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Christine Zumbeck Neue Wege im BEM – Arbeits- und Beschäftigungsfähigkeit wiederherstellen, erhalten und fördern Fallbeispiele zum Betrieblichen Eingliederungsmanagement mit AF-Coaching Partner für die Evaluation : Partnerbetriebe : Förderträger:

Author: vanthuan

Post on 19-Jul-2018

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  • Christine Zumbeck

    Neue Wege im BEM

    Arbeits- und Beschftigungsfhigkeit wiederherstellen, erhalten und frdern

    Fallbeispiele zum Betrieblichen Eingliederungsmanagement

    mit AF-Coaching

    Partner fr die Evaluation: Partnerbetriebe: Frdertrger:

  • Fallbeispiele zum BEM

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    Das Projekt Neue Wege im BEM hat es sich zur Aufgabe gestellt, die Durchfhrung des BEM mithilfe eines Ar-beitsfhigkeitscoaching zu optimieren. Im Verlauf des Projekts ist das in der Grafik dargestellte Rahmenkonzept zur Durchfhrung des BEM entstanden, welches die drei Ebenen: betriebliche Ebene, berbetriebliche Ebene und indivi-duelle Ebene strukturell auf das Ziel eines wirksamen Betrieblichen Gesundheitsmanagements ausrichtet.

    Das AF-Coaching auf individueller Ebene bietet eine einfache, anschauliche, adquate und systematische Vorge-hensweise fr ein erfolgreiches Einzelfallmanagement. Die BEM-Berechtigten entwickeln mit Hilfe des AF-Coaching auf der Grundlage des Arbeitsfhigkeitskonzeptes verschiedene Lsungsalternativen und entscheiden, was sie wie und in welcher Form umsetzen wollen. Im Gesprch mit dem AF-Coach werden Handlungsstrategien erarbeitet und Hilfe zur Selbsthilfe systematisch gegangen. So entstehen gute, schnelle und wirksame Lsungen.

    Insgesamt wurden im Projekt 22 Flle unter Einbeziehung eines AF-Coachings durchgefhrt. Die Realisierung der Fallbearbeitung hat erste Erkenntnisse gebracht, die im Rahmen einer Sammlung von Fallbeispielen Hilfestellung geben kann.

  • Fallbeispiele zum BEM

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    Der Beitrag des Arbeitsfhigkeitscoachs in den durchgefhrten BEM-Fllen

    Die AF-Coachs begannen ihre Arbeit jeweils mit dem Erstgesprch, in dem den BEM-Berechtigten das Verfahren erlutert wurde einschlielich der Sicherung des Datenschutzes, der Klrung der Verantwortlichkeiten. Dieser Pro-zessteil dient der Schaffung einer Vertrauensbasis zwischen AF-Coach und Coachee.

    Nach einer Einfhrung in das BEM-Verfahren und den beabsichtigten BEM-Prozess wurde im zweiten Schritt mit den BEM-Berechtigten durch das Haus der Arbeitsfhigkeit gegangen und die verschiedenen Stockwerke besprochen. Dazu gehrt auch die private und regionale Umgebung des Hauses, deren Einwirken durch einen Balkon am Haus der Arbeitsfhigkeit bildhaft dargestellt ist.

    Begehung des Hauses der Arbeitsfhigkeit bringt Hinweis

    In einem Fallbeispiel wird besonders deutlich, dass der Erfolg des Coachings bei der Erstbegehung der Stockwerke des Hauses der Arbeitsfhigkeit und seiner Umgebung seinen Anfang nahm. Der BEM-Berechtigte hatte mit erheblichen psychischen Belastungen zu kmpfen, die sich durch ungelste Probleme im Privatleben manifestiert hatten. Diese Belastungen der Ursprung der Krankengeschichte wren ohne die umfassende Analyse zur Arbeitsfhigkeit gemeinsam mit dem Coach aller Voraussicht nach nicht reali-siert und beachtet worden. Nur durch die Offenlegung der Krankheitshintergrnde konnten Manahmen angedacht und spter auch ergriffen werden, die genau dieses Problem angingen. Konkret war es so, dass erst durch Herausnahme aus der Wochenendschicht die nach einer Trennung neu zu organisierenden Vater-pflichten wieder verantwortlich wahrgenommen werden konnten. Die Krankheitszeiten sind seitdem auf ein Minimum zurckgegangen.

