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Beschlüsse über Baumaßnahmen am gemeinschaftlichen Eigentum Prof. Dr. Martin Häublein Universität Innsbruck

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Beschlüsse über Baumaßnahmen am gemeinschaftlichen Eigentum. Prof. Dr. Martin Häublein Universität Innsbruck. Gliederung. Einführung Baumaßnahmen nach dem WEG im Überblick Vorbereitung der Beschlussfassung durch den Verwalter Eigentümerbeschlüsse über die Durchführung von Baumaßnahmen - PowerPoint PPT Presentation

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Page 1: Beschlüsse über Baumaßnahmen am gemeinschaftlichen Eigentum

Beschlüsse über Baumaßnahmen am gemeinschaftlichen

Eigentum

Prof. Dr. Martin HäubleinUniversität Innsbruck

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Gliederung1. Einführung

2. Baumaßnahmen nach dem WEG im Überblick

3. Vorbereitung der Beschlussfassung durch den Verwalter

4. Eigentümerbeschlüsse über die Durchführung von Baumaßnahmen

5. Besonderheiten bei vermieteten Wohnungen

6. Das dicke Ende kommt zum Schluss: Eigentümerbeschlüsse über die Kostentragung

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Einführung• Instandsetzung und Modernisierung des Bestandes

sind Herausforderungen für die Immobilienwirtschafto Im Bereich des WEG bestehen besondere Probleme, die mit

dem Erfordernis einer Willensbildung der Miteigentümer zusammenhängen.

• Da nach der Entscheidung des BGH vom 20.9.2000 (bestandskräftige) Mehrheitsbeschlüsse nur noch eingeschränkt möglich waren, hat der Gesetzgeber das WEG geändert (§§ 16 und 22 WEG).

• Das Gesetz soll Beschlüssen nicht mehr im Wege stehen, durch die Kosten baulicher Maßnahmen dem Wunsch der Eigentümer gemäß verteilt werden.

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Gesetzliche Grundlagen der Beschlüsse über

BaumaßnahmenKategorien von Baumaßnahmen nach WEG

- Überblick -

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Baumaßnahmen nach dem WEG

• Das WEG kennt verschiedene Kategorien von Baumaßnahmen am gemeinschaftlichen Eigentum:o Instandhaltung und Instandsetzung (§ 21 Abs. 3, Abs. 5 Nr. 2)o Modernisierende Instandsetzung (§ 22 Abs. 3)o Modernisierung (§ 22 Abs. 2)o Bauliche Veränderung (§ 22 Abs. 1)

• Diese gegeneinander abzugrenzen ist wegen der unterschiedlichen Mehrheitserfordernisse bei der Beschlussfassung unbedingt erforderlich.o Beachte: Irrt sich der Verwalter bei der Einordnung und

stellt das Zustandekommen eines Beschlusses fest, obwohl die erforderliche Mehrheit fehlt, tritt nach Ablauf eines Monats Bestandskraft ein (h.M.).

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Einfache Mehrheit genügt:

§ 21 Abs. 3 legt fest:Soweit die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums nicht durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer geregelt ist, können die Wohnungseigentümer eine der Beschaffenheit des gemeinschaftlichen Eigentums entsprechende ordnungsmäßige Verwaltung durch Stimmenmehrheit beschließen.

Prof. Dr. Martin Häublein

• Für Maßnahmen der ordnungsmäßigen Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums (§ 21 Abs. 5 Nr. 2).

• Für Maßnahmen der modernisierenden Instandsetzung (§ 22 Abs. 3 i.V.m. § 21 Abs. 5 Nr. 2).

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Qualifizierte Mehrheit gem. § 22 Abs. 2

erforderlichMaßnahmen gemäß Absatz 1 Satz 1, die der Modernisie-rung entsprechend § 559 Abs. 1 BGB oder der Anpassung des gemeinschaftlichen Eigentums an den Stand der Technik dienen, die Eigenart der Wohnanlage nicht ändern und keinen Wohnungseigentümer gegenüber anderen unbillig beeinträchtigen, können abweichend von Absatz 1 durch eine Mehrheit von drei Viertel aller stimmberechtigten Wohnungseigentümer i. S. des § 25 Abs. 2 und mehr als der Hälfte aller Miteigentumsanteile beschlossen werden. Die Befugnis im Sinne des Satzes 1 kann durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer nicht eingeschränkt oder ausgeschlossen werden.Prof. Dr. Martin Häublein Bremen, den 20.11.2012

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Sonstige bauliche Veränderungen (§ 22 I)

