chronic obstructive pulmonary disease (copd) · Ätiologie und pathogenese inhalative noxen –...

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120 Chronic Obstructive Pulmonary Disease (COPD) V. Petkov AKH-Wien, Universitätsklinik für Innere Medizin IV, Klinische Abteilung für Pulmologie, Leiter: o. Univ.-Prof. Dr. Lutz-Henning Block Definition Der Chronic Obstructive Pulmonary Disease (COPD) liegt eine obstruktive Atemflussbehinderung zugrunde, die nicht vollständig reversibel ist. Diese Atemflussbehinderung verläuft in der Regel progredient und ist mit einer abnormen entzündlichen Reaktion der Lunge auf schädigende Partikel oder Gase verbunden. Symptome, Funktionseinschränkungen und Komplikationen der COPD erklären sich aus dem der Erkrankung zugrunde liegendem Entzündungsprozess und der daraus resultierenden Pathologie. Während Asthma bronchiale als funktionelle Störung definiert ist, ist die Obstruktion bei COPD nur teilweise funktionell, überwiegend aber strukturell bedingt. Abgesehen von Infekt - Exazerbationen weist die COPD keine spontane Variabilität auf. Charakteristisch bei COPD ist der im Vergleich zum Gesunden rascher fortschreitende Verlust der Lungenfunktion (Abfall der FEV1), was vorzeitig zur respiratorischen Insuffizienz mit Hypoxämie und Hyperkapnie führt. Epidemiologische Daten COPD ist weltweit eine häufige Ursache von Morbidität und Mortalität. Die weltweite Prävalenz der COPD wird anhand einer aktuellen Meta-Analyse zwischen 4 und 10% eingeschätzt. Etwa 20% aller Raucher entwickeln die Krankheit, wobei genetische Unterschiede eine wesentliche Rolle spielen dürften. Die Inzidenz der COPD steigt aufgrund der insgesamt stetig ansteigenden Lebenserwartung und zunehmenden Rauchgewonheiten, wobei sich ein Zuwachs an Neuerkrankungen insbesondere bei Frauen findet. Gesamtbevölkerung - Männer - 46 % - Frauen - 13 % Rauchern - 15 - 20 %. Ätiologie und Pathogenese Inhalative Noxen – insbesondere Zigarettenrauch – führen zur intrapulmonalen Inflammation und stellen gleichzeitig den wesentlichen Risikofaktor für die Entwicklung einer COPD dar. Bei Überforderung und/oder Dysfunktion der normalen pulmonalen Protektions- und Reparaturmechanismen kann die Inflammation einen Gewebeschaden verursachen. Die Folgen des Gewebeschadens sind muköse Hypersekretion, Ziliendysfunktion, Atemwegsverengung und Atemwegsfibrose sowie in der Folge Parenchymzerstörung und Schäden an der Lungenstrombahn. Diese Veränderungen führen zu Atemflussobstruktion, Lungenüberblähung, Rechtsherzbelastung und ggf. Cor pulmonale.

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Page 1: Chronic Obstructive Pulmonary Disease (COPD) · Ätiologie und Pathogenese Inhalative Noxen – insbesondere Zigarettenrauch – führen zur intrapulmonalen Inflammation und stellen

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Chronic Obstructive Pulmonary Disease (COPD)V. Petkov

AKH-Wien,Universitätsklinik für Innere Medizin IV,

Klinische Abteilung für Pulmologie,Leiter: o. Univ.-Prof. Dr. Lutz-Henning Block

DefinitionDer Chronic Obstructive Pulmonary Disease (COPD) liegt eine obstruktive Atemflussbehinderung zugrunde, die nicht vollständig reversibel ist. Diese Atemflussbehinderung verläuft in der Regel progredient und ist mit einer abnormen entzündlichen Reaktion der Lunge auf schädigende Partikel oder Gase verbunden. Symptome, Funktionseinschränkungen und Komplikationen der COPD erklären sich aus dem der Erkrankung zugrunde liegendem Entzündungsprozess und der daraus resultierenden Pathologie.

