betriebsfestigkeit - htw berlinjoensson.f2.htw-berlin.de/ps/joen-skript_bfe.pdf · 2017. 1. 10. ·...
TRANSCRIPT
Vorlesungs-Skript
Betriebsfestigkeit
Vorlesung im 3. Fachsemester
des Masterstudienganges Maschinenbau
mit 2 Stunden Vorlesung pro Woche
© Prof. Dr. Dieter Joensson
HTW Berlin 2016Fachbereich Ingenieurwissenschaften
Technik und Leben
D. Joensson Seite 1 von 2
Vorbemerkung zum Skript Betriebsfestigkeit
Mit dem einsemestrigen Wahlpflichtmodul Betriebsfestigkeit an der HTW Berlin und den 2 Stunden pro Woche kann nur eine erste Einführung in dieses Fachgebiet gegeben werden.
Wer berufsmäßig Betriebsfestigkeit betreiben möchte, kommt zumindest im deutschsprachi-gen Raum um zwei Fachbücher und eine Richtlinie nicht herum:
Haibach, E.: Betriebsfestigkeit. Verfahren und Daten zur Bauteilberechnung. Springer-Verlag Berlin, Heidelberg, 3. Auflage 2006.
Radaj, D., Vormwald, M.: Ermüdungsfestigkeit. Grundlagen für Ingenieure. Springer-Verlag Berlin, Heidelberg, 3. Auflage 2007.
FKM-Richtlinie: Rechnerischer Festigkeitsnachweis für Maschinenbauteile aus Stahl, Eisenguss- und Aluminiumwerkstoffen. Herausgeber: Forschungskuratorium Maschi-nenbau (FKM), VDMA Verlag Frankfurt am Main, 6. Auflage 2012.
Wer als Anfänger eines dieser beiden Bücher oder die Richtlinie in die Hand nimmt, wird von der Fülle der Fakten und Abhandlungen buchstäblich überrollt.
Das liegt nicht nur daran, dass Betriebsfestigkeit fast durchgängig mit Statistik und Wahrscheinlichkeitsrechnung durchsetzt ist. Betriebsfestigkeit zählt zu den komplexesten Fachgebieten des Maschinen- und Fahrzeugbaus mit den teuersten Prüfmaschinen, den aufwendigsten Prüfverfahren und der vielfältigsten Verknüpfung aller Gebiete der Festkörpermechanik.
Im vorliegenden Skript werden nur erste Grundlagen und Vokabeln beschrieben, insbesondere zur Statistik der Wöhlerlinie und zur Amplitudentransformation auf Amplituden ohne Mittel-spannungen. Mit diesem Grundgerüst sollte es möglich sein, die oben erwähnten Bücher dann doch in die Hand zu nehmen, ohne gleich zu verzagen.
Im Skript werden statistische Streuungen der Beanspruchungsverläufe nicht thematisiert. Diese Streuungen treten zusätzlich zu den Werkstoff-Streuungen (der Wöhlerlinie) auf und müssen in realen Einsatzfällen mit berücksichtigt werden. Auch dazu sind in den oben erwähnten Büchern die erforderlichen Beschreibungen enthalten.
Vorgestellt werden im Skript nur einfache Lebensdauerberechnungen sowie die Nutzung eines "Freeware-Programms" in Form des Betriebsfestigkeitstools von Ansys Workbench. Um Freeware handelt es sich insofern nur, solange die Anwender noch Studenten sind und das FEM-Programmsystem Ansys demzufolge als Studentenversion kostenfrei nutzen kön-nen.
D. Joensson Seite 2 von 2
Vorbemerkung zum Skript Betriebsfestigkeit
Wenn jemand am Computer z.B. mit rein elastisch berechneten Spannungen Lebensdauer-werte ermitteln möchte, erlebt eine Überraschung: Schon einfache Kerben im Bauteil führen bei relativ geringen Belastungen zu Spannungen oberhalb der elastischen Streckgrenze und damit zu geringen Bruchlastwechselzahlen der Spannungs-Wöhlerlinie. In der FKM-Richtlinie wird ihre Anwendung für größere Bruchlastwechselzahlen ab 10000 Lastwechseln empfohlen - oder nicht weiter erwähnt.Um trotzdem handlungsfähig zu bleiben, empfehle ich in Kapitel 3.8.4 für erste Berechnun-gen eine Extrapolation der Wöhlerlinie als Grobabschätzung. Genauere Berechnungen erfordern dann natürlich mehr Aufwand: Die Berücksichtigung elastisch-plastischer Effekte z.B. über die Dehnungs-Wöhlerlinie, die Berücksichtigung bruchmechanischer Effekte sowie des örtlichen Spannungsgefälles.Andererseits treten in vielen Beanspruchungsverläufen anteilig in überwiegender Zahl Lastwechsel mit niedrigen Spannungswerten auf, für die wiederum die Spannungs-Wöhlerlinie besser als die Dehnungs-Wöhlerlinie geeignet ist.
In den beigefügten Workbench-Übungen soll vor allem demonstriert werden, welche beträchtlichen Fehler bei falscher Anwendung entstehen können.
Weitere Literaturempfehlungen:
Buxbaum, O.: Betriebsfestigkeit. Verlag Stahleisen mbH Düsseldorf, 2. Auflage 1994.
Gudehus, H., Zenner, H.: Leitfaden für eine Betriebsfestigkeitsrechnung. Verlag Stahleisen GmbH Düsseldorf, 4. Auflage 2004 und 2007
Sander, M.: Sicherheit und Betriebsfestigkeit von Maschinen und Anlagen. Springer Verlag Berlin Heidelberg 2008
Richard, H. A., Sander, M.: Ermüdungsrisse. Vieweg + Teubner Verlag Wiesbaden 2009
Köhler, M., Jenne, S., Pötter, K., Zenner, H.: Zählverfahren und Lastannahme in der Betriebs-festigkeit. Springer Verlag Berlin Heidelberg 2012
Inhaltsverzeichnis Betriebsfestigkeit
1. Einleitung 1
2. Grundbegriffe der Schwingfestigkeit 2
2.1 Amplituden-Schwingspiel 2
2.2 Verschiedene Schwingfestigkeiten 5
2.3 Spezielle Fachgebiete der Schwingfestigkeit 7
2.4 Die drei Bestandteile der Betriebsfestigkeit 8
3. Die Wöhlerlinien des Wöhlerdiagramms 9
3.1 Statistische Streuung der Bruch-Schwingspielzahlen 9
3.2 Das Wöhlerdiagramm 10
3.3 Die Wöhlerlinie 12
3.4 Statistische Grundlagen des Wöhlerdiagramms 14
3.4.1 Vorgeschichte: Die Klassierung großer Stichproben 14
3.4.2 Die Grundgesamtheit mit stetiger Verteilung 18
3.4.3 Die Normalverteilung als spezielle Verteilungsfunktion 20
3.4.4 Kleine Stichproben 23
3.4.5 Logarithmische Normalverteilung 26
3.4.6 Streuspannen TN und TS 27
3.4.7 Wöhlerlinie für Pü = 97,5 % 32
3.4.8 Statistische Bestimmung der Dauerfestigkeit 35
3.4.9 Fazit 38
3.4.10 Experimenteller Aufwand für ein Wöhlerdiagramm 38
3.4.11 Das Perlenschnurverfahren 39
3.5 Wöhlerlinien für Mittelspannungen ungleich Null 41
3.6 Kerbeinfluss auf Wöhlerlinien 50
3.6.1 Bauteil-Wöhlerlinie und Werkstoff-Wöhlerlinie 50
3.6.2 Kerbwirkungszahl und Stützziffer 53
3.6.3 Drei Konzepte der Betriebsfestigkeit zur Kerbwirkung 55
3.7 Weitere Einflüsse auf Bauteil-Wöhlerlinien 56
Inhaltsverzeichnis Betriebsfestigkeit
3.8 Künstlich erzeugte Wöhlerlinien 57
3.8.1 Ein Beispiel nach FKM-Richtlinie 57
3.8.2 Lebensdauer-Vergleich für beide Konzepte 62
3.8.3 Wöhlerlinien für FEM elastisch 65
3.8.4 Werkstoff-Wöhlerlinien mit grob geschätzter Kurzzeitfestigkeit 66
4. Lebensdauer-Berechnung 69
4.1 Einleitung 69
4.2 Schadensakkumulation hypothetisch 69
4.3 Die Hypothese von Palmgren und Miner 71
4.4 Intermezzo: Kollektive 73
4.5 Drei Sonderformen der Palmgren-Miner-Formel 75
4.5.1 Miner elementar 75
4.5.2 Miner original 76
4.5.3 Miner konsequent 76
5. Beanspruchungsanalysen der Betriebsfestigkeit 77
5.1 Einleitung 77
5.2 Regellose Wechselbeanspruchung mit R = - 1 77
5.3 Regellose Wechselbeanspruchung plus konstante Mittelspannung 79
5.4 Beanspruchung mit schwankenden Mittelspannungen 80
5.5 Das Rainflow-Klassierverfahren 82
5.6 Schädigungsmatrix 84
6. Ausblick 85
FEM-Übungen zur Betriebsfestigkeit ab Seite 91
der vorliegenden Datei Joen-Skript_BFe.pdf
Betriebsfestigkeit Seite 1
Joensson HTW Berlin
© Prof. Dr. Joensson HTW Berlin 2015
B e t r i e b s f e s t i g k e i t
1. Einleitung
Betriebsfestigkeit bedeutet: Schwingfestigkeit bei regelloser Beanspruchung
z.B.
Ziel der Betriebsfestigkeit:
Lebensdauervorhersage für regellos beanspruchte Bauteile
sowie
optimale Ausnutzung des Materials für eine vorgegebene Lebensdauer
(Dimensionierung auf „Zeitfestigkeit“)
Alternative: Dimensionierung auf Dauerfestigkeit
(das Bauteil soll ewig halten)
Leichtbauprinzip!
Zuerst im Flugzeugbau ab etwa 1930 entstanden. Heute im Maschinen-
und Fahrzeugbau ebenso üblich.
Zeit
Betriebsfestigkeit Seite 2
Joensson HTW Berlin
2. Grundbegriffe der Schwingfestigkeit
2.1 Amplituden-Schwingspiel
Ein Schwingspiel (mitunter auch „Lastwechsel“ oder „Zyklus“ genannt)
entspricht bei harmonischer (sinusförmiger Schwingung) einer kompletten
Schwingungsperiode der Dauer T.
1 Schwingspiel beginnt also z.B. bei einem positiv ansteigenden Nulldurch-
gang und endet beim nächsten positiven Nulldurchgang oder beginnt bei ei-
nem Maximalwert und endet beim nächsten Maximalwert.
Das Gleiche gilt für aufeinander folgende Minimalwerte.
Bei nicht-harmonischen Schwingungsverläufen werden in der Betriebsfestig-
keit zunächst Halb-Schwingspiele („von Spitze zu Spitze“) jeweils aufstei-
gend und absteigend ermittelt und zu vollständigen Schwingspielen zusam-
mengesetzt.
Jedes Halb-Schwingspiel i wird dabei mit 2 Werten charakterisiert:
Amplitude a i und zugehörige Mittelspannung m i
t
ˆ
m
a
ˆ
m
ˇ
a
ˇ
t
Betriebsfestigkeit Seite 3
Joensson HTW Berlin Dies führt zu einer anderen Interpretation als in Maschinendynamik.
Beispiel:
Dieser Verlauf wird in Maschinendynamik mittels Fourier-Analyse als
Summe von harmonischen Schwingungen mit unterschiedlichen Frequenzen
und Amplituden interpretiert:
Null Hertz „Frequenz" Grundschwingung mit Frequenz f 1
1. Oberschwingung mit Frequenz f 2
usw.
bzw. rationell zusammengefasst im „Amplituden-Frequenzgang“
(mit einer einzigen gemeinsamen Mittelspannung m bei f = 0 Hz)
f [Hz]
ˆ
1ˆ
f1 f2 f3 f4
t
m
t
1
t
ˆ 2ˆ
+ +
t
m
(t)
Betriebsfestigkeit Seite 4
Joensson HTW Berlin im Unterschied zur Betriebsfestigkeit:
usw.
Hier wird der Zeitverlauf durch verschiedene Amplituden a i und zugehö-
rige Mittelspannungen m i interpretiert
- ohne Berücksichtigung unterschiedlicher Frequenzen.
Wesentliche Unterschiede zwischen Maschinendynamik und Betriebsfestig-
keit:
1.) In der Betriebsfestigkeit kann jeder Schwingungsanteil seine
eigene Mittelspannung haben.
2.) In der Betriebsfestigkeit interessiert vor allem die Anzahl der
ertragbaren Lastwechsel bis zum Bruch des Bauteils
(Stichwort „Lebensdauer“ oder „Schwingfestigkeit“ des Bauteils)
a1 m1
t
a2m2
t
a2 m3t
+ +
Betriebsfestigkeit Seite 5
Joensson HTW Berlin
2.2 Verschiedene Schwingfestigkeiten
(im Unterschied zur statischen Festigkeit)
Beispiel Statisches Spannungs-Dehnungs-Diagramm für Baustahl:
statische Zugfestigkeit Rm
(„Bruchfestigkeit“)
statische Streckgrenze Re
zulässige Spannung zul = 1,5
Re
Bei schwingender Beanspruchung führen bereits Amplituden a < Re / 1,5 zum Bruch des Bauteils.
Beispiel „Einstufige“ Schwingbeanspruchung
(d.h. 1 konstante Amplitude als Beanspruchungsstufe)
mit a : Amplitude < Rm statisch
T : Schwingungsdauer A 1 Schwingspielzyklus
Die Anzahl der Schwingspielzyklen bis zum Bruch heißt
„Bruchschwingspielzahl“ oder „Bruchlastwechselzahl“ BN .
Hier: BN = 4
Während der Schwingbeanspruchung tritt „Ermüdung“ des Werkstoffes und Rissbildung auf.
a
t
Bruch
T
Rm Re
Betriebsfestigkeit Seite 6
Joensson HTW Berlin Drei Stadien der fortschreitenden Schädigung bei 1-stufiger Schwingbean-spruchung:
Anriss Bruch
Stadium I : Bildung der Ermüdungsgrundstruktur
II : Rissbildung (Mikrorisse wachsen zu Makrorissen)
III : Rissausbreitung der Makrorisse bis zum Bruch des Bauteils
Je nach Dauer der ertragbaren Lastwechsel unterscheidet man
a) Dauerfestigkeit ( = Dauerschwingfestigkeit), d.h.
die Schwingungs-Amplitude a der Spannung ist so niedrig, dass
sie vom Bauteil ∞ oft ertragen werden kann.
Der obere Grenzwert für a mit dieser Eigenschaft ist D :
a ≤ D „Dauerfestigkeit“ als Werkstoffkennwert
b) Zeitfestigkeit
a ist so groß, dass nach einer endlichen Zeitspanne das Bauteil zu
Bruch geht. Dies gilt für Amplituden D < a < Re
mit Re : statische Zug-Streckgrenze
Dazu gehören folgende Bruch-Schwingspielzahlen bei Stahl:
BN ≈ 10 3 bis 10 7
c) Kurzzeitfestigkeit BN = 1 bis ≈ 10 3 bei Stahl
für Spannungsamplituden Re < a < Rm
Alle drei Schwingfestigkeiten sind im Wöhlerdiagramm enthalten Kap. 3.
100 %
0 % I II III
Schädigung
NA NB Lebensdauer
Betriebsfestigkeit Seite 7
Joensson HTW Berlin
2.3 Spezielle Fachgebiete der Schwingfestigkeit
2.3.1 Ermüdungsfestigkeit
Untersucht
1.) vorrangig bei 1-stufiger Beanspruchung die zyklische Werkstoffer-
müdung (Dauerfestigkeit sowie Zeit- und Kurzzeitfestigkeit bis zur
Anriss-Zyklenzahl AN < BN )
unter Berücksichtigung verschiedener Einflussgrößen
(Werkstoff, Bauteilgeometrie, Belastungsart ….)
2.) werkstoff-physikalisch die Ermüdungsgrundstruktur ( Stadium I
der Schädigung), d.h. die Änderungen der Werkstoffeigenschaften.
3.) die Wirkung mehrstufiger Beanspruchungen bis zum messbaren Anriss AN , z.B.
meistens mit geordneter
2- oder 3-stufiger Bean-
spruchung.
2.3.2 Bruchmechanik
Untersucht die Rissausbreitung zwischen Anriss-Lastwechselzahl AN und
Bruchlastwechselzahl BN ( Stadium III der Schädigung),
meistens für 1-stufige und geordnete mehrstufige Beanspruchungsverläufe.
2.3.3 Betriebsfestigkeit
Unter Nutzung der Erkenntnisse der oben genannten Fachgebiete werden
Lebensdauervorhersagen für regellos beanspruchte Bauteile bis zum Bruch
erstellt.
t
a2a1
Betriebsfestigkeit Seite 8
Joensson HTW Berlin
2.4 Die drei Bestandteile der Betriebsfestigkeit
1.) Wöhlerlinie aus 1-stufiger Be-anspruchung
2.) Analyse der regellosen Beanspruchungs-Zeit-Funktion
durch Auszählen der vorhande-
nen Häufigkeiten einzelner
Schwingspiele
liefert zu jeder möglichen
Spannungsamplitude a i
eine Bruchlastspielzahl
B iN
liefert die Anzahl in der
vorhandenen Schwingspiele zu
jeder Beanspruchungsstufe i
in
3.) Schadensakkumulations-hypothese
zu jedem Schwingungsanteil
i wird aus in und B iN
ein Schädigungsbeitrag iD
berechnet
und daraus die Lebensdauer
B LN des Bauteils für diese
Beanspruchung σ (t)
tt
a1
NB1
log NB
z.B. für üP = 90 %
Betriebsfestigkeit Seite 9
Joensson HTW Berlin
3. Die Wöhlerlinien des Wöhlerdiagramms
3.1 Statistische Streuung der Bruch-Schwingspielzahlen
Identisch hergestellte Bauteile liefern bei harmonischer Schwingbeanspru-chung mit 1 konstanten Amplitude a i jeweils deutlich verschiedene Werte für die Bruch-Schwingspielzahlen N = BN .