• Bauliche Veränderungen und Aufwendungen, die über die ordnungsmäßige Instandhaltung oder Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums hinausgehen, können beschlossen oder verlangt werden, wenn jeder Wohnungseigentümer zustimmt, dessen Rechte durch die Maßnahmen über das in § 14 Nr. 1 bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt werden. Die Zustimmung ist nicht erforderlich, soweit die Rechte eines Wohnungseigentümers nicht in der in Satz 1 bezeichneten Weise beeinträchtigt werden.o Beachte: Die Bedeutung von § 22 Abs. 1 WEG ist seit

Einführung des § 22 Abs. 2 WEG begrenzt. Prof. Dr. Martin Häublein Bremen, den 20.11.2012

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Vorbereitung der Beschlussfassung

durch den VerwalterÜberblick über die Kompetenzzuweisungen des WEG

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Aufgaben des Verwalters

• Gem. § 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 5 Nr.2 WEG beschließen die Eigentümer über Maßnahmen ordnungsmäßiger Instandhaltung und Instandsetzung des gemein-schaftlichen Eigentums durch Stimmenmehrheit.

• Der Verwalter ist gem. § 27 Abs. 1 Nr.2 WEG berechtigt und verpflichtet, die für die ordnungsmäßige Instand-haltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums erforderlichen Maßnahmen zu treffen.

• Daraus folgt: Dem Verwalter obliegt die Vorbereitung und Durchführung der Maßnahmen, während die Eigentümer über „Ob“ und „Wie“ beschließen.o Eine Ausnahme gilt für dringende Maßnahmen, die der Verwalter

– soweit erforderlich – ohne Beschluss selbst be-auftragen kann (§ 27 Abs. 1 Nr.3 i.V.m. Abs. 3 S. 1 Nr.3 WEG).

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Aufgaben des Verwalters

• Gem. § 27 Abs. 1 Nr. 2 WEG obliegt dem Verwalter:o die Feststellung von Instandsetzungsbedarf,o das Informieren der Eigentümer sowieo das Hinwirken auf eine Beschlussfassung in der Versammlung

der Wohnungseigentümer.• Hinsichtlich der Formulierung des Beschlusses hat der

Verwalter ein Ermessen. o Der Beirat ist nicht berechtigt, den Verwalter anzuweisen, eine

bestimmte Formulierung zur Abstimmung zu stellen.• Zur Erteilung von Aufträgen ist der Verwalter grundsätzlich

erst nach vorheriger Beschlussfassung berechtigt (s. § 27 Abs. 3 S. 1 Nr. 7 WEG).o Auch wenn eine entsprechende Ermächtigung im Verwalter-vertrag

enthalten sein sollte, empfiehlt sich bei umfangreichen Baumaßnahmen eine vorherige Beschlussfassung.

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„laufenden Maßnahmen der erforderlichen ordnungsmäßigen Instandhaltung und

Instandsetzung“ – eine Grauzone• Gem. § 27 Abs. 3 S.1 Nr.3 WEG ist der Verwalter berechtigt,

laufende Maßnahmen gem. § 27 Abs. 1 Nr.2 WEG namens der WE-Gem. zu beauftragen.o Nach h.M. bedarf es hierzu keines Beschlusses der Versammlung.

• Wo die Grenze genau verläuft, weiß zur Zeit niemand.o Das Meinungsspektrum reicht vom Einschluss aller Maßnahmen i.S.v. § 27

Abs. 1 Nr.2 WEG bis zur Empfehlung, § 27 Abs. 3 S.1 Nr.3 WEG als Redaktionsversehen des Gesetzgebers zu ignorieren.

• Dem Verwalter ist dazu zu raten, eine Maßnahme i. Zw. erst dann zu beauftragen, wenn über diese gem. § 27 Abs. 3 S.1 Nr.7 WEG beschlossen wurde. Ferner hält die h.M. eine Konkretisierung der durch Wertobergrenzen im Verwaltervertrag für zulässig.o Beachte: Da die primäre Kompetenz für die Durchführung der

Maßnahmen bei den Eigentümern liegt, hat deren Beschluss stets Vorrang vor der Befugnis des Verwalters aus § 27 Abs. 3 S.1 Nr.3 WEG.

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Aufstellen eines Sanierungs-plans durch die

Eigentümer• Bei umfangreicheren Sanierungsmaßnahmen

stellt sich die Frage, ob die Eigentümer zur Planung und Koordinierung der Maßnahmen einen sog. Sanierungsplan aufstellen können.

