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Leseprobe aus: Christoph Thomann Klärungshilfe 2 Mehr Informationen zum Buch finden Sie auf rowohlt.de. Copyright © 2012 by Rowohlt Verlag GmbH, Reinbek bei Hamburg

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Leseprobe aus:

Christoph Thomann

Klärungshilfe 2

Mehr Informationen zum Buch finden Sie auf rowohlt.de.

Copyright © 2012 by Rowohlt Verlag GmbH, Reinbek bei Hamburg

2

Zu diesem Buch

Es wäre schön, wenn die Zusammenarbeit im Beruf ohne Störun-gen der Kommunikation oder gar persönliche Konflikte bliebe.Doch wer kennt sie nicht, die unterschwelligen Aggressionen inArbeitsgruppen, das Verstummen wichtiger Mitglieder in Gre-mien, die häufig in Drohungen oder Frust endenden Auseinander-setzungen zwischen Kollegen. Allzu oft sind die Konfliktbeteiligtennicht in der Lage, ihre Beziehungen zueinander zu entwirren. Indieser verfahrenen Situation braucht es entschlossene Klärungs-hilfe von außen. Neutrale Moderatoren führen die Konfliktpartnerin ein klärendes, lösungsorientiertes Gespräch. Wie dies durch alleStadien hindurch mit Erfolg geschieht, demonstriert diese praxis-nahe Fortsetzung der «Klärungshilfe 1».

Dr. Christoph Thomann, geboren 1950 in Bern (Schweiz). Stu-dium der Psychologie an der Universität Fribourg (Schweiz), Pro-motion am Fachbereich Psychologie der Universität Hamburg.Zusatzausbildung in Kommunikationspsychologie, Themenzen-trierter Interaktion (TZI), Gestalttherapie und Psycholyse. Seit1978 führt er eine psychotherapeutische Praxis in Bern und arbei-tet als Klärungshelfer und Systemberater in Unternehmen, Verwal-tung und im Sozialbereich. Christoph Thomann ist zusammen mitFriedemann Schulz von Thun Autor des Bandes «Klärungshilfe 1.Handbuch für Therapeuten, Gesprächshelfer und Moderatoren inschwierigen Gesprächen» (rororo sachbuch 61476).

Unter Mitarbeit von:Wibke Stegemann, geboren 1971 in Hamburg, Studium der Psy-chologie an der Universität Hamburg, in Ausbildung zur Psycho-drama-Therapeutin. Erfahrungen in der Organisationsentwick-lung, seit 1995 als Kommunikationstrainerin tätig.

www.klaerungshilfe.dewww.klaerungshilfe.comwww.klaerungshilfe.ch

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Christoph Thomannunter Mitarbeit von Wibke Stegemann

Klärungshilfe 2Konflikte im Beruf

Methoden und Modelle klärender Gespräche

Rowohlt Taschenbuch Verlag

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Redaktion Wolfgang Müller

5. Auflage April 2012

Vollständig überarbeitete und erweiterteNeuausgabe Januar 2004Veröffentlicht im Rowohlt Taschenbuch Verlag,Reinbek bei Hamburg, August 1998Copyright © 1998/2004 by Rowohlt Verlag GmbH,Reinbek bei HamburgUmschlaggestaltung any.way, Walter HellmannSatz Sabon und Frutiger PostScriptGesamtherstellung CPI – Clausen & Bosse, LeckPrinted in GermanyISBN 978 3 499 61637 2

MITEINANDERREDEN: Praxis

Herausgegeben von

FriedemannSchulz von Thun

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Inhalt

Dank 11

Vorwort zur Neuausgabe 2004 14

Friedemann Schulz von ThunVorwort 15

Einführung 19

Klärungshilfe 20Überblick über das Vorgehen in der Klärungshilfe 23

Konfliktentwicklung 27Interventionen 30

Grundhaltungen in der Klärungshilfe 34Den Konfliktparteien glauben 34Akzeptanz und Konfrontation als Grundlage vonVeränderungen 34Widerstand beachten – er ist wichtig 35Die Beziehung des Klärungshelfers zu den Konfliktparteien 35

Das Idealbild eines Klärungshelfers 38Adlerblick 39Herz 39Flügel 40Kopf /Gehirn 41Schnabel 41Krallen 42