Beispiel: Zugkraft F(t) sinusförmig über t
erzeugt im engsten Querschnitt des Bauteils eine Spannungs-Amplitude
1a :
↑ logarithmisch wegen großer Die statistische Auswertung je Streuspanne
„Spannungshorizont“ a i liefert
eine Häufigkeitsverteilung für iN :
mit 90N : 90 % aller Bauteile „überleben“ diese Anzahl N
90N repräsentiert eine „Überlebenswahrscheinlichkeit“ von üP = 90 %.
Des Weiteren gilt: 50N = BN für 50 % üP , 10N = BN für 10 % üP
Fazit: 1.) Zu jedem Spannungshorizont a i gehören stets mehrere Werte iN
( theoretisch ∞ viele )
2.) Daraus einen Mittelwert zu bilden, wäre sinnlos, weil die Hälfte (!) aller Bauteile diesen Wert nicht erreichen kann.
3.) Für technische Belange viel wertvoller sind hohe üP -Werte: Mindestens 90 % üP oder 97,5 % üP .
log NN10 N50N90
Häufigkeit
f (N)
t
a1
log N
a1
103 102101100
je Bauteil 1 Punkt für N
F (t)
Betriebsfestigkeit Seite 10
Joensson HTW Berlin
3.2 Das Wöhlerdiagramm
Werden die Ergebnisse mehrerer Spannungshorizonte (des gleichen Bauteils)
über iN aufgetragen, so entsteht ein Wöhlerdiagramm als Streuband:
Sonderfall des Wöhlerdiagramms:
Einzelne Wöhlerlinien, jeweils für 1 konkrete Überlebenswahrschein-lichkeit üP bzw. Ausfallwahrscheinlichkeit AP = 100 % - üP bzw. Bruchwahrscheinlichkeit BP = AP = 100 % - üP
Wöhlerdiagramm komplett mit Streuband zwischen 10 % und 90 % üP :
mit a i ein beliebiger Spannungshorizont
üP = 90 % bedeutet: 90 % aller Bauteile „überleben“ diese Linie, 10 % erreichen sie nicht.
a
106 107 log N 108 105104103102
10 0,25
Amplitude Kurzzeitfestigkeit
Zeitigfestigkeit
Dauerfestigkeit
Häufigkeit
ai
Rm
Re
D
90% Pü50%
10% Pü = 90% PA
log N102 103 104
Pü = 90%
Wöhlerlinie für Pü = 10% a2
a1
a
Betriebsfestigkeit Seite 11
Joensson HTW Berlin Auch die statische Zugfestigkeit mR auf der Ordinate des Wöhlerdiagramms
ist eine streuungsbehaftete Größe:
Nur 10 % aller identischen Bauteile erreichen hier den oberen Wert mit
üP = 10 %.
Die zugehörige Bruch-Schwingspiel-
zahl ist BN = 1
4
Des Weiteren sind die statische Streckgrenze eR und die Dauerfestigkeit D ebenfalls Streuungsgrößen.
Statische Versuche an identischen Bauteilen liefern je Versuchsprobe jeweils
eine eigene Spannungs-Dehnungs-Linie, z.B.:
Auch der E-Modul (der Anstieg
der Anfangsgeraden) ist
streuungsbehaftet
Die statistische Auswertung der Versuche liefert üP -Prozentwerte für eR und mR .
Daraus folgt z.B.: 90mR = mR mit 90 % üP
(d.h. dieser Wert wird von 90 % aller identischen Proben überschritten)
und 10mR (= mR mit 10 % üP ) wird nur von 10 % erreicht.
0 0
Re
Rm
1
2
3
2
E2 = tan 2
t
14 T
BruchRm
Betriebsfestigkeit Seite 12
Joensson HTW Berlin
3.3 Die Wöhlerlinie
Wöhlerlinie: Sonderfall des Wöhlerdiagramms für 1 konkrete Überlebens-wahrscheinlichkeit üP bzw. Ausfallwahrscheinlichkeit AP .
90mR und 90D sind experimentell ermittelbare Werkstoffkennwerte, die
jeweils von 90 % aller identischen Bauteile überschritten werden.
( 90mR folgt aus statischen Versuchen, 90D aus Schwingungsversuchen). Werden beide Achsen logarithmisch aufgetragen, so entsteht eine ähnliche Kurve der Wöhlerlinie wie bei linear-logarithmischer Darstellung.
Die näherungsweise Interpretation der Zeitfestigkeitskurve als Gerade führt dann auf eine besonders kurze Exponentialgleichung für a ( N ) .
loga
Rm90
D90
1 ≈102 107
log N
ND90
tatsächliche WL
z.B. Pü = 90% WL idealisiert
mit Anstieg k
trilinear
≈106
a
Rm90
ARe90
a1
D90
1 ≈103 106 107
log N NB1
WL
z.B. für Pü = 90% (=10% PA)
Betriebsfestigkeit Seite 13
Joensson HTW Berlin Die Gleichung der idealisierten Zeitfestigkeits-Geraden im log-log-System lautet:
N ( a ) = DN ·
k
a
D
Mit DN : fiktive Bruch-Schwingspielzahl für die Dauerfestigkeit D
(mitunter auch Knickpunkt-Zyklenzahl genannt – einen solchen „Knick“ gibt es aber real nicht)
a : Amplitude der einstufigen Beanspruchung d.h.
N ( a ) : zugehörige Bruch-Schwingspielzahl N
k : Neigung der Zeitfestigkeits-Geraden im log-log-System
k = tan α
z.B. bei Metallen übliche Werte: k = 3 bis 25 Beispiel:
Wöhlerlinie für üP = 90 % mit k = 6,7 und D = 94 MPa bei DN = 10 6
Ges.:
Bruch-Schwingspielzahlen N für 1a = 200 MPa und 2a = 140 MPa
Lösung:
1N ( 1a ) = DN ·
1
k
a
D
= 10 6 · 6,7
200
94
= 6 354 Schwingspiele
2N ( 2a ) = … = 69 326 Schwingspiele
t0
(t)
a1 a1
N1
a
log N
Betriebsfestigkeit Seite 14
Joensson HTW Berlin
3.4 Statistische Grundlagen des Wöhlerdiagramms
Oder: Woher kommen die Prozentwerte für Pü und Pu ?
3.4.1 Vorgeschichte: Die Klassierung großer Stichproben
Für einen Messwert sind theoretisch ∞ viele Ergebnisse möglich.
Zufällige Auswahl = Stichprobe.
Mehr als n = 100 Einzelergebnisse: „Großer“ Stichprobenumfang (n > 100)
z.B.
198 Messwerte zu einer Größe x:
Auswertung der Häufung durch Klassierung,
d.h. willkürliche Einteilung eines Messbereiches xmin bis xmax in k Klassen
gleicher Breite ∆x = ( xmax - xmin ) / k
und anschließende Zählung der Häufigkeit in jeder Klasse.
Nach dieser Einteilung z.B. in 8 Klassen liegen hier deutlich mehr Messwerte
im Bereich der Klasse 4 (zwischen x3 und x4 = x3 + ∆x) im Vergleich zu
Klasse 1 oder 8.
Die gezählten Häufigkeiten werden anschaulich als Stabdiagramm oder als
Säulendiagramm (Histogramm) dargestellt.
x0 x1 x2 x3 x4 x5 x6 x7 x8 = xmax 0
x
1 2 3 4 5 6 7 8Klasse
0
x
Häufung
Betriebsfestigkeit Seite 15
Joensson HTW Berlin
n =198
Einzelwerte
in 8 Klassen
Die Häufigkeiten im Stabdiagramm werden jeweils in der Klassenmitte
angetragen.
Aus Hj folgt die relative Klassenhäufigkeit hj (xj) = j jH (x )
n in %
gleiches Bild wie Hj (xj), jetzt aber mit Ordinate in % :
hj (xj) wird auch „Häufigkeitsfunktion“ der Stichprobe genannt.
x0 x1 x2 x3 x4 x5 x6 x7 x8 0 0
10
20
x
23,2 %
13,1 %
5,6 %
11,6% = 23/198
hj [%]
x0 x1 x2 x3 x4 x5 x6 x7 x8 0 0
20
40
x
46
26
11
23
Hj
30
39
17
6
= xmin = xmax
absolute Klassenhäufigkeit je Klasse j = 1 … k
relative Klassenhäufigkeit
Betriebsfestigkeit Seite 16
Joensson HTW Berlin
Werden diese %-Werte hj von links beginnend je Klasse an der rechten
Klassengrenze aufsummiert, so entsteht die
„Relative Klassen-Summenhäufigkeit“ ∑ hj (xj)
Mit ∑ hj ist zu jedem Wert xj sofort sichtbar, wieviel % aller Messwerte
der Stichprobe diesen Wert unterschreiten.
→ ∑ hj (xj) = „Unterschreitungswahrscheinlichkeit“ Pu
------------------------------
Daraus folgt die „Überschreitungswahrscheinlichkeit“ Pü
Pü = 100% - Pu wegen Pu + Pü = 1
In der Mathematik wird meistens die Unterschreitungs-Wahrscheinlichkeit Pu
bevorzugt, in der Betriebsfestigkeit eher Pü.
x0 x1 x2 x3 x4 x5 x6 x7 xmax0 0
25
50
80
∑ hj [%]
x
100 %
33,8 %
18,7 %
5,6 %
„Verteilungsfunktion“
der Stichprobe
Betriebsfestigkeit Seite 17
Joensson HTW Berlin
Beispiel:
Wie groß ist die Überschreitungswahrscheinlichkeit üP für die Werte x3
und x5 im Diagramm auf Seite 15?
Pu (x3) = ∑ h (x3) = 1
n ∑ H (x3)
= 1
198 (11 + 26 + 30 ) =
67
198 = 33,8 %.
Also Pü (x3) = 100% - 33,8 % = 66,2 %
66,2 % aller Messwerte dieser Stichprobe überschreiten den Wert x3.
Pu (x5) = ∑ h (x5) = 1
n ∑ H (x5) =
152
198 = 76,8 %.
Also Pü (x5) = 23,2 %
Nur 23,2 % aller Messwerte überschreiten den Wert x5.
Betriebsfestigkeit Seite 18
Joensson HTW Berlin
3.4.2 Die Grundgesamtheit mit stetiger Verteilung
Sämtliche mögliche Messwerte einer konkreten Prüfgröße bilden die so
genannte Grundgesamtheit für n = ∞.
Aus der diskreten (brüchigen) Funktion hj (xj) wird mittels unendlich feiner
Klassenteilung eine stetige „Dichtefunktion“ f(x), z.B:
! Die Maßeinheit von f ist nicht Prozent, sondern der Kehrwert der Maß-
einheit von x (z.B. x in kg liefert f in 1/kg).
Umrechnung zur diskreten relativen Häufigkeit h(x) in Prozent:
h (x) = f (x) · ∆x mit endlicher Klassenbreite ∆x
Durch Integration der Dichtefunktion folgt die stetige Verteilungsfunktion
F
x xi 0
F (x)
1
Pu (xi)
x
F(x) f (x)dx
f
x xi 0
f (x)
F (x) =
x
f x dx
Betriebsfestigkeit Seite 19
Joensson HTW Berlin
F (x) ist dimensionslos bzw. in % angegeben und entspricht der relativen
Summen-Häufigkeit.
Dabei gilt stets
0 < F (x) < 1
F (x) kennzeichnet die Unterschreitungswahrscheinlichkeit Pu für den Wert x:
F (x) = Pu (x) = P ( X < x)
d.h. F(x) beschreibt die Wahrscheinlichkeit P, dass die Zufallsgröße X
kleiner als der konkrete Einzelwert x ist.
Der schraffierte Flächeninhalt zwischen ( - ∞ ) bis xi im Diagramm f (x)
entspricht im Diagramm F (x) einem Punkt.
Konkrete xi-Werte zu einer vorgegebenen Wahrscheinlichkeit P (z.B. 1%
oder 90 %) heißen Quantile.
Betriebsfestigkeit Seite 20
Joensson HTW Berlin 3.4.3 Die Normalverteilung als spezielle Verteilungsfunktion
Bei Messungen wurde entdeckt:
Für bestimmte Messgrößen treten typische Häufigkeitsverteilungen auf, die
sich mit wenigen Parametern rationell beschreiben lassen,
z.B. Poissonverteilung, Binominal-V., Exponential-V., Gaußsche V.,
Weibull-V. usw. ….
Speziell die Gaußsche V. wird auch „Normalverteilung“ (NV) genannt.
Bei dieser Verteilung genügen 2 Werte (Parameter) zur vollständigen
Beschreibung:
1.) Der Erwartungswert μ kennzeichnet den Mittelwert x, bei dem die
größte Häufigkeit auftritt.
2.) Die Standardabweichung σ kennzeichnet den x-Abstand zwischen
dem Gipfel und den Wendepunkten der Dichtefunktion f (x)
F
x xi 0
F (x)
1
Pu (xi)
0
0,5
x 0
f (x)
f Gaußsche
„Glockenkurve“
symmetrisch
Auch hier gilt
0 < F (x) < 1
und
F (x) = Pu (x)
Betriebsfestigkeit Seite 21
Joensson HTW Berlin Mit μ und σ werden die Lage des Gipfels und die Breite der Häufigkeits-
verteilung beschrieben, z.B.:
Das alles gilt jeweils für ∞ viele Messwerte einer Prüfgröße.
Hat die relative Klassenhäufigkeit h (xj) einer Stichprobe mit n Werten etwa
die Form einer Gaußschen Glockenkurve, so kann eine normalverteilte
Grundgesamtheit vermutet werden.
Ob tatsächlich eine Normalverteilung vorliegt, kann geprüft werden:
Entweder analytisch mit statistischen Prüfverfahren, siehe z.B. Papula
Band 3, oder
grafisch mittels Wahrscheinlichkeitsnetz (erfunden von A. Hazen 1914)
In diesem Netz ist die Ordinate entsprechend dem Gaußschen Integral
für F (x) nichtlinear verzerrt:
Damit entsteht aus der
S-Kurve
der Funktion F (x)
eine Gerade
x
Pu %
neu 60original 60
50
40
10
0,1 0,01
x
f
f2 (x)f1 (x)
Betriebsfestigkeit Seite 22
Joensson HTW Berlin
Werden in diesem Netz Stichprobenwerte ∑ hj (xj) normalverteilter Grund-
gesamtheiten eingetragen, so liegen diese Punkte auf einer Geraden bzw.
können durch eine Ausgleichsgerade angenähert werden:
Für uP = 50 % und andere %-Werte können die zugehörigen xi-Werte von
der Ausgleichsgeraden abgelesen werden.
Liegen die Punkte ∑ hj (xj) nicht auf einer Geraden bzw. annähernd auf einer
Geraden, so liegt keine Normalverteilung vor!
Aus dem Wahrscheinlichkeitsnetz sind folgende zwei Parameter ablesbar:
Empirischer Mittelwert x ≈ μ bei Pu = 50 %
und
Empirische Standardabweichung sx ≈ σ
als Differenzbetrag von x und dem x-Wert für Pu = 15,87 %
oder als Differenzbetrag von x und dem x-Wert für Pu = 84,13 %.
x
Pu
xi
0,1 1
10
50
90
∑h (xi)
x
Betriebsfestigkeit Seite 23
Joensson HTW Berlin 3.4.4 Kleine Stichproben n < 30
Bei Wöhlerversuchen sind oft nur je Spannungshorizont 6 bis 10 Versuchs-
werte vorhanden.
Statistische Auswertung mit Summenhäufigkeiten aus Klassierung ist
nicht möglich.
Deshalb spezielle Auswertung als „Kleine Stichprobe“, d.h.
Simulation der relativen Summenhäufigkeit ∑ hj durch so genannte
„Positionswahrscheinlichkeiten“.
Dazu werden die n Versuchswerte xi der Größe nach geordnet:
x1 kleinster Wert … xn größter Wert
Diesen Werten werden dann „%-Positionen“ mit Hilfe einfacher Schätz-
formeln zugeordnet,
z.B. nach Weibull 1951 Pu =
1
i
n
mit i = 1, 2, … n
Unterschreitungs-Wahrscheinlichkeit
(entspricht ∑ hj bei großen Stichproben)
Beispiel: 9 Werte xi
x1 Pu1 = 1 / 10 = 10 %
x2 Pu2 = 20 % … x9 Pu9 = 90 %
Die Werte-Paare Pui-xi können dann im Wahrsch.-Netz als Punkte eingetragen werden.
Auswertungs-Ergebnis: x und
x
Pu %
x5
10
50
90
x4 x3 x2x1
sx x
F (x)
sx
Betriebsfestigkeit Seite 24
Joensson HTW Berlin
Alternative: Die umgekehrte Reihenfolge j = n, n-1, … 1
führt zur Überschreitungs-Wahrscheinlichkeit (= Überlebens-
wahrscheinlichkeit) üP
uP typisch für Mathematik üP typisch für Betriebsfestigkeit
Weitere Schätzformeln für Positionswahrscheinlichkeiten kleiner Stich-
proben stammen von Stepnow, Blom, Hück, Rossow ….
z.B.