• In einem vom BGH entschiedenen Fall war ein Eigentümer der Ansicht, seine Miteigentümer seien sogar verpflichtet, einen derartigen Plan aufzustellen.o Es ging um ein ca. 100 Jahre altes Gebäude im

Hochschwarzwald, für das der Eigentümer in der Zeit von 2010 – 2014 die Durchführung bestimmter Maßnahmen forderte.

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BGH v. 9.3.2012 – V ZR 161/11• Zur Planung und Koordinierung verschiedener Arbeiten

kann sich die WE-Gem. eines Sanierungsplans bedienen. • Soweit es um die Prognose der anstehenden Maßnah-men

(Bedarfsermittlung) geht, ist es Aufgabe des Verwalters, einen solchen Plan zu erstellen und zu führen (§ 27 Abs. 1 Nr. 2 WEG).

• Der Beschluss über einen verbindlichen Sanierungsplan ist dagegen Sache der Eigentümerversammlung. o Diese kann mittels Prioritätenliste - die bei neuen Erkennt-

nissen ggf. aktualisiert werden muss - eine sachgerechte Planung über einen längeren Zeitraum hinweg vornehmen.

• Ob ein solcher Plan beschlossen wird, steht grundsätzlich im Ermessen der WE-Gem. o Ein darauf gerichteter Anspruch besteht ausnahmsweise,

wenn aufgrund besonderer Umstände nur ein solcher Beschluss ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht.

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Wirksamkeit von Eigentümerbeschlüss

enBeschluss über die Durchführung der

Maßnahme

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Zuordnung der Baumaßnahme zu den Kategorien des WEG

• Von besonderer Bedeutung ist – wie gesagt – die Frage, ob die konkrete Maßnahme (z.B. eine Fassadensanierung, der Austausch von Fenstern oder der Anbau eines Aufzugs) sich als Instandhaltung/Instandsetzung, Modernisierung oder sonstige bauliche Veränderung darstellt.

• Vor allem die Grenze zwischen (modernisierender) Instandsetzung und Modernisierung ist bedeutsam und in der Praxis nicht einfach zu ziehen.

• Weil das so ist, dürfen Fehler bei der Abgrenzung regelmäßig nicht zur Haftung des Verwalters gemäß § 49 Abs. 2 WEG führen.

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Begriff der Instandsetzung/Instandhalt

ung• Instandhaltung umfasst pflegende und vorsorgende

Maßnahmen zur Erhaltung und zum Schutz vor drohenden Schäden (vgl. KG ZMR 1999, 207).

• Instandsetzung bedeutet demgegenüber die Wieder-herstellung des ursprünglichen ordnungsgemäßen Zustands (OLG Hamm ZWE 2009, 261; OLG Frankfurt NZM 2011, 37).

• Beachte: Die Unterscheidung ist kaum relevant.• Zur Instandsetzung im weiteren Sinn gehört ferner:

o Ersatzbeschaffung verbrauchter Teile (OLG München ZMR 2006, 952, 953).

o Erstmalige ordnungsgemäße, der Teilungserklärung entsprechende Herstellung des Gemeinschaftseigentums.

o Modernisierende Instandsetzung (§ 22 Abs. 3 WEG).Prof. Dr. Martin Häublein Bremen, den 20.11.2012

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Modernisierende Instandsetzung

• Die Eigentümer haben ein Ermessen, ob sie über die bloße Wiederherstellung des mangelfreien Zustands hinaus-gehen wollen, z.B. durch eine technisch bessere Lösung.

• Merke: Anders als bei der Modernisierung gem. § 22 Abs. 2 muss ein Instandsetzungsbedarf bestehen. Das ist der Fall, wenn bei vorhandenem Gemeinschaftseigentum ein bereits notwendiger oder absehbarer Reparaturbedarf vorliegt (BT-Drucks. 16/887, S. 32).

• Die Ordnungsmäßigkeit der beschlossenen Maßnahme wird am Maßstab eines „vernünftigen, wirtschaftlich denkenden und erprobten Neuerungen gegenüber aufgeschlossenen Eigentümer“ ermittelt.

• Liegen diese Voraussetzungen vor, kann die Maßnahme von den Wohnungseigentümern mit einfacher Stimmenmehrheit beschlossen werden.

