die dem staatlichen Bildungswe-sen unterstellt ist und sich an Auszubil-dende mit keinerlei beruflicher Vor-erfahrung richtet. Sie hat sich im Laufeder Zeit erheblich weiterentwickelt (Cano,López und Ortega, 1993). Derzeit bestehtihre Hauptaufgabe darin, den Auszubil-denden die erforderlichen Fähigkeiten zuvermitteln, um die Arbeitsaufgaben und-situationen, die ihnen im Berufsalltag be-gegnen, zu bewältigen. Der von der staat-lich geregelten Berufsbildung dabei zuverfolgende Ansatz ist der Erwerb beruf-licher Kompetenzen, so wie sie am Ar-beitsplatz benötigt werden (KöniglichesDekret 676/1993). Jeder Abschluß derstaatlich geregelten Berufsbildung be-inhaltet ein berufliches Profil, das sich auseiner Reihe von Tätigkeitsmerkmalen undKompetenzebenen zusammensetzt, dievon Absolventen, die in ihrer Ausbildungverschiedene Arbeitssituationen kennen-gelernt haben, erwartet werden. Diesewerden als berufliche Leistungen bezeich-net. Prieto (1994) streicht klar und deut-lich heraus, daß das Ziel der staatlich ge-regelten Berufsbildung darin bestehensoll, die Auszubildenden zur Ausübungeiner Berufstätigkeit durch den Erwerb be-ruflicher Kompetenzen in Form von Wis-sen, sozialen Fähigkeiten, technischenFertigkeiten usw. zu befähigen.

Dieser Artikel behandelt dieverschiedenen Formen derberuflichen Bildung in Spa-nien – staatlich geregelteBerufsbildung, beruflicheFortbildung und Umschu-lung, Weiterbildung undAusbildung in Form vonPraktika. Er analysiert dieAntworten einer Stichprobevon Teilnehmern, die ver-schiedene Formen der be-ruflichen Bildung durchlau-fen hatten, und untersuchtferner die unterschiedli-chen Auffassungen hin-sichtlich des Nutzens dererhaltenen Ausbildung inAbhängigkeit vom Ge-schlecht, der Berufsgruppe,der Leistung und dem Gradder Zufriedenheit der Be-fragten. Die Auszubilden-den in der Umfrage unter-scheiden deutlich zwischenden verschiedenen Formender beruflichen Bildungund ihrem Nutzen. Die Er-gebnisse stellen einigePunkte heraus, die Beach-tung durch Bildungsbehör-den und politische Ent-scheidungsträger verdie-nen; Ziel ist, ein hohes Maßan beruflichen Qualifikatio-nen zu gewährleisten.

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den sowie an Angestellte in der Privat-wirtschaft.

Eine weitere Form der beruflichen Bildungist die Ausbildung in Form von Prak-tika. Hierunter sind praktische Ausbil-dungsabschnitte in Betrieben zu verste-hen, die am Ende eines Fortbildungs- oderUmschulungslehrgangs oder einer Berufs-erfahrung stehen, die den Erwerb einerVielzahl von Kenntnissen mit der Erfül-lung einer Reihe von praktischen Funkti-onen und Aufgaben verbinden (Alonso,1998). Obwohl diese Programme keinenPräsenzunterricht beinhalten, ermöglichensie den Auszubildenden dennoch, einenKomplex bestehend aus Wissen, Fähig-keiten und Einstellungen zu erwerben.1

Das Ministerium für Bildung und Kulturhat ebenfalls seine eigene Modalität die-ser Ausbildungsform entwickelt. Mit derkürzlich erfolgten Reformierung der staat-lich geregelten Berufsbildung wurde einBaustein der „Ausbildung in der Arbeits-stätte“ eingerichtet, dessen Hauptziel darinbesteht, die Bildungsaktivitäten der Aus-zubildenden auf einen Arbeitsplatz hinauszurichten (Königliches Dekret 676/

1993). Die Ausbildung in der Arbeitsstät-te findet in einem realen Arbeitsumfeldstatt. Die Auszubildenden nehmen dabeidie mit den unterschiedlichen Beschäfti-gungen verbundenen Aufgaben wahr, siewerden mit der Organisation von Produk-tionsprozessen und Dienstleistungsange-boten vertraut und lernen die Beziehun-gen des Arbeitsumfelds kennen (DirecciónGeneral de Formación Profesional Regla-da, 1994). Diese Form der Ausbildung istobligatorisch für Auszubildende, die eineBerufsausbildung mittleren oder höherenGrades (ciclo formativo de grado medio ysuperior) durchlaufen. Sie nimmt acht,zehn oder 15 Wochen des regulären Schul-jahres in Anspruch, oder sie erfolgt inForm von einem oder zwei Trimesternnach Absolvierung aller Fächer, die fürden Erwerb des entsprechenden Abschlus-ses vorgeschrieben sind.

Für Martínez (1996) wäre das System derAusbildung in der Arbeitsstätte des Mini-steriums für Bildung und Kultur sinnvol-ler, wenn über die derzeitigen Ziele hin-ausgehend stärker auf eine bessere Ein-gliederung in das Erwerbsleben der Teil-nehmer hingewirkt würde, indem die

1) Ein gutes Beispiel hierfür sind dieProgramme, die die Gemeinde Madridüber das „Instituto Madrileño para laFormación“ seit 1994 unter dem Na-men „Finnova“ durchführt.

Tabelle 1:

Häufigkeitsverteilung der Variablen hinsichtlich der Ausbildungsformen

überhaupt kaum mittel ziemlich sehrnicht

Deine Berufsausbildungist passend für das Finnova-Programm 6 23 46 150 73

Die Berufsausbildungbefähigt für eine Arbeitstätigkeit 2 20 97 134 44

Die berufliche Fortbildung und Umschulungist nützlich für eine Arbeitstätigkeit 5 8 48 147 47

Das Finnova-Programmist nützlich für eine Arbeitstätigkeit 2 4 29 132 133

Nutzen der staatlichgeregelten Berufsbildung 7 70 115 97

Nutzen der beruflichenFortbildung und Umschulung 1 18 83 105 36

Nutzendes Finnova-Programms 2 11 26 98 163

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Kompetenzen der Auszubildenden, dieeine Anstellung gefunden haben, evalu-iert werden.

Die Ausbildung in Form von Praktika istdie teuerste Art der Berufsausbildung. Ei-nige Lehrgänge haben sie zusätzlich in ihrProgramm aufgenommen, doch nur sel-ten dauert der Aufenthalt im Betrieb län-ger als drei Monate. Noch seltener sinddie Fälle, wo diese Form als einziges Aus-bildungsinstrument zum Erwerb der ge-wünschten Qualifikation eingesetzt wird.

Die verschiedenen Ausbildungsformenhaben im Laufe der Jahre ihre Nützlich-keit unter Beweis gestellt. Sie sind mitt-lerweile fest im Bildungsgefüge verankertund werden von den Regierungsbehördenunterstützt, die sie als ein Mittel zur indi-viduellen Qualifikationsanhebung erach-ten.

Für die Zwecke dieser Erhebung wurdedie berufliche Weiterbildung als eine Formder beruflichen Fortbildung und Umschu-lung gemäß der Definition des Fondo deFormatión und des INEM behandelt.

Wir schlagen eine dreigliedrige Aus-bildungsklassifizierung vor: staatlich ge-regelte Berufsbildung, berufliche Fortbil-dung und Umschulung (einschl. berufli-cher Weiterbildung), sowie Ausbildung inForm von Praktika. Diese Unterscheidungwird im empirischen Abschnitt des vor-liegenden Beitrags zugrunde gelegt.

Methodik

Ziele

Das Ziel dieses Beitrags besteht darin, fest-zustellen, welche der verschiedenenAusbildungsformen (staatlich geregelteBerufsbildung, berufliche Fortbildung undUmschulung oder Ausbildung in Form vonPraktika) von den Auszubildenden als amsinnvollsten angesehen werden, und dar-über hinaus zu ermitteln, wie ihre Wahr-nehmungen in Abhängigkeit ihres Bil-dungsniveaus differieren und ob die Aus-zubildenden deutlich zwischen den ver-schiedenen Ausbildungsformen unter-scheiden.

Population und Stichprobe

Die Umfrage wurde unter 332 Jugendli-chen mit einem Durchschnittsalter von 24Jahren durchgeführt, die eine Berufsaus-bildung zweiten Grades (FPII) absolvierthatten und in den Jahren 1994 und 1995an dem Praktikumsprogramm „Finnova“teilnahmen. Das Programm erstreckte sichüber ein Jahr, und das Hauptziel bestanddarin, den Teilnehmern die erforderlichenKenntnisse für die Verbesserung ihrerChancen auf dem Arbeitsmarkt zu vermit-teln. Es wurde an Universitäten und staat-lichen Forschungsstätten der AutonomenGemeinschaft Madrid durchgeführt. Dadie Untersuchung alle Teilnehmer des Pro-gramms umfaßte, waren Population undStichprobe in diesem Fall identisch.

Tabelle 2:

Validität der Selektion und der unterschiedlichen Ausbildungsformen

Bezeichnung der Variablen FP_ADECU FP_UTIL FO_UTIL FIN_UTIL FP FO F_PRACHäufigkeit insgesamt 298 297 255 300 289 243 300Durchschnitt 3,8758 3,6667 3,8745 4,3000 4,0450 3,6461 4,3633Median 4,00 4,00 4,00 4,00 4,00 4,00 5,00Häufigster Wert 4,00 4,00 4,00 5,00 4,00 4,00 5,00Typische Abweichung 0,93637 0,83423 0,81324 0,75181 0,82162 0,83706 0,84084Mittlerer Fehlerquotient 0,054 0,048 0,050 0,043 0,048 0,053 0,048Abweichungskoeffizient 0,241 0,227 0,209 0,174 0,203 0,229 0,192Mindestwert 1,00 1,00 1,00 1,00 2,00 1,00 1,00Erstes Quartil 3,00 3,00 4,00 4,00 3,00 3,00 4,00Drittes Quartil 4,00 4,00 4,00 5,00 5,00 4,00 5,00Höchstwert 5,00 5,00 5,00 5,00 5,00 5,00 5,00

„Wir schlagen eine drei-gliedrige Ausbildungsklas-sifizierung vor: staatlichgeregelte Berufsbildung, be-rufliche Fortbildung undUmschulung (einschl. be-ruflicher Weiterbildung),sowie Ausbildung in Formvon Praktika.“

„Die Umfrage wurde unter332 Jugendlichen mit einemDurchschnittsalter von 24Jahren durchgeführt, dieeine Berufsausbildungzweiten Grades (FPII) ab-solviert hatten und in denJahren 1994 und 1995 andem Praktikumsprogramm„Finnova“ teilnahmen.“

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Vorgehensweise

Die Teilnehmer an den ProgrammenFinnova ’94 und Finnova ’95 bestandenaus zwei verschiedenen Gruppen aus un-terschiedlichen Jahrgängen. Der ersteSchritt bestand darin, sicherzustellen, daßes keine signifikanten Unterschiede zwi-schen den Gruppen gab. Nachdem sichdies bestätigt hatte, wurden die Gruppenfür die Datenauswertung zu einer einzi-gen Population zusammengefaßt.

Es wurde eine kleine Umfrage entworfen,die in zwei aufeinander folgenden Jah-ren durchgeführt wurde. Die Fragen kon-zentrierten sich darauf, wie sinnvoll dieTeilnehmer die verschiedenen Aus-bildungsformen, die sie durchlaufen hat-ten und in denen sie sich zum aktuellenZeitpunkt befanden, beurteilten. Dashöchste Bildungsniveau der Teilnehmerwar die Berufsausbildung zweiten Grades.Alle nahmen an einer Ausbildung in Formvon Praktika teil, und viele unter ihnenhatten bereits berufliche Fortbildungs-und Umschulungskurse besucht.

Die Variablen für die verschiedenen Aus-bildungsformen wurden in einer 5-Punk-te-Skala nach Likert dargestellt. Sie laute-ten wie folgt:

FP_ADECU: Sind die Kenntnisse, die duin deiner beruflichen Fachausbildung er-worben hast, ausreichend, um die Arbeits-anforderungen deines Praktikumsplatzesim Rahmen des Finnova-Programms zuerfüllen?

FP_UTIL: Stellen die Kenntnisse, die duin deiner beruflichen Fachausbildung er-worben hast, alleine schon eine ausrei-chende Vorbereitung dar, um eine Berufs-tätigkeit im Rahmen dieser Fachrichtungauszuüben?

FO_UTIL: Werden dir die Kenntnisse, diedu in Fortbildungs- und Umschulungs-lehrgängen (CAM, IMAF, INEM, IMEFEusw.) erworben hast, von Nutzem sein,um eine Berufstätigkeit in der entspre-chenden Fachrichtung auszuüben?

FIN_UTIL: Werden dir die Kenntnisse, diedu im Rahmen des Finnova-Programmserwirbst, von Nutzem sein, um eine Be-rufstätigkeit in der entsprechenden Fach-richtung auszuüben?

Tabelle 3:

Nutzen der verschiedenen Ausbildungsformen(durchschnittliche Punktzahl unter Zugrundelegung einer 5-Punkte-Skala)

Tabelle 4:

Übereinstimmungen und erklärte Varianzder Ausbildungsitems

Variable Überein- * Faktor Eigener Varianz Akkumu-stimmung Wert in % lierte %

FP_ADECU 0,23167 * 1 2,29905 32,8 32,8FP_UTIL 0,62547 * 2 1,16046 16,6 49,4FO_UTIL 0,76342 * 3 0,69918 10,0 59,4FIN_UTIL 0,75305 *FP 0,37792 *FO 0,52161 *F_PRAC 0,88553 *

Tabelle 5:

Faktoren mit Ausbildungsitems

Faktor 1 Faktor 2 Faktor 3F_PRAC 0,92761FIN_UTIL 0,84577

UTIL 0,83270FO 0,70094

FP_UTIL 0,77950FP 0,60808FP_ADECU 0,35768

Nutzen von Finnova

Entsprechung F.P. – Tätigkeit Finnova

Nutzen der F.P. bezügl. Arbeitsanforderungen

Nutzen der F.O. für die Arbeit

Nutzen von Finnova für Arbeit

Nutzen der F.P.

Nutzen der F.O.

4,36

3,88

3,67

3,87

4,30

4,05

3,65

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FP: Nutzen der staatlich geregelten Be-rufsbildung (Berufsausbildung zweitenGrades)

FO: Nutzen der beruflichen Fortbildungs-und Umschulungslehrgänge

F_PRAC: Nutzen der Ausbildung in Formvon Praktika (Finnova)

Es gab also je zwei Fragen zum Nutzender staatlich geregelten Berufsbildung(FP_UTIL und FP), zur beruflichen Fort-bildung und Umschulung (FO_UTIL undFO) und zur Ausbildung in Form vonPraktika (FIN_UTIL und F_PRAC). Außer-dem wurden die Teilnehmer gefragt, in-wiefern ihre Ausbildung den Anforderun-gen der Tätigkeit entsprach, die sie imRahmen ihres Praktikums ausübten.

Wir verfügten über die Durchschnitts-qualifikation des Abschlusses einiger Teil-nehmer bei der staatlich geregelten Be-rufsbildung (Variable Note).

Für die statistische Auswertung der Da-ten wurden parametrische und nicht-para-metrische Methoden benutzt:

❏ Die parametrischen Methoden warendie der Faktorenanalyse (Hauptachsenme-thode mit Normalisierung nach Kaiser undEquamax-Rotation), um die Gruppenbil-dung innerhalb der verschiedenen Ele-mente festzustellen, und die Reliabili-tätsanalyse (α) nach Cronbach, um dieFolgerichtigkeit der gestellten Fragen zuuntersuchen.