Rossow-Formel 1964
uP = 3 1
3 1
i
n
bzw. üP = 3 1
3 1
j
n
mit i = 1, 2, … n bzw. j = n, n-1, … 1
jeweils für x1 = kleinster Wert und xn = größter Wert.
Die Auswertung für üP = 10, 50 und 90 % mehrerer Spannungshorizonte
führt dann direkt zum Wöhlerdiagramm
Pu %
x
50
x
F (x)
xn x1
Pü %
x
50
x
1 – F (x)
xn x1
u
iP
n 1
ü
jP
n 1
Betriebsfestigkeit Seite 25
Joensson HTW Berlin
↓
Bild-Zitat aus einem Fachbuch.
Wird hier aus Urheberrechtsgründen nicht gezeigt und wurde in der damaligen Vorlesung nur für die Teilnehmer verwendet. Der Zugriff darauf erfolgte in nicht öffentlichem Ressort.
Bild-Zitat aus einem Fachbuch.
Haibach, E.: Betriebsfestigkeit. Springer-Verlag, 3. Auflage 2006, S. 30/31
Betriebsfestigkeit Seite 26
Joensson HTW Berlin
3.4.5 Logarithmische Normalverteilung
Die Bruch-Schwingspielzahlen N je Spannungshorizont a der Zeit-
festigkeit im Wöhlerversuch sind typischerweise NICHT normalverteilt, d.h.
die Häufigkeitsverteilung ist keine Glockenkurve, sondern deutlich unsym-
metrisch nach rechts flacher auslaufend:
Wird jedoch N logarithmisch aufgetragen, so entsteht zumindest näherungs-weise wieder eine Gauß’sche Glockenkurve:
Diese Verteilung heißt
Logarithmische
Normalverteilung.
Sie hat ebenfalls nur
2 Parameter:
Mittelwert z und
Standardabweichung z
Die S-förmige Verteilungsfunktion F (z) bildet im Gaußschen Wahrschein-
lichkeitsnetz Nr. 485 (mit logarithmischer Abszisse) eine Gerade.
Die Auswertung erfolgt ähnlich wie mit dem Wahrscheinlichkeitsnetz Num-
mer 500. Abgelesen werden jetzt die empirischen Werte:
z = log x ≈ z und zs ≈ z
F
z = log N
F (x)
1
0
0,5
z
z
f (x)
hj bzw. f
z = log Nz
hj % relative Häufigkeit
x = lin N Häufung
f (x)
Betriebsfestigkeit Seite 27
Joensson HTW Berlin
3.4.6 Streuspannen TN und TS
Üblicher Streuungskennwert der Mathematik:
Standardabweichung der Grundgesamtheit
bzw. empirische Standardabweichung s der Stichprobe.
In der Betriebsfestigkeit bevorzugt wird jedoch die so genannte
Streuspanne TN = 1 : 10
90
ü
ü
N
N = 90
10
ü
ü
N
N
für die Streuung der Bruch-Schwingspielzahlen N bei konstanter Spannungs-Amplitude a
mit 10 üN = N mit 10 % Überlebenswahrscheinlichkeit üP
sowie 90 üN = N mit 90 % üP
Beispiel: TN = 1 : 2,41 auf S. 25 oben bedeutet: 10 üN = 2,41 · 90 üN
Je Spannungshorizont kann so die „horizontale“ Streuung anschaulich be-
schrieben werden:
Die „vertikale“ Streuung bei konstanter Schwingspielzahl N wird durch
die Streuspanne TS (der Spannungs-Amplituden) beschrieben:
TS = 1 : 10
90
ü
ü
= 90
10
ü
ü
mit 10 ü = a mit 10 % üP sowie 90 ü = a mit 90 % üP
log N
f (x)
N50 N10 üN90 ü
a
Betriebsfestigkeit Seite 28
Joensson HTW Berlin
Darstellung der vertikalen Streuung:
Umrechnung von Streuspanne und Standardabweichung:
Erfolgt mit Hilfe der normierten Normalverteilung (auch Standard-
Normalverteilung genannt).
Deren Parameter sind = 0 und = 1:
Speziell für = 1 gilt:
uP = 84,13 %
Eine Unterschreitungs-Wahrscheinlichkeit uP = 90 % wird gemäß Standard-Normalverteilung beim Quantilwert x = 1,282 erreicht.
Daraus folgt für nicht normierte Normalverteilungen von Stichproben:
10 üx = x + 1,282 · xs und 90 üx = x - 1,282 · xs
x
h %
x10 üx90 ü x
x1,282 s
x
f
1 = 0
= 1
1,282
log N N = konst.
10 ü
90 ü
a
Rm90ü
ND0,25
Betriebsfestigkeit Seite 29
Joensson HTW Berlin
Umrechnung von xs in Streuspanne Tx :
Tx = 90
10
ü
ü
x
xliefert Tx =
1 ,282
1 ,282 x
x
x s
x s
bzw. Umstellen dieser Gleichung nach xs :
xs = x · 1
1,282·
1
1 x
x
T
T
für normalverteilte Stichproben mit Tx = TN und xs = Ns
bzw. mit Tx = TS und xs = Ss
! Bei logarithmischer Normalverteilung gelten diese Formeln nicht!
Mit der Standardabweichung zs des logarithmischen Merkmals z = log N
(mit log = Logarithmus zu einer beliebigen Basis wie 10 oder e) entsteht zum
Beispiel für die Bruch-Schwingspielzahlen N :
log 10 üN = 50log 1 ,282 zN s
und log 90 üN = 50log 1 ,282 zN s
Des Weiteren gilt: TN = 90
10
ü
ü
N
N
sowie log TN = 90
10
log
ü
ü
N
N = 90 10log log ü üN N
bzw. log TN = 50log 1 ,282 zN s - 50log 1 ,282 zN s
log N = z
hj
N10 üN90 ü
sz
N50
sz
Betriebsfestigkeit Seite 30
Joensson HTW Berlin
also log TN = 2,564 zs
Daraus folgt für die logarithmische Normalverteilung speziell mit lg = log
zur Basis 10:
zs = 1
2,564
· lg TN oder TN = 10 2,564 zs
Umrechnung von TN und TS :
Beide Streuspannen lassen sich ineinander umrechnen, wenn die Neigung k
der linearisierten Wöhlerlinie (gemäß Seite 12) gegeben ist:
TN = kST und TS =
1
kNT = k
NT
mit k : Neigung der Wöhlerlinie für üP = 50 %
Die Neigung k wiederum kann aus zwei Punkten dieser 50 % - Wöhlerlinie
im log-log-Diagramm ermittelt werden:
Punkt 1 mit 1a und 1N sowie Punkt 2 mit 2a und 2N liefern:
k =
2 1
1 2
log /
log / a a
N N
siehe auch Seite 31.
Betriebsfestigkeit Seite 31
Joensson HTW Berlin
Wöhlerdiagramm mit Streuspannen TN und TS:
Typische Werte für Streuspannen:
Bild-Zitat aus einem Fachbuch.
Wird hier aus Urheberrechtsgründen nicht gezeigt und wurde in der damaligen Vorlesung nur für die Teilnehmer verwendet. Der Zugriff darauf erfolgte in nicht öffentlichem Ressort.
Tabellen-Zitat aus einem Fachbuch.
Buxbaum, O.: Betriebsfestigkeit. Verlag Stahleisen, 2. Auflage 1992, S. 111
Nach Haibach, E.: Betriebsfestigkeit, 3. Auflage 2006, S. 527
Betriebsfestigkeit Seite 32
Joensson HTW Berlin
3.4.7 Wöhlerlinie für Pü = 97,5 %
(oder beliebig andere %-Werte)
üP = 97,5 % wird in der FKM-Richtlinie des Maschinenbaus verwendet.
Dies entspricht einer Unterschreitungs-Wahrscheinlichkeit uP = 2,5 %.
Dieser Prozentwert wiederum entsteht für ein Merkmal x = Erwartungswert
(50 %-Wert) μ minus zweifache Standardabweichung entsprechend der
normierten Normalverteilung:
Das Integral F (x) =
x
f x dx dieser Verteilung liefert den Wert von uP
als Flächeninhalt der schraffierten Fläche:
uP ( x = μ - 2 ) = 2,28 %
d.h. nur 2,28 % aller Werte x unterschreiten die Schranke x = μ - 2 .
Daraus folgt üP = 100 % - uP ( x = μ - 2 ) = 97,72 % ≈ 97,5 %
als Flächeninhalt der weißen, nicht schraffierten Fläche unter der Kurve f (x).
Für nicht-normierte normalverteilte Stichproben ( mit x ≠ 0 und xs ≠ 1 )
gilt demzufolge 97,5 üx ≈ x - 2,0 · xs
x
h %
xx97,5ü
weiße Fläche:
Pü = 97,5 % Pu = 2,5%
2 sx
x
f
= 1
1 2-2 -1
= 1
Pu (2)
f (x)
Betriebsfestigkeit Seite 33
Joensson HTW Berlin
bzw. allgemein für Stichproben mit normalverteilter Häufigkeit:
Püx ≈ x - Püq · xs
mit Püx = x ( üP ) x-Wert mit Überschreitungshäufigkeit üP
und Püq : Quantilwert der Standard-Normalverteilung für dieses üP(tabelliert in Mathematik-Büchern)
z.B. üP Püq
84,15 %
90 %
95 %
97,5 %
99 %
1,000
1,282
1,645
≈ 2
2,326
Wenn also x und xs gegeben sind ( bzw. xT statt xs ), dann kann mit
Hilfe des Quantilwertes Püq sofort der x-Wert für ein spezielles üP
berechnet werden.
Alternative: Grafische Lösung im Wahrscheinlichkeitsnetz
Verlängern der Ausgleichsgeraden
bis üP = 97,5 %
und zugehörigen x-Wert ablesen.
Pü %
x
50
x x97,5ü
90
10
97,5
Betriebsfestigkeit Seite 34
Joensson HTW Berlin Logarithmische Normalverteilung:
97,5 üx ist im Wahrscheinlichkeitsnetz 485 genau so einfach ablesbar wie bei
der „echten“ Normalverteilung mit linearer Abzisse (Netz Nr. 500).
Rechnerisch gilt jetzt aber:
log Püx = log x - Püq · zs
mit zs : Standardabweichung des logarithmischen Merkmals z = log x
Speziell für üP = 97,5 % gilt:
log 97,5 üx ≈ log x - 2 · zs
Angewendet auf die Bruch-Schwingspielzahlen N mit log. Normalverteilung:
log 97,5 üN ≈ log 50N - 2 · zs
unter Berücksichtigung der Streuspanne (S. 30) zs = 1
2,564
· log TN
entsteht log 97,5 üN ≈ log 50N + 2
2,564
· log TN
und mit a · log b = log ab sowie 2/2,564 = 0,78:
97,5 üN = 50N · 0,78
NT
z.B.
liefert eine Streuspanne NT = 1 : 5
97,5 üN ≈ 50N · 0,780,2 ≈ 0,3 · 50N
oder NT = 1 : 3
97,5 üN ≈ 50N · 0,780,333 ≈ 0,424 · 50N
Betriebsfestigkeit Seite 35
Joensson HTW Berlin 3.4.8 Statistische Bestimmung der Dauerfestigkeit
Die horizontale Streuung je Spannungshorizont a i ist für D unendlich groß, weil die Wöhlerlinien dort parallel zur log N –Achse verlaufen:
Deshalb wird für D die vertikale Streuung bei einer konstanten Grenz-Schwingspielzahl GN verwendet.
( ! GN ist nicht identisch mit der fiktiven Knickpunkt-Zyklenzahl DN von Seite 13.)
GN ist frei wählbar. Üblicher Richtwert:
GN = 2 · 610 für Stahl bzw. = 710 für Aluminiumlegierungen
Die statistische Ermittlung der Dauerfestigkeit erfolgt z.B. mit dem
Treppenstufenverfahren.
Dafür sind möglichst mehr als 40 Versuchsproben erforderlich.
Jede Probe wird maximal mit GN Schwingspielen belastet.
Erreicht eine Probe die Zahl GN ohne Bruch, so wird sie als
Durchläufer gewertet und nicht weiter verwendet.
Die nächste Probe wird dann um eine Stufe Δ höher belastet ...
Ergebnis: 50D für 50 % üP
sowie 10 D ü und 90 D ü S. 36
log N
a
NG
a1
D10 D50 D90
horizontale Streuung der N-Häufigkeiten bei konst. Spannungs-Amplitude
vertikale Streuung der Ampl.-Häufigkeiten bei konst. N
Betriebsfestigkeit Seite 36
Joensson HTW Berlin
Beispiel zum Treppenstufenverfahren:
Bild-Zitat aus einem Fachbuch.
Wird hier aus Urheberrechtsgründen nicht gezeigt und wurde in der damaligen Vorlesung nur für die Teilnehmer verwendet. Der Zugriff darauf erfolgte in nicht öffentlichem Ressort.
Buxbaum, O.: Betriebsfestigkeit. Stahleisen-Verlag, 2. Auflage 1992, S. 113
Betriebsfestigkeit Seite 37
Joensson HTW Berlin
In welchem Ausmaß die Ergebnisse von Wöhlerversuchen streuen können,
zeigt das folgende Beispiel für 1 Bauteil mit 476 Proben aus Stahl C35:
Maennig, W.W.: Untersuchungen zur Planung und Auswertung von Dauer-schwingversuchen an Stahl in den Bereichen der Zeit- und Dauerfestigkeit. VDI-Fortschrittsbericht Reihe 5, Nr. 5, Düsseldorf 1967.
Betriebsfestigkeit Seite 38
Joensson HTW Berlin
3.4.9 Fazit
Jede Wöhlerlinie ist eine Wahrscheinlichkeits-Linie mit einem bestimmten
Prozentwert üP oder AP als Extrakt eines Streubandes.
3.4.10 Experimenteller Aufwand für ein Wöhlerdiagramm
Spezielle Prüfmaschinen erforderlich:
Resonanz-Pulsator oder Hydropulsanlage.
Zeitaufwand:
Etwa 30 Proben für die Zeitfestigkeit
(jeweils 10 auf 3 Spannungshorizonten) mit etwa 510 Schwing-spielen je Probe ∑ ≈ 3 · 610 Schwingspiele
+ etwa 40 Proben für die Dauerfestigkeit:
Je Probe ≈ 2 · 610 Schwingspiele ∑ ≈ 8 · 710 Schwingspiele
Damit insgesamt ≈ 80 Millionen Schwingspiele für das Wöhlerdiagramm.
Prüf-Frequenz z.B. 50 Hz:
Zeitumfang 8 · 710 · 1
50 s ≈ 1,6 · 610 Sekunden ≈ 20 Tage.
Allerdings erfordert das Wechseln der Proben zusätzlich Zeit, weil zumindest bei den Dauerfestigkeitsversuchen mitunter nur 1 Probe pro Tag geprüft werden kann.
Daraus folgt eine Gesamt-Prüfzeit von ≈ 6 bis 8 Wochen.
Aus dem kompletten Wöhlerdiagramm wird anschließend mittels statistischer
Auswertung eine einzige Wöhlerlinie mit üP = 97,5 % extrahiert.
Betriebsfestigkeit Seite 39
Joensson HTW Berlin
*) nach Erker, A.: Sicherheit und Bruchwahrscheinlichkeit. MAN Forschungsheft Nr. 8 (1958) , S. 49-62
3.4.11 Das Perlenschnurverfahren
Zur näherungsweise statistischen Auswertung der Zeitfestigkeit*), wenn nur
wenige Versuchswerte auf unterschiedlichen Spannungshorizonten vorliegen:
↓ im Unterschied zum „Horizontenverfahren“
Ausgleichsgerade im doppelt-logarithmischen Wöhlerdiagramm:
(entspricht üP 50 % )
Neigung k dieser Geraden ermit-
teln,
mittleren Spannungshorizont M
wählen
Jeder Versuchspunkt i wird mit der
Neigung k der 50 % -Wöhlerlinie
auf den Horizont M transformiert:
k
Mi neu i
i
N N
log N
log a
M
Ni Ni neu
i i
log N
log a
M
log N
log a
log N
log a
Betriebsfestigkeit Seite 40
Joensson HTW Berlin
Resultat der Transformation: Die neuen Versuchspunkte gehören zu M .
Dann statistische Auswertung für
diesen einen Spannungshorizont,
z.B. im Wahrscheinlichkeitsnetz.
10 üN 90 üN 97,5 üN
Zu jedem der berechneten Werte üN gehört eine Wöhlerlinie mit demselben
Anstieg k wie die 50 % üP - Ausgleichsgerade.
Ergebnis insgesamt:
Typisch für das Perlenschnurverfahren sind parallele Wöhlerlinien für alle
üP . ! Die Probenzahl sollte möglichst größer als 10 bis 15 sein. *)
! Versuchswerte, die im Dauerfestigkeitsgebiet liegen, dürfen NICHT ver-
wendet werden (das Verfahren ist nur für das Zeitfestigkeitsgebiet zulässig).
Gibt es nur einen Durchläufer auf einem Spannungshorizont, dann
müssen alle Versuchswerte ignoriert werden, die gleich große und
kleinere Amplituden als dieser Durchläufer haben.