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Grenzen der modernisierenden

Instandsetzung• Für die Beurteilung, wo im Einzelfall die Grenze ordnungsmäßiger

Instandsetzung liegt, spielen verschiedene Gesichtspunkte eine Rolle, der bisherige Zustand, etwaige Vorgaben des Gesetzes, das Verhältnis zwischen wirtschaftlichem Aufwand und zu erwarten-dem Erfolg, inwieweit sich die geplante Modernisierung bereits bewährt und durchgesetzt hat, die langfristige Sicherung des Energiebedarfs und schließlich auch die Umweltverträglichkeit.• Entscheidend ist eine Abwägung aller Vor- und Nachteile einer

bloßen Reparatur des vorhandenen Zustands und der Herstellung eines neuen Zustands. Es besteht ein Ermessen der Eigentümer:• Vgl. OLG Frankfurt, 15.11.2010 – 20 W 138/08: Auch wenn bislang

nur an einer Seite des Gebäudes infolge fehlender Dämmung in Wohnungen Schimmel aufgetreten ist, können die Eigentümer die Dämmung der gesamten Fassade beschließen, um die Gefahr der Schimmelbildung an ungedämmten Wänden auszuschließen.

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OLG Hamburg v. 21.7.2005 – 2 Wx 18/04, ZMR 2005, 803

Die Ersetzung einer altersbedingt komplett erneuerungsbe-dürftigen Ölzentralheizung durch den Anschluss des Hauses an das Fernwärmenetz stellt eine durch Mehrheitsentschei-dung zu beschließende modernisierende Instandsetzung und keine bauliche Veränderung dar, wenn bei einem Vergleich zwischen dem wirtschaftlichen Erfolg, den künftigen Kosten, der langfristigen Sicherung des Energiebedarfs und der Umweltverträglichkeit die Fernwärmeversorgung gegenüber der Erneuerung der Ölheizung deutlich günstiger ist.

Dies gilt insbesondere dann, wenn ein Teil der Wohnungseigen-tumsanlage bereits an das Fernwärmenetz angeschlossen ist, so dass die Abrechnung der Betriebskosten auch bezüglich der Zentralheizungswärme vereinheitlicht und vereinfacht werden kann.

Ähnlich: LG Nürnberg-Fürth, 28.7.2010 - 14 S 438/10.Prof. Dr. Martin Häublein Bremen, den 20.11.2012

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Kosten-Nutzen-Analyse?• KG, 2.2.1996 - 24 W 7880/95: Der maximale Zeitraum, bei dem

noch von einer wirtschaftlich sinnvollen Amortisation der Mehraufwendungen für modernisierende Instandsetzungen gesprochen werden kann, wird bei etwa 10 Jahren liegen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass bei einer längeren Dauer eine realistische Einschätzung der Energiepreisent-wicklung kaum möglich ist bzw. immer unsicherer wird. • Das wird aus § 11 I Nr. 1 Buchst. b HeizKostVO gefolgert und

entspricht h.M.; vgl. BGHZ 156, 192.Auf eine Kosten-Nutzen-Analyse kommt es nicht an, wenn die von der Mehrheit beschlossene Maßnahme gesetzlich gefordert wird (OLG Hamm, 18.11.2008 - 15 Wx 139/08).► Das kann insbesondere gem. § 9 EnEV der Fall sein. • Bei der Analyse ist ferner zu berücksichtigen, welche Risiken

durch die Verbesserung des Standards verringert werden. Prof. Dr. Martin Häublein Bremen, den 20.11.2012

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Bauliche Veränderung und Modernisierung

• Eine bauliche Veränderung liegt in der Regel vor, wenn in die Substanz des gemeinschaftlichen Eigentums eingegrif-fen und eine auf Dauer angelegte gegenständliche Ver-änderung realer Teile des gemeinschaftlichen Eigentums vorgenommen wird (OLG Frankfurt, 30.6.2003 - 20 W 254/01).

• Die Maßnahme muss über die Instandsetzung des gemein-schaftlichen Eigentums hinaus gehen.

• Seit dem 1.7.2007 enthält § 22 Abs. 2 einen privilegierten Unterfall der baulichen Veränderung, für Modernisierungen und Anpassungen an den Stand der Technik.o Damit ist das Niveau einer anerkannten, in der Praxis bewährten,

fortschrittlichen Entwicklung gemeint (BT-Drucks. 16/887, S. 30).• Der Modernisierungsbegriff verweist auf das Mietrecht.

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§ 559 BGB• „Hat der Vermieter bauliche Maßnahmen

durchgeführt, die den Gebrauchswert der Mietsache nachhaltig erhöhen, die allgemeinen Wohnverhältnisse auf Dauer verbessern oder nachhaltig Einsparungen von Energie oder Wasser bewirken (Modernisierung) […].“

• § 22 Abs. 2 WEG verweist nicht auf § 554 BGB, der die Duldungspflicht des Mieters und die Pflicht des Vermieters zur Ankündigung der Maßnahmen regelt.

• Diese Vorschrift kann übrigens durchaus Relevanz für die Wohnungseigentümergemeinschaft und ihren Verwalter haben (s.u.).

