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Rohstoffe CRASH- KURS Geld verdienen mit Gold, Öl, Seltenen Erden & Co. Das Grundlagenwerk für Rohstoff-Investoren Marion Markus Schlegel Bußler Mit einem Vorwort von Hans A. Bernecker

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Page 1: Crashkurs Rohstoffe

RohstoffeCRAS

HKUR

S

ISBN: 978-3-942888-50-9

CRASH-

KURS

Rohstoffe

HBÖRSENBUCVERLAG

Gold, Öl und nicht zuletzt Seltene Erden – mit Rohstoffen ließen sich in den

vergangenen Jahren enorme Gewinne erzielen. Doch wie investieren Anleger am

besten in Gold? Steigt der Ölpreis auf ein neues Allzeithoch? Und was genau

versteckt sich hinter den heiß begehrten Seltenen Erden? Diese Fragen und noch

viele mehr beantworten die beiden Rohstoff-Experten Marion Schlegel und

Markus Bußler in diesem Buch. Leicht verständlich führen sie den Privat anleger

in die Welt der Rohstoffe ein und geben dem erfahrenen Anleger ein ideales

Nachschlagewerk an die Hand. Geballte und wertvolle Informationen über

Energie rohstoffe, Edelmetalle, Industriemetalle, Seltene Metalle und Agrar-

rohstoffe – und wie man diese Informationen in bares Geld ummünzt.

Geld verdienen mit Gold,

Öl, Seltenen Erden & Co.

Das Grundlagenwerk für

Rohstoff-Investoren

Marion Markus

Schlegel Bußler

�������

Mit einem Vorwort von Hans A. Bernecker

Crashkurs_Rohstoffe_Broschur.indd 1 22.07.2011 13:40:30

Page 2: Crashkurs Rohstoffe

1 / Crashkurs Rohstoffe

CrashkursRohstoffe

Geld verdienen mit Gold, Öl, Seltenen Erden & Co.Das Grundlagenwerk für Rohstoff-Investoren

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Page 3: Crashkurs Rohstoffe

© Copyright 2011:BÖRSENMEDIEN AG; KULMBACH

Gestaltung und Satz: Jürgen Hetz, denksportler Grafikmanufaktur Johanna Wack, BörsenbuchverlagLektorat: Claus RosenkranzDruck: Bercker Graphischer Betrieb GmbH & Co. KG

Marion Schlegel, Markus Bußler – Crashkurs RohstoffeISBN 978-3-942888-50-9

Band 8 der Serie „Crashkurs“

Alle Rechte der Verbreitung, auch des auszugweisen Nachdrucks,

der fotomechanischen Wiedergabe und der Verwertung durch

Datenbanken oder ähnliche Einrichtungen vorbehalten.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der

Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten

sind im Internet über <http://dnb.d-nb.de> abrufbar.

Postfach 1449 • 95305 KulmbachTel. 09221-9051-304 • Fax [email protected]

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Page 4: Crashkurs Rohstoffe

3 / Crashkurs Rohstoffe

Inhalt

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Page 5: Crashkurs Rohstoffe

Die in diesem Buch vorgestellten Sachverhalte, insbesondere

Informationen über einzelne Unternehmen, dienen ausschließlich

zur Information der Leser über grundlegende Sachverhalte und

spiegeln die Meinung der Autoren wider. Kein in diesem Buch

dargestellter Sachverhalt stellt eine Aufforderung zum Kauf oder

Verkauf von Aktien dar.

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Page 6: Crashkurs Rohstoffe

5 / Crashkurs Rohstoffe

Inhalt

Vorwort ...................................................................................................................... 07

Kapitel 1 – Der Megatrend des 21. Jahrhunderts ...... 11

Kapitel 2 – Energierohstoffe ............................................................... 15

Kapitel 3 – Edelmetalle ............................................................................ 63

Kapitel 4 – Industriemetalle ............................................................147

Kapitel 5 – Seltene Metalle ..............................................................171

Kapitel 6 – Agrarrohstoffe..................................................................191

Kapitel 7 – Ein Muss für jedes Depot ................................... 219

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Page 7: Crashkurs Rohstoffe

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Page 8: Crashkurs Rohstoffe

7 / Vorwort

Vorwort

Hans A. Bernecker

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Page 9: Crashkurs Rohstoffe

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Page 10: Crashkurs Rohstoffe

9 / Vorwort

Zum Geleit.

Rohstoffe sind im Laufe der letzten Jahre eine besondere Asset-Klasse

geworden. Bis zur Jahrhundertwende waren Rohstoffe ein Markt, der

im Wesentlichen vom Verbrauch der Industrie und den Förderungen

abhing. Die Marktbewegungen und mithin die Preisgestaltung spielten

sich im Rahmen der Erwartungsgrößen zwischen effektiver Nachfrage

und effektivem Angebot ab.

Als Asset-Klasse hat sich der Markt für Rohstoffe inzwischen fast

verzehnfacht. Es bedeutet, dass Finanzinvestoren auf die Werthaltig-

keit von Rohstoffen setzen und mit eigenen Preiserwartungen unter-

legte Investorenprogramme realisieren. Daraus entstand ein völlig neu-

er Markt, der mit den ursprünglichen Verhältnissen von Angebot und

Nachfrage nur noch wenig gemein hat. Die Rolle der Finanzinves-

toren unterliegt anderen Kriterien, die wohl auch die künftige Ent-

wicklung an den Rohstoffmärkten bestimmen dürften. Die Einschät-

zung der Preise resultiert aus den tatsächlichen Verbrauchswerten der

Industrieländer und den hochgerechneten Erwartungen für die kom-

menden Jahre, woraus sich Preisentwicklungen ableiten lassen, die die

Grundlage jedes Investments darstellen. So können die Annahmen

über den chinesischen Verbrauch an Kupfer ebenso nachhaltig sein,

wie sie völlig falsch dargestellt sein können. Das ergibt zusammen ein

Marktbild mit sehr unterschiedlichen Einflussgrößen, jedoch von

höchstem Interesse.

Wer in Rohstoffe investiert, kann sich nicht an seinen Erfahrungen mit

Aktien oder Anleihen orientieren, sondern muss die Besonderheiten be-

rücksichtigen, die sich aus zwei Dingen herleiten:

Jeder Markt hat eine Grundtendenz von Menge und Preis, die an den

realen und effektiven Märkten ausgerichtet sind. Man kann es auch ei-

nen Zielkorridor oder einen Trend nennen.

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Page 11: Crashkurs Rohstoffe

Crashkurs Rohstoffe / 10

Die Volatilität aller Preise in diesem Markt ist jedoch so hoch wie in

kaum einem anderen Markt. Daran orientieren sich spekulative Inves-

toren, die mit hinreichender Technik diese Schwankungen nutzen

können. Darin liegt das eigentliche Interesse von Investoren oder Spe-

kulationen.

Der Crashkurs zeigt Ihnen, wie Sie die markttechnischen Besonder-

heiten nutzen können und wie Sie dies auch dauerhaft als ein Betäti-

gungsfeld der besonderen Art ansehen können. Er gliedert die Arbeits-

gebiete sorgfältig auf und stellt die Werkzeuge vor, die Sie für die Arbeit

benötigen. Ohne diese Werkzeuge und ohne die richtige Anwendung

der Werkzeuge ist die Gefahr von Fehlgriffen einfach zu groß.

Rohstoffe als Asset-Klasse sind keine Langfristinvestments, in denen

man in Kupfer oder Silber investiert, um jahrelang engagiert zu bleiben.

In den kurzfristigen Preisbewegungen nach beiden Seiten liegt der

Charme von Rohstoffspekulationen für den Privatanleger.

Legen Sie deshalb den Crashkurs auf Ihren Schreibtisch oder neben

den Computer. Sie werden immer wieder danach greifen müssen, um

nachzulesen, wie das eine oder andere zu verstehen beziehungsweise zu

interpretieren ist. Erst mit sehr viel Erfahrung können Sie dann mit ei-

genständigen Erkenntnissen das Richtige tun.

Damit ist eigentlich alles gesagt, wie Sie in Rohstoffen erfolgreich spe-

kulieren können, um mit hinreichender Sicherheit Ihre Verluste zu be-

grenzen. Auch das gehört zu einem Crashkurs wie bei einem Auto: Sie

können jedes Auto so rasant fahren wie Sie wollen, vorausgesetzt, dass

die Bremse funktioniert und Sie auch die Geistesgegenwart haben, die

Bremse zu bedienen. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg.

Hans A. Bernecker

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Page 12: Crashkurs Rohstoffe

11 / Megatrend Rohstoffe

Der Megatrend des 21. Jahrhunderts

Kapitel 1

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Page 13: Crashkurs Rohstoffe

Crashkurs Rohstoffe / 12

Der Markt für Rohstoffe boomt – ein Ende ist nicht in Sicht. Die welt-

weite Industrialisierung sowie die immens steigende Weltbevölkerung

dürften Rohstoffe in den kommenden Jahrzehnten immer begehrter

machen. Insbesondere die aufstrebenden Volkswirtschaften der BRIC-

Staaten Brasilien, Russland, Indien und China sowie deren unaufhalt-

samer Drang nach höheren Lebensstandards werden die Rohstoffmärk-

te enorm mitbestimmen. Diese Entwicklung, gemeinsam mit der zu-

nehmenden Knappheit vieler Rohstoffe, macht diese immer wertvoller

und lässt die Preise von Gold, Öl & Co steigen.

Die drohende Rohstoffknappheit ist ohnehin ein Schlüsselproblem

des noch jungen 21. Jahrhunderts. Viele Experten gehen davon aus,

dass beispielsweise der Höhepunkt bei der Erdölförderung (Peak Oil)

bereits überschritten wurde. Eine weitere Verknappung könnte umfas-

sende Folgen für die Weltwirtschaft haben. Aber nicht nur fossile Ener-

gieträger werden knapper. So hat der Wettlauf um die als Seltene Erden

bezeichneten wichtigen Metalle bereits begonnen. Kein Handy, kein

iPhone, kein Laptop kommt ohne sie aus. Ohne sie würde die Mensch-

heit ins 20. Jahrhundert zurückgeworfen werden. Auch Agrarrohstoffe

könnten mehr und mehr zur Rarität werden. So sorgen immer stärkere

Wetterkapriolen wie Dürren, Überschwemmungen oder Stürme für

ein geringeres Angebot. Gleichzeitig steigt die Nachfrage nach Biodie-

sel und eine zunehmende Zahl von Menschen will außerdem ernährt

werden. Und auch Edelmetalle wie beispielsweise Silber könnten Schät-

zungen zufolge in den kommenden Jahren knapp werden.

Immer mehr institutionelle und insbesondere private Anleger entde-

cken derzeit die Anlageklasse Rohstoffe für sich. Neben vielen Punk-

ten, die für ein Investment in Rohstoffe sprechen, nimmt ihre Bedeu-

tung als Schutz vor Inflation stetig zu. So wird beispielsweise Gold selbst

dann noch etwas wert sein, wenn die Menschheit schwere Krisenzeiten

durchlebt. Aber auch bei anderen Rohstoffen ist der Zusammenhang

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Page 14: Crashkurs Rohstoffe

13 / Megatrend Rohstoffe

zwischen der Inflations- und der Preisentwicklung am Rohstoffmarkt

sehr ausgeprägt. Bei einer Beschleunigung der Teuerungsrate steigen his-

torisch betrachtet auch die Preise für beispielsweise fossile Brennstoffe,

Edelmetalle und Agrarprodukte. Anleger erreichen also durch die Bei-

mischung von Rohstoffprodukten zu ihrem Portfolio einen wirksamen

Schutz vor Inflation.

Doch was genau beeinflusst eigentlich die Kurse der Rohstoffe, auf

was muss man als Anleger achten und wo bieten sich die besten Chan-

cen? Um diese Fragen zu beantworten, wird auf den folgenden Seiten

alles Wichtige zu den einzelnen Rohstoffen kompakt aufbereitet. So

kann jeder Anleger bestens gewappnet seine ersten Rohstoffinvest-

ments in Angriff nehmen oder der erfahrenere Investor wird besser

vorbereitet auf Kauftour gehen. Denn eines ist sicher: Rohstoffe wer-

den im 21. Jahrhundert eine zentrale Rolle spielen.

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Page 15: Crashkurs Rohstoffe

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Page 16: Crashkurs Rohstoffe

15 / Energierohstoffe

Energierohstoffe

Kapitel 2

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Page 17: Crashkurs Rohstoffe

Crashkurs Rohstoffe / 16

Nimmt man das Handelsvolumen der Terminkontrakte oder aber die

gesamtwirtschaftliche Bedeutung als Grundlage, dann sind Energieroh-

stoffe eindeutig der bedeutendste Rohstoffmarkt überhaupt. Dabei sind

die Kontrakte auf die Rohöl-Futures die mit Abstand wichtigsten Kon-

trakte. Das verwundert nicht, wenn man bedenkt, dass pro Tag rund 85

Millionen Barrel Öl gefördert werden. Bei einem Rohölpreis von 90 Dol-

lar je Barrel errechnet sich ein Marktvolumen von 7,65 Milliarden Dollar.

Rohöl ist auch mit einem Anteil von 35 Prozent der wichtigste Ener-

gielieferant, gefolgt von Kohle mit 29 Prozent und Erdgas mit 24 Pro-

zent. Regenerative Energieträger befinden sich zwar auf dem Vormarsch,

sind aber zurzeit noch weit davon entfernt, die fossilen Energien abzu-

lösen. Weder die Produktion von Gütern noch deren Transport kommt

ohne Energierohstoffe aus. Damit hat die Entwicklung der Weltwirt-

schaft einen großen Einfluss auf die Notierungen der Rohstoffe, aber

auch politische Entscheidungen zur Energieversorgung können sich bei

den Preisen niederschlagen.

Abb. 2.0: Reserven – Produktion – Ressourcen

7,0 %

45,0 % 18,3 %

16,9 %

0,4 %

8,1 %

3,2 % 1,0 % 45,1 % Hartkohle

18,3 % Erdgas, konventionell

16,9 % Erdöl, konventionell

8,1 % Weichbraunkohle

7,0 % Erdöl, nicht konventionell

3,2 % Uran

1,0 % Thorium

0,4 % Erdgas, nicht konventionell

Reserven

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Page 18: Crashkurs Rohstoffe

17 / Energierohstoffe

25,3 %

32,2 %

34,9 %

2,1 %5,6 %

34,9 % Erdöl

32,2 % Hartkohle

25,3 % Erdgas

5,6 % Uran

2,0 % Weichbraunkohle

Produktion

69,5 %

8,1 %

16,9 %

0,4 % 2,1 %

1,5 %0,9 %

0,7 %

69,5 % Hartkohle

16,9 % Erdgas, nicht konventionell

8,0 % Weichbraunkohle

2,1 % Erdöl, nicht konventionell

1,5 % Erdgas, konventionell

0,9 % Uran

0,7 % Erdöl, konventionell

0,4 % Thorium

Ressourcen

Quelle: Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR)

Anteile der einzelnen Energierohstoffe an der Förderung, den Reserven

und den Ressourcen der nicht erneuerbaren Energierohstoffe

Stand: Ende 2008

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Page 19: Crashkurs Rohstoffe

Crashkurs Rohstoffe / 18

Rohöl

Von den Anfängen zur GegenwartEs ist schon mehrere Tausend Jahre her, dass Menschen das erste Mal

auf Erdöl stießen. Man geht davon aus, dass bereits die römischen Legi-

onen Erdöl als Schmierstoff für Achsen und Räder verwendet haben.

Doch erst Mitte des 19. Jahrhunderts fiel der Startschuss für die nach-

haltige Förderung. Es war der kanadische Arzt und Geologe Abraham

Gesner, der 1846 bei seinen mineralogischen Untersuchungen einen Pro-

zess entdeckte, mit dem man Petroleum aus Kohle gewinnen kann.

Sein neues Produkt nannte er Kerosin.

Eigentlich war Gesner auf der Suche nach einer preiswerteren Alter-

native zu Walöl als Brennstoff für Lampen. Sicherlich hatte er sich da-

mals nicht träumen lassen, dass Erdöl einmal der wichtigste fossile Roh-

stoff der Welt werden würde. Als findiger Geschäftsmann gründete er

16

640

12

10

15

kumulierte Förderung Ressourcen

Reserven

in Gt Reserven: 161,0 Gt (= 229,9 Gt SKE)Förderung: 3,8 Gt (= 5,4 Gt SKE)

15

17

14

24

18

24

7

613

21

44

102

4

29

Weltkarte Erdöl

Abb. 2.1

Quelle: Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR)

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Page 20: Crashkurs Rohstoffe

19 / Energierohstoffe Rohöl

1850 die „Kerosene Gaslight Company“, die zunächst in Halifax, später

auch in vielen anderen Orten Kanadas Straßenbeleuchtungen errichte-

te. Die Expansion ließ nicht lange auf sich warten. 1854 gründete er

unter dem Namen „North American Kerosene Gas Light Company“ in

den USA seine erste Niederlassung. Am 27. Juni 1854 erhielt er schließ-

lich auf seine Erfindung des Kerosins die US-Patente 11.203, 11.204

und 11.205.

Doch für die Geschichte des Erdöls ist ein weiterer Name von entschei-

dender Bedeutung: Edwin L. Drake. Er machte einen der ersten bedeu-

tenden Ölfunde am 27. August 1859 am Oil Creek in Pennsylvania.

Drake stieß in nur 21,2 Metern Tiefe auf die erste amerikanische Öl-

quelle. Bald förderte er 4.000 Liter Öl pro Tag. Das Erdöl wurde anschlie-

ßend in der Fabrik von Samuel Kier destilliert. Das gewonnene Petro-

leum wurde zur gefragten Alternative zu Lampenöl. Ein Jahr später stan-

den in Pennsylvania bereits 2.000 Bohrtürme. Damit nahm in den USA

zehn Jahre nach dem Goldrausch der Öl-Boom seinen Anfang.

Die Ölkrise und ihre Folgen

Angesichts der vielseitigen Einsatzbereiche von Rohöl verwundert es

nicht, dass sich längst Metaphern wie „Schwarzes Gold“ oder auch

„Schmierstoff der Weltwirtschaft“ eingebürgert haben. Sie alle bringen

Spätestens mit dem Aufstieg der Autoindustrie gewann

Öl immer mehr an Bedeutung. Heute wird Öl nicht nur

als Energierohstoff verwendet, sondern findet auch in der

Produktion von Kunststoffen, Düngemitteln, Farben oder

Medikamenten Verwendung. Selbst in alltäglichen Dingen findet

sich Öl wieder. So werden beispielsweise für die Produktion einer

gewöhnlichen Handzahnbürste 0,1 bis 0,2 Liter Rohöl benötigt.

!

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Page 21: Crashkurs Rohstoffe

Crashkurs Rohstoffe / 20

zum Ausdruck, wie wichtig und wertvoll Rohöl für die Weltwirtschaft

ist. Wie abhängig die Wirtschaft und auch jeder Einzelne von Rohöl ist,

zeigte sich nicht zuletzt durch die Ölkrise 1973. Damals drosselte die

Organisation der Erdöl exportierenden Länder (OPEC) die Fördermen-

ge um circa fünf Prozent – der Preis für ein Barrel Öl (159 Liter) schnell-

te daraufhin um rund 70 Prozent nach oben. Der Grund für die Dros-

selung: Die arabisch dominierte OPEC wollte die westlichen Nationen

unter Druck setzen, die im sogenannten Jom-Kippur-Krieg Israel un-

terstützten.

Als Reaktion darauf beschloss Deutschland ein Fahrverbot an vier

Sonntagen im November und Dezember 1973. Mag man das als histo-

risch-nostalgische Fußnote der Ölkrise betrachten, so traf es die Wirt-

schaft und den Arbeitsmarkt weit härter. Deutschland musste im fol-

genden Jahr rund 17 Milliarden D-Mark mehr für Ölimporte ausge-

ben. Die ohnehin schwächelnde Wirtschaft rutschte noch tiefer in die

Krise. Steigende Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit waren die Folge.

Eine Zahl soll an dieser Stelle verdeutlichen, welchen Stellenwert Öl

heute hat. Laut der International Energy Agency (IEA) lag der Anteil

der Ausgaben für Öl im Jahr 2010 bei 4,1 Prozent des Welt-Bruttoin-

landsprodukts (BIP). Steigt der Ölpreis nachhaltig auf mehr als 100

Dollar, dann würde der Wert knapp fünf Prozent betragen, bei mehr

als 150 Dollar würden die Ausgaben bei 7,5 Prozent des BIP liegen.

Diese Zahlen verdeutlichen auch, welche Auswirkungen steigende

Ölpreise auf die Konjunktur haben können. Nicht umsonst folgte in

den vergangenen Jahrzehnten auf starke Kurssprünge beim Öl meist

zeitversetzt eine Rezession der Wirtschaft.

Trotz aller Bemühungen, sich durch regenerative Energien unabhän-

giger von fossilen Energieträgern zu machen, ist Öl auf Sicht der nächs-

ten Jahrzehnte aus der Wirtschaft nicht wegzudenken. Allerdings rech-

net der Mineralölkonzern BP in der Publikation „BP Energy Outlook

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Page 22: Crashkurs Rohstoffe

21 / Energierohstoffe Rohöl

2030“ damit, dass der Anteil erneuerbarer Energien am Energie-

wachstum von fünf Prozent auf 18 Prozent im Jahr 2030 steigen wird.

Öl ist nicht gleich Öl

Weltweit werden mehr als 30 Rohölsorten angeboten. Für den Anle-

ger sind vor allem zwei Sorten wichtig: Brent und West Texas Interme-

diate (WTI). Beide Sorten werden zu den sogenannten „süßen“ Leicht-

ölen gezählt. Brent stammt aus der Nordsee, genauer gesagt aus der

Region zwischen den Shetlandinseln und Norwegen. Es wird an der

Londoner Warenterminbörse ICE Futures gehandelt. WTI hingegen

hat seinen Ursprung in den USA und wird an der New York Mercantile

Exchange (NYMEX) gehandelt. Brent-Öl ist von etwas schlechterer

Qualität und daher in der Raffinierung kostspieliger. Entsprechend ist

WTI in den vergangenen Jahren im Mittel rund 1,30 Dollar höher ge-

handelt worden als Brent. Zu Beginn des Jahres 2011, mit den aufkom-

menden Unruhen in Nordafrika, veränderte sich die Situation jedoch.

Brent-Öl in Prozent zu 2008 WTI-Öl in Prozent zu 2008

2008 2009 2010 2011

-60

-40

-20

0

20

40

60

Abb. 2.2

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Page 23: Crashkurs Rohstoffe

Crashkurs Rohstoffe / 22

Der Preis für Brent-Öl stieg erheblich stärker als der für WTI. Der

Grund dafür: Brent ist mittlerweile die Referenzgröße für knapp 65

Prozent aller Ölgeschäfte weltweit. Der Brent-Preis gilt auch im Nahen

Osten als Referenzpreis. Die politischen Unruhen in der Region laste-

ten entsprechend stärker auf dem Preis für Brent. Dazu kommt: Der

Markt für Brent ist weit weniger transparent als der für WTI in den

USA. Dort werden regelmäßig Lagerdaten veröffentlicht.

Das Beispiel der Ölkrise, aber auch der Unruhen in Nordafrika zeigt:

Der Ölpreis reagiert sehr sensibel auf geopolitische Ereignisse. Weitere

Beispiele sind der Einmarsch Iraks in Kuwait Anfang der 1990er-Jahre

oder die US-Invasion im Irak. Anleger, die sich für ein Engagement in Öl

oder Öl-Aktien entscheiden, sollten dies stets im Hinterkopf behalten.

Nichts geht ohne den Dollar

Doch egal ob Brent oder WTI – der Ölpreis wird in Dollar gehandelt.

Gerade Anleger im Euroraum sollten deshalb bei Engagements in Öl

stets die Entwicklung des Dollarkurses im Auge behalten. Allerdings

ist die Kritik an der Dollar-Währungshegemonie in den vergangenen

Jahren immer lauter geworden. Einem Bericht von The Independent

aus dem Herbst 2010 zufolge planen China, Russland, Brasilien, Japan

sowie einige Golfstaaten, den Ölhandel bis 2018 nicht mehr in Dollar

abzuwicklen. Im Gespräch ist ein Währungskorb aus Yuan, Yen, Rubel,

Euro, Gold und anderen Rohstoffen, der den Dollar ablösen kann. Die

Gerüchte erhalten weitere Nahrung, da sich der weltgrößte Ölprodu-

zent Saudi-Arabien mit Kuwait, Bahrain und Katar auf eine Wäh-

rungsunion geeinigt hat. Auf längere Sicht ist auch eine physische

Währung geplant. Gut möglich also, dass früher oder später der Öl-

preis tatsächlich nicht mehr in Dollar gehandelt wird. Die politische

Brisanz wäre immens.

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Page 24: Crashkurs Rohstoffe

23 / Energierohstoffe Rohöl

Handeln ohne Währungsrisiko

Es gibt allerdings eine Möglichkeit für Anleger, das Währungsrisiko

aus der Kursentwicklung von Rohstoffzertifikaten auszuklammern.

Man spricht hier von sogenannten Quanto-Zertifikaten. Quanto steht

für „Quantity Adjusted Option“. Anleger sollten sich jedoch vor Augen

führen, dass sie damit auch Währungschancen eliminieren. Bei Quan-

to-Zertifikaten wird der in Dollar gehandelte Ölpreis im Prinzip „eins

zu eins“ in Euro umgewandelt, das heißt, die Wertentwicklung des Öl-

preises entspricht auch der Wertentwicklung des Zertifikats. Allerdings

gibt es diesen Schutz nicht umsonst. Da dem Emittenten bei der Absi-

cherung von Währungsrisiken Kosten entstehen, verlangen sie in der

Regel einen Aufschlag für Quanto-Zertifikate. Dabei spielt neben der

Volatilität auch die Zinsdifferenz zwischen beiden Währungen (in der

Regel Dollar und Euro) eine entscheidende Rolle.

Die Bedeutung des OPEC-Kartells wächst

Die wichtigste Organisation, deren Name immer wieder im Zusam-

menhang mit der Erdölförderung fällt, ist zweifelsohne die OPEC. Das

Kartell aus zwölf Mitgliedsländern mit Sitz in Wien förderte zuletzt

Für Anleger stellt sich vor allem eine Frage: Wann lohnen

sich Quanto-Zertifikate? Für die Beantwortung dieser

Frage spielt natürlich die Entwicklung der Währungen

eine entscheidende Rolle. Eine Aufwertung des Euros kann

die Performance bei der Entwicklung von Rohstoffzertifikaten

mitunter zunichte machen. Also sollten Quanto-Zertifikate dann

gewählt werden, wenn der Anleger mit einem stark steigenden

Euro im Vergleich zum Dollar rechnet.

!

Crashkurs Rohstoffe.indb 23 19.07.2011 15:56:42

Page 25: Crashkurs Rohstoffe

Crashkurs Rohstoffe / 24

über 30 Prozent des weltweiten Gesamtvolumens an Öl. Derzeit gehö-

ren der OPEC Algerien, Angola, Ecuador, Iran, Irak, Kuwait, Libyen,

Nigeria, Katar, Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate und

Venezuela an. In den kommenden Jahren könnte jedoch Bewegung in

die Mitgliedstaaten kommen. So rechnet beispielsweise der US-Ölmil-

liardär T. Boone Pickens damit, dass sich Russland schon bald der

OPEC anschließen könnte. Der Einfluss der OPEC dürfte damit weiter

zunehmen.

Bereits in ihrer jetzigen Zusammensetzung verfügt die OPEC über

rund drei Viertel der weltweiten Ölreserven. Der Anteil der OPEC-Staaten

an der Ölproduktion wird in den kommenden Jahren merklich steigen.

Die Internationale Energieagentur (IEA) prognostiziert, dass 80 Prozent

der zusätzlichen Förderung aus OPEC-Staaten stammen wird. Hoch-

rechnungen zufolge dürfte der Anteil des Kartells bis zum Jahr 2030 auf

52 Prozent steigen. Das verwundert nicht, da die meisten Nicht-OPEC-

Mitglieder mittlerweile ihr Fördermaximum überschritten haben.