*) Martin, A., Hinkelmann, K., Esderts, A .: Zur Auswertung von Schwingfestigkeitsversuchen im Zeitfestigkeitsbereich. In: Materials Testing 53 (2011) Heft 9, S. 502-521
log N
log a üP 10 %
üP 97,5 % Streuband für üP 90 bis 10 %
log N
log a
M
97,5 üN
Betriebsfestigkeit Seite 41
Joensson HTW Berlin
3.5 Wöhlerlinien für Mittelspannung ungleich Null
Übliche Darstellung von Wöhlerlinien: Amplitude a bzw. A über N.
Das gilt auch für Beanspruchung a mit konstanter Mittelspannung m ≠ 0:
Die Amplitude a der Beanspruchungs-Zeit-Funktion σ (t) ist identisch mit
der ertragbaren Amplitude A im Wöhlerdiagramm.
Die gleiche Beanspruchung ohne m
( „Wechselbeanspruchung“ )
führt bei gleicher Amplitude zu längerer Lebensdauer die Wöhlerlinie ist
nach rechts verschoben. Daraus folgt auch:
Positive (Zug-) Mittelspannung verkürzt die Lebensdauer,
Negative (Druck-) Mittelspannung verlängert die Lebensdauer.
t 0
log N 1 0
A a
alles z.B. für Pü = 90 % m < 0 (Druck)
m > 0 (Zug) druck-schwellend
zug-schwellend m = 0 wechselnd
t 0
(t)
ma1
N1
A
log N
A10
1
z.B. Pü = 90% und m = 50 MPA
R = u
o
Betriebsfestigkeit Seite 42
Joensson HTW Berlin
Weil m als Ordinate im Wöhlerdiagramm nicht vorhanden ist, muss diese zusätzliche Spannung stets extra angegeben werden!
An Stelle von m wird in der Betriebsfestigkeit oft das so genannte Span- nungsverhältnis R verwendet:
mit Unterspannung u
und Oberspannung o
= m
= m
o
a
- a 0m
+ a a
u
Die wichtigsten Sonderfälle sind: R = - 1 wechselnd und
R = 0 schwellend,
(genauer „Zug-schwellend“
Allgemein gilt:
mit u = 0 und m = a ).
t
Bild-Zitat aus einem Fachbuch.
Wird hier aus Urheberrechtsgründen nicht gezeigt und wurde in der damaligen Vorlesung nur für die Teilnehmer verwendet. Der Zugriff darauf erfolgte in nicht öffentlichem Ressort.
Haibach, E.: Betriebsfestigkeit. Springer-Verlag, 3. Auflage 2006, S. 22
Betriebsfestigkeit Seite 43
Joensson HTW Berlin
Durch m wird nicht nur die Zeitfestigkeit der Bauteile beeinflusst, sondern auch deren Dauerfestigkeit angehoben oder abgesenkt.
Je nach Beanspruchung
wechselnd, zug-schwellend oder allgemein m ≠ 0
sind 3 verschiedene Begriffe für die Dauerfestigkeit D üblich:
Wechselfestigkeit Schwellfestigkeit allgemeine Dauerfestigkeit
W sch AD
! Hier ist meistens die Oberspannung o ge-meint und nicht die Amplitude a
als Funktion
AD ( m )
↓
nur einfache Kennwerte Werkstoff-Diagramm, je Werkstoff z.B. nach Smith, Kommerell, …. oder nach Haigh
Das Haigh-Diagramm zeigt die Abhängigkeit der dauerfest ertragbaren
Amplitude A von der vorhandenen Mittelspannung m :
R = 1
R = 0,5
R = 0 R = -0,5
R =
-1
AR = -∞ R = 5
W
W Sch
2
d Sch
2
m
45°45°
a m
t 0
t0
t0
Betriebsfestigkeit Seite 44
Joensson HTW Berlin
Das Dauerfestigkeits-Diagramm von Haigh (rechts) in Relation zum Wöhler-
diagramm (links):
Zu jedem Werkstoff gehört ein eigenständiges Haigh-Diagramm, das jeweils
experimentell durch aufwendige Dauerfestigkeitsversuche ermittelt wird.
Als Alternative zum Haigh-Diagramm gibt es vereinfachte Näherungsansätze
für den so genannten Mittelspannungseinfluss,
z.B. nach Goodman, Gerber oder Soderberg:
Mit W Wechselfestigkeit des Werkstoffes,
eR statische Streckgrenze
mR statische Zugfestigkeit
AD
m 0
0 Soderberg
Goodman - Gerade
Gerber - Parabel
Re Rm
W
mND lg N m = 0 mz md
mmd A
A
t md
m
t
mmz
t
mzjeweils mit glei-chem Wert üP
Betriebsfestigkeit Seite 45
Joensson HTW Berlin
Die Goodman-Gerade ist für spröde Werkstoffe gut geeignet, für duktile
Werkstoffe jedoch besser die Parabel nach Gerber .
Des Weiteren werden auch stückweise gerade Abschnitte als Näherung für
das Haigh-Diagramm angesetzt,
z.B. im Leitfaden für Betriebsfestigkeit von Gudehus und Zenner (Stahleisen-
Verlag, 4. Auflage, S. 8.19)
oder auf dem Deckblatt der 4. Auflage der FKM-Richtlinie von 2002:
Hier mit Spannungsamplitude SA über Mittelspannung Sm aufgetragen.
Dieses Diagramm zeigt auch den Verlauf für negative Druck-Mittel-
spannungen sowie parallel nach oben verschoben zur Dauerfestigkeit
die Auswirkung der Mittelspannung auf die Betriebs(Zeit-)festigkeit.
AD
m0 0
Rm
W 12 Sch
12 Sch
Betriebsfestigkeit Seite 46
Joensson HTW Berlin Einzelheiten zu den Mittelspannungstheorien
nach Goodman, Gerber und Soderberg
(In diesem Abschnitt werden die Spannungen mit S bezeichnet.)
Experimentell ermittelte Wöhlerlinien zeigen für jeweils konstante Mittel-
spannung mS > 0 folgenden Effekt:
Die ertragbare Dauerfestigkeits-Amplitude SAD ist kleiner als die Amp-
litude SW bei wechselnder Beanspruchung und die Zeitfestigkeitslinie
für mS > 0 ist nach links verschoben im Vergleich zu mS = 0:
Mit SW: Dauerfestigkeitsamplitude bei rein wechselnder Beanspruchung
(„Wechselfestigkeit“)
SAD: Allgemeine Dauerfestigkeit (d.h. zusätzlich zu dieser Amplitude wirkt eine konstante Mittelspannung mS ≠ 0.
N1: Lebensdauer infolge Amplitude Sa1 ohne zusätzliche Mittelspan-nung mS
N1m: Lebensdauer infolge Amplitude Sa1 plus mS
Bei gleicher Amplitude Sa1 entsteht somit infolge mS > 0 eine kürzere Lebensdauer sowie eine abgesenkte Dauerfestigkeit:
N1 N1m log N
Sa Spannungsamplitude
Sa1
SW
SAD
für Sm = 0 bzw. R = 1 für Sm > 0
Betriebsfestigkeit Seite 47
Joensson HTW Berlin
Goodman hat 1910 speziell zur Beschreibung dieser Dauerfestigkeits-
Absenkung eine Näherungsformel vorgeschlagen, die in heutiger Schreib-
weise lautet:
ADS = wS · 1 m
m
S
R
(1)
mit SAD: Allgemeine Dauerfestigkeit für mS ≠ 0
SW: Wechsel-(Dauer)festigkeit für mS = 0
mS : Mittelspannung, statisch
mR : statische Zugfestigkeit
Diese Formel stellt im Dauerfestigkeits-Schaubild nach Haigh (Amplituden-
Mittelspannungs-Diagramm) eine Gerade dar:
Jeder konkreten Mittelspannung (z.B. Sm1) kann damit eine ertragbare Dauer-
festigkeitsamplitude (SAD1) zugeordnet werden.
Sa1
t
S Sm = 0
Sa1
t
Sm > 0
Sm
S
abgesenkte Dauerfestigkeit
Amplitude
mS
Mittelspannung
Sa
SW
SAD1
Sm1 mR
SAD (Sm) „Goodman-Gerade“
Betriebsfestigkeit Seite 48
Joensson HTW Berlin Diese Näherungsannahme der Dauerfestigkeit wird heutzutage auch auf die
Zeitfestigkeit übertragen.
Vorhandene Amplituden aS plus Mittelspannung mS werden damit in
Ersatz-Amplituden aeS ohne Mittelspannung umgerechnet.
Die Berechnung von Ersatz-Amplituden mit R = -1 (rein wechselnde Bean-
spruchung) heißt in der Betriebsfestigkeit Amplitudentransformation.
Dazu folgendes Bild:
Eine konkrete Amplitude Sa1 + Mittelspannung Sm1 führt z.B. auf eine Lebensdauer von N1 Zyklen. (Dies folgt aus der zugehörigen Wöhlerlinie für R ≠ -1).
Die gleiche Zyklenzahl N1 entsteht ebenso durch eine Ersatz-Amplitude Sae1
(ohne Mittelspannung) auf der Wöhlerlinie für R = -1.
Amplitudentransformation mittels Goodman-Gerade: Analog zu Gl.(1) für die Dauerfestigkeit wird für die Zeitfestigkeit als Nähe-rung angenommen:
aS = aeS · 1 m
m
S
R
aeS repräsentiert die Amplitude der wechselnden Beanspruchung und aS die Amplitude der allgemeinen Beanspruchung (mit zusätzlicher Mittelspan-nung).
Amplitude
log N
Sa
Sa1
N1
Sae1
Wöhlerlinie für R = -1
WL für Sm > 0
Betriebsfestigkeit Seite 49
Joensson HTW Berlin Umstellen nach aeS liefert die Ersatz-Amplitude, die die gleiche Schädigung wie aS erzeugt:
aeS = aS · m
m m
R
R S
(2)
Beispiel:
Geg.: Amplitude Sa1 = 100 MPa + Mittelspannung Sm1 = 50 MPa,
mR = 460 MPa,
Wöhlerlinie für R = -1 mit Neigung k = 4,8, ND = 10 6 Zyklen (Bruch-
schwingspiele) und Wechseldauerfestigkeit SW = 90 MPa
Ges.: Lebensdauer N1 dieser zug-schwellenden Beanspruchung
Lösung:
Zuerst mittels Gl. (2) Ersatz-Amplitude Sae1 für wechselnde Beanspru-chung ermitteln:
Sae1 = 100 MPa · ( ) = 100 · 1,122 = 112,2 MPa
Dann aus der Wöhlerlinie für R = -1 die Lebensdauer N1 berechnen:
1N = DN · 1
k
ae
w
S
S
= 10 6 · 4 8
112 2
90
..
= 347 127 Zyklen.
Amplitudentransformation mittels Soderberg-Gerade: An Stelle der Zugfestigkeit mR wird die Streckgrenze eR verwendet. Ansonsten gleiche Formel wie bei Goodman. Amplitudentransformation mittels Gerber-Parabel:
aeS = aS · 2
2 2m
m m
R
R S
(3)
Betriebsfestigkeit Seite 50
Joensson HTW Berlin
3.6 Kerbeinfluss auf Wöhlerlinien 3.6.1 Bauteil-Wöhlerlinie und Werkstoff-Wöhlerlinie
Aus empirischen Ergebnissen ist bekannt:
! Die Absenkung der Bauteil-WL gegenüber der Werkstoff-WL tritt jedoch
nur auf, wenn die Amplitude a als
„Nennspannung“ aufgetragen ist.
Nennspannung n : aus elementarer Festigkeitslehre berechenbar und bezogen auf den Netto-Querschnitt
z.B.:
In beiden Fällen lautet die Nennspannung: n = n
F
A
mit nA : Netto-Querschnittsfläche
n
n
H max
F
F
F
F
a
log N
„Bauteil - WL“
ungekerbt
gekerbt
„Werkstoff-WL“
alles z.B. für üP = 90 %
Betriebsfestigkeit Seite 51
Joensson HTW Berlin
Die elastische Spannung bei gekerbten Bauteilen ist jedoch tatsächlich
nichtlinear im Netto-Querschnitt verteilt mit deutlich höherer Spannung
H max (mit H wie Hookesches Materialgesetz) im Kerbgrund.
Das Verhältnis
k = H
n
max
heißt Formzahl oder auch Kerbformzahl K bzw. theoretische Kerb-
formzahl tK .
Ungekerbt bedeutet k = 1 und gekerbt k > 1
Für ungekerbte Bauteile gelten folgende Nennspannungen:
zn = n
F
A bn = b
b
M
W tn = t
t
M
W
bei Zug/Druck bei Biegung bei Torsion
Die Berechnung mit der Elastizitätstheorie oder mit finiten Elementen liefert
jeweils eine nichtlineare Spannungsverteilung bei gekerbten Bauteilen:
Bild-Zitat aus einem Fachbuch.
Wird hier aus Urheberrechtsgründen nicht gezeigt und wurde in der damaligen Vorlesung nur für die Teilnehmer verwendet. Der Zugriff darauf erfolgte in nicht öffentlichem Ressort.
Issler, L. u.a..: Festigkeitslehre. Springer-Verlag 2. Auflage 1997, S. 216
Betriebsfestigkeit Seite 52
Joensson HTW Berlin Ist die Formzahl eines Bauteils bekannt, kann sofort ohne viel Aufwand die
maximale elastische Spannung H max ermittelt werden.
Wird als Ordinate des Wöhlerdiagramms diese „örtliche“ Kerbspannung
H max verwendet, so entsteht im Vergleich zur Nennspannung:
Weil dieser Unterschied so gravierend ist, wird z.B. von Haibach konsequent
unterschieden zwischen
Nennspannungs-Amplitude aS
und
örtlicher (Kerbgrund-) Amplitude a bei Normalspannungen
sowie
zwischen aT und a bei Schubspannungen.
Das gilt ebenso in der FKM-Richtlinie des Maschinenbaus:
Dort gibt es sogar getrennte Berechnungsabläufe für S und T einerseits
und für die örtlichen Spannungen und andererseits.
log N
gekerbt z.B. k = 1,5
ungekerbt gekerbt
ungekerbt
log N
Sa Nennspannungs-Amplituden
örtliche Spannungs-Amplitude = k · n
a
Betriebsfestigkeit Seite 53
Joensson HTW Berlin 3.6.2 Kerbwirkungszahl und Stützziffer
Die Absenkung der Dauerfestigkeit für gekerbte Bauteile im Nennspannungs-
Wöhlerdiagramm ist nicht so groß, wie die Formzahl k vermuten lässt:
Das experimentell ermittelbare Verhältnis
k = Du
Dk
mit Du : Dauerfestigkeit der ungekerbten Probe
und Dk : Dauerfestigkeit der gekerbten Probe
heißt „Kerbwirkungszahl“ (bzw. fK mit f wie fatigue )
und kennzeichnet die Absenkung der Dauerfestigkeit für Nennspannungen:
k ≤ k bzw. fK ≤ tK
Das Verhältnis n = k
k
≥ 1,0
heißt Stützziffer und beschreibt die „Stützwirkung“ des Werkstoffes.
Damit entsteht k =
1
n · k
Zum Beispiel k = 2,4 und n = 1,3 liefern k = 1,85.
Sa Nennspannung
Du
DK experimentell
theoretischaus k
log NDuk
ungekerbt (exp.) gekerbt (exp.)
Nennspannung z.B. für k = 2,0
Betriebsfestigkeit Seite 54
Joensson HTW Berlin Eine wesentliche Stützwirkung folgt aus der Plastifizierung duktiler
Werkstoffe wie z.B. Stahl:
H max elastisch berechnet
max elast.-plastisch berechnet
„Makrostützwirkung“
nach Neuber
Kann das Material nicht plastifizieren, dann gibt es keine Stützwirkung
(n =1) und demzufolge gilt
k ≈ k (Für spröde Werkstoffe experimentell gut bestätigt).
Für Stahl dagegen gilt n ≈ 1,1 ….. 1,5
Im Zeitfestigkeitsgebiet wird die Stützwirkung mit steigender Spannungs-
amplitude größer steilerer Verlauf der Wöhlerlinie wegen der größeren
Plastifizierung:
Sa Nennspannung
log N
gekerbtungekerbt
k für Zeitfest.
k = k
n
für Dauerfest.
Betriebsfestigkeit Seite 55
Joensson HTW Berlin 3.6.3 Drei Konzepte der Betriebsfestigkeit zur Kerbwirkung
A) Nennspannungskonzept
Vorteile:
1.) n ist für einfach gekerbte Bauteile gut berechenbar.
2.) Für kraft-gesteuerte Prüfanlagen günstig, weil die Vorgabe des Kraftverlaufes F (t) = F · sin Ωt mit Kraftamplitude F = n · nA am einfachsten ist
3.) Die meisten Versuchsergebnisse zu Bauteil-Wöhlerlinien gibt es bisher für Nennspannungen.
Nachteil:
Bei komplexen Bauteilen ist n nicht anwendbar, wenn ebene Netto- Bezugsflächen nA fehlen
Deshalb zwei Alternativen:
B) Kerbspannungskonzept
mit elastisch berechneten örtlichen Maximalspannungen
(z.B. wird dabei H max mittels FEM ermittelt und per Stützziffer
abgesenkt, um daraus näherungsweise die tatsächlich wirkende
Spannung max zu ermitteln.)
C) Kerbgrundkonzept
mit elastisch-plastisch berechneten örtlichen Maximalspannungen max
im Kerbgrund
(ebenfalls mit FEM ermittelbar, allerdings mit deutlich höherem
Berechnungs-Aufwand).
