biologische folgen der co2-erhöhung

11
353 Biologische Folgen der C0,-Erhohung Christian Korner ie Verbrennung von groflteils fossilen D Kohlenstoffverbindungen hat seit Be- ginn der industriellen Revolution einen Anstieg der C0,-Konzentration in der At- mosphare von nahezu 30 % bewirkt. Aus im Polareis eingeschlossenen Luftblasen ist bekannt, dai3 sich die Konzentration von 190ppm (parts per million) zum Hohe- punkt der letzten Eiszeit auf etwa 290 ppm urn 1800 und heute durchschnittlich 364 ppni erhoht hat [42]. Seit einigen Jahr- zehnten ist die Zunahme der C0,-Konzen- tration in der Atmosphare durch konti- nuierliche Messungen belegt. Aufgrund der Eisbohrkerne wissen wir auch, dai3 der C0,-Pegel im Laufe der letzten 450000 Jahre immer zwischen 1990 und 290 ppm pendelte und nie aus dieser 100 ppm Bandbreite ausbrach (Abbildung 1). Es bcsteht kcin Zwcifel, dafi die CO,-Mcngc in dcr Atmospharc hcutc viillig atypisch zu- nimmt, und cs bestelit auch kcin Zweifel, daii die Zunahinc dcr lctzten 200 Jahrc anthropo- gcncn Ursprinigs ist. Biogener Kohlenstoff - so auch dcr fossilc - trigt namlich immcr cincn atomarcn Marker. Das Photosynthc- sccnzym, wclchcs fur die CO,-Bindung vcr- antwortlicli ist (kurz Rubisco gcnannt), dis- kriminicrt das rnit 1 (% relativ seltcnc, aber ubcrall, auch ini CO, dcr Luft vorhandenc, scliwcrc uiid stabile Isotop dcs Kohlcnstoffs niit dcni Atorngcwicht 13 gcgcnubcr 12C. Das instabilc (radioaktive), schr seltcnc 14C spiclt hicr ltcinu Rollc. Allcs, was Pflanzen produ- zicrcn, cnthalt also wenigcr 13C als es dcm Antcil in1 CO, der Luft entsprachc (das '3C/'2C-Verhaltnis ist gegenuber der Luft dcutlich klcincr). Das anthropogcnc 13C- arinc CO, (immerhin etwa 5,5 Milliardcn Tonnen fossiler Kohlenstoff pro Jahr, siche Abbildung 2) vcrdiinnt somit die 13C02- Konzciitration in dcr Atmospharc, ein Pro- zct3, der sich mit dem Massenspcktromcter nachwciseri lafit. Aus alten Holzproben ltcnnt man die Verhaltnissc vor Jahrhunder- ten: das CO, der Luft cnthalt hcute tatsach- lich dcutlich wcnigcr 13C. Dcr Beitrag der Waldrodung zur CO,-Erhohung (etwa 1,5 Abb. 1. Die C0,-Konzentration der Atmo- sphare bewegte sich im Laufe der letzten 0,4 Mio. Jahre (Eiszeiten und Zwischeneis- zeiten) immer zwischen 190 und 290 ppm. Hier der Verlauf wahrend der letzten 160000 Jahre und die gegenwartige Ent- wicklung (aus Nature (1999) 399,429-436). Milliarden 'Tonnen C pro Jahr) wirkt in die- sclbe Richtung. Das Argument, dafi die Luft miiglichcrwcisc mehr CO, enthalt, wcil die Ozeanc aus irgendcinem Grund warmer wurdcn und deshalb ,,aLgascn" (warmcs Wasscr lost wcnigcr Gas als kaltea) ist klar zugunsten dcr C02-Erhohung als primarem Vorgang mit anthropogcner Ursachc wider- legt. Auch die C02-Emission in den Schwcllcn- landcrii nimmt rapide zu, so dafS trotz miigli- chcr Sparmafinahmen in den klassischen In- dustriclandern die CO,-Konzcntration in der Atmosphare in Zukunft chcr noch schncller zunchmen wird. Einc Verdoppclung der Konzentration wird ohnc eincn globalen Wirtschaftskollaps in dcr zwcitcn Halfte dcs 21. Jahrhunderts crrciclit scin. In der brcitcn Ciffcntlichkeit ist dieses Pro- blem mit dem Bcgriff ,,erhiihtcr Treibhauscf- fckt" belegt. Es gilt zwar als hiichst wahr- schcinlich aber noch nicht gcsichcrt, dafi die CO,-Erhiihung cine anhaltcnde Erwarmung dcr Erdatmospharc von ein his drci Grad Celsius im globalen Mittcl bcwirkcn wird. An dicscr Unsichcrheit sind schwcr zu pro- gnostizierendc Phanomcnc, wie Ozcanzirku- Abb. 2. Die mengenmaflig wichtigsten, am biotischen Kreislauf beteiligten globalen Vorrate und Fliisse von Kohlenstoff. Biologie in wmrer Zeit / 29. Jahrg. 1999 / Nr. 6 0 WILEY-VCH Verlag GmbH, 69469 Weinheirn, 1999 004J-ZOJX/99/0611-03J3 $17.JO + .JO/O

Upload: christian-koerner

Post on 06-Jun-2016

216 views

Category:

Documents


0 download

TRANSCRIPT

Page 1: Biologische Folgen der CO2-Erhöhung

353

Biologische Folgen der C0,-Erhohung

Christian Korner

ie Verbrennung von groflteils fossilen D Kohlenstoffverbindungen hat seit Be- ginn der industriellen Revolution einen Anstieg der C0,-Konzentration in der At- mosphare von nahezu 30 % bewirkt. Aus im Polareis eingeschlossenen Luftblasen ist bekannt, dai3 sich die Konzentration von 190ppm (parts per million) zum Hohe- punkt der letzten Eiszeit auf etwa 290 ppm urn 1800 und heute durchschnittlich 364 ppni erhoht hat [42]. Seit einigen Jahr- zehnten ist die Zunahme der C0,-Konzen- tration in der Atmosphare durch konti- nuierliche Messungen belegt. Aufgrund der Eisbohrkerne wissen wir auch, dai3 der C0,-Pegel im Laufe der letzten 450000 Jahre immer zwischen 1990 und 290 ppm pendelte und nie aus dieser 100 ppm Bandbreite ausbrach (Abbildung 1).

Es bcsteht kcin Zwcifel, dafi die CO,-Mcngc in dcr Atmospharc hcutc viillig atypisch zu- nimmt, und cs bestelit auch kcin Zweifel, daii d i e Zunahinc dcr lctzten 200 Jahrc anthropo- gcncn Ursprinigs ist. Biogener Kohlenstoff - so auch dcr fossilc - trigt namlich immcr cincn atomarcn Marker. Das Photosynthc- sccnzym, wclchcs fur die CO,-Bindung vcr- antwortlicli ist (kurz Rubisco gcnannt), dis- kriminicrt das rnit 1 (% relativ seltcnc, aber ubcrall, auch ini CO, dcr Luft vorhandenc, scliwcrc uiid stabile Isotop dcs Kohlcnstoffs niit dcni Atorngcwicht 13 gcgcnubcr 12C. Das instabilc (radioaktive), schr seltcnc 14C spiclt hicr ltcinu Rollc. Allcs, was Pflanzen produ- zicrcn, cnthalt also wenigcr 13C als es dcm Antcil in1 CO, der Luft entsprachc (das '3C/'2C-Verhaltnis ist gegenuber der Luft dcutlich klcincr). Das anthropogcnc 13C- arinc CO, (immerhin etwa 5,5 Milliardcn Tonnen fossiler Kohlenstoff pro Jahr, siche Abbildung 2) vcrdiinnt somit die 13C02-

Konzciitration in dcr Atmospharc, ein Pro- zct3, der sich mit dem Massenspcktromcter nachwciseri lafit. Aus alten Holzproben ltcnnt man die Verhaltnissc vor Jahrhunder- ten: das CO, der Luft cnthalt hcute tatsach- lich dcutlich wcnigcr 13C. Dcr Beitrag der Waldrodung zur CO,-Erhohung (etwa 1,5

Abb. 1. Die C0,-Konzentration der Atmo- sphare bewegte sich im Laufe der letzten 0,4 Mio. Jahre (Eiszeiten und Zwischeneis- zeiten) immer zwischen 190 und 290 ppm. Hier der Verlauf wahrend der letzten 160000 Jahre und die gegenwartige Ent- wicklung (aus Nature (1999) 399,429-436).

Milliarden 'Tonnen C pro Jahr) wirkt in die- sclbe Richtung. Das Argument, dafi die Luft miiglichcrwcisc mehr CO, enthalt, wcil die

Ozeanc aus irgendcinem Grund warmer wurdcn und deshalb ,,aLgascn" (warmcs Wasscr lost wcnigcr Gas als kaltea) ist klar zugunsten dcr C02-Erhohung als primarem Vorgang mit anthropogcner Ursachc wider- legt.