Derzeit besitzt Saudi-Arabien nach eigenen Angaben die mit Abstand

größten Ölreserven der Erde. Allerdings gibt es unter Experten Zweifel

an den tatsächlichen Reserven und Ressourcen der OPEC-Mitglied-

staaten. So könnte Berichten zufolge Saudi-Arabien seine Ölreserven

um 300 Milliarden Barrel zu hoch ausgewiesen haben. Auch andere

OPEC-Mitgliedstaaten verfahren möglicherweise so. Immerhin haben

die Ölreserven entscheidenden Einfluss auf die durch die OPEC zuge-

teilten Förderquoten. Mit diesen Förderquoten will die OPEC ein Gleich-

gewicht zwischen Angebot und Nachfrage auf dem Weltmarkt schaf-

fen. Allerdings gibt die Förderdisziplin der OPEC-Länder immer wie-

der Anlass zu Spekulationen. Gerade in Zeiten hoher Ölpreise kursier-

ten wiederholt Gerüchte, einzelne Länder könnten weit mehr Öl fördern

als eigentlich vereinbart, um die hohen Notierungen in bares Geld

umzumünzen.

Crashkurs Rohstoffe.indb 24 19.07.2011 15:56:42

Page 26: Crashkurs Rohstoffe

25 / Energierohstoffe Rohöl

Neben Saudi-Arabien verfügen Venezuela, der Iran und der Irak inner-

halb der OPEC über die größten Ölvorkommen, doch alle drei Länder

sind alles andere als stabile politische Größen. Die ehrgeizigen Ziele, die

sich insbesondere der Irak und der Iran bei der Ölproduktion gesetzt

haben, könnten sich außerdem als zu ambitioniert erweisen. So will der

Irak bis zum Jahr 2017 zusätzliche 9,9 Millionen Barrel pro Tag (mb/d)

fördern. Der irakische Ölminister erklärte sogar, sein Land wolle bis

2016 zum führenden Ölproduzenten weltweit werden. Experten sind je-

doch skeptisch. Sie gehen davon aus, dass der Irak bis zum Jahr 2020 ins-

gesamt fünf mb/d fördern kann. Die fehlende Infrastruktur und die ge-

ringe Investitionstätigkeit dürften einer höheren Produktion im Wege

stehen. Ähnlich sieht es im Iran aus. Die Sanktionen gegen das Land wer-

den einen schnelleren Ausbau der wichtigen Infrastruktur verhindern.

Der Zugang zu Kapital und zu Fachkräften wird immer schwieriger.

Brasilien – Immense Vorkommen auf hoher See

Außerhalb der OPEC ruhen die Hoffnungen neben Russland auch auf

Brasilien. Dabei handelt es sich aber zum Großteil um Offshore-Vor-

kommen, also Öl, das unter dem Meeresgrund gefördert werden muss.

Die OPEC dürfte Interesse an einem moderat steigenden

Ölpreis haben. Allerdings hat allen voran Saudi-Arabien

in der Vergangenheit versucht, extreme Kursanstiege

durch eine höhere Förderung auszugleichen. Zu hohe Öl-

preise führen zum einem zu Bemühungen, regenerative Ener-

gien noch schneller und stärker zu fördern. Zum anderen brem-

sen hohe Ölpreise auch die Konjunktur. Beide Faktoren lasten

wiederum mittelfristig auf dem Ölpreis.

!

Crashkurs Rohstoffe.indb 25 19.07.2011 15:56:42

Page 27: Crashkurs Rohstoffe

Crashkurs Rohstoffe / 26

Die Ölfelder liegen in einer Meerestiefe von fünf bis acht Kilometern

und am Meeresgrund selbst muss noch eine etwa drei Meter dicke Salz-

schicht aufgebohrt werden, um an das begehrte Öl zu kommen. Die

technischen Herausforderungen sind immens. Nicht zuletzt das Un-

glück auf der BP-Plattform Deepwater Horizon im Jahr 2010 hat ver-

deutlicht, wie schnell Fehler zu einer Umweltkatastrophe führen kön-

nen. Die Sicherheitsanforderungen werden in den kommenden Jahren

sicherlich nicht zuletzt aufgrund dieses Vorfalls weiter steigen – und

Tiefseebohrungen noch kostspieliger machen. Derzeit liegen die För-

derkosten bei rund 60 Dollar/Barrel. Ungeachtet dessen will der brasi-

lianische Ölmulti Petrobras in den kommenden Jahren rund 200 Mil-

liarden Dollar in die Entwicklung des Ölvorkommens investieren.

Peak Oil: Hirngespinst oder bereits Wirklichkeit?

Sicherlich werden solche Mammutprojekte in den kommenden Jah-

ren und Jahrzehnten vermehrt von den Ölmultis angegangen werden.

Der Grund: Seit Jahren wurde kein sogenanntes Elefantenfeld, also kein

riesiges neues Ölfeld mehr entdeckt. Und damit drängt sich Experten,

aber auch Anlegern eine Frage auf: Ist eventuell Peak Oil bereits erreicht?

Gerade als sich der Ölpreis im Jahr 2008 der Marke von 150 Dollar je

Barrel genähert hat, geisterte der Begriff durch die Medien. Peak Oil

bezeichnet dabei den Zeitpunkt, zu dem das globale Ölfördermaxi-

mum erreicht ist. Bereits 1956 prägte Marion King Hubbert diesen Be-

griff. Damals war Hubbert bei Shell tätig und prognostizierte für die

USA Peak Oil für den Zeitraum zwischen 1965 und 1970. Tatsächlich

bewies er dabei ein gutes Gespür. Die USA erreichten 1971 ihr Förder-

maximum. Mittlerweile haben die meisten Nicht-OPEC-Staaten die-

sen Punkt überschritten, Russland beispielsweise 1987, Mexiko 2004.

Crashkurs Rohstoffe.indb 26 19.07.2011 15:56:42

Page 28: Crashkurs Rohstoffe

27 / Energierohstoffe Rohöl

Neuentdeckungen 2005-2009

Onshore Flachwasser

0-400m 400-1500m >1500m

Tiefwasser Tiefstwasser

0

5

10

15

20

25

in M

illia

rden

Ton

nen

Ölei

nhei

ten

Abb. 2.3

Quelle: Deutsche Rohstoffagentur

Auch in der Nordsee wurde das Fördermaximum im Jahr 2000 er-

reicht. Für die weltweite Rohölproduktion prognostizierte Hubbert

Peak Oil für das Jahr 2010.

Tatsächlich gibt es nicht wenige, die der Ansicht sind, dass Peak Oil

bereits erreicht ist beziehungsweise in naher Zukunft bevorsteht. Die

Internationale Energieagentur und auch das PostFossil Institut gehen

davon aus, dass das Fördermaximum für konventionelles Erdöl bereits

erreicht ist. Die jetzige Produktionsmenge könnte deshalb nur noch

wenige Jahre aufrechterhalten werden, bevor die Förderung unweiger-

lich drastisch sinken wird. Diese Entwicklung würde nur durch die

Entdeckung neuer Felder aufgehalten werden können. Auch die öster-

reichische Erste Bank geht in ihrem „Spezial Report Öl“ aus dem Jahre

2011 davon aus, dass das globale Fördermaximum bei koventionellem

Öl demnächst erreicht sein dürfte.

Ein Indiz dafür, dass Peak Oil bereits erreicht ist oder kurz bevor-

steht, könnte die Fördermenge sein: So befand sich die Ölproduktion

Crashkurs Rohstoffe.indb 27 19.07.2011 15:56:42

Page 29: Crashkurs Rohstoffe

Crashkurs Rohstoffe / 28

2010 in etwa auf dem Niveau von 2005 – und das, obwohl der Preis deut-

lich höher lag. Zudem wurden seit Beginn der industriellen Erdölför-

derung bis Ende 2008 rund 155 Gigatonnen (Gt) Erdöl gewonnen. Da-

mit wurde fast so viel Erdöl gefördert, wie Reserven an konventio-

nellem Erdöl ausgewiesen werden. Rechnet man die Ressourcen noch

hinzu, so kommt man auf knapp 40 Prozent des Gesamtpotenzials an

konventionellem Erdöl, das bereits gefördert ist. Somit dürften diejeni-

gen, die von einem bereits erreichten oder nahenden Fördermaximum

sprechen, gute Argumente auf ihrer Seite haben.

Die Auswirkungen von Peak Oil und eines anschließenden Rückgangs

der Ölproduktion hat das Zentrum für Transformation der Bundes-

wehr in der Studie „Peak Oil: Sicherheitspolitische Implikationen knap-

per Ressourcen“ untersucht. Die Folgerungen sind umstritten und die

Bundesregierung hat bereits erklärt, diese nicht zu teilen. In der Studie

wird vor einem möglichen Bedeutungsverlust westlicher Industrie-

mächte und einer Verschiebung der politischen und wirtschaftlichen

Abb. 2.4: Nachgewiesene Ölreserven in Prozent

8,4 %

6,9 %

5,9 %

65,8 %

9,7 %

3,4 % 65,8 % Naher Osten

9,7 % Nordamerika

8,4 % Europa & Eurasien

6,9 % Lateinamerika

5,9 % Afrika

3,3 % Asien

1989: insgesamt 1.006,4 Milliarden Barrel

Crashkurs Rohstoffe.indb 28 19.07.2011 15:56:42

Page 30: Crashkurs Rohstoffe

29 / Energierohstoffe Rohöl

Machtgleichgewichte gewarnt. Außerdem könne es zu einem Rückfall in

die Planwirtschaft kommen.

Bei der OPEC selbst und insbesondere in Saudi-Arabien ist Peak Oil

hingegen beinahe ein Tabuthema. Dort beruft man sich gerne darauf,

dass in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten die Reserven ständig

9,9 %

9,0 %

7,8 %

63,2 %

6,4 %

3,1 %

63,8 % Naher Osten

9,9 % Europa & Eurasien

9,0 % Lateinamerika

7,8 % Afrika

6,4 % Nordamerika

3,1 % Asien

1999: insgesamt 1.085,6 Milliarden Barrel

10,3 %

14,9 %

9,6 %

56,6 %

5,5 %

3,2 %

56,6 % Naher Osten

14,9 % Lateinamerika

10,3 % Europa & Eurasien

9,6 % Afrika

5,5 % Nordamerika

3,1 % Asien

2009: insgesamt 1.333,1 Milliarden Barrel

Quelle: BP Statistical Review of World Energy June 2010

Crashkurs Rohstoffe.indb 29 19.07.2011 15:56:42

Page 31: Crashkurs Rohstoffe

Crashkurs Rohstoffe / 30

erhöht wurden. Auch der Ölmulti BP verweist in seinem „Statistical Re-

view of World Energy June 2010“ auf die in den vergangenen 20 Jahren

um rund 30 Prozent erhöhten Reserven – und das trotz der hohen För-

derung in den vergangenen beiden Jahrzehnten (Abb. 2.4).

Zudem gibt es nicht wenige Wirtschaftswissenschaftler, die der An-

sicht sind, dass Peak Oil nicht zum Problem werden wird, da unter

anderem der technologische Fortschritt dazu führe, Ölquellen besser

ausbeuten zu können. Dabei sollte man wissen, dass Ölfelder derzeit

nur zu etwa 15 bis 18 Prozent verwertet werden. Neue Technologien wie

Enhanced Oil Recovery (EOR) oder Improved Oil Recovery (IOR) wer-

den beispielsweise in den USA schon vermehrt eingesetzt. Dabei wird

durch Fluten mit Gas oder Wasser weit mehr Öl aus dem Vorkommen

gedrängt, als es durch herkömmliche Förderung möglich wäre.

Exkurs: Ölsand und Ölschiefer Große Hoffnungen richten einige Experten auch in die Gewinnung

von Erdöl aus sogenanntem Ölsand. Dabei handelt es sich um eine Mi-

schung aus Ton, Silikaten, Wasser und Kohlenwasserstoffen. Ölsande

müssen nach ihrem Abbau in mehreren Schritten weiterverarbeitet

Ob Peak Oil tatsächlich unmittelbar bevorsteht oder be-

reits erreicht ist, wird man erst in einigen Jahren rückbli-

ckend sagen können, da dazu sowohl die Fördermengen

als auch die Reservemengen analysiert werden müssen.

Allerdings scheint eines bereits heute klar: Es dürfte kaum noch

große, leicht zu explorierende Ölfelder geben. In Zukunft wird

die Ölförderung vor allem im Offshore-Bereich und in großen

Tiefen stattfinden. Das wird die Produktionskosten nach oben

treiben – und mit ihnen auch den Ölpreis.

!

Crashkurs Rohstoffe.indb 30 19.07.2011 15:56:42

Page 32: Crashkurs Rohstoffe

31 / Energierohstoffe Rohöl

werden, um daraus synthetisches Rohöl zu gewinnen. An dieser Stelle

melden jedoch Umweltschützer nicht ganz zu Unrecht Bedenken an: Bei

der Verarbeitung von Erdsand wird zum einen jede Menge Wasser ver-

braucht, zum anderen sind die Auswirkungen auf das Ökosystem teils

katastrophal. So hat der Abbau von Ölsand beispielsweise im kana-

dischen Bundesstaat Alberta den borealen Wald vollkommen zerstört.

Eine weitere Methode zur Erdölgewinnung besteht in der Verarbei-

tung von Ölschiefer. Dies sind Gesteine, die Bitumen oder schwerflüch-

tige Öle enthalten. Allerdings ist die Gewinnung von Öl aus Ölschiefer

technisch alles andere als einfach. Mittlerweile wird dabei auch die Fra-

cking-Technologie eingesetzt, die im Abschnitt „Erdgas“ beschrieben

wird. Zwar befindet sich diese Technologie auf dem Vormarsch und hat

in den vergangenen Jahren massiv an Bedeutung gewonnen. Doch vor

allem bei Umweltschützern ist das Verfahren höchst umstritten. Die Ge-

winnung aus Ölschiefer ist derzeit wegen der hohen Produktionskos-

ten noch keine Konkurrenz zu konventionell gewonnenem Erdöl.

Fördermenge an Erdöl pro Jahr

1940 1960 1980

historisch Projektion

2000 2020 2040

1

2

3

4

5

6

konv. Erdöl + Flüssiggas+ nicht konv. Erdöl

konv. Erdöl + Flüssiggas

konv. Erdöl (ohne Flüssiggas)

in M

illia

rden

Ton

nen

pro

Jahr

Abb. 2.5

Quelle: Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR)

Crashkurs Rohstoffe.indb 31 19.07.2011 15:56:43

Page 33: Crashkurs Rohstoffe

Crashkurs Rohstoffe / 32

Allerdings werden beide Verfahren bei steigenden Ölpreisen vermehrt

in den Blickpunkt rücken. So rechnet etwa die Energy Information Ad-

ministration des US-Energieministeriums (EIA) in ihrem „Internatio-

nal Energy Outlook 2009“ damit, dass nicht-konventionelles Erdöl bis

zum Jahr 2030 einen Anteil von 5,4 Prozent erreichen könnte. Die IEA

ist noch etwas optimistischer und rechnet mit einem Anteil von 6,7 Pro-

zent. Doch die beiden Zahlen zeigen: Weder Ölsand noch Ölschiefer

werden den Zeitpunkt des Fördermaximums weiter hinauszögern kön-

nen. Einzig der steigende Ölpreis könnte dazu führen, dass Ölfelder er-

schlossen werden, deren Ausbeutung aus heutiger Sicht noch zu teuer ist.

Investieren in Öl

Fast alle Experten sind sich einig: Auf lange Sicht wird der Ölpreis wei-

ter steigen. Weltweit könnte es in den kommenden Jahren tatsächlich zu

einer Verknappung kommen. So prognostizierte die Bundesanstalt für

Geowissenschaften und Rohstoffe bereits 2009, dass Erdöl in abseh-

barer Zeit nicht mehr die zu erwartende Nachfrage decken könne. Für

den Anleger bieten sich einige Möglichkeiten, in Öl zu investieren. Da-

bei sollte er sich jedoch stets vor Augen führen, dass konjunkturelle

Schwankungen auch den Ölpreis binnen kürzester Zeit abstürzen las-

sen können. Mit Ausbruch der weltweiten Finanzkrise 2008 brach der

Ölpreis beispielsweise binnen weniger Wochen von knapp 150 Dollar/

Barrel auf unter 40 Dollar/Barrel ein. Börsianer sollten bei einem En-

gagement daher den Markt stets im Auge behalten.

Im Vergleich zu Edelmetallen gibt es bei Öl und bei allen anderen Ener-

gierohstoffen eine Besonderheit: Dem Privatanleger als auch den insti-

tutionellen Anlegern ist es nicht möglich, die gewünschte Menge einfach

in ein Schließfach zu legen. Aus diesem Grund müssen Anleger, die

nicht in Aktien von Ölunternehmen, sondern direkt in Öl investieren

Crashkurs Rohstoffe.indb 32 19.07.2011 15:56:43

Page 34: Crashkurs Rohstoffe

33 / Energierohstoffe Rohöl

möchten, den Umweg über Zertifikate wählen. Dabei ist Folgendes zu

beachten: Während sich der Kurs der Zertifikate bei Edelmetallen am

Kassamarkt orientiert, beziehen sich die Kontrakte bei Öl in der Regel

auf die an den Terminmärkten festgesetzten Future-Kurse.

Da aber ein Future-Kontrakt eine bestimmte Laufzeit hat, kommt es

am Ende dieser Laufzeit zum Vorgang des sogenannten Rollens. Damit

wird die Anlieferung der Ware zum Fälligkeitszeitpunkt des Kontraktes

umgangen. Der Anleger kann damit weiterhin investiert bleiben, ohne

tatsächlich das Rohöl abnehmen zu müssen.

Contango und Backwardation

Das Problem des Rollens: Jeder Future hat seinen eigenen Preis. Wird

also der alte Future verkauft, kann der Erlös höher oder niedriger sein

als der Betrag, der für den Kauf des neuen Futures aufgewendet werden

muss. Entsprechend kann es zu Rollverlusten oder Rollgewinnen kom-

men. Der Regelfall ist jedoch, dass die weiter in der Zukunft liegenden

Kontrakte teurer sind. Die Gründe dafür sind die Lagergebühren,

Versicherungskosten und auch Zinsen. Mit anderen Worten: Der An-

leger wird beim Rollen in einen neuen Kontrakt in der Regel Verluste

erleiden.

In diesem Fall spricht man auch von einer Contango-Situation. Hier

sind die Kontrakte mit längerer Laufzeit deutlich teurer. Damit haben

wir es meist dann zu tun, wenn der Markt mit steigenden Preisen beim

Öl rechnet. In einer Contango-Situation können Gewinne aus dem aus-

laufenden Future-Kontrakt durch das Rollen in den nächstlängeren

Kontrakt verringert, aufgezehrt oder im Extremfall sogar in einen Ver-

lust verwandelt werden. Der andere Fall wird Backwardation genannt.

Hier rechnet der Markt mit fallenden Rohölpreisen. Da aber dennoch

Lagergebühren, Versicherungskosten und auch Zinsen anfallen, sind

Crashkurs Rohstoffe.indb 33 19.07.2011 15:56:43

Page 35: Crashkurs Rohstoffe

Crashkurs Rohstoffe / 34

die möglichen Rollgewinne, die sich aus einer solchen Situation erge-

ben können, meist geringer Natur.

Emittenten sind in den vergangenen Jahren dazu übergegangen, Zer-

tifikate mit mehr oder minder ausgefeilten Strategien auf den Markt zu

bringen, die Rollverluste minimieren sollen. Meist werden diese Zerti-

fikate als „rolloptimierte Produkte“ bezeichnet. Die meisten davon

funktionieren jedoch nur in einem normalen Marktumfeld. Bei starken

Kursbewegungen beim Rohöl können sich dennoch größere Rollver-

luste ergeben. Zudem lassen sich die Emittenten einen entsprechenden

Schutz meist auch bezahlen.

Schmierstoff für das Depot

Für Anleger, die direkt auf einen steigenden oder auch fallenden Öl-

preis spekulieren wollen, gibt es eine schier unendliche Auswahl an

Hebelprodukten – sowohl auf WTI als auch auf Brent-Öl. Wem jedoch

das Risiko eines Hebelproduktes angesichts des volatilen Ölpreises zu

hoch ist, der kann mit einem sogenannten Tracker direkt am Ölpreis

partizipieren, ohne Gefahr zu laufen, ausgeknockt zu werden. Aller-

dings besteht auch hier die Gefahr von Rollverlusten. Daher gibt es

auch im Bereich der Tracker rolloptimierte Produkte wie beispielswei-

se das Open-End-Zertifikat auf rolloptimiertes WTI-Öl von Goldman

Sachs (WKN GS1 AA1). Goldman Sachs legt dabei frühere, statische

Rolltermine fest. Normalerweise wird der Kontrakt zwischen dem 5.

und 9. Handelstag eines Monats gerollt. Bei diesem Produkt wird je-

doch bereits zwischen dem 1. und 5. Handelstag gerollt. Der Hinter-

grund: Das Rollen in diesem Zeitfenster hat in der Vergangenheit zu-

sätzliche Gewinne erbracht. Zudem wird in einem modifizierten Ver-

fahren dann gerollt, wenn es zu einer Contango-Situation kommt, bei

der der Preisunterschied zum nächstmöglichen Future weniger als 0,5

Crashkurs Rohstoffe.indb 34 19.07.2011 15:56:43

Page 36: Crashkurs Rohstoffe

35 / Energierohstoffe Rohöl

Prozent multipliziert mit dem Roll-Out-Kontraktpreis beträgt. Auf

die se Weise sollen die Rollverluste minimiert werden.

Explorer oder Ölmulti?

Wer in Aktien investieren möchte, kann zwischen kleinen Explorati-

onsunternehmen wählen, deren Kurse im Fall eines erfolgreichen Öl-

fundes häufig durch die Decke gehen, und zwischen Ölmultis, die zu

den größten Konzernen weltweit gehören. Die Liste der an der Börse

gehandelten Ölexplorer ist lang, die Liste derer, die vermutlich nie den

erhofften großen Fund landen, ebenfalls. Diese Kategorie eignet sich

nur für sehr risikobewusste Anleger. Als weitaus konservativer stellen

sich die Aktien der Ölmultis dar. Nimmt man die Liste Fortune Global

500 als Grundlage, befinden sich gemessen am Umsatz gleich fünf Öl-

unternehmen unter den größten börsennotierten Konzernen weltweit.

Aber auch das Investment in einen dieser Top-Player ist nicht ohne

Risiko. Der Unfall auf der Ölplattform Deepwater Horizon von BP im

2007 2008 2009 2010 2011

300

400

500

600

700

BP in Britische Pence

Abb. 2.6

Crashkurs Rohstoffe.indb 35 19.07.2011 15:56:43

Page 37: Crashkurs Rohstoffe

Crashkurs Rohstoffe / 36

Jahr 2010, der zu der Ölpest im Golf von Mexiko führte, hat das ge-

zeigt. Am 20. April 2010 kam es auf der Ölbohrplattform zu einer Ex-

plosion. Bis zum 16. Juli 2010 strömten daraufhin zwischen 500.000

und einer Million Tonnen Öl ins Meer. Der Kurs der BP-Aktie brach

binnen kürzester Zeit um rund 50 Prozent ein und erholte sich in der

Folge nur langsam wieder. Zu groß war die Verunsicherung mit Blick

auf mögliche Schadenersatzforderungen. Doch trotz dieser Verunsi-

cherung lief es bereits kurze Zeit nach der Katastrophe operativ erneut

rund bei den Briten und für die kommenden Quartale dürfte bereits

wieder eine Dividende gezahlt werden.

Wer sich für ein Engagement in Exxon Mobil (WKN 852 549) ent-

scheidet, der kann sich, zumindest historisch betrachtet, rühmen, in die

Fußstapfen von John D. Rockefeller zu treten. Schließlich geht Exxon

Mobil, das aus dem Zusammenschluss aus Exxon und Mobil Oil ent-

standen ist, auf die Standard Oil Company zurück. Dabei handelte es

sich bis zur Zerschlagung um das größte Erdöl-Raffinerie-Unternehmen

der Erde. Der Konzern gilt als Quelle für den legendären Reichtum der

2007 2008 2009 2010 2011

50

60

70

80

90

100

Exxon Mobil in US-Dollar

Abb. 2.7

Crashkurs Rohstoffe.indb 36 19.07.2011 15:56:43

Page 38: Crashkurs Rohstoffe

37 / Energierohstoffe Rohöl

Rockefeller-Dynastie. Auch Exxon Mobil muss sich in Sachen Reich-

tum schon lange nicht mehr hinter den Rockefellers verstecken, im Ge-

genteil: 2007 erwirtschaftete der Konzern einen Umsatz, der der Grö-

ßenordung des Bruttoinlandproduktes von Belgien entsprach. Freilich,

auch dieser Ölkonzern hatte in der Vergangenheit mit Ölkatastrophen

zu kämpfen. Der Öltanker Exxon Valdez, der am 24. März 1989 vor

Südalaska auf ein Riff lief, ist den meisten sicher noch in Erinnerung.

Damals liefen 37.000 Tonnen Rohöl aus und verseuchten ungefähr

2.000 Kilometer Küste. Doch für die Gewinne des Konzerns spielt

dieses Unglück keine Rolle mehr.

Der größte Energiekonzern weltweit heißt aber nach wie vor Royal

Dutch Shell (WKN A0D 94M). Gemessen am Umsatz war der Ölmulti

2009 der größte Konzern weltweit. In den vergangenen Jahrzehnten ist

das Unternehmen ständig gewachsen. Zuletzt förderte Royal Dutch

Shell 3,8 Millionen Barrel Öläquivalent pro Tag. Mittlerweile ist der

Konzern in über 140 Ländern aktiv, ist neben der Exploration von Öl

und Gas auch im Chemiegeschäft tätig und investiert in regenerative

Energien. Das Unternehmen betreibt Windparks in den USA und entwi-

ckelt unter anderem Kraftstoff aus Biomasse.

Bei der Aktie gibt es eine Besonderheit: Da Royal Dutch

Shell eigentlich im Handelsregister in London eingetra-

gen ist, seinen Sitz aber in Den Haag hat, gibt es sowohl

eine niederländische als auch eine britische Aktie. Grund-

sätzlich sind beide Aktien gleich, doch bei der A-Aktie erhalten

die Anleger die Dividende nach britischem Recht, bei der B-Ak-

tie nach niederländischem. Für Anleger haben also die A-Aktien

den Vorteil, dass in Großbritannien derzeit keine ausländische

Quellensteuer erhoben wird.

!

Crashkurs Rohstoffe.indb 37 19.07.2011 15:56:43

Page 39: Crashkurs Rohstoffe

Crashkurs Rohstoffe / 38

Erdgas

Auf dem Weg zum wichtigsten Energieträger Ähnlich wie Erdöl hat auch Erdgas mittlerweile eine breites Spektrum

an Einsatzmöglichkeiten. Bei der Beheizung von Wohnungen ist es auf

dem Vormarsch, bei Gasturbinenkraftwerken wird es zur Stromge-

winnung verwendet und für Autos dient es als Kraftstoff. Das farb-

und geruchlose Gas kommt oft in unterirdischen Lagerstätten gemein-

sam mit Erdöl vor. Dabei sammelt sich das Erdgas über dem Erdöl.

Wird das Reservoir geöffnet, entströmt das Erdgas von selbst. Wurde

es zunächst bei der Erdölgewinnung einfach abgefackelt, dient es

heute als wertvolle Energiequelle. Rund ein Viertel des weltweiten

Ener gieverbrauchs wird mittlerweile durch Erdgas bedient. Die Inter-

nationale Atomenergiebehörde geht sogar davon aus, dass Erdgas bis

zum Jahr 2080 mit einem Anteil von 50 Prozent zum wichtigsten Ener-

gieträger werden könnte. Auch der Ölmulti BP nimmt in seiner Publi-

kation „BP Energy Outlook 2030“ an, dass Erdgas der am schnellsten

wachsende fossile Rohstoff sein wird.

