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Chantal Maquet Look at me! I look at you!

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Der Katalog zur Abschlußausstellung von artmix7 im KuBa, Saarbrücken. Januar 2013.

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Chantal MaquetLook at me! I look at you!

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artmix7 Künstleraustausch in Luxemburg und Saarbrücken2012 / 2013

Vera Kattler • Chantal Maquet • Alexander Minor • Letizia RomaniniLook at me ! I look at you !

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3 Mittlerer Ring, München, 2011, 27 × 34cm, Öl / Hartfaser

Zwei Monate und 100 Kilometer – was heißt hier Grenze

Wohnen und Arbeiten mit artmix Kunst zu ermöglichen, ist immer nobel. Ihr zu Sichtbarkeit zu verhelfen genauso. Beides ist der Fall beim artmix. Das Setting : Zwei Kunsträume, dazwischen 100 Kilometer und eine Landesgrenze, zwei Monate, ein Katalog, eine Ausstellung, dazu etwas Geld und etwas Publikum. Seit sieben Jahren verbinden sich auf diese Art Ausstellung und Austausch, am Rand zweier Länder. Was bedeutet es, grenz-überschreitend Kunst schaffen bzw. fördern zu wollen ? Statt sich der Vorstel-lung eines florierenden Import-Export Handels mit Fördergeldern und kreativen Potentialen hinzugeben, halten wir lieber fest : Kunst ist im besten Fall immer grenzüberschreitend. Kunst zu ermöglichen, ist immer nobel. Ihr zu Sichtbarkeit zu verhelfen genauso. Und es gibt es eine gute Busverbindung zwischen Luxem-burg und Saarbrücken : Neun Euro, ein Weg.

Das Residenz-Programm artmix bietet vier Künstlern eine kurzfristige Produk-tionsstruktur. In zwei Phasen arbeiten Menschen an zwei Orten auf eine Aus-stellung hin. Das Luxemburger Kunsthaus beim Engel ist vier Wochen lang für Besucher geöffnet. Die Künstler anwesend. Was können wir über diese Arbeit, oder anhand von ihr, erfahren ? Was ist ihre Motivation, ihr Anliegen, ihr Ziel, wie die Schritte ? Das Bild improvisierter Ateliers unterscheidet sich deutlich von dem einer Ausstellung, sei es der bevorstehenden Abschlussausstellung im Kul-turBahnhof Saarbrücken oder sonst einer Gruppenausstellung. Auf den zweiten Blick lässt sich dafür einiges erkennen.

Vier Positionen : viermal KunstDas gängige Modell von Gruppenausstellungen hat mit Ähnlichkeit, Verwandtschaft und Vergleichbarkeit zu tun: Kunst von verschiedenen Autoren begegnet uns an einem Ort. In der Gemeinsamkeit erkennen wir, worum es geht. Meist weist uns der Ausstellungstitel unmissverständlich auf den entscheidenden gemeinsamen Aspekt hin. Liegt die Gemeinsamkeit nicht auf der inhaltlichen Ebene, dann ist sie in den Begleitumständen zu finden. In unserem Fall fördert ein schneller Blick Folgendes zu Tage: Vera Kattler, 1965, lebt in Saarbrücken, malt. Hauptmotiv : Tiere und noch mehr Unheimliches. Chantal Maquet, 1982, lebt in Hamburg, malt. Hauptmotive : Brote, Menschen und Bilder. Letizia Romanini, 1980, lebt in Straß-burg, installiert. Haupt-motiv : die wertvolle Lücke. Minor, 1981, lebt in Saarbrü-cken, macht alles. Haupt-motiv : Urinale und die Kunst / Kunst und Urin.