❏ Die nicht-parametrischen Methodenwaren die des Korrelationskoeffizientennach Spearman, um den Grad der Bezie-hung zwischen den Variablen zu erken-nen; der U-Test nach Mann-Whitney, um

statistisch signifikante Unterschiede zwi-schen den beiden Personengruppen fest-zustellen; der Kruskal-Wallis-(χ2)-Test, umdie Unterschiede zwischen mehr als zweiGruppen zu analysieren, der Q-Test vonCochran, wenn es dichotomische Punkt-werte und mehr als zwei Gruppen gab.

Zunächst wurde untersucht, ob es stati-stisch signifikante Unterschiede bei denVariablen der Umfrage in Abhängigkeitdes Geschlechts, der dem Praktikumsplatzzugeordneten Berufsgruppe, der Leistung(bewertet durch einen für die Ausbildungjedes Einzelnen verantwortlichen Tutor)und der Zufriedenheit (mit Zuordnung aufeiner Skala) gibt.

Um festzustellen, ob es Unterschiede inden persönlichen Wahrnehmungen desAusbildungsnutzens gab, wurden die Be-fragten in zwei Gruppen geteilt: Diejeni-gen, die den Nutzen mit „mittelmäßig“,„niedrig“ oder „sehr niedrig“ angaben (3Punkte oder weniger), und diejenigen, dieihre Ausbildung für „nützlich“ oder „sehrnützlich“ hielten (4 und 5 Punkte). DieVariablen wurden dichotomisiert, indemdie niedrigsten Punktwerte gleich null unddie höchsten Punktwerte gleich eins ge-setzt wurden.

Für die statistische Analyse wurde dasSoftware-Programm SPSS 7,5 2S verwandt,die Grafiken wurden in Word Perfect 8.0erstellt.

Ergebnisse

Für die sieben Variablen wurde einReliabilitätstest durchgeführt, um die in-nere Folgerichtigkeit der Erhebung zugewährleisten. Es ergab sich ein hoher

Tabelle 6:

Geschlechtsspezifische Unterschiede

Variablen Mann-Whitney-Test Probabilitätswert Männer Frauen

Mittelwert N Mittelwert NFP_UTIL 8778,5 0,0017 135,69 162 164,97 135FIN_UTIL 8687,5 0,0003 135,13 162 168,55 138FP 8619,5 0,0112 134,54 161 158,16 128F_PRAC 8626,0 0,0001 134,58 161 168,94 139

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Reliabilitätskoeffizient (α = 0,71) mit sta-tistisch signifikanten Unterschieden zwi-schen den Mittelwerten.

Der erste Schritt bestand darin, dieHäufigkeitsverteilung der Variablen (Ta-belle 1) zu bestimmen, um Tendenzen inden Antworten zu erkennen und die Aus-maße zentraler Trends und deren Streu-ung (Tabelle 2) zu berechnen und so dieAntworten der Befragten für jede Varia-ble zu analysieren.

Mit der Variablen FP_ADECU (die Ange-messenheit der Ausbildung für die Zutei-lung eines Praktikumsplatzes) sollte dieAuswahl für die Teilnahme am Programmvalidiert werden. Hierbei sollte insbeson-dere festgestellt werden, inwieweit dieAnforderungen, die in bezug auf die staat-lich geregelte Berufsbildung an die Teil-nehmer gestellt wurden, angemessen wa-ren, um sich für das Programm zu quali-fizieren. 74,8 % der Befragten hielten dieAnforderungen für ziemlich oder sehrangemessen. Der Mittelwert lag bei 3,88und der Median bei 4 (von insgesamt 5)Punkten. Die Validität der Auswahl warsomit in beiden Jahrgängen hoch, beson-ders jedoch im zwei ten Jahrgang(U=9369,5; P=0,01), was den Wert vorhe-riger Erfahrungen aufzeigt, wenn sie inaufeinander folgenden Situationen erneutumgesetzt werden müssen.

Andere Fragen zielten auf den Nutzen derverschiedenen Ausbildungsformen im all-gemeinen und für die Besetzung einerbestimmten Arbeitsstelle ab. Die durch-

schnittlich gegebene Punktzahl ist derTabelle 3 zu entnehmen. Alle Punktwertesind höher als 3,5 bei einem Maximumvon 5 Punkten.

Alle Formen der Ausbildung werden vonden Teilnehmern als nützlich für das Ar-beitsleben eingestuft, insbesondere dieAusbildung in Form von Praktika, wo dieMittelwerte bei über 4 von maximal 5Punkten lagen. Die Durchschnittswertebei den Fragen nach dem Nutzen derstaatlich geregelten Berufsbildung und derberuflichen Fortbildung und Umschulungsind höher als 3,6 von 5, mit einem Medi-an von 4.

Es wurde eine Faktorenanalyse durchge-führt (Tabelle 4 und 5), um herauszufin-den, inwiefern die Antworten der Befrag-ten auf die unterschiedlichen Fragen über-einstimmten und welche Art von Ausbil-dung als am sinnvollsten erachtet wurde.59,4 % der Daten konnten mit drei Fak-toren erklärt werden. Das Gewicht derFaktoren war hoch, außer im Falle vonFP_ADECU (Angemessenheit der Ausbil-dung für die Zuteilung eines Praktikums-platzes), da sich diese Variable auf dieValidität der Auswahl bezog, und nichtwie die anderen Fragen auf den Nutzender Ausbildung abzielte. Da ihre Heraus-nahme aus der Analyse das Ausmaß anerklärter Varianz auf 66,54 % ansteigenlassen würde, wurde sie aufgrund ihresBeitrags zum dritten Faktor beibehalten.

Der erste Faktor, der als „Fortbildung undUmschulung in Form von Praktika“ be-

Tabelle 7:

Unterschiede in Abhängigkeit der Berufsgruppe

Varia- Test Probabili- Berufsgruppen2

blen χ2 tätswert Mittelwert

1 3 4 5 6 7 8 9 10 12 13(N=8) (N=25) (N=11) (N=9) (N=88) (N=9) (N=22) (N=54) (N=45) (N=41) (N=12)

FP_UTIL 39,70 0,00 164,50 142,59 202,50 111,07 168,71 152,75 137,79 105,64 179,43 132,23 100,58FP 34,52 0,00 154,00 152,73 188,00 123,14 162,88 126,13 149,00 133,88 166,89 95,43 86,33FIN_UTIL 25,91 0,01 145,71 119,28 182,75 124,21 165,01 133,75 116,74 133,25 175,43 158,24 96,17F_PRAC 37,89 0,00 136,38 109,75 163,50 130,93 172,91 128,69 116,88 141,95 169,56 159,72 62,38

1 : Landwirtschaft2 : Baugewerbe3 : Verarbeitende Industrie4 : Verarbeitung landwirtschaftlicher Produkte

5 : Schwer- und Bauindustrie6 : Chemische Industrie7 : Information und Kunst8 : Bau und Montage

9 : Wartung und Reparatur10 : Gesundheit11 : Unternehmensdienstleistungen12 : Transport und Verkehr

„Alle Formen der Ausbil-dung werden von den Teil-nehmern als nützlich fürdas Arbeitsleben eingestuft,insbesondere die Ausbil-dung in Form von Praktika,wo die Mittelwerte bei über4 von maximal 5 Punktenlagen. Die Durchschnitts-werte bei den Fragen nachdem Nutzen der staatlichgeregelten Berufsbildungund der beruflichen Fortbil-dung und Umschulung sindhöher als 3,6 von 5, mit ei-nem Median von 4.“

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zeichnet werden könnte, erklärt 32,8 %der Daten. Der zweite Faktor (Fortbildungund Umschulung) erklärt 16,6 % der ge-samten Varianz, der dritte Faktor (staat-lich geregelte Berufsbildung) erklärt 10 %.

Die Faktorenanalyse zeigt, daß die Aus-zubildenden deutlich zwischen den dreiAusbildungsformen und ihrem Nutzenunterscheiden, nicht nur in bezug auf dasvermittelte Wissen, sondern auch hinsicht-lich des Nutzens dieses Wissens für ihrenderzeitigen Arbeitsplatz.

Der Korrelationskoeffizient nach Spearmanzeigt nur Korrelationen von mehr als 0,4zwischen den Variablen für die staatlichgeregelte Berufsbildung FP und FP_UTIL(0,41), für die berufliche Fortbildung undUmschulung FO und FO_UTIL (0,62) undfür die Ausbildung in Form von PraktikaF_PRAC und FIN_UTIL (0,76). Mit ande-ren Worten, die am meisten zueinander inBeziehung stehenden Fragen waren dieje-nigen, die sich auf die gleichen Aus-bildungsformen bezogen. Es scheint somit,daß die Befragten bei ihrer Einschätzungdeutlich zwischen den verschiedenen For-men der Ausbildung unterscheiden. Die ge-wonnen Daten können daher als zuver-lässig erachtet werden.

Der Cochran-Q-Test (Q=52,25; P=0,0001)brachte statistisch signifikante Unterschie-de zwischen den drei Ausbildungsformenhervor. Die Form der Ausbildung, welchedie Befragten als am sinnvollsten emp-fanden, ist die Ausbildung in Form vonPraktika, gefolgt von der staatlich gere-gelten Berufsbildung und der Fortbildungund Umschulung. Dabei muß allerdings

berücksichtigt werden, daß das Ergebnismöglicherweise durch die Tatsache beein-flußt wird, daß die Befragten zum Zeit-punkt der Umfrage ein solches Praktikumdurchliefen, was sich in ihren Antwortenwiderspiegeln könnte.

Um herauszufinden, welche Ausbildungs-form von den Teilnehmern, die die be-sten Abschlüsse in ihrer staatlich geregel-ten Berufsausbildung erzielt hatten, als amsinnvollsten erachtet wurde, haben wirden U-Test von Mann-Whitney ange-wandt. Dabei wurden hinsichtlich derWahrnehmung des Nutzens keine stati-stisch signifikanten Unterschiede (U=62,5;P=0,001) zwischen den Absolventen mitbesseren und schlechteren Noten gefun-den. Allerdings ergaben sich Unterschie-de im Falle der beruflichen Fortbildungund Umschulung (U=114; P=0,008) undder Ausbildung in Form von Praktika(U=62,5; P=0,001), die eine höhere Punkt-zahl bei den besseren Absolventen erhiel-ten. Es waren somit die Teilnehmer mitden besseren Abschlüssen in der staatlichgeregelten Berufsbildung, die die beruf-liche Fortbildung und Umschulung unddie Ausbildung in Form von Praktika alsnützlicher erachteten.

Diese Daten stimmen mit dem Korrela-tionskoeffizienten nach Spearman über-ein, denn die von den Auszubildenden inihrer Vorbildung erzielte Qualifikation (dieNote) weist eine Korrelation von 0, 44mit dem Nutzen auf, welcher der Ausbil-dung des Finnova-Programms für die Be-rufspraxis (FIN_UTIL) beigemessen wird.Hinsichtlich des Nutzens, den die Befrag-ten den in einer beruflichen Fortbildung

Tabelle 8:

Unterschiede in Abhängigkeit der Leistung

Variablen Mann- Probabilitäts- Gruppe mit Gruppe mitWhitney- wert schlechter Leistung hoher Leistung

Test RTG < 6 RTG > 6

Mean Rank N Mean Rank NFP 1952,5 0,0013 93,85 24 146,99 260FO_UTIL 1913,5 0,0401 98,48 22 128,11 228FO 1701,0 0,0164 88,82 22 123,70 218FIN_UTIL 1539,0 0,0001 74,56 25 154,80 270F_PRAC 1579,0 0,0001 76,16 25 154,65 270

„Es waren somit die Teil-nehmer mit den besserenAbschlüssen in der staat-lich geregelten Berufsbil-dung, die die beruflicheFortbildung und Umschu-lung und die Ausbildung inForm von Praktika alsnützlicher erachteten.“

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und Umschulung erworbenen Kenntnis-sen für die Berufspraxis beimessen(FO_UTIL), betrug die Korrelation 0,42;hinsichtlich des Nutzens der Fortbildungs-und Umschulungslehrgänge (FO) lag siebei 0,44. Diejenigen Teilnehmer, die sichoffenbar besonders anstrengen mußten,um die Berufsausbildung zweiten Gradesabzuschließen, fanden diese Ausbildungs-form am sinnvollsten.

Statistisch signifikante Unterschiede erga-ben sich hinsichtlich des Geschlechts derBefragten (Tabelle 6) bei der VariablenFP_UTIL, die sich auf den Nutzen der imRahmen der Berufsausbildung erworbe-nen Kenntnissen für die Berufspraxis be-zog (χ2=8778,5; P=0,0017), und bei derVariablen FIN_UTIL, die auf den Nutzender durch das Finnova-Programm erwor-benen Kenntnisse für die Berufspraxisanspielte (χ2=8687,5; P=0,0003). In bei-den Fällen bewerteten die weiblichenBefragten den Nutzen höher als die männ-lichen Befragten. Die gleiche Tendenz läßtsich in bezug auf den Nutzen der Berufs-bildung (FP) (χ2=8619,5; P=0,0112) undder Ausbildung in Form von Praktika(F_PRAC) (χ2=8626; P=0,0001) feststellen.

Frauen fanden die staatlich geregelte Be-rufsbildung und die Ausbildung in Formvon Praktika deutlich sinnvoller, als diesbei den Männern der Fall war. Keine Un-terschiede gab es in bezug auf den Nut-zen der beruflichen Fortbildung und Um-schulung.

Statistisch signifikante Unterschiede beider Wahrnehmung des Nutzens der un-terschiedlichen Ausbildungsformen gab esauch in Abhängigkeit von der Berufsgrup-

pe, zu der die Praktikumsstelle der Teil-nehmer zählte (Tabelle 7). Die Unterschie-de ergeben sich bei den Variablen für diestaatlich geregelte Berufsbildung: FP_UTIL(χ2=39,6984; P=0,0001), FP (χ2=34,5230;P=0,0003), und die Ausbildung in Formvon Praktika: FIN_UTIL (χ2=25,9054;P=0,0067) und F_PRAC (χ2=27,8869;P=0,0001).

Die Auszubildenden, die der staatlich ge-regelten Berufsbildung einen größerenNutzen beimessen, sind diejenigen mitPraktikumsstellen im Bereich der Verar-beitung landwirtschaftlicher Produkte, desGesundheitswesens, der chemischen In-dustrie und des Landwirtschaftssektors.Als weniger sinnvoll wird sie von denPraktikanten aus den Bereichen Transportund Verkehr sowie Wartung und Repara-tur empfunden.

Die Befragten, welche die Ausbildung inForm von Praktika als besonders nützlichempfinden, absolvieren ihr Praktikumebenfalls in den Bereichen der Verarbei-tung landwirtschaftlicher Produkte, Ge-sundheit und Chemie sowie in Unter-nehmensdienstleistungen. Diejenigen, diesie als weniger nützlich empfinden, stam-men aus den Bereichen Transport undVerkehr sowie der verarbeitenden Indu-strie. Es scheint, daß die Berufe aus derersten Gruppe abwechslungsreichere Tä-tigkeiten mit sich bringen und ein inten-siveres Lernen erfordern, während die Be-rufe der zweiten Gruppe monotoner sind.

Die berufliche Fortbildung und Umschu-lung wird von allen Teilnehmern als gleichnützlich empfunden, unabhängig von ih-rer Berufsgruppe.