Auch die C02-Emission in den Schwcllcn- landcrii nimmt rapide zu, so dafS trotz miigli- chcr Sparmafinahmen in den klassischen In- dustriclandern die CO,-Konzcntration in der Atmosphare in Zukunft chcr noch schncller zunchmen wird. Einc Verdoppclung der Konzentration wird ohnc eincn globalen Wirtschaftskollaps in dcr zwcitcn Halfte dcs 21. Jahrhunderts crrciclit scin.

In der brcitcn Ciffcntlichkeit ist dieses Pro- blem mit dem Bcgriff ,,erhiihtcr Treibhauscf- fckt" belegt. Es gilt zwar als hiichst wahr- schcinlich aber noch nicht gcsichcrt, dafi die CO,-Erhiihung cine anhaltcnde Erwarmung dcr Erdatmospharc von ein his drci Grad Celsius im globalen Mittcl bcwirkcn wird. An dicscr Unsichcrheit sind schwcr zu pro- gnostizierendc Phanomcnc, wie Ozcanzirku-

Abb. 2. Die mengenmaflig wichtigsten, am biotischen Kreislauf beteiligten globalen Vorrate und Fliisse von Kohlenstoff.

Biologie in w m r e r Zeit / 29. Jahrg. 1999 / Nr. 6 0 WILEY-VCH Verlag GmbH, 69469 Weinheirn, 1999 004J-ZOJX/99/0611-03J3 $17.JO + .JO/O

Page 2: Biologische Folgen der CO2-Erhöhung

354 Okologie

lationcn, Wolkenbildungen und Luftfeuch- tigkcit beteiligt. Lctztere ist ja dic wichtigste Komponcntc dcs Treibhauscffcktes. Eine An- derung dcr Ozeanzirkulation (wie dic Ver- langsamung dcr Nordatlantikzirkulation, die Europas hcute atypisch warmes Klima rasch ahkuhlcn wurdc) konnte wesentlich gravie- rcndcrc Folgcn haben als dic gleichmailigc Erhiihung dcr mittlercn Lufttemperatur dcr Erdc 1351. Klimaandcrungen und dcrcn Aus- wirkungen auf Pflanzcn sind jedoch nicht das Thcma dieses Bcitrags (Abbildung 3). Hier gcht es u m dic Frage, wclchc unmittelbarcn Einfliissc crhohtes Kohlcndioxid auf die Bio- spharc nchmen wird oder schon nimmt. CO, ist ja iiicht irgcndcin Abfallgas wic SO,, NO, usw., sondcrn die stofflichc Basis des Lcbcns auf dcr Erde. IXc Photosynthesc dcr Pflanzen rcagiert auf cin Mehrangcbot dieses Roh- stoffcs. Diese direktc Wirkung der C0,-Er- hohung auf Pflanzen ist den wcnigsten Men- schen bewuflt, obgleich wir wcsentlich mchr uber die involvierten Mcchanismen wisscn als uber dic Wirkung von CO, auf das Klima- systcm, mit dem man auch nicht cxperimen- ticrcn kann, auilcr in den MaRstaben und Zcitraumen, in denen das globale CO,-Expe- rimcnt sich tatsachlich abspielt. Wichtig ist, dai3 die in Abbildung 4 dargcstclltcn direkten und indircktcn Wirkungcn der CO,-Erho- hung in dcr Atmospharc kontrare Wirkungen auf den Kohlcnstoffhaushalt von Pflanzcn uiid Okosystcmen haben. Ungeachtet ande- rer Einflusse sinkt dic relative, stimulierende CO,-Wirkung auf die Photosynthese mit zu- nchmcnder CO,-Konzentration (Sattigungs- funktion), wahrcnd zunehmcnde Temperatu- ren als mogliche indircktc Folge dcr C0,- Anrcichcrung cinc cxponenticllc Zunahmc dcr metabolischcn CO,-Frcisctzung bcwir- ken kann (Atmung nicht photosynthctischer Gcwcbe und hctcrotropher Organismen).

EinfluR von CO, auf die Biodiversitat

Spatestcns seit der Umweltkonfcrcnz von Rio de Janciro ist allgcmein bekannt, dafl die Landnutzung durch den Mcnschen eincn alarmicrenden Grad von Biodiversitatsvcrlust nach sich zicht. Jede Art der Intensivierung von Landwirtschaft, Jagd und Fischerei, die Errichtung von vcrsiegeltcn oder agrariscli genutzten Korridoren (Strailen, Acker) und die Ausbreitung von Agglomerationen sowic dic Freisetzung von Abfall und Giftstoffen gchen auf Kosten dcs Lcbensraumcs von Pflanzxn und Tiercn. Der Artcnvcrlust hat ein Mac errcicht, dail Expcrten die Jc tz t -

Verbrennung fossiler Energietrager und Landnutzung

lndirekte Wirkung

Feedbacks in allen Richtungen moglich

Abb. 3. Die zweifache Wirkung von erhoh. tem CO, in der Atmosphare.

zeit" als eine der erdgcschichtlichen greut exttnctions bezeichncn [25]. Die Zerstorung naturlicher Lebensraume, intcnsivc Bodenbe- arbeitung uiid die Waldrodung in den Tropcn im bcsonderen, tragen gleichzeitig auch zum CO,-Problcm bei. Immerhin geht rund ein Viertcl der derzeitigcn anthropogenen C0,- Emission auf das Konto von Landnutzung (Rodung und Humusverlust; Abbildung 2).

Das Biodivcrsitats- uiid das C02-Problcm sind also schon auf der Emissionsscite ver- knupft. DaG die C02-Erhohung ihrerscits auch graviercndc Ruckwirkungcn auf die Biodivcrsitat hat, wird im folgcndcn gezeigt.

Reaktionen von C3- und CCPflanzen

Der Grund, warum sich Biologcn ubcrhaupt mit der C02-Frage beschaftigen, ist die Tat- sache, dail die Photosynthcsc dcr mcisten Landpflanzen bei dcr heutigcn atmosphari- schen CO,-Koizcntration noch nicht C0,- gesattigt ist. Die C0,-Abhangigkeitsfuiik- tion dcr Photosynthesc (Abbildung 4, links) steht daher am Anfang jeglicher Ubcrlcgun- gen zu dicsem Thema, wobci cs dic Wirkung auf C3- und C4-Pflanzcn zu unterschcidcn gilt.

Die Mehrzahl allcr Pflanzen, inklusivc nahc- zu aller Baumc, dic ca. 90 % der Biomassc dcr Erde stellen, sind C3-Pflanzen. Sic schlcuscn im Gcgcnsatz zu den mchr an 'Ti-ockenheit angcpaflten C4-Pflanzcn (zum Beispicl viclc tropische Graser) CO, direkt mit Hilfc von Rubisco in den letztlich Zuckcr liefernden Calviiizyklus ein. C4-Pflanzen besitzen hin- gegen eine vorgcschaltete C02-Kon/.cntra- tionsmaschincric (PEP-Carboxylasc), weshalh sic schon ab relativ nicdrigcn C02-Konzcn- trationen C0,-gcsattigt sind. Bci crhiihtem CO, sind C4-Pflanzen deshalb den C3- Pflanzcn in Konkurrenz mcist unterlegcn. Sic

Erwarmung

- co, -T

Abb. 4. Die biologischen Konsequenzen der zwei in Abb. 3 dargestellten C0,-Wirkungen. Die unmittelbare biologische Wirkung des CO, (Photosynthese) nimmt progressiv ab (Sattigungsfunktion), die indirekte Wirkung auf Metabolismus und Entwicklung (mogli- che Erwarmung) nimmt progressiv zu, wie hier am Beispiel der Atmung illustriert. Die Photosynthese von C4-Pflanzen ist heute schon C0,-gesattigt.

Biologie in unserer Zeit / 29. Jahrg. 1999 / Nu. 6

Page 3: Biologische Folgen der CO2-Erhöhung

Bio log isch e Fo Ig e n d e y C 02- Erh oh u ng 355

Abb. 5. Die Photosynthesekapazitat von Blattern korreliert vielfach gar nicht mit der Wachstumsrate der ganzen Pflanze. Unter opti- iiiicrten Wachstumsbedingungen konnen C3-, C4- und CAM-Pflanzen gleich produktiv sein. Vergleicht man Wildgetreide sowie alte und moderne Kultursorten von sehr unterschiedlicher Ertragskraft, so spiegelt sich das nicht in der Photosyntheseleistung wider. Es wurde sogar uber eine negative Korrelation zwischen Kornertrag und Blattphotosynthese berichtet, wie die Graphilc nach Dateii von Evans und Dunstone (1970) illustriert. Fur die Leistungssteigerung der Kulturpflanzen waren ganz andere Faktoren mai3geblich (siehe Text). Dieses Entkoppeln von Photosynthese und Wachstum erschwert Prognosen zur CO,-Wirkung sehr.

kdnnen abcr indirckt profitiercn, weiin die Blatter unter erhohtem CO, wcniger transpi- rieren (Stoniatarealrtionen; siehe sparer im Tcxt) und somit mchr Fcuchtigkcit im Bodcn vcrbleibt. Damit ist jcdeiifalls ein crstcr, ex- perimentell gut bclegter Hinwcis auf Bio- diversitatscffektc der C02-Erholiung ange- sprochcn.