Wo bleiben die Gemeinsamkeiten ? Nichts springt ins Auge, weder das Alter noch der Wohnort, nicht das Motiv, noch der Lebensweg, nicht Ansätze, Arbeitsmaterialien, Vorbilder, Ausbildung, Nationalität. Auch der Titel verweigert Rat – artmix7. Also nutzen wir diese Erkenntnislücke, um zurückzukehren zur Kunst, und den besag-ten zweiten Blick zu werfen. Aus einem anderen Winkel, mit großen Augen : für die Details, für das Ganze und die Ränder.

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Der Mensch als Bild seiner selbst

Wie im Bilderbuch : eine echte Staffelei, echte Leinwand, echte Pinselführung, ein echter Kittel. Chantal Maquet malt. Und wie. Fast überall, viel und schnell.Als wäre das ihre Art, auf der Welt zu sein, die Welt zu sehen. Dabei findet ein Teil dieses malerischen Welt-Begreifens wirklich unterwegs statt : Straßenzüge erzählen von einem Zuhause-Gefühl, von verinnerlichten Alltagskulissen, von oft gesehenen Bildern und von verborgenen Ecken in fremden Städten – vom Schan-zenviertel führt der Weg über Bayern nach Madrid. Ihr Blick in den Abgrund einer Großbaustelle bleibt genauso an den dort arbeitenden Menschen hängen, wie an vielen anderen Orten : der Küche eines Sternehotels, im OP, im Gerichtssaal, auf dem Münchner Oktoberfest.

Live-Malerei nennt Chantal Maquet das, begreift es als Illustration und arbeitet teilweise für Auftraggeber. Speed-Malerei würde ich es nennen, mit allem Res-pekt : Es gibt keine Vorzeichnung, es gibt Farbe und Malgrund, die virtuose Hand und den geübten Blick. Und einen kleinen Koffer, in dem sich alles verstauen lässt. So entstehen Bilder in und aus einem mitreißendem Produktionsfluss, die ihren rasenden Entstehungsprozess bisweilen unverblümt zeigen : Striche bleiben grob, ein Handgriff ist manchmal nur angedeutet, eine Farbfläche reißt hier ab und läuft da aus. Es wird zum elementaren Bestandteil des Bildes, wenn es in manchem Fall unvollendet bleibt.

Von Postkarte bis Professor, von Baustelle bis Brot scheint zu gelten : was Zeit hat, wird mit Zeit gemalt. Was still hält, bekommt Details. Ein derart selbstver-ständlicher Umgang mit Material und Aufmerksamkeit ist nicht nur verblüffend ökonomisch, pragmatisch und charmant, sondern vor allem im malerischen Ergebnis interessant : Ein Hintergrund verschwindet, ein anderer drängt sich nach vorn, Raum löst sich auf, verliert sich in Flächen, verschmilzt an seinen Rändern mit Menschen in ihrer alltäglichen Beschäftigung. Vorder-, Hinter- und Malgrund setzen ihre Oberflächen gekonnt ein und treten untereinander in einen Dialog. Ein Fokus verlagert sich – Interessen verändern sich mit der Zeit : ob innerhalb der Produktionszeit eines einzelnen Bildes oder im Lauf jahrelanger künstlerischer

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Lohn der Arbeit, 2011. 200 × 130 cm. Öl / Nessel

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Fado in Lissabon, April 2011, jeweils 15 × 15 cm, Öl / Malpappe

Praxis. Unbesorgt, neugierig, aber nicht nachlässig lässt Chantal Maquet zu, dass ihre Malweise sich kontinuierlich entwickelt. Die Spuren dieser Entwicklung doku-mentieren langjährige, serielle Arbeiten – seien es die „Frauenbilder“, die sich an historischen Fotografien aus dem Familienkreis orientieren, oder die Reihe „Brot“.

Chantal Maquets Konzepte sind nie starre Hüllen, sondern vielmehr Fluchtlinien, an denen sich ein Interesse beschreibt und sich stetig weiter herausbildet ; so liegt der Schwerpunkt bei der Reihe „Brot“ in einem Fall auf der Verpackung : sie wird eigenwillig plastisch, reflektiert und wirft pastose Falten, das bloße Auge dringt kaum zum Inhalt vor. Bei anderen Bildern steht das Brot selbst im Zentrum : Frisch geschnittene Scheiben schmiegen sich aneinander, leicht verschoben, und geben neben der dunklen, rauen Kruste etwas von ihrem weichen Inneren preis. Zusam-men hält sie ein nur zu erahnender, feiner Schleier von Plastiktüte.