Während Asthma bronchiale als funktionelle Störung definiert ist, ist die Obstruktion bei COPD nur teilweise funktionell, überwiegend aber strukturell bedingt.

Abgesehen von Infekt - Exazerbationen weist die COPD keine spontane Variabilität auf.

Charakteristisch bei COPD ist der im Vergleich zum Gesunden rascher fortschreitende Verlust der Lungenfunktion (Abfall der FEV1), was vorzeitig zur respiratorischen Insuffizienz mit Hypoxämie und Hyperkapnie führt.

Epidemiologische Daten COPD ist weltweit eine häufige Ursache von Morbidität und Mortalität. Die weltweite Prävalenz der COPD wird anhand einer aktuellen Meta-Analyse zwischen 4 und 10% eingeschätzt. Etwa 20% aller Raucher entwickeln die Krankheit, wobei genetische Unterschiede eine wesentliche Rolle spielen dürften. Die Inzidenz der COPD steigt aufgrund der insgesamt stetig ansteigenden Lebenserwartung und zunehmenden Rauchgewonheiten, wobei sich ein Zuwachs an Neuerkrankungen insbesondere bei Frauen findet. Gesamtbevölkerung - Männer - 46 % - Frauen - 13 % Rauchern - 15 - 20 %.

Ätiologie und PathogeneseInhalative Noxen – insbesondere Zigarettenrauch – führen zur intrapulmonalen Inflammation und stellen gleichzeitig den wesentlichen Risikofaktor für die Entwicklung einer COPD dar. Bei Überforderung und/oder Dysfunktion der normalen pulmonalen Protektions- und Reparaturmechanismen kann die Inflammation einen Gewebeschaden verursachen. Die Folgen des Gewebeschadens sind muköse Hypersekretion, Ziliendysfunktion, Atemwegsverengung und Atemwegsfibrose sowie in der Folge Parenchymzerstörung und Schäden an der Lungenstrombahn. Diese Veränderungen führen zu Atemflussobstruktion, Lungenüberblähung, Rechtsherzbelastung und ggf. Cor pulmonale.

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Ausmaß und zelluläre Zusammensetzung der Atemwegs- und Parenchymentzündung bei COPD variiert im Verlauf der Erkrankung. Aktivierte Entzündungszellen, insbesondere neutrophile Granulozyten, produzieren verschiedene Substanzen, die das Lungengewebe schädigen können. Dazu gehören im wesentlichen Proteasen, Sauerstoffradikale und toxische Peptide. Wenngleich sich die Entzündung bei COPD wesentlich von der bei Asthma unterscheidet, gibt es durchaus Überlappungen auf pathophysiologischer, histologischer und letztlich auch klinischer Ebene.

Da die chronische Entzündung den zentralen Pathomechanismus bei COPD darstellt, sollten antiinflammatorische Therapiekonzepte positive Auswirkungen auf die Symptome, die Exazerbationshäufigkeit und den Krankheitsprogress haben. Angesichts der schwachen therapeutischen Wirksamkeit von Kortikosteroiden bei COPD hängt die Effektivität von zukünftigen Therapien von ihrem Einfluss auf folgende Mechanismen ab:

o Inflammatorisch bedingte Atemwegsverengung und –umbau (remodelling);o Mukoziliäre Dysfunktion;o Proteolytische Zersetzung des pulmonalen Bindegewebsgerüstes;o Verlust von Alveolarfläche und Kapillarbett;o Überblähung; o Verstärkter pulmonaler Gefäßwiderstand in Folge von Vasokonstriktion und Kapillarverlust.

Die Irritantien aktivieren Alveolarmakrophagen über chemotaktische Faktoren wie IL8, IL6, und Leukotrien B4, zu einem vermehrten Einstrom neutrophiler Granulozyten in die Bronchialwand und ins Lungenparenchim führt. Über diverse Chemokinne aus Epithelzellen und CD (-Lymphozyten) werden weitere Makrophagen aktiviert, die so wie die angelockten Neutrophilen vermehrt Proteasen freisetzen. Die physiologisch vorhandenen Protease-Inhibitoren (Alpha1-AT u.a.) können den Überschuss an Proteasen nicht vollständig antagonisieren. Daraus resultiert einerseits der zum Emphysem führende Gewebsumbau, anderseits eine Stimulierung der Drüsenzellen und somit die Schleimproduktion. COPD - chronischer

Entzündungsprozess der Bronchialwände, dominiert durch Neutrophile.