Tabelle 9:

Unterschiede in Abhängigkeit der Zufriedenheit

Variablen Mann- Probabilitäts- Gruppe mit niedriger Gruppe mit hoherWhitney- wert Zufriedenheit Zufriedenheit

Test S_GLOBAL < 5 S_GLOBAL > 5

Mean Rank N Mean Rank NFO_UTIL 1918,0 0,0463 83,00 28 105,60 176FIN_UTIL 1324,0 0,0001 58,71 31 130,73 211F_PRAC 1360,5 0,0001 59,02 32 131,55 211

„Frauen fanden die staat-lich geregelte Berufsbil-dung und die Ausbildung inForm von Praktika deutlichsinnvoller, als dies bei denMännern der Fall war. Kei-ne Unterschiede gab es inbezug auf den Nutzen derberuflichen Fortbildungund Umschulung.“

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Diejenigen, die in ihrem Praktikum be-sonders gute Leistungen zeigen, beurtei-len alle drei Ausbildungsformen als nütz-licher als es die weniger leistungsstarkenPraktikanten tun (Tabelle 8). Diese Un-terschiede sind sowohl bei der Variablenfür die staatlich geregelte BerufsbildungFP (U=1952,5; P=0,0013) als auch bei denVariablen für die berufliche Fortbildungund Umschulung FO_UTIL (U=1913,5;P=0,401) und FO (U=1701,0; P=0,0164)sowie bei den Variablen für die Ausbil-dung in Form von Praktika FIN_UTIL(U=1539; P=0,0001) und F_PRAC (U=1579;P=0,0001) anzutreffen.

Diejenigen Befragten, die mit ihremPraktikumsplatz zufriedener waren,schrieben der beruflichen Fortbildung undUmschulung und der Ausbildung in Formvon Praktika einen größeren Nutzen zuals die weniger zufriedenen Praktikanten(Tabelle 9). Unterschiede zeigen sich beiden Var iablen FO_UTIL (U=1918;P=0,0463), FIN_UTIL (U=1324; P=0,0001)und F_PRAC (U=1360,5; P=0,0001). Beider Wahrnehmung des Nutzens der staat-lich geregelten Berufsbildung gab es da-gegen keine Unterschiede.

Schlußfolgerungen

Die Befragten unterscheiden sehr deut-lich zwischen den drei Formen der Aus-bildung und ihrem Nutzen. Im allgemei-nen finden sie die Ausbildung in Formvon Praktika am nützlichsten, gefolgt vonder staatlich geregelten Berufsbildung undder beruflichen Fortbildung und Umschu-lung an letzter Stelle.

Eine eingehendere Analyse zeigt Unter-schiede bei der Wahrnehmung des Nut-zens in Abhängigkeit von:

❏ Geschlecht (Frauen messen der staat-lich geregelten Berufsbildung und derAusbildung in Form von Praktika mehrNutzen bei als die Männer);

❏ Note (diejenigen mit besseren Notenin der staatlich geregelten Berufsbildunghalten die Ausbildung in Form vonPraktika und die berufliche Fortbildungund Umschulung für sinnvoller, währenddie Absolventen mit schlechteren Notendie Berufsbildung im Rahmen des staatli-chen Bildungswesens vorziehen);

❏ Leistung (diejenigen mit besseren Lei-stungen in ihrem Praktikum beurteilendies besser als die Praktikanten mitschlechteren Leistungen);

❏ Zufriedenheit (die zufriedensten Be-fragten beurteilen die Ausbildung in Formvon Praktika und die berufliche Fortbil-dung und Umschulung besser als die we-niger Zufriedenen).

Die Ergebnisse zeigen, daß die Befragtendie Ausbildung in Form von Praktika alsdie nützlichste Form der Ausbildung be-trachten. Es wäre daher naheliegend, der-artige Praktika auch bei den weiter ver-breiteten Ausbildungstypen einzusetzen.Dies würde bedeuten:

❏ Eingl iederung der Ausbi ldungs-praktika in die Programme für Ausbildungin der Arbeitsstätte, wodurch diese Formder Ausbildung ein regulärer Bestandteilder staatlich geregelten Berufsbildungwürde und mit den erforderlichen Mittelnausgestattet würde.

❏ Ausweitung der betrieblichen Praktikain Lehrgängen der beruflichen Fortbildungund Umschulung als eine zusätzliche Vor-aussetzung für den Erwerb des Abschlus-ses.

❏ Ausweitung der Ad-Hoc-Programmefür Ausbildung in Form von Praktika,wobei der Erfolg dieser Ausbildung in gro-ßem Maße von der klaren Definition desjeweiligen Berufsprofils und der richtigenAuswahl der Teilnehmer abhängen dürf-te.

Für eine allgemeine Einführung derarti-ger Programme wäre es erforderlich, Ver-einbarungen mit geeigneten Firmen zutreffen, die für solche Kooperationsformennormalerweise sehr empfänglich sind. Aufdiese Weise würde ein doppeltes Ziel er-reicht: Die Vermittlung von Kenntnissen,Fähigkeiten und/oder Einstellungen, dieZiel jeder Bildungsmaßnahme sind, undderen anschließende Umsetzung in diePraxis in realen Arbeitssituationen und-zusammenhängen.

Der generelle Einsatz von Ausbildungs-programmen in Form von Praktika erleich-tert den Lernprozeß für die Auszubilden-den und die Evaluation der Transfer-leistung, d.h. die Feststellung, welche

„Die Ergebnisse zeigen, daßdie Befragten die Ausbil-dung in Form von Praktikaals die nützlichste Form derAusbildung betrachten. Eswäre daher naheliegend,derartige Praktika auchbei den weiter verbreitetenAusbildungstypen einzuset-zen.“

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Punkte ausreichend gut beherrscht wer-den, um sie in der betrieblichen Praxisumzusetzen. Auf diese Weise kann zwei-fellos die Rentabilität der Ausbildung eva-luiert werden.

Die Ernennung eines Tutors mit der Auf-gabe, eventuell auftretende Probleme zulösen und die Auszubildenden nach ih-ren Fähigkeiten zu bewerten, erweist sichals besonders sinnvoll (Sparrow, 1994)und ermöglicht die individuelle Überwa-chung, die Bestandteil einer jeden Aus-bildung sein sollte. In vielen Fällen kanndiese Überwachung durch den Ausbilderselbst als Experte auf seinem Fachgebieterfolgen (Buckley and Caple, 1991).

Die Unternehmen würden somit über Mit-arbeiter verfügen, die nicht nur entspre-chend gut ausgebildet sind, sondern dar-über hinaus auch das praktische Know-how mitbringen, das so oft fehlt. Sie hät-ten die Möglichkeit, die Fähigkeiten undEinstellungen des Auszubildenden zu te-sten, wenn dieser mit einer Reihe vonAufgaben konfrontiert wird, und so fest-zustellen, ob der Sozialisationsprozeß imHinblick auf die Arbeitswelt erfolgreichwar (Prieto, Peiró, Bravo und Caballer,

1996). Diese Verhaltensmerkmale sindzweifellos besser geeignet, die künftigeLeistung eines Mitarbeiters vorherzusagen,als dies bei Einstellungstests (Levy-Leboyer, 1992) oder Ausbildungstests(Reilly und Manese, 1979; Robertson undKandola, 1982) der Fall ist. Wenn Betrie-be, die solche Praktika anbieten, zu ei-nem späteren Zeitpunkt Personalbedarfhaben, wird ihnen diese Information sehrzugute kommen.

Die Auszubildenden profitieren ihrerseitsdurch attraktivere Lebensläufe und bes-sere Einstellungschancen, entweder inderselben Firma, in einer Firma dessel-ben Sektors oder in Stellen, die mit dergewonnenen praktischen Erfahrung in Be-ziehung stehen.

Damit der Einsatz der Ausbildung in Formvon Praktika zur allgemeingültigen Normwird, ist es notwendig, daß die Regie-rungsstellen auf allen Ebenen kontinuier-liche Anstrengungen unternehmen, umdas dreigliedrige System der staatlich ge-regelten Berufsbildung, der beruflichenFortbildung und Umschulung und derWeiterbildung zu erhalten und zu verbes-sern.

Literaturnachweis

Alonso M.A. (1998): Formación en Prácticas ySocialización Laboral, Dissertation, Madrid, 1998.

Buckley R. & Caple J. (1991): La Formación, teoríay práctica, Díaz de Santos, Madrid, 1991.

Cano J., López J. & Ortega M.(1993): La nuevaformación profesional. Ramas, Módulos Profe-sionales y Ciclos formativos. Escuela Española, Ma-drid, 1993.

Dirección General de Formación ProfesionalReglad (1994): Formación en Centros de Trabajo,Ministerio de Educación y Ciencia, Madrid, 1994.

Fondo de Formación (1992): Materiales AFFA, Ma-drid, 1992.

Frías J. (1994): Formación Profesional Ocupacional,Cuadernos de Relaciones Laborales 4 (1994), S. 15-22.

INEM (1992) : Metodología de los Es tudiosSectoriales, Madrid, 1992.

Levy-Leboyer C. (1992): Evaluación de personal.Los métodos a elegir, Díaz de Santos, Madrid, 1992.

Martínez B. (1996): Relaciones entre sistemaeducativo y mercado de trabajo, Estudios deJuventud 38 (1996) S. 9-29.

Prieto S. (1994): Incertidumbre y riesgos de lareforma de la formación profesional, Cuadernos deRelaciones Laborales 4 (1994) S. 33-40.

Priet, Peir, Bravo & Cabeller (1996): Socializacióny Desarollo del Rol Laboral, in J.M. Peiró and F.Prieto (Hrsg..): Tratado de Psicología del Trabajo,Bd. II: Aspectos psicosociales del trabajo, SíntesisPsicología, Valencia, 1996, S. 65-100.

Reilly R.R. & Manese W.R. (1979): The validity ofa mini-course for telephone company personnel,Personnel Psychology 32 (1979) S. 83-90.

Robertson I.T. & Kandola R.S.(1982): Work sampletests: validity, adverse impact and applicant reaction,Journal of Occupational Psychology 55 (1982) S.171-183.

Sparrow P.R. (1994): The psychology of strategicmanagement, in: C. Coopers, I. Robertson (Hrsg.)International Review of Industrial and OrganisationalPsychology, Bd. 9 (1994), John Wiley, Chichester.

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Bildungssystem und Erwerbsleben sam-meln, der bestehenden Forschungs-netzwerke, der vergleichenden For-schungsarbeiten und schließlich ein um-fassendes Literaturverzeichnis. DieserBericht bietet dem Forscher also eine ArtZwischenbilanz, indem er den Weg vor-zeichnet für künftig zu entwickelnde Hy-pothesen, für die Verbesserung der Instru-mente zur Datenerhebung, für die not-wendigen Vergleiche der Variablen undihre Harmonisierung und für die zu ent-wickelnden Indikatoren.http://www.trainingvillage.gr/etv/publication/download/panorama/6002_de.pdfDokument kann heruntergeladen wer-den.

Adults in training: an internationalcomparison of continuing educationand trainingO’CONNELL, P. J.Organisation für Wirtschaftliche Zusam-menarbeit und Entwicklung, OECDCentre for Educational Research and In-novation, CERIParis: OECD, 1999, 37 S.CERI/WD(99)1OECD Publications,2 rue André-Pascal,F-75775 Paris Cedex 16,Tel.: (33-1) 45248200,Fax: 49104276,E-Mail: [email protected],URL: http://www.oecd.org/publications

In dieser Veröffentlichung wird versucht,die neuen Möglichkeiten der Internatio-nal Adult Literacy Survey (InternationaleErhebung über Erwachsenenbildung), diedetaillierte Informationen über die Teil-nahme an Berufsbildungsmaßnahmen inden zwölf Monaten vor der Erhebungzusammengetragen hat, dazu zu nutzen,um die allgemeine und berufliche Wei-terbildung von Erwachsenen in verschie-denen Ländern miteinander zu verglei-chen. Schwerpunkt des Papiers sind diezwischen den Ländern bestehenden Un-terschiede in bezug auf die Teilnahme anallgemeiner und beruflicher Bildung, dieDauer der Kurse und die finanzielle För-

Europa International

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Lektüre zum Thema

Informationen,vergleichende Studien

Der Übergang vom Bildungssystem insErwerbsleben: Auswertung der natio-nalen statistischen DatenMAINGUET, C.Europäisches Zentrum für die Förderungder BerufsbildungCEDEFOPLuxemburg: EUR-OP, 1999, 89 S.(Dossier)ISBN: 92-828-6748-X, deEUR-OP, L-2985 Luxemburg,oder von den nationalenEU-Verkaufsstellen,http://eur-op.eu.int/en/general/s-ad.htmKat. Nr.: HX-22-99-232-DE-CEN FR DE

In dieser Zeit hoher Arbeitslosigkeit, undinsbesondere hoher Jugendarbeitslosig-keit, ist die Untersuchung des Übergangszwischen dem Bildungssystem und demErwerbsleben zu einem wichtigen For-schungsgebiet geworden: Es werden Er-hebungen durchgeführt, Forschungs-netzwerke aufgebaut, usw. Das Ziel desvorliegenden Berichts besteht darin, dieentscheidenden Determinanten für einegelungene berufliche Eingliederung undeinen ausreichenden Schutz gegen Ar-beitslosigkeit zu ermitteln. Natürlich kön-nen die statistischen Untersuchungen überden Übergang zwischen Bildungssystemund Erwerbsleben gegenwärtig keine kla-ren Antworten liefern; sie werfen vielmehrFragen auf und erschüttern unsereüberkommenen Vorstellungen über dievon den verschiedenen Ausbildungsgän-gen eröffneten Perspektiven. Dieser Be-richt versteht sich als vorläufige Bilanz derverschiedenen nationalen Erhebungen,die in Europa durchgeführt wurden, dervergleichenden Forschungsarbeiten, dieauf deren Grundlage durchgeführt wur-den, der wichtigsten untersuchten Varia-blen, der aufgetretenen methodischenProbleme, der wichtigsten Ergebnisse so-wie der noch bestehenden Fragen undHypothesen. Er enthält auch eine Aufli-stung der nationalen Erhebungen, die In-formationen über den Übergang zwischen

Diese Rubrik wurde von

Anne Waniart,Bibliothekarin imCEDEFOP, mit Unterstüt-zung der Mitglieder desDokumentations-netzwerkes erstellt

Die Rubrik „Literaturhinweise“enthält eine Sammlung jüng-ster einschlägiger Veröffentli-chungen über die Entwicklungder Berufsbildung und derQualifikationen auf europäi-scher und internationaler Ebe-ne. Berücksichtigt wurden inerster Linie vergleichende Un-tersuchungen, aber auch na-tionale Studien, sofern sie imRahmen europäischer oder in-ternationaler Programme rea-lisiert wurden, Analysen überdie Wirkung von Gemein-schaftsaktionen in den Mit-gliedstaaten und Berichte überein bestimmtes Land aus derSicht Dritter.

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derung. Außerdem werden in dem PapierParallelen und Unterschiede zwischen denLändern in der allgemeinen und berufli-chen Bildung hinsichtlich Geschlecht, Al-tersgruppe, Ausbildungsabschluß, Bil-dungsstand, Beschäftigung sowie Größeund Art der Organisationen untersucht, indenen die Betreffenden arbeiten. Die Stu-die deckt erhebliche länderspezifischeUnterschiede in bezug auf Häufigkeit undUmfang der allgemeinen und beruflichenWeiterbildung von Erwachsenen auf. Un-beschadet dieser ausgeprägten Unter-schiede weist die Studie aber auch aufbemerkenswerte Parallelen zwischen denLändern hin, was die Verteilung von all-gemeiner und beruflicher Ausbildung in-nerhalb bestimmter Bevölkerungsgruppenangeht.http://www.olis.oecd.org/OLIS/1999DOC.NSF/LINKTO/CERI-WD(99)1Dokument kann heruntergeladen wer-den.