Betriebsfestigkeit Seite 56
Joensson HTW Berlin
3.7 Weitere Einflüsse auf Bauteil-Wöhlerlinien
Aus experimentellen Ergebnissen ist bekannt, dass zusätzlich zur
Kerbwirkung noch folgende Einflussgrößen die Wöhlerlinien verändern:
Probengröße
Oberflächenrauhigkeit
Beanspruchungsart
Temperatur
Korrosion
Dazu folgende Übersicht:
Bild-Zitat aus einem Fachbuch.
Wird hier aus Urheberrechtsgründen nicht gezeigt und wurde in der damaligen Vorlesung nur für die Teilnehmer verwendet. Der Zugriff darauf erfolgte in nicht öffentlichem Ressort.
Gudehus,H., Zenner,H.: Leitfaden Betriebsfestigkeit. Stahleisen-Verlag, 4. Aufl., S. 8.15
Betriebsfestigkeit Seite 57
Joensson HTW Berlin
3.8 Künstlich erzeugte Wöhlerlinien Alternative zum hohen Zeit- und Kostenaufwand der experimentell ermittel-
ten Wöhlerlinien:
„Synthetische“ Wöhlerlinien bzw. „normierte“ Wöhlerlinien aus über-
schlägigen Berechnungen mit Hilfe einfacher Werkstoff-Kennwerte.
3.8.1 Ein Beispiel nach FKM-Richtlinie
Richtlinie des Forschungskuratoriums Maschinenbau, VDMA-Verlag,
4. Aufl. 2002: Datei FKM-2002-Auszug.pdf
Beispiel: Bauteil aus Stahl S235
soll wechselnd belastet werden mit F (t) = F · sin Ωt
Ges.: Wöhlerlinie für R = -1 und üP = 97,5 % für dieses konkrete Bauteil
(Bauteil-Wöhlerlinie)
Lösung:
In der FKM-Richtlinie wird die Bauteil-WL aus Werkstoff-Kennwerten
abgeleitet.
a) Nach dem Nennspannungskonzept siehe Seite 67 in FKM 2002
Sofortiges Ergebnis für dieses Bauteil:
üP = 97,5 %
R = konstant, z.B. auch R = -1
Neigung k der WL
DN = 610 Zyklen für nicht geschweißte Bauteile
mit AkS : Allgemeine Dauerfestigkeit als Nennspannung mit beliebiger Mittelspannung m des gekerbten Bauteils:
log N
Sa (log)
Nennspannungs-Amplitude
k = 5
SAK
ND
F(t) F(t)
Betriebsfestigkeit Seite 58
Joensson HTW Berlin AkS = AkK · EK · WkS Bauteil-Wechselfestigkeit (für R = -1) mit k wie Kerbe Konstruktionsfaktor für Eigenspannungen E (wenn diese Null sind, ist EK = 1,0) Konstruktionsfaktor für Mittelspannungen
gemäß Haigh-Diagramm (für m = 0 gilt: AkK = 1,0) Für m = 0 und E = 0 entsteht also:
AkS = WkS
Die Wechselfestigkeit WkS des gekerbten Bauteils wiederum folgt aus der Wechselfestigkeit W des Werkstoffes:
WkS = 1
WkK · W
Dauerfestigkeit ungekerbter Werkstoffproben bei wechselnder Belastung (mit R = -1) Konstruktionsfaktor WkK ≥ 1,0
Für nicht geschweißte Bauteile lautet dieser Faktor:
WkK =
11f
R
KK
·
,
1
· · V S NL EK K K
mit fK Kerbwirkungszahl k = k
n
,
statische Formzahl k und Stützziffer n sowie
RK Rauheitsfaktor, VK Randschichtfaktor,
SK Schutzschichtfaktor,
,NL EK Konstante für Grauguss (bei Stahl gilt: ,NL EK = 1)
Betriebsfestigkeit Seite 59
Joensson HTW Berlin ! Annahme: RK = VK = SK = 1,0 d.h. Oberfläche der Bauteilkerbe,
Randschicht und Schutzschicht wie bei der Werkstoffprobe
Nur damit entsteht: WkK = fK
bzw. WkK = k
n
und demzufolge
WkS =
k
n
· W
mit WkS : Dauer-Wechselfestigkeit des gekerbten Bauteils als Nenn- spannungsamplitude
n : Stützziffer
k : Formzahl
W : Dauer-Wechselfestigkeit des Werkstoffes (hier ,W zd Zug-Druck)
entsprechend den Werkstofftabellen im FKM-Anhang,
z.B.
Werkstoff mR eR Zug-Druck
,W zd Biegung
,W b
S 235 360 235 160 180
S 355 510 355 230 255
C 35 630 430 285 310
C 45 700 490 315 345
41 Cr 4 1000 800 450 480
34CrNiMo 6 1200 1000 540 570
(alles in MPa)
Betriebsfestigkeit Seite 60
Joensson HTW Berlin Die Stützziffer n wird aus dem Spannungsgefälle der größten elastischen
Spannung abgeleitet FKM 2002 Seite 108 bis 109
Je größer dieses Gefälle ist, um so größer ist die Stützwirkung, z.B.
nur elastisch berechnete Spannung
elastisch-plastisch b) Kerbspannungskonzept
mit „örtlichen“ Spannungen, elastisch berechnet
(Für Finite-Elemente-Analysen gut geeignet, weil damit von vornher-
ein örtliche Spannungen berechnet werden.)
Seite 124 in FKM 2002
Sofortiges Ergebnis für dieses Bauteil:
üP = 97,5 %
R = konstant = -1
Neigung k der WL
DN = 610 Zyklen für nicht geschweißte Bauteile
mit Ak : Allgemeine Dauerfestigkeit als örtliche Spannung mit beliebiger Mittelspannung m des gekerbten Bauteils
log N
örtliche Spannungsamplitude
k = 5
ND
AK
a
(log)
n
Betriebsfestigkeit Seite 61
Joensson HTW Berlin Gleicher Werkstoffwert W
und gleicher Anstieg k
wie im Nennspannungskonzept,
aber andere Berechnungsformeln für die Bauteil-Dauerfestigkeit Ak
Ohne Eigenspannungen und mit m = 0 gilt auch hier ähnlich wie auf S. 58:
Ak = Wk
Dauer-Wechselfestigkeit des gekerbten Bauteils
Allgemeine Dauerfestigkeit des gekerbten Bauteils
sowie
Wk = 1
WkK · W
jetzt aber mit
WkK =
1
n ·
1 11 1
f RK K
·
,
1
· · V S NL EK K K
mit n Stützziffer
fK Schätzwert für Stahl ≈ 2,0
sowie
RK Rauheitsfaktor, VK , SK , ,NL EK
wie beim Nennspannungskonzept ! Annahme: RK = VK = SK = 1,0 d.h. Oberfläche der Bauteilkerbe,
Randschicht und Schutzschicht wie bei der Werkstoffprobe
liefert jetzt WkK = 1
n
und demzufolge
Wk = n · W
Betriebsfestigkeit Seite 62
Joensson HTW Berlin Das heißt, die Wechselfestigkeit des Bauteils ist jetzt größer als die des
Werkstoffes (wegen der örtlichen Spannungen) – die Bauteil-Wöhlerlinie
wird angehoben:
3.8.2 Lebensdauer-Vergleich für beide Konzepte
Beispiel:
F (t) = F · sin Ωt mit F = 40 kN,
Kerbradius r = 4 mm
Netto-Radius R = 10 mm, Formzahl k = 2,1 Werkstoff Baustahl S 235
Ges.: Lebensdauer für dieses Bauteil
a) nach dem Nennspannungskonzept:
Die Wöhlerliniengleichung lautet im log-log-System allgemein (S. 13):
N ( a ) = DN ·
k
a
D
Im konkreten Fall lautet die Bauteil-Wöhlerlinie mit Nennspannungen S:
N ( aS ) = DN ·
k
a
Ak
S
S
hier mit AkS = WkS = k
n · W (S. 58 und 59)
F(t)
r
R
log N
log a
ungekerbtgekerbt
Betriebsfestigkeit Seite 63
Joensson HTW Berlin Die Stützzahl n kann näherungsweise gemäß Seite 108 FKM 2002 aus dem
Spannungsgefälle ermittelt werden:
G = 2 / r (nur Zug-Druck, deshalb ohne 2 / d)
also G = 2
4 mm = 0,5 1mm
Für mR = 360 MPa ablesen aus dem Diagramm n G Seite 108 FKM
2002 liefert: n ≈ 1,2
Damit entsteht AkS = k
n
· W =
1,2
2,1 · 160 MPa
AkS = 91,43 MPa
Die vorhandene Nennspannungsamplitude aS infolge der Belastungs-
Amplitude F lautet:
aS = ˆ
n
F
A
Mit Netto-Querschnittsfläche nA = 2R = 314,16 2mm , also
aS = 40000
n
N
A = 127,32 MPa
Daraus folgt die Lebensdauer:
N ( aS = 127,32 MPa) = 610 · 5
127,32
91,43
= 190 968 Zyklen
für 97,5 % üP b) Kerbspannungskonzept: ( „örtliches Konzept“ )
Die Bauteil-Wöhlerlinie lautet jetzt für die örtlichen Spannungen :
N ( a ) = DN ·
k
a
Ak
hier mit Ak = Wk = n · W (S. 61)
Betriebsfestigkeit Seite 64
Joensson HTW Berlin Die Stützzahl ist wieder n ≈ 1,2 und mit W = 160 MPa folgt daraus:
Ak = 1,2 · 160 MPa
Ak = 192,0 MPa (mehr als doppelt so groß als AkS )
Örtliche Beanspruchungs-Amplitude im Kerbgrund:
a = k · na = k · aS
Nennspannungs-Amplitude im Nettoquer-
schnitt
a = 2,1 · 127,32 MPa
a = 267,37 MPa
Lebensdauer:
N ( a = 267,37 MPa) = 610 · 5
267,37
192,0
= 190 953 Zyklen
Vergleich zum Nennspannungsergebnis auf S. 61: 0,008 % Abweichung.
Fazit:
Das örtliche Spannungskonzept (mit elastischen Maximalspannungen) liefert
mit RK = VK = SK = 1,0 exakt dieselbe Lebensdauer N wie das Nenn-
spannungskonzept.
Abweichungen entstehen dabei nur durch Rundungsfehler:
a = k · aS umstellen nach k und einsetzen in Ak = k · AkS
liefert den gleichen Quotienten a
Ak
= a
Ak
S
S
für die Berechnung
von N ( a ) bzw. von N ( aS ).
Erst das Kerbgrundkonzept mit plastisch berechneten Maximalspannungen
liefert andere Werte für N.
Betriebsfestigkeit Seite 65
Joensson HTW Berlin 3.8.3 Wöhlerlinien für FEM elastisch
Welche Wöhlerlinie ist anzuwenden?
Eigentlich ist die Bauteil-Wöhlerlinie erforderlich, die möglichst viele Ein-
flüsse berücksichtigt, insbesondere Mittelspannungseinfluss, Kerbeinfluss
und Oberflächenrauhigkeit.
Der Mittelspannungseinfluss
kann mit einer einzigen Wöhlerlinie für R = -1 und Amplitudentransforma-
tion erfasst werden
(z.B. in Ansys mittels den Gleichungen nach Goodman, Gerber oder Soder-
berg, in der FKM-Richtlinie durch stückweise gerade Abschnitte im Haigh-
Diagramm).
Der Kerbeinfluss
Zu jeder Kerbe der FEM-Struktur müsste eine spezielle Bauteil-Wöhlerlinie
bereitgestellt werden.
Die Bauteil-WL liegt um den Faktor n (Stützziffer) höher als die Werkstoff-
WL, weil mit FEM elastisch stets das Kerbspannunskonzept realisiert wird.
Weil die Ziffer n abhängig vom Spannungsgefälle der Kerbumgebung
ist, müsste dieses Gefälle also zu jeder Kerbe der FEM-Struktur aus-
gewertet werden daraus n ermitteln Anhebung der Bauteil-WL.
log N
log a
ungekerbt (Werkstoff-WL)
gekerbt (Bauteil-WL)
Betriebsfestigkeit Seite 66
Joensson HTW Berlin Oberflächenrauhigkeit
Werkstoffproben sind poliert. Oberflächen von Bauteil-Kerben sind meistens
etwas rauer.
Absenkung der Bauteil-WL im Gegensatz zum Stützziffer-Effekt!
Fazit:
Für FEM elastisch kann in erster Näherung die Werkstoff-WL als Bauteil-
WL verwendet werden.
3.8.4 Werkstoff-Wöhlerlinien mit grob geschätzter Kurzzeitfestigkeit
In der FKM-Richtlinie werden Wöhlerlinien nur für Schwingspiele N > 410
angegeben.
Es erfolgt keine Aussage zur Kurzzeitfestigkeit ( N = 1 … 1000).
Wie groß ist hier für N = 410 die Amplitude 1a ?
Aus N ( a ) = DN · k
a
D
(von S.13) folgt:
a ( N ) = D ·
1
kDN
N
(nur andere Schreibweise der Wöhlerliniengleichung im log-log-System)
log N ND
log a
a1
D
104
?
Betriebsfestigkeit Seite 67
Joensson HTW Berlin Konkret für D = W (Wechselfestigkeit) = 160 MPa des Werkstoffes
Baustahl S 235 (siehe Tabelle auf S. 59)
und DN = 610 sowie k = 5 entsteht für N = 410 :
1a ( N = 410 ) = 160 MPa ·
1
5100 = 402 MPa
Dieser Wert ist bereits größer als die statische Zugfestigkeit: Bei diesem
Stahl beträgt mR = 360 MPa.
! Elastisch berechnete Spannungen sind jedoch stets unrealistisch zu groß,
wenn sie die Streckgrenze eR (hier 235 MPa) überschreiten.
Zum Beispiel:
Tatsächlich entstehen für > eR plastische Verformungen und damit kleinere Spannungen.
Grob geschätzte Kurzzeitfestigkeit für N = 1 … 410
durch Verlängerung der Zeitfestigkeitsgeraden
z.B. bis N = 10
und damit bis zu einer hypothetischen „Ersatz-Zugfestigkeit“ mER
an Stelle der tatsächlichen Zugfestigkeit mR
0 0
nur elastisch berechnet
Re
Rm
RmE
Spannung
Dehnung
Spannungs-Dehnungs-Diagramm für Baustahl
Betriebsfestigkeit Seite 68
Joensson HTW Berlin Dies führt dann auf eine geschätzte Wöhlerlinie für die Kurzzeitfestigkeit:
Im konkreten Fall S 235 nach FKM-Richtlinie entsteht hier
mER = a ( N = 10 ) = D ·
1
10
kDN
N
= 160 MPa · 1
5 510
= 1600 MPa
Erst elastisch berechnete Spannungen oberhalb dieses Wertes führen mit
dieser künstlichen Wöhlerlinie zum sofortigen Versagen des Bauteils (N = 0).
Die Verlängerung der Zeitfestigkeitsgeraden bis N = 1 liefert sogar
mER = 2536 MPa
log N
für elastisch berechnete Spannungen geschätzt
Rm
RmE
D
1 10
10 104 ND
log a Spannungsamplitude ungekerbt a = Sa
für elastisch-plastisch berechnete Spannungen
k
Betriebsfestigkeit Seite 69
Joensson HTW Berlin
© Prof. Dr. Joensson HTW Berlin 2015
4. Lebensdauerberechnung
(für mehrstufig beanspruchte Bauteile)
4.1 Einleitung
Mehrstufig bedeutet:
1n : Schwingspiel-Anzahl mit Amplitude a1 und Mittelspannung 1m
2n : mit a2 und 2m
… usw.
Sonderfall: Nur wechselnd (alle m i = 0).
4.2 Schadensakkumulation hypothetisch
Jeder „Block“ der Stufe i trägt zur Schädigung des Bauteils bei.
Beim Bruch des Bauteils sind 100 % Schädigung erreicht Lebensdauer LN
Der Schaden wird dabei akkumuliert („Schadensakkumulation“).
Problem: Die Akkumulation der Schädigung im Bauteil ist NICHT durch-
gängig messbar, weil die Schädigung keine eindeutige Mess-
größe darstellt.
Deshalb sind für die Schadensakkumulation nur Hypothesen möglich.
t
t
a
a1
a2
a3a4
n1 n2 n3 n4
bzw. geordnet
Betriebsfestigkeit Seite 70
Joensson HTW Berlin Einfachste Hypothese:
Die Schädigung nimmt bei einstufiger Beanspruchung proportional mit der
Anzahl n der Schwingspiele von 0 bis 100 % zu.
(Lineare Schadensakkumulationshypothese).
Schädigung D ( „Damage“ ) dieser Beanspruchungs-Stufe i :
Schwingspielzahl allgemein
vorhandene ertragbare Schwingspielzahl (Bruch-) Schwingspielzahl
Die vorhandenen Zyklen in führen auf eine hypothetische Teilschädigung
iD = i
i
n
N
Wirken mehrere Stufen i = 1 bis k mit verschiedenen Längen auf das Bau-
teil ein, wird damit als Schädigung akkumuliert:
gesD = 1
1
n
N + 2
2
n
N + … =
1
ki
ii
n
N
ni Ni n
D %
100D (n) linear angenommen
D (n) realistischer, aber unbekannt
0
ai ai
Nilog N
WL
ni
Beispiel:
↑
Betriebsfestigkeit Seite 71
Joensson HTW Berlin
4.3 Die Hypothese von Palmgren und Miner
Palmgren 1924 und Miner 1945.