Ursache: • Zigarettenkonsum • Luftverschmutzung • Infekte • Antiproteasenmangel

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Risikofaktoren

Die Interaktion von Umwelt- und Wirtsfaktoren sind entscheidend für die Ausbildung einer COPD und das Fortschreiten der Erkrankung. Der wesentliche Risikofaktor für eine COPD stellt unbestritten der inhalative Zigarettenrauch dar. Andere, anhand von epidemiologischen Studien entwickelte, Risikofaktoren sind in Tabelle 1 aufgeführt.

Tabelle 1. Risikofaktoren für die COPDExposition gegenüber inhalativen Noxen v.a. ZigarettenrauchVorliegen einer bronchialen HyperreagibilitätVermindertes Lungenwachstum während der KindheitRezidivierende respiratorische Infekte während der KindheitNiedriger beruflicher bzw. sozialer Status

Symptome Belastungsdyspnoe Husten Auswurf

Diagnose

Lungenfunktion und Lungenröntgen Obstruktive Ventilationsstörung

(nicht reversibel) Überblähung

Abb.: Lungenröntgen

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Abb.: CT des THORAX

Risikogruppen- Raucher- COPD in der Familie- rezidivierende oder persistierende Symptome wie Husten, Auswurf, Atemnot

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LUNGENFUNKTION BEI RAUCHER

Formen der COPDCOPD / Emphysema pulmonale COB

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Stadiumeinteilung nach GOLD( GLOBAL INITIATIVE FOR CHRONIC OBSTRUCTIVE LUNG DISEASE )

Stadium 0 ( Risiko ). Chronischer Husten und Auswurf. Die Spirometrie und Lungenfunktion sind normal, das FEV1 liegt im Normbereich.

Stadium I ( Milde COPD). Leichte Behinderung der Ventilation ( FEV1/VC < 70%, FEV1 > 80 % vom Sollwert ) mit oder ohne chronische Symtome. Die Patienten bagatellisieren Beschwerden als Raucherhusten und sind sich häufig nicht bewusst, dass Ihre Lungenfunktion nicht normal ist.

Stadium II ( Mittelgradige COPD ). Verschlechterung der Ventilation ( FEV1/VC < 70%, 50% < FEV1 < 80 % vom Sollwert ) und Zunahme der Symptome, Belastungsdyspnoe.

Stadium III ( Schwere COPD ). Fortschreitende obstruktive Ventilationsstörung ( FEV1/VC < 70%, 30% < FEV1 < 50 % vom Sollwert ). Gesteigerte Kurzatmigkeit und wiederholte Exazerbationen, die die Lebensqualität des Patienten stark beeinflussen.

Stadium IV ( Sehr schwere COPD ). Schwerste Ventilationsstörung ( FEV1/VC < 70%, FEV1 < 30 % vom Sollwert ). Lebensqualität wird noch weiter eingeschränkt und Exazerbationen können lebensbedrohlich sein. Gasaustauschstörung und Rechtsherzbelastung.

DifferentialdiagnoseKlinisch Asthma bronchiale COPDBeginn meist Kindheit/Jugend meist nach 40. Lebensj.Rauchen mehr Nichtraucher als Raucher überwiegend RaucherBeschwerden episodische Dyspnoe

nachts häufigBelastungsdyspnoeFast nur tagsüber

Allergie Häufig seltenVerlauf Variabel meist progredientFunktionell Asthma bronchiale COPDObstruktion Intermittierend

ausgeprägte Variabilitätpersistierendgeringe Variabilität

Reversibilität gut (meist >20% d. Ausgangs-FEV1) Schlecht (meist <15% d. Ausgangs-FEV1)