Education policy analysis 1999Organisation für Wirtschaftliche Zusam-menarbeit und Entwicklung, OECDCentre for Educational Research and In-novation, CERIParis: OECD, 1999, 94 S.ISBN: 92-64-17136-3, enISBN: 92-64-17136-6, frOECD Publications,2 rue André-Pascal,F-75775 Paris Cedex 16,Tel.: (33-1) 45248200,Fax: 49104276,E-Mail: [email protected],URL: http://www.oecd.org/publicationsEN, FR

Um der wachsenden Nachfrage nach Lern-möglichkeiten gerecht zu werden, bemü-hen sich die OECD-Länder darum, denLernenden schon ganz früh im Erwach-senenalter ein breiteres Spektrum anAusbildungs- und Berufsbildungsmöglich-keiten anzubieten. Hat die vermehrte Teil-nahme an allgemeiner und beruflicherAusbildung in den 90er Jahren die Nach-frage nach lebensbegleitendem Lernenbefriedigt? Welche Lücken gibt es noch,bei welchen Zielgruppen und bei welchenLernarten? Welches sind die vielverspre-chendsten politischen Ansätze zur Förde-rung erweiterter Lernmöglichkeiten, dieden Lernzielen und der Bedürfnissen desLernenden entgegenkommen? Welchen

Beitrag kann die Politik zur Bereitstellungder nötigen Ressourcen für Investitionenin das Lernen und zur effizienten Verwen-dung dieser Mittel leisten? Diese Ausgabeder ‚Education Policy Analysis‘ (Analyseder Bildungspolitik) 1999 untersucht die-se und andere Fragen. Ausgehend vonden politischen Erfahrungen und Trendsin den OECD-Ländern behandeln die vierKapitel in diesem Buch folgende Themen:Prognosen über den Anstieg der Beteili-gung an formalen Ausbildungs- undBerufsbildungsgängen, um die Ziele deslebensbegleitenden Lernens zu verwirk-lichen, und Auswirkungen auf die Kosten;– politische Optionen zur Sicherstellungdes Ausbildungs- und Betreuungsan-gebots in der frühen Kindheit; – Möglich-keiten für den Einsatz der IKT in der Aus-bildung; – Verfolgung der Teilnahme un-terrepräsentierter Gruppen an der tertiä-ren Ausbildung.

Employment and growth in theknowledge-based economyOrganisation für Wirtschaftliche Zusam-menarbeit und Entwicklung, OECDParis: OECD, 1999, Neuauflage, 392 S.ISBN: 92-64-14813-2, enOECD Publications,2 rue André-Pascal,F-75775 Paris Cedex 16,Tel.: (33-1) 45248200,Fax: 49104276,E-Mail: [email protected],URL: http://www.oecd.org/publications

Manager, politische Entscheidungsträgerund Wirtschaftswissenschaftler sind sichzunehmend über die Bedeutung des Wis-sens und des Lernens für den wirtschaft-lichen Erfolg von Einzelnen, Unternehmenund Volkswirtschaften einig. Aber wiewird Wissen angesichts der immer weiterverbreiteten Informationstechnologie ge-neriert, weitergegeben und genutzt? Wiewirkt sich die Tatsache, daß die Produk-tion in Bezug auf ihren Input und Outputimmer wissensintensiver wird, auf Wirt-schaftsanalyse und -politik aus? Wie kön-nen wir die wachsende Bedeutung desWissens für die wirtschaftliche Entwick-lung messen? Diese Veröffentlichung stelltArtikel von einer Reihe internationalerExperten und Wissenschaftler zusammen.Ihre Beobachtungen und Schlußfolgerun-gen erstrecken sich auf den komplexen

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und entscheidenden Grenzbereich zwi-schen empirischer Messung, Wirtschafts-theorie und Politik.

Measuring student knowledge skills:a new framework for assessementOrganisation für Wirtschaftliche Zusam-menarbeit und Entwicklung, OECDOECD Programme for International Stu-dent Assessment, PISAParis: OECD, 1999, 81 S.ISBN: 92-64-17053-7ISBN: 92-64-17053-1OECD Publications,2 rue André-Pascal,F-75775 Paris Cedex 16,Tel.: (33-1) 45248200,Fax: 49104276,E-Mail: [email protected],URL: http://www.oecd.org/publicationsEN FR

Eltern, Schüler, die Öffentlichkeit und dieTräger von Ausbildungssystemen müssendarüber unterrichtet sein, ob Kinder dieerforderlichen Kenntnisse und Fähigkei-ten erwerben, um Bürger von morgenwerden und ihr ganzes Leben weiterler-nen zu können. Mit Hilfe von internatio-nalen Indikatoren lassen sich die Errun-genschaften in diversen Ländern beschrei-ben, die anderen Ländern möglicherwei-se als Anreiz dienen können. Außerdemkönnen s ie a ls Wegweiser für dasUnterrichtsangebot der Schulen und denLernprozeß der Schüler dienen und Ein-blick in die Stärken und Schwächen derCurricula geben. Dies ist der erste Bandder PISA-Reihe. Er steckt den konzep-tuellen Rahmen ab, der die Grundlage fürdie Bewertung ‚PISA 2000‘ bildet. Er defi-niert die Bereiche Erwerb der Lese-fähigkeit sowie mathematische und wis-senschaftliche Bildung, die im Rahmenvon PISA als die vom Schüler zu erwer-benden Kerninhalte betrachtet werden,die zu durchlaufenden Prozesse und diejeweiligen Zusammenhänge, in denenKenntnisse und Fähigkeiten zur Anwen-dung kommen. Ferner beschreibt er, wel-che Verfahren entwickelt wurden, um si-cherzustellen, daß die Bewertungenländerübergreifend gültig sind, die jewei-ligen Fähigkeiten gut messen können undsich auf authentische Lebenssituationenstützen.

Preparing youth for the 21st century:the transition from education to thelabour market: proceedings of theWashington D.C. Conference, 23-24February 1999Organisation für Wirtschaftliche Zusam-menarbeit und Entwicklung, OECDParis: OECD, 1999, 458 S.ISBN: 92-64-17076-6OECD Publications,2 rue André-Pascal,F-75775 Paris Cedex 16,Tel.: (33-1) 45248200,Fax: 49104276,E-Mail: [email protected],URL: http://www.oecd.org/publications

Diese Veröffentlichung zeigt den Weg fürkünftige Initiativen zur Verbesserung desJugendarbeitsmarktes und der Aus-bildungsergebnisse auf, so wie diese vonpolitischen Entscheidungsträgern undSachverständigen der OECD-Länder aufder Konferenz von Washington „Preparingyouth for the 21st century: the policylessons from the past two decades“ (Vor-bereitung der Jugend auf das 21. Jahrhun-dert – die politischen Lektionen der bei-den letzten Jahrzehnte) vom 23.-24. Fe-bruar 1999 formuliert worden sind. Umein möglichst umfassendes Bild vom ge-genwärtigen Stand zu vermitteln, werdenzunächst die heutigen Herausforderungenaus einer historischen Perspektive herausbetrachtet, indem Bilanz über zwei Jahr-zehnte politischer Maßnahmen zugunstender Beschäftigung von Jugendlichen ge-zogen wird. Dieses Buch gewährt vor al-lem aber auch Einblick in Erfahrungenund politische Fragestellungen in denVereinigten Staaten, Europa und Japan,wobei der Schwerpunkt auf den beson-deren Bedürfnissen benachteiligter Ju-gendlicher liegt. Wer sicherstellen will,daß Jugendliche einen guten Einstieg indie Ausbildung und in die Gestaltung ei-ner erfolgreichen beruflichen Karriere fin-den, wird dieses Handbuch als einenMeilenstein in der Diskussion über dieBeschäftigung von Jugendlichen betrach-ten.

Quality and internationalisationin higher educationOrganisation für Wirtschaftliche Zusam-menarbeit und Entwicklung, OECDProgramme on Institutional Managementin Higher Education, IMHE

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Paris: OECD, 1999, 268 S.ISBN: 92-64-17049-9ISBN: 92-64-27049-3OECD Publications,2 rue André-Pascal,F-75775 Paris Cedex 16,Tel.: (33-1) 45248200,Fax: 49104276,E-Mail: [email protected],URL: http://www.oecd.org/publicationsEN, FR

Dieses Buch erörtert einige Herausforde-rungen für die Qualitätssicherung im Zugeder Internationalisierung und steckt einenRahmen für die Unterstützung von Bil-dungseinrichtungen bei der Planung undÜberprüfung ihrer eigenen Strategien undPolitiken ab. Das sich verändernde poli-tische Umfeld wird mit Hilfe von Beiträ-gen international anerkannter Sachver-ständiger analysiert und durch Fallstudi-en aus Australien, Finnland, Kenia, Mexi-ko, Polen und den Vereinigten Staatenergänzt. Außerdem wird in diesem Buchder ‚Internationalisation Quality ReviewProcess‘ (Verfahren der Qualitätssicherungim Zuge der Internationalisierung) vorge-stellt, ein einmaliges, praktisches Instru-ment für Leiter von Einrichtungen undManager, die ihren Programmen undDienstleistungen eine internationale Di-mension verleihen wollen.

Employment revival in Europe: labourmarket success in Austria, Denmark,Ireland and the NetherlandsAUER, P.Internationale Arbeitsorganisation, IAOGenf: IAO, 2000, 140 S.ISBN: 92-2-110841-4ILO Publications,CH-1211 Genf 22,oder auch von lokalen IAO-Ämternin zahlreichen Ländern,Tel.: (41-22) 7997912,Fax: (41-22) 7998577,E-Mail: [email protected],URL: http://www.ilo.org

Diese innovative Studie beleuchtet diebeeindruckende Erholung der Wirtschaftund der Arbeitsmärkte in vier kleineneuropäischen Ländern: Österreich, Däne-mark, Irland und den Niederlanden. Sieanalysiert deren Erfolg und stellt die hier-für verantwortlichen spezifischen Fakto-ren heraus, insbesondere die Förderung

des sozialen Dialogs und die Einführungkri t ischer makroökonomischer undarbeitsmarktpolitischer Maßnahmen. Wäh-rend das Buch einerseits die Fortschrittebewertet und die noch verbleibenden Pro-bleme in diesen vier Ländern untersucht,vergleicht es andererseits diese Fortschrit-te mit denen anderer Länder der Euro-päischen Union und prüft, inwieweit ähn-liche Politiken und Maßnahmen zur Be-kämpfung der Arbeitslosigkeit und zuFortschritten in Richtung einer Vollbe-schäftigung beitragen könnten. Außerdemweist es auf die Beschäftigungswirksam-keit des Wirtschaftswachstums hin undgibt den Lesern einen fundierten undumfassenden Überblick über die Wirt-schafts- und Arbeitsmarktsituation in deneinzelnen Ländern. Die Studie beleuchtetauch die Gründe für den Erfolg und zeigtauf, daß hochentwickelte Wohlfahrtsstaa-ten in Europa in letzter Zeit eine beacht-liche Anpassungsfähigkeit unter Beweisgestellt haben, was zu Erfolgen auf demArbeitsmarkt geführt hat. Sie enthält ein-schlägige politische Empfehlungen für dieFörderung von weiterem Wachstum undsozialem Fortschritt sowohl in diesen Län-dern als auch in ganz Europa. Der allge-meinen und beruflichen Bildung ist eingesonderter Anhang gewidmet.

Managing vocational training systems:a handbook for senior administratorsGASSKOV, V.Internationale Arbeitsorganisation, IAOGenf: IAO, 2000, 278 S.ISBN: 92-2-110867-8ILO Publications,CH-1211 Genf 22,oder auch von lokalen IAO-Ämternin zahlreichen Ländern,Tel.: (41-22) 7997912,Fax: (41-22) 7998577,E-Mail: [email protected],URL: http://www.ilo.org

In diesem Buch werden die vielfältigenHerausforderungen angesprochen, mitdenen die öffentlichen Programme derberuflichen Bildung und Ausbildung inder ganzen Welt konfrontiert sind. Es bie-tet aktuelles Material und nennt Rahmen-bedingungen für die Koordinierung wich-tiger Verwaltungs- und Strukturreformen.Es schlägt praktische Leitlinien für die Ver-waltung von Haushalt und Finanzen, fürdie Bewertung von Leistungen und für die

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Entwicklung strategischer Betriebspläne,sowie andere wertvolle Methoden undTechniken für einen effizienten Betriebvon beruflichen Bildungs- und Aus-bildungssystemen vor. Das Handbuch istin sechs verschiedene Module unterteiltund bietet unschätzbare Anregungen fürdas Erkennen und Aufgreifen von Signa-len des Arbeitsmarkts und für die Lösunggemeinsamer Probleme bei der strategi-schen Planung. Ferner enthält es hilfrei-che analytische Instrumente für die Be-wertung von Programmen, beschreibt eineStruktur von Finanzierungsmechanismenund gibt einen Überblick über Systemefür die Finanzierung von Berufsbildung,für arbeitsmarktbezogene Berufsbildungund für eine von der Regierung gesteuer-te Finanzierung von Berufsbildung in denUnternehmen. Darüber hinaus steckt dasBuch einen allgemeinen Orientierungs-rahmen für Berufsbildungsträger ab, derihnen helfen soll, die Organisationsstruk-tur, die Personal- und Haushaltsverfahrensowie die Qualitätskontrolle zu verbes-sern.

World trends in adult educationresearchWERNER, M. (Hrsg.)UNESCO Institute of Education, UIEInternational Seminar on World Trends inAdult Education Research, Montreal, Ka-nada, 6.-9. September, 1994Hamburg: UIE, 1999, 280 S.UIE,Feldbrunnennstraße 58,D – 20148 Hamburg,Tel. +49 40 4480410,Fax: +49 40 4107723

Dieses Dokument gibt in drei Abschnit-ten die Beiträge zum Abschluß des ‚Inter-national Seminar on World Trends in AdultEducation Research‘ (internationales Se-minar über Welttrends in der Forschungim Bereich der Erwachsenenbildung) inMontreal wieder. Der erste Abschnitt ent-hält unter anderem zwei Analysen derTrends und Perspektiven in der Forschungim Bereich der Erwachsenenbildung undihrer Auswirkungen auf künftige For-schungsschwerpunkte. Der zweite Ab-schnitt besteht aus regionalen Studien, dieim Rahmen dieser Trendanalyse erstelltwurden, ergänzt durch ausgewählte na-tionale Analysen. Dieser alphabetischaufgebaute Abschnitt beginnt mit zwei

Beiträgen aus Afrika. Nach der Studie überdie arabische Region folgt dann ein drei-teiliger Beitrag aus Asien. Die pan-europäische Erhebung ist ebenfalls in dreiTeile unterteilt: 1) eine regionale Analyseder westeuropäischen Situation, 2) eineAnalyse der mittel- und osteuropäischenLänder und eine Studie über Kanada und3) zwei regionale Analysen, die abschlie-ßend die Situation in Lateinamerika undden Vereinigten Staaten beschreiben. Derdritte und letzte Abschnitt enthält einenzusammenfassenden Bericht über das Se-minar von Montreal.

