brief an die hs pforzheim

3
Pforzheim, 14.11.10 Hochschule Pforzheim Tiefenbronner Straße 65 75175 Pforzheim Sehr geehrte Hochschule Pforzheim, ich möchte die Gelegenheit nutzen und mich noch für den warmherzigen Abschied im Rahmen einer Absolventenverabschiedung bedanken! Mir wird jetzt noch ganz warm ums Herz, wenn ich an all die Umstände, Mühen und Kosten denke, in die die Hochschule sich für ihre Absolventen gestürzt hat. Ganz toll finde ich in erster Linie die Idee, die Absolventenverabschiedung als quasi letzte Prüfung zu nutzen. Aber wir waren vorbereitet und haben alle versteckten Fehler gefunden. Eine wirklich gute Gelegenheit um abschließend nochmals zu überprüfen, ob die Absolventen auch wirklich alles zu den Themen Branding, Corporate Design, Werbepsychologie, Präsentationstechniken, Kundenbindung, Marktforschung, Recherche, Zielgruppenanalyse, Kommunikationspolitik u.v.m. verstanden und verinnerlicht haben. Selbst "kleine" Veranstaltungen, wie Print-Produktion, wurden nochmals geprüft. Sehr clever, das alles an Hand von Worst Case Beispielen aufzuzeigen. An dieser Stelle herzlichen Glückwunsch, soweit zu beobachten war, haben fast alle Absolventen den Großteil aller Fehler gefunden! Da war zum einen der Film über die Hochschule, das Studium und das Studentenleben in Pforzheim. Ein bisschen gemein war es ja schon, dort gleich so viele Fehler zu verstecken. Aber wir haben entdeckt, dass die Corporate Identity (insb. das Corporate Design) der Hochschule gnadenlos vernachlässigt wurde. Wir haben die stimmungsvollen und fröhlichen Bilder genossen, vor allem deshalb, da wir den Großteil davon so nicht in unserer Erinnerung hatten. Dass auch in puncto, Musik, Schnitt und Dramaturgie geprüft wurde, obwohl diese Themen eigentlich nicht Inhalt des Studiums waren, war nicht weiter tragisch, wir haben es dennoch alle wahrgenommen.

Upload: philip-fischer

Post on 12-Apr-2017

1.978 views

Category:

Education


0 download

TRANSCRIPT

Page 1: Brief an die HS Pforzheim

Pforzheim, 14.11.10

Hochschule Pforzheim

Tiefenbronner Straße 65

75175 Pforzheim

Sehr geehrte Hochschule Pforzheim,

ich möchte die Gelegenheit nutzen und mich noch für den warmherzigen Abschied im

Rahmen einer Absolventenverabschiedung bedanken! Mir wird jetzt noch ganz warm ums

Herz, wenn ich an all die Umstände, Mühen und Kosten denke, in die die Hochschule sich

für ihre Absolventen gestürzt hat.

Ganz toll finde ich in erster Linie die Idee, die Absolventenverabschiedung als quasi letzte

Prüfung zu nutzen. Aber wir waren vorbereitet und haben alle versteckten Fehler gefunden.

Eine wirklich gute Gelegenheit um abschließend nochmals zu überprüfen, ob die

Absolventen auch wirklich alles zu den Themen Branding, Corporate Design,

Werbepsychologie, Präsentationstechniken, Kundenbindung, Marktforschung, Recherche,

Zielgruppenanalyse, Kommunikationspolitik u.v.m. verstanden und verinnerlicht haben.

Selbst "kleine" Veranstaltungen, wie Print-Produktion, wurden nochmals geprüft. Sehr clever,

das alles an Hand von Worst Case Beispielen aufzuzeigen. An dieser Stelle herzlichen

Glückwunsch, soweit zu beobachten war, haben fast alle Absolventen den Großteil aller

Fehler gefunden!

Da war zum einen der Film über die Hochschule, das Studium und das Studentenleben in

Pforzheim. Ein bisschen gemein war es ja schon, dort gleich so viele Fehler zu verstecken.

Aber wir haben entdeckt, dass die Corporate Identity (insb. das Corporate Design) der

Hochschule gnadenlos vernachlässigt wurde. Wir haben die stimmungsvollen und fröhlichen

Bilder genossen, vor allem deshalb, da wir den Großteil davon so nicht in unserer Erinnerung

hatten. Dass auch in puncto, Musik, Schnitt und Dramaturgie geprüft wurde, obwohl diese

Themen eigentlich nicht Inhalt des Studiums waren, war nicht weiter tragisch, wir haben es

dennoch alle wahrgenommen.