Hyperreagibilität Immer manchmal

Exazerbationen Zunahme von Husten und Dyspnoe Verschlechterung der Lungenfunktion und der Blutgase häufigste Ursache: Infektion

Die Komponenten des COPD-Managements Ziele des COPD-Managements definiert GOLD

– die Verlangsamung der Progression der Erkrankung– die Linderung von Symptomen– die Verbesserung der Belastungstoleranz– die Steigerung der Lebensqualität– die Prävention und Behandlung von Komplikationen und Exazerbationen bei COPD und – die Senkung der Mortalität

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Diese Ziele sollen durch einen Managementplan erreicht werden, der aus folgenden Komponenten besteht:

1) Diagnose und Verlaufsbeobachtung2) Minimierung von Risikofaktoren3) Management des stabilen COPD-Patienten4) Management von Exazerbationen5) Management von COPD Spätfolgen

Minimierung von RisikofaktorenDie Reduktion von Risikofaktoren ist die effektivste und kostengünstigste Maßnahme zur Prävention und Behandlung der COPD. Neben der individuellen Raucherberatung erhöhen die Nikotinsubstitution (in Form von Kaugummis, Pflastern etc.) und das Antidepressivum Bupropion (Zyban®) nachweislich die Erfolgsrate der Tabakkarenz. Exposition von inhalativen Noxen sollte sowohl am Arbeitsplatz wie auch in der Freizeit minimiert werden.

Management des stabilen COPD – PatientenDie medikamentöse Beeinflussbarkeit der Lungenfunktionseinschränkung hängt vom individuell unterschiedlichen Ausprägungsgrad der funktionellen Komponente ( = Bronchospasmus) und der strukturellen Komponente ( = Emphysem, airway remodelling) der Obstruktion ab.

Grundsätzlich gilt für das Management der COPD das Prinzip der stufenweisen, dem momentanen Schweregrad und der Progredienz der Erkrankung angepassten Intensivierung der therapeutischen Maßnahmen („Step-up-Therapie“ – Tabelle 2).

Tabelle 2: Medikamentöse Step-up-Therapie der COPDStep-up-Therapie bei COPDStadium 0 Vermeiden von Risikofaktoren, GrippeschutzimpfungStadium I Kurzwirksame Bronchodilatatoren bei Bedarf Stadium II Plus Regelmäßige Therapie mit langwirksame Bronchodilatatoren Stadium III Bei wiederholten Exazerbationen plus inhalative KortikosteroideStadium IV LTOT bei chronischer respiratorischer Insuffizienz, chirurgische Volumreduktion

Bronchodilatatoren (Antiasthmatika) – Anticholinergika gelten als Bronchodilatatoren der ersten Wahl bei COPD. Bei der Mehrzahl der

COPD - Patienten wirkt diese Substanzklasse stärker und länger bronchodilatatorisch als die ß2-Agonisten.

– Inhalative und systemische ß2-Agonisten: Die Wirkungsmechanismen von ß2-Agonisten und Anticholinergika ergänzen sich, was ihre Kombination sinnvoll macht. Ein Versuch mit langwirksamen ß2-Agonisten ist bei nachgewiesenem Ansprechen auf kurzwirksame ß2-Agonisten und dokumentierbarer Besserung sinnvoll.

– Theophyllin wirkt zwar schwächer bronchodilatatorisch als ß2-Agonisten und Anticholinergika, zeigt jedoch auch einen synergistischen Effekt.

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Glukokortikoide – Inhalative Glukokortikoide

Bei FEV1-Reversibilität um mindestens 15% nach Gabe eines Bronchodilatators (als Kriterium für eine „reversible“ Atemflussobstruktion) sind inhalative Glukokortikoide a priori indiziert. Bei FEV1-Reversibilität sollte zur Entscheidungsfindung bezüglich der Verabreichung eines inhalativen Glukokortikoids der Steroid - Versuch durchgeführt werden: Im klinisch stabilen Intervall wird eine Tagesdosis von 50 mg Prednisolonäquivalent über 14-21 Tage verabreicht. Ein positives Ergebnis entspricht einem Anstieg des FEV1 um mindestens 15 % oder 200 ml gegenüber dem Ausgangswert und rechtfertigt eine Behandlung mit inhalativen Glukokortikoiden. 80 % der COPD-Patienten sind keine „Steroid-Responder“, sodass im klinisch stabilen Intervall keine Indikation für die Gabe von Glukokortikoiden gegeben ist.