Die Erdgas-Förderung geht relativ einfach vonstatten. Sowohl der hohe

Lagerdruck als auch die Tatsache, dass Erdgas leichter ist als Luft, füh-

ren dazu, dass die Gassäule aus eigener Kraft entweicht. So können bis

zu 80 Prozent einer Lagerstätte gewonnen werden. Allerdings gestaltet

sich der Transport weitaus schwieriger. Zum einen kann Erdgas auch

Anteile von Schwefelwasserstoff enthalten, der durch Entschwefelung

entfernt werden muss. Zum anderen muss das Erdgas, um mit Tank-

schiffen transportiert werden zu können, zunächst verflüssigt werden.

Anschließend wird das flüssige Erdgas wieder in seinen ursprünglichen

Zustand zurückgeführt. Die wichtigsten Förderländer für Erdgas sind

die USA und Russland.

Crashkurs Rohstoffe.indb 38 19.07.2011 15:56:44

Page 40: Crashkurs Rohstoffe

39 / Energierohstoffe Erdgas

31

9

37

9

8

3

kumulierte Förderung Ressourcen

Reservenin Bill. m³ Reserven: 191,9 Bill. m³ (= 247,9 Gt SKE)

Förderung: 3,0 Bill. m³ (= 3,9 Gt SKE)

1615

3

117

64

26

2516

75

7535

6

511

Weltkarte Erdgas

Abb. 2.8

Quelle: Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR)

Zwei Kontrakte – zwei Welten Ähnlich wie bei Erdöl werden auch Erdgas-Kontrakte in Dollar gehan-

delt – und zwar in Dollar pro Millionen British Thermal Units (mm-

Btu). Eine Btu ist definiert als die Menge Gas, die benötigt wird, um

ein britisches Pfund Wasser um ein Grad Fahrenheit zu erwärmen.

Der wichtigste Handelsplatz ist die New York Mercantile Exchange

(NYMEX). Der gehandelte Henry Hub Natural Gas Future bezieht sich

auf Erdgas an dem wichtigsten Pipeline-Knotenpunkt Henry Hub in

Louisiana. Aber auch an der Intercontinental Exchange (ICE) wird ein

Gas-Future gehandelt. Er bezieht sich auf das Erdgas, das ins britische

Gasnetz geliefert wird. Dieser Future wird in britische Pence je 10.000

Btu gehandelt. Anleger sollten beachten, dass sich die in Deutschland

gehandelten Kontrakte zumeist auf den Gas-Future an der NYMEX

beziehen. Dies ist deshalb wichtig, da beide Kontrakte sehr stark auf

den Lokalmarkt ausgerichtet sind. Wetterkapriolen wie Hurrikans

Crashkurs Rohstoffe.indb 39 19.07.2011 15:56:44

Page 41: Crashkurs Rohstoffe

Crashkurs Rohstoffe / 40

im Golf von Mexiko wirken sich stark auf den Henry Hub Future aus,

allerdings kaum auf den europäischen Gasmarkt. Insofern schwanken

die beiden Kontrakte auch unterschiedlich stark.

Ein Relikt aus den 1960ern: Die Ölpreisbindung

Generell unterliegt der Gaspreis einer höheren Volatilität als der Erd-

ölpreis. Der Grund liegt in der weit niedrigeren Lagerhaltung, die auf

die Beschaffenheit von Gas zurückzuführen ist. Entsprechend schlagen

sich Umweltereignisse, die beispielsweise die Produktion für kurze Zeit

lahmlegen, wesentlich schneller im Gaspreis nieder. Zudem hängen

Angebot und Nachfrage häufig sehr eng mit den klimatischen Verhält-

nissen während der Heizsaison zusammen. Aus diesem Grund sind

Future-Kontrakte für den Winter in der Regel teurer als solche im Som-

mer. Allerdings sollten Anleger mit Blick auf den Henry Hub Future

auch stets im Hinterkopf behalten, dass die Region am Golf von Mexiko

2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011

4

2

8

12

16

Erdgas in US-Dollar

Abb. 2.9

Crashkurs Rohstoffe.indb 40 19.07.2011 15:56:44

Page 42: Crashkurs Rohstoffe

41 / Energierohstoffe Erdgas

gerade im Sommer häufiger von Hurrikans heimgesucht wird. So er-

reichte der Gaspreis sein Hoch nach der schweren Hurrikan-Saison

2005, in der auch Katrina den Südosten der USA heimsuchte und New

Orleans verwüstete. Damals kletterte der Kurs auf mehr als 14 Dollar

je mmBtu. Zur Erinnerung: Der Ölpreis erreicht sein bisheriges Hoch

erst im Sommer 2008.

Daraus zu schlussfolgern, dass der Ölpreis keinen Einfluss auf den Gas-

preis hat, wäre jedoch falsch. Im Gegenteil: So ist etwa in Deutschland

der Preis für Erdgas an den Heizölpreis gekoppelt (Ölpreisbindung).

Die se Koppelung geht auf die 1960er-Jahre zurück und diente damals

der Sicherung von Investitionen im Bereich der Förderung und des

Transports von Erdgas. In der Vergangenheit ist die Ölpreisbindung

immer wieder als kartellrechtlich bedenklich kritisiert worden. Bislang

hat der Bundesgerichtshof jedoch in seiner Entscheidung aus dem

März 2010 nur erklärt, dass Gasversorger ihre Preise nicht mehr aus-

schließlich an die Entwicklung des Ölpreises binden dürfen. Von einem

freien Markt ist man damit aber noch weit entfernt.

Schiefergas: Fluch oder Segen?

Die Reserven an konventionellem Erdgas belaufen sich auf 192 Billi-

onen Kubikmeter. Mehr als die Hälfte davon entfallen auf Russland,

Iran und Katar. Die Versorgung mit Erdgas dürfte angesichts der Re-

serven für die kommenden Jahrzehnte gesichert sein. Allerdings müs-

sen Lieferungen aus dem Iran mit einem Fragezeichen versehen werden

und auch Russland hat in der Vergangenheit bereits gedroht, den Gas-

hahn zuzudrehen.

Schiefergas könnte eine Möglichkeit darstellen, sich von Exporten un-

abhängiger zu machen. In den USA hat sich die Technik in den ver-

gangenen Jahren bereits durchgesetzt, in anderen Ländern, insbesondere

Crashkurs Rohstoffe.indb 41 19.07.2011 15:56:45

Page 43: Crashkurs Rohstoffe

Crashkurs Rohstoffe / 42

in Osteuropa, befindet sich Schiefergas ebenfalls auf dem Vormarsch.

Für die Preisentwicklung von Gas, aber auch mit Blick auf eine größere

Unabhängigkeit von einzelnen Gaslieferländern könnte Schiefergas von

entscheidender Bedeutung sein: Schätzungen gehen davon aus, dass

das Potenzial von nicht-konventionellem Erdgas das bekannte Potenzi-

al an konventionellem Erdgas um ein Vielfaches übersteigt. In den USA

stellt Schiefergas bereits jetzt 15 Prozent des US-Gasangebots. Der An-

teil soll in den kommenden Jahren deutlich steigen. Bei der Energy In-

formation Administration geht man davon aus, dass der Anteil von

Schiefergas bis 2035 auf knapp 45 Prozent wachsen wird. Gerade Schie-

fergas hat dazu geführt, dass Gas plötzlich auch für die Stromindustrie

interessant wird. Im Schnitt der vergangenen fünf Jahre wurde Erdgas

mit einem Aufschlag von 3,50 Dollar pro mmBtu zur als Referenzmaß-

stab dienenden NYMEX-Kohle gehandelt. Doch dieses Premium hat

sich mittlerweile in einen Discount von 0,30 Dollar pro mmBtu gewan-

delt. Dies dürfte dazu führen, dass Erdgas auch von Stromproduzenten

vermehrt als Energiequelle genutzt wird.

Schiefergas ist grundsätzlich natürlich vorkommendes Erdgas, das in

Tongestein entsteht und dort gespeichert wird. Bei der Gewinnung von

Schiefergas wird das sogenannte Hydraulic Fracturing oder kurz Fra-

cking verwendet. Dabei wird mit Quarzkügelchen und Chemikalien ver-

setztes Wasser unter hohem Druck in Bohrlöcher gepumpt. Damit wird

das Gestein aufgespalten. Das Problem: Dabei können auch Schwerme-

talle ausgespült werden, die ins Grundwasser gelangen können. Daher

regt sich Widerstand in der Bevölkerung. Allerdings weist die Erste

Group in ihrem „Spezial Report Öl 2011“ darauf hin, dass Schiefergas

meist in einer Tiefe von mehreren Kilometern auftritt, während Grund-

wasser meist nahe der Oberfläche liegt. Damit besteht keine Gefahr für

das Grundwasser, solange das Bohrloch sorgfältig zementiert und aus-

gekleidet ist. Auch der beim Fracking oft kritisierte Wasserverbrauch

Crashkurs Rohstoffe.indb 42 19.07.2011 15:56:45

Page 44: Crashkurs Rohstoffe

43 / Energierohstoffe Erdgas

ist bei Weitem nicht so dramatisch wie häufig dargestellt. Für ein

durchschnittliches Bohrloch werden rund 15 Millionen Liter Wasser

verwendet. Eine ähnliche Menge benötigt ein Golfkurs mit 18 Löchern

in circa zwei bis drei Wochen.

Ungeachtet der Bedenken von Umweltschützern wächst die Bedeu-

tung von Schiefergas. In den vergangenen Monaten ist es zu einer regel-

rechten Fusionswelle in der Branche gekommen. So hat beispielsweise

im Juni 2010 Exxon Mobil die US-Firma XTO Energy für 30 Milliar-

den Dollar gekauft. Auch aus China mehrten sich zuletzt die Stimmen,

man wolle vermehrt in Schiefergas-Technologie investieren und sei auch

bereit, dafür bei ausländischen Konzernen einzusteigen. Kein Wunder,

sitzt China doch auf geschätzten 26 Billionen Kubikmetern Schiefer-

gasressourcen.

Investieren in Gas

Wie auch bei Erdöl ist bei Erdgas ein physischer Handel praktisch nicht

möglich. Derivate beziehen sich daher in aller Regel auf den Future –

und zwar wie bereits erwähnt zumeist auf den Henry Hub Natural Gas

Future. Wer auf einen steigenden Erdgaspreis spekuliert, kann sich bei-

spielsweise das Partizipationszertifikat auf den Henry Hub Natural Fu-

ture der Commerzbank (WKN CZ2 4GQ) ins Depot legen. Das Zerti-

fikat hat keine Laufzeitbegrenzung und bildet den Future 1:1 ab. Aller-

dings sollten sich Anleger darauf einstellen, dass es gerade bei Erdgas-

Kontrakten zu starken Rollverlusten kommen kann. Dies liegt daran,

dass Erdgas im Winter stets teurer ist als im Frühjahr. Bislang hat noch

kein Zertifikate-Emittent dieses Problem zufriedenstellend gelöst.

Ebenso bietet sich ein Engagement in den beiden weltweit größten

Erdgasproduzenten an: Gazprom und Chesapeake Energy. Bei Gaz-

prom sollten Anleger beachten, dass in Deutschland die American

Crashkurs Rohstoffe.indb 43 19.07.2011 15:56:45

Page 45: Crashkurs Rohstoffe

Crashkurs Rohstoffe / 44

Depository Receipts (ADRs) unter der WKN 903 276 gehandelt wer-

den. Der russische Energiekonzern Gazprom wurde bereits 1992 in

eine Aktiengesellschaft umgewandelt, 2005 fusionierte der Konzern mit

dem Ölunternehmen Rosneft. Gazprom verfügt über ein Sechstel aller

wirtschaftlich gewinnbaren konventionellen Gasreserven der Welt. Zu-

dem treibt Gazprom derzeit den Bau der Ostsee-Pipeline Nord Stream

voran. In der Pipeline sollen ab Ende 2011 zunächst rund 27,5 Milliar-

den Kubikmeter Erdgas pro Jahr transportiert werden. Durch einen

zweiten Strang soll die Kapazität im Jahr 2012 verdoppelt werden. Gaz-

prom könnte dann rein rechnerisch 26 Millionen Haushalte mit Gas

versorgen.

Die Nummer 2 auf dem Weltmarkt ist Chesapeake Energy (WKN 885

725). Das in Oklahoma ansässige Unternehmen hat sich auf die Explo-

ration und Produktion von Gasfeldern in den USA spezialisiert. Auch

wenn Chesapeake im Spätwinter 2011 einen Teil seiner Schiefergasvor-

kommen an den Rohstoffgiganten BHP Billiton verkauft hat, setzen die

Amerikaner vermehrt auf die neue Technologie. Das hat bereits eine

2007 2008 2009 2010 2011

100

150

200

250

300

350

400

Gazprom in Russische Rubel

Abb. 2.10

Crashkurs Rohstoffe.indb 44 19.07.2011 15:56:45

Page 46: Crashkurs Rohstoffe

45 / Energierohstoffe Erdgas

2007 2008 2009 2010 2011

20

10

40

60

80

Chesapeake Energy in US-Dollar

Abb. 2.11

ganze Reihe von Investoren angelockt. So will sich die staatliche chine-

sische Öl- und Gasgesellschaft CNOOC mit insgesamt 2,16 Milliarden

Dollar an dem Chesapeake-Projekt Eagle Ford beteiligen. Und auch das

indische Firmenkonglomerat Reliance Industries hatte Interesse an dem

Projekt bekundet. Die Inder hatten sich bereits in den vergangenen bei-

den Jahren an verschiedenen großen Schiefergasprojekten beteiligt. Zu-

dem hat sich Starinvestor Carl Icahn Ende 2010 in den Konzern einge-

kauft. Auch er setzt offensichtlich große Hoffnungen in die Zukunft

von Schiefergas.

Crashkurs Rohstoffe.indb 45 19.07.2011 15:56:45

Page 47: Crashkurs Rohstoffe

Crashkurs Rohstoffe / 46

Kohle Von keinem anderen Energierohstoff gibt es so hohe Reserven und Res-

sourcen wie von Kohle. Die Reserven sind derart hoch, dass sie für den

Kohleabbau der nächsten 120 bis 125 Jahre ausreichen werden. OECD-

Schätzungen gehen sogar noch einen Schritt weiter: Demnach sollen die

Kohlereserven den aktuellen Verbrauch 200 Jahre decken. Dazu sind die

Kohlereserven nahezu quer über den Globus verteilt. Somit kann Kohle

nicht als politisches Druckmittel eingesetzt werden. Lieferengpässe wie

bei anderen Rohstoffen wie Erdöl oder Erdgas sind damit so gut wie aus-

geschlossen. Allerdings hat Kohle als Energieträger auch einen gravie-

renden Nachteil, der immer wieder diskutiert wird: Bei der Verbrennung

wird massiv CO2 freigesetzt. Bei Braunkohle kommt erschwerend hinzu,

dass auch Schwefeldioxid freigesetzt wird. Schwefeldioxid gilt als ein

Auslöser des sogenannten sauren Regens. Kohle entsteht durch Karboni-

sierung von pflanzlichen Substanzen unter Einfluss von Druck und ohne

Luftzugang. Kohle besteht hauptsächlich aus Kohlenstoff, Wasserstoff

und Sauerstoff und erzeugt thermische Energie bei der Verbrennung.

Hartkohle oder Weichbraunkohle?

Es gibt eine ganze Reihe von Kohlearten. Für Börsianer ist es jedoch

meist ausreichend, wenn sie den Unterschied zwischen Hartkohle und

Weichbraunkohle kennen. Hartkohle umfasst dabei Hartbraunkohle,

Steinkohle und Anthrazit, die energiereichste Kohleart. Aufgrund des

hohen Energieinhalts und des einfach Transports werden diese Sorten

nahezu weltweit gehandelt. Im Gegensatz dazu wird Weichbraunkohle

wegen des hohen Wassergehalts meist für die Stromerzeugung nahe

der Lagerstätten eingesetzt. Daher überrascht es nicht, dass Hartkohle zu

mehr als 90 Prozent zur Deckung des Kohleanteils von Primärenergie

Crashkurs Rohstoffe.indb 46 19.07.2011 15:56:45

Page 48: Crashkurs Rohstoffe

47 / Energierohstoffe Kohle

zum Einsatz kommt. Eine veredelte Form von Kohle ist Koks, der wich-

tig für die Stahlerzeugung ist. Der Kohlepreis folgt in gewissem Maße

dem Stahlzyklus. Immerhin sind ungefähr 64 Prozent der weltweiten

Eisen- und Stahlproduktion von Kohle als Energieträger abhängig.

Auch bei der Zementproduktion und bei der Herstellung von Alu-

miniumprodukten wird Kohle verwendet.

Unter den Exportnationen für Hartkohle stechen Australien mit einem

Anteil von 29,7 Prozent und Indonesien mit 25 Prozent ins Auge. Da-

gegen sind bei den Importnationen vor allem Japan, China und Südko-

rea mit zusammen 43,4 Prozent zu nennen.

Unterangebot trotz hoher Reserven?

Mit einem Anteil von rund 29 Prozent am weltweiten Primärener-

gieverbrauch nahm Kohle 2009 nach Erdöl den zweiten Rang ein.

42,6

6651,7

232,4

28,3

9,51,5

kumulierte Förderung

geschätzte kumulierte Förderung seit 1950

Reservenin Gt Reserven: 723,0 Gt (= 611 Gt SKE)

Förderung: 6,0 Gt (= 5,0 Gt SKE)

78,330,3

7,7

2883,9

122,6 23,1

6861,3

309,2 70,71,2

40,0

0,1

25,6

473,5

17,8

Weltkarte Hartkohle

Abb. 2.12

Quelle: Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR)

Crashkurs Rohstoffe.indb 47 19.07.2011 15:56:46

Page 49: Crashkurs Rohstoffe

Crashkurs Rohstoffe / 48

Betrachtet man nur die Stromversorgung, war Kohle mit einem Anteil

von 40 Prozent sogar der wichtigste Energierohstoff. Experten gehen

davon aus, dass Kohle auch in den kommenden Jahren begehrt bleiben

wird. Insbesondere die Diskussion um einen Ausstieg aus der Kern-

energie dürfte zu einer Renaissance der Kohle führen. So schätzt etwa

die Energy Information Administration (EIA), dass der weltweite

Ener gieverbrauch, getrieben durch eine höhere Nachfrage seitens der

Schwellenländer, bis 2030 um 71 Prozent steigen wird. Der Anteil von Öl

am globalen Energiekonsum soll im gleichen Zeitraum auf 33 Prozent

fallen, der Anteil von Kohle auf 28 Prozent zunehmen. Zuletzt lag der

Anteil bei etwa 26 Prozent.

Trotz der hohen Kohle-Reserven könnte es in den kommenden Jahren

zu einem Unterangebot kommen. So schätzt die EIA, dass der globale

Verbrauch an Kohle bis 2030 um mehr als das Doppelte steigen wird.

Allerdings dürfte im gleichen Zeitraum die Produktion nur im gerin-

gen Maße steigen. Auch hier werden die Emerging Markets, allen vo-

ran China und Indien, die Nachfrage treiben. Nach Schätzungen dürf-

ten die Schwellenländer für 70 Prozent der Zuwächse bei der weltwei-

ten Kohlenachfrage bis 2030 verantwortlich sein.

Erschwerend kommt hinzu: Auch große Kohle-Exportnationen wie

Australien können ihre Transport- und Ladekapazitäten nur langsam

ausbauen, was zu einem Engpass führen könnte. Experten rechnen län-

gerfristig mit einem Nachfrageüberhang von 25 bis 35 Millionen Tonnen.

Visionen für Kohle

In Zukunft könnte die Verflüssigung zu Öl eine immer größere Rolle

spielen. Gerade China hat in den vergangenen Jahren begonnen, Ver-

flüssigungsanlagen zu bauen. In der Mongolei errichtet China eine

Anlage, mit der 160.000 Barrel Benzin- und Dieselersatzstoff pro Tag

Crashkurs Rohstoffe.indb 48 19.07.2011 15:56:46

Page 50: Crashkurs Rohstoffe

49 / Energierohstoffe Kohle

produziert werden sollen. Zudem könnte Kohle als Grundlage für die

Wasserstoffwirtschaft dienen. Immerhin gilt Wasserstoff als sauberste

Energiequelle. Fossile Brennstoffe sind eine mögliche Quelle zur Er-

zeugung von Wasserstoff. Nach Ansicht des World Coal Institute ist

Kohle der wahrscheinlichste Kandidat, wenn es um die Herstellung von

größeren Mengen Wasserstoff geht.

Mit Kohle Kohle scheffeln

Wer sich für ein Engagement in Kohle entscheidet, dem stehen unter-

schiedliche Wege offen. Anleger können beispielsweise auf das TR-

Open-End-Index-Zertifikat der RBS (WKN AA0 BWB) auf den Global

Coal TR Index setzen. In dem Index sind 15 große Kohleunternehmen

enthalten. Mit dem Zertifikat der UBS auf den Stowe Global Coal In-

dex (WKN UB1 CAL) setzen Anleger auf 40 Unternehmen, die zum Teil

auch als Zulieferer der Kohleindustrie tätig sind.

Als Einzelinvestment bietet sich der weltgrößte nichtstaatliche Kohle-

produzent Peabody Energy (WKN 675 266) an. Die US-Amerikaner

sind nicht nur auf ihrem Heimatmarkt aktiv, sondern produzieren auch

in Australien Kohle. Von dort aus versorgen sie den asiatischen Raum.

Aus diesem Grund soll das Australien-Geschäft in den kommenden

Jahren weiter ausgebaut werden. Dabei zeigt sich CEO Gregory H. Boyce

optimistisch. „Mit jedem Tag verstärkt sich der Kohle-Superzyklus“, er-

klärt er. Und Peabody profitiert nicht nur von der Produktion der Koh-

le, sondern kümmert sich auch um den Transport und den Handel.

Auf die Aktien von Bumi Resources (WKN 895 404) und Banpu (WKN

882 131) sollten Anleger ebenfalls ein Auge werfen. Zwar handelt es sich

bei Banpu um ein thailändisches Unternehmen, doch das Hauptabbau-

gebiet liegt genauso wie bei Bumi Resources in Indonesien. Die beiden

Konzerne profitieren nicht zuletzt aufgrund der geografischen Nähe zu

Crashkurs Rohstoffe.indb 49 19.07.2011 15:56:46

Page 51: Crashkurs Rohstoffe

Crashkurs Rohstoffe / 50

China und Indien von der steigenden Kohlenachfrage. Banpu betreibt

zudem unter anderem die Gaohe-Mine direkt in China. Die Ziele der

Thailänder sind ehrgeizig: Bis 2015 will Banpu 33,5 Millionen Tonnen

Kohle produzieren.

2007 2008 2009 2010 2011

20

40

60

80

100

Peabody Energy in US-Dollar

Abb. 2.13

Crashkurs Rohstoffe.indb 50 19.07.2011 15:56:46

Page 52: Crashkurs Rohstoffe

51 / Energierohstoffe Uran

Uran Aus wissenschaftlicher Sicht handelt es sich bei Uran um ein che-

misches Element mit dem Symbol U und der Ordnungszahl 92. Uran

wurde bereits 1782 von Martin Heinrich Klaproth aus dem Mineral

Pechblende isoliert. Es dauerte mehr als 100 Jahre, genauer gesagt bis

zum Jahr 1896, bis Henri Becquerel seine Radioaktivität erkannte.

Wirklich bedeutend wurde Uran mit der Entdeckung der Kernspal-

tung im Jahr 1938. Uran ist die einzige bekannte natürlich vorkom-

mende Substanz, die zu einer Kernspaltungs-Kettenreaktion fähig ist.

Aus diesem Grund findet Uran seine Anwendung vor allem in Kern-

kraftwerken als Primärenergieträger.

Fluch und Segen

Wohl kaum eine Energieart wird so kontrovers diskutiert wie die

Atomenergie. Auf der einen Seite könnte der weltweite Hunger nach

Energie durch Kernreaktoren weitestgehend CO2-neutral befriedigt

werden, auf der anderen Seite gibt es nach wie vor erhebliche Beden-

ken mit Blick auf die Sicherheit der Kernenergie. Der Super-GAU im

Atomkraftwerk in Tschernobyl ist allen Menschen noch in Erinne-

rung. Zwar sind die Sicherheitsstandards seitdem erheblich verschärft

worden. Der atomare GAU im Norden Japans im März 2011 hat die

Welt jedoch aufschrecken lassen und den Skeptikern neue Nahrung

geliefert.

Trotz dieser Gefahren setzen einige Länder weiter oder sogar ver-

stärkt auf die Kernenergie – und damit auf Uran als Energieträger.

Während in Deutschland die Laufzeitverlängerung der Atomkraft-

werke im Anschluss an den Tsunami zunächst ausgesetzt wurde, in-

vestieren andere Nationen in den Bau neuer Kernkraftwerke. Allen

Crashkurs Rohstoffe.indb 51 19.07.2011 15:56:46

Page 53: Crashkurs Rohstoffe

Crashkurs Rohstoffe / 52

voran in den Schwellenländern stehen Atomkraftwerke (noch) hoch

im Kurs. Während in China bislang 13 Reaktoren am Netz sind, hat

die Regierung in Peking ehrgeizige Ziele: Bis 2020 soll die Kapazität

von derzeit 10,8 Gigawatt verachtfacht werden. Auch in Indien inves-

tiert die Regierung massiv in den Ausbau der Kernenergie. So soll die

nukleare Energiekapazität auf 40.000 Megawatt in etwa verzehnfacht

werden.

Midas Research geht in einer Studie davon aus, dass sich zu den be-

reits bestehenden 438 Reaktoren, die derzeit am Netz sind, bis zum

Jahr 2030 mindestens 400 neue gesellen werden. Zuletzt mehrten sich

aber die Stimmen, die aufgrund der angespannten Haushaltslage der

meisten westlichen Nationen davon ausgehen, dass es künftig in den

Industrienationen kaum noch Subventionen zum Bau neuer Kern-

kraftwerke geben wird. Deshalb dürfte nur ein Bruchteil der ge-

planten Kraftwerke auch tatsächlich gebaut werden. Zudem dürften

einige ältere Kernkraftwerke in den kommenden Jahren vom Netz

gehen.

Ein Engpass droht – oder etwa doch nicht?

Ob es zu einem Engpass bei Uran kommen wird, auch darüber wird

kontrovers diskutiert. Der kanadische Branchenverband Prospectors &

Developers Association of Canada sieht einen Engpass bei der Uran-

versorgung auf die Industrie zukommen. Die Bergbauexperten raten

dringend dazu, neue Vorkommen zu erschließen, andernfalls könne

der höhere Bedarf, der durch neue Kraftwerke vor allem in China ge-

trieben werde, nicht gedeckt werden.

Anderer Ansicht ist die Bundesanstalt für Geowissenschaften und

Rohstoffe (BGR). In der Studie „Reserven, Ressourcen und Verfüg-

barkeit von Energierohstoffen“ aus dem Jahr 2009 gehen die Experten

Crashkurs Rohstoffe.indb 52 19.07.2011 15:56:46

Page 54: Crashkurs Rohstoffe

53 / Energierohstoffe Uran

davon aus, dass es neben den wachsenden Reserven aus stark zuneh-

mender Explorationstätigkeit auch ausreichend Ressourcen gibt, die

eine Versorgung über Jahrzehnte sichern können.

Zwar besteht nach wie vor eine Lücke zwischen der Förderung von

Uran und dem Bedarf. Allerdings wird diese Lücke über Sekundär-

quellen geschlossen. Hier sind zum einen früher angelegte zivile Lager-

stätten, zum anderen der Abbau von militärischen Beständen zu nen-

nen. Dieser Trend wird auch die kommenden Jahre anhalten.

Für den Uranpreis hat sich das Umfeld seit Anfang 2011 deutlich ver-

schlechtert. Zwar gibt es nur wenige Konzerne, die tatsächlich zuver-

lässig Uran liefern. Im Jahr 2010 waren es zehn Bergbauunternehmen,

die rund 87 Prozent der Weltproduktion erbracht haben. Dies liegt si-

cherlich auch daran, dass in nur wenigen Ländern Uran gefördert wird.