Chantal Maquet malt auch im Atelier. Sie hat sich für ein Medium entschieden, nennt die Malerei ihre Muttersprache und arbeitet ganz in ihrer Materie. Für die Zeit in Luxemburg und Saarbrücken hat sie sich dafür einen Rahmen gesetzt : den Raum zwischen Maler und Porträtiertem. Unter dem Titel „Look at me! I look at you!“ lädt sie Menschen ein, sich eine Stunde lang dem klassischen Wechselspiel einer Porträtsitzung auszusetzen. Dabei geht es natürlich um das entstehende Bild, das sie von ihrem Gegenüber anfertigt. Gleichzeitig interessiert sie jenes Bild, das sie im anderen evoziert – das sich ihr Gegenüber von ihr macht – bzw. ma-chen könnte. Es ist das des Malers vor seinem Modell : mit Kittel und Staffelei, mit Palette und prüfendem Blick. In diesem einstündigen Schauspiel lässt sie all die skurrilen wie theatralen Momente zu, die eine so hochgradig artifizielle Situation mit sich bringt. Das ursprüngliche Konzept sah vor, dass der „Kunde“ die Fern-auslöse einer fix installierten Kamera bedienen, und nach Belieben Bilder von der Malerin festhalten würde. Ein Fehlgriff, den Chantal Maquet schnell korrigieren musste: Ihren Modellen stand die reine Anspannung ins Gesicht geschrieben. Sie waren ganz Entscheidung, ganz Beobachter. Seitdem macht die Kamera selbst-ständig Bilder von der Malerin bei ihrer Arbeit, alle fünf Sekunden.

Statt Laie und Profi sind nach dieser Entscheidung wieder zwei Voll-Profis mit der Bildproduktion beschäftigt: die gelernte Illustratorin und die digitale Kamera. Die Konstellation provoziert den Vergleich : Wie automatisiert entstehen die Bil-der unter Chantal Maquets Händen ? Ist ihr Blick auch getaktet, voreingestellt ?

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9 verpackte Brotscheiben, 2009, 50 × 35 cm, Öl / Hartfaser

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Und wenn, wäre das ein Zeichen von Könnerschaft ? Der Beweis, dass Ölfarbe in ihren Adern fließt, dass das Malen ihr ins Blut übergegangen ist ? Oder ist es das genaue Gegenteil – die mechanische Blutleere des Virtuosen? 200 Jahre nach Erfindung der Kamera können wir die alte Streitfrage nach der Überlegen-heit von Fotografie oder Malerei getrost beiseite lassen: Kein Medium ersetzt das andere. Und solange Chantal Maquet es nicht nur schafft, sich selbst, trotz ihrer Virtuosität, beim Kampf um Ähnlichkeit zu überraschen, sondern auch noch in der Lage ist, Momente menschlicher Nähe hervorzubringen, ist die Bedrohung durch die moderne Technologie zu vernachlässigen. Vielmehr steht eine Frage dadurch noch deutlicher und auf mehreren Ebenen im Raum : Was bedeutet es, einen Menschen wirklich ( und nicht nur seine Gesichtszüge ) zu treffen ?

Mirjam Bayerdörfergeboren 1984, beendet derzeit ihr Masterstudium „Kuratieren“ an der Hoch-schule der Bildenden Künste Saar. Die Vorsitzende des Neuen Saarbrücker Kunst-vereins lebt und arbeitet in Saarbrücken.