Lineare Schadensakkumulations-Annahme mittels abstrakter „Schädigungs-
arbeit“ liefert die Lebensdauer:
LN = i
i
i
n
n
N
mit = 1
k
i für k Stufen der Beanspruchung
in : vorhandene Schwingspiele (Zyklen) je Stufe i
iN = iN ( a i ) ertragbare Schwingspielzahl der Stufe i (aus der Wöhlerlinie!)
mit Amplitude a i
Damit wird die Schädigungssumme einer so genannten „Teilfolge“ mit k
Stufen auf 100 % Schädigung extrapoliert.
Beispiel:
Ges.: Lebensdauer LN des Bauteils für diese zweistufige Beanspruchung
Lösung: Aus der 97,5 % üP -Wöhlerlinie des Bauteils folgt z.B.:
1N ( 1a ) = 252 000 ertragbare Schwingspiele (Zyklen)
2N ( 2a ) = 63 700
fortwährende Wiederholung der Teilfolge
n1 = 5n2 = 2
a1a2
Teilfolge
t
Betriebsfestigkeit Seite 72
Joensson HTW Berlin Berechnung der Lebensdauer nach Palmgren/Miner:
LN =
i
i
i
n
n
N
= 5 2
5 2
252000 63700
= 136 617 Zyklen
Ergebnis eintragen in das Wöhlerdiagramm:
Das Ergebnis LN wird der größten Spannungsamplitude (hier 2a ) zuge-
ordnet und liefert damit im Diagramm einen einzigen „Lebensdauer-Punkt“.
Werden die beteiligten Spannungsamplituden der Teilfolge proportional ver-
größert oder verkleinert, entstehen weitere Lebensdauer-Punkte, die zusam-
men die „Lebensdauerlinie“ ergeben.
Die Auftragung der Ergebnisse LN am größten Spannungshorizont a max
ist die übliche Auftragung für ein „Kollektiv“.
log NNL63 700 252 000
a
a2
a1 Wöhlerlinie
Lebensdauer-Linie
„Lebensdauer-Punkt“
hier alles für
üP = 97,5 %
Betriebsfestigkeit Seite 73
Joensson HTW Berlin
4.4 Intermezzo: Kollektive
Wird die Teilfolge nach Amplitudengröße geordnet – und zwar mit den größ-
ten Amplituden zuerst – entsteht das so genannte
„Kollektiv“ der Beanspruchung zur Kennzeichnung der Häufigkeit in
in jeder Stufe i .
Schematisch für das erwähnte Beispiel:
Speziell für m = 0: Amplitudenkollektiv (nur die obere Hälfte wird dargestellt)
Des Weiteren ist für große Anzahl n eine logarithmische Abszisse üblich.
Beispiel für ein großes Amplitudenkollektiv:
Die drei wichtigsten Kenngrößen sind:
Kollektiv-Umfang gesn
Maximal-Amplitude ˆa = a max des Kollektivs
= Spannungshorizont im Wöhlerdiagramm für die Auftragung des Lebensdauer-Punktes)
Kollektiv-Völligkeit
log n
a
n3 nges
a
n
aa2
a1
nges = 75
2
ˆa
Betriebsfestigkeit Seite 74
Joensson HTW Berlin Die Kollektiv-Völligkeit kennzeichnet die „Härte“ der Beanspruchung im
Vergleich zur einstufigen härtesten Beanspruchung, z.B.
Variante c zeigt hier einen hohen Anteil großer Amplituden und schädigt
mehr als die Varianten a und b.
Variante b hat die geringste Völligkeit und liefert damit die geringste Schä-
digung bzw. die längste Lebensdauer.
Weitere Kollektive sind das Kleinstkollektiv und das Lastkollektiv.
Kleinstkollektiv:
Die größte Amplitude kommt nur 1 mal vor ( 1n = 1 )
und liefert dasselbe Ergebnis LN wie ein Kollektiv mit 1n > 1.
Lastkollektiv:
Wie Beanspruchungs-Kollektiv, jetzt aber mit Belastungsamplituden (Kraft-
Amplituden a iF oder Momenten-Amplituden a iM je Belastungsstufe i )
an Stelle der Beanspruchungsamplituden a i .
log n1 103 105
a) b) c)
ˆa
Betriebsfestigkeit Seite 75
Joensson HTW Berlin
4.5 Drei Sonderformen der Palmgren-Miner-Formel
In der FKM-Richtlinie werden drei Varianten verwendet: „Miner elementar“,
„Miner original“ und „Miner konsequent“.
4.5.1 Miner elementar
Als Wöhlerlinie wird eine Gerade im doppeltlogarithmischen System
angenommen und auf alle Amplituden angewendet – auch auf Amplituden
a i < D unterhalb der Dauerfestigkeit. Daraus folgt die Lebensdauer
LeN = i
i
i
n
n
N
mit = 1
k
i für alle k
Stufen der Beanspruchung
Die Lebensdauerlinie LL verläuft parallel zur Wöhlerlinie WL:
Ein Nachteil: Die Schädigung wird damit härter angenommen als real.
Zwei Vorteile:
1.) Für alle Amplituden a i wird iN einheitlich berechnet aus
N ( a ) = DN · k
a
D
2.) Weil die Lebensdauerlinie parallel zur WL liegt, muss nur ein einziger
Lebensdauerwert berechnet werden, um die gesamte LL zu erhalten
log a
log N
a
D
ND
WL für Miner elementar
ˆ
WLDauerfestigkeit
LL
Kollektiv
Betriebsfestigkeit Seite 76
Joensson HTW Berlin 4.5.1 Miner original
Dabei werden nur Amplituden a i berücksichtigt, die größer als D sind
(wie in den Originalartikeln von Palmgren und Miner):
LoN =
1
1
k
ii
i
ii
n
n
N
← ℓ statt k : nur Amplituden
a i > D
mit k : Anzahl aller vorhandenen Beanspruchungs-Stufen
ℓ : Anzahl der Beanspruchungs-Stufen größer als D
Die Lebensdauerlinie LL verläuft jetzt nichtlinear im Log-Log-Diagramm.
4.5.1 Miner konsequent
Dabei wird eine Wöhlerlinie verwendet, die im Dauerfestigkeitsgebiet infol-
ge Vorschädigung eine flachere Neigung als im Zeitfestigkeitsgebiet hat.
Aufwendiger zu berechnen als Miner elementar und original, aber rea-
listischer.
log a
log N
a
D
ND
ˆ
LL Miner elementarLL Miner original
WL Miner original
WL Miner konsequent
WL Miner elementar
LL Miner konsequent
Betriebsfestigkeit Seite 77
Joensson HTW Berlin
© Prof. Dr. Joensson HTW Berlin 2015
5. Beanspruchungsanalysen der Betriebsfestigkeit
5.1 Einleitung
Zur Lebensdauerberechnung muss die Häufigkeit in der vorhandenen
Amplituden und Mittelspannungen bekannt sein.
Dazu Einteilung der Spannungs-Skala in gleich abständige Klassen und
Zählung der Klassenhäufigkeiten in diesen Klassen KLASSIERUNG.
5.2 Regellose Wechselbeanspruchung mit R = - 1
(seltener Sonderfall)
z.B. Klassierung dieser Spannungs-Zeit-Funktion für positive Klassenüber-
schreitungen (gezählt werden dabei nur die Überschreitungen von
Klassengrenzen durch positiv ansteigende Anteile der Spannungsfunktion):
t
Häufigkeits- verteilung wie in Kap. 3.4
iH absolute
Häufigkeitje Klassen-
grenze i
t
σ = 0
Betriebsfestigkeit Seite 78
Joensson HTW Berlin
Aus den Klassierergebnissen iH je unterer Klassengrenze i wird an-
schließend die Anzahl der Amplituden a i der Klassen i als Anzahl der
positiven Extremwerte je Klasse ermittelt.
In der Abbildung auf Seite 77 unten gibt es nur
3 positive Maxima innerhalb der Klasse 8 und 5 Maxima in Klasse 7
für den dargestellten kurzen Zeitbereich.
Der Spannungswert in Klassenmitte repräsentiert jeweils die Amplitude a i :
Klasse
8
7
6
Häufigkeit in der Amplituden
8n = 3
7n = 5 ( 8 minus 3 Überschreit.)
6n = 0 ( 8 minus 8 Überschreit.)
5n = 0 usw.
Mit diesen Werten wird das Amplituden-Kollektiv a i ( in ) gebildet:
Anschließend Lebensdauerberechnung, z.B. nach Miner elementar
LeN =
2
1
/
ges
i ii
n
n N
mit Bruch-Schwingspielzahlen iN = iN ( a i ) aus der zugehörigen Wöh-
lerlinie des Bauteils für die beiden Amplituden 8a und 7a .
aa8a7
n8 = nges
30
a8
a7
a6
Betriebsfestigkeit Seite 79
Joensson HTW Berlin
Für wechselnde Beanspruchung mit R = -1 sind verschiedene Zählverfahren
gut geeignet, die jeweils nur 1 Parameter auswerten
( einparametrische Klassierverfahren).
Z.B. wie gezeigt die Überschreitung der positiven Klassengrenzen oder die
Spitzenwertzählung oder die Schwingweitenzählung und andere …
5.3 Regellose Wechselbeanspruchung plus konstante
Mittelspannung
Auch hierfür ist eine einparametrische Klassierung gut geeignet, allerdings
mit vorhergehender Zentrierung:
Mittelwert m aus allen Spannungs-Momentanwerten bilden und die-sen Wert von allen Spannungswerten abziehen. Dann einparametrische Klassierung dieser zentrierten Funktion und daraus das Amplitudenkollektiv a i ( in ) ermitteln.
Und schließlich Lebensdauerberechnung, z.B. mit Miner elementar.
! Die Bruch-Schwingspiele iN dürfen hier aber NICHT für die Ampli-
tuden a i berechnet werden,
sondern für Ersatz-Amplituden ae i nach einer Mittelspannungs-
theorie, z.B. nach Goodman, Gerber oder FKM.
Vor der Lebensdauerberechnung ist hier also ein Ersatz-Amplituden-
Kollektiv ae i ( in ) aus dem Kollektiv a i ( in ) zu ermitteln
– wenn nicht eine Wöhlerlinie für diese Mittelspannung vorhanden ist.
t
m
Betriebsfestigkeit Seite 80
Joensson HTW Berlin
5.4 Beanspruchung mit schwankenden Mittelspannungen
(Normalfall der Betriebsfestigkeit)
Zur Analyse derartiger Zeit-Funktionen ist die Zerlegung in „Halb-Schwing-
spiele“ üblich - jeweils aufsteigend und absteigend:
Zu jeder Amplitude a i kann eine eigene Mittelspannung m i gehören.
Die Klasseneinteilung für σ (t) erfolgt zwar wie bisher,
jetzt aber müssen alle a i und m i gemeinsam erfasst und gezählt
werden zwei-parametrische Klassierung erforderlich!
z.B. 1a = 120 MPa, z.B. wurde hier die Amplitude 1a 1m = 70 MPa mit zugehörigem 1m 15 mal gefunden
tNull70
190
MPa
120
70015
a
m
absolute Häufigkeit
n
120
t
+ + …a1
m1 m2
a2
Betriebsfestigkeit Seite 81
Joensson HTW Berlin
Die Zählung sämtlicher Häufigkeiten in allen Klassen liefert ein Häufigkeits-
Gebirge (typisch für alle zweiparametrischen Zählverfahren)
bzw. horizontal dargestellt und mit diskreten Häufigkeiten:
Draufsicht mit Zahlen-werten für n:
„Häufigkeits-Matrix“
Sonderfall m = 0 infolge Umrechnung auf Ersatz-Amplituden ae :
1-dimensionale Häufigkeits-Verteilung der Amplituden
Erst mit diesem Ersatz-Amplitudenkollektiv wird die Lebensdauer berechnet!
Zum Beispiel mit Miner elementar.
a
n
m = 0
158
2 94
m
a
n
m = 0
a
m
Häufigkeit n
Betriebsfestigkeit Seite 82
Joensson HTW Berlin
5.5 Das Rainflow-Klassierverfahren
Spezielles zweiparametrisches Zählverfahren zur Beanspruchungsanalyse:
Spannungs-Zeit-Verlauf und zugehöriger Spannungs-Dehnungs-Verlauf ↑
Auswertung des Spannungs-Zeit-Verlaufes ↓
↑ Abbildungen aus Cottin, D., Puls, E.: Angewandte Betriebsfestigkeit. VEB Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie Leipzig 1985, S. 44 und 45
Ergebnis der Rainflow-Zählung: Zweidimensionale Häufigkeitsverteilung
Bild-Zitat aus einem Fachbuch.
Wird hier aus Urheberrechtsgründen nicht gezeigt und wurde in der damaligen Vorlesung nur für die Teilnehmer verwendet. Der Zugriff darauf erfolgte in nicht öffentlichem Ressort.
Radaj, D.: Ermüdungsfestigkeit. Springer Verlag 2. Auflage 2003, S. 212
Betriebsfestigkeit Seite 83
Joensson HTW Berlin
Rainflow in Ansys Workbench 16:
zu Übung W-F3 Blatt 4:
Rainflow-Matrix als Ergebnis einer Betriebsfestigkeitsberechnung einfügen:
Links im Strukturbaum: Betriebsfestigkeit bzw. Lastverlauf anklicken > Rechte
Maustaste: Einfügen > `Rainflow`-Matrix > Oben: Lösung.
Beispiel Lastverlauf SAE Transmission
Max. statische Vergleichsspannung ( = dynam. Oberspannung) : 321,78 MPa
Ergebnis `Rainflow-Matrix`:
Betriebsfestigkeit Seite 84
Joensson HTW Berlin
5.6 Schädigungsmatrix
bzw. Schadensmatrix in Ansys-Workbench.
Diese Matrix zeigt anschaulich, welche Amplituden mit welchen Mittelspan-
nungen die größten Schädigungsanteile liefern.
zu Übung W-F3 Blatt 4:
Schadensmatrix als Ergebnis einer Betriebsfestigkeitsberechnung einfügen:
Links im Strukturbaum: Betriebsfestigkeit bzw. Lastverlauf anklicken > Rechte Maustaste: Einfügen > Schadensmatrix
Beispiel Lastverlauf SAE Transmission
Schadensmatrix für Mittelspannungseinfluss nach Goodman: nach Gerber
--------------------------------------------------------------------------------------------- Berechnungsablauf intern, wenn z.B. nur 1 Wöhlerlinie mit R = -1 vorhanden ist:
- Berechnung von Ersatz-Amplituden ae , z.B. nach Goodman
- Bruch-Zyklen iN = iN ( ae ) aus der gegebenen WL ermitteln
- Teilschädigung iD = /i in N berechnen mit in aus der Rainflow-Matrix
- Die Teilschädigung wird durch die Gesamtschädigung dividiert daraus folgt für jede Amplitude ein Prozentwert der anteiligen Schädigung
Betriebsfestigkeit Seite 85
Joensson HTW Berlin
6. Ausblick
Programme zur Betriebsfestigkeit:
z.B.
Betriebsfestigkeits-Tool in Ansys Workbench
Übungen Ansys-W-F1 bis F4
sowie Beispiele von Zammert: Siehe Datei Zammert Ansys.pdf
(Dehnungs-Wöhlerlinien und nichtproportionale Ermüdungs-
beanspruchung) Quelle: Zammert, U., Einbock, St., Rosenthal J.:
Ermüdungsfestigkeitsnachweis mit dem Workbench-Fatigue-Modul.
Beitrag 2.1.6 zum 23. CADFEM Users' Meeting 2005, enthalten in der
CD zur 8. Auflage des Buches "FEM für Praktiker" von Müller und
Groth, expert-Verlag 2007
Programm nCode DesignLife
als Zusatz-Modul zu Ansys
http://www.cadfem.de/produkte/ansys/betriebsfestigkeit.html
WINLIFEhttp://www.stz-verkehr.de/winlife.php
MSC Fatigue
http://www.mscsoftware.com/de/product/msc-fatigue
und andere.
Betriebsfestigkeit
FEM-Übungen
D. Joensson ANSYS Workbench 16 Fatigue W-F1
HTW Berlin Einstufig wechselnde Beanspruchung Blatt 1 von 5
© Prof. Dr. Joensson HTW Berlin 2015
Für alle folgenden Berechnungen soll das Bauteil-Modell der Ansys-Workbench-Übung W2 genutzt werden.
Empfehlung: Eigenen Ordner für diese Übung erstellen, z.B. [ Ansys W-F1 ]. Dorthin die Geometrie-Datei Kerbe-1.agdb aus dem Ordner [ Ansys WB 16 ] kopieren.
Im eigenen Ordner dann diese Datei doppelklicken Ansys-Workbench startet.
Links: Statisch-mechanische Analyse doppelklicken > Mitte: Im Block A mit der linken Maus-taste DM Geometrie auf DM Geometrie im Block B ziehen. Links oben: Datei > Datei speichern unter > in den eigenen Ordner, Datei speichern als W-F1.
Lebensdauerberechnung für reine Wechselbeanspruchung
Zur Lebensdauer-Berechnung in Ansys ist vorher stets eine statische Berechnung erforderlich.
Dazu die FEM-Berechnung für dieses Geometrie-Modell starten:
Block B: 4 Modell doppelklicken Das Programm Mechanical startet.
Das Bauteil soll an einer Seite fest eingespannt sein wie in Übung W2 und mit einer Einzelkraft belastet werden.