Kanada, Australien, Kasachstan und Russland erbrachten zusammen

68 Prozent der geförderten Uranmenge.

0,4

3,6

0,8

0,7

0,2<0,01

kumulierte Förderung Ressourcen

Reservenin Mt Reserven: 2,5 Mt (= 35 Gt SKE)

Förderung: 0,05 Mt (= 0,7 Gt SKE)

0,9

0,2

0,4

0,40,3

2,31,3

0,2<0,1

0,3

>0,1

0,30,5

<0,01

2,5

Weltkarte Uran

Abb. 2.14

Quelle: Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR)

Crashkurs Rohstoffe.indb 53 19.07.2011 15:56:47

Page 55: Crashkurs Rohstoffe

Crashkurs Rohstoffe / 54

Die Konzentration der Marktmacht auf wenige Konzerne spricht grund-

sätzlich für einen steigenden Uranpreis. Doch die Sicherheitsbedenken

überwiegen derzeit sowohl in der Bevölkerung als auch bei den poli-

tischen Entscheidungsträgern.

Strahlende Investments

Wer trotz der oben beschriebenen Bedenken in Uran-Aktien investie-

ren möchte, kommt an dem Papier von Cameco (WKN 882 017) kaum

vorbei. Der kanadische Konzern mit Sitz in Saskatoon, Saskatchewan,

war im Jahr 2010 der zweitgrößte Uranproduzent weltweit. Der Kon-

zern entstand im Jahr 1988 durch die Fusion von Eldorado Nuclear und

Saskatchewan Mining Development Corporation.

Cameco betreibt zahlreiche Minen in Nordamerika und Kasachstan,

darunter McArthur River, die weltgrößte Mine mit hochgradigem

Uranvorkommen, und Cigar Lake, das weltgrößte unentwickelte hoch-

gradige Uranvorkommen. Allerdings bereitet vor allem das Vorkommen

Der atomare GAU im japanischen Kraftwerk in Fuku-

shima hat die Welt aufgeschreckt und das Umfeld für

Kernenergie deutlich eingetrübt. Vor allem in den west-

lichen Industrienationen hat ein Umdenken eingesetzt.

Erneuerbare Energien, aber auch Erdgas und Kohle stehen als

Energieträger hoch im Kurs. Die Atomkraft gerät dabei mehr

und mehr ins gesellschaftliche, aber auch wirtschaftliche Ab-

seits. Der Uranpreis begab sich im Anschluss auf Talfahrt. Zwar

dürften einige Schwellenländer auch künftig auf Kernenergie

setzen, doch dass es zu einer Renaissance der Atomenergie und

damit von Uran als Rohstoff kommt, darf bezweifelt werden.

!

Crashkurs Rohstoffe.indb 54 19.07.2011 15:56:47

Page 56: Crashkurs Rohstoffe

55 / Energierohstoffe Uran

Cigar Lake dem Konzern einige Schwierigkeiten. Cameco kämpft dort

immer wieder mit Wassereinbrüchen. Der Produktionsstart, eigentlich

schon für 2009 anvisiert, soll sich jetzt auf den Zeitraum 2013 bis 2015

verschieben. Allerdings dürfte es dennoch nicht zu einem Lieferengpass

vonseiten Camecos kommen. Der Grund: Die achtgrößte Uran-Mi-

ne der Welt, Rabbit Lake, soll noch bis 2015 in Betrieb bleiben. Schät-

zungen haben ergeben, dass die Restressourcen des einstmals größ-

ten Projekts von Cameco noch so lange reichen werden. Das Unter-

nehmen will seine Produktion bis zum Jahr 2018 verdoppeln. Das kann

jedoch nur gelingen, wenn Cigar Lake in Produktion gebracht wird.

Konservativer als Cameco ist Europas größter Atomkonzern Areva

(WKN 890 173) mit einem Jahresumsatz von mehr als drei Milliarden

Euro. Das französische Unternehmen ist unter anderem im Zulieferge-

schäft für Kernkraftwerke tätig. Areva baut allerdings auch selbst Uran

in Kanada, Kasachstan, Namibia, Südafrika und im westafrikanischen

Niger ab. Dort hat Areva in mehr als 40 Jahren über 100.000 Tonnen

Uran gefördert. Areva war 2009 der weltweit größte Uranproduzent.

2007 2008 2009 2010 2011

10

20

30

40

50

60

Cameco in Kanadische Dollar

Abb. 2.15

Crashkurs Rohstoffe.indb 55 19.07.2011 15:56:47

Page 57: Crashkurs Rohstoffe

Crashkurs Rohstoffe / 56

Der Bereich Bergbau hat zuletzt zehn Prozent zum Umsatz des Gesamt-

konzerns beigetragen.

Dazu hat sich der Konzern in der jüngsten Vergangenheit auch ein

Standbein in regenerativen Energien geschaffen. Solarthermische Kraft-

werke, Biomasse-Anlagen und Windenergie gehören mittlerweile eben-

falls zum Angebot der Gruppe.

Bei Investments in Uran gibt es eine Besonderheit: die

Aktie des Rohstoffunternehmens Uranium Participation

(WKN A0E QYX). Der kanadische Konzern kauft und

lagert ausschließlich Uran. Der Aktienkurs des Unterneh-

mens ist daher eng an die Preisentwicklung von Uran gekoppelt.

Mit der Aktie selbst oder mit Hebelprodukten auf die Aktie kön-

nen Anleger also indirekt den Uranpreis nachbilden.

!

2007 2008 2009 2010 2011

4

8

12

16

20

Uranium Participation in Kanadische Dollar

Abb. 2.16

Crashkurs Rohstoffe.indb 56 19.07.2011 15:56:47

Page 58: Crashkurs Rohstoffe

57 / Energierohstoffe Lithium

Lithium Streng genommen gehört Lithium nicht zu den Energierohstoffen. Li-

thium ist ein Leichtmetall und besitzt unter Standardbedingungen die

kleinste Dichte aller festen Elemente. Das Element wurde bereits 1817

von dem Schweden Johan August Arfwedson entdeckt. Lange Zeit gab

es allerdings für Lithium praktisch keine Anwendung. Erst als die Ver-

einigten Staaten Tritium für den Bau von Wasserstoffbomben ent-

deckten, änderte sich dies.

Tritium kann aus Lithium gewonnen werden. Die zivile Nutzung von

Lithium begann in den 70er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts.

Der erste kommerziell erhältliche Lithium-Akku wurde von Sony im

Jahr 1991 auf den Markt gebracht. Mittlerweile wird Lithium bei der

Entwicklung von Batterien und Akkumulatoren gebraucht. Aus die-

sem Grund wird Lithium in diesem Buch unter den Energierohstoffen

behandelt.

Preise für Lithiumkarbonat

2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010

0

2.000

1.000

3.000

4.000

5.000

6.000

in U

S-Do

llar j

e To

nne

Abb. 2.17

Quelle: Rock Tech Lithium Inc.

Crashkurs Rohstoffe.indb 57 19.07.2011 15:56:48

Page 59: Crashkurs Rohstoffe

Crashkurs Rohstoffe / 58

Ohne Lithium geht bei modernen Akkus nichts. Von allen am Markt

erhältlichen Akkus liefern Lithium-Akkus derzeit die höchste Energie-

dichte. Kein Wunder, dass bei Akkus für Elektroautos auf Lithium ge-

setzt wird. Aber auch bei Hybridfahrzeugen kommt der Rohstoff zum

Einsatz.

Zudem setzen Firmen im Bereich der regenerativen Energien auf Li-

thium als Rohstoff, schließlich muss die Energie gespeichert werden.

Experten gehen davon aus, dass aufgrund der wachsenden Bedeutung

von Batterien und Akkus die Nachfrage nach Lithium bis 2020 im

Schnitt um sieben bis neun Prozent pro Jahr wachsen wird.

Das Lithium-Dreieck

Nach derzeitigen Erkenntnissen sind rund 70 Prozent der weltweiten

Vorkommen im durch Bolivien, Chile und Argentinien gebildeten so-

genannten Lithium-Dreieck Südamerikas konzentriert. Allein der Sa-

lar de Uyuni enthält 40 Prozent der bekannten Weltreserven. Dort will

Boliviens Regierung 2013 den Abbau starten. Laut U.S. Geological Sur-

vey lagern dort 5,4 Millionen Tonnen des Rohstoffs. Allerdings vertritt

Bolivien bislang den Standpunkt, das weiße Metall nicht exportieren

zu wollen.

Vielmehr möchte man in Bolivien eine eigene Industrie etablieren,

die Lithium beispielsweise zu Batterien verbaut. Aber auch Chile kann

auf hohe Vorkommen verweisen. Drei Millionen Tonnen birgt der chi-

lenische Salzsee Salar de Atacama. Das drittgrößte Reservoir befindet

sich in einem tibetischen Salzsee unweit des Mount Everest, wo der

chinesische Citic-Konzern fördert. Die Gewinnung von Lithium aus

Salzseen ist bedeutend einfacher und vor allem kostengünstiger als die

Gewinnung aus Mineralien. Daher dürfte die letztgenannte Abbaume-

thode erst mit einem steigenden Rohstoffpreis interessant werden.

Crashkurs Rohstoffe.indb 58 19.07.2011 15:56:48

Page 60: Crashkurs Rohstoffe

59 / Energierohstoffe Lithium

Investieren in Lithium

Lithium selbst ist an der Börse nicht handelbar. Anleger, die sich für

ein Engagement interessieren, haben grundsätzlich die Möglichkeit,

über Basket-Zertifikate an der Preisentwicklung des Rohstoffs zu par-

tizipieren. So hat beispielsweise die Société Générale ein Partizipati-

onszertifikat auf den Solactive Global Lithium Index (WKN SG1 3SL)

aufgelegt. Der Index umfasst derzeit 22 Unternehmen, deren Hauptge-

schäftstätigkeit in der Exploration oder dem Abbau von Lithium oder

der Herstellung von Lithium-Batterien liegt.

Anleger können aber auch auf Einzelaktien setzen. Der größte Lithi-

umproduzent ist Sociedad Quimica y Minera de Chile (SQM) (WKN

895 007). Die Chilenen fördern im Salzsee Salar de Atacama. Aller-

dings sollten sich Börsianer vor Augen führen, dass die Lithiumpro-

duktion lediglich rund acht Prozent zum Umsatz des Konzerns bei-

trägt. Das Hauptgeschäftsfeld von SQM ist der Bereich Spezialdünger

und Kali. Kontrolliert wird SQM von der Investmentholding Pampa

2007 2008 2009 2010 2011

10

20

30

40

50

60

Sociedad Quimica y Minera de Chile in US-Dollar

Abb. 2.18

Crashkurs Rohstoffe.indb 59 19.07.2011 15:56:48

Page 61: Crashkurs Rohstoffe

Crashkurs Rohstoffe / 60

Calichero. Auch der weltgrößte Kaliproduzent Potash of Saskatchewan

hält eine 30-prozentige Beteiligung an SQM.

Der zweitgrößte Lithiumproduzent mit einem Weltmarktanteil von

28 Prozent ist Chemetall. Die Firma aus Frankfurt wiederum gehört zu

Rockwood Holdings (WKN A0F 5ML). Anders als SQM verarbeitet

Rockwood einen Großteil des abgebauten Lithiums selbst. So stellt der

Konzern beispielsweise Vorprodukte für pharmazeutische Wirkstoffe

her. Damit ist Rockwood auch weit weniger vom Lithiumpreis abhän-

gig als SQM.

2007 2008 2009 2010 2011

10

20

30

40

50

60

5

Rockwood Holdings in US-Dollar

Abb. 2.19

Crashkurs Rohstoffe.indb 60 19.07.2011 15:56:48

Page 62: Crashkurs Rohstoffe

61 / Energierohstoffe Benzin, Heizöl und Ethanol

Benzin, Heizöl und Ethanol Es gibt noch drei weitere Energierohstoffe: Benzin, Heizöl und Etha-

nol. Alle drei Rohstoffe können an der Börse über Futures gehandelt

werden.

Bei Benzin handelt es sich um das meistverkaufte raffinierte Erdölpro-

dukt. So wird beispielsweise in den USA mehr als die Hälfte jedes Bar-

rels Rohöl zu Benzin verarbeitet. Handelsplatz für die Benzin-Kon-

trakte ist die NYMEX (New York Mercantile Exchange). Der Kontrakt

für bleifreies Benzin notiert in US-Cent je Gallone und umfasst jeweils

42.000 Gallonen. Eine Gallone entspricht 3,785 Liter. Die Kontrakte

beziehen sich auf aufbereitetes Benzin, das zur Zusetzung von zehn

Prozent Ethanol (in den USA gesetzlich vorgeschrieben) geeignet ist und

im New Yorker Hafen angeliefert wird. Damit ist der Future sehr stark

auf den amerikanischen Markt zugeschnitten und reagiert entspre-

chend sensibel auf Daten aus den USA. Da Rohöl der wichtigste Roh-

stoff bei der Herstellung von Benzin ist, entwickelt sich der Benzinpreis

ähnlich wie der Preis für Rohöl. Der wichtigste Einflussfaktor für den

Benzinpreis ist unter anderem die Hurrikan-Saison im Sommer im

Golf von Mexiko. Immerhin wird dort die Hälfte der Raffineriekapazi-

täten der USA abgedeckt. Anleger sollten auch die Lagerkapazitäten

und die freien Kapazitäten der Raffinerien im Auge behalten.

Das zweitwichtigste Produkt, das aus Rohöl gewonnen wird, ist Heiz-

öl. Etwa 25 Prozent eines Barrels wird in Heizöl umgewandelt. Der wich-

tigste Handelsplatz ist die NYMEX in New York. Dort wird „Heating

Oil“ in US-Cent je Gallone gehandelt, wobei sich die Kontrakte wie bei

Benzin auch auf jeweils 42.000 Gallonen beziehen. Gemessen an der

Zahl der Kontrakte ist mittlerweile die Intercontinental Exchange (ICE)

der wichtigste Handelsplatz. Dort werden die Kontrakte in US-Dollar

je Tonne gehandelt. Jeder Kontrakt bezieht sich auf 100 Tonnen. An der

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Page 63: Crashkurs Rohstoffe

Crashkurs Rohstoffe / 62

ICE wird das sogenannte „Gas Oil“ gehandelt, also leichtes Heizöl. Die

meisten in Deutschland gehandelten Wertpapiere beziehen sich aber

nach wie vor auf den US-Kontrakt. Natürlich hängt auch der Preis von

Heizöl am Ölpreis. Anleger sollten das Wetter im Auge behalten. Stren-

ge Winter in Nordamerika können zu einer Verteuerung bei Heizöl

führen.

Ethanol ist in Deutschland vor allem durch die Diskussion um die

Einführung des sogenannten E10-Kraftstoffes in den Mittelpunkt ge-

rückt. Bei Ethanol handelt es sich um einen Alkohol, der vor allem aus

Zuckerrohr und Mais gewonnen wird. Aus diesem Grund spricht man

auch von einem Rohstoff der zweiten Verarbeitungsstufe. Der wich-

tigste Handelsplatz ist das Chicago Board of Trade (CBOT). Der Kon-

trakt wird in US-Dollar je Gallone gehandelt und bezieht sich auf 29.000

Gallonen. Der Grundtrend folgt dem des amerikanischen Benzins. Al-

lerdings gibt es eine Besonderheit: Da Ethanol in den USA vor allem aus

Mais gewonnen wird, hat die Maisernte einen erheblichen Einfluss auf

die Notierung von Ethanol.

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Page 64: Crashkurs Rohstoffe

63 / Edelmetalle

Edelmetalle

Kapitel 3

Crashkurs Rohstoffe.indb 63 19.07.2011 15:56:49

Page 65: Crashkurs Rohstoffe

Crashkurs Rohstoffe / 64

Edelmetalle sind Metalle, die besonders korrosionsbeständig sind.

Auch von Salzsäure werden die Edelmetalle nicht angegriffen. Neben

Gold (Au) und Silber (Ag) zählen zudem die Platingruppenmetalle wie

Platin (Pt), Palladium (Pd), Rhodium (Rh), Ruthenium (Ru), Osmium

(Os) und Iridium (Ir) zu den Edelmetallen. Trotz ihrer Ähnlichkeit wei-

sen sie dennoch einige Differenzen auf:

Die wichtigsten Fachbegriffe zum Einstieg

Anlegern, die bereits eingehende Erfahrungen mit Edelmetallen ge-

sammelt haben, dürften die jeweiligen Fachbegriffe vertraut sein. Insbe-

sondere für Edelmetallneulinge werden die Bezeichnungen Feinunze,

Eigenschaft / Edelmetalle Ru Rh Pd Os Ir Pt Ag Au

Ordnungszahl 44 45 46 76 77 78 47 79

Atomgewicht 101,1 102,9 106,4 190,2 192,2 195,1 107,9 197,0

Dichte g/cm³ bei 25 °C 12,45 12,41 12,02 22,61 22,65 21,45 10,49 19,32

Schmelzpunkt °C 2310 1960 1554 3050 2443 1769 962 1064

Therm. Leitfähigkeit bei 300 °K W/m/K 105 150 76 87 148 73 429 317

Elektr. Wiederstand bei 20 °C mW/cm 6,80 4,33 9,33 8,12 4,71 9,85 1,60 2,20

Härte geglüht HV 220 101 41 >250 220 41 26 20

Zugfestigkeit geglüht N/mm² 378 410 184 – 491 140 160 140

Abb. 3.0: Eigenschaften der Edelmetalle

Quelle: Johnson Matthey

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Page 66: Crashkurs Rohstoffe

65 / Edelmetalle

Reserven und Ressourcen aber noch nicht so geläufig sein, weswegen

sie im Folgenden kurz erklärt werden.

Feinunze

Die Feinunze ist ein Massemaß, das hauptsächlich zur Gewichtsbe-

stimmung bei Edelmetallen verwendet wird. So werden die Preise für

Gold, Silber, Platin und Palladium meist in US-Dollar pro Feinunze

angegeben. Eine Feinunze entspricht nach heutiger Definition 31,1034768

Gramm. Dabei ist es wichtig, die Feinunze von einer normalen Unze

zu unterscheiden. Eine normale Unze hat ein geringeres Gewicht von

nur 28,35 Gramm.

Reserven und Ressourcen

Reserven und Ressourcen sind entscheidende Kennzahlen für jeden

Bergbaubetrieb. Anleger können damit die Chancen und Risiken eines

Investments besser abwägen. Doch was ist eigentlich der Unterschied

zwischen beiden?

Bei den Reserven handelt es sich um Vorkommen, die mit der heute

vorhandenen Technik wirtschaftlich (Ertrag > Aufwand) abgebaut wer-

den können. Der Nachweis erfolgt anhand einer „Feasibility Study“

(Machbarkeitsstudie), die von der jeweiligen Gesellschaft erbracht wird.

Unterschieden werden Reserven in „probable“ (wahrscheinliche) und

„proven“ (erwiesene) Reserven.

Ressourcen hingegen bezeichnen alle Vorkommen, die zwar nach-

weislich vorhanden sind, aber mit der momentanen Technik noch nicht

wirtschaftlich gefördert werden können. Geläufig sind die drei Katego-

rien „inferred“ (vermutete), „indicated“ (angedeutete) und „measured“

(berechnete) Ressourcen. Die Umwandlung einer Ressource in eine

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Page 67: Crashkurs Rohstoffe

Crashkurs Rohstoffe / 66

Reserve ist nur mit angedeuteten und berechneten Ressourcen möglich.

Für Anleger wichtig ist, dass die vom Unternehmen behaupteten Res-

sourcen nach internationalem Bewertungsstandard als nachgewiesen

gelten. Einer der geläufigsten Standards ist der kanadische NI (Natio-

nal Instrument) 43-101. Wenn also ein Gutachten vorliegt, das Vorkom-

men als NI 43-1010-konform ausweist, können Anleger davon ausge-

hen, dass sie auch wirklich existieren.

Crashkurs Rohstoffe.indb 66 19.07.2011 15:56:49

Page 68: Crashkurs Rohstoffe

67 / Edelmetalle Gold

GoldSeinen Ursprung hat das Wort Gold in der indogermanischen Spra-

che. Es bedeutet „gelb glänzend“. Als chemisches Element hat Gold das

Symbol Au, das sich vom lateinischen „aurum“ ableitet.

Lange Geschichte

Gold ist schön, Gold ist selten, Gold ist beständig. Seit Generationen

zieht Gold Menschen aufgrund dieser Eigenschaften in seinen Bann.

Bereits bei den alten Ägyptern hatte das Edelmetall einen enorm hohen

Stellenwert. So schmückten sich die Pharaonen mit Gegenständen aus

Gold. Aber auch später hat Gold Menschen immer wieder verzaubert.

Der wohl bekannteste Goldrausch der Geschichte spielte sich Ende des

19. Jahrhunderts in Alaska ab, als am Klondike und Yukon River Gold

gefunden wurde. Das Goldfieber lockte damals mehr als 40.000 Aben-

teurer in die eisigen Weiten Alaskas.

Internationaler Goldstandard lange vorherrschendEbenfalls zu dieser Zeit wurde der internationale Goldstandard eta-

bliert. Anfang des 19. Jahrhunderts galt England als führende Welt-

handelsnation. Von dort aus begann der historische Goldstandard sei-

nen Siegeszug. Kennzeichen des Goldstandards war die Bindung des

Banknotenumlaufs des Landes an die Goldreserven der jeweiligen Zen-

tralbank. Der jeweils aufgedruckte Wert des Papiergeldes war somit zu

einem vorgeschriebenen Prozentsatz in Gold hinterlegt. Gleichzeitig

bestand die Verpflichtung der Zentralbanken, das Papiergeld zum festen

Kurs in Gold zurückzutauschen. Inflationäres Gelddrucken sollte da-

mit vermieden werden. In den 70er-Jahren des 19. Jahrhunderts führten

schließlich unter anderem auch das Deutsche Reich, die skandinavischen

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Crashkurs Rohstoffe / 68

Staaten und die Niederlande die Goldwährung ein. Später folgten

Russ land, Österreich-Ungarn und weitere Länder. Offiziell führten

die USA 1900 den Goldstandard ein, de facto war er aber schon seit

1879 gängige Praxis.

Durch die Bindung der Währungen an Gold waren die Wechselkurse

der verschiedenen Landeswährungen stabil. Eine Geldeinheit ent-

sprach einer bestimmten Menge Gold. Während des Deutschen Kai-

serreiches (1871-1918) war die Goldmark das gesetzliche Zahlungsmit-

tel. Dabei entsprachen 2.790 Goldmark einem Kilogramm Feingold.

Ein Pfund Sterling wurde in 113 Grän getauscht.

Ein Dollar entsprach 23,22 Grän, eine Unze kostete 20,67 Dollar. Da-

durch ergab sich ein fixer Wechselkurs zwischen Pfund und Dollar von

4,86 Dollar.

Ein Problem dieses Systems sahen allerdings viele darin, dass die Gold-

produktion den limitierenden Faktor hinsichtlich der Entwicklung der

weltweiten Geldmenge darstellte. Als diese Ende des 19. Jahrhunderts

stagnierte, gleichzeitig aber die Nachfrage stieg, kam es weltweit zu de-

flationären Tendenzen.

Um die Wirtschaft mit ausreichend Liquidität zu versorgen, wurde

der Goldstandard in der Folge immer weiter gelockert. Zur Finanzie-

rung des Ersten Weltkriegs wurde der Goldstandard dann fast über-

all aufgelöst. Alle Versuche, nach dem Krieg zum alten System zu-

rückzukehren, wurden in der Weltwirtschaftskrise der 1930er-Jahre

aufgegeben.

Grän Erläuterung

Gewichtseinheit 1 Grän = 0,0648 Gramm; 1 Unze = 480 Grän

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Page 70: Crashkurs Rohstoffe

69 / Edelmetalle Gold

40 Jahre Goldverbot in den USAIm Rahmen der Krise stellte der US-Kongress den „Allgemeinen Not-

stand“ fest. Dies bedeutete, dass der Präsident der Vereinigten Staaten

direkt Verfügungen und Gesetzte erlassen durfte, um der „Bedrohung

für Frieden, Gerechtigkeit und Wohlergehen“ entgegenzuwirken.

Im Zuge dessen verbot der damalige Präsident Franklin D. Roosevelt

durch den berühmten „Gold Confiscation Act“ allen amerikanischen

Staatsbürgern im In- und Ausland den privaten Goldbesitz im Wert von

mehr als 100 US-Dollar. Sämtliche Goldmünzen, Goldbarren und Gold-

zertifikate mussten zu einem gesetzlich festgelegten Preis von 20,67

Dollar je Feinunze an die amerikanische Notenbank Fed verkauft wer-

den. Bei Zuwiderhandlungen konnten Haftstrafen von bis zu zehn Jah-

ren, erhebliche Geldstrafen oder beides verhängt werden.

Im Gegensatz zur freiwilligen Abgabe wurde das Gold, das bei staat-

lich angeordneten Durchsuchungen gefunden wurde, entschädi-

gungslos konfisziert.Schließfächer wurden versiegelt und durften nur

in Anwesenheit eines Vertreters des Finanzamtes geöffnet werden. We-

nig später, als das Gold bereits eingezogen war, wurde der Goldpreis bei

35 US-Dollar je Unze neu festgelegt. Für den nun im Staatsbesitz be-

findlichen Goldschatz bedeutete dies eine deutliche Aufwertung. Das

Goldverbot in den USA wurde fast 40 Jahre lang aufrechterhalten und

erst mit dem Untergang des Bretton-Woods-Systems Anfang der

1970er-Jahre aufgehoben.

Bretton Woods setzt auf feste WechselkurseIm Jahre 1944 wurde eine „Light“-Version des Goldstandards, das

Sys tem von Bretton Woods, eingeführt. Der US-Dollar, der dabei als

Leitwährung fungierte, war mit Gold hinterlegt. Die amerikanische

Zentralbank verpflichtete sich, Dollarreserven eines jeden Mitglieds-

staates des Währungssystems auf Verlangen zu einem Kurs von 35

Crashkurs Rohstoffe.indb 69 19.07.2011 15:56:49

Page 71: Crashkurs Rohstoffe

Crashkurs Rohstoffe / 70

Dollar je Feinunze in Gold zu tauschen. Durch die feste Kopplung an

den Dollar existierten damit unter allen beteiligten Währungen feste

Wechselkurse. Das Problem dieses Systems war allerdings die Leitwäh-

rung selbst, der Dollar. Die Länder benötigten immer mehr davon, ei-

nerseits für Währungsreserven, andererseits um die Rechnungen im

wachsenden internationalen Handel begleichen zu können.

Die USA mussten demnach immer mehr Dollar zur Verfügung stel-

len – allerdings auf Kosten des Goldstandards. Schließlich konnte die

amerikanische Zentralbank Anfang der 1970er-Jahre ihrer Verpflich-

tung nicht mehr nachkommen, die Dollarbestände der Mitglieds-

staaten in Gold zu tauschen. Im Jahre 1973 war das Bretton-Woods-

System endgültig am Ende, nachdem die USA aufgrund des Vietnam-

krieges international zahlungsunfähig wurden. Die Folge: Es kam

weltweit zu erheblichen Geldmengenerhöhungen und zu einem deut-

lichen Anstieg des Goldpreises, der seinen vorläufigen Höhepunkt im

Jahre 1980 bei 850 Dollar je Feinunze erreichte.

Mittlerweile gibt es immer wieder Bestrebungen, das System von

Bretton Woods in abgewandelter Form wieder aufleben zu lassen. So

forderte beispielsweise der Weltbank-Chef Robert Zoellick im Novem-

ber 2010 in der Financial Times einen neuen Goldstandard, um die De-

visenmärkte zu stabilisieren. Gold solle dabei als eine Leitwährung

fungieren.