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Konkretes Vorgehen Schritt für Schritt 43

Phase 0 – Auftragsklärung 44Auftragsklärung für Zweierklärungen 45

Ziel 45Rolle des Klärungshelfers 46Konkretes Vorgehen in der Zweierklärung 46Fehler und Fallstricke 50

Auftragsklärung für Teamkonflikte 53Ziel 53Rolle 54Konkretes Vorgehen in der Teamklärung 55Fehler und Fallstricke 84Meine Einstellung zur Team-Auftragsklärung 86

Interner KlärungshelferInterne Klärungshelferin 90

Phase 1 – Anfang 97Ziel 97Anfangsphase bei Zweierklärungen 99

Rolle des Klärungshelfers 99Konkretes Vorgehen in der Zweierklärung 99Umgang mit Hindernissen und Bedingungen 102Anfangsphase bei Folgesitzungen 103

Anfangsphase bei Teamklärungen 104Rolle des Klärungshelfers 104Konkretes Vorgehen in der Teamklärung 105Mini-Kontrakte 108

Fehler und Fallstricke 112

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Exkurs 1 – Wahrheit der Situation 117

Exkurs 2 – Moderation nach TZI 120

Exkurs 3 – Co-Leitung 127

Phase 2 – Selbstklärung 129Ziel 129Rolle und Methoden 131Konkretes Vorgehen in der Zweierklärung 133Konkretes Vorgehen in der Teamklärung 136

Vorstellung der Bilder 137Dauer der Selbstklärung pro Person 140

Sonderfall Großgruppe 140Diagnose des Ist-Zustands bei Teamklärungen 141Fehler und Fallstricke 143

Phase 3 – Dialog der Wahrheit 146Ziel 146Rolle des Klärungshelfers 147Konkretes Vorgehen bei Zweierklärungen 148

Dialogisieren und Doppeln 149Konkretes Vorgehen bei Teamklärungen 152

Alle gegen einen 156Sonderfall Verweigerung 161Dauer der einzelnen Klärungen 163

Sonderfall Großgruppe 165Wie lang soll die Dialogphase sein, und wie wird siebeendet? 166Fehler und Fallstricke in der Dialogphase 167

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8

Exkurs 4 – Der Mensch – ein Schichtenwesen 175

Exkurs 5 – Einsatz von Musik 185

Exkurs 6 – Führung, Hierarchiespielregeln undKonferenzen 189Hierarchiespielregeln 191

Umgang mit kollegialen Konflikten 191Umgang mit hierarchischen Konflikten 194

Konferenzablauf 197

Phase 4 – Erklärungen und Lösungen 200Ziel 200Rolle des Klärungshelfers 201Konkretes Vorgehen 201Lösungen und Transfer 204

Lösungen und Transfer bei Teamklärungen 205Lösungen und Transfer bei Zweierklärungen 208

Dauer der Phase 4 209Wie sich die Phase der Erklärungen für mich veränderthat 210Fehler und Fallstricke 211

Exkurs 7 – Das Kommunikationsquadrat 215

Exkurs 8 – Der systemische Blickwinkel 225

Exkurs 9 – Menschen sind verschieden 230Die vier Grundstrebungen 231Akzeptanz statt Diagnostik 236Die vier Grundstrebungen in der Arbeitswelt 237Mitarbeiter sind verschieden 242Führungskräfte sind verschieden 247

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Exkurs 10 – Metakommunikativer Führungsstil 254Der «ideale» Führungsstil 254Der metakommunikative Führungsstil 256

Das metakommunikative Führungsgespräch 258Anleitung zur Durchführung (für die Führungskraft) 260Fehler und Fallstricke 265

Phase 5 – Abschluss 267Ziel 267Rolle des Klärungshelfers 267Konkretes Vorgehen 268

Dauer 269Fehler und Fallstricke 270Nach der Klärungssitzung 271

Phase 6 – Nachsorge 273Folgetreffen (Follow-up) 274

Konkretes Vorgehen bei Folgetreffen 275Fehler und Fallstricke bei Folgetreffen 277