    Es hrt jemand zu und es passiert etwas

    Ein anderer Fall zeigt, dass die persnliche Begleitung durch den AF-Coach die Motivation, an einer Vern-derung aktiv mitzuarbeiten, erheblich verstrkt hat. Wo zu Beginn des Prozesses noch vorwiegend Skepsis und Angst vor Arbeitsplatzverlust waren, konnte im Verlauf eine aktive und positive Mitarbeit erreicht wer-den. Die BEM-Berechtigte kmmerte sich um Termine mit den potenziellen Untersttzern und berlegte sich tragfhige Manahmen zur Sicherung der Arbeitsfhigkeit. Als besonders untersttzend wurde die Transpa-renz des Prozesses empfunden. Persnlicher Ausdruck dieser Wandlung durch die BEM-Berechtigte: Ich htte nicht gedacht, dass es sowas gibt. Es hrt jemand zu und es passiert was. Ein neues Vertrauen ist bei der Beschftigten seitdem entstanden, dass der Arbeitgeber auch zuknftig bereit sein wird, seine Mit-arbeiter mit Einschrnkungen nicht fallen zu lassen, sondern beim Aufbau der Arbeitsfhigkeit zu unterstt-zen.

    Das Team muss zusammen passen

    ber den Einzelfall hinaus wurde folgendes deutlich: Die eingesetzten Arbeitsfhigkeitscoachs bringen sehr unterschiedliche Persnlichkeiten und Ressourcen mit in den Prozess. Die Auswertung der Fallbeispiele zeigt auf, dass diese Ressourcen und die Passgenauigkeit der Coachs zu den BEM-Berechtigten einen deutlichen Einfluss auf den Fortgang des Prozesses nehmen. So deuteten einzelne angehende AF-Coaches an, dass sie hinsichtlich psychischer Krankheitsbilder eine berforderung verspren. In anderen Fllen wurde deutlich, dass das Verstndnis fr die Belastung durch eigene Erfahrung auf einem gleichgearteten Arbeitsplatz die Vertrauensbeziehung gefrdert hat. Das Team muss zusammen passen, um Vertrauen aufbauen zu knnen.

  • Fallbeispiele zum BEM

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    Die interne Vernetzung der Prozessbeteiligten frdert den Erfolg

    In den Projektbetrieben gab es bereits vor der Einfhrung eines AF-Coachings interne Gesprchsrunden, die sich um praktikable Lsungen fr BEM-Berechtigte bemht haben. Beteiligt waren in den Betrieben unterschiedliche Akteure. Neben Arbeitgebervertreter, Betriebs-/Personalrat, Schwerbehindertenvertretung und Arbeitsmedizinern waren auch BEM-Koordinatoren oder BEM-Berater in einzelnen Betrieben bereits eingebunden.

    In den Fllen, die von den AF-Coachs betreut wurden, waren die Vorab-Ergebnisse der BEM-Teams jedoch nicht ausreichend passgenau, um eine langfristige Perspektive fr die BEM-Berechtigten bieten zu knnen. Das Coaching hat die Vernetzung der internen Akteure verbessert und das gemeinsame Bemhen, einen neuen Weg fr die beein-trchtigten Beschftigten zu finden, erhht.

    Interner Workshop Schritt 4 der individuellen Ebene - hat geholfen

    In einem Fallbeispiel war zuvor eine Stundenreduzierung mit anteiliger finanzieller Beteiligung des BEM-Berechtigten vorgenommen worden, die jedoch das Grundproblem der Krankheit nicht zu lsen vermochte. Erst ein Workshop mit dem betrieblichen BEM-Berater, dem AF-Coach und dem Vorgesetzten des BEM-Berechtigten brachte dann eine tragfhige Lsung, die in der Folge noch der Untersttzung des Betriebsarz-tes bedurfte. Dieser hat die abgesprochene Manahme - eine Schichtverlagerung aus rztlicher Sicht be-frwortet, sodass sie spter auch im Kollegenkreis rund um den BEM-Berechtigten akzeptiert werden konn-te. Flankierend konnte ein betriebsrztlich organisierter Schnuppertermin bei einem Psychologen helfen, die Krankheit auch fachrztlich anzugehen, damit sich der BEM-Berechtigte mittelfristig gesundheitlich stabili-sieren kann.