Die folgenden Erdrtcrungen beziehcn sich nun ausschliefilich auf C3-Pflanzcn. Da Pflanzcn nicht nur von CO, alleinc leben, ist das Problem keincswegs nur auf der Ebcnc der Photosynthcse zu verstchcn, was lcidcr allzu oft iibcrschen wird und daher eiiier kur- zen Erklarung bcdarf.

Photosynthesestimulierung und Wachstum Die photosynthetische Leistungskraft hat mit der Wachstumsgeschwindigkeit von Pflanzen in etwa soviel zu tun wie die Kraft eines Au-

Biologie in u n m w Zeit / 29. Jahrg. 1999 / Nr. 6

Page 4: Biologische Folgen der CO2-Erhöhung

356 Okolog ie

tomotors mit dcr Reisegeschwiiidigkcit in ci- ncr Groflstadt. Im Stau wcrden beidc bcdeu- tungslos. Im ubertragcnen Sinn hcrrscht Wachstumsstau, wcnn wichtigc Nahrsalzc odcr Wasser fchleii odcr die Tempcratur fur Wachstum und Entwicklung zu niedrig ist. Der Photosyiithcsemotor dcr Pflanzen hat zwci Komponcntcn:

0 die Lcistungsltraft dcr Blitter (die Enzym- ausstattung odcr Enzymaktivitat pro Blatt- tlachcneinhcit, welche b c i Jaufendcm Mo- tor" crhiiht oder gescnkt werden kann) und

0 die gesamtc Flaclie an Blattern, bczogen auf den Rest der nicht photosynthctisch aliti- vcn Pflanzenteilc. Durch Invcstitioncn in iieuc Blattflachc (auch in dunnere, grofic, statt dickerc, klcine Blattcr) kami die Pflanze zu- satzliche Assimilate produzicrcn, durch Inve- stitionen in Wurzelwachstum verbcssert sich zwar dic Nahrstoff- und Wasscrvcrsorgung, abcr dcr rcspiratorische CO,-Vcrlust steigt, und damit sinkt dcr Nettokohlcnstoffgewinn.

Mit ihrer ,,Invcstitionspolitilt" stcucrt die Pflanze die Wachstumsrate wcscntlicli wir- kungsvoller als uber die photosynthctische Lcistungskraft pro Blattflacheneinhcit [32]. Kasch wachscnde Nutzpflanzcn investicrcn vie1 mchr Biomasseprozentc in Blattcr als in Wurzeln, und sie produziercn mit einem Gramm Trockensubstanz einc griifiere Blatt- flachc, der ,,Zinscszins" schlagt sich in1 er- hiihtcii Ertrag nieder. Die naturlichc Lebens- vcrsicherung durch cin machtigcs Wurzelsy- stem crsctzt in dicscm Fall dcr Landwirt durch Dunger und Fernhaltcn von Konkur- rentcn durch Unkrautvcrtilgung.

Die Stindierung der Photosynthesc cines Blattcs durch CC>2-Erhiihung crlaubt also kcinerlci Schlusse auf cine Wachstumsstimu- lierung der Gcsamtpflanzc, solange nicht auch ctwaigc Anderungcn der Biomasseinve- stition aufgcdcckt sind. Ausgenommen irn ticfcn Schattcn odcr bci gartncrisch opti- niierten Wachstumsbedingungcn, ist cs das Wachstum selbst, also auch die Produktion von neuem Blattgewebc uiid dic Aufnalimc der dafur notigen Grundstoffc aus dem Bo- den, wclches dic Gesamtphotosynthcse einer I'flanze stcucrt und nicht umgckchrt. Lehr- bucher vcrniitteln dieses seit Jahren in dcr Zuchtungsforschung bekannte Wisscn bisher nicht (Abbildung 5). Gcnerationcn von Stu- dierenden wachscn immer noch mit der Vor-

Abb. 6. Pflanzen, die unbegrenzt Platz haben, von allen Seiten Licht bekommen sowie reichlich und konkurrenzlos mit Nahrstoffen versorgt werden, sind ungeeignete Modelle fur das Studium von C0,-Wirkungen auf die Vegetation. Leider setzt sich diese Erlrennt- nis erst in jungster Zeit durch.

stcllung auf, da13 Hatter mit hohcrer Photo- syntheselcistung h6hcrcs Wachstum bcwir- ken und dd3 C4-Pflanzcn wegcn ihrcr gr613e- rcn Photosynthcscleistung produktiver sind. Der Vortcil von C4-Pflanzeii ist nur unter Wasscrmangel gcgcben, gar nicht jcdoch un- tcr gunstigen Wachstumsbcdinguiigen, untcr deneii etliche C3-Pflanzcn trotz nicdrigc- rcr Photosynthescratc sogar ubcrlegen sind [33] (Wcltrckordhalter sind ubrigens Zuckerrubcn, Sonnenblumcn und Maniok, alles C3-Pflanzen). Auch moderne, hochpro- duktivc Sorten von Kulturpflanzcn (wie dcr Wcizcn) habcn keineswcgs photosynthctisch leistungsfahigere Blattcr [4, 61 als altcrc, wc- nigcr produktivc Sorten oder dcren wildc Vorfahren (Abbildung 5). Die historisch cr- zieltcn Wachstumsstcigerungen bcruhcn, ab- gcschen vom Management, auf Merkmalcn der Morphologie und Entwicklungsdyna- mik. Selbst sukkulente Pflanzeii niit ihrem diurnalcn Saurerhythmus (CAM-Pflanzen) musscn keineswcgs weniger produktiv scin als C3- odcr C4-Pflanzen, wenn man ihre Wachstumsbedingungcn optimiert, und sie reagicren dann auch positiv auf CO,-Dun- gung, wie Nobel [27] fur Opuntia-Plantagen in Kalifornien zeigte (Abbildung 5). Lang- sam- und kleinwuchsige Gebirgspflanzcn zcigen im Durchschnitt diesclben Photosyn- theseraten wic uppig wuchernde Pflanzen im Tal 1141.

Zuchter haben in den 70cr Jahren aufgcgcbcn, nach Photosynthcscleistung zi i selcktionicren. Jungstc Ideen, durch molekuldrc Vcrandcrun- gcn des Photosynthcscprozcsses das Wclthuii- gerproblcm zu losen oder gar das uberschus- sigc CO, einzufangen, zeugen von wcnig Sachverstand. In dicscn Bereich f l ickn trotz- dcm bctrachtlichc Forschungsgcldcr, was erst jungst schr kritisch beleuchtct wurdc 1241. Hier versagen auch unscre Lehrbuchcr, in dc- nen das Thcma funktionelle Wachstumsana- lysc gar nicht vorkommt - cincr der Grundc, warum die C02-Problcmatik selbst untcr Hio- logen mit sovicl Konfusion zu kampfcn hat.

Wann erhoht CO, das Wachstum?

Erhohtes CO,-Angcbot hat d a m die gr613tc absolutc Wirkung auf das Pflanzcnwachstum, wcnn allc ubrigen Rcssourccn unbcgrcnzt zur Verfugung stehcn. In intcnsivcr Gc- wachshauskultur lassen sich mit C02-Er- hijhung Wachstumssteigerungcn voii etwa ci- ncm Drittel pro Erntcsaison erzeugcn. Einc Erkcnntnis, die fast hundert Jahrc alt ist und schon vor dcm 2. Weltkricg in dcutschen und hollandischen Glashauscrn kommcrzicll gc- nutzt wurdc [37]. Mit dem ,,Rcssourccn- Drehknopf" und ubcr gcniigcnd langc Zcit lasscn sich fast bcliebig hohe CO,-Effekte erzeugen. Vor einigen Jahrcn vcrltundctc ein US-Autorenteam, da13 Orangenbaum-

Biologie in unscrer Zett / 29. Jahrg. 1999 / Nr. 6

Page 5: Biologische Folgen der CO2-Erhöhung

357 Riologische Folgen der C02-Erhohung

chcn untcr crhijhtcm CO, drci- bis vicrnial so vicl Biomassc bildcn - cin Effckt, dcr cin- f d i xu crklarcn ist, wcnn man cine Zinscs- zinsrcchnung init 33 ‘%, Jahresziiis (Zuwachs) anstcllt und nach vier odcr funf Jahrcn das Kapital (die Biomassc) bctrachtct. Die Rech- nung ist allcrdings nicht gan7. so simpcl, da die Pflanzcn taglich und niclit jalirlich ihr griiucs 1Cq)ital vcrzinscn und man, wic gesagt, uiibcgrcnzt Rcssourccn bcreitstellen mu13 und nicht inncrc Rhythmcn (Elute, Frucht, Alter, Laubabwurf) dcm Spiel ein Endc sctzcn durfcn. Solchc Modcllc sind fur natiirliclic Vcrhiiltnissc wcnig nutzlich. Eincr dcr hiufigstcn Fchler bci solchcn Hochrech- nungcn ist, daf3 Rcaktioncn von Pflanzen be- obachtct wcrdcn, die nicht nur optimal gc- diingt sind, sondcrn die auch uiibegrenzt P\jf/. h h e n und v o n a\\cn Scitcn I.icht erhal- ten, also ilir Terrain vcrgriificrn IiBnncn, was natiirlich in cincm gcschlossencn Pflanzcn- bcstand nic dcr Fall ist (Abbildung 6).