Nachsorge per Telefon 279Fehler und Fallstricke bei Nachsorge-Telefonaten 279

Handwerkszeug 281Aktives Zuhören 281

Vorgehen 283Fehler und Fallstricke 286

Beraten 287Dialogisieren: Zwischen den Konfliktparteien hin- undherschweifendes Moderieren 289Real verhandeln 290Doppeln 291

Wie doppeln? 293Was doppeln? 296Fehler und Fallstricke 301

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Exkurs 11 – Wirkung der Klärungshilfe 304Resultate empirischer Forschung 304

Praxisbeispiel mit Übungen 321

Praxis, Phase 0: Auftragsklärung 323

Praxis, Phase 1: Anfang 331

Praxis, Phase 2: Selbstklärung 345

Praxis, Phase 3: Dialog der Wahrheit 367Klärung: Herr Central – Herr Nachfolger 368Klärung: Herr Central – Frau Schutz 375Klärung: Herr von Tiefe – Frau Distanz 404

Praxis, Phase 4: Erklärungen und Lösungen 420

Praxis, Phase 5: Abschluss 423

Praxis, Phase 6: Nachsorge 425

Ausbildung und Supervision 429

Ausbildung 430Meine persönlichen Voraussetzungen für dieKlärungshilfe 432

Supervision und Intervision 439

Literatur 442

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Dank 11

Dank

Die Klärungshilfe ist nicht alleine auf meinem Mist gewachsen,und dieses Buch wäre ohne Hilfe von Wibke Stegemann nichtentstanden. Sie hat aus meinen umgangssprachlichen Erfahrun-gen in helvetischem Hochdeutsch korrekte Sätze gemacht unddie Fülle des Gesamtmaterials immer wieder gebündelt unddurch Gliederungsvorschläge in eine für den Leser (hoffentlich)nachvollziehbare Ordnung gebracht. Darüber hinaus war sieeine Bereicherung für meine Familie. Ihre Anwesenheit wäh-rend unserer «Schreibzeiten» hat die Kinder in neue Welten bli-cken lassen. Auch Claudia Renner bin ich für die jahrelangeAufbewahrung von Tonbändern des Praxisfalls und für ihreTranskripte dankbar. Ich konnte all das plötzlich gut brauchen.

Geistige und handwerkliche Urväter und Urmütter der Klä-rungshilfe sind Ruth C. Cohn, Dieter Dauber und Fritz Perls. BeiRuth C. Cohn habe ich nicht nur Themenzentrierte Interaktion(TZI) gelernt, sondern auch die ersten fünf Jahre meiner Praxissupervidieren lassen. Sie war mir Lichtblick und Orientierungmit ihrer praktischen und direkten Art. Von Dieter Dauber, dermein Familien- und Systemtherapielehrer war, habe ich dashandwerkliche Vorgehen in allen Varianten gelernt. Er ist einhervorragender Doppler. Fritz Perls hat mich über seine Büchergeprägt.

Ganz besonders und grundsätzlich muss ich aber noch Frie-demann Schulz von Thun, Professor am Fachbereich Psycholo-gie der Universität Hamburg, danken. In unserer nunmehrzwanzigjährigen Zusammenarbeit fühle ich mich sehr gebor-gen, gefördert, unterstützt und herausgefordert, unter anderemzu diesem Buch. Er hat mich aus der psychotherapeutischenPraxis heraus in die Arbeits- und Wirtschaftswelt eingeführt.

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12 Dank

Ohne ihn gäbe es die Klärungshilfe nicht als vermittelbare Me-thode. Obwohl wir 800 Kilometer voneinander entfernt woh-nen, stehen wir in ständigem persönlichem und fachlichemKontakt. Es ist wunderbar, mit dir zusammenzuarbeiten,Friedo. Danke.

An der Universität Hamburg und vor allem am MünchenerInstitut für Wissenschaftliche Lehrmethoden (IWL) habe ichseit Jahren Gelegenheit, die Klärungshilfe Kollegen zu lehren.Auch den Testlesern muss ich für ihre Anregungen und Kon-trollen des Manuskripts danken. Besonders Alexander Redlichhabe ich dadurch nicht nur als absolut zuverlässig, sondernauch über seine zahlreichen Kommentare persönlicher kennengelernt.