    Drehstuhl wurde trotz Nichtbehinderung angeschafft

    Ein Arbeitsfhigkeitscoach betont in der Beschreibung seines Fallbeispiels als auergewhnliches Ereignis, dass nur durch die Zusammenarbeit der internen Akteure erreicht werden konnte, dass ein Drehstuhl zur Arbeitserleichterung angeschafft wurde, obwohl der BEM-Berechtigte (noch) keinerlei Behinderung nach-weisen konnte. Er beschreibt dies als Ausfluss des gemeinsamen Willens der Prozessbeteiligten, alle Mg-lichkeiten auszuschpfen, um den Kollegen wieder voll in die Arbeit zu integrieren. Die beteiligte Schwerbe-hindertenvertretung hat parallel geholfen, den entsprechenden Antrag auf Schwerbehinderung zu stellen. Darber hinaus wurde die Arbeitszeit belastungsgerecht reduziert.

    Neuer Vorgesetzter untersttzt

    In einem weiteren Fall war offensichtlich der direkte Vorgesetzte eher Teil des gesundheitlichen Problems denn der betrieblichen Lsung. Es hatte im Vorfeld Kontroversen zwischen dem BEM-Berechtigten und der Leitungskraft gegeben, die als Auslser oder zumindest Verstrker der Krankheit angesehen werden konn-ten. Mit dem Ausscheiden konnten die Wnsche der BEM-Berechtigten auf Wiedereingliederung auf dem alten Arbeitsplatz gemeinsam mit dem neuen Vorgesetzten erfolgreich umgesetzt werden. Das in dieser Phase weiter laufende Coaching sicherte den Prozesserfolg ab.

  • Fallbeispiele zum BEM

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    Erfolgsfaktor externe Leistungen

    In mehreren bearbeiteten BEM-Fllen reichten die internen Mglichkeiten der Unternehmen nicht aus, um eine er-folgreiche Eingliederung zu bewerkstelligen. Das Wissen um externe Untersttzung war dann von groer Bedeutung. Insbesondere das Integrationsamt konnte in zwei Fllen entscheidend zur Lsung beitragen. Andere externe Akteure knnten noch besser eingebunden werden, z.B. durch Abstimmung des Reha-Plans zwischen den Beteiligten. Hiermit knnte eine stufenweise Wiedereingliederung in den Arbeitsprozess besser als bisher vorbereitet werden.

    Ausgleich des Gehaltsverlusts

    In einem Fall war es erforderlich, die BEM-Berechtigte infolge erheblicher Verschleierscheinungen auf ei-nen krperlich weniger belastenden Arbeitsplatz zu versetzen. Dieser Arbeitsplatz war jedoch in einer nied-rigeren Gehaltsgruppe angesiedelt, sodass es eigentlich zu einem fr die BEM-Berechtigte untragbaren Ge-haltsverlust gekommen wre. Hier hat das Integrationsamt nach Besichtigung des Arbeitsplatzes im Rah-men der Hilfe in besonderen Lebenslagen mit einem Ausgleich des Gehaltsverlusts unter die Arme gegriffen. Die BEM-Berechtigte kann die neue Ttigkeit, die auf ihre verbliebenen krperlichen Ressourcen abge-stimmt wurde, sehr gut bewltigen. Sie ist mit der gefundenen Lsung zufrieden.