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Chantal Maquet porträtiert Rafael Springer.

http://vimeo.com/57094268

Chantal Maquet porträtiert Alexander Minor.

http:// vimeo.com/53524639

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10Alle Bilder der Serie „Look at me! I look at you!“ sind 24 × 31 cm, Öl auf Leinwand

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Rafael S.

Isabelle H.

Timo F.

Mirjam B.

Ariane H.

Alexander R.

Simone B.

Tom H.

Matthias W.

Bettina H.

Jochen F.

Stefanie L.

Simone B.

Roderick D.

Vera K.

Catherine W.

Annabelle M.

Steffi W.

Letizia R.

Jean-Paul G.

Marlène K.

Namaiyo K.

Hanna P.

Martina W.

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Alejandro S.

Alisa K.

Edmond P.

Carmen M.

Mozhgan R.

Stefan K.

Christina R.

Armin R.

Viola L.

Alexander M.

Françoise A.

Marc K.

Yan K.

Michaela K.-B.

Alexander K.

Yvonne K.

Julia R.

Shako B.

Petra J.

Pascale N. A.

Nina

Françoise H.

Jennifer Z.

Pia B.

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C H A N T A L M A q U E T

1982 in Luxemburg geboren

2002 - 2006 Ausbildung zur Grafik-Designerin an der Kunstschule Alsterdamm, Hamburg

2006 - 2011 Diplom der Illustration an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften, Hamburg

A U S S T E L L U N G E N

2013 Oldtimer-Tankstelle, Hamburg Happy Motoring mit Aaron Vidal2013 KuBa, Saarbrücken artmix7 (G)2012 Offspace in Hamburg Umbruch (G)2012 CarréRotondes, Luxemburg Salon 2012 (G), Cercle Artistique de Luxembourg 2012 Konschthaus beim Engel, Luxemburg artmix7 (G)2012 Kjub, Luxemburg Mit Thomas Ehgartner2012 Schungfabrik Tétange, Luxemburg Reg’art sur le monde (G) Biennale2012 Offspace in Leipzig OFFcourse Institution (G), Betriebsausflug Hamburg-Leipzig2012 Projektor, Hamburg Mademoiselle | Frauenbilder (E) 2011 CarréRotondes, Luxemburg Salon 2011 (G), Cercle Artistique de Luxembourg 2011 Armgartstraße, Hamburg Pentiment (G)2011 Frappant e.V., Hamburg Erinnerung Sprich! (G)2010 Frappant e.V., Hamburg Rencontrez! (G)2009 CarréRotondes, Luxemburg XPO E (G)2009 Künstlerhaus Lauenburg Hochdruck (G) 2008 Amalie Sieveking Krankenhaus, Hamburg Klinische Studien (G)

P R E I S E U N D S T I P E N D I E N

2012 / 2013 artmix7. Künstleraustausch Luxemburg / Saarbrücken2012 2. Preis bei der 2. Biennale «reg’art sur le monde» Kayl-Tétange, Luxemburg2011 1. Publikumspreis beim 3. Hansaplatz Kunstpreis, Hamburg2011 Boesner Pentiment Stipendium für junge Hamburg Künstler

W E R K E I N Ö F F E N T L I C H E N S A M M L U N G E N

Musée de la Ville de LuxembourgMilitärhistorisches Museum der Bundeswehr, Dresden

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Teil 2 von 4 des Begleitkatalogs zur Ausstellung vom 31. Januar bis 17. Februar 2013 im KuBa Saarbrücken.

Layout: Chantal Maquet

Für die Initiation von artmix möchten sich Vera Kattler, Chantal Maquet, Alexander Minor und Letizia Romanini beim Ministère de la Culture, Luxembourg und der Landeshauptstadt Saarbrücken bedanken.

Ein besonderer Dank gilt den freundlichen Unterstützern der Ausstellung, ohne die der Katalog in dieser Form nicht möglich gewesen wäre:

Mehr über Chantal Maquet unter : www.chantal-maquet.comMehr über „Look at me! I look at you“ unter : www.facebook.com/LookAtMeILookAtYou

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