Für die tieferen Schichten des Gefühls hat Samuel Widmerindirekt einen großen Einfluss auf die Klärungshilfe, wie siehier beschrieben ist, gehabt. Sanftes, schonungsloses Konfron-tieren und damit den Punkt treffen, um den es geht, habe ichselber bei ihm viele Male erlebt. Durch ihn habe ich die Angstvor der innersten Wahrheit verloren. Dadurch hat die Klä-rungshilfe nochmals an Direktheit gewonnen.

Viel habe ich auch gelernt von und mit Klaus Heer, Doro-thee Rosin, Pierre-Alain Emmenegger, Vreni Widmer, Ruth M.Clemann, Danièle Nicolet, Catarina Barrios, der Hamburgerund Berner Klärungshilfe-Supervisionsgruppe und natürlichim Hamburger Arbeitskreis für Kommunikation und Klä-rungshilfe.

Ein besonderer Dank gilt all den mutigen, verzweifelten undvertrauensvollen Menschen in Führungspositionen, die sich füreine Klärung der Zusammenarbeit ihrer Mitarbeiter an michwandten und die ich dann durch Konfliktsituationen begleitethabe. Ich habe mit Ihnen sehr viel lernen können, und Sie bil-den eine Grundlage meines Einkommens. Danke.

Mit Jadwiga Zawadynska-Thomann, meiner Frau, habe ichden häufigsten fachlichen Austausch. Seit Jahrzehnten reden

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Dank 13

wir auch über die Klärungshilfen in allen akuten Stadien. Be-sonders in der Auftragsklärung gibt sie mir wichtige Anregun-gen und Rückmeldungen. Dafür danke, liebe Iga, für den Restsowieso.

C. T.Schüpfen /Bern, im Dezember 1997

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14 Vorwort zur vollständig überarbeiteten Neuausgabe 2003

Vorwort zur vollständig überarbeitetenNeuausgabe 2004

Seit Erscheinen der Erstauflage habe ich viele Dankesschreibenvon Berufskolleginnen, Berufskollegen und anderen Lesern er-halten, über die ich mich jedes Mal gefreut habe. Die Prinzipiender Klärungshilfe fanden verbreitete Anwendung in Praxis,Ausbildung und Supervision. Zum Teil flossen diese Erfahrun-gen zu mir zurück und in die Neuausgabe ein.

Das Buch ist dadurch über 40 Seiten umfangreicher gewor-den. Wenn Sie das nun schreckt, lassen Sie beim Lesen erst maldie Exkurse aus. Dann haben Sie nur den Aufbau einer Kon-fliktklärung mit den verschiedenen Phasen vom ersten Telefon-anruf bis zur Nachsorge vor Augen.

Die Exkurse sind Hintergrundinformation für die Durchfüh-rung einer Klärungshilfe und geben Ihnen Orientierungshin-weise im weiten Feld der Zusammenarbeitskonflikte zwischenHierarchiespielregeln und der Theorie negativer Gefühle.

Sie können aber auch gleich hinten beim Praxisbeispiel be-ginnen und erleben von A–Z konkret, wie Klärungshilfe aus-sieht, klingt und sich anfühlt.

Ich möchte Christian Prior, Barbara Kramer, Angela Durryund Matthias Stilp für ihre jeweiligen Beiträge in Forschung,Lehre und Verbreitung der Klärungshilfe danken.

C. T.Schüpfen /Bern und San Telmoim September 2003

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Vorwort 15

Friedemann Schulz von Thun

Vorwort

Fünfzehn Jahre sind vergangen, seit unser erstes Buch überKlärungshilfe erschien (Christoph Thomann, FriedemannSchulz von Thun: Klärungshilfe, Reinbek 1988). Dieses Ta-schenbuch ist nicht ganz ohne Folgen geblieben.

Obwohl für Fachmenschen geschrieben, liegt es nach 14 Auf-lagen mittlerweile in einer Neuausgabe vor (Reinbek 2003,rororo Sachbuch 61476), erschien auf Ungarisch und Polnischund hat die inzwischen in Deutschland erstarkte Mediations-bewegung (z. B. Besemer 1993) deutlich beeinflusst. Damalshatten wir es ‹nur› mit Paaren und Familien zu tun. Schon vor-her kamen aber Anfragen mehr und mehr aus der Berufswelt,aus der Welt, in der Menschen so viel miteinander zu schaffenhaben – und einander so viel zu schaffen machen.