Knappe Ressourcen

ICauin cinc Pflaiizc kann in ihrcrn naturlichen Lcbci i~~i~i i i i ihr physiologischcs Potential zur t~iomasscprodulttion ausschiipfcn. Sclbst fur die nicistcn Ackcrpflanzcn gilt diesc Tat- sachc. l’flanzcn in freicr Natur sind also im- 111cr durch cine Rcihc von Rcssourccn in ihrcm Wachstum hcgrcnzt. Die mcistcn Pflaiizcn wiirden sogar umltommcn, wurdc inan dicsc Rcssourccnbcgrenzung vollig auf- hcbcn, u n c t sci cs nur, wcil dcr Wind solch aufgcdunscnc Pflanzcnkorper umwcrfcn wiirdc. 1:s gibt nun cine Rcihc von Miiglich- Iteitcn, wic Pflanzcn dennoch untcr erhohtem C0,-Angcbot in frcier Natur ctwas raschcr wachscn kiinncn. Die wichtigsten dr-ci Griin- dc sind folgcndc:

0 Mit bcscrcr Kohlciihydratversorgung Ironncn Pflanzen mchr in die Wurzeln inve- sticrcn und damit ihrc Rcwmrcenversorgung (Wawr und Nahrstoffc) vcrbcsscrn.

0 Sic Itonncn inchr Kohlcnhydratc an ihre Synibiontcn (7um Bcispiel Wurzclpilze) ab- gcbcn und crfahren dadurch cbenfalls eine hcsxre Nahr\toff- und Wasservcrsorgung.

0 Sic lriinncn cinen Pflanzcnkorper aufbau- en, indcm sic mit Kohlenstoff luxuri6s umge- hen, vie1 in mobile (Zuclier und Starke) und strukturgcbundcne (Zcllulosc) Kohlcnhydra- tc invcsticrcn und dabci anderc Komponen- ten (7,uni Kcispiel Proteinc) prozentual zu ihrcr gcsanitcn Trockcnsubstanz verdunnen.

Abb. 7. Im tiefen Waldschatten ist die relative (!) Wirkung von erhohtem CO, wegen der starken Lichtabhangigkeit der Pflanzen und der C0,-bedingten Verminderung des Licht- bedarfs fur die Photosynthese erhoht (Graphik). Es ist eine weit verbreitete aber falsche Annahme, dal3 die CO,-Konzentration im Unterwuchs naturlicherweise auch am Tag signifikaiit erhoht sei. Dies gilt nur fur windstille Nachtstunden. Hier eine Versuchsein- richtung zum Studium der C0,-Wirkung auf Baumsamlinge unter vollkommen natur- lichen Lebensbedingungeii (nahe Basel [lo]).

Allc drci Mcchaiiismen wurdcn beobachtet. Dcr erstc und zwcitc Mcchanismus s t o h al- lerdings rasch an naturliche Grcnzen, da ja ciii crhiihtes CO,-Angebot in der Luft nicht die festcn Eodcnvorrate an Kationcn und insbcsondcre Phosphat verandcrt und einc besscre Ausnutzung dicser Ressourcen zu- nieist nur ein vorubcrgehcndes Phanomcn scin durftc. Viclc naturliche Okosystcme sind in ihrer Produktivitat primar phosphatlimi- tiert.

Etwas anders steht cs um die Stickstoffvcr- sorgung. Hier wurde in ctlichcn Arbcitcn ge- zeigt, dai3 gcwissc Schinetterliiigsblutler (wie der WcilJklec) bei erhohtem CO, mit ihren Knollchcnbaktcricn mehr Stickstoff fixicren konnen [40] und deshalb raschcr wachsen [28]. Allerdings war in a11 diesen agrarischen Versuchen die Phosphatvcrsorgung dcr Pflanzcn optimal. Sobald das Phosphatange- bot begrenzt wird, was wie gesagt in vielen naturlichen Lcbensraumen dcr Fall ist, vcr- schwindct das Phanomcn der Leguminosen- stimulierung weitgchend [36]. Langfristig bleibt den Pfianzen in aller Regel sornit nur der dritte Weg, und der wird auch fast immer beschrittcn: die Wachstumssteigcrung durch weitcres C/N-Verhaltnis.

Lichtbedarf

Untcr erhiihtcm CO, sinken zumcist such dcr Licht- und Wasscrbedarf. Am cindcutig- stcn ist die Situation bcim Licht. Durcli die Verschiebung des Lichtkompcnsationspunk- tes dcr Photosynthcse zu niedrigeren Wertcn (gcringcrem Lichtbedarf) bcwirkt cine C0,- Erhohung im ticfen Schatten relativ gerech- net die grofiten Effekte (Abbildung 7). Dcr Lichtkompensationspunkt ist jencr Schwel- lenwcrt (mcist wcniger als 1 D/O des vollen Sonnenlichtes), ab dem die Ncttophotosyn- diescrate positiv wird. Diese Vcrschiebung des Lichtkompcnsationspunktes ist fur das Ubcrlebcn von Pflanzcn im Untcrwuchs dichtcr Waldcr entscheidcnd. Wcnn dadurch, wie erstmals von Philipps und Gentry [30] in die Diskussion gebracht, die Aggressivitat von Liancn zunimmt, ist cine crhiihtc Wald- dynamik zu erwartcn. Fur tropische Waldcr sehen Philipps et al. [31] letztcres als erwicscn an.

Fur unterschiedliche C3-Pflanzen im Untcr- wuchs tcmperatcr und tropischer Waldcr wurde inzwischen bclegt, dafl die Vorstcllung einer solchen CO,-Wirkung im Schatten gar nicht so abwcgig ist [7,38] (Abbildung 7).

Biologie in unserer Zcit / 29. Jahrg. 1999 / Nr. 6

Page 6: Biologische Folgen der CO2-Erhöhung

358 O kologie

800

400

0 .

400

Wasser- und Warmebedarf

-

-

Erhohtes GO2

Carex flacca - n.s.

-

Wcnigcr klar ist dic Sachc mit dem Wasserbe- darf. Dafi Stomata auf eine CO,-Erhohung zunicist mit eincr Rcduktion ihrcr Offnungs- wcitc rcagicrcn, ist schon lange bekannt. Das Phanomen wurde auch in langcrfristigcn C02-Anrcichcrungsvcrsuchcn fast immer bcobaclitct und fuhrt z,wangslaufig zu langsa- incrcr Bodcnaustrocknung. Vor allem krauti- gc Pflanzen, aber auch Baurns%mlingc zcigcn dicscs Verhalten. Bei periodisch trockcncn Biideii liann dicscr Wasscrspareffekt langere Wachstumspcriodcn und bessere Nahrstoff- vcrfugbarkcit in1 Boden bewirkcn, so dafi sol- chc indirckten Effcktc vie1 groficr wcrdcn Iiiinncn als die direlitc CO,-Wirkung auf die Photosynthese. Resultate fur mcditcrranc Ra- sen, Praric und Kalkmagerrascn [26] legen dies nalic. Da Stoinata verschiedener Pflan- zcnartcn nicht in gleichem Mafic rcagicrcn, crgcben sich jedocli Biodivcrsitatscffekte [21] (Abbildung 8). Die grofitc Unsiclierheit stel- len erwachscnc Baumc dar. Bis heute wurden noch nic solchc Spareffelrte in hohen Baum- ltronen gefunden [3, 191.

Untcr Warmcmangel (Tundra, Hochgebirgc) hat cine CO,-Erhohung keinc odcr schr gcringc Effcktc auf das Pflanzenwachstum I1 81.

Veranderungen in der Gewebequalitat

Die Rcduktion des pflanzlichcn Eiwcifigchal- tcs untcr erhohtcm CO, wurde von allen Forschungsrcsultatcn zum CO,-Thema am haufigstcn beobachtet. Egal ob Wachstums- fiirderung durch CO2-Erli6hung eintritt odcr nicht, cnthalten ,,CO,-gedungte" Pflan- zcn wcniger Blattprotcinc, die Stickstoffltoii- zentration ist crnicdrigt [Z]. Auch der Pro- tcingchalt in Sarnen und damit auch dcr im Brotgetreide (Backfahigkcit) gcht unter er- hiihtem CO, zuriick [I l l . Ein damit ver- wandtcs Problem ist, dai3 Pflanzen untcr cr- 1i0htciii CO, mehr mobile Kohlcnhydratc in den Blattern ansammcln (Zuckcr und Starke; Insert in Abbildung 11). Sie tun dies unab- hangig vom Liclit- oder Nahrstoffangcbot, und cs gilt heute als wcitgchcnd gesichert, dafi diese Rcaktion wcnig mit source-sink- Rclationcn zu tun hat, sondern einc unmittcl- bare physiologischc Antwort auf die C 0 2 - Vcrsorgung ist [ 15,391.