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Wohnungseigentumsrecht = Mietrecht?

• Nein! • Den Modernisierungsbegriff legt der BGH zu Recht

großzügig aus und bezieht sich dabei auf die vom WEG angeordnete „entsprechende“ Heranziehung von § 559 BGB (BGH, 18.2.2011 – V ZR 82/10; bestä-tigt durch BGH, 11.11.2011 – V ZR 65/11).o Da der Gesetzgeber den Eigentümern durch § 22 Abs. 2 WEG

die Chance geben wollte, einer Verkehrswertminde-rung durch Anpassung der Wohnungsanlage an die „Erfordernisse der Zeit“ entgegenzuwirken, genüge es, dass die Maßnahme aus der Sicht eines verständigen Wohnungseigentümers eine sinnvolle Neuerung darstellt, die voraussichtlich geeignet ist, den Gebrauchswert der Sache nachhaltig zu erhöhen.

o „Sache“ kann dabei durchaus die einzelne Wohnung sein!

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Schutz der veränderungs-unwilligen Minderheit?

§ 22 Abs. 2 WEG nennt zwei wichtige Einschränkungen:1. Die konkrete Maßnahme darf nicht „die Eigenart der

Wohnanlage“ verändern. 2. Kein Eigentümer darf gegenüber anderen unbillig

beeinträchtigt werden.oMerke: Diese Einschränkungen müssen durch Anfechtung

binnen eines Monats geltend gemacht werden. • Begriff „Eigenart der Wohnanlage“ muss m.E. eng inter-

pretiert werden. Symmetrieveränderungen allein reichen i.d.R. nicht aus (a. A. wohl die Gesetzesbegründung).o In Betracht kommen nur erhebliche Veränderungen. Dafür spricht,

dass der Gesetzgeber die Anpassung der Anlage an veränderte Umstände erleichtern wollte (Beispiel: Aufzuganbau). Außerdem wäre ein weites Verständnis ein Widerspruch zur engen Auslegung der Merkmals „unbillig beeinträchtigen“, das lt. Gesetzesbegr. „erheblich“ meint.

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Bauliche Veränderung gem. § 22 I -

Wann ist die Zustimmung entbehrlich?

• Gem. § 22 Abs. 1 i.V.m. §14 Nr.1 WEG, sofern die Rechte des Eigentümers nicht über das bei einem geordneten Zusammen-leben unvermeidliche Maß hinaus beeinträchtigt werden.

• Die Rechtsprechung lässt jeden Nachteilgenügen, der nicht bloß völlig belanglosen oder bagatellartigen Charakter hato Merke: Jede nicht ganz unerhebliche Beeinträchtigung.

• Erforderlich ist eine Abwägung der Interessen des oder der änderungswilligen Wohnungseigentümer einerseits und der beeinträchtigten Wohnungseigentümer andererseits.

• Maßgeblich ist, ob sich ein redlicher Wohnungseigentümer nach der Verkehrsauffassung in der betreffenden Situation bei objektivierter Betrachtung verständlicherweise beeinträchtigt fühlen darf (OLG Düsseldorf ZMR 2010, 385, 386).

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Muss stets ein Beschluss gefasst werden?

• Nach einer verbreiteten Ansicht setzen bauliche Verände-rungen seit dem 1.7.2007 stets eine Beschlussfassung voraus. Die Gegenansicht – die m.E. zutreffend ist – lässt es in bestimmten Fällen genügen, wenn die betroffenen Eigentümer ihre Zustimmung ohne Beschluss erklärt haben.• Relevant kann die Unterscheidung werden bei baulichen Veränderungen im Individualinteresse, also solchen Baumaßnahmen, deren Gebrauchsvorteile nur einzelnen Wohnungseigentümer zu gute kommen• Beispiel: Austausch eines Geländers auf der Dachterrasse unter

Veränderung des optische Erscheinungsbildes für die anderen Eigentümer mit Dachterrasse, die aber zustimmen.• Merke: Auf der sicheren Seite ist nur der Eigentümer, der einen Beschluss einholt, bevor er anfängt zu bauen.Prof. Dr. Martin Häublein Bremen, den 20.11.2012

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Was muss bei vermieteten Objekten

beachtet werden?