Hier wird alles noch etwas komplizierter und schwieriger. Esgibt nicht nur Betroffene, sondern auch Auftraggeber, Institu-tionen, Hierarchien, kurz: ein zuweilen verwickeltes systemi-sches Drumherum, das vom Klärungshelfer, noch bevor erseine ‹eigentliche› Arbeit beginnt, mit größter Bewusstheit undeigener Klarheit erkundet und bewältigt sein will. Und es gibtganze Teams, in denen es knirscht und brodelt. Christoph Tho-mann ist diesen Anfragen weitgehend ohne mich nachgegan-gen und hat, nach und nach, die Regeln der Kunst erweitertund zu einem stimmigen Gesamtkonzept entwickelt. Wenn«jeder gegen jeden und Gott gegen alle» ist, wie es der Chef imPraxisbeispiel von seiner Abteilung beschreibt, dann entstehteine gruppendynamische Komplexität, deren Bewältigung indiesem Konzept auf eine einfache und geradezu geniale Weisegelingt: Zum einen dadurch, dass jeder Beteiligte zu Beginneiner Konfliktklausur mit seinem «Bild» der Verhältnisse aus-

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16 Vorwort

führlich zu Wort kommt, ohne Dreinreden, ohne Diskussio-nen. Zwar wird hier keinesfalls immer sogleich deutlich, wie esder Person wirklich ums Herz ist – die Verhärtung verhindertmanchmal, dass sie es selber weiß. Gleichwohl, sie darf sichzeigen, und man bemüht sich, sie zu verstehen und von innenher zu begreifen. Allein das ist nicht nur klärend, sondern viel-fach Balsam für verwundete und verstockte Seelen. – Zum an-deren dadurch, dass der Klärungshelfer den ganzen Klum-patsch des Teamkonflikt-Potenzials in dyadische Klärungengliedert, im Beisein aller, verbunden mit einer klaren Vorstel-lung von der richtigen Reihenfolge. Dadurch bleibt die Situa-tion übersichtlich, und ein «guter Dialog über Schlechtes», wieChristoph Thomann das nennt, kann stattfinden und Prägnanzgewinnen.

So bekam ich mit der Zeit den Eindruck, auch aus mancherForschungsarbeit, die wir an der Universität Hamburg dazugemacht haben (siehe auch Redlich 1996 und 2003), dass die-ses Konzept mit seinen insgesamt fünf plus zwei plausiblenPhasen inzwischen sehr ausgereift und mitteilenswert gewor-den ist. Auch waren die Praxisberichte des Autors immer span-nend und überzeugend. Daher freue ich mich sehr, dass Chris-toph Thomann meinem Drängeln nachgegeben und etwasgetan hat, was dem intuitiven Praktiker oft schwer fällt: dieRegeln der Kunst so zu Papier zu bringen, dass sie sowohl ausder konkreten Praxis heraus verstehbar werden als auchgeneralisierend über diese hinausweisen. Dies ist hier nun wun-derbar gelungen, und somit scheint alles bestens. – Oder?

Oder hängt der Erfolg nicht letztlich doch von der Intuitiondes routinierten Praktikers ab, welcher mit «Scharfblick, Herzund Kralle» (wie wir in der Einführung lesen werden) dermenschlichen Verzweiflung und Verhärtung, der Feindseligkeitund der heillosen Verstrickung zu Leibe rückt, mit dem uner-schütterlichen Optimismus dessen, der es schon oft geschaffthat? «Es war schwierig, ist aber gut herausgekommen», so