Page 2: Brief an die HS Pforzheim

Überragend waren die Ergebnisse des Tests sicherlich bei sämtlichen Maßnahmen, die uns

zu den Themen Kundenbindung, Zielgruppenverständnis und damit auch Erzeugung von

Wertschätzung bei Kunden (in diesem Fall wir Absolventen) geprüft haben. Aber wir haben

auch hier unsere Hausaufgaben gemacht und z.B. folgendes entdeckt: Das durchschnittliche

Einstiegsgehalt in einer Werbeagentur liegt bei ca. 28 T€ brutto jährlich. Raffiniert, die

Zielgruppe zu segmentieren, indem man von Einstiegsgehältern von mind. 37 T€ spricht. Mit

einem Satz schon ein ganzer Studiengang weniger in der Zielgruppe. Sehr effektiv.

Sehr schön wurde auch "Creative Judgment" geprüft, schließlich unabdingbar für einen

Werber. Aber wir haben bemerkt, dass es nicht genügt, eine Botschaft einfach nur irgendwie

zu kommunizieren, um beim Empfänger eine positive Reaktion auszulösen. Die

gestalterische, bildliche und in diesem Zusammenhang auch qualitative Umsetzung (das

beinhaltet sogar die Mediastrategie – so viele Themen auf einmal) spielt eine enorme Rolle.

Aber wir haben entdeckt, dass unsere Zeugnisse und Urkunden hier einige Lücken

aufweisen. Billiges ca. 150 g/m2 Papier und optisch weder anspruchsvoll noch hochwertig.

Dank des Studiengangs International Marketing handelte es sich hierbei sogar um eine

Multiple Choice Aufgabe. Welche Abschlussurkunde ist die bessere, schönere, die, die man

gerne aufhebt und stolz den Kindern zeigt? Die aus Mexico oder die aus Pforzheim? Wir

haben es alle gewusst!

Auch die Segmentierung der Kunden in "a" und "b" Kunden im Sinne von "Standard" und

"Premium" wurde wirkungsvoll demonstriert. Aber auch hier haben wir den Fehler gefunden,

er war in der Prämie für die Premiumkunden versteckt. Eine Flasche Sekt für die

Jahrgangsbesten. Mit einem herrlich amateurhaft individualisierten Label. Sehr premium.

"Used-Look" ist allerdings lediglich in der Modebranche ein Thema, nicht bei Prämien für

herausragende Kunden.

In dieser Kategorie gab es sogar noch mehr zu entdecken. Wenn wir einen Kunden der

Öffentlichkeit vorstellen, was tun wir nicht? Richtig, wir loben Ihn nicht mit einigen Sätzen,

nur um dann eine vorübergehende Schwäche von ihm zu präsentieren, die – so aus dem

Kontext gerissen – vorher genannte Punkte relativiert. Wenn dieser Kunde eigentlich so treu

ist, dass er sogar Dinge für uns tut, die weit über das übliche Engagement hinausgehen,

dann macht er das gern und meist sogar ohne eine konkrete Gegenleistung zu erwarten.

Bekommt er aber dennoch eine Prämie, so sollte diese mit Bedacht gewählt sein. Einem

motivierten und engagierten Kunden das Werk eines anderen Kunden als Prämie zu

überreichen ... wieder ein sofort identifiziertes Worst-Case Beispiel für Kundenbindung oder

für eine nicht verstandene Zielgruppe. Beides sehr kritisch für die Entwicklung der

Kundenbeziehung.

Page 3: Brief an die HS Pforzheim

Vielen Dank auch für die Möglichkeit, tolle Bilder als Erinnerung an die Veranstaltung und

den Studiengang zu bekommen. Dass die sogenannte Fotowand ein viel zu kleiner,

ausrangierter Messestand ist, den man in eine dunkle Ecke (und wohl eine der hässlichsten

des Campus) stellt, macht nichts. Für diejenigen unter den Absolventen, die das

Wahlpflichtfach Fotografie belegt hatten, war das noch eine kleine Zusatzprüfung. Und

außerdem kommt es hier wirklich auf den „Inhalt“ des Fotos an. „Content is king.“ Auch das

haben wir gelernt.

Wie eindeutig zu sehen ist, haben wir alle unseren Abschluss mehr als verdient!

Darüber freue ich mich von ganzem Herzen und wünsche uns viel Erfolg bei unseren

nächsten Schritten! Der Hochschule wünsche ich, dass alle zukünftigen Studierenden diese

letzte Prüfung ebenso mit Bravour meistern, wie wir es getan haben!

Hochachtungsvoll und mit den besten Grüßen

Philip Fischer