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Besonderheiten vermieteter

Eigentumswohnungen• Geht die Baumaßnahme über die bloße Erhaltung hinaus,

muss ein vermietender Eigentümer sie seinem Mieter ankündigen.o § 554 Abs. 3 BGB fordert eine Ankündigung „spätestens drei

Monate vor Beginn der Maßnahme“.• Zu den Maßnahmen, die über die bloße Erhaltung

hinausgehen zählt das Gesetz auch solche zur Einsparung von Wasser und Energie.o Beachte: Es kommt nicht auf die wohnungseigentumsrecht-liche

Kategorie der modernisierende Instandsetzung an.• Da die Duldungspflicht nach h.M. erst mit der Ankün-

digung fällig wird, hat die Gemeinschaft ein eigenes Interesse an der Wahrung der Frist. Das sollte der Verwalter bei der Beschlussfassung wissen!

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Konsequenzen für den Beschluss

• Ein Beschluss über die Durchführung von Baumaßnah-men, die mit nicht nur unerheblichen Einwirkungen auf vermietete Räume verbunden sind, entspricht grds. nur dann ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn er den vermietenden Eigentümern hinreichend Zeit für die Ankündigung lässt (Anfechtungsrisiko!).

• Der Verwalter muss den Eigentümern außerdem die erforderlichen Informationen zugänglich machen übero die Art der Baumaßnahmen, o deren voraussichtlichen Umfang und Beginn sowieo deren voraussichtliche Dauer und die zu erwartende Kosten.

• Ungeklärt ist bislang die Duldungspflicht des Mieters bei Anpassungen an den Stand der Technik.

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Ersatzanspruch gem. § 14 Nr. 4, 2. HS WEG

• Dem Eigentümer, der Eingriffe in sein Sondereigentum dulden muss, sind u.a. folgende Posten zu ersetzen:oKosten einer Ersatzunterkunft des SelbstnutzersoMietausfälleoKosten einer Ersatzunterkunft des Mieters

• Gem. § 16 Abs. 7 handelt es sich um Gemeinschaftskosten.• Zur Einstandspflicht des Versicherers im Rahmen der Gebäude- und Grundbesitzerhaftpflichtversicherung BGH, Urt. v. 11.12.2002 – IV ZR 226/01(BGHZ 153, 182):„§ 14 Nr. 4 Halbsatz 2 WEG ist ein Schadensersatzanspruch im Sinne von § 1 Ziff. 1 AHB“• Beachte: Es kommt aber auf die Ausgestaltung der AHB im jeweiligen Einzelfall an!

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Beschlüsse über die Verteilung der Kosten

der BaumaßnahmeOder: Das dicke Ende kommt zum Schluss

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Kostenverteilung bei Baumaßnahmen

Gem. § 16 IV können die Wohnungseigentümer im Einzelfall zur Instandhaltung oder Instandsetzung … oder baulichen Veränderungen … im Sinne des § 22 I und II durch Beschluss die Kostenverteilung abweichend von Abs. 2 regeln, wenn der abweichende Maßstab dem Gebrauch oder der Möglichkeit des Gebrauchs Rechnung trägt. Der Beschluss zur Regelung der Kostenverteilung bedarf einer Mehrheit von drei Viertel aller stimmberechtigten Eigentümer i.S.d. § 25 Abs. 2 und mehr als der Hälfte aller Miteigentumsanteile.• Beachte: Die fett hervorgehobenen Merkmale müssen die

Eigentümer zwar beachten, damit der Beschluss ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht; Verstöße führen aber nur zur Anfechtbarkeit. Eine Verstoß gegen das rot hervorgehobene Merkmal begründet die Nichtigkeit.

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BGH v. 9.7.2010 – V ZR 202/09

• § 16 Abs. 4 WEG weist den Wohnungseigentümern nicht die Kompetenz zu, einen die Ansammlung von Instand-haltungsrücklagen betreffenden Verteilungsschlüssel zu ändern (Leitsatz des BGH.

• Ein derartiger Beschluss regelt nämlich nicht nur eine einzelne Maßnahme und erschöpft sich nicht in deren Vollzug, weil die Rücklage nicht für eine einzige Maßnahme, sondern für den zukünftigen - noch nicht konkret vorhersehbaren - Instandhaltungs- und Instandsetzungsbedarf gebildet wird.

• Eine nach dem Inhalt des Beschlusses über den Einzelfall hinausreichende Änderung des Schlüssels ist nicht von § 16 Abs. 4 WEG gedeckt und daher nichtig.

• Beachte: Das gilt auch für Mehrhausanlagen.Prof. Dr. Martin Häublein Bremen, den 20.11.2012

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Kostenfreistellungsanspruch

gem. § 16 Abs. 6 WEG• „Ein Wohnungseigentümer, der einer Maßnahme

nach § 22 Abs. 1 nicht zugestimmt hat, ist nicht berechtigt, einen Anteil an Nutzungen, die auf einer solchen Maßnahme beruhen, zu beanspruchen; er ist nicht verpflichtet, Kosten, die durch eine solche Maß-nahme verursacht sind, zu tragen. Satz 1 ist bei einer Kostenverteilung gemäß Abs. 4 nicht anzuwenden.“

• Eine aktuelle Entscheidung des BGH zeigt, wie wichtig es ist, zwischen baulichen Veränderungen gem. § 22 Abs. 1 und Modernisierungen gem. § 22 Abs. 2 WEG zu unterscheiden.