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Vorwort 17

lautet oft der Kurzbericht nach einer dreitägigen Klausur miteinem Team, in der «die Luft bleihaltig» war, die «Nacht derlangen Messer» befürchtet wurde und es allgemein als «unge-heuerlich» empfunden wurde, «wie man sich das Leben gegen-seitig schwer machen kann» (Zitate aus dem Praxisbeispiel).Wie wird ein Klärungshelfer mit so etwas fertig? Schwebt er alsharmonisierender Friedensengel ein? Die hier erfreulich kon-kret und ausführlich dokumentierte Praxis der Klärungshilfezeigt eher das Gegenteil: Die oft erkalteten Konflikte wollenerst einmal richtig empfunden und ausgekämpft sein, bevorman sich wieder (v)ertragen kann. Wenn der Klärungshelferden dabei zutage kommenden Gefühlen von Verachtung undAngst, Verletzung und Rachsucht gewachsen ist, wenn er kei-nen allzu großen Schrecken bekommt angesichts der Wuchtmenschlicher Gehässigkeiten, sondern die Kontrahenten mitLiebe und aufgekrempelten Ärmeln dort in Empfang nimmt,wo sie sich selber als «Stachelwesen» empfinden – dann löstsich etwas, und was wie ein Zauber erscheint, ist vor allemdie heilsame Kraft einer ehrlichen, meist lange verschlepptenAussprache. Kann man das lernen? Ein fundiertes Konzept,ein solides Handwerkszeug: Das ist der halbe Weg. Die an-dere Hälfte: Man muss dem menschlich gewachsen sein. Im«Inneren Team» des Klärungshelfers verbinden sich höchstunterschiedliche Fachleute, um gemeinsame Sache zu ma-chen: Neben dem versierten Gesprächsmoderator ist da einsensibler Psychotherapeut, der die Gefühle hinter den Wortenahnt und einordnet (siehe Kapitel «Der Mensch – ein Schich-tenwesen», S. 175ff.); ferner ein Organisationsfachmann, derdas Zwischenmenschliche im Kontext von Hierarchien undStrukturen begreift (siehe Kapitel «Führung, Hierarchiespiel-regeln und Konferenzen», S. 189); und da ist nicht zuletzt, lei-der und zum Glück, der berührbare, irritierbare und verletz-liche Mitmensch, der selbst eine Konfliktgeschichte hinter sichhat und immer auch auf seine eigene Art reagiert – und nicht

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18 Vorwort

nur und nicht immer gemäß professioneller Interventionsstra-tegie.

Von daher ist es richtig und wohltuend, dass der Autor nichtnur das Konzept erklärt, sondern uns Leser hin und wieder zu«Meditationen» einlädt, zum Beispiel: «Welche der genanntenSituationen ist für Sie persönlich am schwierigsten? Warum?Was hat das mit Ihnen persönlich, Ihren Erfahrungen und Ih-rem Streitstil zu tun? . . .»

Und noch einmal: Kann man das lernen? Ja, wenn man fach-liches Lernen, methodisches Üben und menschliches Reifen alsEinheit begreift – und wenn man das Glück hat, bei einemMeister in die Lehre gehen zu können. So ein Buch wie diesesbietet dafür keinen Ersatz, wohl aber einen wunderbaren Auf-takt und eine gute Nach-Lese.

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Vorwort 19

Einführung

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20 Einführung

Klärungshilfe

Überall, wo Menschen miteinander schaffen, machen sie sichüber kurz oder lang auch zu schaffen. Ob sie wollen oder nicht.Konflikte sind ein Anzeichen von Vertiefung. Diese Vertiefungist auch eine Chance, wenn man sie ergreifen kann. Allerdingsist diese Chance mit höchst unangenehmen Gefühlen und Si-tuationen verbunden, die einen erst mal von der normalen,vorher vielleicht sogar sehr gut funktionierenden Zusammen-arbeit abhalten. Konflikte sind weder wünschenswert nochnotwendig, sondern einfach unvermeidbar.

Wenn ein Konflikt da ist, ist es entscheidend, wie damit um-gegangen wird. Da es zu kaum einer Ausbildung gehört, Kon-flikte im Beruf lösen zu lernen, greifen wir alle in solchen Situa-tionen auf unser – von Haus aus gelerntes – Konfliktverhaltenzurück: Vermeidung, Verleugnung, Ausbrüche, Beschwichti-gungen, oberflächliche Sachlösungen, faule Kompromisse,Nachgeben etc. Wie auch im Privatleben haben diese Strate-gien im Berufsleben fatale Langzeitfolgen. Kurzfristig ist derKonflikt zwar gezähmt, langfristig führen sie aber zu einerenormen Erschwerung der Zusammenarbeit. Auch die größtenKonflikte haben klein angefangen. Wenn die Eskalation schonlange im Gange ist, sieht man meistens nur noch die unerhör-ten Taten und Tatsachen und nicht mehr die vorher nichterhörten Gefühle, Wünsche und Grenzen der Menschen. Andiesem Punkt ist es subjektiv schwer glaubhaft, dass Konfliktepositive Auslöser sein können. Man sieht nur das «zu Bruchgegangene Geschirr» und die «schmutzige Wäsche» und hatdie innere Gewissheit, dass es nie mehr so schön oder problem-los wird, wie es mal war. Alles, was jetzt noch kommen kann,ist Flickwerk. Tatsächlich kann aber durch die gründliche und