Man liann einwendcn, dafi all dies nur vor- iibergehendc Phanomene sind, welche nur

Bromus erectus 12001

I

* 0 ° ~ 0-

Tageszeit 8 12 16

Abb. 8. Viele Pflanzen reduzieren bei er- hohtem C0,-Angebot ihren Wasserver- brauch (reduzierte Spaltoffnungsweite), aber nicht alle und nicht immer, wie dieses Beispiel fur einen Kalkmagerrasen bei Basel illustriert [21].

dcr eiii- bis wenigjahrigcn Expcriincnticrdau- er zuzuschreiben sind. Dem schcint allcr- dings nicht so zu sein. Die Natur schu f an viclcn Ortcn dcr Erdc auficrst aufschlut3- reiche C02-Anreicherungscxpcrimcntc, die lcidcr noch vie1 zu wenig gcnutzt werden. Einige dieser Naturcxpcrimcntc licgcn in dcr Toscana (Abbildung 9), wo reines Kohlendi- oxid durch magniatischc ,,Kalkbrcnniifen" frci wird und mitten in dcr Vegetation aus- striimt und zwar scit Urzcitcn, wic sich an- hand historischer Angabcn und dcs l4C-Gc- haltcs von Holzproben belegcn lafit. Das CO, dicscr CO,-(Zucllen kommt aus reinem Kalkgestcin, ist also vollig frci von I4C. Gibt man frische Eichenastchen oder Holzspanc aus altcn Jahrringen zur 14C-Altersbestim- mung, wird (wegcn dcs nicdrigcn 14C-Gchal- tcs) in jedem Fall ein vieltausendjahrigcs Al- ter postulicrt.

Blattproben aus dcm Nahbereich solclier, also nachweislich alter CO,-Quellen zeigen cine ausgcpragte Erhohung des Kohlen- hydratgehaltcs [17]. llicsc Datcn untcrstrci- chen, dafi die Kohlciiliydratalil~urnulation und die damit automatisch verbundenc ,,Pro- teinvcrdunnung" im Pflanxcngcwcbc cine Reaktion von Dauer ist, mit der in einer CO,-reichen Welt tatsachlicli gcrcchnct wcr- den mufi.

Abb. 9. Es gibt viele naturliche C0,-Quellen auf der Welt. Hier die Quelle der Rapolano- Therme in der Toscana aus der Luft abgebildet. Im Zentrum stromt reines CO, aus und mischt sich mit der Luft, so dal3 Baume und Rasenpflanzen am Rand der Quelle ungefahr 600-800 ppm erleben. Ein natiirliches C02-Experiment von groi3em Wert fur die Erfor- schung der C0,-Wirkung auf erwachsene Baume.

Biologie in unsercr Zeit / 29. Jahrg. 1999 / Nr. 6

Page 7: Biologische Folgen der CO2-Erhöhung

Riologische Folgen der C02-Erhohung 359

Umsatz und Kapital nicht verwechseln ! Fin wichtigcr, mcist miiivcrstandcner Punkt bctrifft dcn Zusammenhang zwischen Wachs- tun1 und Biomassevorrat. Selbst in jenen Fiillcn, wo in frcicr Natur crhohtcs CO, cine Stimulierung des Wachstums bewirkt, ist nicht notwcndigcrwcisc dic Biomasse und dcr darin fcstgclegtc Kohlcnstoff pro Land- fliichcncinhcit crhoht. Bei Holzpflanzcn wirc das nur dann der Fall, wenn eine Wachs- tumsfijrderung die Lebensdauer (im Forstbe- trich die Umtricbszcit) nicht vcrkiirzt. Dafur giht cs lrcinc Bcwcisc. Ohnc Gcgcnbcwcis wurdc inan erwartcn, dai3 rascheres Wachs- tuin friihcrc Bluhreife und eiiien insgesamt raschcrcn 1,cbcnszyklus bcwirlrt. Dcr Bio- masscvorrat wird aber von der mittleren Ver- wcildaucr dcs Kohlcnstoffs im System be- stimmt. Eine kiirzcre Umtriebszeit (raschercs Wachstum) iauft jcdoch cinem g r 8 e r e n Vor- rat cntgcgcn (groflc Landflachcn und lange Zcitraumc vorausgcsctzt).

Die C0,-Quellcn helfcn, dieses Problcmfcld zu hcicuchtcn, das uns mit traditionellen CO,-Anrciclicruiigsvcrsuchcn unzuganglich ist und bleibt: das Wachstum von Baumcn ubcr ihr ganzcs Lcbcn. Jahrringanalysen an Stcincichcn v o n zwci dcrartigcn, 80 km von- cinantter entfernten C02-Qucllen crgabcn uhcrcinstimmcnd, daCI dic haufig an Jungbau- inen (mcist Samlingcn) bcobachtctc Wachs- tumsfijrdcrung unter erhiihtem CO, mit den Jahrcn verschwindet und im Alter von etwa 25-30 Jahrcn kcine weitere Wachstumsfiirde- rung mchr stattfindct, auch wcnn Zinscs- zinscffekte (gr613ere Anfangsbiomasse) sich noch uber einige Jahre positiv auswirken. Ilicsc Bauinc bildcn unter crhohtcm CO, iibrigcns wenigcr Blatter pro Astholzquer- schnitt aus, womit sie ohne wesentliche Ver- iindcrung dcr Lcistungskraft dcs Einzclblat- tcs die CO,-Bindung der gcsamten Krone doch an dic bcsscrc Versorgung anpassen. Aus all dcm laflt sich schlicficn, dafl dic Rcak- tioncn langlebiger Organismen nicht aus Reaktionen in der Jugendphase hergeleitct wcrden konncn [23] (Abbildung 10).

Es wird oft iibcrschen, dai3 die groflten Koh- lcnstoffvorrate in sehr alten Waldern mit ge- ringcm jahrlichcm Zuwachs fcstgelcgt sind und nicht in raschwiichsigen Holzplantagcn, dic allerdings als C-Quelle zur Substitution von fossilcn Brcnnstoffcn wcrtvoll scin kon- ncn. In diesem Punkt setzt das ,,Kyoto-Pro- tokoll" falsche Impulse (siehe spater). Die Datcn aus dcn C02-Qucllen, bishcr die cin-

Aliersabhangigkeii der C0,-Stimulierung

1,s

0 5 10 15 20 25 30 35 40 Baumalier (Jahre)

Abb. 10. Die C0,-Wirkung auf die Jahr- ringbreite von Steineichen, die ihr ganzes bisheriges Leben am Rand dex in Abb. 9 ge- zeigten C02-Quelle verbrachten, im Ver- gleich zu Kontrollbaumen. Nach etwa 25 Jahren nahert sich die anfangliche Stiniu- lierung dem Nullwert. Daten von einer zweiten, 80 km entfernten C0,-Quelle er- gaben das gleiche Bild [8].

zigcn zur langfristigen Reaktion von Bau- men, lassen cinc Vcrkurzung der Lebens- zyklcn (Umtriebszeiten) erwartcn.

Feldversuche liefern Uberraschungen

Von den fast immer beobachtctcn CO,-Ef- fekten wurden bis jetzt zwci gcnannt, nam- lich die Reduktion des Proteingehaltcs und dic Zunahmc dcr mobilen Kohlenhydrate in der pflanzlichcn Biomassc, insbcsondere in den Blattern. Die dritte, durchgangig gc- machtc Erfahrung ist, dafl - egal welche Art von Keaktioncn man bctrachtet, Wachstums- forderung eingeschlossen - jede Pflanzcnart ctwas andcrs rcagicrt. Man kann diese Fest- stellung auch umdrchcn und sagcn, dafi es in

hochstem Mafie unwahrschcinlich ist, dafl zwci Artcn von Pflanzen odcr Sortcn von Kulturpflanzen auf cinc CO,-Erhohung voll- kommcn gleich reagieren. Wcnn das so ist, ist es nur einc Fragc dcr Zeit, bis dic gcandcrtc CO,-Versorgung Vcrlicrcr und Gewinncr produzicrt. Es ist auch cine E'ragc dcr Le- bensspannc, wic stark solchc Effcktc wirksam werden. Bei kurzlcbigcn Pflanzen konncn sc- lektive Prozessc wirksam werden. Gcnoty- pen, die etwas starker positiv auf einc C0,- Anrcichcrung ansprechen, wcrdcn sich auf Kosten andcrcr ausbrciten. Anders ist dic Si- tuation bei sehr langlcbigcn Organismen: 15Ojahrige Waldbaume habcn dic game bis- herige Diatandcrung in der Biospharc bcziig- lich dcr C02-Versorgung in ihrern eigenen Leben crlcbt. Untcr Samlingen konncn aber

Abb. 11. Die Versuchsflachen des Schweizerischen Prioritatsprogrammes Urnwelt zur Simulation der C02-Wirkung auf biologisch hochdiverse Lebensgemeinschaften (Nenz- lingen bei Basel). TNC - total non-structural carbohydrates d. h. Summe aus Zuckern, Starke und anderen nicht-zellwandgebundenen Kohlenhydraten der Pflanze.