    Untersttzung: Arbeitsassistenz

    Die interne Untersttzung einer BEM-Berechtigten reichte in einem weiteren Fall durchaus weit. Sie erhielt durch interne Regelungen die Mglichkeit, mehr Ruhepausen einzulegen und zu Wochenenddiensten und Sonderschichten nicht mehr herangezogen zu werden. Die weiterhin im Rahmen der Ttigkeit anfallenden schweren Arbeiten konnten jedoch unter keinen Umstnden von der BEM-Berechtigten bewltigt werden. Hier untersttzte das Integrationsamt mit einer Arbeitsassistenz. Diese wird zuknftig die krperlich stark belastenden Teilarbeiten fr die BEM-Berechtigte ausfhren, der Hauptteil der Ttigkeiten kann jetzt von der BEM-Berechtigten unter den neuen Rahmenbedingungen bewltigt werden.

  • Fallbeispiele zum BEM

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    Vereinzelte Strungen sind Teil des Prozesses

    Nicht jeder BEM-Prozess luft von Anfang bis Ende rund. Insbesondere mit prozessunterbrechenden neuen Krank-heitszeiten muss beim BEM ein Umgang gefunden werden. Diese Krankheitszeiten knnen den Verlauf zwar ins Stocken bringen, ein Abbruch wurde jedoch z.B. in nachfolgender Fallkonstellation nicht gewnscht.

    Kontakt in der Krankheitsphase

    Der AF-Coach und die BEM-Berechtigte befanden sich inmitten der Analyse der Arbeitsbedingungen, als die BEM-Berechtigte vor deren Abschluss erneut langzeitkrank wurde. Die Kontaktaufnahme des AF-Coach whrend der Krankheitsphase wurde von ihr positiv aufgenommen, obwohl sie zunchst die Weiterfhrung des Coachings nach der Krankheit favorisiert hatte. Es war dann in dieser Phase mglich, die aktuell als hilf-reich empfundenen Schritte zu klren. Die zwischen AF-Coach und BEM-Berechtigter abgesprochene Wie-dereingliederung mit Krankengeldbezug konnte in der Folge unter den als sinnvoll empfundenen Arbeitsbe-dingungen durchgefhrt werden.

  • Fallbeispiele zum BEM

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    Literatur

    Giesert, M./Weling, A. (2012): Betriebliches Eingliederungsmanagement in Grobetrieben. Betriebs- und Dienstver-einbarungen. Fallstudien. Frankfurt a.M.: Bund-Verlag.

    Giesert, M. Danigel, C. (2011): Handlungsleitfaden fr ein Betriebliches Eingliederungsmanagement. Arbeitspapier, Gesundheit und Qualitt der Arbeit, Nr. 199. Dsseldorf Baumann, E. (2011): Betriebliches Gesundheitsmanagement Wie geht man es an? In Giesert, M. (Hrsg.): Erfolg-reich fhren mit Vielfltigkeit und Partizipation der Beschftigten. Hamburg: VSA-Verlag. S. 229-235. Giesert, M. (Hrsg.) (2011): Arbeitsfhig in die Zukunft. Willkommen im Haus der Arbeitsfhigkeit! Hamburg: VSA-Verlag.

    Liebrich, A./Giesert, M./Reuter, T. (2011): Das Arbeitsfhigkeitscoaching im Betrieblichen Eingliederungsmanage-ment. In: Giesert, M. (Hrsg.): Arbeitsfhig in die Zukunft. Hamburg: VSA-Verlag, S. 81-95.

    Liebrich, A./Reuter, T.: Arbeitsfhigkeitscoaching. Ein neuer Ansatz fr das Betriebliche Eingliederungsmanagement. Folien zum Vortrag auf der Messe A+A 2011.

    Reuter, T./Giesert, M./Liebrich, A. (2011): Der Datenschutz im Betrieblichen Eingliederungsmanagement. Ein Beispiel aus dem Projekt Neue Wege im BEM In: Giesert, M. (Hrsg.): Arbeitsfhig in die Zukunft. Hamburg: VSA-Verlag, S. 173-183.

    Eggerdinger, C./Giesert, M. (2007): Impulse fr den Erfolg psychische Belastungen bei der Arbeit reduzieren! Ds-seldorf: Hans-Bckler-Stiftung. (PDF, 1,4 MB)

    Links

    www.neue-wege-im-bem.de

    http://www.hawai4u.de/

    http://www.abi-nrw.de/