Die Einzelkraft soll 5000 N betragen. Links im Strukturbaum: Statisch-mechanisch (B5) > Oben: Lagerungen … Lasten …5000 N Links im Strukturbaum: Lösung (B6) > Oben: Verformung > Gesamt > Oben: Spannung > Vergleichsspannung (von Mises). Für die anschließende Lebensdauerberechnung einfügen: Links im Strukturbaum: Lösung, Rechte Maustaste > Einfügen > Betriebsfestigkeit > Betriebsfestigkeits-Tool > Rechte Maustaste: Einfügen: Lebensdauer und Sicherheitsfaktor (d.h. Dauerfestigkeit σD durch σVmax )
Oben: Ergebnis: Vergleichsspannung: ………… MPa.
! Achtung: Für Lebensdauer-Analysen muss die statische Berechnung so genau wie möglich sein!
Im vorliegenden Fall kann zur Kontrolle der Genauigkeit wie in der Ansys Übung W2 Genau A eine Formzahlberechnung genutzt werden. Die Formzahl beträgt hier 2,4. Damit müsste als maximale Spannung entstehen:
max = 5,4545 MPa. Warum? (siehe Ansys Übung W2, Seite 7)
Diese Spannung entspricht dem Maximum der ersten Hauptspannung 1 .
In Ansys Workbench heißt diese Hauptspannung „Max. im Hauptachsensystem“.
D. Joensson ANSYS Workbench 16 Fatigue W-F1
HTW Berlin Einstufig wechselnde Beanspruchung Blatt 2 von 5
Also links im Strukturbaum: Lösung (B6) > Oben: Spannung > Max. im Hauptachsensystem > Oben: Lösung. Ergebnis: ………. MPa Das Ergebnis im Vergleich zum genauen theoretischen Wert 5,4545 MPa: Abweichung in Prozent: ……….. % (Ergebnis - theoretisch) / theoretisch
Vernetzung darstellen: Siehe Übung W1 Beginn, Seite 5. Die Vernetzung dürfte zu grob sein.
Die Vernetzung sollte hier möglichst in der Bohrung verfeinert werden, um genauere Spannungs-Ergebnisse zu erhalten:
Links im Strukturbaum: Netz > Rechte Maustaste: Einfügen: Verfeinerung > Links unten: Verfeinerung Stufe 3 Mitte: Die Innenfläche der Bohrung anklicken > Links unten: Anwenden. Oben: Lösung. Jetzt müsste die max. Hauptspannung 1max = 5,4337 MPa betragen.
Wie groß ist nun die Abweichung in Prozent zum theoretischen Wert? ……….. % Die max. Vergleichsspannung müsste jetzt maxV = 5,3774 MPa betragen.
Für duktile Werkstoffe ist diese Vergleichsspannung maßgebend bei Betriebsfestigkeits-Berechnungen.
Nun zur Lebensdauer: Links im Strukturbaum: Lebensdauer
Ergebnis: alles rot, Zahlenwerte 1e6 Min, 1e6 Max (= 610 = 1 Million Lastzyklen).
Was wurde berechnet?
Links Betriebsfestigkeits-Tool anklicken zeigt eine Sinusbelastung zwischen 1 und -1.
Das heißt, die vorhandene statische Belastung (hier eine Kraft mit 5000 N) wird als schwingende Wechselbelastung aufgebracht mit Werten zwischen -5000 und +5000 N. Die Amplitude dieser Schwingung beträgt 5000 N.
Für die Lebensdauer des Bauteils ist allerdings nicht vordergründig die Belastungsamplitude, sondern die größte im Bauteil auftretende Beanspruchungsamplitude maßgebend.
In diesem Bauteil wird statisch infolge der gegebenen Randbedingungen (hier Kraft F und feste Einspannung) eine max. Vergleichsspannung als „Von-Mises Stress“ im Kerbgrund berechnet, siehe links: Lösung > Vergleichsspannung Die max. Vergleichsspannung wird im verwendeten Fatigue-Modul als größte im Bauteil vorhandene Amplitude der Schwingbeanspruchung interpretiert. Die zugehörige Lebensdauer ergibt sich bei reiner Sinusbelastung direkt aus der Wöhlerlinie mit konkreter Ausfallwahrscheinlichkeit. In Ansys ist die jeweils gültige Wöhlerlinie als Werkstoff-Wöhlerlinie in den Materialdaten enthalten. Aus welchem Material besteht das berechnete Bauteil? Links Modell > Geometrie + anklicken > Volumenkörper anklicken > Links unten ist das Material zu sehen: Baustahl
D. Joensson ANSYS Workbench 16 Fatigue W-F1
HTW Berlin Einstufig wechselnde Beanspruchung Blatt 3 von 5
Die Kennwerte dieses Werkstoffes sind sichtbar in der Rubrik Technische Daten (siehe auch Ansys-Übung W7 Werkstoffe).
Dazu die Projektseite öffnen: Unten > Mitte: Block B Technische Daten doppelklicken > In der mittleren Tabelle (Eigenschaften von Überblickzeile 3: Baustahl) sind statische Kennwerte aufgelistet, z.B. die
statische Zug-Streckgrenze 250 Mpa,
statische Druck-Streckgrenze 250 MPa ( = Druck-Fließgrenze)
max. statische Zugfestigkeit 460 MPa.
(eventuell Maßeinheiten umstellen: Oben Maßeinheiten). sowie eine Spannungs-Wöhlerlinie ( ! ohne Angabe der Überlebenswahrscheinlichkeit ! ) als „Wöhlerlinie über Mittelspannung“ in Form einer Tabelle und als Diagramm Zu sehen ist eine Wöhlerlinie in doppelt-logarithmischer Auftragung für den Kurventyp Mittelspannung = 0 MPa (also für reine Wechselbeanspruchung).
Hier sind Werte vorhanden für Spannungsamplituden zwischen 86,2 MPa und 3999 MPa. Die höchste Spannungsamplitude hat eine Lebensdauer von 10 Lastzyklen, die niedrigste 1E+06 Zyklen (= 1e6 = 1 Million).
Wenn also max. Spannungsamplituden auftreten, die kleiner als die kleinste Amplitude dieser Wöhlerlinie sind (hier 86,2 MPa), so entsteht dafür stets nur die gleiche Lebensdauer N = 1e6 Zyklen. Genau dies trifft im vorliegenden Fall zu. Um die Lebensdauer deutlich zu verkürzen, sollte also die auftretende max. statische Spannung (= dynamische Spannungsamplitude im Fatigue-Modul) größer als 86,2 MPa sein,
z.B. 120 MPa, d.h. 22,3755-fach größer als bisher (120 MPa dividiert durch Ihren Ergebniswert der Ver-gleichsspannung, siehe Blatt 2 ). Zur Amplitudenvergrößerung bei Wechselbelastung gibt es in Workbench zwei Möglichkeiten:
a) Die statische Kraft wird genau um diesen Faktor vergrößert oder
b) Die so genannte Skalierung wird mit diesem Faktor vorgegeben.
! Sowohl Kraft-Änderung als auch Skalierungs-Änderung verändern proportional tatsächlich nur die Oberspannung. Bei wechselnder und bei schwellender Belastung entsteht daraus folgend eine proportionale Änderung der Amplitude. Das gilt nicht für andere (!) Belastungen.
D. Joensson ANSYS Workbench 16 Fatigue W-F1
HTW Berlin Einstufig wechselnde Beanspruchung Blatt 4 von 5
Zunächst Variante b) Skalierung ändern
Unten: Mechanical > Links: Betriebsfestigkeits-Tool > Links unten: Skalierungsfaktor ……… eintragen > Enter > Oben Lösung > Ergebnis ansehen: Links Betriebsfestigkeits-Tool > Lebensdauer Der minimale Wert beträgt jetzt 1.66 e5 Zyklen und tritt genau im Kerbgrund dort auf, wo auch die max. statische Vergleichsspannung vorhanden ist, siehe Links im Strukturbaum: Vergleichsspannung.
Vergleich mit der Wöhlerlinie:
Unten Projektseite > Technische Daten: In der Tabelle rechts oben sind für 114 MPa genau 2e5 Zyklen angegeben, für 138 MPa sind es 1e5 Zyklen.
Die Skalierung kann z.B. auch genau mit dem Spannungswert 138 MPa eingestellt werden:
Dafür gilt der Faktor ………….. (138 MPa dynamisch / 5,3774 MPa statisch).
Die Eingabe dieses Faktors im Betriebsfestigkeits-Tool > links unten: Skalierungsfaktor, dann oben: Lösung. Jetzt sollte die min. Lebensdauer des Bauteils exakt 1e5 Zyklen betragen.
Nun zur Variante a) Statische Belastung vergrößern
Die Skalierung wird wieder auf 1 gesetzt (Links: Betriebsfestigkeits-Tool > Unten: Skalierungsfaktor)
Die gegebene Kraft wird um den Faktor 25,….. vergrößert:
Links: Kraft > Unten links: ………. MPa > Oben: Lösung.
Statisches Ergebnis: Links: Vergleichsspannung. Die größte statische Vergleichsspannung sollte jetzt genau 138 MPa betragen.
Anzeige der Lebensdauer: Links: Betriebsfestigkeits-Tool > Lebensdauer. Der minimale Wert beträgt nun exakt 1e5 Zyklen.
Die Erhöhung der Kraft z.B. auf 3e5 N (300000 N) führt auf eine minimale Lebensdauer von 5254 Zyklen.
Auch dieses Ergebnis ist mit der vorgegebenen Wöhlerlinie bestens kompatibel, weil die zugehörige Spannungsamplitude jetzt 322,64 MPa beträgt.
Statische Vergleichsspannung:
Max. Wert: maxV = 322,64 MPa
Lebensdauer:
Min. Wert: 5254 Zyklen
Zu Kontrolle im Wöhlerdiagramm auf Blatt 3 dieser Übung:
Der Logarithmus von 322,64 zur Basis 10 beträgt 2,509 und die Anzahl 5254 der Zyklen ebenso logarithmiert liefert die Zahl 3,72.
D. Joensson ANSYS Workbench 16 Fatigue W-F1
HTW Berlin Einstufig wechselnde Beanspruchung Blatt 5 von 5
Welche Lebensdauer entsteht hier, wenn die Spannung nicht so genau berechnet wird? Dazu das ursprüngliche Netz ohne Verfeinerung einstellen:
Links im Strukturbaum: Netz > Rechte Maustaste: Erstellte Daten löschen > +Netz > Verfeinerung > Rechte Maustaste: unterdrücken >
Oben: Lösung. Die Kraft 3e5 N führt jetzt auf eine niedrigere Vergleichsspannung und damit zu einer deutlich größeren Lebensdauer:
maxV in MPa Lebensdauer in
Zyklen
Ohne Verfeinerung
Mit Verfeinerung 322,64 5254,3
Abweichung in %
Damit wird sichtbar, wie wichtig genaue Spannungswerte für die berechnete Lebensdauer sind. Abschließend die Verfeinerung wieder herstellen:
Links im Strukturbaum: Netz > Rechte Maustaste: Erstellte Daten löschen > +Netz > Verfeinerung > Rechte Maustaste: Unterdrückung aufheben >
Oben: Lösung. Jetzt müsste die maximale Vergleichsspannung wieder 322,64 MPa betragen. Projekt speichern: Oben Links: Datei > Projekt speichern. Workbench beenden.
D. Joensson ANSYS Workbench 16 Fatigue W-F2
HTW Berlin Einstufig schwellende Beanspruchung Blatt 1 von 4
© Prof. Dr. Joensson HTW Berlin 2015
Im Ordner [ Ansys W-F1 ] die Datei W-F1 doppelklicken Workbench startet mit diesem Projekt. Mitte: Block B Modell doppelklicken Mechanical startet.
Lebensdauerberechnung für schwellende Beanspruchung Um verschiedene Lastfälle rationell kenntlich zu machen, sollte jeder Lastfall einen eigenen Namen erhalten. Der vorhandene Lastfall (wechselnde Belastung): Links: Betriebsfestigkeits-Tool mit der rechten Maustaste anklicken > Umbenennen > Wechselnd R = -1 Lastfall schwellend erzeugen Links: Wechselnd R = -1 mit der rechten Maustaste anklicken > Duplizieren > den neuen Eintrag umbenennen > Schwellend R = 0 Unten links: Typ: Schwellend anklicken Die Belastung schwankt jetzt zwischen 0 und +1:
Oben: Lösung. Lebensdauer: 56 393 Min Zyklen. Im Vergleich dazu wechselnd: …….….Min Wie kommt ein derartiger Unterschied zu Stande? Schwellend heißt: Die vorhandene max. statische Spannung (hier 322.64 MPa) wird jetzt als Oberspannung ( = Amplitude plus Mittelspannung) von Ansys interpretiert, d.h. hier wirkt nur eine dynamische Amplitude 161,3 MPa (322.63 / 2) plus statische Mittelspannung 161,3 MPa. Ein Blick auf die Wöhlerlinie Übung W-F1 Blatt 3 zeigt, dass dazu ein Lebensdauerwert von etwa 1e5 gehört ( 10Log von 161,3 ≈ 2,2).
! Aber: Diese Zuordnung ist falsch! Die verwendete Wöhlerlinie gilt nur für R = -1 (rein wechselnd). Das heißt, hier wird zusätzlich eine 2. Wöhlerlinie für das Spannungsverhältnis R = 0 benötigt. Wenn keine derartige Wöhlerlinie in den Ansys-Daten vorliegt, kann eine so genannte Mittelspannungstheorie genutzt werden, mit deren Hilfe aus einer Wöhlerlinie für Mittelspannung mS = 0 MPa künstliche („synthetische“) Wöhlerlinienwerte für
Mittelspannungen ≠ 0 MPa simuliert werden. Für Mittelspannungen größer 0 MPa entstehen so neue Wöhlerlinien, die im Wöhlerlinien-diagramm nach links verschoben sind, also kleinere Lebensdauerwerte liefern.
D. Joensson ANSYS Workbench 16 Fatigue W-F2
HTW Berlin Einstufig schwellende Beanspruchung Blatt 2 von 4
Dieser Effekt ist in Ansys symbolisch sichtbar:
Links im Strukturbaum:
Schwellend R = 0 >
Links unten: Mittelspannungstheorie >
Mittelspannungskurven.
Zu sehen sind 4 Wöhler-linien als Beispiel.
! Die angezeigte Rubrik Mittelspannungskurven ist jedoch in Ansys nur dann wirksam, wenn in den Werkstoffdaten tatsächlich mehrere Wöhlerlinien vorhanden sind. Das ist im vorliegenden Beispiel nicht der Fall. Beweis: Oben: Lösung Die Lebensdauer beträgt auch jetzt wieder 56 393 Min Zyklen wie vorher. Nur dann, wenn in den Werkstoffdaten mehrere Wöhlerlinien enthalten sind, wird von Ansys eine Interpolation auf die konkrete Wöhlerlinie ausgeführt. Im vorliegenden Fall Baustahl mit nur einer Wöhlerlinie für R = -1 ( d.h. Mittelspannung 0 MPa) kann trotzdem eine Wöhlerlinie für R = 0 (d.h. Mittelspannung = halbe Oberspannung bzw. halber Wert der statischen Maximalspannung) simuliert werden. Dazu dienen in Ansys die voreingestellten Mittelspannungstheorien von Goodman, Soderberg oder Gerber.
Zum Beispiel Goodman: Links Schwellend R = 0 > unten: Mittelspannungstheorie > Goodman
Oben: Lösung. Lebensdauer: 11 994 Min Zyklen!
Das sieht schon besser aus. Oder Gerber: 34 845 Min Zyklen. Die Goodman-Gerade ist für spröde Werkstoffe geeignet, die Gerber-Parabel eher für duktile. Weil hier Baustahl als duktiler Werkstoff vorhanden ist, sollte also die Zyklenzahl gemäß Gerber bevorzugt werden. Die Theorie nach Soderberg liefert im Vergleich dazu deutlich kleinere Werte: ……. Min Zyklen.
D. Joensson ANSYS Workbench 16 Fatigue W-F2
HTW Berlin Einstufig schwellende Beanspruchung Blatt 3 von 4
Anderes Material: Aluminium Die vorhandene Berechnung für das Bauteil aus Baustahl soll nun genau so für Aluminium ausgeführt werden.
Dazu die Projektseite öffnen: Unten > Mitte: Block B duplizieren > Umbenennen Block C zu Aluminium > Block B umbenennen zu Baustahl > Links oben: Datei > Speichern. Block C (Aluminium) Technische Daten doppelklicken >
Oben: Quellen für technische Daten ein weiteres Fenster wird geöffnet > Standardmaterialien doppelklicken >
Aluminiumlegierung > Hinzufügen zum Projekt >
Oben: Quellen für technische Daten > Jetzt ist das Material Aluminiumlegierung sichtbar.
Die Kennwerte dieses Materials: Statische Zugfestigkeit 310 MPa, Zug- und Druck-Streckgrenze jeweils 280 MPa.
Des Weiteren gibt es 4 Wöhlerlinien in der Rubrik „R-Verhältnis für Wechselspannung“ (wieder ohne Ausfallwahrscheinlichkeit!) für R = -1 bis R = 0,5.
Durch Anklicken in der Tabelle rechts oben können die 4 Wöhlerlinien mit ihren Zykluswerten der Reihe nach angesehen werden.
Dieses Material dem Bauteil als Werkstoff zuordnen:
Oben: Zurück zum Projekt die Projektseite erscheint wieder > Mitte: Block C
(Aluminium) Modell doppelklicken Mechanical startet > Links im Strukturbaum: + Geometrie > Volumenkörper > Links unten: Material / Zuordnung > den Pfeil bei Baustahl anklicken: Aluminiumlegierung einstellen.