Biologie in unserer Zert / 29. Jdhrg. 1999 / Nr. 6

Page 8: Biologische Folgen der CO2-Erhöhung

360 Okologie

Sclclttionsprozcssc wirksain werden. Die Vcranderung dcr Gcwcbequalitat infolgc von C02-Erhohung wird alle ticrischcn und m - krohicllcn Konsumentcn von Pflanzen bccin- flusscn. Einc Flut von Publikationcn bclcgt die vcrschicdcnartigsten Rcaktionsmuster im Ircflvcrhalten und dcr Pitncfi von Tieren, dc- ncn man Pflanzcnniaterial aus CO,-Vcrsu- chcn anhictct. Die CO,-Erhohung ist also in jcdcm Pall cin Biodivcrsitatsproblem [16]. An zwci aktuellcn Bcispiclcn sei dies dcmon- stricrt.

Auswirkungen auf einen Kalkrnagerrasen

Ein jetzt ini scchstcn Jahr stehendcr Gro13vcr- such mit CO,-Erhiihung in cincm naturna- hen Kalkinagcrrascn n i t extrem hohcr Ar- tcnviclfalt (100 Arten auf 100 m', Abbil- dung I 1) crgab signifikant unterschiedlichc, artspczifischc Rcaktionsinuster. Entgcgcn al- Icn Erwartungcn rcagierten wcdcr Klcc (funf Artcn) noch raschwuchsigc Grasarten mit ei- ncr Waclistuinssteigerung. Einigc Kleearten gingcn unter erhiihtcni CO, sogar chcr zuruck. Hingcgcn profitierte cine subdonii- nante Scggc, Carex flacca, dcrcn Biomassc sich gcgcnubcr dcm Anfang bisher naliezu vcrdrcifachtc 1221. Im Gegensatz zu andcrcn Wicscnpflanzcn hat sic kcinc Myltorrhiza, was cine miiglichc Erlclarung ist. Auch cinigc Krautcr rcagicrtcn positiv, andcrc, wic etwa dcr scltciic Gcrmanischc Enzian, negativ [5]. In cincin Parallclcxpcrimcnt wurden kunst- lich drei vcrschicdcnc Biodiversitatcn simu- licrt. Stufcnwcisc wurden von cinem Bcstand aus 31 Pflanzenartcn (hohc Diversitat) die scltcncrcn und subdominanten entfernt, so dd3 zwiilf (mittlcrc Diversitat) oder funf Ar- ten (gcringc Diversitat) im Experiment ver- hlicbcn. Auf die Gesamtbiomasse dieser Wic- scnbcstandc mit schr unterschicdlichcr Ar- tcndivcrsitat hatte die C02-Erh6hung keinc Wirltung. Im Pflan7,cngewebe sank jcdoch iiberall die Sticltstoffkonzeiitration. Mit ab- nehnicndcr Artendivcrsitat sticg aber der Ge- halt von freicni Nitrat im Boden und damit die Wahrschcinlichkcit von Nitratvcrlusten ans Grundwasser. Interessantcrwcisc wurde diescr Biodiversitatseffekt durch CO,-Er- hohung deutlich gcmildert. Dies reflckticrt die Tatsachc, da13 cs unter hoher C0,-Kon- zentration zu verstarkter Stickstoffestlegung im Bodcii kommt. Es wird vermutet, da13 dies aus vcrstarkter Kohlenhydratabgabe an Bodenorganismen resulticrt, die dann ver- mchrt freien Stickstoff an sich bindcn und so zu Nahrstoffkonkurrenten dcr Pflaiizen werden. Viclfach wurdc bcobachtet, dafi

Pflanzen durch ,,CO,-Dungung" in Nahr- stoffmangel gctricbcn werden kiinnen [9] und cine Wachstumsforderung dann ganz, aus- blcibt. Bine der grofitcn Ubcrraschungcn war, da13 Regcnwurrncr bci C02-Erhiihung 22 statt 16 t Boden pro Ilektar und Jahr um- walzcn [41]. Dazu kam noch, da13 bei nassem Bodcn zu Wintcrbeginn CO,-behandcltc Flachcn mit, aber nicht ohnc Rcgcnwurmcr vcrmchrt Lachgas (N,O) absondcrtcn 111. Lachgas (eines dcr naturlichcn Endprodukte des Stickstoffkrcislaufcs im Okosystem) ist uni cin Viclfaches treibhauswirksamcr als CO,!

Auswirkungen auf Forstpflanzen

Das zweitc Bcispicl bctrifft Forstpflanz,cn, Sarnlingc in freier Natur im Untcrwuchs cines Buchenwaldcs (Abbildung 7) und im Tropenwald von Panama [lo, 381. Diesc Prci- landexpcrimcntc ergaben iibcreinstimmcnd cine artspczifisch unterschicdlichc Wachs- tumsfardcrung durch C02-Erhohung, wobci die Wcchselwirkung mit dcm loltalen Licht- klima am Waldbodcn darubcr entschied, wcl- chc Art den grd3ten Gewinn zog. Es macht dahcr wenig Sinn, solchc Vcrsuche bei gleicli- maflig hohcm Licht durchzufuhren. Im ticf- stcn Schattcn (1 Yo des vollen Sonncnlichtcs)

profiticrte die Buchc am starkstcn, an ctwas hcllcrcn Standortcn (4 % dcs vollcn Sonncn- lichtes) die Eiche. Versuche, die C02-Rcak- tionen von jungcn Forstpflanzcn aufgrund hcutc vcrfugbarcr Literaturdaten zu charak- terisieren, haben daher schon allcin wcgcn der wcitgchcnd unbckanntcn Wcchsclwir- kung mit dcin Lichtfaktor wenig iikologischc Relevanz. Es fehlcn uns schlichtwcg die Fcld- daten.

Der Boden bestimmt die C0,-Reaktion

In cincm Experiment mit griif3crcn Forst- pflanzen auf meterdickcin Waldhoden in open top-Kammcrn 1201 (Abbildung 12) zcig- ten zwci Meter hohe Buchcn ini Mischbc- stand mit Fichten nach vier jahrcn Bchand- lung chcr gcringcrc CO,-Scnsitivitat als die lctztcrcn. Untcr diesen so naturnah wic tcchnisch und finanziell miiglichcn Bcdin- gungen gab es keinc CO,-bcdingtc Wachs- tumsfiirderung der Buchc, wogcgcn die Pich- te stimuliert wurdc. In dcm Vcrsuch wurdc die C0,-Bchandlung mit zwei verschicdcnen Bodentypen und zwei Ratcn von atmosphari- schcr Stickstoffdcposition ltombiniert. Dicse Datcn wcrdcn zur Zeit noch ausgewcrtct, aber soviel laflt sich schon jctzt sagcn: Die

Biologie in unserer Zeit / 29. Jahrg. 1999 / Nr. 6

Page 9: Biologische Folgen der CO2-Erhöhung

B io l o g is ch e Po lg e n der C 0 2 - E rh oh ung 361

man dcn gcsamten jahrlichen Holzertrag der Forstwirtschaft Dcutschlands, (isterrciclis odcr der Schweiz ausschlicfilich xum Ersatz. von fossilem Kohlenstoff einsetzcn wurdc (kcin Bauholz, kcinc Papiererzeugung), konnte man nur wenigc Prozcnt dcs dcrzci- tigen fossilen Kohlenstoffbedarfs ersctzcn [29, 131.

Abb. 12. FichtenlBuchen-Jungwuchs samt Unterwuchs gedeiht hier in Konkurrenz auf metertiefem, natiirlichem Bodensubstrat von zwei verschiedenen Waldstandorten (saurer und kalkiger Boden) bei erhohtern CO,. Open Top Anlage in Birmensdorf bei Zurich (WSL). (Links) Zustand 1996, (rechts) bei der Endernte irn September 1998. Eine C0,-Er- hiihung forderte eher die Fichte, das Ausmafl war aber abhangig vom Bodentyp.

CO,-l<caktion hiingt von dcr Stickstoffvcr- sorgung und noch mchr voin Bodcntyp ab. I:,s war dics iibrigcns dcr crstc Vcrsuch wclt- wcit, bci wclchcni dcr CO,-Effekt auf Wald- hiuiiic auf zwci vcrschicdcncn Substrattypen gctcstct wurdc. Von allcn Behandlungsvarian- ten hattc dcr Substrattyp die grofitc Wirkung auf die Pflanzcn! Was bcdeuten dann Reak- tioncn auf Einheitscrde fur den Wald? Die Vcrsuchc mit Porstpflanxcn untcrstrcichcn, daf3 CO,-Erhohung auch fur den Wald ein I$iodivcrsitiitsyrobIein darstcllt. Langfristigc Unistcllungcii im Artcngcfiigc (in dcn Domi- nanzvcrhal tnisscn) siiid xu crwartcn. licalisti- schc Rcalitionsmustcr sind nur unter natur- nahcn Waclistuinsbediiigungen, am besten dirckt im Wald ZLI erhaltcn. Es warc vcrniinf- tig, die auf viclc schr artifizicllc Expcrimcntc ver~,ettcltc~i Forscliungsinittcl auf einige we- nigc v o n prognostischem Wert n~ Itonzcn- tricrcn.