Gold meldet sich eindrucksvoll zurück

Während Gold in den Jahren von 1980 bis Ende des 20. Jahrhunderts

eher wenig Beachtung bei den Anlegern fand, änderte sich dies mit dem

Jahrtausendwechsel schlagartig. Seit dem Jahr 2001 kennt der Gold-

preis nahezu nur noch eine Richtung: die nach oben. Im Januar 2008

wurde erstmals die alte Rekordmarke von 850 Dollar je Feinunze aus

Crashkurs Rohstoffe.indb 70 19.07.2011 15:56:49

Page 72: Crashkurs Rohstoffe

71 / Edelmetalle Gold

dem Jahre 1980 nach oben durchbrochen. Bereits im März 2008

knackte das Edelmetall die psychologisch wichtige Marke von 1.000

Dollar. Die 1.500-Dollar-Hürde wurde schließlich im April 2011 er-

folgreich genommen. Und Experten sehen noch lange kein Ende des

Goldbooms.

95 96 97 98 99 00 01 02 03 04 05 06 07 08 09 10 11

400

200

800

1.200

1.600

Gold in US-Dollar

Abb. 3.1

Der Gold-Spezialist Ronald Stöferle von der Erste Bank

Group erklärte im Interview mit „DER AKTIONÄR“, dass

sich die jüngsten Kurssteigerungen relativieren, wenn man

den inflationsbereinigten Goldchart betrachtet. Lege man

die offiziellen Daten des Bureau of Labor Statistics (http://data

.bls.gov/cgi-bin/cpicalc.pl) zugrunde, würde das 1980er-Hoch

von Gold bei 2.300 Dollar je Unze liegen.

Zöge man sogar die alte Berechnungsweise von 1980 laut

Shadow Stats (http://www.shadowstats.com) heran, so müsste

Gold auf über 7.000 Dollar steigen, um das Hoch des Jahres

1980 real zu übertreffen.

!

Crashkurs Rohstoffe.indb 71 19.07.2011 15:56:49

Page 73: Crashkurs Rohstoffe

Crashkurs Rohstoffe / 72

Real betrachtet steht der Goldpreis demnach noch gar nicht so

hoch wie von vielen vermutet. Doch was kann den Goldpreis auch

inflationsbereinigt zu neuen Höhen treiben? Welche Faktoren bestim-

men überhaupt den Goldpreis?

Einflussfaktoren für den Goldpreis

Die Nachfrage boomtIn einem freien Markt bilden sich Preise durch das Zusammentreffen

von Angebot und Nachfrage. Bei Gold war in den vergangenen Jahren

ein enormes Wachstum der Nachfrage festzustellen, was einen wesent-

lichen Faktor für den steten Anstieg des Goldpreises seit der Jahrtau-

sendwende darstellte. Im Jahr 2010 erreichte die weltweite Goldnachfra-

ge mit 3.812,2 Tonnen ein neues 10-Jahres-Hoch. Die Käuferseite ist da-

bei breit gefächert.

Abb. 3.2: Goldnachfrage 2011e

56 %

6 %

21 %

5 %

10 %

1 %1 %

56 % Schmuck

21 % Münzen/Barren

10 % Industrie

6 % Notenbanken

5 % ETCs/ETFs

1 % Zahnmedizin

1 % De-Hedging

Quelle: LBBW Commodity Research

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Page 74: Crashkurs Rohstoffe

73 / Edelmetalle Gold

Schmuckindustrie ist die Nummer 1Der größte Nachfragemarkt für Gold ist auch heute noch die

Schmuckindustrie. Die Nachfrage aus diesem Sektor betrug im Jahr

2010 insgesamt 2.059,6 Tonnen – in Dollar ausgedrückt 81 Milliarden

Dollar. Zwar hat sich der Schmuckbedarf aufgrund der weltweiten Fi-

nanzkrise und der Rezession vorübergehend deutlich reduziert, den-

noch zeigt auch hier der Trend wieder nach oben.

Heutzutage ist Indien der weltweit größte Verbraucher von Gold. Die

Inder sind ein Volk, das eine besonders innige Beziehung zu Gold

pflegt. Für sie ist Gold wesentlich mehr als Edelmetall oder Schmuck,

sondern insbesondere ein Symbol für Reichtum und Glück. Gold wird

dort vor allem zu religiösen Festen und in der herbstlichen Heiratssai-

son gekauft. Gemäß dem Hinduglauben soll Gold nicht nur Glück

bringen, sondern auch eine reinigende Wirkung besitzen.

Berechnungen des World Gold Council zufolge entfällt rund ein Vier-

tel des weltweit in der Schmuckindustrie verbrauchten Goldes auf In-

dien. Indischer Goldschmuck weist einen sehr hohen Reinheitsgrad

Goldimporte Indiens

1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008

0

200

400

600

800

1.000

in M

illia

rden

Indi

sche

Rup

ien

Abb. 3.3

Quelle: World Gold Council, GFMS, Bloomberg

Crashkurs Rohstoffe.indb 73 19.07.2011 15:56:50

Page 75: Crashkurs Rohstoffe

Crashkurs Rohstoffe / 74

von 22 bis 24 Karat auf und ist deswegen verhältnismäßig teuer. Aller-

dings kann Indien nur einen Bruchteil seines Goldbedarfs im Land sel-

ber produzieren und ist deswegen auf Importe aus dem Ausland ange-

wiesen.

Investoren zeigen steigendes InteresseDass auch zu Beginn des 21. Jahrhunderts Gold nichts an Faszination

verloren hat, sondern im Gegenteil immer mehr Menschen das Edelme-

tall als Anlageform wiederentdecken, verdeutlicht das enorm gestiegene

Investoreninteresse.

Die Nachfrage nach Goldmünzen, Goldbarren, ETF-Investments und

ähnlichen physisch gedeckten Anlageformen betrug im Jahr 2010 welt-

weit 1.333 Tonnen. Wertmäßig stieg die Investmentnachfrage auf 52

Milliarden Dollar und nimmt damit derzeit Platz 2 unter den wich-

tigsten Nachfragegrößen ein.

Aber auch immer mehr Privatanleger entdecken Gold als Investment

für sich. Bis heute gründet der Mythos des Goldes darauf, dass es als

letzte Sicherheit gilt, wenn alle anderen Sicherheiten wegfallen. So er-

griffen die Anleger infolge der Banken- und Finanzkrise – im Jahre

2008 sorgte die Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers und

Auch immer mehr Hedgefonds-Größen entdecken ihr

Faible für Gold. John Paulson, einer der bedeutendsten

Hedgefondsmanager der Welt, hat sogar Anfang 2010

einen eigenen Goldfonds aufgelegt. Er hält außerdem grö-

ßere Aktienpakete an einer Vielzahl bekannter Goldminenunter-

nehmen. Zudem ist er wie im Übrigen auch die Investment-Le-

gende George Soros einer der größten Anteilseigner des SPDR

Gold Trust, dem derzeit größten Gold-ETF der Welt.

!

Crashkurs Rohstoffe.indb 74 19.07.2011 15:56:50

Page 76: Crashkurs Rohstoffe

75 / Edelmetalle Gold

der folgende Kollaps weiterer Häuser für Schlagzeilen – die Flucht von

riskanten Titeln hin zu der als krisensicher geltenden Währung Gold.

Die Angst vor Staatspleiten, Währungsreformen oder einer neuen

Weltwirtschaftskrise sowie politischen Unruhen wie in Nordafrika

und im Nahen Osten schüren Unsicherheit unter den Anlegern und

sind somit Futter für den Goldpreis.

Insbesondere die Problematik der Staatsverschuldung scheint sich

immer mehr auszubreiten. Auch wenn derzeit Griechenland und die

restlichen PIIGS-Staaten (Portugal, Italien, Irland, Griechenland und

Spanien) im Fokus stehen, so ist die Situation in vielen anderen Län-

dern, insbesondere in den USA, ähnlich prekär. Die Dimensionen sind

dort aber weitaus größer. Nach Regierungsangaben sollen sich die Net-

tozinskosten für den Schuldendienst bis 2015 auf einen Rekordbetrag

von 554 Milliarden Dollar verdreifachen. Im Jahr 2010 waren „ledig-

lich“ 185 Milliarden Dollar erforderlich, um die Staatsschulden zu be-

dienen. Derzeit liegt die Verschuldung des US-Staates mit 14,3 Billi-

onen Dollar bei 96,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP), also

der Summe aller im Inland hergestellten Güter und Dienstleistungen.

Sobald die Schulden und die Zinsleistung schneller steigen als die Ein-

nahmen, beginnt der Teufelskreis der Überschuldung.

Eng verknüpft mit der Staatsverschuldung ist die Inflation. Im An-

schluss an einen deutlichen Anstieg der Verbindlichkeiten der öffent-

lichen Hand findet oft eine Entwertung der Schulden durch Inflation

statt. Immer mehr Anleger haben deswegen Angst vor einer weiter

wachsenden Geldentwertung oder gar einer Hyperinflation. Die Men-

schen suchen Zuflucht in Gold, das als „sicherer Hafen“ gilt. Bereits im

Jahre 1966 schrieb der frühere US-Notenbankchef Alan Greenspan in

seinem Aufsatz „Gold und wirtschaftliche Freiheit“ über die Überlegen-

heit des Goldes gegenüber Papierwährungen. Seiner Meinung nach gebe

es ohne Goldstandard keine Möglichkeit, Ersparnisse vor Entwertung

Crashkurs Rohstoffe.indb 75 19.07.2011 15:56:50

Page 77: Crashkurs Rohstoffe

Crashkurs Rohstoffe / 76

durch Inflation zu schützen: Im Jahr 1999 bekräftigte er seine Position:

„Gold ist weltweit immer noch das letztgültige Zahlungsmittel. Papier-

geld wird im Extremfall von niemandem akzeptiert. Gold wird immer

akzeptiert.“

Sogar die chinesische Regierung empfahl 2009 laut dem sogenannten

„Thunder Road Report“ im zentralen staatlichen Fernsehen den Erwerb

von physischen Edelmetallen zu Investmentzwecken. Die Nachfrage

nimmt dortzulande deutlich zu.

ETFs sehr beliebtFonds mit Börsenzulassung, sogenannte Exchange Traded Funds

(ETFs), stoßen bei Goldanlegern auf immer größeres Interesse. Im Jahr

2004 wurden die ersten ETFs auf Gold initiiert. Der SPDR Gold Trust

ist der weltweit größte ETF dieser Art. Da die Anteilscheine der Gold-

ETFs zu einem hohen, möglichst 100-prozentigen Anteil mit physischem

Gold hinterlegt sind, spielen diese bei der Nachfrage nach Gold eine im-

mer größere Rolle.

Physisch gedeckte Gold-ETFs

April 04 April 05 April 06 April 07 April 08 April 09 April 10

0

10

20

30

40

50

60

70

80

in M

illia

rden

US-

Dolla

r

Abb. 3.4

Quelle: ETF Securities, Bloomberg

Crashkurs Rohstoffe.indb 76 19.07.2011 15:56:50

Page 78: Crashkurs Rohstoffe

77 / Edelmetalle Gold

Produzenten reduzieren Hedge-PositionenZur Absicherung gegen einen fallenden Goldpreis tätigen Goldprodu-

zenten Vorwärtsverkäufe von Gold (Hedging). Damit werden Erträge

künftiger Goldförderungen garantiert. Steht allerdings der Goldpreis

auf einem Niveau wie in den Jahren seit der Jahrtausendwende, können

die Goldförderer nicht von der höheren Notierung profitieren. Die Fol-

ge: Immer mehr Goldproduzenten lösten ihre Vorwärtsverkäufe auf,

betrieben also sogenanntes De-Hedging. Dabei werden Goldverkäufe

auf Termin vorzeitig aufgelöst, indem die Firmen Gold am Markt kau-

fen und somit als großer Nachfrager auftreten. Die Société Générale

erfasst die Daten zum weltweiten Gold-Hedging zusammen mit dem

Marktforscher GFMS. Demnach wurde im Jahr 2000 der höchste Stand

von Gold-Terminverkäufen registriert. Das Global Hedge Book (die Ge-

samtheit aller Hedging-Positionen) belief sich auf 3.064 Tonnen Gold.

Im Jahr 2010 besaßen die Goldproduzenten weltweit lediglich noch

Gold-Hedging-Positionen im Umfang von 158 Tonnen.

Grundsätzlich kann festgehalten werden: Hedging hat tendenziell ei-

nen negativen Einfluss auf den Goldpreis, während es beim De-Hedging

gerade umgekehrt ist.

Zentralbanken im WandelEine entscheidende Rolle bei der Goldnachfrage spielen die Zentral-

banken. In den Jahren seit 1989 traten sie als Nettoverkäufer von Gold

auf, es wurde also insgesamt mehr Gold veräußert als gekauft. In diesen

Jahren sorgten die Zentralbanken sogar für ein zusätzliches Goldange-

bot am Markt. Im Jahr 2009 fand allerdings eine der dramatischsten

Trendwenden der letzten Jahrzehnte statt: Erstmals seit 1988 waren sie

wieder Nettokäufer von Gold. Insgesamt wurden knapp 400 Tonnen

Gold eingesammelt und immer mehr Zentralbanken planen, Gold zu

kaufen, um ihre Reserven zu diversifizieren. So kündigte China an, seine

Crashkurs Rohstoffe.indb 77 19.07.2011 15:56:50

Page 79: Crashkurs Rohstoffe

Crashkurs Rohstoffe / 78

Goldreserven schrittweise ausbauen zu wollen. Offiziellen Angaben

zufolge besitzt China derzeit gut tausend Tonnen Gold. Das entspricht

lediglich einem Anteil von 1,6 Prozent an den gesamten Reserven des

Landes. Auch Russlands Zentralbank will ihre Goldvorräte weiter auf-

stocken. Zwar ist der Goldanteil an den russischen Gold- und Devisen-

reserven mit 7,5 Prozent per Anfang 2011 bereits deutlich höher als in

China, dennoch will die russische Zentralbank eigenen Aussagen zu-

folge jährlich mindestens weitere 100 Tonnen Gold zukaufen. In abso-

luten Zahlen betrugen die russischen Goldvorräte per 1. Dezember 2010

knapp 784 Tonnen.

Industrie im HintergrundDie industrielle Nachfrage spielt bei Gold eine eher untergeordnete

Rolle. Dennoch wird Gold aufgrund seiner chemischen Eigenschaften

bei vielerlei technologischen Anwendungen eingesetzt. Wichtigster Ab-

satzmarkt in diesem Zusammenhang ist der Elektroniksektor, auf den

Zentralbanken und internationale Organisationen

Bestandsveränderung / Goldreserven 1989-2009

89 90 91 92 93 94 95 96 97 98 99 00 01 02 03 04 05 06 07 08 09-800

-400

-600

-200

0

200

400

in T

onne

nAbb. 3.5

Quelle: Erste Bank, Bloomberg

Crashkurs Rohstoffe.indb 78 19.07.2011 15:56:50

Page 80: Crashkurs Rohstoffe

79 / Edelmetalle Gold

etwa 70 Prozent der Industrienachfrage entfallen. Beispielsweise ist Gold

leicht hämmerbar, sodass aus einer Unze Gold eine extrem dünne,

knapp 40 Quadratmeter große Platte hergestellt werden kann.

Begrenztes AngebotDas gesamte weltweite Goldangebot belief sich im Jahre 2010 auf 4.108

Tonnen. Die Spanne zwischen Angebot und Nachfrage hat sich in den

vergangenen Jahren immer mehr verringert. Noch kann derzeit die

Nachfrage durch das Angebot gedeckt werden, ob dies jedoch auch in

Zukunft der Fall sein wird, hängt insbesondere von der Angebotsent-

wicklung ab. Knapp 60 Prozent der Angebotsseite wird von der Mi-

nenproduktion abgedeckt, der Rest im Wesentlichen durch das Recy-

cling von Altgold.

Höhepunkt der Minenproduktion überschritten?Die Experten sind sich einig, dass in den kommenden Jahren mit einem

nachhaltigen Rückgang der Minenproduktion zu rechnen ist. In den

Jahren 2001 und 2010 wurden rund 2.600 Tonnen Gold gefördert. Vieles

spricht dafür, dass damit der Höchststand der jährlichen Goldproduktion

Goldangebot in Tonnen 2009 2010 Veränderung

Gesamte Minenproduktion 2.332 2.543 +9%

Verkäufe offizieller Sektor 30 -88 n/a

Angebot an recyceltem Gold 1.672 1.653 -1%

Gesamtes Angebot 4.034 4.108 +2%

Abb. 3.6: Goldangebot

Quelle: GFMS, LBMA, World Gold Council

Crashkurs Rohstoffe.indb 79 19.07.2011 15:56:50

Page 81: Crashkurs Rohstoffe

Crashkurs Rohstoffe / 80

(Peak Gold) markiert wurde. Insbesondere Südafrika hat schon seit

Längerem mit rückläufigen Produktionsraten zu kämpfen.

Seit 1905 führte das Land ununterbrochen die Liste der weltweit größ-

ten Goldproduzenten an. Im Jahr 2007 löste schließlich China Südafri-

ka an der Spitze ab. Doch Experten glauben, dass China die Poleposi-

tion in Zukunft nur schwer verteidigen können wird. Nach Angaben

der U.S. Geological Survey verfügt China derzeit lediglich über knapp

sechs Prozent der weltweiten Goldvorkommen. Sind diese Schätzungen

korrekt, so wären die derzeit nachgewiesenen Reserven bereits in weni-

ger als einem Jahrzehnt komplett aufgebraucht.

Ein Grund dafür, dass Experten mit einer sinkenden Goldproduktion

rechnen, liegt darin, dass die durchschnittlichen Goldgehalte des Ab-

baumaterials in den Ländern, die bereits seit längerer Zeit Goldabbau

betreiben, immer geringer werden. Im Schnitt lag dieser in den Jahren

1830 bis 1920 bei rund 22 Gramm pro Tonne, heute sind es nicht ein-

mal mehr ein Gramm je Tonne.

Produktion Südafrika 1930-2010

1930 1940 1950 1960 1970 1980 1990 2000

0

200

100

500

400

300

700

600

800

1.000

900

1.300

1.200

1.100

in T

onne

nAbb. 3.7

Quelle: Sharelynx.com

Crashkurs Rohstoffe.indb 80 19.07.2011 15:56:51

Page 82: Crashkurs Rohstoffe

81 / Edelmetalle Gold

Zudem wurde ein Großteil der leicht zugänglichen und goldreichen

Lagerstätten bereits gefunden und abgebaut. Das Auffinden und Er-

schließen neuer Explorationsprojekte dürfte in Zukunft immer schwie-

riger und insbesondere auch kostspieliger werden. Ein hoher Goldpreis

ist unabdingbare Voraussetzung dafür, dass solche Projekte überhaupt

in Betracht gezogen werden. Aber auch dies dürfte nicht ausreichen,

dass die alljährlichen Abbauvolumen durch Neufunde aufrechterhal-

ten werden können.

Altgoldangebot hängt am GoldpreisEin beträchtlicher Anteil des Angebots – rund 40 Prozent – entsteht

aus dem Gold-Recycling. Darunter versteht man die Wiedergewin-

nung beziehungsweise Trennung des bereits verarbeiteten Goldes wie

Schmuck in seinen ursprünglichen Zustand. Je höher der Goldpreis

steigt, desto größer ist auch die Bereitschaft, Gold zu recyceln.

Große Auswahl an Investmentmöglichkeiten

Welche Möglichkeiten haben Anleger, an der Entwicklung des Gold-

preises teilzuhaben? Grundsätzlich gibt es je nach Anlegertyp eine

Vielzahl verschiedener Investmentchancen. Aber auch hier gilt wie

bei den meisten anderen Anlagen, dass Diversifizierung das Zauber-

wort ist.

Gold-Aktien

Extrachance durch HebelwirkungDurch ein Investment in Goldminenunternehmen profitieren Anleger

von der Entwicklung des Goldpreises. Allerdings sind die Schwankungen

Crashkurs Rohstoffe.indb 81 19.07.2011 15:56:51

Page 83: Crashkurs Rohstoffe

Crashkurs Rohstoffe / 82

deutlich größer als beim Edelmetallkurs selbst. Dies liegt an der so-

genannten Hebelwirkung von Gold-Aktien. Der Grund: Mit einem

steigenden Goldpreis steigen auch die Gewinne der Goldunternehmen.

Die Kosten für den Abbau einer Unze Gold bleiben theoretisch be-

trachtet aber weitgehend gleich. Jeder Anstieg des Goldpreises um ei-

nen Dollar führt also automatisch zu einem Anstieg der Gewinne der

Goldminengesellschaften um einen Dollar.

Ein vereinfachtes Beispiel verdeutlicht das Ganze:

Angenommen die Goldminen AG hatte im Jahr

1980 Produktionskosten von 50 Dollar je Unze.

Der Marktpreis von Gold hätte bei 55 Dollar je

Unze gelegen. Dies ergäbe einen Gewinn für die

Goldminen AG von fünf Dollar je Unze.

Szenario: Inflationsbereinigt steigen die Förderkosten bis 1985

auf 53 Dollar. Der Marktpreis hat sich in diesem Zeitraum aber

auf 110 Dollar verdoppelt. Der Gewinn der Goldminen AG würde

dann 57 Dollar je Unze betragen und hätte sich somit mehr als

verzehnfacht.

Gewinnentwicklung Goldminen AG:

1980:

55Dollar(Goldpreis)

– 50Dollar(Förderkosten)

= 5Dollar(Gewinn)

+100 Prozent

Beispiel

Hebelwirkungvon10

1985:

110Dollar(Goldpreis)

– 53Dollar(Förderkosten)

=57Dollar(Gewinn)

+1.040 Prozent

Crashkurs Rohstoffe.indb 82 19.07.2011 15:56:51

Page 84: Crashkurs Rohstoffe

83 / Edelmetalle Gold

Vom Explorer zum Produzenten Grundsätzlich kann man bei Goldminengesellschaften zwischen Pro-

duzenten, Junior-Goldunternehmen und Explorern unterscheiden. Das

Risiko der Investments nimmt in der Reihenfolge der Aufzählung zu.

Goldproduzenten verfügen bereits über Minen mit einem nachhaltigen

Goldausstoß, während Explorern das Aus drohen kann, bevor sie über-

haupt begonnen haben, das erste Gold aus dem Boden zu holen. So wird

auf vielen Gebieten exploriert, nur sehr wenige eignen sich aber letzt-

endlich zur Goldförderung. Zudem verschulden sich viele Unterneh-

men in der Erwartung eines großen Goldfundes während der Explora-

tionsphase tief. Kommen auch noch Ereignisse wie die Finanzkrise im

Jahr 2008 hinzu, werden gerade die Aktien dieser Unternehmen förm-

lich auf den Markt geworfen. Andererseits versprechen sie aber über-

proportional hohe Kursgewinne im Falle eines Erfolgs. Aufgrund des

hohen Risikos eignen sich Explorer-Aktien deswegen nur für extrem ri-

sikobereite Anleger.

Bereits etwas geringer ist das Risiko für Goldanleger bei Junior-Gold-

unternehmen. Diese Gesellschaften haben nicht nur Gold nachweisen

können, sie haben bereits mit dem Ausbau ihrer Goldlagerstätten be-

gonnen. Der Produktionsstart liegt also zeitlich viel näher als bei Ex-

plorern. Somit ist das Risiko eines Totalausfalls deutlich niedriger.

Das geringste Risiko weisen die Aktien der Goldproduzenten auf. Als

Basisinvestments sollten sie deswegen in keinem ausgewogenen Gold-

depot fehlen. Wichtigste Klassifizierungsmöglichkeiten für Gold-Ak-

tien sind die Größe der Goldreserven einer Gesellschaft und die För-

derkosten.

Neben den genannten Arten von Goldunternehmen gibt es auch

Gold-Royalties-Firmen, die sich Lizenzrechte an Goldminen sichern

und dadurch Einnahmen generieren. Das Risiko ist hier relativ über-

schaubar.

Crashkurs Rohstoffe.indb 83 19.07.2011 15:56:51

Page 85: Crashkurs Rohstoffe

Crashkurs Rohstoffe / 84

Barrick Gold (WKN 870 450)

Der weltweit größte Goldproduzent ist mit einem 2010er-Ausstoß von

knapp acht Millionen Unzen Barrick Gold. Die Kanadier haben neben

25 bereits operierenden Minen weitere vielversprechende Projekte in

der Pipeline, die in Zukunft für einen weiteren Anstieg des Goldaus-

stoßes sorgen dürften. Barrick Gold nannte per Ende 2010 nachgewie-

sene und wahrscheinliche Reserven von knapp 140 Millionen Unzen

Gold sein Eigen.

2007 2008 2009 2010 2011

20

30

40

50

60

Barrick Gold in US-Dollar

Abb. 3.8

Trotz der erstklassigen Voraussetzungen hinkte die Ak-

tie von Barrick Gold in den Jahren 2000 bis 2009 der Per-

formance vieler anderer Goldproduzenten hinterher. Dies

hatte einen einfachen Grund: Barrick Gold verfügte über ein

sehr hohes Hedge-Book. Das Unternehmen hat dieses allerdings

im Jahr 2009 vollständig aufgelöst, sodass Barrick Gold seitdem

wieder in vollem Umfang vom steigenden Goldpreis profitieren kann.

!

Crashkurs Rohstoffe.indb 84 19.07.2011 15:56:51

Page 86: Crashkurs Rohstoffe

85 / Edelmetalle Gold

Goldcorp (WKN 890 493)

Ein weiteres hochinteressantes Unternehmen ist die kanadische Gold-

corp. Goldcorp wurde von Rob McEwen gegründet und schaffte es, in-

nerhalb kurzer Zeit in die vorderste Riege der bedeutendsten Goldpro-

duzenten der Welt vorzurücken.

Die Marktkapitalisierung stieg von 1992 bis 2011 von 50 Millionen Dol-

lar auf mehr als 39 Milliarden Dollar.

Goldcorp besticht mit beeindruckenden Goldreserven von knapp 49

Millionen Unzen per Ende 2010, die stetig weiter ausgebaut werden sol-

len. Die Gesellschaft ist unter anderem in der Red-Lake-Mine in Kana-

da, einer der hochgradigsten Goldminen der Welt, tätig. Im Jahr 2010

produzierte Goldcorp insgesamt 2,5 Millionen Unzen Gold. Bis 2015

will das Unternehmen den Ausstoß auf rund vier Millionen Unzen

deutlich erhöhen – ein Wachstum, das bei Gesellschaften dieser Grö-

ße eher selten ist. Zudem glänzt Goldcorp traditionell mit im Branchen-

vergleich extrem niedrigen Förderkosten von weniger als 300 Dollar je

2007 2008 2009 2010 2011

10

20

30

40

50

60

Goldcorp in US-Dollar

Abb. 3.9

Crashkurs Rohstoffe.indb 85 19.07.2011 15:56:51

Page 87: Crashkurs Rohstoffe

Crashkurs Rohstoffe / 86

Unze auf Beiproduktbasis im Jahr 2010, was enorm hohe Gewinn-

margen verspricht.

Fonds und ZertifikateAnlegern, die das Risiko einer Anlage in Einzelaktien scheuen, aber

dennoch die Hebelwirkung von Aktien gegenüber dem Goldpreis spie-

len möchten, bieten ausgewählte Goldfonds eine hervorragende Invest-

mentalternative. Aber auch als Basisinvestment sind solche Fonds für

jedes Depot bestens geeignet. Wer direkt auf die Entwicklung des Gold-

preises setzen möchte, ist neben dem Kauf von physischem Gold am

besten bei Zertifikaten und ETFs/ETCs aufgehoben. Hier gibt es für

jeden Anlegertyp – ob risikobereit oder eher konservativ – die ver-

schiedensten Produkte.

BGF-World Gold Fund (WKN 974 119)Mit einem Volumen von mehr als acht Milliarden Euro ist der BGF-

World Gold Fund der größte der Goldminenfonds. Der Hauptanteil

Hervorragende Margen

2007 2008 2009 2010 Q1/20110

300

600

703 $

868 $

978 $

1.240 $

1.394 $

900

1.200

1.500

in U

S-Do

llar j

e Un

ze

Realisierter Goldpreis

Cashkosten auf BeiproduktbasisMarge

540

163

563

305

683

295

966

274

1.206

188

Abb. 3.10

Quelle: Goldcorp

Crashkurs Rohstoffe.indb 86 19.07.2011 15:56:52

Page 88: Crashkurs Rohstoffe

87 / Edelmetalle Gold

des Fondsvermögens wird in Unternehmen des Goldbergbaus investiert.