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BGH v. 11.11.2011 - V ZR 65/11

Der Fall: Auf einer früheren ETV beschlossen die Eigentümer die Sanierung des gemeinschaftlichen Schwimmbads, das nicht nur instandgesetzt, sondern zugleich unter Einbeziehung eines Teils der ehemaligen Hausmeisterwohnung um einen Ruheraum erweitert werden sollte. Gleichzeitig wurde für diese Maßnahmen eine nach Miteigentumsanteilen bemessene Sonderumlagebeschlossen. Beiden Beschlüssen stimmte der Kläger nicht zu. Seine gegen sie gerichtete Anfechtungsklage war erfolglos, weil die Klagefrist nicht eingehalten war. In einer späteren Versammlung genehmigten die Eigentümer unter mehrheitlich die Jahresabrechnung. In der Gesamtab-rechnung waren die Kosten der Schwimmbadsanierung und -erweiterung enthalten, die in den jeweiligen Einzelabrech-nungen nach Miteigentumsanteilen verteilt wurden. Auf den Kläger entfielen insgesamt 8.618 €. Der Kläger ficht die Abrechnung an. Zu Recht?

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BGH v. 11.11.2011 - V ZR 65/11

• Ja, meint der BGH und stellt folgende Leitsätze auf:1. Stimmt ein Wohnungseigentümer einer baulichen

Maßnahme gemäß § 22 Abs. 1 WEG nicht zu, ist er gemäß § 16 Abs. 6 Satz 1 Halbsatz 2 WEG von den damit verbundenen Kosten befreit; es kommt nicht darauf an, ob seine Zustimmung gemäß § 22 Abs. 1 i.V.m. § 14 Nr. 1 WEG erforderlich war oder nicht.

2. Er kann die Kostenfreistellung auch nach Bestands-kraft des Beschlusses über die Durchführung der bau-lichen Maßnahme verlangen, sofern der Beschluss die Kostenverteilung nicht abschließend regelt.

• Beachte: § 16 Abs. 6 WEG gilt nur für Maßnahmen nach § 22 Abs. 1 WEG und ist weder auf Maßnahmen der ordnungsgemäßen Instandsetzung und Instandhaltung gem. § 21 Abs. 5 Nr.2 WEG anwendbar noch auf Maßnahmen gem. § 22 Abs. 2 S. 1 WEG.

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Offene Fragen• Leider bezieht sich der BGH in zwei wichtigen Punkten

auf Feststellungen der Vorinstanz:1. Zum einen wird die Feststellung nicht beanstandet,

dass die Einrichtung des Ruheraums keine gebrauchs-werterhöhende Maßnahme sei.

2. Ebenso wenig wird beanstandet, dass das Berufungs-gericht den Beschluss über die Sonderumlage dahin-gehend ausgelegt habe, dass er keine abschließende Regelung der Kostenverteilung enthielt.

• Für den Verwalter fragt sich vor allem, woher er wissen soll, ob ein Eigentümer der Maßnahme zugestimmt hat.

• Ist eine namentliche Abstimmung nicht dokumentiert, bleibt im Zweifel nichts anderes übrig, als die Kosten nach § 16 Abs. 2 WEG zu verteilen.Prof. Dr. Martin Häublein Bremen, den 20.11.2012

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BGH v. 18.6.2010 - V ZR 164/09

• Der Fall: Die Anlage besteht aus 3 Gebäuden; neben 2 Neubauten eine Villa aus dem Jahre 1922, deren Dach undicht ist. Die Sanierung kostet 65.000 €. Mit doppelt qualifizierter Mehrheit beschließen die Eigentümer der beiden Neubauten gem. § 16 Abs. 4 WEG, dass die Kosten von den beiden Eigentümern der Einheiten in der Villa zu tragen sind. Diese fechten den Beschluss an. Haben sie damit im Ergebnis Erfolg?