– Systemische Glukokortikoide Die orale oder i.v. Verabreichung systemischer Glukokortikoide ist bei Exazerbationen unerlässlich. Die Langzeitgabe ist lediglich im Fall einer nicht suffizient durchführbaren Einstellung mit inhalativen Glukokortikoiden indiziert. In jedem Fall ist die orale Gabe den Depot-Präparaten vorzuziehen.

Sekretolytika- Bei dieser Substanzklasse besteht eine Diskrepanz zwischen fehlenden messbaren Effekten und

subjektiver Wirksamkeit. Die Anwendung von Sekretolytika kann aufgrund der Datenlage nicht zur Dauertherapie der COPD empfohlen werden, wenngleich sie möglicherweise in einzelnen Fällen, etwa bei aktiven Rauchern, Vorteile bringen kann.

Weitere Therapieoptionen bei stabiler COPD- Die jährliche Grippeimpfung senkt nachweislich die Exazerbationsrate und Mortalität bei COPD und

wird als Standard empfohlen. Die generelle Verwendung der Pneumokokkenimpfung kann zum gegeben Zeitpunkt aufgrund der Datenlage nicht empfohlen werden.

- Bei Patienten mit fortgeschrittener COPD und Hypoxämie stellt die Langzeit – Sauerstofftherapie nachweislich eine lebensverlängernde Maßnahme dar. Die Indikation ergibt sich aus der arteriellen Blutgasanalyse im stabilen Intervall bei einem PaO2 < 55 mg bzw. bereits bei einem PaO2 < 60 mmHg bei gleichzeitigem Vorliegen von Rechtsherzbelastung u/o. Rechtsherzinsuffizienz.

- Ein wesentlicher Eckpfeiler des Managements der stabilen COPD stellt die Patientenschulung dar. Die Aufklärung über die progrediente Natur der Erkrankung, sowie konsequente Atemtherapie bereits in frühen Stadien begünstigen den Verlauf.

Chirurgische Therapieoptionen- Bei einem geringen Prozentsatz von Patienten kommt die Resektion von lokalisierten Bullae

bzw. eine Lungenvolumenreduktion in Frage. Wenngleich ein Vorteil für beide Verfahren bislang nicht nachgewiesen werden konnte, profitieren einzelne ausgewählte Patienten von der Emphysemchirurgie. Voraussetzungen sind in jedem Fall neben dem Thorax - CT eine szintigraphische Beurteilung von Perfusion und Ventilation, sowie gegebenenfalls die Messung des intrinsischen PEEP.

- In einem eher kurzen zeitlichen Fenster des Krankheitsverlaufes können Patienten von einer Lungentransplantation bezüglich Lebensqualität und Leistungsfähigkeit profitieren. Voraussetzung sind die Ausschöpfung konservativer Maßnahmen, eine hohe Compliance und das und das

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Fehlen von end-stage disease. So stellt etwa ein FEV1 < 35% oder eine ausgeprägte pulmonale Hypertension eine Kontraindikation für die Durchführung einer Lungentransplantation dar.

Management von COPD Spätfolgen

ExazerbationenExazerbationen der COPD sind durch eine Zunahme der subjektiven Symptomatik, Aggravierung der Gasaustauschstörung und in fortgeschrittenen Stadien auch mit Rechtsherzbelastung gekennzeichnet. In etwa 1/3 der „COPD Krisen“ wird durch virale, bakterielle und fungale Infektionen und Wechsel im Keimspektrum der chronisch besiedelten Luftwege verursacht. Ein weiteres Drittel wird durch Exposition von inhalativen Noxen wie Tabakrauch oder Abgase verursacht, ein Drittel bleibt ätiologisch unklar. Die Indikation zur Spitalsaufnahme muss jeweils individuell gestellt werden, wobei neben dem Ausmaß der Gasaustauschstörung auch der soziale Hintergrund häufig eine Rolle spielt.