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Klärungshilfe 21

saubere Bearbeitung eines Konflikts eine qualitativ neue, rea-lere Zusammenarbeit entstehen. Es stimmt tatsächlich, dass esnicht so wird wie früher. Es wird anders – und besser. Besserheißt hier nicht strahlender, sondern realistischer, tatsächlicherund wahrer. Das ist immer mehr wert als eine oberflächlicheoder problemlose Zusammenarbeit. Die Illusionen von heutesind die Katastrophen von morgen.

In der Klärung von konkreten Konflikten in der Zusammen-arbeit werden der vordergründige Anlass, die Gründe undHintergründe des Konflikts bearbeitet. Zusätzlich und fast inder Hauptsache erhöhen die Konfliktparteien ihre gemeinsameKonfliktfähigkeit. Die betroffenen Personen werden befähigt,in Zukunft anders und besser mit Konflikten untereinanderumzugehen. Sie lernen, sich offener auszudrücken, einanderbesser zuzuhören, die Realität schneller zu akzeptieren und fle-xibler darauf zu reagieren, um die gemeinsamen Ziele zu errei-chen.

Bei einer Konfliktklärung in der Arbeitswelt darf nie verges-sen werden, dass es sich nicht um Psychotherapie, Gruppen-selbsterfahrung oder dergleichen handelt. Die Klärungshelferinhat immer die sachliche Zusammenarbeit zur Erreichung desTeamziels vor Augen. Sie greift nur in solchen Fällen zwischen-menschliche und gefühlsmäßige Phänomene auf, in denen dasunmittelbar zur Erreichung des Ziels unumgänglich ist. DieseGrenze ist aber fließend, und es ist unter anderem von der Per-son der Klärungshelferin abhängig, wie weit sie in diese tiefe-ren Bereiche hineingehen will und kann. (Das gilt natürlichauch für männliche Klärungshelfer. Das jeweils sprachlichnicht berücksichtigte Geschlecht ist im ganzen Buch immermitgemeint. Sorry!)

Die hier vorgestellte Methode der Konfliktauflösung betrifftin dieser Form, wie der Titel des Buches ja schon sagt, Kon-flikte im Beruf, d. h. bei der Zusammenarbeit in Firmen, Orga-nisationen, Verwaltungen, Interessengruppen, Schutzvereini-

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22 Einführung

gungen, beruflichen Zusammenschlüssen, Ausbildungsinstitu-ten, in Produktion, Handel und Dienstleistung. Für private Be-ziehungskonflikte steht die «Klärungshilfe I» von ChristophThomann und Friedemann Schulz von Thun (rororo-Sach-buch 61476), was analog für Ehe, Familie, Wohngemeinschaf-ten, Freundesbeziehungen, Nachbarschaft, Verwandtschaft,Freizeitgruppen und Werte-Gruppierungen (politisch, ethisch,religiös) gilt, es sei denn, sie wären offiziell hierarchisch orga-nisiert.

Für größere oder andere Konflikte, z. B. zwischen ganzenVölkern, Staaten, Volksgruppen, Religionen oder zwischen po-litischen Parteien, in Kriegen oder bei Geiselnahmen, Entfüh-rungen, in politisch-militärischen Krisen kann ich keine Aussa-gen machen, da ich keine Erfahrungen habe. Die Klärungshilfebezieht sich bisher immer auf eine überschaubare und endlicheAnzahl von Menschen, die auch tatsächlich in Kontakt sindoder sein könnten, sein sollten oder müssten.

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