Verantwortlich für den Fonds ist Evy Hambro. Ihn und sein Team

zeichnet eine jahrelange Erfahrung im Fondsmanagement aus. Zudem

verfügen sie über geologische Fachkompetenz und hervorragende Kon-

takte in der Minenbranche. Laut Standard & Poor’s gehört die Mann-

schaft zu den stärksten und am besten ausgebildeten Rohstoffteams der

Branche. Der BGF-World Gold hat demnach ausgezeichnete Chancen,

auch in Zukunft zu den besten Goldminenfonds zu zählen.

Zertifikate für alle AnlegertypenBei den Zertifikaten haben Anleger schier unendliche Auswahl-

möglichkeiten: von Laufzeitprodukten über Endlospapiere, Zertifi-

kate mit und ohne Hebel, währungsgesichert oder nicht, Titel direkt

auf den Goldpreis oder auf Aktien. An dieser Stelle soll deswegen nur

auf die einfachste Variante, einen sogenannten Gold-Tracker, einge-

gangen werden.

Physisches GoldEine weitere Möglichkeit, von einem steigenden Goldpreis zu profitie-

ren, ist der Kauf von physischem Gold. Zwar ist dies die teuerste, aber

nach Meinung vieler Experten gleichzeitig die sicherste Methode, sein

Vermögen zu schützen. Es empfiehlt sich deswegen, rund fünf bis 15

Prozent des eigenen Vermögens in physischen Edelmetallen zu halten.

Mit einem Gold-Tracker, beispielsweise von der Commerz-

bank (WKN GS7 2X2), partizipieren Anleger nahezu 1:1

an der Wertentwicklung des Edelmetalls. Zudem ist das

Commerzbank-Zertifikat währungsgesichert. Eine Abschwä-

chung des Dollars beeinträchtigt die Performance dieses Papiers

demnach nicht.

!

Crashkurs Rohstoffe.indb 87 19.07.2011 15:56:52

Page 89: Crashkurs Rohstoffe

Crashkurs Rohstoffe / 88

Grundsätzlich gibt es hier zwei Möglichkeiten der Anlage: Münzen

und Barren. Aufgrund der größeren Fungibilität sollten Anleger zu-

nächst einen gewissen Grundstock an Münzen aufbauen. Bereits seit

Jahrtausenden werden Goldmünzen als Zahlungsmittel verwendet. Es

ist und bleibt also das Wertaufbewahrungsmittel schlechthin, das in

jedem Land der Welt akzeptiert wird. Reicht das Vermögen für größere

Investitionen, kann der Bestand mit Barren angereichert werden. Hier

gestaltet sich die Auswahl recht einfach. Man muss sich lediglich für

eine der vielfältigen Gewichtsklassen wie 100, 500 oder 1.000 Gramm

entscheiden.

Im Gegensatz zu den Barren hat man bei Münzen allerdings die Qual

der Wahl. Die Auswahl ist schier unbegrenzt. Unterschieden wird zwi-

schen Sammler- und Anlagemünzen. Bei Sammlermünzen muss meist

ein hoher Aufschlag auf den Materialwert bezahlt werden, wohingegen

bei Anlagemünzen der Erwerb nahe am eigentlichen Materialwert mög-

lich ist. Münzen werden außerdem in verschiedenen Prägequalitäten an-

geboten. So gibt es die normale Stempelglanz-Ausführung und die teurere

Spiegelglanz-Qualität, deren Herstellung deutlich aufwendiger ist. Gold-

münzen sind von der Mehrwertsteuer befreit. Zudem gilt bei physischen

Edelmetallen in Deutschland noch die alte Spekulationssteuer, sodass

Gewinne bei einer Haltedauer von mehr als einem Jahr steuerfrei verein-

nahmt werden können.

Gebräuchliche FeingehalteDer Feinheitsgrad von Goldlegierungen wird in Karat angegeben. Er

zeigt an, in welchem Verhältnis Gold zu anderen Materialien wie Silber

oder Kupfer im Metall steht. Der höchste Goldgehalt liegt bei 24 Karat.

Dies entspricht der Legierung von 999,9er-Gold. Es gibt eine Reihe von

verschiedenen Feingehalten. Die gebräuchlichsten finden Sie in der

nachstehenden Tabelle.

Crashkurs Rohstoffe.indb 88 19.07.2011 15:56:52

Page 90: Crashkurs Rohstoffe

89 / Edelmetalle Gold

KrügerrandDie wohl bekannteste und zugleich älteste Anlagemünze ist der Krü-

gerrand. Er wurde erstmals im Jahr 1967 von der South African Mint

herausgegeben. Das Motiv bleibt in jedem Jahr beidseitig gleich. Deswe-

gen hat die Münze einen hohen Wiedererkennungswert. Sie ist nach dem

südafrikanischen Politiker Paul Kruger, der auf der Vorderseite der Münze

abgebildet ist, und dem Gebiet „Witwatersrand“, in dem Ende des 19.

Jahrhunderts erstmals Gold gefunden wurde, benannt. Auf der Rücksei-

te ist das Nationaltier Südafrikas, eine Springbock-Antilope, zu sehen.

Der Krügerrand ist in den Stückelungen 1/1, ½, ¼ oder 1/10 Unzen

erhältlich. Er hat eine Feinheit von 22 Karat (916,6/1.000), besteht also

zu 91,66 Prozent aus Gold. Zur Erhöhung der Kratzfestigkeit wird zur

Unze Gold außerdem Kupfer zulegiert – der Grund für den rötlich-

goldenen Farbton der Münze. Durch die Zugabe des Kupfers kommt

die Münze auf ein Gewicht von 33,93 Gramm. Im Vergleich zu Mün-

zen, die aus 999er-Gold bestehen, bedeutet dies eine Zugabe von fast

drei Gramm.

Karat Bezeichnung Verwendung

24 Karat 999,9er-Feingold Maple Leaf, Wiener Philharmoniker, Panda

22 Karat 916er-Münzlegierung Krügerrand

18 Karat 750er-Gold Schmuckindustrie

14 Karat 585er-Gold Schmuckindustrie

9 Karat 375er-Gold Schmuckindustrie

8 Karat 333er-Gold Schmuckindustrie

Abb. 3.11: Gebräuchliche Feingehalte

Crashkurs Rohstoffe.indb 89 19.07.2011 15:56:52

Page 91: Crashkurs Rohstoffe

Crashkurs Rohstoffe / 90

Aufgrund des im Vergleich zu anderen Goldmünzen relativ niedrigen

Aufgelds und seiner starken Verbreitung sowie Bekanntheit ist der Krü-

gerrand eine der interessantesten Anlagemünzen.

Maple LeafEine gute Alternative zum Krügerrand ist der kanadische Maple Leaf.

Die Münze hat einen Goldgehalt von 99,99 Prozent. Erstmals erschien

der Maple Leaf im Jahr 1979. Er ist damit die zweitälteste Anlagemünze

nach dem Krügerrand und gleichzeitig auch eine der am weitesten ver-

breiteten Goldmünzen. Auch beim Maple Leaf bleibt das Erscheinungs-

bild Jahr für Jahr gleich. Die Vorderseite zeigt das Motiv des kana-

dischen Ahornblattes (engl.: maple leaf). Auf der Rückseite ist unter

anderem das Portrait der englischen Königin Elisabeth II. abgebildet.

Der Maple Leaf kann in den folgenden Stückelungen erworben werden:

¹⁄¹-, ½- (seit 1986), ¼- (seit 1982), ¹⁄¹0- (seit 1982) und ¹⁄²0- (seit 1993)

Unzen. Zwischen 1994 und 1996 gab es auch eine 1/15-Unzen-Variante.

Sein hoher Wiedererkennungswert und insbesondere der hohe Fein-

gehalt der Münze machen den Maple Leaf zu einer der interessantesten

Gold-Anlagemünzen überhaupt.

Wiener PhilharmonikerDie österreichische Goldmünze Wiener Philharmoniker ist mittlerwei-

le zur beliebtesten und meistverkauften Goldmünze Europas avanciert.

Ihren Namen hat sie vom weltberühmten Orchester, den Wiener Phil-

harmonikern. Das gleichbleibende Motiv zeigt auf der Vorderseite aus-

gewählte Instrumente des Orchesters sowie die Aufschrift „Wiener

Philharmoniker“. Auf der Rückseite ist die Orgel, die im Goldenen Saal

des Wiener Musikvereins steht und aus dem alljährlichen Neujahrs-

konzert bekannt ist, zu sehen. Ein Pluspunkt der am weitesten verbrei-

teten europäischen Goldmünze ist die hohe Feinheit von 999,9/1.000.

Crashkurs Rohstoffe.indb 90 19.07.2011 15:56:52

Page 92: Crashkurs Rohstoffe

91 / Edelmetalle Gold

Anfangs gab es den Philharmoniker nur in den Stückelungen 1/1 und

¼. Im Jahr 1991 folgte die 1/10-Unze und 1994 das ½-Unzen-Stück. Bei

diesen vier Größen ist es bis heute geblieben. Mit der Euroeinführung

zum 1. Januar 2002 änderte sich der Nennwert von Schilling in Euro.

Zum 15-jährigen Jubiläum der Münze erschien im Herbst 2004 zudem

eine auf 15 Stück limitierte Sondermünze zu 1.000 Unzen und einem

offiziellen Nennwert von 100.000 Euro. Auch zum 20-jährigen Jubilä-

um im Jahr 2009 wurde wiederum eine Sonderprägung herausgege-

ben. Sie hat einen Nennwert von 2.000 Euro und ein Feingewicht von 20

Unzen.

Mit seiner Feinheit folgt die österreichische Goldmünze dem Anlage-

trend zu hoher Reinheit. Sie ist in jedem Fall eine der interessantesten

europäischen Goldmünzen.

China PandaDer Chinesische Panda ist eine sehr bekannte und beliebte Anlage-

münze aus China, dem mittlerweile weltweit größten Goldproduzenten.

Im Gegensatz zu den bislang vorgestellten Münzen wechseln die Pan-

da-Motive jährlich. Auf der Vorderseite ist Jahr für Jahr ein anderes Ex-

emplar des vom Aussterben bedrohten und streng geschützten Panda-

bären zu sehen (Ausnahmen: 2001 und 2002 – hier war es identisch).

Auf der Rückseite ist der Himmelstempel, eine Tempelanlage in Pe-

king, abgebildet. Die ansprechende Gestaltung der Münze in Verbin-

dung mit den vergleichsweise geringen Auflagezahlen, vor allem bei

den älteren Jahrgängen, macht die Münze auch bei Sammlern immer

beliebter. Allerdings wird der Panda deswegen mit einem Sammlerauf-

schlag gehandelt. Die Feinheit liegt bei 999,9/1.000.

Bereits von Anfang an war der Panda in vier verschiedenen Stücke-

lungen erhältlich: ¹⁄¹-, ¼-, ¹⁄¹0- und ¹⁄²0-Unzen. Zwischenzeitlich gab es

die Münze auch in anderen, teils ungewöhnlichen Größen wie etwa die

Crashkurs Rohstoffe.indb 91 19.07.2011 15:56:52

Page 93: Crashkurs Rohstoffe

Crashkurs Rohstoffe / 92

1-Gramm-Variante. Heutzutage ist der Panda auch in der ½-Unzen-

Variante zu kaufen.

Der Panda ist auf der Schwelle zwischen Anlage- und Sammlermünze

angesiedelt. Als Depotbeimischung ist er aufgrund seiner Reinheit und

des Herkunftslandes aber in jedem Fall eine interessante Option.

Hier können Anleger zugreifenAnleger beziehen physisches Gold, egal ob Münzen oder Barren, am

einfachsten über ihre Bank. Als gute Alternative zu dieser traditionellen

Methode bietet sich der Erwerb über Goldhändler an, die oftmals güns-

tigere Preise aufrufen. Allerdings sollte man hierbei unbedingt auf die

Seriosität der Geschäftspartner achten, da sich immer mehr schwarze

Schafe auf dem Markt tummeln.

Auf den Edelmetallhandel spezialisiert hat sich unter anderem die

Firma Pro Aurum in München, die im Jahr 2004 als erster reiner Edel-

metallhändler am Markt auftrat.

Crashkurs Rohstoffe.indb 92 19.07.2011 15:56:52

Page 94: Crashkurs Rohstoffe

93 / Edelmetalle Silber

SilberDas chemische Symbol für Silber ist „Ag“. Es leitet sich vom latei-

nischen Wort Argentum ab, das übersetzt Silber bedeutet.

Silber als Zahlungsmittel

Das „Gold des kleinen Mannes“ wird Silber oft genannt, da es deutlich

günstiger ist als Gold. Eine Unze Gold kostete Anfang Mai 2011 das

41-Fache einer Silberunze. Dies war aber nicht immer so. Lange Zeit war

Silber sogar wertvoller als Gold. Silber ist enorm beliebt. Bereits seit vie-

len Jahrtausenden wird Silber von Menschen verarbeitet. Sowohl die

Griechen als auch die Römer und Germanen verwendeten das Metall.

Die ersten Funde stammen aus der Zeit der Ägypter etwa 4.000 v. Chr.

Besonders hoch im Kurs stand Silber circa 600 v. Chr., als die Griechen

die ersten Münzen aus Silber prägten. Auch in Deutschland war der

Silbertaler lange Zeit das vorherrschende Zahlungsmittel. Im Laufe der

Jahre verlor Silber allerdings enorm an Bedeutung. Nach dem Jahr 1870,

also zu Zeiten des Goldstandards, wurde nur noch Gold als Währungs-

metall genutzt. Während kurz zuvor in Zeiten des Bürgerkriegs in den

USA der Silberpreis noch bei 3,62 Dollar lag, fiel die Notierung in den

Jahrzehnten nach dem Wegfall des Bimetallstandards (das Papiergeld

war durch Gold und Silber gedeckt) auf zeitweise weniger als 0,50 Dollar.

In China gab es hingegen nie einen Goldstandard, sodass dort in erster

Linie Silber Zahlungsmittel war. Bis in die 1930er-Jahre wurde Silber als

Währung verwendet.

Die Silberspekulation der Gebrüder HuntDen stärksten Aufschwung erfuhr der Silberpreis in der Vergangenheit

in den 1970er-Jahren – zu Zeiten der Gebrüder Hunt, die als die größten

Crashkurs Rohstoffe.indb 93 19.07.2011 15:56:52

Page 95: Crashkurs Rohstoffe

Crashkurs Rohstoffe / 94

Silberspekulanten aller Zeiten in die Geschichte eingingen. Die Familie

Hunt hatte in den 1930er-Jahren mehrere Millionen Dollar im Ölge-

schäft gemacht, als Nelson Bunker Hunt und sein jüngerer Bruder Her-

bert William Hunt auf die Idee kamen, nun in Silber zu investieren.

Zunächst ging es den Brüdern nur um den Vermögensschutz. Die In-

flation stieg infolge der durch den Vietnamkrieg ausgelösten wirtschaft-

lichen Überhitzung dramatisch an. Da Gold bis Ende 1974 für Privat-

leute noch tabu war, war Silber für sie das Mittel der Wahl.

Bereits zu Beginn der 1970er-Jahre hatten die Hunts begonnen, Sil-

bervorräte aufzubauen. Innerhalb von nur drei Jahren hatte sich der

Silberpreis auf drei Dollar verdoppelt. Damals nannten sie 200.000

Unzen ihr Eigen. Ganz groß stiegen die Brüder dann im Jahre 1974 ins

Silbergeschäft ein, als sie insgesamt 55 Millionen Unzen Silber ein-

sammelten. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich der Silberpreis erneut ver-

doppelt, auf jetzt sechs Dollar. Bis Ende des Jahres 1979 stieg der Preis

für Silber auf über 34 Dollar an. Die Hunts hatten bis dahin ihr Silber-

portfolio auch durch den Einsatz von Krediten auf rund 100 Millionen

Unzen gesteigert. Zu Beginn des Jahres 1980 schoss der Silberpreis auf

50 Dollar. Zum Höhepunkt des Kaufrausches besaßen die Brüder und

ihre Partner etwa 150 Millionen Unzen physisches Silber sowie rund

200 Millionen Unzen Silber an der New Yorker Warenterminbörse New

York Commodities Exchange (Comex). Dies entsprach zwei Dritteln

der US-Vorräte und 15 Prozent der weltweiten Silbervorräte.

Die Spekulation schien also aufzugehen, doch insbesondere die im-

mens hohen Warentermingeschäfte, also Silberkäufe mit Fremdkapital,

sollten den Hunts letztendlich zum Verhängnis werden. Als die Regeln

an der Comex Mitte Januar 1980 geändert wurden, brachte das Herbert

und Nelson Hunt zu Fall. Die Comex suspendierte den Silberhandel

und ließ nur noch Verkäufe zu. Silber verlor drastisch an Wert. Kurze

Zeit später verfügten die Hunts nicht mehr über genügend Liquidität,

Crashkurs Rohstoffe.indb 94 19.07.2011 15:56:52

Page 96: Crashkurs Rohstoffe

95 / Edelmetalle Silber

um ihre Nachschusspflichten zu erfüllen, und das ganze Spekulations-

gebäude brach zusammen. Am Ende hatten die Hunts Schulden in

Höhe von 1,5 Milliarden Dollar. Am 27. März 1980, der als „Silver

Thursday“ in die Geschichtsbücher einging, schloss der Silberpreis bei

nur noch 10,80 Dollar. Auch in den kommenden Jahren sollte sich der

Silberpreis von diesem Einschnitt nicht nachhaltig erholen.

Silber wieder auf dem Vormarsch

In den letzten Jahren spielte Silber im Vergleich zu früher im öffent-

lichen Bewusstsein kaum noch eine Rolle. Doch derzeit scheint ein Um-

denken stattzufinden. Silber findet immer mehr Zuspruch. Alle Geld-

funktionen erfüllt es ohnehin: Silber kann als Zahlungsmittel fungie-

ren, es kann zur Wertaufbewahrung dienen und es kann zur Wertmes-

sung beziehungsweise als Recheneinheit benutzt werden. Und es kann

zudem seine Doppelrolle als Edel-, aber auch Industriemetall immer

mehr ausspielen.

Silber in US-Dollar

1970 1980 1990 2000 2010

20

10

5

2

1

40

60

Abb. 3.12

Crashkurs Rohstoffe.indb 95 19.07.2011 15:56:52

Page 97: Crashkurs Rohstoffe

Crashkurs Rohstoffe / 96

Beim Silberpreis spiegelt sich das gestiegene Interesse klar wider. Seit

2003, als eine Unze Silber noch weniger als fünf Dollar kostete, hat sich

die Notierung bis heute mehr als versiebenfacht und damit den großen

Bruder Gold klar outperformt. Silber hat durchaus gute Chancen, sich

auch in den kommenden Jahren besser zu entwickeln als der Goldpreis.

Unterstützt wird diese Annahme durch die Entwicklung des Gold-Sil-

ber-Preisverhältnisses, auch Gold-Silber-Ratio genannt. Dieses wird be-

rechnet, indem man den derzeitigen Goldpreis durch den aktuellen Sil-

berpreis teil.

Ein Blick in die Vergangenheit zeigt, dass Gold seit Beginn des 20.

Jahrhunderts deutlich teurer ist als in den drei Jahrhunderten davor.

Der langfristige Mittelwert des Ratios lag bei etwa 16, was sich auch

nahezu mit dem Verhältnis der physischen Bestände decken würde.

Silber soll rund 17 mal häufiger vorkommen als Gold. Im Mai 2011 lag

das Gold-Silber-Ratio jedoch bei 41, sodass unter langfristigen Ge-

sichtspunkten Silber im Vergleich zu Gold noch immer stark unterbe-

wertet ist.

Gold-Silber-Ratio

10

20

50

100

200

1720 1740 1760 1780 1800 1820 1840 1860 1880 1900 1920 1940 1960 1980 2000

Abb. 3.13

Crashkurs Rohstoffe.indb 96 19.07.2011 15:56:53

Page 98: Crashkurs Rohstoffe

97 / Edelmetalle Silber

Einflussfaktoren beim Silberpreis

Vielschichtige NachfrageSilber ist vielfältig einsetzbar. Dementsprechend breit gefächert sind

die Anwendungsgebiete und damit auch die Nachfrager von Silber. Al-

lerdings ist derzeit eine Verschiebung der Nachfragesektoren zu beo-

bachten. So war die Fotografie Anfang dieses Jahrtausends noch der

stärkste Sektor. Mittlerweile ist die Nachfrage von dieser Seite enorm

zurückgegangen, sodass die Fotografie durch die Industrie an der Spit-

ze abgelöst wurde. Zukunftstechnologien im Bereich der alternativen

Energien, in der Telekommunikationsindustrie und bei Batterien

könnten schon bald eine immer größere Rolle spielen, genauso wie die

Investorenseite, die mehr und mehr Silber nachfragt.

In nahezu allen Bereichen hat China ein stetig steigendes Interesse an

Silber. Die chinesische Regierung ruft die Bürger bereits zum Kauf von

Silber auf. So sind die chinesischen Silberimporte im Jahr 2010 um 15

Abb. 3.14: Silbernachfrage 2010

23 %

23 %

8 %

46 %

46 % Industrie

23 % Anleger

23 % Schmuck / Tafelsilber

8 % Fotografie

Quelle: Silver Institute, GFMS

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Crashkurs Rohstoffe / 98

Prozent auf 5.159 Tonnen gestiegen, während die Exporte um 58 Pro-

zent auf 1.575 Tonnen gesunken sind. Insgesamt benötigte China dem-

nach 2.850 Tonnen mehr Silber als noch im Vorjahr, was immerhin rund

15 Prozent der gesamten Silberförderung entspricht.

Neue Anwendungen beflügeln IndustrienachfrageMit einem Anteil von 46 Prozent war die Industrie nach Angaben des

Silver Institute der mit Abstand größte Silbernachfrager im Jahr 2010.

In jedem Auto stecken durchschnittlich zwei Unzen Silber, in jedem

Handy etwa 250 Milligramm. Da pro Jahr mehr als eine Milliarde Mo-

biltelefone verkauft werden, werden jährlich bereits mehr als 300 Ton-

nen Silber nur in dieser Sparte verbraucht. Insbesondere China gilt ein-

mal mehr als großer Nachfrageakteur. Es gibt Berichte, dass die Indus-

trienachfrage des Landes nach Silber bereits ein Fünftel der Weltnach-

frage ausmachen soll.

Dass Silber so beliebt ist, liegt an seinen außergewöhnlichen Eigen-

schaften. Aufgrund seiner unübertroffenen Leitfähigkeit für elektrischen

Strom ist es der wichtigste Rohstoff für elektronische Geräte aller Art,

für Zukunftstechnologien im Bereich der alternativen Energien und für

die Batterieindustrie. Außer bei Autos, Flugzeugen, Handys, Compu-

tertastaturen und Lichtschaltern wird Silber auch immer häufiger beim

Löten von Werkstoffen verwendet. Der Grund: Das traditionelle Löt-

mittel, eine Zinn-Blei-Legierung, wurde durch die Europäische Kom-

mission aufgrund von Gesundheitsgefahren verboten. Die derzeit beste

Alternative ist eine Dreistofflegierung aus Zinn, Silber und Kupfer.

Gemäß einer Studie zu den Auswirkungen von Zukunftstechnologien

auf die Rohstoffnachfrage, die im Mai 2009 vom Fraunhofer-Institut

sowie vom Institut für Zukunftsstudien und Technologiebewertung im

Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums verfasst wurde, dürfte der

Silberbedarf für Weichlote von 5.100 Tonnen im Jahr 2006 auf 9.300

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Tonnen im Jahr 2030 steigen. Dann würde beinahe die Hälfte der glo-

balen Silberproduktion des Jahres 2006 für Weichlote benötigt werden.

Als Silber-Hartlötmittel ist Silber unter anderem bei Klimaanlagen, in

der Luftfahrt und bei der Stromverteilung enorm gefragt.

Auch in den immer beliebteren RFID-Chips kommt Silber zum

Einsatz. Sie gelten als die Zukunft des Einkaufens. RFID steht für

„Radio Frequency Identification“ und bedeutet „Funkerkennung“.

Jede Ware, die mit einem solchen Chip versehen ist, kann per Funk

ausgelesen werden und muss nicht mehr wie bisher einzeln aufwen-

dig gescannt werden. RFID-Chips verdrängen deswegen zunehmend

den Strichcode, auch Barcode genannt, und werden zudem in Kauf-

häusern als Diebstahlschutz eingesetzt. Auf dem neuen elektro-

nischen Personalausweis wird ebenfalls ein RFID-Chip verwendet.

Auch wenn der Silberanteil eines jeden Chips nur bei rund 0,01

Gramm liegt, erwarten Experten in den kommenden Jahren einen

gewaltigen Silbernachfrageschub von dieser Seite. Gemäß dem oben

erwähnten Gutachten der Bundesregierung dürfte der Silberver-

brauch von gerade einmal einer Tonne im Jahr 2006 auf 5.670 Tonnen

im Jahr 2030 rasant steigen.

Da Silber außerdem die höchste thermische Leitfähigkeit aller Metal-

le aufweist, ist das Metall ein wichtiges Element bei Solarpaneelen. Bei

Fotovoltaikanlagen wird das Sonnenlicht durch silberbeschichtete Spiegel

reflektiert. Dadurch kann die Einstrahlung enorm intensiviert werden.

Dank seiner toxischen Eigenschaften, Keime und Bakterien abtöten

zu können, ist Silber außerdem unverzichtbar für die Medizin und die

Medizintechnik. So wird zum Beispiel Operationsbesteck mit Silber

beschichtet. Eingesetzt wird es auch als Wundauflage mit antibakteri-

eller Wirkung. Ein neuer Trend ist die Verwendung von Silber bei der

Wasseraufbereitung. Aufgrund seiner antibakteriellen Eigenschaften

kann dadurch auf den Einsatz chemischer Keimtöter wie Chlor oder

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Crashkurs Rohstoffe / 100

Brom mit ihren teilweise gesundheitsschädlichen Nebenwirkungen ver-

zichtet werden. In Wasserleitungen eingesetzt können sogar Legionel-

len abgetötet werden. Auch in der Textilindustrie wird Silber immer

beliebter. Da durch den Einsatz von Silber das Wachstum von Bakte-

rien auf der Haut gehemmt wird und damit die Entstehung unange-

nehmer Gerüche verhindert werden kann, wird Silber immer häufiger

bei der Herstellung von Sportbekleidung verwendet.

Während Silber bei den genannten Anwendungen immer wichtiger

wird, nimmt die Bedeutung in der Fotoindustrie ab. Noch zur Jahrtau-

sendwende summierte sich der Silberbedarf der Fotobranche auf mehr

als 7.000 Tonnen beziehungsweise 25 Prozent der gesamten Nachfrage.

Die Herstellung von Farbfilmen herkömmlicher Fotokameras basiert auf

Silberkristallen. Mit dem Siegeszug der Digitalkameras ist die Nachfrage

seitens des Fotografiesektors schon seit Jahren rückläufig. Mittlerweile

dürfte dieser Bereich weniger als zehn Prozent der Gesamtnachfrage

ausmachen.

Investmentnachfrage wächst rasantEine immer größere Bedeutung auf der Nachfrageseite nimmt die In-

vestmentnachfrage ein. Von allen Nachfragesektoren wächst sie derzeit

am stärksten. Zusammen mit Münzen und Barren machte sie im Jahr

2010 bereits fast ein Viertel des gesamten Bedarfs aus.

Im Jahr 2010 stiegen die Silberbestände der Silber-ETFs um 23 Pro-

zent auf 495 Millionen Unzen. Allein 2010 wurden fünf neue physische,

in Silber investierende ETFs aufgelegt. Die Bestände des im April 2006

lancierten mittlerweile weltweit größten Silber-ETFs, des iShares Silver

Trust von Black Rock, erreichten 2010 ein Volumen von 350 Millionen

Unzen Silber.