An therapeutischen Maßnahmen steht die Verabreichung von systemischen Glukokortikoiden im ambulanten wie im stationären Bereich im Zentrum, wobei eine (vorzugsweise orale) Therapie mit 50 mg Prednisolonäquivalent über wenige Tage sinnvoll ist.

Die bronchodilatorische Therapie sollte während der Exazerbation an die aktuellen Oxygenierungsverhältnisse und ggf. an die Lungenfunktion angepasst bzw. gesteigert werden. Eine hilfreiche Maßnahme stellt häufig die Anwendung von Inhalationshilfen (z.B. Ultraschallvernebler) dar.

Eine antibiotische Therapie ist auch bei fehlenden systemischen Entzündungszeichen wie Fieber oder Leukozytose hilfreich. Bei der Auswahl der Substanz sollten neben patientenbezogenen Faktoren wie Allergien auch das lokale Resistenzspektrum, sowie ökonomische Faktoren berücksichtigt werden.

Der Einsatz von nicht-invasiver Beatmung (CPAP und BIPAP) führt bei Patienten mit respiratorischer Globalinsuffizienz zu einer Reduktion von Krankenhaus-aufenthaltsdauer und Mortalität. Die Indikation zu invasiven Beatmung sollte erst nach Ausschöpfung aller anderen Optionen und nur bei ausgewählten Patienten gestellt werden.

Bei allen Exazerbationen sollte differentialdiagnostisch auch die Möglichkeit von koronaren Ereignissen, Arrhythmien und Lungenembolien gedacht werden. Im Falle einer Hospitalisierung sind eine Thrombose- und Stressulcusprophylaxe, sowie eine Überwachung der Flüssigkeitsbilanz und eine adäquaten Kalorienzufuhr zu gewährleisten.

Indikationen für Langzeit Sauerstofftherapie (LTOT)

paO2 <55 mm Hg (SaO2 < 88) unter maximaler Therapie, in stabiler Phase paO2 55 - 60 mm Hg + Cor pulmonale + Polyglobulie paO2 > 60 mm Hg (SaO2 < 90%) Nächtliche Desaturation Abfall der SaO2 < 88% unter Belastung

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Pulmonale Hypertension

Eine häufige Komplikation der fortgeschrittenen COPD ist die Entwicklung einer pulmonalen Hypertension mit konsekutiver Rechtsherzbelastung und Herzinsuffizienz. Die spezifische Therapie solcher Konditionen sollte ausgewählten Zentren vorbehalten bleiben.

Atemmuskelinsuffizienz Bei chronischer respiratorischer Insuffizienz mit dauerhafter Dyspnoe kommt es bei vielen Patienten zu Immobilisierung mit konsekutivem Abbau der Atemhilfsmuskulatur und der Muskulatur des Bewegungsapparates. Die Folge ist ein ausgeprägter Trainingsmangel mit Insuffizienz der Atemmuskeln. Durch konsequentes Ausdauer- und Krafttraining kann diese funktionelle Spirale in vielen Fällen durchbrochen und eine verbesserte Lebensqualität erreicht werden.

Zukünftige Entwicklungen auf dem Gebiet der COPD Bedarf an effektiverer Therapie Neue bronchodilatoren wie „long-acting anticholinergic tiotropium bromide“ Neue dual beta2-dopamine2-receptor agonist Keine Therapie verhindert Progression Inflammation of COPD oft ist oft Corticosteroid resistent Somit: neue anti-inflammatorische Therapie gewünscht z.B. phosphodiesterase-4 inhibitors, z.B. nuclear factor-kappaB inhibitors z.B. p38 MAP kinase inhibitoren small molecule protease inhibitors neutrophil elastase inhibitors selective matrix metalloproteinase inhibitors Neue drug targets durch Proteomics