Getting the stakeholders involved:partnership at work in three countriesfrom Africa, Asia and Eastern EuropeMUNBODH, S.; ATCHOARENA, D. (Hrsg.)International Institute for EducationalPlanning, IIEPOrganisation der Vereinten Nationen fürErziehung, Wissenschaft und Kultur,UNESCO –IIEP research and studies programme (Pa-ris), 1999, 142 S.ISBN: 92-803-1181-6IIEP,7-9 rue Eugène-Delacroix,F-75116 Paris

Partnerschaft wird heutzutage oft als einMittel zur Verbesserung der Steuerung vontechnischen und beruflichen Ausbildungs-systemen betrachtet. Die breite Anerken-nung der Sozialpartner als Schlüsselfigu-ren und das Aufkommen des Konzeptsdes sozialen Dialogs haben in erhebli-chem Maße zu dieser Entwicklung beige-tragen. In vielen Industrieländern ist diePartnerschaft schon seit langem ein wich-tiges Element bei der Gestaltung, Bereit-stellung und Finanzierung von technischerund beruflicher Ausbildung. In zuneh-mendem Maß führen auch die Schwellen-und Reformländer partnerschaftlicheRahmenstrukturen und Instrumente ein,um ihre Berufsbildungssysteme zu verbes-sern und sie stärker auf die Bedürfnissedes Arbeitsmarkts und der Gesellschaftauszurichten. Dieses Buch soll ausführ-lich über spezielle Partnerschaftsprozesseinformieren und anhand der jüngsten Er-fahrungen in Mauritius, Ungarn und Indi-en Überlegungen über eine „nachahmens-werte Praxis“ anstellen. Auch wenn dieseVeröffentlichung keine allgemeinen Ant-worten für eine erfolgreiche Partnerschaft

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liefert, steht zu hoffen, daß sie Vertreternaus der Praxis und politischen Entschei-dungsträgern weiterhilft, die mehr darübererfahren wollen, wie man die Partner-schaft erfolgreich gestalten kann undwelche Risiken und Hindernisse damitverbunden sind.

Lifelong learning in Europe: differ-ences and divisions – Vol 2: strategiesof social integration and individuallearning biographiesWALTHER, A.; STAUBER, B. (Hrsg.)Lifelong learning in Europe, Lissabon, Mai1998Tübingen: Neuling Verlag, 1999, 247 S.Regionale und internationale Sozialfor-schungISBN: 3-922859-51-8

Dieses Buch greift die Diskussion überMöglichkeiten und Grenzen des lebens-begleitenden Lernens auf, die im erstenBand eingeleitet wurde. Es stützt sichebenso wie der erste Band auf die Ergeb-nisse einer europäischen Konferenz inLissabon von 1998. Dieser Band konzen-triert sich auf die Widersprüche der Poli-tik im Bereich des lebensbegleitendenLernens: Flexibilisierung und Individua-lisierung setzen differenzierte Lernmög-lichkeiten entsprechend den individuel-len Bedürfnissen und Zielen, dem sozia-len Status und den biographischen Per-spektiven voraus. Unterschiedliche undtrennende Merkmale werden sowohl theo-retisch als auch anhand konkreter Fall-beispiele zueinander in Beziehung ge-setzt.

Europäische Union:Politiken, Programme,Akteure

Bericht der Kommission an den Rat,das Europäische Parlament, den Wirt-schafts- und Sozialausschuß und denAusschuß der Regionen über dieDurchführung, die Ergebnisse und dieGesamtbewertung des EuropäischenJahres des lebensbegleitenden Ler-nens (1996): vorgelegt gemäß Artikel8 des Beschlusses Nr. 2493/95/EG desEuropäischen Parlaments und des Ra-tes

Europäische KommissionLuxemburg: EUR-OP, 1999, 21 S.(Dokument KOM (99) 447 endg.)ISSN: 0254-1467, deEUR-OP,L-2985 Luxemburgoder von den nationalenEU-Verkaufsstellen,http://eur-op.eu.int/en/general/s-ad.htmKat. Nr.: CB-CO-99-452-DE-CDA, DE, EL, EN, ES, FI, FR, IT, NL, PT,SV)

Seit dem Start der Initiative zugunsten desEuropäischen Jahrs für lebensbegleitendesLernen 1996 hat das Konzept des „lebens-begleitenden Lernens“ in der öffentlichenMeinung und im politischen Diskurs im-mer mehr Anerkennung gewonnen unddie politische Debatte über die Anpassungdes allgemeinen und beruflichen Bil-dungsangebots an eine zunehmend dif-ferenzierte Nachfrage angeregt. Die Kom-mission hat einen Aspekt ausgewählt, derdie Komplementarität und Kontinuitätzwischen der allgemeinen und der beruf-lichen Bildung im Hinblick auf die per-sönliche Entwicklung, die Einbindung derMenschen in die Gesel lschaf t , d ieBeschäftigungsfähigkeit und die wirt-schaftliche Wettbewerbsfähigkeit unter-streicht. Diese Anerkennung kann somitals Zeichen dafür angesehen werden, daßdas Europäische Jahr eine Initiative zumrichtigen Zeitpunkt war, die zu einergrundlegenden Veränderung der Gesell-schaft und der Einstellungen beigetragenhat und damit zurecht den Anspruch aufeine der erfolgreichsten Initiativen in die-sem Bereich erheben kann.

Lifelong learning: the contribution ofeducation systems in the memberstates of the European UnionBildungsinformationsnetz der Europäi-schen Gemeinschaften, EURYDICEBrüssel: Eurydice, 2000, 163 S.ISBN: 2-87-116-294-8, enISBN: 2-87116-295-6, frEuropäische KoordinierungsstelleEURYDICE,15 rue d’Arlon,B-1050 Brüssel,Tel.: (32 2) 2383011,Fax: (32 2) 2306562,E-Mail: [email protected],URL: http://www.eurydice.orgEN, FR, PT

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Die Lerngesellschaft kommt nicht auf unszu, sondern gehört bereits zu unseremAlltag. Lebensbegleitendes Lernen ist ei-ner der wichtigsten Grundsätze der Euro-päischen Union, die sich um eine Verstär-kung der europäischen Zusammenarbeitin diesem Bereich bemüht. Die für Aus-bildung und Berufsbildung zuständigenMinister in den europäischen Ländern ha-ben beschlossen, ihre Politik an diesemZiel auszurichten, doch wurde noch nichtverbindlich festgelegt, wie dies in die Pra-xis umgesetzt werden soll. Das Konzeptdes lebensbegleitenden Lernens wurdesehr rasch als selbstverständlich betrach-tet und als eine fest verankerte Strategiegepriesen. Jetzt geht es demnach um dieFrage, wie dieses Konzept institutionali-siert werden soll. Die von Eurydice zwi-schen Oktober 1999 und März 2000 durch-geführte Untersuchung zieht Bilanz überdie Maßnahmen und Politiken, die die Re-gierungen der 15 Mitgliedstaaten durch-geführt haben, um jedem Bürger die Be-teiligung am lebensbegleitenden Lernenin jedem Alter zu ermöglichen. Nach ei-nem Rückblick auf die Begründung unddie weitere Entwicklung des Konzepts,analysiert die Studie anschließend dieMaßnahmen, die auf allen Ebenen desBildungssystems ergriffen wurden (Vor-schule, schulpflichtige Jahre, höhereSekundarbildung und Hochschulbildungsowie Erwachsenenbildung). Die Ergeb-nisse machen deutlich, daß alle Mitglied-staaten das Ziel des lebensbegleitendenLernens dazu nutzen, um den von ihnenjetzt durchgeführten Reformen die erfor-derliche Lebendigkeit und Zweckmäßig-keit zu verleihen. Beim Umgang mit demKonzept treten jedoch Unterschiede auf,was weitgehend mit den Besonderheitender jeweiligen Systeme zusammenhängt.Dennoch lassen sich unabhängig von derbetreffenden Ausbildungsebene vergleich-bare Trends feststellen: Verbesserung,Verbreitung und Diversifizierung des An-gebots, Bekämpfung des Schulversagens,Einsatz der neuen Informations- und Kom-munikationstechnologien, Aufbau derZusammenarbeit innerhalb und außerhalbdes Bildungssystems, Steigerung der Fle-xibilität und Erhöhung der Transparenz,usw. Die Untersuchung stützt sich auf In-formationen, die von jedem einzelnenLand im Zuge einer Arbeitspartnerschaftzwischen den nationalen Stellen desEURYDICE-Netzes und den zuständigenMinisterialabteilungen zusammengetragen

wurden. Ihre Ergebnisse basieren somitauf zuverlässigen Informationen aus er-ster Hand.ttp://www.eurydice.org/Documents/LLL/EN/ENQUETE_2_EN.pdfDokument kann heruntergeladen werden.

Deregulation in placement services: acomparative study for eight EU coun-triesDE KONING, J. (Koord.); DENYS, J.;WALWEI, U.Europäische Kommission – GD V Luxem-burg: EUR-OP, 1999, 67 S.ISBN: 92-828-6850-8, enEUR-OP,L-2985 Luxemburg,oder von den nationalenEU-Verkaufsstellen,http://eur-op.eu.int/en/general/s-ad.htmKat. Nr.: CE-21-99-860-EN-CEN

Bis in die 90er Jahre wurde die Vermitt-lung von Arbeitsplätzen als eine Aufgabedes Staates betrachtet, bei der das öffent-liche Arbeitsamt die Hauptrolle zu spie-len hatte. Unter dem Einfluß der allge-meinen Tendenz hin zu Deregulierungund Privatisierung und insbesondere inFolge der Kritik an der Leistung der öf-fentlichen Arbeitsämter veränderte sichdies. In vielen Ländern wurde das Mono-pol der öffentlichen Arbeitsämter bei derArbeitsplatzvermittlung in der ersten Hälf-te der 90er Jahre abgeschafft. Darauf folg-te häufig eine weitere Liberalisierung desMarktes der Arbeitsvermittlungsdienste.Gestützt auf nationale Berichte über 8Länder (Österreich, Belgien, Dänemark,Finnland, Deutschland, die Niederlande,Schweden und das Vereinigte Königreich),versucht dieser zusammenfassende Be-richt eine Reihe von allgemeinen Schluß-folgerungen über die Deregulierung vonArbeitsvermittlungsdiensten zu ziehen.Diese acht Länder wurden ausgewählt,weil die Deregulierung dort eine wichti-ge oder potentiell wichtige Entwicklungbei den Arbeitsvermittlungsdiensten dar-stellte. Die wichtigste Schlußfolgerunglautet, daß in diesen Ländern die priva-ten Arbeitsvermittlungsagenturen nur inden Niederlanden und im Vereinigten Kö-nigreich (sowie in der flämischen Gemein-schaft in Brüssel) einen hohen Marktan-teil erreicht haben.http://www.europa.eu.int/comm/dg05/

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publicat/employment/deregulation_en.pdf DownDokument kann heruntergeladen werden.

Erhebung zur Sozioökonomischen Si-tuation von ERASMUS-StudierendenKommission der Europäischen Gemein-schaften Luxemburg: EUR-OP, 2000, Do-kument KOM (2000) 4 endg., 2000, 82 S.ISSN: 0254-1467, deEUR-OP,L-2985 Luxemburgoder von den nationalenEU-Verkaufsstellen,http://eur-op.eu.int/en/general/s-ad.htmKat. Nr.: KT-CO-00-014-DE-CDA, DE, EN, ES, FI, FR, IT, NL, PT, SV

Im Zuge der Prüfung des Haushalts desersten Sokrates-Programms forderte dasEuropäische Parlament die EuropäischeKommission auf, einen Bericht über densozialen und wirtschaftlichen Hintergrundder am Programmabschnitt ERASMUS teil-nehmenden Hochschulstudenten vorzule-gen. Daraufhin richtete die Kommissiongemeinsam mit den nationalen ERASMUS-Stellen einen Mechanismus zur Erfassungvon Informationen ein: eine repräsentati-ve Umfrage unter ERASMUS-Studenten,die 1997/98 am Programm teilgenommenhatten. Das Programm, das 1987/88 mitdem Austausch von 3 000 Studenten be-gann und heute diese Möglichkeit mehrals 1 000 000 Studenten bietet, wird anden Hochschulen ganz Europas hochge-schätzt und wird derzeit auf viele mittel-und osteuropäische Länder ausgedehnt.Den Austauschstudenten vermittelt es vie-le verschiedene Erfahrungen, nicht nurbildungsmäßiger Art. Aus den Umfrage-ergebnissen geht deutlich hervor, welcheBedeutung Studienzeiten im Ausland bei-gemessen wird und welche Wirkung dasProgramm hat – was die wichtige Rolleder Gemeinschaftsprogramme im Bereichallgemeine und berufliche Bildung undJugend bestätigt.

Die europäische Beschäftigungsstra-tegie: In Menschen investieren, mehrund bessere Arbeitsplätze schaffenEuropäische Kommission – GD VLuxemburg: EUR-OP, 1999, 10 S.EUR-OP,L-2985 Luxemburgoder von den nationalen

EU-Verkaufsstellen,http://eur-op.eu.int/en/general/s-ad.htmDA, DE, EN, ES, FI, FR, IT, NL, PT, SV

Europa ist es nicht gelungen, eines sei-ner Schlüsselziele zu verwirklichen, näm-lich die Schaffung von Beschäftigungs-möglichkeiten für alle. Allen Mitglied-staaten sind die unterschiedlichen Facet-ten dieser gemeinsamen Herausforderungbekannt, die eine große Zahl von Men-schen in Europa der Möglichkeit beraubt,sich Wohlstand zu verschaffen und in denGenuß des ihnen zustehenden Anteils amWohlstand zu kommen. 16,5 MillionenMenschen suchen vergeblich nach einemArbeitsplatz. Mehr als die Hälfte der Ar-beitslosen sind seit mehr als einem Jahr,ein Drittel von ihnen seit mehr als zweiJahren ohne Arbeit. Diese Situation ver-ringert die Beschäftigungsfähigkeit derMenschen und verschärft gleichzeitig dasProblem der sozialen Ausgrenzung. DieArbeitslosigkeit trifft vor allem Personen,die auf einem Arbeitsmarkt, auf dem dieWettbewerbsfähigkeit oberste Prämisse ist,ohnehin schon benachteiligt sind. DieArbeitslosigkeit bringt hohe soziale Ko-sten für die betroffenen Personen undhohe wirtschaftliche Kosten für die Ge-sellschaft mit sich.http://europa.eu.int/comm/dg05/empl&esf/empl2000/invest_de.pdfDokument kann heruntergeladen werden.

Modernisation of Europe and the roleof the social partnersLARSSON, A.Europäische Kommission – GD VBrüssel: Europäische Kommission – GDV, 1999, 10 S.Presidency Conference on the SocialDialogue, Helsinki, 2/11/99Europäische Kommission,GD V,200, rue de la Loi,B-1049 BrüsselEN

Auf der Konferenz der Präsidentschaftüber den sozialen Dialog in Helsinki er-läuterte der Generaldirektor der GD Be-schäftigung und Soziale Angelegenheitendie Rolle der Sozialpartner. Beim sozia-len Dialog geht es darum, bessere Vor-aussetzungen für die Bewältigung vonVeränderungen im privaten wie im öffent-lichen Sektor zu schaffen. Die enorme

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Vielfalt der Veränderungen und der neu-en Bedingungen, die das Arbeitslebenbestimmen – von technologischen Neue-rungen bis hin zu Verbraucherpräferen-zen, von demographischen Veränderun-gen bis hin zu einem neuen Geschlechter-profil der Arbeitskräfte – sind in den pri-vaten und den öffentlichen Sektoren weit-gehend identisch. Der soziale Dialog muß

sich den Herausforderungen stellen, mitdenen ihn die europäische Modernisie-rungsagenda konfrontiert, wenn wir alleim nächsten Jahrhundert vom wirtschaft-lichen und sozialen Fortschritt profitierenwollen.http://europa.eu.int/comm/dg05/speeches/991102alb.docDokument kann heruntergeladen werden.