Aber auch als physisches Investment steht Silber bei den Anlegern im-

mer höher im Kurs. Im Jahr 2010 erhöhten die Münzprägeanstalten

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101 / Edelmetalle Silber

deswegen ihre Nachfrage um 23 Prozent und erzielten einen neuen Re-

kord. Im Januar 2011 hat die US Mint 6,4 Millionen Unzen verkauft –

bereits knapp ein Drittel des gesamten Jahresverkaufs 2007 an Silver Ea-

gles. Aufs Jahr hochgerechnet ergäbe dies 76 Millionen Unzen Silber

und damit fast zehn Prozent der gesamten weltweiten Silberförderung.

Andere Länder wie China, Indien oder Deutschland sind hierbei noch

gar nicht berücksichtigt. Das begehrte Edelmetall könnte demnach

schon bald knapp werden. Die US Mint hat zuletzt bereits mit ersten

Nachschubproblemen bei Silber zu kämpfen.

Ursachen für die immens zunehmende Investmentnachfrage gibt es

viele. Die Angst vor steigender Inflation, die Abwertung von Papiergeld-

währungen und das niedrige Zinsniveau sind nur einige Beweggründe,

die immer mehr Anleger in Silber investieren lassen.

Schmuck- und Tafelsilber gefragtDie Schmucknachfrage bei Silber macht zusammen mit dem Interes-

se an Tafelsilber immerhin rund 23 Prozent des Gesamtbedarfs an Silber

Entwicklung der Silber-ETFs

Apr. 2006 2007 2008 2009 2010 2011

0

100

200

300

400

600

500

ETF-

Einl

agen

in M

illio

nen

Unze

n Si

lber

Abb. 3.15

Quelle: silberinfo.com

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Crashkurs Rohstoffe / 102

aus. Hier wird reines Feinsilber oft mit kleinen Mengen Kupfer legiert,

um es haltbarer zu machen. Weit verbreitet als Material für die Schmuck-

herstellung sowie für Silbergeschirr und Silberbestecke ist deswegen

Sterlingsilber, auch 925er Silber genannt. Es enthält 92,5 Prozentan-

teile Silber und 7,5 Prozent Kupfer.

Deutliche Angebotsverknappung erwartetSilber gilt unter Berücksichtigung der weltweiten Reserven als das

Metall, das von allen Edelmetall- und Industriemetallen als Erstes

zur Neige gehen dürfte. Einer Studie des Rheinisch-Westfälischen In-

stituts für Wirtschaftsforschung, des Fraunhofer-Instituts sowie der

Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe zufolge beträgt

die Reichweite der Silberressourcen noch 27 Jahre. Experten rechnen

deswegen in den kommenden Jahrzehnten mit einer deutlichen Ver-

knappung, was sich wiederum in einem Anstieg des Silberpreises

Quelle: Commerzbank, CM – Equity Markets & Commodities

Abb. 3.16: Weltminenproduktion 2009

14,8 %

12,6 %

6,0 %

5,9 %

5,9 %

5,5 %

17,5 %18,8 %

5,6 %

7,4 %

17,5 % Peru

14,8 % Mexico

12,6 % China

7,4 % Australien

6,0 % Bolivien

5,9 % Russland

5,9 % Chile

5,6 % USA

5,5 % Polen

18,8 % Sonstige

Crashkurs Rohstoffe.indb 102 19.07.2011 15:56:53

Page 104: Crashkurs Rohstoffe

103 / Edelmetalle Silber

niederschlagen dürfte. Derzeit ist noch ein Angebotsüberschuss vor-

handen. Experten gehen jedoch von einer drastischen Abnahme in

den kommenden Jahren aus. Schon bald könnte nicht mehr genü-

gend Silber vorhanden sein.

Die bedeutendsten Silberförderländer sind in Mittel- und Südameri-

ka zu finden. Der weltweit größte Silberproduzent ist derzeit Peru, ge-

folgt von Mexiko. China liegt knapp dahinter auf Platz 3. Allerdings

stammt nur rund ein Viertel des gesamten Silberausstoßes aus der Pri-

märproduktion.

Das meiste Silber wird als Nebenprodukt beim Abbau von Gold, Kup-

fer und Zink gewonnen und chemisch gelöst. Die Silberproduktion

hängt somit zu einem großen Teil von der Produktion der Hauptme-

talle ab. Einen bedeutenden Anteil am Silberangebot macht das Recy-

cling aus, außerdem treten auch Zentralbanken als Anbieter auf dem

Silbermarkt auf.

Minen mit höherem OutputDie weltweite Neuproduktion von Silber ist gemäß den Angaben des

Silver Institute von 2000 bis 2009 von 591 auf 710 Millionen Unzen und

damit jährlich im Schnitt um rund zwei Prozent gewachsen. Im Jahr

2010 dürfte die Minenproduktion sogar um etwa vier Prozent auf 742

Millionen Unzen gestiegen sein, 2011 wird sie wahrscheinlich um acht

Prozent auf 800 Millionen Unzen zulegen. Doch trotz dieses Wachs-

tums ist die Nachfrage damit in keiner Weise gedeckt. Bereits 2009

wurden weltweit etwa 889 Millionen Unzen Silber nachgefragt, Ten-

denz rasch steigend. Da der Großteil des Silbers als Nebenprodukt ge-

fördert wird, reagiert das Angebot unelastisch auf die neue Nachfrage.

Das bedeutet, dass auch bei einem Silberpreisanstieg aufgrund der För-

derung als Beiprodukt nicht mit einer Ausweitung des Angebots rea-

giert wird.

Crashkurs Rohstoffe.indb 103 19.07.2011 15:56:53

Page 105: Crashkurs Rohstoffe

Crashkurs Rohstoffe / 104

Nur ein Teil des Altsilbers wird recyceltAuch wenn im Gegensatz zu Gold das Recycling von Silber deutlich

schwieriger ist, ist es für das Gesamtangebot eine enorm wichtige Kom-

ponente. Rund ein Fünftel des Silberangebots stammte in der Vergan-

genheit aus Altsilber. Von großer Bedeutung ist Silberrecycling, da die

Minenproduktion die Nachfrage nicht in vollem Umfang befriedigen

kann. Experten rechnen im Jahr 2011 mit einer Lücke von rund 170

Millionen Unzen. Inwieweit allerdings Recycling diese Lücke schließen

kann, bleibt abzuwarten, denn Silber wird als Industriemetall in so ge-

ringen Mengen in verschiedenen elektronischen Geräten verwendet,

dass sich Recycling nicht einfach gestaltet und zudem als teuer gilt.

Bereits in der Vergangenheit ging deswegen viel Silber unwiederbring-

lich verloren. Gemäß den Angaben des Analystenhauses CPM wurden

bis Ende 2009 weltweit insgesamt knapp 45 Milliarden Unzen Silber

produziert. Gut 22 Milliarden wurden industriell verbraucht oder gin-

gen anderweitig verloren. Nur etwa die Hälfte gilt als noch vorrätig in

Form von Schmuck, Münzen und Ähnlichem.

Zentralbanken haben nur wenig im AngebotDas Angebot seitens der Zentralbanken macht schon heute einen sehr

geringen Anteil am Gesamtangebot aus. Experten rechnen damit, dass

sich dieser in den kommenden Jahren noch weiter verringern wird.

Insbesondere China hat sich vom Exporteur zum Nettoimporteur ge-

wandelt. Das Land dürfte auch in Zukunft wenig Interesse daran zei-

gen, die eigenen Bestände des strategisch wichtigen Industriemetalls

weiter abzubauen.

Ohnehin gelten die Silberlager der Regierungen mittlerweile als na-

hezu leergefegt. Experten schätzen, dass von den Silberbeständen nach

Ende des Zweiten Weltkriegs von rund zehn Milliarden Unzen mittler-

weile nicht einmal mehr zehn Prozent vorhanden sind. Die Deckung

Crashkurs Rohstoffe.indb 104 19.07.2011 15:56:53

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105 / Edelmetalle Silber

von Angebotslücken durch Verkäufe der Zentralbank zum Zwecke der

Silberpreisstabilisierung dürfte also nicht mehr lange möglich sein.

Vielfältige Investmentchancen

Silber weist im Vergleich zu Gold eine deutlich höhere Volatilität auf.

Dies sollten sich Anleger bewusst machen, bevor sie sich für eine der vielen

Investmentmöglichkeiten in Silber entscheiden. Diese reichen von Sil-

ber-Aktien über Zertifikate und Fonds bis hin zu physischem Silber.

Silber-Aktien

Höhere Gewinnchance durch HebelwirkungWie bereits im Abschnitt „Gold“ beschrieben, verfügen auch die Ak-

tien von Silberunternehmen über einen Hebel auf den Silberpreis. Steigt

oder fällt der Silberpreis also beispielsweise um zehn Prozent, ist der

Ausschlag bei den Silber-Aktien im Schnitt deutlich höher – je nach

Hebelausprägung des jeweiligen Unternehmens.

Silbergesellschaft ist nicht gleich SilbergesellschaftZu den Silber-Aktien zählen die Aktien von Silberproduzenten, Sil-

ber-Explorationsunternehmen und Silber-Royalties-Firmen. Je nach

Produktionsvolumen können die Produzenten außerdem nach „Ma-

jors“ oder „Juniors“ unterschieden werden.

Bei Silber-Aktien gibt es außerdem im Vergleich zu Gold ein weiteres

Unterscheidungsmerkmal: Es gibt primäre und sekundäre Produzenten.

Als primäre Silberproduzenten werden die Bergbaugesellschaften be-

zeichnet, bei denen mehr als 50 Prozent auf den Silberabbau entfallen.

Sekundäre Silberproduzenten fördern Silber nur als Nebenprodukt, so

beispielsweise der Branchenprimus BHP Billiton.

Crashkurs Rohstoffe.indb 105 19.07.2011 15:56:53

Page 107: Crashkurs Rohstoffe

Crashkurs Rohstoffe / 106

Fresnillo (WKN A0M VZE)

Als größter primärer Silberproduzent der Welt gilt die in Mexiko

schürfende Fresnillo. Das Unternehmen hat bereits mehrere Projekte

in der Produktion, eine Vielzahl befindet sich zudem noch in der Ent-

wicklung. Fresnillo hat im Jahr 2010 mit 42,1 Millionen Unzen so viel

Silber gefördert wie noch nie zuvor. 2011 soll dieser Rekordwert erneut

übertroffen werden. Gelingt Fresnillo dies, könnte Mexiko Peru schon

bald als größten Silberproduzenten der Welt ablösen. Auch Fresnillo

will zur Nummer 1 werden. Bislang ist die oben erwähnte BHP Billiton

der weltweit größte Silberförderer. Bei der Produktion anderer Metalle

fördert der australische Rohstoffkonzern mehr Silber als Beiprodukt

als Fresnillo in der primären Produktion. Doch Experten erwarten bald

eine Wachablösung. Bis 2018 will Fresnillos Unternehmensführung ei-

nen Silberausstoß von 65 Millionen Unzen erreichen. Dabei kann die

Gesellschaft auf eine hervorragende Reserven- und Ressourcenbasis

bauen. Erst vor Kurzem gelang Fresnillo eine massive Ausweitung der

2008 2009 2010 2011

500

200

100

1.000

1.500

2.000

Fresnillo in Britische Pence

Abb. 3.17

Crashkurs Rohstoffe.indb 106 19.07.2011 15:56:53

Page 108: Crashkurs Rohstoffe

107 / Edelmetalle Silber

Bodenschätze. Die Aktie von Fresnillo ist ein absolutes Basisinvestment

im Silbersektor.

Silver Wheaton (WKN A0D PA9)In keinem Silberdepot darf die Aktie von Silver Wheaton fehlen. Die

kanadische Gesellschaft betreibt zwar selbst keine Minen, sie sichert sich

jedoch gegen eine Einmalzahlung an Minenbetreiber das von diesen

geförderte Silber zu einem vorher fest vereinbarten Preis. Ein großer

Vorteil im Vergleich zu normalen Silberproduzenten: Silver Wheaton

hat keinerlei laufende Minenkosten. So ist Silver Wheaton unter ande-

rem auch an der weltgrößten Silberlagerstätte, Goldcorps Penasquito-

Mine, beteiligt. Allein im Jahr 2010 gelang es Silver Wheaton, seine

anrechenbaren Reserven um mehr als neun Prozent auf 954 Millionen

Unzen Silberäquivalent zu steigern. Damit konnte die Gesellschaft das

sechste Jahr in Folge ihre Reserven erhöhen.

Deutlich ausgeweitet, genauer gesagt mehr als verdoppelt hat Silver

Wheaton im Jahr 2010 ebenfalls seinen Gewinn. Dieser stieg um 117,9

2007 2008 2009 2010 2011

10

20

30

40

50

5

2

Silver Wheaton in Kanadische Dollar

Abb. 3.18

Crashkurs Rohstoffe.indb 107 19.07.2011 15:56:54

Page 109: Crashkurs Rohstoffe

Crashkurs Rohstoffe / 108

Millionen Dollar auf über 290 Millionen Dollar. Die Produktion klet-

terte auf rund 23 Millionen Unzen Silberäquivalent. Und das Wachs-

tum dürfte sich fortsetzen. So erwartet die Gesellschaft für 2011 einen

Silber äquivalentausstoß von 27 bis 28 Millionen Unzen. 2015 sollen

bereits 43 Millionen Unzen gefördert werden. Für Silver Wheaton und

die Aktie des Unternehmens dürften demzufolge goldene Zeiten be-

vorstehen.

Fonds und ZertifikateNeben Einzelaktien haben Anleger auch die Möglichkeit, mit Fonds

von einem steigenden Silberpreis zu profitieren. Dabei müssen sich die

Investoren nicht selbst um die Auswahl der Einzeltitel kümmern, son-

dern überlassen dies den Fondsmanagern. Zudem kommen sie in den

Genuss der Risikostreuung, die insbesondere bei kleineren Anlage-

summen mit Einzelaktien oft schwer zu erreichen ist.

Direkt auf den Silberpreis setzen können Anleger hingegen mit Zerti-

fikaten und physisch besicherten ETFs/ETCs wie dem ETFS Silver von

ETF Securities (WKN A0N 62F). Je nach individueller Risikoneigung

gibt es hier eine schier unbegrenzte Auswahl.

Stabilitas Silber+Weissmetalle (WKN A0K FA1)Einen zu 100 Prozent reinen Silberfonds gibt es am Markt derzeit nicht.

Am stärksten von der Entwicklung des Silberpreises können Investoren

mit dem Stabilitas Silber+Weissmetalle-Fonds profitieren, der im Jahr

2006 aufgelegt wurde. Er investiert hauptsächlich in Minen, die Silber,

Platin und Palladium abbauen beziehungsweise explorieren. Zum 31.

Dezember 2010 war der Fonds sogar zu 95 Prozent in Silberwerten in-

vestiert. Dabei will das Fondsmanagement alle wichtigen Förderregi-

onen von Mexiko bis China berücksichtigen. Außer auf die Branchen-

größen wie Silver Wheaton oder Pan American Silver setzt der Fonds

Crashkurs Rohstoffe.indb 108 19.07.2011 15:56:54

Page 110: Crashkurs Rohstoffe

109 / Edelmetalle Silber

auch auf mittlere Förderer und Explorerunternehmen und damit auf

einen breiten Mix. Zwar wird dadurch das Risiko deutlich erhöht, die

Chancen auf höhere Gewinne aber ebenso.

Alle Möglichkeiten mit ZertifikatenAuch bei Silber gibt es eine breite Palette an Optionsscheinen und Zer-

tifikaten. Angefangen von Endlospapieren über Laufzeitprodukte, Zerti-

fikate mit und ohne Hebel, mit Währungssicherung oder ohne – um

nur einige zu nennen – gibt es für jeden Anlegertyp das perfekte Instru-

ment, um von der Silberpreisentwicklung zu profitieren. Langfristig

orientierte Investoren setzen auf ein Tracker-Zertifikat, beispielsweise

von der Société Générale mit der WKN SG9 F3R. Es handelt sich dabei

um ein Quanto-Produkt. Das bedeutet, dass Währungsschwankungen

keinerlei Einfluss auf den Kurs des Derivats haben.

Physisches SilberEine immer beliebtere Anlagemöglichkeit bei den Investoren ist phy-

sisches Silber, also der Kauf von Münzen und Barren. Diese Entwick-

lung spiegelt sich auch in der Nachfrage nach Silber zur Prägung von

Münzen (mit aufgeprägtem Nennwert) und Medaillen (ohne aufge-

prägten Nennwert) wider. Diese stieg im Jahr 2010 um 23 Prozent ge-

genüber dem Vorjahr und hat sich im Vergleich zu 2007 sogar mehr als

verdreifacht.

Wie auch bei Gold wird bei Silber zwischen Anlage- und Sammler-

münzen unterschieden. Eine Anlagemünze entspricht dem Silberwert

zuzüglich etwaiger Kosten und Steuern. Der Preis für Sammlermün-

zen kann hingegen den reinen Materialwert deutlich übersteigen.

Im Gegensatz zu Gold ist physisches Silber in Deutschland mit Mehr-

wertsteuer belegt. Bei Silbermünzen wird im Allgemeinen ein ermäßig-

ter Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent erhoben, für Silberbarren

Crashkurs Rohstoffe.indb 109 19.07.2011 15:56:54

Page 111: Crashkurs Rohstoffe

Crashkurs Rohstoffe / 110

sind hingegen im Normalfall 19 Prozent fällig. Der Attraktivität als An-

lage tut dies jedoch keinen Abbruch, zumal wie bei Gold auch bei Silber

in Deutschland noch die alte Spekulationssteuer greift. Ab einer Halte-

dauer von mehr als einem Jahr sind die Gewinne steuerfrei.

Gebräuchliche FeingehalteDer Feingehalt der Silbermünzen ist in der Regel sehr hoch. Meist wird

eine Feinheit von 999/1.000 verwendet. Lediglich die Britannia aus

Großbritannien weicht mit einem Feingehalt von 958/1.000 hiervon

leicht ab. Einen noch geringeren Silbergehalt weisen die 10-Euro-Ge-

denkmünzen auf, die von der Bundesrepublik Deutschland herausge-

geben werden. Im Folgenden soll nur auf die bekanntesten Anlagemün-

zen mit einem Feingehalt von 999/1.000 eingegangen werden sowie we-

gen ihres Sonderstatus auf die 10-Euro-Gedenkmünzen.

American EagleIm Jahr 1986 erschien mit dem American Eagle die erste Silber-Anlage-

münze der USA. Sie wird von der United States Mint geprägt und gehört

zu den meistverkauften Silber-Anlagemünzen der Welt.

Da das Motiv jedes Jahr gleich bleibt, hat der American Eagle einen

hohen Wiedererkennungswert. Auf der Vorderseite ist mit der Freiheits-

statue „Walking Liberty“ das amerikanische Symbol für Freiheit abge-

bildet. Im Hintergrund sind die Sonne, die US-Flagge und die Worte

„Liberty“, „In God we trust“ sowie das Prägejahr zu sehen. Benannt ist

die Münze allerdings nach dem Motiv der anderen Münzseite, dem

amerikanischen Wappentier: dem Weißkopfseeadler. In seinem Schna-

bel hält er ein Spruchband mit der Aufschrift „E Pluribus Unum“ („Aus

vielen eines“), einem Leitsatz der USA. Außerdem sind 13 Sterne, die für

die Gründungsstaaten stehen, abgebildet. Den American Eagle gibt es

ausschließlich in der 1-Unzen-Version, der Nennwert beträgt ein US-

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Page 112: Crashkurs Rohstoffe

111 / Edelmetalle Silber

Dollar. Er ist als Anlagemünze insbesondere deswegen so beliebt, weil er

in sehr hoher Auflage geprägt und mit nur einem geringen Agio auf

den Metallwert verkauft wird.

Maple LeafZwei Jahre nach dem American Eagle wurde der erste Maple Leaf aus-

gegeben. Seitdem zählt er zu den umsatzstärksten Silbermünzen welt-

weit. Der kanadische Maple Leaf wird von der Royal Canadian Mint

(der kanadischen Münzprägeanstalt) geprägt.

Die Münze hat ihren Namen vom Ahornblatt, das auch das Staats-

wappen und die Flagge des Landes ziert und auf der Vorderseite zu se-

hen ist. Auf der Münzrückseite ist Queen Elizabeth II. abgebildet, de-

ren Bildnis gelegentlich an das aktuelle Aussehen der Königin angegli-

chen wird. Aufgrund der Zweisprachigkeit Kanadas sind die numisma-

tischen Daten in englischer und in französischer Sprache aufgeprägt.

Den Maple Leaf ist, abgesehen von einigen Sonderprägungen, nur in

der 1-Unzen-Version erhältlich. Da er mit einem nur geringen Aufschlag

zum Silberpreis gehandelt wird, eignet er sich hervorragend für Anla-

gezwecke.

Wiener PhilharmonikerDer Wiener Philharmoniker ist Europas erste Anlagemünze aus 999er

Silber. Zwar wird die Münze erst seit dem Jahr 2008 in Silber aufgelegt,

dennoch zählt sie bereits zu den erfolgreichsten Silbermünzen der Welt.

Seit der ersten Ausgabe wurden bereits mehr als 20 Millionen Stück

geprägt.

Die Gestaltung der Silbermünze entspricht der der Gold-Version. Die

eine Seite der Münze zeigt ausgewählte Instrumente des weltberühm-

ten Orchesters. Auf der anderen Seite ist die Orgel des Wiener Musik-

vereins abgebildet.

Crashkurs Rohstoffe.indb 111 19.07.2011 15:56:54

Page 113: Crashkurs Rohstoffe

Crashkurs Rohstoffe / 112

Den Silber-Philharmoniker gibt es nur in der 1-Unzen-Version mit

einem Nennwert von 1,50 Euro. Will man mit Münzen auf einen stei-

genden Silberpreis setzen, kann man mit dem Wiener Philharmoniker

insbesondere wegen des geringen Aufgelds nicht viel falsch machen.

Mexiko LibertadErwähnenswert ist auch der Libertad. Es ist die älteste Silberanlage-

münze der Moderne – erstmals ist sie im Jahr 1982 von der ältesten Prä-

gestätte Amerikas, der Casa de Moneda de Mexico, geprägt worden. Der

Libertad hat eine Feinheit von 999/1.000.

Das Münzbild hat sich im Laufe der Jahre allerdings verändert. So wie

wir den Libertad heute kennen, wird er erst seit dem Jahr 2000 ausge-

geben. Die Vorderseite zeigt immer die Siegesgöttin Libertad, nach der

die Münze benannt ist, allerdings in früheren Jahrgängen in unter-

schiedlichen Posen. Im Hintergrund ist der Berg „Iztaccíhuatl“ und

der Vulkan „Popocatépetl“ zu sehen. Weiterhin angegeben werden das

Feingewicht sowie das Ausgabeland und das Prägejahr. Die andere Sei-

te ziert das Landeswappen Mexikos mit dem Adler, der eine Schlange

im Schnabel hat.

Ursprünglich nur als 1-Unzen-Version ausgegeben, gibt es den Liber-

tad heute in verschiedenen Größen von 1/20 Unze bis zu ein Kilogramm.

Besonderes Merkmal des mexikanischen Libertad ist der Verzicht auf

einen aufgeprägten Nennwert. Er ist aber dennoch keine Medaille,

sondern eine Münze und kann dementsprechend eingetauscht werden.

Der rechnerische Nennwert richtet sich dabei nach dem Londoner Fix-

kurs, der zweimal täglich festgesetzt wird.

China PandaSeit dem Jahr 1983 wird der China Silber Panda geprägt. Er zählt zu den

Anlagemünzen mit Sammelcharakter. Der Silber-Feingehalt des Panda

Crashkurs Rohstoffe.indb 112 19.07.2011 15:56:54

Page 114: Crashkurs Rohstoffe

113 / Edelmetalle Silber

beläuft sich bis auf wenige Ausnahmen auf 999/1.000. Außer in den Jah-

ren 2001 und 2002 ziert jährlich eine andere Darstellung des Panda-

bären die Vorderseite der chinesischen Münze. Auf der Rückseite, wel-

che grundsätzlich unverändert bleibt, ist mit dem Himmelstempel ein

weiteres nationales Symbol Chinas abgebildet.

Der Panda wird in vielen verschiedenen Stückelungen angeboten. Am

weitesten verbreitet ist die 1-Unzen-Variante. Im Vergleich zu anderen

Silbermünzen wird der Panda zwar meist mit einem Aufschlag gehan-

delt, die Käufer zahlen diesen aufgrund der Schönheit der Münze und

der Aussicht auf einen steigenden Sammlerwert aber gerne.

Australien: Kookaburra, Koala, Lunar, Känguru Australien gibt gleich eine ganze Reihe von hochinteressanten Silber-

münzen heraus. Der Kookaburra, der Koala, der Lunar und der Kän-

guru sind aufgrund ihrer vielfältigen Prägungen auch bei Sammlern

sehr beliebt. Deswegen und da sie teilweise streng limitiert sind, werden

sie oft mit einem höheren Aufschlag zum Materialwert gehandelt. Eine

Auswahl der australischen Silbermünzen sollte wegen ihrer Schönheit

und der Chance auf einen steigenden Sammlerwert bei einem Münz-

liebhaber auf keinen Fall fehlen.

Besonders erwähnenswert ist der Lunar, der seit dem Jahr 1999 auch

in Silber geprägt wird. Er verfügt über den höchsten Sammelcharakter

unter den australischen Anlage-Silbermünzen. Jährlich wechselnd ist

auf den Münzen ein Motiv der Tierkreiszeichen des chinesischen Mond-

kalenders zu sehen.

10-Euro-Silber-GedenkmünzenDie erste Version der Silber-Gedenkmünzen in Eurowährung war die

Ausgabe „Übergang zur Währungsunion – Einführung des Euro“. Seit-

dem erscheinen in der Regel jährlich fünf 10-Euro-Münzen, die von den

Crashkurs Rohstoffe.indb 113 19.07.2011 15:56:54

Page 115: Crashkurs Rohstoffe

Crashkurs Rohstoffe / 114

fünf Münzprägestätten Deutschlands hergestellt werden. Sie gelten als

gesetzliches Zahlungsmittel. Bis einschließlich 2010 bestanden die

10-Euro-Silber-Gedenkmünzen der Bundesrepublik Deutschland noch

aus 925er Sterlingsilber mit einem Raugewicht von 18 Gramm. Dies ent-

sprach einem reinen Silberanteil von 16,65 Gramm Feinsilber. Da der

Silberpreis Ende 2010 annähernd so hoch war wie der offizielle Ausgabe-

preis von zehn Euro, wurde der Silberanteil reduziert. Die Anfang 2011

erschienene Münze „200. Geburtstag von Franz Liszt“ besteht deswegen

aus 625er Silber, das Reingewicht dieser Münze beträgt 16 Gramm. Der

reine Silbergehalt beläuft sich demnach nur noch auf zehn Gramm Fein-

silber. Die bist dahin erschienenen 10-Euro-Gedenkmünzen waren auf-

grund ihrer Herkunft sowie der Zulassung als gesetzliches Zahlungsmit-

tel fast schon ein Garantiezertifikat mit bester Bonität.

Da der Silberpreis allerdings 2011 von einem Hoch zum nächsten eilte,

entschied das Bundeskabinett im April 2011, dass die deutschen 10-Eu-

ro-Gedenkmünzen in Normalprägung (Stempelglanz) nur noch in

Kupfer-Nickel ausgegeben werden. Nur in der höchsten Prägequalität

„Spiegelglanz“ wird es die Münze, allerdings mit Aufpreis, weiterhin in

625er Silber geben.

BezugsstellenWie auch Goldmünzen sind Silbermünzen bei der Bank oder bei ver-

schiedenen Münzhändlern erhältlich.