Die Biosphare als Kohlenstoffsenke?

Ilic Vorstcllung, daiS dic Biospharc insgcsamt die CO,-Emission dcs Mcnschcn auffangt, quasi dcn Kohlcnstoff wicdcr in Biomasse und Bodcnhunius bindct, wird schon allein durch den CO,-Anstieg in der htmospharc widcrlcgt. Dcrzeit fchlt nur cin klcincr Tcil v o n ctwa cin bis 7,wci Gigatonnen Kohlen- stoff in dcr globalen Kohlcnstoffbilanz (mis- szng carbon), dcr moglichcrwcisc von dcn ter- rcstrischcn Cikosystcmcn gebunden wird. Ilabci inuG bcriicksichtigt wcrdcn, dafi dicscr F,ffckt bci niedrigcm CO,-Gchalt, rclativ ge- schcn, wcscntlich g r o k r sein sollte (Abbil-

dung4) und dic Rcaktion dcr Pflanzcn sich mit zunchmcndcr Konzentration der Atmo- spharc imincr mehr einer Sattigung naherii sollte. Die Erhaltung alter Walder init ihrem riesigcn Kohlcnstoffrcscrvoir ist dic wirk- samstc biologischc Mafinahmc, dcr Anrciche- rung der Atmosphare mit CO, zu begegnen. Bis cinc Ncupflanzung das Ausmafi an Koh- lcnstoffbildung cines a h Waldes erreicht, vergehen Hunderte von Jahren. Es ist da- her viillig unsinnig, wic manchcrorts infol- gc dcs Kyoto-Prozesscs't vorgeschlagen, das 0 , - P r o b l e m primar durch Aufforstungen in den Griff zu bekommen, anstatt die urn ein Vielfachcs hoherc bcstchcndc Biomassc in alten Waldcrn zu bcwahrcn [13, 341. Dic Prioritatensetzung muili eindeutig umgekehrt sein.

Unscr hcutiges Leben und Wirken hangt iii einem solchen Ausmafi von fossilem Kohlcn- stoff ab, daii Substitutionsszcnaricii mit Bio- massc nur bci grol3ter Anstrengung an die 5 %-Marke des derzeitigen Kohlcnstoffkon- sums hcranrcichcn konncn. Dic dcrzeitigcn Bcmuhungen sind zwar lijblich und vielfach auch okologisch positiv, aber quantitativ weit davon entfernt, die C02-Produktion nennenswcrt 7.u bccinflusscn. Sclbst wcnn

:' lntcrnationale Konfcrenz (1998) mit dem Ziel, vertraglichc Verpflichtungcn dcr Natio- nen zur C0,-Rcduktion zu crrcichcn, wobei auch cin ,,Zertifikathandel" fur Aufforstun- gen, nicht aber fur Waldschonung verhandelt wurdc 1341.

Schluafolgerungen

Gcmcssen am Tempo des 0 , -Ans t iegs be- stcht gcringc Aussicht, daiS sich dic Biosphare auf diese iieue Diat cinstcllcn kann. In den wenigsten Fallen werden dic bcschricbcncn pflanzlichcn Rcaktionen evolutiv (durch ge- netische Anpassung) abgcfangcn. Ein Wald, egal ob hier oder in den Tropen, hat schlicht- wcg nicht gcnug Zcit, iicuc Populationen zu selektionieren. Wirtsabhangigc Ticrc wcrdcn durch die veranderte Futtcrqualitat stcts da- von bctroffcn scin. Das CO,-Problcm auf cr- hohtcn Trcibhauscffckt zu rcduzicrcn, hciilt, einen wesentlichcn Tcil dcs Naturgcschchcns auszublenden. CO?, ist zuailcrerst Pflanzcn- nahrung, und eine Andcrung der Versorgung dcr Biospharc mit CO, hat subtilc Polgen, die uns nicht gleichgultig sein kiinncn. Dicsc Anderungen beeinflussen sicher bereits hcutc das Vcrlialtcn der Pflanzcn [I 21. Die Auswir- kungen sind nicht ortsgcbundcn, dic C0,- Erhohung wirkt sich iiberall auf der Erde, auch in fernab gclegencn Naturgcbictcn auf Pflanzen aus. Die wichtigsten und vcrlafllich- sten Aussagen zur Zeit sind:

Einc Wachstumsstimulicrung durch erhijh- tes CO, wurde vor allem bci rciclicm NBhr- stoffangebot bei jungen Pflanzen oder untcr cxtrcmcm Lichtmangcl bcobachtet, dics darf aber nicht mit einer Erhiihung dcr Kohlcn- stoffvorrate in der Landschaft verwechselt werden.

0 Eiie C02-Erhohung vcrandert die Gewe- bequalirat von Pflanzcn nachhaltig zugunstcn von Kohlenhydraten und zuungunsten von Proteinen, was Auswirkungen auf Tiere und Mikroben hat.

0 Die Keaktionen von Art zu Art variicren stark, womit Wettbewerbsvorteile neu ver- tcilt werdcn. Einc CO,-Erhdhung stcllt so- mit (auch wegen ihres Tempos) ein zusatzli- chcs Biodiversitatsrisiko dar.

Nachdem weder die natiirliche CO,-Bin- dung durch die Biosphare, noch Initiative11 zur Biomassenutzung dcn rasantcn CO,-An-

Biologie in unserer Zeit / 29. Jahrg. 1999 / Nu. 6

Page 10: Biologische Folgen der CO2-Erhöhung

362 Okolog ie

sticg wesentlich unter die hcutige Ansticgsra- tc driickcn kiinnen, wird die Vegctation der I?rde, in cvolutivcn Zcitmaiistabcn gerechnct, fiirmlich in einc CO,-reichc Welt ,,katapul- ticrt“. Aus biologischcr Sicht durftcn Ver- schicbungcn im Artcnspektrum direkt odcr iibcr vcrandcrtc Wechsclbcziehungen mit I’flanzenfrcsscrn, M ykorrhizapilzcn oder Bo- dcnmikroorganismcn Kcalitat werden. Vcr- schicbuiigen irn Protein-Kohlcnhydrat-Vcr- haltnis und ncgativc Ruckwirkungen auf die Pflanzcncrnahrung durch die Abgabe von Kohlcnliy dratubcrscliusseii ubcr die Wurzeln an frcic Bodenmikroben sind wichtige unmit- tclbare Ausliiscr solchcr Vcranderungcn.

Einc signifikantc CO,-Entlastung der Atmo- sphare durch Kohlcnstoffbindung in dcr Bio- spharc ist nicht zu crwartcn. Die Kohlcn- stoffbindckapazitat dcr Okosystemc durfte init dcr Zcit cher zuruckgehcn bcziehungs- weisc cine Sattigung crreichcn. Dafur sprc- chcn auch auf Oltosystcmcbene vor allcm stiicliiornetrischc Grundc, da das Vcrhaltnis voii Kohlcnstoff zu Stickstoff und Phosphor nicht bclicbig zugunstcn des crstcren vcr- schobcn wcrden kann.

Biological consequences of elevated CO,

This review presents the major cvidcnt consc- qucnccs of atmospheric CO,-enrichment for thc biosphcrc, Irom cellular to ccosystem Icvcl. It starts by cxplaining thc important distinction betwccn the indircct effects via possible global warming (the greenhouse cffcct) and the direct cffccts, operating via a stirnulation of photosynthesis, thc main topic o f thc article. It i s illustratcd that a large nuinbcr of cnvironmental and expcrimental factors influenccs plant and ccosystem rc- sponscs to CO,, causing the net cffcct of C02-enrichment to become much smaller than might be cxpccted from photosynthetic stimulation alone. In gcncral, changcs of tissue quality and their consequences, and differential responscs of species or genotypcs (biodivcrsity cffccts) appear to be larger and ccologically more relcvant than biomass rcsponscs. It is recommended not to confusc rates of rcsponscs (e. g. growth rate) with rcsponses of pools of carbon on a landscape scale. Thc potential for global carbon seques- tration by the biosphere is discussed, and it i s concluded that the options for bio-manage- mcnt of thc global CO,-problem are minutc, given the currcnt and prcdicted rates of anthropogcnic emissions of CO,.

Literatur

[ I ] J. A. Arnone, P. J. Bohlen (1998) Stimulat- ed N,O flux from intact grassland monoliths aftcr two growing seasons under elevatcd atmosphcric CO,. Oecologia 116,331-335.

[2] M. F. Cotrufo, P. Incson, A. Scott (1998) Elcvatcd CO, reduccs the nitrogen concen- tration of plant tissues. Glob Change Biol 4, 43-54.

[3] D. S. Ellsworth, R. Oren, C. Huang, N. Phillips, G. R. Hendrey (1995) Leaf and canopy rcsponses to elcvatcd CO, in a pine forest undcr free-air CO, enrichment. Oeco- logia 104, 139-146.

[4] L. T. Evans, R. I>. Dunstonc (1970) Sonic physiological aspects of evolution in wheat. AustJ Biol Sci 23,725-741.