Aus den Mitgliedstaaten

Beleidsnotawerkgelegenheid 2000 – 2004

Vlaams minister Werkgelegenheid enToerismeBrüssel: Vlaams minister Werkgelegenheiden Toerisme, 2000, 197 S.Vlaams minister Werkgelegenheiden Toerisme,Koolstraat 35,B – 1000 Brüssel

Diese Abhandlung über die zu verfolgen-de Politik stellt eine konkretere Fassungder grundlegenden Optionen dar, die inder Regierungsvereinbarung für den Zeit-raum 2000-2004 dargelegt sind. Wie es füreine solche Abhandlung typisch ist, wer-den darin die großen strategischen Wahl-möglichkeiten und Optionen im Bereichder Beschäftigung und im gleichen Zu-sammenhang im Bereich der Berufsbil-dung für die gesamte Amtszeit der Regie-rung dargelegt. Sie gibt die Ideen deszuständigen Ministers wieder und bildetdie Grundlage für eine Debatte im Flämi-schen Parlament. Die Durchführungs-maßnahmen werden gegebenenfalls derflämischen Regierung oder dem flämi-schen Parlament zur Annahme vorgelegt.

Oudereneducatie en lokaal beleidVlaams Centrum voor Volksontwikkeling,VCVOVorming (Brüssel) 1,2000, S. 10 – 11ISSN: 0773-6150

Dieser Artikel verweist auf den Studien-tag vom 14. Dezember letzten Jahres, an-läßlich dessen die für Berufsbildung zu-ständige Konzertierungsgruppe und dasFlämische Zentrum für Sozialentwicklungin Zusammenarbeit mit dem für die Aus-bildung älterer Menschen zuständigen

FOREM eine Konferenz zum Thema Aus-bildung älterer Menschen und lokale Po-litik organisierten. Die Ausbildung derälteren Menschen ist eine Ausbildungs-form, die unter anderem auf eine sozialeBeteiligung der älteren Menschen, diePrävention und die persönliche Entfaltungausgerichtet ist und zu einer längerenTeilhabe der älteren Menschen am gesell-schaftlichen Leben beitragen kann.

Arbeitsprogramm 1999des Bundesinstituts

für BerufsbildungBOTT, P. (Zusammenst.)Bundesinstitut für Berufsbildung, BIBBBielefeld: Bertelsmann Verlag, 1999, 224 S.ISBN: 3-88555-663-4

Das Arbeitsprogramm enthält neben ei-ner Darstellung des Bundesinstituts fürBerufsbildung (BIBB) als Forschungs- undDienstleistungseinrichtung für die beruf-liche Bildung die Forschungsprojekte für1999, die drei Forschungsprioritäten zu-geordnet sind. Es handelt sich um 43 Pro-jekte, darunter acht internationale, diedurch Dritte finanziell gefördert werden,sowie 59 Vorhaben. Es wird über die in-haltlichen Schwerpunkte, die Forschungs-ziele, den Zeitrahmen sowie die An-sprechpartner im BIBB informiert. EinSchlagwortverzeichnis und ein Organi-gramm des BIBB vervollständigen diePublikation.

Berufliche Eingliederung: zur Ent-wicklung einer erziehungswissen-schaftlichen Theorie des beruflichenVerbleibsZIMMERMANN, M.München: Hampp, 1999, IX, 281 S. + Bibl.

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(Wirtschaftspädagogische Studien zur in-dividuellen und kollektiven Entwick-lung, 2)ISBN: 3-87988-379-3

Der Autor untersucht die Frage: In wel-chem Maße beeinflußt die berufliche Aus-und Weiterbildung die Art und Qualitätdes beruflichen Verbleibs des Absolven-ten? Im Mittelpunkt steht die Ausarbeitungund empirische Überprüfung eines Kon-zepts. Zusätzlich werden Perspektiven fürdie weitere Erforschung des Zusammen-hangs zwischen Berufserziehung und be-ruflicher Eingliederung aufgezeigt. DieArbeit ist für jene von Interesse, die sichin Wissenschaft, Politik und Praxis mit derIntegration der jungen Generation in dasBeschäftigungswesen befassen.Dissertation, Universität Mannheim, 1998

Berufserziehung und sozialer WandelSTRATMANN, K.; PAETZOLD, G.;WAHLE, M.Frankfurt/Main: Gesellschaft zur Förde-rung Arbeitsorientierter Forschung undBildung, 1999, 677 S. + Bibl.ISBN: 3-925070-25-7

Die Gesamtkonzeption der mehr als drei-ßigjährigen berufspädagogisch-histori-schen Forschung Karlwilhelm Stratmannsbesteht darin, die Aktualität ausbildungs-geschichtlicher Analysen deutlich zu ma-chen. Es zeigt sich, daß Berufsbildungs-geschichte eine Dimension hat, die dieSpannungen zwischen dem Berufsbil-dungs- und dem gesellschaftlich-politi-schen System offenbart. Einer Aufsatz-sammlung über „Berufserziehung in derständischen Gesellschaft“ folgen Analysender „Berufserziehung im 19. Jahrhundert“sowie der „Berufsausbildung im 20. Jahr-hundert“. Beiträge zur „Berufspädagogikals erziehungswissenschaftliche Disziplin“runden den Sammelband ab.

Bildungscontrolling: Ein Konzept zurOptimierung der betrieblichen Weiter-bildungsarbeitKREKEL, E.Bundesinstitut für Berufsbildung, BIBBBielefeld: Bertelsmann,1999, 112 S. + Bibl.(Berichte zur beruflichen Bildung, 233)ISBN: 3-7639-0887-0

Veränderungen in Technik und Wirtschaftbedingen neue Organisat ions- undProduktionsstrukturen und erfordernhochqualifiziertes Personal. Die Unterneh-men setzen zunehmend Bildungscontrol-ling ein als Instrument zur Planung undSteuerung der betrieblichen Weiterbil-dungsprozesse sowie zur Optimierungihrer Effektivität und Effizienz. Die Bei-träge erörtern verschiedene Aspekte desBildungscontrolling, zeigen Umsetzungs-beispiele aus der betrieblichen Praxis aufund bieten einen Ausblick auf neue Her-ausforderungen für das Weiterbildungs-controlling.

Educación y formación a laspuertas del siglo XXI:

la formación continua en EspañaCACHON RODRIGUEZ, L.; MOLSOSA IPUJAL, J.Madrid: Editorial Complutense,1999, 411 S.ISBN: 84-89784-67-1

Eine Zusammenstellung von Berichten,die auf dem Kolloquium der UniversidadComplutense de Madrid zum Thema ‚All-gemeine und berufliche Bildung in Spa-nien an der Schwelle zum 21. Jahrhun-dert‘ vorgelegt wurden. Dieses Kolloqui-um fand vom 3. bis zum 7. August 1999in San Lorenzo del Escorial statt und wur-de von der Fundación para la FormaciónContínua (FORCEM), der Stiftung für be-rufliche Weiterbildung, gesponsort. Zieldieses Kolloquiums war es, die Haupt-prioritäten für die berufliche Weiterbil-dung in Spanien aufzuzeigen und, ausge-hend davon, festzulegen, welche Maßnah-men innerhalb des neuen, durch dasZweite Nationale Berufsbildungspro-gramm geschaffenen Rahmens für Berufs-bildung zu ergreifen sind. Die Berichts-sammlung umfaßt sechs Teile. Der ersteTeil, „Ausbildung, Berufsbildung und Ler-nen in der Wissensgesellschaft“, analysiertAusbildungs- und Beschäftigungspoliti-ken, insbesondere den Beschäftigungs-plan und das LOGSE (das allgemeineBildungsgesetz). Im zweiten Teil, „Berufs-bildung und Organisationen der Sozial-partner“, sind nationale Übereinkommenüber berufliche Weiterbildung aufgeführt,in denen die Auffassungen der für Be-schäftigung und Ausbildung zuständigenVerwaltungen sowie der Gewerkschaftenund der Arbeitgeberorganisationen vom

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Zweiten Nationalen Berufsbildungs-programm zum Ausdruck kommen. Derdritte Teil ist der beruflichen Weiterbil-dung in Spanien, vor allem der Verwal-tung und den Maßnahmen von Seiten derFORCEM, gewidmet. Der vierte Teil,„Berufsbildungspolitiken und soziale Har-monie“, enthält Berichte aus dem Umkreisder Sektoren und Gebiete der FORCEMsowie eine Bewertung der ersten natio-nalen Übereinkommen über beruflicheWeiterbildung. Der fünfte Teil befaßt sichmit der „Europäischen Dimension derBerufsbildung“ und konzentriert sich aufdie Reform der Strukturfonds, auf denVerlauf bestimmter EU-Initiativen in Spa-nien (OPTIMA I und II) und auf die Vor-stellungen der Gewerkschaften und derArbeitgeber von den jüngsten industriel-len Veränderungen. Der letzte Teil, „NeueRealitäten in der beruflichen Weiterbil-dung – Praktiken und Projekte“, beinhal-tet einige Experimente, die in diesemBereich durchgeführt wurden. Das Pro-gramm des Kolloquiums ist in einem An-hang enthalten.

Technical and vocationaltraining in the perspective

of a lifelong education: the contribu-tion of the French Commission forUNESCOCommission Nationale Francaise, CNF –Französische UNESCO-KommissionOrganisation der Vereinten Nationen fürErziehung, Wissenschaft und Kultur,UNESCOSecond International Congress on Tech-nical and Vocational Education, Seoul,Republik Korea, 26.-30. April 1999Paris: UNESCO, 1999, 22 S.EN

Dieses Dokument wurde für den ‚SecondInternational Congress on Technical andVocational Education‘ (Zweiter Internatio-naler Kongreß über technische und be-rufliche Bildung), der für den 26.-30. April1999 in Seoul anberaumt war, ausgearbei-tet. Es stellt den Beitrag der französischenUNESCO-Kommission dar. Die Erfahrun-gen Frankreichs im Unterrichtswesen undin der Berufsbildung und die neuen Per-spektiven am Vorabend des 21. Jahrhun-derts sind repräsentativ für eine Entwick-lung, die in den 80er Jahren einsetzte undgroße Hoffnungen für die Systeme derAusbildung und der beruflichen Erst- und

Weiterbildung mit sich brachte. Heutzu-tage müssen sich die Bürger bewußtma-chen, daß jeder Weg, der Berufsbildungerfordert, bei der Suche nach einem Ar-beitsplatz weiterhilft, jedoch keineswegseine Garantie dafür bietet, daß man ei-nen Arbeitsplatz findet und behalten kann.Die Berufsbildung muß ein Instrument fürsozialen Aufstieg, ein Instrument für dieAnpassung an neue Technologien bleibenbzw. erneut zu einem solchen Instrumentwerden.

Formation professionnelle initiale etcontinue en Europe: visa pour l’ave-nir: une étude CEREQ-Elf AquitaineAVENTUR, F. (Hrsg.); MOBUS, M. (Hrsg.);VERGNE, J.L. (Hrsg.)Elf Aquitaine, Direction des RessourceshumainesCentre d’études et de recherches sur lesqualifications, CEREQ Paris: MagnardVuibert Multimédia, 1998, 376 S.ISBN: 2-8434-8031-0

Diese Studie wurde in den elf Ländern,in denen Elf Aquitaine niedergelassen ist,durchgeführt. Ausgehend von einer Be-schreibung der nationalen Berufsbildungs-systeme analysiert der erste Teil, welchenStellenwert die berufliche Weiterbildungin den einzelnen Ländern in diesen Sy-stemen einnimmt. Der zweite Teil bieteteinen Querschnitt durch die in den na-tionalen Dokumenten enthaltenen Infor-mationen. Dabei werden nacheinanderfolgende Punkte behandelt: die Organi-sation und die Akteure der beruflichenErstausbildung, die Dynamik dieser Sy-steme (Entwicklung der Nachfrage, Re-formpolitik und berufliche Eingliederung),das Berufsbildungsniveau der Erwerbstä-tigen, die berufliche Weiterbildung (Prak-tiken und Regelungen für die Berufsbil-dung von Arbeitnehmern).

Aikuiskoulutus Suomessaja muualla Euroopassa.

[Erwachsenenbildung in Finnland und inanderen europäischen Ländern]RAHIKAINEN, M.Government Insti tute for EconomicResearchGovernment Insti tute for EconomicResearch. Discussion Papers (Helsinki),192, 1999, 57 S.ISSN: 0788-5016ISBN: 951-561-271-3

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Government Institute for EconomicResearch,P.O. Box 269,FIN-00531 Helsinki

Diese Veröffentlichung gibt einen Über-blick über Trends in der Erwachsenenbil-dung in den 90er Jahren. Aufgeführt sindunter anderem Schlüsselzahlen zu denöffentlichen Kosten der Erwachsenenbil-dung, der Beteiligung an der Erwachse-nenbildung und dem Umfang des Aus-bildungsangebots. Zu den Zielen der Er-wachsenenbildung gehören beispielswei-se die Anpassung an die wissens-orientierte Wirtschaft und die raschentechnologischen Veränderungen, die Neu-verteilung der Ausbildung innerhalb desLebenszyklus, die Förderung aktiverPolitiken und der soziale Zusammenhalt.Zu den Errungenschaften der Erwachse-nenbildung ist zu zählen, daß sie Erträgeaus der arbeitsmarktbezogenen Ausbil-dung und Berufsbildung und der betrieb-lichen Ausbildung erwirtschaftet und pri-vate Rückflüsse aus der Erwachsenenaus-bildung und gesellschaftlich Rückflüsseaus dem lebensbegleitenden Lernen er-möglicht hat. Neben den charakteristi-schen Merkmalen und der Motivation derTeilnehmer wird auch die Frage der Ak-kumulation von Ausbildung erörtert.

Ammatillinen koulutus 2010:työvoiman tarve vuonna 2010 jaammatillisen koulutuksen mitoitus[Berufsbildung 2010: Arbeitskräftebedarf2010 und die quantitative Planung derBerufsbildung]AUTIO, V.Opetushallitus, OPH – Finnisches Zentral-amt für UnterrichtswesenHelsinki: Hakapaino Oy, 1999, 290 S.ISBN: 952-13-0518-5Opetushallitus, Library, Hakaniemenkatu2, FIN-00530 Helsinki

In dieser Veröffentlichung geht es um diequantitative Voraussage der Berufsbil-dung. Ausgangspunkt ist der geschätzteArbeitskräftebedarf im Jahr 2010. Die Ver-öffentlichung enthält eine umfangreicheSammlung von Hintergrundmaterial sowieeine ausführliche Beschreibung derArbeitskräfteentwicklung und der Com-putergrundsätze und –methoden für dieBerechnung des Bedarfs an Berufsbil-dung.

Ammatillisen koulutuksen arvostusEuroopassa ja Suomessa: ammattiin jajatko-opintoihin toiselta asteelta[Ansehen und Qualität der beruflichenErstausbildung in Finnland und Europa:Wege von der höheren Sekundaraus-bildung zur Beschäftigung und zur wei-terführenden Ausbildung].LASONEN, J. (Hrsg.)Jyväskylä UniversityKoulutuksen tutkimuslaitos.Tutkimusselosteita (Jyväskylä) 6,1999, 292 S.ISSN: 1456-5153ISBN: 951-39-0566-7IER, P.O. Box 35 (Freda),FIN-40351 Jyväskylä,Tel.: (358-14) 2601211,Fax: (358-14) 2603201,URL: http://www.jyu.fi/tdk/ktl/index2.html

Diese Veröffentlichung stellt den Ab-schlußbericht für ein nationales Projektmit dem Titel „Förderung des Ansehensder beruflichen Bildung und Ausbildung“dar, der über die Ergebnisse zweier um-fangreicher Projekte im Rahmen des Pro-gramms Leonardo da Vinci, nämlich ‚Stra-tegien nach 16‘ und INTEQUAL, informie-ren soll. In den beiden Projekte wurdeuntersucht und analysiert, welche Zielebei den Reformen in der höherenSekundarausbildung in Europa verfolgt,welche Strategien eingesetzt, welche Ent-wicklungsprojekte gestartet und welcheVerbindungen zu Beschäftigung und wei-terführender Ausbildung geschaffen wur-den. Ferner wurden eine Reihe von inno-vat iven Systemen zum Erwerb vonDoppelqualifikationen miteinander vergli-chen. Die Veröffentlichung enthält 16 Ar-tikel von verschiedenen Autoren.