• Der BGH gab der Anfechtung statt, weil die für den Einzelfall beschlossene Kostenverteilung nur dann ordnungsmäßiger Verwaltung entspreche, wenn für alle gleich gelagerten Maßnahmen unter dem Gesichtspunkt der Maßstabskontinuität eine entsprechende Kostenverteilung beschlossen würde. o Die Leitsätze dieser wichtigen Entscheidung lauten:

Prof. Dr. Martin Häublein Bremen, den 20.11.2012

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BGH v. 18.6.2010 - V ZR 164/09

1. Die Wohnungseigentümer haben bei der Bestimmung eines abweichenden Kostenverteilungsschlüssels nach § 16 Abs. 4 ein nur eingeschränkt überprüfbares Gestaltungsermessen; das ist überschritten, wenn der Kostenverteilungsschlüssel nicht durch den in der Vorschrift genannten Gebrauchsmaßstab, sondern von anderen Gesichtspunkten bestimmt wird.

2. Ein Beschluss nach § 16 Abs. 4 muss den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Verwaltung genügen. Daran fehlt es, wenn die für den Einzelfall beschlossene Änderung des Kostenverteilungsschlüssels einen Anspruch der betrof-fenen Wohnungseigentümer auf Gleichbehandlung in künftigen Fällen auslöst und so den allgemeinen Kosten-verteilungsschlüssel unterläuft. Ein solcher Verstoß führt zur Anfechtbarkeit, nicht zur Nichtigkeit des Beschlusses.

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Praktische Auswirkungen• In seiner Anmerkung zu dem Entscheidung kommt Becker

(ZWE 2011, 36) zu folgender überzeugender Einschätzung:„Nach der Entscheidung des BGH verbleiben den Eigentümern auch außerhalb von Mehrhausanlagen kaum noch Möglichkeiten, die Kosten der Instandsetzung einzelner Gebäudeteile durch Beschluss gem. § 16 Abs. 4 WEG abweichend vom allgemeinen Verteilungsschlüssel einzelnen … oder Gruppen von Wohnungseigentümern anzulasten.“

• Das widerspricht dem Willen des Gesetzgebers. In der BT-Drucks. 16/887 heißt es auf S. 23 sinngemäß hierzu:„Die Eigentümer beschließen über eine abweichende Kostenverteilung häufiger, etwa wenn sie die Kosten für das Streichen von Fenstern nach deren Anzahl abrechnen oder die Reparatur der im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Teile von Balkonen nur den Eigentümern in Rechnung stellen, zu deren Wohnung ein Balkon gehört oder wenn sie allein die Nutzungsberechtigten von Stellplätzen oder Garagen oder mit den Kosten der Instandsetzung belasten.“

• Gerade für Instandsetzungsmaßnahmen sollte die Norm gelten!Prof. Dr. Martin Häublein Bremen, den 20.11.2012

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Zu den verbleibenden Fällen erneutM. Becker (ZWE 2011, 35, 36):

• „Eine individuelle Anlastung von Instandsetzungskosten im Einzelfall können die Wohnungseigentümer nach § 16 IV WEG rechtmäßig, d.h. unanfechtbar, nur beschließen, wenn der Grundsatz der Gleichbehandlung der Wohnungseigentü-mer keine Vorwirkung für künftige Einzelfälle zur Folge hat. So liegen die Dinge etwa, wenn sämtliche Außenfenster im räumlichen Bereich der einzelnen Wohnungen instandset-zungsbedürftig sind und die Wohnungseigentümer anlässlich der Instandsetzung sämtlicher Fenster mit der nach § 16 IV WEG erforderlichen … Mehrheit beschließen, die Kosten in-dividuell nach der Anzahl der jeweils im räumlichen Bereich der Wohnungen befindlichen Fenster auf die einzelnen Wohnungseigentümer zu verteilen.“

Bremen, den 20.11.2012Prof. Dr. Martin Häublein

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Folgekosten baulicher Maßnahmen im Sonderinteresse –

LG Itzehoe v. 12.7.2011 – 11 S 51/10• Sehr umstritten ist, wie es sich mit Folgekosten von

baulichen Veränderungen/Modernisierungen verhält.o M.E. gehören diese zur konkreten Änderung = Einzelfall.

• Dieser Sichtweise hat sich das LG Itzehoe angeschlossen (ZMR 2012, 219, 221), sofern:o die Errichtung der baulichen Anlage ausschließlich im

Interesse einzelner Wohnungseigentümer liegt undo der Genehmigungsbeschluss im Zusammenhang mit dem

Kostenfreistellungsbeschluss erfolgt, so dass für die von der baulichen Veränderung Begünstigten von vornherein der Zusammenhang zwischen Errichtungsbefugnis und Kostenfreistellung erkennbar wird.

M.E. kann es sich dabei aber allenfalls um Kriterien für die Ordnungsmäßigkeit des Beschlusses handeln.

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