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Interstitielle LungenerkrankungenR. Ziesche und V. Petkov

AKH-Wien,Universitätsklinik für Innere Medizin IV,

Klinische Abteilung für Pulmologie,Leiter: o. Univ.-Prof. Dr. Lutz-Henning Block

DefinitionDie interstitielle Lungenerkrankungen ( ILD ) sind eine heterogene Gruppe von die Alveolen und das umgebende Gewebe betroffen sind. Die ILD sind nichtmaligne und werden von keinen definierbaren infektiösen Erreger verursacht. Der Beginn ist heimtückisch und der Verlauf gewöhnlich chronisch, kann aber mit einem akuten Stadiom einsetzen.

Klinische EinteilungSarkoidoseExogen-allergischen AlveolitisIdiopatische interstitielle Lungenerkrankungen ( UIP – NSIP – DIP )Akut interstitielle Pneumonie ( AIP )Kollagenosen z. B. SklerodermieMedikamenten-assoziierte Lungenfibrose ( z.B. Bleomycin, Methotrexat )

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SarkoidoseGranulomatöse Erkrankung des gesamten Körpers mit bevorzugter Manifestation im Bereich der Organe:

• Lunge• Haut• Herz • Nervensystem

Die Sarkoidose ist die häufigste aller fibrosierenden LungenerkrankungenOrganbeteiligungLunge >90 %Lymphknoten 75-90 %Haut 25 %Augen 25 %Nasenschleimhaut 20 %Milz 50-60 %Knochenmark 15-40 %Leber 60-90 %Gelenke 25-50 %Parotis 10 %

Epidemiologie Die Sarkoidose tritt weltweit auf, bevorzugt jedoch in den sogenannten gemäßigten Breiten:

• Europa insgesamt 19/100.000 • USA 14/100.000• Schweden 64/100.000aber:• Spanien 0,04/100.000• Bulgarien 1,4/100.000

Bei der amerikanischen Bevölkerung afrikanischer Herkunft ist die Inzidenz 10-mal höher als bei der weißen Bevölkerung

Die Sarkoidose ist eine Erkrankung junger Erwachsener mit einer leichten Prädominanz des weiblichen Geschlechts.Sie ist eine Erkrankung junger Erwachsener zwischen 20-40 Lj.Sie kommt – zumindest in Europa – im ländlichen Bereich häufiger vor als in den Städten.

PathogeneseDie Ursache der Sarkoidose ist unbekannt.Als wahrscheinlich gilt ein Immundefekt im Bereich der Antigenpräsentation, der auf Grund einer Antigenpersistenz zu einer gesteigerten granulomatösen Immunantwort führt. Prinzipiell ist eine Sarkoidose nicht infektiös; aber: nach Lungentransplantation kann unter Immunsuppression eine Sarkoidose auf das Fremdtransplantat übertragen werden!

PathologieTypisch sind nicht-nekrotisierende epitheloidzellige Granulome in der Umgebung der Bronchien, im lymphatischen Gewebe oder (bei Persistenz) im perivaskulären interstitiellen Lungengewebe oder in anderen Organgeweben.

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SymptomeDie meisten pulmonalen Sarkoidosen sind zunächst symptomlos (Zufallsentdeckung durch Röntgenuntersuchung).Aufgrund der multiplen Organbeteiligungen können die Symptome mannigfaltig sein („Chamäleon aller internistischen Erkrankungen“).

Im Vordergund stehen die Symptome der Bronchiolitis: Husten (meist trocken), der Leberbeteiligung sowie der Arthritis/Myalgie.

VerlaufDer Verlauf der Erkrankung variiert erheblich. In den meisten Fällen klingt die Erkrankung nach 36-42 Monaten ab.

Eine Chronifizierung ist jedoch in etwa 20% aller Diagnosen zu erwarten.