Benchmarking ammatillisen aikuis-koulutuskeskuksen toiminnan kehit-tämisen välineenä[Benchmarking als Entwicklungswerkzeugin einem Berufsbildungszentrum für Er-wachsene]KULMALA, J.University of TampereActa Universitatis Tamperensis (Tampere)663, 1999ISSN: 1455-1616ISBN: 951-44-4569-4University of Tampere,Publications Sales, P.O. Box 617,FIN-33101 Tampere

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Mit Hilfe der dieser Doktorarbeit zugrun-deliegenden Forschung sollte ermitteltwerden, wie Berufsbildungszentren fürErwachsene durch den Einsatz desBenchmarking weiterentwickelt werdenkönnen. Die Forschung enthält sowohlquantitative als auch qualitative Aspekte.Ziel war es, herauszufinden, welche Auf-fassung die Mitarbeiter von Berufsbil-dungszentren für Erwachsene vomBenchmarking haben und über welcheErfahrungen sie in diesem Bereich verfü-gen. Neben dem Benchmarking konzen-trierte sich die Forschung auch auf einigeindividuelle und organisatorische Fakto-ren, die Voraussetzungen für das Bench-marking sind.

Astonishing success:economic growth

and the labour market in IrelandO’CONNELL, P.Internationale Arbeitsorganisation IAO –Employment and Training DepartmentGenf: IAO, 1999, 77 S.; Bibl.(Employment and training papers, 44)ISSN: 1020-5322;ISBN: 92-2-111756-1Lokale IAO-Ämteroder direkt vonILO Publications,International Labour Office,CH-1211 Genf 22,http://www.ilo.orgEN

Diese Studie über den Arbeitsmarkt Ir-lands ist Teil einer Reihe von Studien, indenen Länder mit beeindruckenden Er-folgen auf dem Arbeitsmarkt untersuchtwerden. Die anderen europäischen Län-der sind Österreich, Dänemark und dieNiederlande. Die irische Volkswirtschaftwurde in den letzten zehn Jahren von ei-nem Staat mit geringen Wachstumsratenin eine außerordentlich leistungsfähigeVolkswirtschaft verwandelt. Seit 1993wuchs die Wirtschaft jährlich um mehr als8 %, die Beschäftigung nahm jedes Jahrum 4 % zu und die Arbeitslosigkeit gingvon 17 % 1993 auf weniger als 8 % 1998zurück. In dieser Studie werden die wich-tigsten Trends auf dem Arbeitsmarkt imZeitraum 1981-1998 ausführlich dargelegt.Es wird auf die verteilungspolitischenKonsequenzen des Erfolgs in der Wirt-schaft und auf dem Arbeitsmarkt einge-gangen und aufgezeigt, daß das rasche

Wachstum mit zunehmender Armut undniedrig bezahlter Arbeit einhergeht unddaß es immer noch Hindernisse für dieBeteiligung von Frauen an bezahlter Ar-beit gibt. In dem Bericht wird untersucht,welchen Beitrag die Sozialpartner in Ir-land zu dem wirtschaftlichen Erfolg desLandes geleistet und welche anderen Fak-toren zu diesem Erfolg beigetragen ha-ben. Hierzu gehören unter anderem diefinanzielle Unterstützung aus dem ESF, diedemographische Struktur und das Bil-dungssystem.

Hva er yrkesetikk?:Om sammenhengen

mellom yrkes- og profesjonsdidak-tikk, yrkeskunnskap og yrkesrelevantforskning.[Was ist Berufsbildungsdidaktik? Über dasVerhältnis zwischen Berufsbildungs- undprofessioneller Didaktik, Berufsbildungs-wissen und berufsbildungsrelevanter For-schung]HIIM H; HIPPE EUniversitetsforlagetNorsk Pedagogisk Tidsskrift (Oslo) 3,1999, 7 S.Universitetsforlaget,P. O. Box 2959 Tøyen,N-0608 Oslo

In diesem Artikel erörtern die beiden Au-toren – beide Lehrer und Forscher im Be-reich der Berufsbildung – Fragen, die sichaus einem neuen, praktisch-pädagogischenAusbildungsprogramm für Lehrer ergeben.Das Programm umfaßt 1/2 Jahr (10 Wo-chen) an Berufsbildungsdidaktik; in demArtikel werden die Querverbindungen, dieGemeinsamkeiten und Unterschiede zwi-schen Berufsbildungsdidaktik, allgemeinerDidaktik und themenbezogener Didaktikuntersucht. Außerdem argumentieren dieAutoren, daß die Berufsbildungsdidaktikin engem Zusammenhang zur beschäfti-gungsrelevanten Kenntnisentwicklung und-forschung gesehen und danach ausgerich-tet werden muß. Zwei Fragen bilden dieGrundlage für die Diskussion: 1. In wel-chen Punkten unterscheidet sich dieBerufsbildungsdidaktik von der allgemei-nen und der themenbezogenen Didaktik?Gibt es einen Zusammenhang zwischenden verschiedenen Auffassungen vonBerufsbildungsdidaktik einerseits und denverschieden Forschungsauffassungen an-dererseits?

IRL

NO

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Internationalising the curriculum forvocational education: problems andpossibilities.NORDKVELLE, Y.; FAUSKE, H.European Journal of Intercultural Studies(Basingstoke) 10/1, 1999, S. 105-121ISSN: 0952-391XCarfax Publishing Company,P.O. Box 25, Abingdon,UK-Oxfordshire OX14 3UE,Tel.: (44-1235) 401000,Fax: (44-1235) 401550,E-Mail: [email protected],URL: http://www.carfax.co.uk

In diesem Dokument geht es um die Dis-krepanz zwischen den erklärten Zielender nationalen Berufsbildungs-Curricula inNorwegen, den Schülern Werte wie „In-ternationale Mitverantwortung“ zu vermit-teln, und der gescheiterten Strategie zurUmsetzung dieser Ziele im Curriculum. Indem Dokument werden die möglichenGründe für vorhandene negative Einstel-lungen gegenüber Immigranten sowieFördermaßnahmen unter den Berufs-schülern, insbesondere den männlichenSchülern, untersucht. Ferner wird der Teildes historischen und soziologischen Hin-tergrunds der Berufsbildungs-Curriculabeschrieben, der für diese Fragen rele-vant ist. Dem Dokument zufolge ist esdringend notwendig, bei der Erstellungvon Curricula dafür zu sorgen, daß die„Internationale Mitverantwortung“ inner-halb des Berufbildungskontextes verwirk-licht werden kann. Hierzu werden einigeVorschläge unterbreitet.

NOU 1999-17: Realkompetanse i høgreutdanning: Dokumentasjon av real-kompetanse og etablering av kortereog tilpassede studieløp i høgre utdan-ning[NOU 1999-17: Informelle Kompetenz inder Hochschulbildung: Erfassung infor-meller Kompetenzen und Einführung ei-ner kürzeren und zielgerichteten Berufs-bildung]Kirke- , utdannings- og forsknings-departementet, KUFOslo: KUF, 1999, 56 S. + AnhängeAkademika AS, Møllergata 17,P.O. Box 8134 Dep,N-0033 Oslo

Dieses Grünbuch wurde von einem öf-fentlichen Ausschuß, bestehend aus Ver-

tretern der Privatindustrie, der öffentli-chen Behörden und der Sozialpartner,erstellt, die vom Ministerium für Bildung,Forschung und Kirchenangelegenheitenernannt wurden. Mit dem Ziel der Vorbe-reitung auf die geplante „Kompetenz-reform“ prüft der Ausschuß die Möglich-keit der Erfassung informeller Kompeten-zen, einschließlich von Kriterien für dieAnerkennung von Fähigkeiten, Antrags-ver fahren und Durchführungsmaß-nahmen. Darüber hinaus erörtert der Aus-schuß den Status, der den so erfaßten in-formellen Kompetenzen in der Hoch-schulbildung in Bezug auf Zulassung,Anrechnung von Punkten und Dauer derBerufsbildung eingeräumt werden kann.http://odin.dep.no/nou/1999-17Anmerkung: Elektronische Adresse desTextes.

Estimation in a durationmodel for evaluating

educational programsBRÄNNÄS, K.Umeå University. Departmentof EconomicsUmeå: Umeå universitet 2000, 23 S.(Umeå economic studies, 2000 (521))ISSN: 0348-1018Umeå university,Department of Economics,S-901 87 Umeå

Dieses Dokument konzentriert sich aufSchätztechniken zur Bewertung einesAusbildungsprogramms im Hinblick aufdie anschließende Dauer von Arbeitslo-sigkeit bzw. Beschäftigung. Im Mittel-punkt dieser empirischen Arbeit steht dergesamte Zeitraum, in dem die betreffen-den Personen nach einer Teilnahme ander schwedischen Initiative für Erwach-senenbildung nicht als arbeitslos gelten.Bei dieser Initiative handelt es sich umein 1997 eingeleitetes fünfjähriges Bil-dungsprogramm für Erwachsene, das inerster Linie auf arbeitslose Erwachseneausgerichtet ist, die keine dreijährigeSekundarausbildung durchlaufen haben.

New Deal and ethnicminority participants

MOODY, A.Labour Market Trends (London) 108/2,2000, S. 77-82ISSN: 1361-4819

SE

UK

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ISBN: 0-11-621223-3Stationery Office Publications Centre,Subscriptions Department,P.O. Box 276, UK – London SW8 5DT,www.the-stationery-office.co.uk

Der ‚New Deal‘ für arbeitslose Jugendli-che, das als beispielhaft gepriesene Re-gierungsprogramm „Berufsbildung mitdem Ziel der Beschäftigung“, läuft landes-weit seit 1998; bisher haben sich 380 000Jugendliche im Alter zwischen 18 und 24,einschließlich von mehr als 50 000 Teil-nehmern von ethnischen Minderheiten,dem Programm angeschlossen. In diesemArtikel werden die charakteristischenMerkmale der Teilnehmer ethnischer Min-derheiten beim Eintritt in das Programmbeschrieben und ihre Fortschritte im Ver-laufe des Programms sowie ihr weiterer

Werdegang untersucht. Dabei wird fest-gestellt, daß Teilnehmer von ethnischenMinderheiten eher dazu neigen, das Pro-gramm frühzeitig zu verlassen. Von den-jenigen, die bis zum Optionsstadium desProgramms (Wahl zwischen Vollzeitaus-bildung oder -berufsbildung, subventio-nierter Beschäftigung oder Umwelt-tätigkeit) vordringen, entscheiden sich dieAngehörigen ethnischer Minderheiteneher für die Vollzeitausbildung. Teilneh-mer von ethnischen Minderheiten steigenweniger häufig aus dem Programm aus,um einer nicht subventionierten Beschäf-tigung nachzugehen. Insgesamt schätztder Artikel, daß Teilnehmer von ethni-schen Minderheiten nur zu 97 % dieBeschäftigungsergebnisse von weißenTeilnehmern erzielen, obwohl ethnischeMinderheiten besser qualifiziert sind.

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Mitglieder des CEDEFOP-Dokumentationsnetzwerkes

CEDEFOP

Europäisches Zentrum für dieFörderung der BerufsbildungP.O. Box 22427GR-55102 THESSALONIKITel. (30-31) 49 01 11 ZentraleTel. (30-31) 49 00 79 SekretariatFax (30-31) 49 01 74 SekretariatMarc WillemLeiter des Bibliotheks- undDokumentationsdienstesE-mail: [email protected]: [email protected]:http://www.cedefop.eu.intInteractive Website:http://www.trainingvillage.gr

CEDEFOP

Europäisches Zentrum für dieFörderung der Berufsbildung20 avenue d’AuderghemB-1040 BRÜSSELTel. (32-2) 230 19 78Fax (32-2) 230 58 24J. Michael AdamsLeiter Büro BrüsselE-mail: [email protected] ZwaninkE-mail: [email protected] AlbertsE-mail: [email protected]:http://www.cedefop.grInteractive Website:http://www.trainingvillage.gr

FOREM

Office communautaire et régional dela formation professionnelle et del’emploiCIDOCCentre intercommunautaire de docu-mentation pour la formation profes-sionnelleBoulevard Tirou 104B-6000 CHARLEROITel. (32-71) 20 61 73 S. DieuTel. (32-71) 20 61 74 F. DenisFax (32-71) 20 61 98Sigrid DieuProjektleiterinE-mail: [email protected] DenisAssistentinE-mail: [email protected]: http://www.forem.be

VDAB

Vlaamse Dienst voorArbeidsbemiddeling enBeroepsopleidingICODOCIntercommunautairdocumentatiecentrum voorberoepsopleidingKeizerlaan 11B-1000 BRÜSSELTel. (32-2) 506 04 58Tel. (32-2) 506 04 59Fax (32-2) 506 04 28Reinald Van WeydeveldtDokumentationE-mail: [email protected] QuaethovenE-mail: [email protected]: http://www.vdab.be

DEL

Danmarks ErhvervspaedagogiskeLaereruddannelseThe National Institute forEducational Training of VocationalTeachersRigensgade 13DK-1316 KOBENHAVN KTel. (45-33) 14 41 14 Ext. 317P. CortTel. (45-33) 14 41 14 Ext. 301M. HeinsFax (45-33) 14 19 15Fax (45-33) 14 42 14Pia CortForschungsassistentinE-mail: [email protected] HeinsBibliothekarinE-mail: [email protected]: http://www.delud.dk

BIBB

Bundesinstitut für BerufsbildungReferat K4Hermann-Ehlers-Str. 10D-53113 BONNTel. (49-228) 10 70 ZentraleTel. (49-228) 107 21 26 Dr. RisseTel. (49-228) 107 21 31 S. BliedungFax (49-228) 107 29 77Dr. RisseE-mail: [email protected] BliedungE-mail: [email protected]: http://www.bibb.de

OEEK

Organisation for Vocational Educa-tion and Training1 Ilioupoleos StreetGR-17236 ATHENTel. (30-1) 976 44 64 ZentraleTel. (30-1) 979 33 47 H. BarkabaFax (30-1) 976 44 64 ZentraleFax (30-1) 973 15 93 H. BarkabaLoukas ZahilasDirektorE-mail: [email protected] BarkabaLeiterin der DokumentationWebadresse: http://www.forthnet.gr/oeek/

INEM

Instituto Nacional de EmpleoMinisterio de Trabajo y SeguridadSocialCondesa de Venadito 9E-28027 MADRIDTel. (34-91) 585 95 82 ZentraleTel. (34-91) 585 95 80M. Luz de las Cuevas TorresanoFax (34-91) 377 58 81Fax (34-91) 377 58 87Bernardo Díez RodriguezStellvertretender Direktor destechnischen DienstesMaria Luz de las Cuevas TorresanoInformation/DokumentationE-mail: [email protected]: http://www.inem.es

Centre INFFO

Centre pour le développement del’information sur la formation per-manenteTour Europe Cedex 07F-92049 PARIS LA DEFENSETel. (33-1) 41 25 22 22Fax (33-1) 47 73 74 20Patrick KesselDirektorE-mail: [email protected]èle JoulieuLeiterin der DokumentationE-mail: [email protected]éphane HéroultAbteilung DokumentationE-mail: [email protected]:http://www.centre-inffo.fr