Lebensdauerberechnung:
Wechselnd mit R = -1:
Unten Mechanical > Oben: Lösung Ergebnis der Min. Lebensdauer Wechselnd R = -1: 0 Zyklen ! Kontrolle der max. Vergleichsspannung: ………. MPa
Der Wert unterscheidet sich nur um …… % vom Maximalwert bei Baustahl, ist also nahezu identisch zu vorher.
Die max. statische Spannung ist allerdings größer als die größte Amplitude a der aktuellen
Wöhlerlinie für R = -1: maxa = 275,8 MPa (siehe Technische Daten für R = -1).
Also die statische Maximal-Spannung z.B. auf 240 MPa verringern, indem die Kraft entsprechend verringert wird um den Faktor (240 / 323,21) …
Kontrolle: Die max. Vergleichsspannung sollte jetzt genau 240 MPa betragen.
Damit entsteht als Lebensdauer: 5374,6 Min Zyklen. Das entspricht etwa dem Zyklen-Wert in der Tabelle rechts oben bei den Technischen Daten für R = -1 für 241,3 MPa Spannungsamplitude.
D. Joensson ANSYS Workbench 16 Fatigue W-F2
HTW Berlin Einstufig schwellende Beanspruchung Blatt 4 von 4
Schwellend mit R = 0: Hier gibt es eine Werkstoff-Wöhlerlinie für R = 0.
! Um diese nutzen zu können, muss die Rubrik Mittelspannungskurven eingestellt werden: In Mechanical > Links im Strukturbaum: Schwellend R = 0 > links unten: Mittelspannungstheorie: Mittelspannungskurven. Das zugehörige Bild zeigt aber nur symbolisch den Sachverhalt, wie bereits auf Blatt 2 dargestellt. Welche Werte konkret für R = 0 vorliegen, ist in Technische Daten zu sehen:
bzw. alle 4 Kurven mit „Interpolation“ angezeigt:
Dazu bei Technische Daten im mittleren Fenster + von "Wöhlerlinie über R-Verhältnis" anklicken > Interpolation
In Mechanical für Schwellend R = 0 Lebensdauer 2,0538 e5 Zyklen.
Zur Erinnerung: Hier wird als Maximal-Amplitude von Ansys automatisch der Wert 120 MPa aufgebracht (statischer Maximalwert maxV = 240 MPa durch 2).
Zum Vergleich: Synthetische Ergebnisse mit Mittelspannungstheorien für R = 0:
nach Goodman ………. Zyklen
nach Soderberg ……….
nach Gerber ……….. Zyklen.
Hinweis: Für schwellende Beanspruchungen z.B. mit R = 0,5 oder -0,5 (Schwellend duplizieren …) muss links unten statt Schwellend Verhältnis eingestellt werden …..
Zum Abschluss Projekt speichern: Links oben Projekt > Datei > Alles speichern.
D. Joensson ANSYS Workbench 16 Fatigue W-F3
HTW Berlin Fertige Lastverläufe verwenden Blatt 1 von 5
© Prof. Dr. Joensson HTW Berlin 2015
Wie in Übung W-F1 soll auch hier das gleiche Bauteil genutzt werden: Einseitig fest eingespannt und belastet durch eine Kraft F(t). Dazu den Ordner der Übung W-F1 öffnen und dort die Projekt-Datei doppelklicken Ansys Workbench startet.
Das Bauteil soll nun aus Baustahl S 235 bestehen mit Werkstoffkennwerten gemäß FKM-Richtlinie.
Dazu auf der Projektseite Block B (Baustahl) duplizieren und den neuen Block D umbenennen zu S 235 nach FKM
Dann im Block D in Technische Daten die Wöhlerlinie entsprechend Übung B 4 eingeben:
D. Joensson ANSYS Workbench 16 Fatigue W-F3
HTW Berlin Fertige Lastverläufe verwenden Blatt 2 von 5 Dann zurück zum Projekt > Block D: Modell doppelklicken Mechanical startet. Neues Material einstellen:
Links im Strukturbaum: + Geometrie > Volumenkörper > links unten: Material > Zuordnung S 235 nach FKM.
Oben Lösung > Hat sich nun die Vergleichsspannung im Unterschied zum Block B geändert? Warum nicht? Wie groß ist jetzt die Lebensdauer im Unterschied zum Block B (Blatt 4 der Übung W-F1)?
Für S 235 ……………………… Für Baustahl Ansys ……………………………
Projektseite > Oben Projekt speichern. 1.) Kraft F(t) mit Lastverlauf „sampleHistory2“ Block D Mechanical > Links im Strukturbaum: Lösung > Wechselnd R = -1 duplizieren >
Umbenennen: Lastverlauf sampleHistory2
Links unten: Typ, Wechselnd ändern zu Verlaufsdaten > Speicherort der Verlaufsdaten >
SampleHistory2 doppelklicken.
Jede Lastfolge ist eine Zeitfunktion (Abszisse = Zeitachse):
Lebensdauerberechnung:
Oben: Lösung > Ergebnis ansehen: Lebensdauer Ergebnis: alles rot und Null !
Was wurde berechnet?
Die statische Vergleichsspannung beträgt hier 322,64 MPa (infolge der statischen Kraft 3e5 N).
Bei jedem Lastverlauf wird der jeweilige Ordinatenwert multipliziert mit der statischen Spannung.
Hier also werden riesige Spannungen erzeugt mit Werten zwischen
-999 · 322,64 = - 322 317 (!) MPa und 190,44 · 322,64 = + 61 444 MPa.
Günstiger ist eine Skalierung, die dafür sorgt, dass der Lastverlauf z.B. Maximalwerte von +1 hat.
Das gelingt mit einem Skalierungsfaktor 1/190,44 ( Links im Strukturbaum: unten links Skalierungsfaktor 5,251e-3 eingeben. Damit entstehen lediglich andere Ordinatenwerte des Lastverlaufs:
D. Joensson ANSYS Workbench 16 Fatigue W-F3
HTW Berlin Fertige Lastverläufe verwenden Blatt 3 von 5
Die Spannungen schwanken jetzt zwischen + 322,64 MPa Zug (+1 · 322,64 MPa) und
– 1692 MPa Druck (-5,2457 · 322,64 MPa).
Oben Lösung Lebensdauer: 89,077 Min …… Zyklen ? So wenige?
! Achtung. Bei „Verlaufsdaten“ wird als Lebensdauer in Ansys NICHT die Anzahl der Zyklen (einzelne Lastwechsel) angezeigt, sondern stets nur die Anzahl der Wiederholungen (so genannte Blöcke) des vorgegebenen Lastverlaufs, bis das Bauteil ausfällt.
Das Bauteil erreicht hier also eine min. Lebensdauer von 89,077 Wiederholungen der Lastfolge.
Durch Auszählen der Zyklenzahl (nur obere oder nur untere Extremwerte zählen) folgt hier: 50 Zyklen.
Demzufolge beträgt die Lebensdauer des Bauteils 89, 077 Blöcke · 50 Zyklen = 4453,9 Zyklen (einzelne Lastwechsel).
Es gibt noch eine andere Möglichkeit, die Anzahl der Zyklen je Block zu ermitteln:
Links im Strukturbaum: Lastverlauf sampleHistory2 > siehe unten: Unbegrenzte Lebensdauer 1,e+009 Blöcke (gemeint sind hier allerdings Zyklen!)
Lebensdauer > Mitte: Der angezeigte Maximalwert (hier 2e7 Max) zeigt die Anzahl der Blöcke, die bei unbegrenzter Lebensdauer erreicht werden.
1e9 dividiert durch 2e7 liefert hier die Anzahl der Zyklen je Block: = 50
Die Zyklenzahl pro Block kann in Ansys auch manuell eingestellt werden: Links im Strukturbaum: Lastverlauf sampleHistory2 > ganz unten links: Einheiten > Blöcke Zyklen > 1 Block ist gleich > 50 Zyklen
Oben: Lösung > Lebensdauer 4453,9 Min (siehe oben)
Dann sollte auch die Lebensdauer links im Strukturbaum umbenannt werden zu: Lebensdauer in Zyklen > Oben: Lösung.
Apropos Wöhlerlinie:
Angegeben wurde hier nur 1 Wöhlerlinie für reine Wechselbeanspruchung (ohne Mittelspannung). Der Verlauf aber zeigt eine deutliche Schwankung von Mittelspannungen in jedem einzelnen Lastwechsel.
Daraus folgt: Die bisherigen Berechnungen sind unbrauchbar!
Hier sind entweder mehrere Wöhlerlinien erforderlich, die das vorkommende Schwankungs-spektrum im verwendeten Lastverlauf komplett umfassen oder eine Mittelspannungstheorie, um diese fehlenden Wöhlerlinien näherungsweise zu simulieren.
D. Joensson ANSYS Workbench 16 Fatigue W-F3
HTW Berlin Fertige Lastverläufe verwenden Blatt 4 von 5 Zum Beispiel nach Goodman:
Links im Strukturbaum: Lastverlauf sampleHistory2 umbenennen (ergänzen: ohne Msp-Theorie soll heißen: ohne Mittelspannungs-Theorie)
> Duplizieren > Umbenennen: Lastverlauf sampleHistory mit Goodman
Links unten: Mittelspannungstheorie > Goodman Lebensdauer: 0 Min.
Oder nach Gerber:
> Duplizieren > Umbenennen: Lastverlauf sampleHistory mit Gerber usw.
Lebensdauer: 0 Min.
Die Druckspannungen sind vermutlich zu groß. Wird hier z.B. der Skalierungsfaktor = 2e-3 statt 5,251e-3 gesetzt, entstehen Lebensdauerwerte größer Null.
Was bedeutet dieser Faktor 2e-3 im konkreten Fall?
Wie groß ist damit die zugehörige max. (Zug-) Spannung in MPa? ……..
Wie groß ist die zugehörige min. (Druck-) Spannung in MPa? ……..
2.) Lastverlauf „SAE Transmission“
Links im Strukturbaum: SampleHistory2 ohne Msp-Th duplizieren > Umbenennen zu SAE Transmission ohne Msp-Theorie …. Links unten Speicherort der Verlaufsdaten …
Skalieren mit 1/999 und max. statische Vergleichsspannung 322,64 MPa liefert:
Lebensdauer ohne (?!) Mittelspannungstheorie: …….. Zyklen
! Achtung: Dieser Wert ist sicher völlig falsch, weil vorher 50 Zyklen je Block eingestellt waren.
Wie viele Zyklen hat diese Lastfolge? ……… Anzahl der Zyklen korrigieren >
Wie groß ist also hier die Lebensdauer in Zyklen? …………….
(Jetzt müssten mehr als 1 Million Zyklen als Minimum angegeben sein.)
Lebensdauer nach Goodman: …….. in Zyklen (mehr als 800000)
Und nach Gerber: .......... in Zyklen
D. Joensson ANSYS Workbench 16 Fatigue W-F3
HTW Berlin Fertige Lastverläufe verwenden Blatt 5 von 5
2.) Lastverlauf „SAE BracketHistory“
Skalierungsfaktor in Ansys: 1,0
Skalieren mit (1/990,32) und max. statische Vergleichsspannung 322,64 MPa:
Lebensdauer ohne (?!) Mittelspannungstheorie: ……………..
Wie viele Zyklen hat diese Lastfolge? ………
Wie groß ist damit die Lebensdauer in Zyklen? ………………
Nach Goodman: …………..
Nach Gerber: ..................
D. Joensson ANSYS Workbench 16 Fatigue W-F4
HTW Berlin Eigene Lastverläufe verwenden Blatt 1 von 4
© Prof. Dr. Joensson HTW Berlin 2015
Bauteil, Belastung und Werkstoff wie in Übung W-F3.
1.) Editieren einer Lastverlaufs-Datei Die fertigen Lastverlaufs-Dateien der Übung W-F3 befinden sich im Ordner Load Histories von Ansys.
Zum Beispiel in Ansys links Lastverlauf sampleHistory2 anklicken > unten: Speicherort > … anklicken > im neuen Fenster oben anklicken zeigt die Lage dieses Ordners:
Öffnen Sie bitte auf Ihrem Computer außerhalb (!) von Ansys diesen Ordner.
Kopieren Sie diesen Ordner evt. mit einem neuen Namen in Ihr Arbeitsverzeichnis oder auf den Desktop.
Öffnen Sie dort die Datei sinWave und speichern diese unter einem neuen Namen ab, z.B. sinWave2.
Die Datei sinWave.dat zeigt eine Zahlenkolonne. Kopieren Sie diese komplett und fügen Sie sie nach dem letzten Wert ein > Speichern.
Zurück zu Ansys:
Links im Strukturbaum: Einen Lastverlauf anklicken > Duplizieren > Umbenennen zu Lastverlauf SinWave2 > unten: Speicherort … anklicken > Ihren neuen Ordner suchen > dort SinWave2 anklicken.
Dann müsste der Lastverlauf so aussehen:
Oben: Lösung > Lebensdauer ?
Links im Strukturbaum: Lastverlauf SinWave2 duplizieren > Lastverlauf SinWave …
Oben: Lösung > Lebensdauer ?
Im Vergleich zum Lastverlauf sinWave2 ist jetzt die Lebensdauer doppelt so groß.
Woran liegt das? Was haben Sie falsch gemacht? Die Lebensdauer sollte gleich sein!
D. Joensson ANSYS Workbench 16 Fatigue W-F4
HTW Berlin Eigene Lastverläufe verwenden Blatt 2 von 4 Exakt die gleiche Lebensdauer wie bei sinWave entsteht, wenn Sie den Sägezahn-Verlauf sawTooth als Lastfolge verwenden:
Die fortwährende Wiederholung bedeutet:
Die Textdatei dazu enthält nur 3 Zahlen:
1.0 -1.0 1.0
Wenn Sie das letzte Leerzeichen löschen, entsteht
also
Die Lebensdauer beider Lastfolgen ist exakt identisch mit sinWave.
Fazit:
In Ansys werden (wie in der Betriebsfestigkeit üblich) nur Extremwerte von Lastfolgen für die
Lebensdauerberechnung verwendet.
Die Momentanwerte (wie in der Lastfolge sinWave) zwischen den Extremwerten spielen dabei
keine Rolle.
D. Joensson ANSYS Workbench 16 Fatigue W-F4
HTW Berlin Eigene Lastverläufe verwenden Blatt 3 von 4
2.) Mehrstufig konstante Amplituden Die Belastung soll jetzt mehrstufig wirken in Form von mehreren konstanten Amplituden, z.B. mit 2 Stufen:
hier also 5 Lastwechsel mit Amplitude 0.6, dann 2 Lastwechsel mit Amplitude 1.0, dann wieder 5 Lastwechsel mit Amplitude 0.6 und so weiter in dieser Reihenfolge.
Für die Lebensdauerberechnung werden nur die Extremwerte gebraucht, die in jedem „Kollektiv“ enthalten sind. Ein Kollektiv ist die Sequenz von Lastwechseln, die fortwährend wiederholt wird.
Speziell in Ansys genügt zur Eingabe des Kollektivs (als “Lastfolge“) eine Zahlenfolge der Extremwerte. Beispiel: Block2
Öffnen Sie außerhalb von Ansys den Ordner, in dem die bisherigen Lastfolgen abgespeichert wurden. Datei sawTooth.txt öffnen > Datei speichern unter > Block2 > In dieser neuen Datei eingeben:
0 0.6 -0.6 0.6 -0.6 0.6 -0.6 0.6 -0.6 0.6 -0.6 1 -1 1 -1 0 ohne Enter! Dann Ansys-Workbench starten > …. > diese Lastfolge Block-2 anklicken. Jetzt müsste die Lastfolge so aussehen:
Welche Lebensdauer entsteht dafür mit Ansys, wenn die max. Spannungs-Amplitude 250 MPa betragen soll? Hinweis: Diese Lastfolge hat 7 Zyklen je Block.
D. Joensson ANSYS Workbench 16 Fatigue W-F4
HTW Berlin Eigene Lastverläufe verwenden Blatt 4 von 4 Analytische Nachrechnung: Ermitteln Sie zum Vergleich die Lebensdauer analytisch nach der Palmgren-Miner-Formel:
NM
nn
N
Wie groß ist die Abweichung in % zwischen der Ansys-Lösung und Ihrer analytischen Lösung? (Sie müsste deutlich kleiner als 1 % sein, weil in Ansys rechnerintern genau mit der Palmgren-Miner-Formel die Lebensdauer berechnet wird). Reihenfolge der Lastzyklen ändern:
Öffnen Sie außerhalb von Ansys die Datei Block2 und speichern Sie diese unter einem neuen Namen ab, z.B. Block-2a. Ändern Sie nun die Reihenfolge der einzelnen Lastzyklen, z.B. so:
Welche Lebensdauer entsteht damit in Ansys?
Fazit: Die Reihenfolge der einzelnen Lastzyklen hat keinen Einfluss auf die berechnete Lebensdauer (wegen der Palmgren-Miner-Formel). Tatsächlich aber gibt es bei realen Bauteilen einen experimentell nachweisbaren Reihenfolge-einfluss.
3.) Mehrstufige Schwellbeanspruchung Ermitteln Sie mit Ansys die Lebensdauer des vorhandenen Bauteils aus Baustahl für folgende Beanspruchung:
Die größte Oberspannung soll 320 MPa betragen, die kleinere Oberspannung 250 MPa.
Als Mittelspannungstheorie könnte z.B. die Goodman-Gerade angewendet werden oder die Gerber-Parabel.
Warum ist hier eine derartige Theorie überhaupt erforderlich?