[5] M. Fischer, M. Dicthart, B. Schmid (1997) Rcsponses of rarc calcareous grassland plants to clcvated CO,: a field cxpcriment with Gcntianella gcrmanica and Gcntiana cruciata. Journal of Ecology 85,681-691.

161 R. M. Gifford, 1,. T. Evans (1981) Photo- synthesis, carbon partitioning, and yield. Ann Rev Plant Phys 32,485-509.

[7] S. Hattenschwilcr, Ch. Korncr (1996) Effects of clcvatcd CO, and increased nitrogen dcposition on photosynthcsis and growth of understory plants in spruce mode ccosystems. Occologia 106, 172-180.

181 S. Hattenschwilcr, F. Miglietta, A. Kaschi, Ch. Kiirner (1997b) Thirty years of in situ trce growth under elcvatcd CO,: a model for futurc forest responses? Global Change Biology 3,436-471.

191 S. Hattenschwiler, Ch. Korncr (1998) Bio- mass allocation and canopy developmcnt in sprucc model ecosystems undcr elevated CO, and incrcased N deposition. Oecologia 113,104-114.

[lo] S. Hattcnschwiler, Ch. Kiirner (1999) Tree seedling responses to in situ CO,-cnrich- ment differ among species and depend on undcrstory light availability. Global Changc Biol (im Druck).

1111 P. Hiigy, A. Fangmeier, H. J. Jager (1998) Effelitc crhohter C0,-Konzentrationen und Stickstoffversorgung auf Korncrtrag und Kornqualitat von Sommerweizen (Triticum aestivum cv. Minaret). Vcrhandl Ges Oekol 28,381-388.

1121 Ch. Kiirncr (1995) Biodivcrsity and CO,: Global change is undcr way. GAIA 4, 234-243.

[13] Ch. Korner (1996) Ilic biotische Koin- poncntc im Energichaushalt: Lokale und glo- bale Aspcktc. Vcrliandlungcn dcr Gesell- schaft Dcutscher Naturforschcr und Aerztc, 119,97-123.

1141 Ch. Korncr (1999) Alpinc plant lifc Springer, Berlin.

1151 Ch. KGrncr, J. A. Arnonc I11 (1992) Jics- ponses to elevated carbon dioxidc in artificial tropical ccosystems. Sciencc 257, 1672-1 675.

[16] Ch. Korncr, F.A. Bazza;. (1996) Car- bon dioxide, populations, and communities. Academic Prcss, San Dicgo, Ncw York, Boston.

1171 Ch. Korncr, F. Miglietta (1994) Long tcrm effects of naturally clcvatcd CO, on inediterrancan grassland and forest trccs. Oecologia 99,343-351.

[18] Ch. Korncr, S. Hattenschwilcr (1998) Die Alpcn und das CO,-Problem. Biologi- schc Perspektiven. vdf - Zurich.

[19] Ch. Kiirner, M. Wurtli (1996) A simplc method for testing leaf responscs of tall tropi- cal forest trces to elevated CO,. Occologia 107,421-425.

[20] W. Landolt, J. B. Buchcr, R. Schulin, Ch. Kiirncr, Ch. Brunold (1997) Effects of clcvat- cd CO, conccntration and N dcposition on spruce - bccch model ecosystcm. In: Mohrcn G. M. J ct al. (eds) Impacts of Global Changc on Tree Physiology and Forcst Ecosystems. Kluwer Academic Publishcrs 317-324.

1211 W. Laubcr, Ch. Kiirner (1997) In situ sto- matal rcsponse to long-tcrm CO, enrichmcnt in calcareous grassland plants. Acta Occolo- gica 18,221-229.

[22] P. W. Ixadley, P. A. Nililaus, R. Stocker, Ch. Korner (1999) A field study of the effects of elevated CO, on plant biomass and com- munity structure in a calcareous grassland. Occologia 118,39-49.

1231 C. Loehlc (1995) Anomalous rcsponses of plants to CO, enrichment. Oikos 73, 181-187.

1241 C. C. Mann (1999) Crop scientists scck a new revolution. Scicnce 283,310-314.

Biologie in unserer Zeit / 29. Jahrg. 1999 / Nu. 6

Page 11: Biologische Folgen der CO2-Erhöhung

Hiologische Folgen der C02-Erhohung 363

[25) May (1988) How many spccics arc thcrc on earth? Scicncc 241, 1441-1449.

[26] P. A. Niklaus, D. Spinnlcr, Ch. Korncr (19%) Soil moisture dynamics of calcareous grassland under clcvatcd CO,. Oecologia 117,201-208.

1271 P. S. Nobel (1991) Environmcntal productivity indices and productivity for Opuntia ficus-indica under current and clevatcd atmospheric CO, Icvcls. Plant, Cell, Emir 14,637-646.

1281 L>. Ovcrdicck (1986) Long-tcrm effects of an incrcased CO, concentration on terrc- strial plants in modcl ecosystems. Morpho- logy and reproduction of Trifohum repens 1,. and lolium pcrenne L. Int J Biometcor 30, 323-332.

[29] J. Paulscn (1995) Dcr biologische Koh- Icnstoffvorrat der Schweiz. Vcrlag Rucggcr AG, Chur, Ziirich.

[37] S. H. Wittwcr (1984) Carbon dioxide lcvels in the biosphcrc: effects on plant productivity. CRC-Critical Reviews in Plant Scicncc 2(3), 171-198.

1381 M. Wurth, K. Wintcr, Ch. Kbrner (1998a) In situ rcsponscs to elevated CO, in tropical forest understorcy plants. Funct Ecol 12,886-895.

1391 M. K. R. Wurth, K. Wintcr, Ch. Kdrner (1998b) Ixaf carbohydrate responses to CO, enrichment at thc top of a tropical forcst. Occologia 116, 18-25.

[40] S. Zanctti, U. A. Hartwig, J. Nosberger (1998) Elevated atmosphcric CO, does not affect pcr sc thc preference for symbiotic nitrogen as opposcd to mineral nitrogen of Trifolium repens L. Plant Ccll Environ 21, 623-630.

[41] J. G. Zallcr, J. A. Arnone (1997) Activity of surface-casting carthworms in a calcarcous grassland under clevatcd atmospheric CO,. Occolotria 111, 249-254. P O I 0. I,. Pliillips, A. H. Gentry (1994)

Increasing turnover through tiinc in tropical forests. Scicncc 263, 954-958. [42] http://cdiac.csd.ornl.gov/ftp/ndpOOl/

1311 0. L. Phillips, Y. Malhi, N. Higuchi, W. F. I,aurancc, P. V. Nunez, R. M. Vasqucz, S. G. Laurance, I,. V. Fcrrcira, M. Stern, S. Brown, J. Grace (1998) Changes in thc carbon balance of tropical forests: evidence from long--term plots. Scicncc 282,439-442.

maunaloa.co2.

Christian Korncr, geb. 1949, Studium fur das

1321 13. Poortcr, A. Van dcr Wcrf (1998) Is inhcrcnt variation in RGK determined by 1,AR at low irradiance and N A R at high irradiancc? A review of hcrbaceous species. In : Lanibcrs H., Poortcr H., van Vuurcn M. M. 1. (cds) Inherent variation in plant growth. Backhuys Publ, Lcidcn 309-336.

1331 I<. W. Snaydon (1991) The productivity of C3 and C4 plants: a reassessment. Funct ECOI 5,321-330.

1341 W. Stcffcn ct al. (1998) The terrestrial car- bon cycle: Implications for thc Kyoto Proto- col. Scicncc 280, 1393-1394.

[35] T. Stockcr, A. Schmittncr (1997) Influen- ce o f CO,-emission rates on the stability of thc thcrmohalinc circulation. Nature 388, 862-865.

[36] J. Stocklin, K. Schwcizcr, Ch. KGrner (1998) Effects of elevated CO, and phos- phorous addition on productivity and community composition of intact monoliths from calcareous grassland. Occologia 116, 50-56.

Lchramt an Gymna- sien Biologic und Erd- wissenschaftcn. Pro- motion 1977 mit ci- ncr Doktorarbcit zum Wasserhaushalt an Ge- birgspflaiizen an dcr Univcrsitat Innsbruck, 1982 Habilitation fur

das Fach Botanik. Nach diversen Auslands- aufcnthalten 1989 Berufung an dic Univer- sitat Basel. Forschungsschwerpunktc: cxpcri- mcntelle Hochgebirgsokologic (eben ist das Ixhrbuch ,,Alpine Plant Life" crschienen) und dic Erforschung der Wirkuiig von cr- h6htem Kohlcndioxid auf Pflanzen aller Klimariiume der Erdc. Dicscs Arbeitsgebiet vcrtritt dcr Autor auch im wissenschaftlichen Steuerungsausschufl des Internationalcn Geosphare - Biospharc Programmes (IGBP).

Prof. Ch. Korner, Botanischcs Institut, Uni- versitat Basel, Schonbeinstr. 6, CH-4056 Bascl. c-mail: [email protected].

Biologie in unserer Zeit / 29. Jabrg. 1999 / Nr. 6