FAS

The Training and EmploymentAuthorityP.O. Box 45627-33 Upper Baggot StreetDUBLIN 4, IrlandTel. (353-1) 607 05 36Fax (353-1) 607 06 34Margaret CareyLeiterin Bibliothek und technischeInformationE-mail: [email protected] WrigleyBibliothekarinWebadresse: http://www.fas.ie

ISFOL

Istituto per lo sviluppo dellaformazione professionale deilavoratoriVia Morgagni 33I-00161 ROMTel. (39-06) 44 59 01Fax (39-06) 44 29 18 71Alfredo TamborliniDirektorColombo ContiLeiter der DokumentationE-mail: [email protected] LibertiniE-mail: [email protected]: http://www.isfol.it

Industrie und Handels-kammer des Großherzog-tums Luxemburg

2 Circuit de la Foire InternationaleP.O. Box 1604 (Kirchberg)L-1016 LUXEMBURGTel. (352) 426 76 71Fax (352) 42 67 87

CINOP

Centrum voor Innovatie vanOpleidingenCentre for Innovation of Educationand TrainingPettelaarpark 1Postbus 15855200 BP’s-HERTOGENBOSCHNiederlandeTel. (31-73) 680 08 00Tel. (31-73) 680 08 62 M. JacobsFax (31-73) 612 34 25Martin JacobsE-mail: [email protected] BusserE-mail: [email protected]: http://www.cinop.nl

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abf-Austria

ArbeitsgemeinschaftBerufsbildungsforschungRainergasse 38A-1050 WIENTel. (43-1) 545 16 71 31Fax (43-1) 545 16 71 22Susanne KlimmerE-mail: [email protected] Milanovich (IBE)E-mail: [email protected]: http://www.ibw.atWebadresse: http://www.ibe.co.at

CIDES

Centro de Informação e Documenta-ção Económica e Social – Ministériodo Trabalho e da SolidariedadePraça de Londres 2-1° AndarP-1091 LISBOA CodexTel. (351-1) 844 12 18O. Lopes dos SantosTel. (351-1) 844 12 19 F. HoraFax (351-1) 840 61 71Odete Lopes dos SantosDirektorinE-mail: [email protected]átima HoraAbteilung DokumentationE-mail: [email protected]:http://www.deppmts.gov.pt

NBE

National Board of EducationFinnisches Zentralamt fürUnterrichtswesenHakaniemenkatu 2P.O. Box 380FIN-00531 HELSINKITel. (358-9) 77 47 71 24 M. KyröTel. (358-9) 77 47 72 43 A. MannilaFax (358-9) 77 47 78 65Matti KyröE-mail: [email protected] MannilaE-mail: [email protected]: http://www.oph.fi

SEP

Svenska EU ProgramkontoretUtbildning och kompetensutvecklingThe Swedish EU Programme Officefor Education, Training andCompetence DevelopmentBox 7785S-10396 STOCKHOLMTel. (46-8) 453 72 00Fax (46-8) 453 72 01Fredrik GunnarssonE-mail: [email protected] Spens (NIWL)E-mail: [email protected]: http://www.eupro.seWebadresse: http://www.niwl.se

IPD

Institute of Personnel andDevelopmentIPD House35 Camp RoadLONDON SW19 4UX, United KingdomTel. (44-181) 971 90 00J. SchrammFax (44-181) 263 33 33 ZentraleFax (44-181) 263 34 00 BibliothekJennifer SchrammE-mail: [email protected] DoyleBibliothekarinE-mail: [email protected]: http://www.ipd.co.uk/login/splashscreen.asp

NCU

Leonardo NorgeP.O. Box 2608St. HanshaugenN-0131 OSLOTel. (47-22) 86 50 00Fax (47-22) 20 18 01Halfdan FarstadE-mail: [email protected] KjelldahlE-mail: [email protected]: http://www.teknologisk.no/leonardo/

Assoziierte Organisationen

EK

Europäische KommissionGDXXIIGeneraldirektion Bildung und KulturRue de la Loi 200 (B7, 04/67)B-1049 BRÜSSELTel. (32-2) 295 75 62 E. SpachisTel. (32-2) 295 59 81 D. MarchalantFax (32-2) 295 57 23 E. SpachisFax (32-2) 296 42 59 D. MarchalantEleni SpachisE-mail: [email protected] MarchalantE-mail:[email protected]: http://europa.eu.int/en/comm/dg22/dg22.html

EURYDICE

Bildungsinformationsnetz in Europa15 rue d’ArlonB-1050 BRÜSSELTel. (32-2) 238 30 11Fax (32-2) 230 65 62Patricia Wastiau-SchlüterDirektorE-mail: [email protected]: http://www.eurydice.org

ETF

Europäische Stiftung fürBerufsbildungVilla GualinoViale Settimio Severo 65I-10133 TURINTel. (39-011) 630 22 22Fax (39-011) 630 22 00Denise LoughranBibliothekarinE-mail: [email protected]: http://www.etf.eu.int/etfweb.nsf/

IAO

Internationales Arbeitsamt4 Route des MorillonsCH-1211 GENF 22Tel. (41-22) 799 69 55Fax (41-22) 799 76 50Pierrette DunandEmployment & Training DepartmentDokumentarinE-mail: [email protected]: http://www.ilo.org

IAO

Internationales Ausbildungszentrumder IAO125 Corso Unità d’ItaliaI-10127 TURINTel. (39-011) 693 65 10Fax (39-011) 693 63 51M. KrouchDokumentationE-mail: [email protected]: http://www.itcilo.org

CINTERFOR/OIT

Centro Interamericano deInvestigación y Documentación so-bre Formación ProfesionalAvenida Uruguay 1238Casilla de correo 176111000 MONTEVIDEOURUGUAYTel. (598-2) 92 05 57Tel. (598-2) 92 00 63Fax (598-2) 92 13 05Pedro Daniel WeinbergDirektorE-mail: [email protected] PiaggioLeiterin der DokumentationE-mail: [email protected]: http://www.cinterfor.org.uy

DfEE

Department for Education andEmploymentRoom E3MoorfootSHEFFIELD S1 4PQ, United KingdomTel. (44-114) 259 33 39Fax (44-114) 259 35 64Julia ReidBibliothekarinE-mail: [email protected]: http://www.dfee.gov.uk

FVET

Foundation for Vocational Educationand Training ReformLiivalaia 2EE-10118 TALLINNTel. (372) 631 44 20Fax (372) 631 44 21Lea OrroGeschäftsführerinE-mail: [email protected]. Tina EnokE-mail: [email protected]: http://www.kutseharidus.ee/

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Nr. 16/99

Kompetenzentwicklung und Bedarfsantizipation in Unternehmen

• Regeln zur Ermittlung von Qualifikationsbedarf in Betrieben (Karin Büchter)• Zur Errichtung von lernenden Organisationen: Theorie auf dem Prüfstand –

Lehren aus den Erfahrungen europäischer Unternehmen (Barry Nyhan)

Lernen durch Mobilität

• Mobilität als Lernprozeß (Søren Kristensen)• Fremdsprachenvermittlung, Berufsbildung und Standortsicherung (Jacob Kornbeck)

Hilfe für Schulabbrecher – ein nordischer Ansatz

• Wiedereingliederung von Schulabbrechern in Schule und Arbeit –die skandinavischen Volkshochschulen (Staffan Laestadius, Ingrid Hallman)

Über- und Unterausbildung

• Über- und Unterqualifikation und ihre Beziehung zur beruflichen Weiterbildung(Joop Hartog)

Diskussion – Zeugnisse und Arbeitsmarkt

• Bildungsabschlüsse und Arbeitsmarkt: Ergebnisse und Fragen (Louis Mallet)• Veränderung des Qualifikationsbedarfs (Christoph F. Buechtemann)• Zeugnisse kontra Kompetenzen (Hilary Steedman)• Bildungsabschlüsse, Arbeitsmarktsignale und die Verteilung

von Kompetenz auf Arbeitsplätze (Gunnar Eliasson)

Nr. 17/99

Lern- und Arbeitsorganisation• Die neuen Zwänge zur betrieblichen Weiterbildung (Jacques Delcourt)• Risiken und Chancen des Lernens im Arbeitsprozeß (Edgar Sauter)

Lernen und Kultur

• Das französische Bildungssystem als Ausdruck einer politischen Kultur(Alain d’Iribarne; Philippe d’Iribarne)

Systeme

• Berufsbildungsfinanzierung im zwischenstaatlichen Vergleich – Zielsetzungen und

Wirkweisen (Folkmar Kath)• Neue Reformbestrebungen im beruflichen Bildungswesen in der Schweiz

(Philipp Gonon)

Qualifikationsanforderungen im Wandel – Theorie und Praxis

• Strukturmerkmale und Zielkategorien einer ganzheitlichen Berufsbildung (Bernd Ott)• Zur Bedeutung von Internet und Online-Systemen für die zukünftige Entwicklung

von Qualifikationsanforderungen; Hypothesen und Erfahrungswerte(Angelika Lippe-Heinrich)

Europäische Berufsbildungsforschung

• Zum Stand der Europäischen Berufsbildungsforschung, ihren Funktionen und Problemen(Burkart Sellin; Phillip Grollmann)

Zuletzt

erschienene

deutsche Ausgaben

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Bitte schicken Sie mir ein kostenloses Ansichtsexemplar

Ich will europäisch lesen und abonniere hiermit die Europäische Zeitschrift “Berufsbildung” (3 Ausgaben, EUR 15 zzgl. Mwst. und Versandkosten).

Bitte schicken Sie mir die folgenden Ausgaben derEuropäischen Zeitschrift “Berufsbildung” gegen eine Schutzgebühr von EUR 7 (zzgl. Mwst. und Versand-kosten) je Heft:

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CEDEFOPEuropäisches Zentrum für dieFörderung der BerufsbildungPO Box 22427

GR-55102 Thessaloniki

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Nr. 18/99

Lernen in Unternehmen

• Ausbildung, Kompetenzen und Lernprozesse: Welche Voraussetzungen müssen erfülltsein, damit hier neue Modelle eine Chance haben? (Philippe Méhaut)

• Der schmale Grat. Gruppenarbeit zwischen Etikettenschwindelund arbeitsorganisatorischer Innovation (Holger Bargmann)

Aufzeichnungen aus Europa

• Die Bildungs- und Berufsbildungsprogramme der EG und EU von 1974 bis 1999,Versuch einer kritisch – historischen Bilanz (Burkart Sellin)

• Individuelle und „institutionelle“ Determinanten der beruflichen Bildung in Europa(Steven McIntosh)

• Mehrsprachige Schulbildung als Schlüsselqualifikation im Berufsraum Europa(Peter Graf)

Fallstudien

• Ausbildung und Modelle der Verknüpfung zwischen den escuelas técnicasund der verarbeitenden Industrie im Norden Mexikos (Alfredo Hualde Alfaro)

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BERUFSBILDUNG NR. 19 EUROPÄISCHE ZEITSCHRIFT

CEDEFOP

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Europäische Zeitschriftfür BerufsbildungAufforderung zur Einreichungredaktioneller BeiträgeDie Europäische Zeitschrift für Berufsbildung veröffentlicht Artikel von Berufsbildungs-und Beschäftigungsforschern und –fachleuten. Interesse besteht vor allem an Beiträ-gen, die die Ergebnisse hochkarätiger Forschungsarbeiten, insbesondere grenz-übergreifender vergleichender Forschung, einem breiten, internationalen Publikumaus politischen Entscheidungsträgern, Forschern und praktisch Tätigen nahebringen.

Die Europäische Zeitschrift ist eine unabhängige Veröffentlichung, deren Inhalt stän-dig überprüft wird. Sie erscheint dreimal jährlich in englischer, französischer, deut-scher und spanischer Sprache und wird in ganz Europa, sowohl in den Mitglied-staaten der Europäischen Union als auch in einigen Nicht-Mitgliedstaaten, vertrieben.

Die Zeitschrift wird vom CEDEFOP (dem Europäischen Zentrum für die Förderungder Berufsbildung) herausgegeben und soll der Diskussion über die Entwicklung derberuflichen Bildung, insbesondere durch die Darstellung der europäischen Sichtweise,Impulse verleihen.

In der Zeitschrift sollen Beiträge veröffentlicht werden, die neues Gedankengut ent-halten, Forschungsergebnisse verbreiten und über Vorhaben auf einzelstaatlicher undeuropäischer Ebene berichten. Ferner werden Positionspapiere zu berufsbildungs-relevanten Themen sowie Reaktionen auf diese veröffentlicht.

Eingereichte Artikel müssen wissenschaftlich exakt, gleichzeitig jedoch einem brei-ten und gemischten Leserkreis zugänglich sein. Sie müssen Lesern unterschiedlicherHerkunft und Kultur verständlich sein, die nicht unbedingt mit den Berufsbildungs-systemen anderer Länder vertraut sind. Das heißt, die Leser sollten in der Lage sein,Kontext und Argumentation eines Beitrags vor dem Hintergrund ihrer eigenen Tradi-tionen und Erfahrungen nachzuvollziehen.

Neben der Hardcopy-Fassung werden Auszüge aus der Zeitschrift in das Internetgestellt. Auszüge der letzten Ausgaben können eingesehen werden unter http://www.trainingvillage.gr/etv/editorial/journal/journalarc.asp.

Die Autoren sollten ihre Beiträge entweder in eigenem Namen oder als Vertretereiner Organisation verfassen. Diese sollten rund 2 500 bis 3 000 Wörter lang sein undin spanischer, dänischer, deutscher, griechischer, englischer, französischer, italieni-scher, niederländischer, norwegischer, portugiesischer, finnischer oder schwedischerSprache abgefaßt sein.

Artikel sollten sowohl als Ausdruck als auch auf Diskette im Format Word oder via E-mail (als Textanlage im Word-Format) eingereicht werden. Außerdem sollten eineKurzbiographie des Autors und knappe Angaben zu seiner derzeitigen Stellung bei-gefügt werden. Alle eingereichten Artikel werden vom redaktionellen Beirat der Zeit-schrift geprüft, der sich die Entscheidung, diese zu veröffentlichen, vorbehält. DieVerfasser werden über seine Entscheidungen unterrichtet. Die veröffentlichten Arti-kel müssen nicht unbedingt die Meinung des CEDEFOP widerspiegeln. Die Zeit-schrift bietet vielmehr die Möglichkeit, unterschiedliche Analysen und verschiedene,ja sogar widersprüchliche Standpunkte darzustellen.

Wenn Sie einen Artikel einreichen möchten, so wenden Sie sich bitte telefonisch(30 31) 490 111, per Fax (30-31) 490 175 oder via E-mail ([email protected]) an denHerausgeber Steve Bainbridge.

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Die europäische Zeitschrift Berufsbildung erscheint dreimal jährlich in vier Spra-chen (DE, EN, ES, FR). Ein Jahresabonnement umfaßt alle im Kalenderjahr (Januarbis Dezember) erscheinenden Ausgaben der europäischen Zeitschrift Berufsbildung.Es verlängert sich automatisch um ein Kalenderjahr, falls es nicht bis zum 30.November gekündigt wird. Die europäische Zeitschrift Berufsbildung wird Ihnenvom Amt für amtliche Veröffentlichungen der EU, Luxemburg zugesandt. Die Rech-nung erhalten Sie vom Verlag Bundesanzeiger, Köln. Der Abonnementpreis ver-steht sich exkl. Mehrwertsteuer. Die Zahlung ist nach Erhalt der Rechnung vorzu-nehmen!

Jahresabonnement (zuzüglich MwSt.): EUR 15Einzelheft (zuzüglich MwSt.): EUR 7Schreiben Sie uns bitte, wenn Sie bestellen möchten.

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