StadieneinteilungDie Einteilung erfolgt grundsätzlich nach der radiologischen Lungenbeteiligung:

Stadium I: Bi-hiläre LymphknotenvergrößerungStadium II: + interstitielle Beteiligung der Lunge (nodulär)Stadium III: Retikulo-noduläre LungenverdichtungenStadium IV: Lungenfibrose

DiagnoseDie Erkrankung ist am besten in der Lunge zu sichern. Typischerweise werden – im Rahmen einer Bronchoskopie - transbronchiale Biopsien und eine sog. Bronchoalveoläre Lavage (BAL) gekoppelt.Hierdurch ist die Diagnose in > 95% aller Fälle zu sichern.

Auch bei bi-hilärer Lymphadenopathie (Stadium I) ist in > 80% der Fälle eine granulomatöse Lungenbeteiligung (kleine Bronchien) zu finden.

Milz- und Leberbeteiligung wird in der Regel nicht bioptisch gesichert; meist wird auf Ultraschall oder CT sowie auf laborchemische Befunde (Transaminasemerhöhung) zurückgegriffen.

Bei einer beidseitigen Hilusvergrößerung und generellen Symptomen von Mattigkeit, Nachtschweiß und Fieber ist oft eine mediastinoskopische Sicherung der Diagnose nötig, um eine Abgrenzung gegenüber Lymphomen zu gewährleisten. Als problematisch ist die Herzbeteiligung zu werten; symptomatisch stehen Herzrhythmusstörungen im Vordergrund. Meist wird die Diagnose wieder in der Lunge angestrebt.

Eine exzessive Knochenmarksbeteiligung ist oft an der begleitenden Hyperkalzämie erkennbar. Blutbildveränderungen durch Verdrängungserscheinungen sind jedoch extrem selten. Die Beteiligung der Augen erfolgt meist als Keratokonjunktivitis oder als Retinitis. Dauerhafte Schäden wie Visusverlust, Glaukom oder Katarakt sind selten.

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Sarkoidose

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Differentialdiagnose• Exogen-allergische Alveolitis• Tuberkulose• Lymphom• Berylliose• (selten) Beteiligung der Lunge im Rahmen der rheumatischen Polyarthritis

Lungenfunktionsdiagnostik Typisch ist [bei Röntgenstadium I und – häufiger auch noch II -] eine normale Lungenfunktion in Ruhe und unter Belastung. Durchgeführt werden immer eine:

• Bodyplethysmographie• Spirometrie• Bei Dyspnoe eine Ergometrie mit Belastungsblutgasen oder eine Spiroergometrie

Die wichtigste Lungenfunktionsstörung ist eine nicht reversible obstruktive Ventilationsstörung.

TherapieAbhängig von Funktionseinschränkungen und Röntgenbefund.Bei fehlender Symptomatik nur Beobachtung in ¼-jährlichen Abständen.Bei Dyspnoe mit obstruktiver oder gemischt obstruktiv/restriktiver Ventilationsstörung zunächst aufgrund der hohen Ansprechraten Versuch einer immunsuppressiven Therapie mit oralen oder (im Verlauf) inhalativen Glukokortikoiden.Bei Versagen der immunsuppressiven Therapie und progredienter Funktionsverschlechterung empfiehlt sich nach unserer Erfahrung die molekuarbiologische Analyse aus transbronchialen, um die Existenz einer fibrosierenden oder primär inflammatorischen Läsion zu belegen.

Interstitielle LungenerkrankungenPathologie

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Histologische Klassifikation nach Katzenstein/MyersUIP DIP/RBILD AIP NSIP

Interstitielle Entzündung

Scant Scant Scant Usually prominent

Collagen fibrosis Yes, patchy Variable, diffuse (DIP)Focal, mild (RBILD)

No Varible, diffuse

„Fibroblast foci“ Prominent No Diffuse Occasional, rare, or duffuse

BOOP No No No Occasional„Microscopic honeycombing“

Yes No No Rare

Intraalveolar accumulation of makrophages

Occasional, focus Yes, diffuse (DIP), peribronchiolar (RBILD)

No Occasional, patchy

Progressive Fibrose: Mortalität

Therapie der idiopatische Lungenfibrose