Crashkurs Rohstoffe.indb 114 19.07.2011 15:56:54

Page 116: Crashkurs Rohstoffe

115 / Edelmetalle Platin

PlatinDie Bezeichnung Platin leitet sich vom spanischen Wort „platina“ ab,

der Verkleinerungsform von plata, „Silber“, und bedeutet so viel wie

„kleines Silber“. Platin gehört zu den wichtigsten Edelmetallen auf dem

Weltmarkt. Im Periodensystem der Elemente wird es mit dem Ele-

mentsymbol Pt dargestellt.

Unter dem Begriff Platinmetalle oder Platinoide werden die leichten

Platinmetalle Ruthenium, Rhodium, Palladium und die schweren Pla-

tinmetalle Osmium, Iridium und Platin zusammengefasst.

Geheimnisvolle Geschichte

Die Geschichte von Platin ist wechselhafter als die der anderen Edel-

metalle. Altägyptische Schmuckstücke liefern Hinweise darauf, dass

Platin schon um 3.000 v. Chr. im alten Ägypten verwendet wurde.

Auch bei den alten südamerikanischen Völkern wie den Inkas wurde

Schmuck sowohl aus Platin als auch aus Gold hergestellt. Danach ver-

schwand Platin jedoch für viele Jahrhunderte aus dem Blickfeld der

Menschen. Im 16. Jahrhundert hielten Goldsucher in Kolumbien Platin

aufgrund seines Aussehens sogar für Silber. Die spanischen Eroberer

Amerikas sahen es als minderwertig an und gaben ihm deswegen wie

oben erwähnt den Namen „platina“. Im 17. Jahrhundert war Platin ein

lästiges Begleitmaterial bei der Goldsuche. In Ecuador hielt man es für

„unreifes“ Gold, weswegen es sogar oft wieder in die Flüsse zurückge-

worfen wurde. Andernorts wurde Platin aufgrund seiner Ähnlichkeit

zu Gold oft zum Fälschen verwendet. Die spanische Regierung erließ

deswegen ein Exportverbot und erwog sogar, sämtliches verfügbare Pla-

tin im Meer zu versenken. Anfang des 18. Jahrhunderts erkannten

Alchemisten die besondere chemische Zusammensetzung von Platin.

Crashkurs Rohstoffe.indb 115 19.07.2011 15:56:54

Page 117: Crashkurs Rohstoffe

Crashkurs Rohstoffe / 116

Sie hielten Platin für einen Stoff, der ihnen helfen würde, aus Blei

echtes Gold zu machen. Seinen Durchbruch feierte Platin letztendlich

Mitte des 18. Jahrhunderts, als der schwedische Wissenschaftler Theo-

phil Scheffer feststellte, dass Platin ein eigenständiges und edles Metall

sei. Der französische König Ludwig XVI. kürte Platin sogar zum ein-

zigen Metall, das eines Königs würdig sei. Auch im 20. Jahrhundert

fand Platin königlichen Zuspruch. Der englische König Edward VII.

nannte den Juwelier Louis Cartier „Juwelier der Könige und König der

Juweliere“. Er war der erste Juwelier, der mit großem Erfolg Platin-

schmuck kreierte und somit den Siegeszug des Platins einleitete.

Platin mit Berg- und Talfahrt

In den folgenden Jahren wurde Platin zunehmend beliebter. Immer

mehr Anwendungsgebiete kamen hinzu. Nicht nur in der Schmuck-

herstellung, sondern insbesondere in der Industrie ist das Edelmetall

heiß begehrt.

2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011

400

800

1.200

1.600

2.000

2.400

Platin in US-Dollar

Abb. 3.19

Crashkurs Rohstoffe.indb 116 19.07.2011 15:56:54

Page 118: Crashkurs Rohstoffe

117 / Edelmetalle Platin

Das enorm gestiegene Interesse an Platin spiegelt sich auch in der Ent-

wicklung des Platinpreises wider, der sich seit Anfang 2000 bis Mai

2011 mehr als verdreifacht hat. Der gewachsene Einfluss der Industrie-

nachfrage wurde im Jahr 2008 deutlich, als die Notierung infolge der

Finanz- und Wirtschaftskrise um mehr als 60 Prozent einbrach. Bis

Anfang 2011 konnte der Platinpreis diesen Einbruch noch nicht wieder

vollständig kompensieren.

Interessant ist in diesem Zusammenhang ein Blick auf das Platin-

Palladium-Preisverhältnis, auch Platin-Palladium-Ratio genannt. (Auf

Palladium wird im folgenden Abschnitt noch ausführlich eingegan-

gen.) Die Ratio zeigt an, wie viele Unzen Palladium man für eine Unze

Platin erhält.

Die durchschnittliche historische Ratio liegt bei 1 zu 2,8. Wie man am

Chart erkennen kann, gibt es immer wieder deutliche Ausschläge nach

oben und nach unten. Werden diese zu groß, kommt es regelmäßig zu

einer Gegenbewegung. Dies liegt daran, dass beide Metalle in ähn-

licher Weise verwendet werden und das eine, wenn es zu teuer wird,

95 96 97 98 99 00 01 02 03 04 05 06 07 08 09 10 11

1

0,5

2

3

4

5

6

Platin-Palladium-Ratio

Abb. 3.20

Crashkurs Rohstoffe.indb 117 19.07.2011 15:56:55

Page 119: Crashkurs Rohstoffe

Crashkurs Rohstoffe / 118

durch das andere ersetzt wird. Ein Wechsel benötigt allerdings eine

längere Vorlaufzeit, was die extremen Spitzen im Preisverlauf erklärt.

Im Jahr 2000 beispielsweise lag die Ratio bei 1 zu 0,55. Damals war also

Palladium fast doppelt so teuer wie Platin. Ein vollkommen anderes

Bild zeigte sich Ende 2008 zu Zeiten der Finanzkrise. Damals war die

Ratio mit 1 zu 5,5 extrem hoch, was unter anderem an der hohen Ab-

hängigkeit Palladiums von der Nachfrage durch die Industrie liegt.

Einflussfaktoren für den Platinpreis

Der Platinpreis hängt wie auch bei anderen Märkten in erster Linie von

der Entwicklung von Angebot und Nachfrage ab. Nach Berechnungen

des Analysten Allan Hochreiter dürfte bis mindestens 2020 die Nach-

frage das Angebot übersteigen und es somit zu einer Angebotslücke

kommen. Dies würde für den Platinpreis preistreibend wirken.

Nachfrage breit gefächertPlatin ist ein schmiedbares und weiches Metall. Wegen seiner Korro-

sionsbeständigkeit und seiner katalytischen Eigenschaften findet es

vielseitige Verwendung. Zum Einsatz kommt Platin beispielsweise bei

der Herstellung von Schmuck, in der Elektroindustrie und vor allem in

2009 2010 2015e 2020e 2025e

Angebot gesamt 6.055 6.040 8.110 9.912 11.152

Nachfrage gesamt 5.915 6.344 9.113 10.274 10.317

Angebot Defizit/Überschuss 140 -304 -1.003 -362 835

Abb. 3.21: Platinangebot und -nachfrage (in Tausend Unzen)

Quelle: Allan Hochreiter

Crashkurs Rohstoffe.indb 118 19.07.2011 15:56:55

Page 120: Crashkurs Rohstoffe

119 / Edelmetalle Platin

der Autoindustrie, die einen großen Teil der Gesamtnachfrage aus-

macht. In den vergangenen Jahren wird Platin außerdem zunehmend

im Investmentbereich nachgefragt.

Einsatz in der Automobilindustrie Platin ist bei der Herstellung von Katalysatoren von großer Bedeu-

tung, insbesondere für Dieselfahrzeuge. Platinkatalysatoren erweisen

sich beim Einsatz in Dieselmotoren als effizienter als solche, die Palla-

dium verwenden. Unter anderem deswegen ist Europa die größte Ver-

brauchsregion von Platin, da dort im Verhältnis zu vielen anderen Tei-

len der Welt wesentlich mehr Diesel-Pkw gefahren werden. Allein die

europäische Autoindustrie hat im Jahr 2010 rund 1,4 Millionen Unzen

Platin nachgefragt. Doch auch im Rest der Welt nimmt die Nachfrage

vonseiten der Autoindustrie zu. Einerseits ist dies auf teils strengere

Umweltauflagen zurückzuführen – in den USA beispielsweise muss der

Schadstoffausstoß bei Lkw bis 2018 um 20 Prozent gesenkt werden –,

vor allem aber auf den wirtschaftlichen Aufschwung. Insbesondere in

den Emerging Markets sehen Experten großes Wachstums potenzial.

Abb. 3.22: Netto-Platinnachfrage 2010

29 %

30 %

8 %

33 %

33 % Autokatalysatoren

30 % Industrie

29 % Schmuck

8 % Investoren

Quelle: Johnson Matthey

Crashkurs Rohstoffe.indb 119 19.07.2011 15:56:55

Page 121: Crashkurs Rohstoffe

Crashkurs Rohstoffe / 120

In erster Linie bei Lkw werden dort Dieselmotoren verstärkt nachge-

fragt. Allein in China stieg der Lkw-Absatz im Jahr 2010 um fast 30 Pro-

zent gegenüber dem Vorjahr.

Auch in anderen Industriezweigen beliebtNeben dem Einsatz als Katalysator in der Autoindustrie wird Platin

unter anderem auch in Mobiltelefonen, LCD-Bildschirmen, Computer-

festplatten, Medikamenten und im Flugzeugbau benötigt. Platinhaltige

Arzneimittel haben die Eigenschaft, die Zellteilung von Organismen

zu verhindern und werden deshalb in der Krebstherapie eingesetzt. Da

Platin für den menschlichen Körper sehr gut verträglich ist, wird es

auch für die Herstellung von Kathetern und Herzschrittmachern ver-

wendet. Außerdem werden viele weitere Präzisionsteile für die Medi-

zintechnik hergestellt. Ein wachsender Markt ist der Einsatz von Platin

bei Mobiltelefonen. Hier erwarten Experten im Jahr 2015 einen Ver-

brauch von einer halben Million Unzen. Bis 2025 soll sich die Nachfra-

ge dieses Sektors verdoppeln.

Knapp ein Drittel der Nachfrage aus dem SchmucksektorSeit dem 20. Jahrhundert ist Platin zur Schmuckherstellung äußerst be-

liebt. Knapp ein Drittel der Jahresproduktion von Platin wird heutzutage

für die Schmuckproduktion verwendet. Damit ist die Schmuckindustrie

der zweitwichtigste Abnehmer. Platin ist deutlich härter als Gold und

trotz seines Schmelzpunktes von 1.768 Grad Celsius gut zu verarbeiten.

Größter Nachfrager ist bereits jetzt China. Im Jahr 2010 hat das Land

knapp 1,6 Millionen Unzen Platin für Schmuck verbraucht.

Investoren noch zurückhaltendDie Nachfrage aus dem Investmentsektor macht nur einen geringen

Anteil der Gesamtnachfrage nach Platin aus. In den vergangenen Jahren

Crashkurs Rohstoffe.indb 120 19.07.2011 15:56:55

Page 122: Crashkurs Rohstoffe

121 / Edelmetalle Platin

ist hier jedoch ein deutlicher Anstieg zu verzeichnen. Weniger bedeu-

tend ist die Nachfrage nach Münzen und Barren. Die Exchange Traded

Commodities und Funds (ETCs/ETFs) erfreuen sich hingegen immer

größerer Beliebtheit. Sie sind durch physisches Metall besichert und

bilden den Platinpreis direkt ab. Zuletzt ist im Jahr 2010 neben den

bestehenden ETFs in Großbritannien, der Schweiz und Australien auch

ein Angebot am Finanzplatz New York hinzugekommen. Der von ETF

Securities angebotene Platin-ETF erreichte bereits im ersten Jahr einen

Bestand von mehr als 13 Tonnen. Die Bestände sämtlicher ETCs/ETFs

betrugen 2011 bereits mehr als 40 Tonnen.

Angespannte AngebotssituationDie Situation am Platinmarkt ist sehr angespannt. Die weltweite Pro-

duktion kann die Nachfrage nach dem Metall nur schwer befriedigen.

Derzeit wird die Angebotslücke durch das Recycling von Platin und den

Abbau insbesondere russischer Platinlager geschlossen.

Entwicklung Platin-ETFs

Mai 08 Sep. 08 Jan. 09 Mai 09 Sep. 09 Jan. 10 Mai 10 Sep. 10 Jan. 11

0

15

10

20

30

25

35

45

40

in T

onne

n

Platinbestand der ETCs/ETFs

Abb. 3.23

Quelle: LBBW Commodity Research, Emittenten

Crashkurs Rohstoffe.indb 121 19.07.2011 15:56:55

Page 123: Crashkurs Rohstoffe

Crashkurs Rohstoffe / 122

Südafrika: Mit Abstand größter Platinproduzent

Im Jahr 2010 konnte das weltweite Minenangebot mit knapp sechs

Millionen Unzen relativ stabil gehalten werden. Mit einem Anteil von

77 Prozent an der Weltproduktion lieferte Südafrika die größte Platin-

menge, gefolgt von Russland mit 13 Prozent. Weitere Staaten mit Pla-

tingewinnung sind Simbabwe, die USA und Kanada. Die südafrika-

nischen Minenbetreiber planen zwar, in den kommenden Jahren ihren

Ausstoß leicht zu erhöhen, dies dürfte aber nur gelingen, wenn sie die

durch Stromausfälle immer wieder auftretenden Produktionsausfälle

in den Griff bekommen.

Weitere Unsicherheitsfaktoren, die den Platinausstoß beeinträchtigen

und somit preistreibend wirken können, sind Streiks, technische De-

fekte oder Unfälle.

Platinrecycling sorgt für PreisstabilisierungNach der Minenförderung ist das Recycling die wichtigste Platinquel-

le. Gewonnen wird Platin dabei in erster Linie aus alten Katalysatoren,

aber auch aus Schmuck.

Abb. 3.24: Platinproduktion 2010 nach Ländern

77 %

13 %

3 %

5 %2 %

77 % Südafrika

13 % Russland

5 % Simbabwe

3 % Nordamerika

2 % Sonstige

Quelle: Johnson Matthey

Crashkurs Rohstoffe.indb 122 19.07.2011 15:56:55

Page 124: Crashkurs Rohstoffe

123 / Edelmetalle Platin

Da das Verfahren sehr aufwendig ist, lohnt sich Recycling allerdings

erst ab einem gewissen Preisniveau. Aus diesem Grund brach bei-

spielsweise im Jahr 2009, als der Platinpreis deutlich gesunken war,

die recycelte Platinmenge massiv ein. Platinrecycling kann also als

preisstabilisierend für Platin angesehen werden.

Investoren haben die Wahl

Anleger haben auch bei Platin je nach Risikoneigung eine Vielzahl

von Möglichkeiten, an der Entwicklung des Platinpreises teilzuhaben.

Die große Palette von Platin-Aktien über Zertifikate und Fonds bis hin

zu physischem Platin stellt die Investoren vor die Qual der Wahl.

Platin-AktienRisikobereite Anleger haben die Möglichkeit, über den Kauf von Ak-

tienbeteiligungen an Minengesellschaften, die sich primär auf die För-

derung von Platin spezialisiert haben, von steigenden Platinpreisen zu

profitieren. Auch bei Platin-Aktien greift die Hebelwirkung. Für Anle-

ger heißt das höhere Chancen, aber natürlich auch höhere Risiken.

Denn bei unveränderten Kosten führt jeder Anstieg im Platinpreis mit

einem Hebeleffekt zu deutlich steigenden Gewinnen bei den Minenge-

sellschaften.

Zudem erhöht sich der Wert der noch nicht geförderten Reserven des

Unternehmens. Bei sinkendem Platinpreis würde sich dieser Effekt na-

türlich umkehren.

Anglo American Platinum (WKN 856 547)Als der Platinproduzent schlechthin gilt Anglo American Platinum.

Das Unternehmen zeichnet für knapp 40 Prozent der globalen Platin-

produktion verantwortlich und ist damit der weltgrößte Hersteller des

Crashkurs Rohstoffe.indb 123 19.07.2011 15:56:55

Page 125: Crashkurs Rohstoffe

Crashkurs Rohstoffe / 124

Edelmetalls. Als Beiprodukte fördert Anglo American Platinum auch

Rhodium, Palladium, Nickel und Gold.

Mehrheitlich gehört Anglo American Platinum dem britisch-südafri-

kanischen Bergbauriesen Anglo American. Wirkungsstätte der Gesell-

schaft ist das Platin-Eldorado Südafrika, wo bereits im Jahre 1924 das

weltweit größte Platinvorkommen bei Johannesburg entdeckt wurde

und die moderne Platinindustrie entstand.

Derzeit lediglich in Südafrika aktiv, arbeitet das Unternehmen da-

ran, künftig auch in anderen Ländern Platin zutage zu fördern. Am

weitesten vorangeschritten sind die Explorationsarbeiten dabei im

Nachbarland Simbabwe, aber auch in Kanada oder in Brasilien macht

sich Anglo American Platinum intensiv auf die Suche nach weiteren

Vorkommen.

Impala Platinum (WKN A0K FSB)Ebenfalls in Südafrika beheimatet ist der zweitgrößte Platinproduzent

der Welt, Impala Platinum.

2007 2008 2009 2010 2011

1.000

1.500

2.000

2.500

3.000

3.500

4.000

Anglo American Platinum in Britische Pence

Abb. 3.25

Crashkurs Rohstoffe.indb 124 19.07.2011 15:56:55

Page 126: Crashkurs Rohstoffe

125 / Edelmetalle Platin

2007 2008 2009 2010 2011

10.000

15.000

20.000

25.000

30.000

35.000

40.000

Impala Platinum in Südafrikanische Cent

Abb. 3.26

Er ist eine Art Holdinggesellschaft, die selber Platin produziert, aber

zudem auch die Platingruppenmetalle anderer verbundener Unterneh-

men verarbeitet und vermarktet.

Derzeit kontrolliert Impala 25 bis 30 Prozent dieses Marktes. Bis 2014

will das Unternehmen seinen Anteil um 20 Prozent ausweiten. Im ers-

ten Halbjahr des Geschäftsjahres 2010/11 förderte Impala 952.000

Unzen Platin, 623.000 Unzen Palladium, 129.000 Unzen Rhodium und

8.400 Tonnen Nickel.

Die Aussichten für weiteres Wachstum in den kommenden Jahren

sind durchaus positiv. Insbesondere die hohen Reserven- und Ressour-

cenbestände sind vielversprechend. Allerdings sollten Investoren auch

hier beachten, dass Impala in Afrika aktiv ist und dass somit politische

und infrastrukturelle Probleme mit eingeplant werden müssen.

Fonds und ZertifikateAuch wenn die Auswahl an Fonds und Zertifikaten bei Platin deutlich

geringer ist als beispielsweise bei Gold und Silber, können Anleger aus

Crashkurs Rohstoffe.indb 125 19.07.2011 15:56:56

Page 127: Crashkurs Rohstoffe

Crashkurs Rohstoffe / 126

einer reichen Auswahl schöpfen. Bei Fonds bietet sich ein Investment in

den Stabilitas Silber+Weissmetalle-Fonds (WKN A0K FA1) an, der aus-

führlich im Abschnitt „Silber“ vorgestellt wurde. Außer auf Minen, die

Silber abbauen, kann er auch auf Unternehmen mit Platin- und Palladi-

umförderung setzen. Derzeit ist der Platinanteil allerdings sehr gering.

Zwei Zertifikate für steigende PlatinpreiseAus der großen Palette an Optionsscheinen und Zertifikaten soll an

dieser Stelle exemplarisch auf zwei Produkte näher eingegangen wer-

den. So bietet die Royal Bank of Scotland (RBS) ein Indexzertifikat

(WKN ABN 4B4) auf den FTSE/JSE Südafrika Platinum Mining Index

an. Damit lassen sich die Einzelwertrisiken im Hinblick auf Streiks,

Stromausfälle, Umweltprobleme oder politische Schwierigkeiten streu-

en. Das Open-End-Zertifikat bildet den Index, angepasst um mögliche

Währungsschwankungen, eins zu eins ab. Der Index beinhaltet Unter-

nehmen aus Südafrika, die in der Platinindustrie tätig sind.

Anleger können aber auch direkt auf den Platinpreis setzen, beispiels-

weise mit dem ETC auf Platin von ETF Securities (WKN A0N 62D).

Der ETC ist mit physischem Platin hinterlegt.

Physisches PlatinIm Vergleich zu Gold- oder Silbermünzen sind Münzen aus Platin rar.

So gibt es auch nur eine Handvoll Auswahlmöglichkeiten. Anders als

bei physischem Gold und Silbermünzen fallen beim Kauf von Platin-

münzen und -barren 19 Prozent Mehrwertsteuer an. Erhältlich sind Pla-

tinmünzen bei Banken oder verschiedenen Münzhändlern.

Maple LeafZu den weltweit am weitesten verbreiteten Platinmünzen gehört der

kanadische Maple Leaf. Er hat eine Feinheit von 999,5/1.000. Im

Crashkurs Rohstoffe.indb 126 19.07.2011 15:56:56

Page 128: Crashkurs Rohstoffe

127 / Edelmetalle Platin

Gegen satz zu seinen Gold- und Silberpendants wurde er bis jetzt aller-

dings, abgesehen von Sonderausgaben, regelmäßig nur von 1988 bis

2002 herausgegeben. Geprägt wir der Platin Maple Leaf von der Royal

Canadian Mint. Herausgegeben wird er in den gleichen Stückelungen

(½0 Unze, ¹⁄¹0 Unze, ¼ Unze, ½ Unze und eine Unze) und den gleichen

Motiven (Ahornblatt auf der Vorderseite, Queen Elizabeth II. auf der

Rückseite) wie der Maple Leaf in Gold.

Crashkurs Rohstoffe.indb 127 19.07.2011 15:56:56

Page 129: Crashkurs Rohstoffe

Crashkurs Rohstoffe / 128

PalladiumPalladium gilt aufgrund der ähnlichen chemischen Eigenschaften als

Schwestermetall von Platin und wird zur Gruppe der Platinmetalle ge-

zählt. Das Edelmetall wurde erst im Jahr 1803 vom englischen Physiker

William Hyde Wollaston entdeckt, der es nach dem Asteroiden Pallas

benannte. Verkauft wurde Palladium damals unter anderem auch un-

ter der Bezeichnung „Neu-Silber“. Im Periodensystem der Elemente

trägt Palladium das Symbol Pd.

Palladium auf dem Weg zu alten Hochs

Heutzutage ist Palladium enorm begehrt, was sich in der Preisent-

wicklung widerspiegelt. Wie schon 2009 verzeichnete Palladium auch

2010 die größten Preiszuwächse aller Edelmetalle. Auf US-Dollar-Basis

konnte es sich im Jahr 2010 auf 797 Dollar je Feinunze mehr als verdop-

peln. Damit notiert Palladium im Gegensatz zu Platin längst oberhalb

Palladium in US-Dollar

2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011

200

400

600

800

1.000

1.200

100

Abb. 3.27

Crashkurs Rohstoffe.indb 128 19.07.2011 15:56:56

Page 130: Crashkurs Rohstoffe

129 / Edelmetalle Palladium

der Preisspitzen, die vor der Finanzkrise erzielt wurden. Auch 2011

setzte sich der Preisaufschwung zunächst fort. Für eine Unze des Edel-

metalls wurden im Februar 2011 zeitweise bereits mehr als 850 Dollar

bezahlt. Einen deutlichen Einbruch verzeichnete der Palladiumpreis im

März 2011 infolge der Erdbebenkatastrophe in Japan. Damals stand die

Automobilproduktion in Teilen des Landes vorübergehend still. Da die

erwarteten dramatischen Auswirkungen auf den Palladiumbedarf aber

ausblieben, konnte sich die Notierung seitdem wieder deutlich erholen.

Einflussfaktoren für den Palladiumpreis

Herrschte in den ersten Jahren des neuen Jahrtausends noch ein deut-

licher Angebotsüberschuss am Palladiummarkt, so waren Angebot und

Nachfrage im Jahr 2010 nahezu ausgeglichen. Auf eine Nachfrage von

7,1 Millionen Unzen traf ein Angebot von 7,14 Millionen Unzen. Da die

Nachfrage in den kommenden Jahren stärker wachsen dürfte als das

Angebot, könnte schon bald eine Angebotslücke entstehen.

Abb. 3.28: Netto-Palladiumnachfrage 2010

1 %

53 % Autokatalysatoren

14 % Investoren

13 % Elektroindustrie

7 % Zahnmedizin

7 % Schmuck

5 % Chemische Industrie

1 % Sonstige

Quelle: Johnson Matthey

53 %

14 %

13 %

7 %

7 %5 %

Crashkurs Rohstoffe.indb 129 19.07.2011 15:56:56

Page 131: Crashkurs Rohstoffe

Crashkurs Rohstoffe / 130

Immer mehr Nachfrager zeigen InteresseDas chemische Verhalten von Palladium ähnelt stark dem von Platin,

es ist aber deutlich härter und reaktiver. Daraus leiten sich auch die

Interessenten für das Edelmetall ab. Der größte Nachfragesektor ist die

Automobilindustrie. Palladium trifft darüber hinaus insbesondere in

der Elektroindustrie und unter den Investoren auf eine immer größer

werdende Käuferschaft.

Automobilindustrie die klare Nummer 1Der absolut dominante Nachfragesektor ist mit einem Anteil von mehr

als 50 Prozent im Jahr 2010 die Automobilindustrie. Palladium wird

dort bei der Herstellung von Katalysatoren eingesetzt, hauptsächlich

für Benzinmotoren. Derzeit noch zu einem geringen, aber wachsenden

Anteil wird Palladium auch in Abgasumwandlern für Dieselmotoren

verwendet. Insbesondere der nach wie vor deutlich höhere Preis für

Platin dürfte ein Anreiz sein, den Palladiumanteil in Zukunft zu erhö-

hen. Insgesamt betrug der Palladiumbedarf der Fahrzeugindustrie im

Absatz von Personenfahrzeugen in Asien

2000 2002 2004 2006 2008 20100

5

10

20

15

25

35

30

in M

illio

nen

Abb. 3.29

Quelle: Global Insight, LBBW Equity Research

Crashkurs Rohstoffe.indb 130 19.07.2011 15:56:56

Page 132: Crashkurs Rohstoffe

131 / Edelmetalle Palladium

Jahr 2010 nach Angaben des britischen Katalysatorenspezialisten

Johnson Matthey 160 Tonnen.

Den wichtigsten Wachstumstreiber dürfte aber die absolute Höhe der

Fahrzeugproduktion darstellen. Allein in China stieg der Automobil-

absatz 2010 um 32 Prozent auf 18 Millionen Fahrzeuge und das Nach-

holpotenzial der Emerging Markets ist noch immer enorm. Ein Ver-

gleich verdeutlicht dies: Während in den USA auf 1.000 Einwohner be-

reits 700 Automobile kommen, sind es in China gerade einmal 50.

Auch andere Industriezweige setzen auf PalladiumMit einem Anteil von 13 Prozent im Jahr 2010 ist die Elektronikindus-

trie der drittgrößte Absatzmarkt für Palladium. Hier wird das Metall

vor allem in Kondensatoren und anderen Bauteilen, unter anderem für

Smartphones, verwendet. Zudem dient es als Speichermaterial für Was-

serstoffautos und als Elektrodenwerkstoff für Brennstoffzellen. Es ist

außerdem ein sehr wichtiger Katalysator in der chemischen Industrie.

Produkte können dadurch effizienter, schneller und mit einer höheren

Ausbeute hergestellt werden.

Viertgrößter Palladiumabnehmer ist die Dentalbranche. Im Jahr

2010 machte dieser Sektor sieben Prozent der gesamten Palladium-

nachfrage aus. Verwendet wird Palladium bei der Herstellung von Kro-

nen und Implantaten. Insbesondere bei hohen Goldpreisen gewinnt Pal-

ladium in diesem Bereich stark an Bedeutung.

Schmucknachfrage im HintergrundZwar ist bei Palladium der Anteil der Kategorie Schmuck am Gesamt-

bedarf im Vergleich zu Gold, Silber und Platin nicht sehr hoch, den-

noch machte dieser Sektor 2010 sieben Prozent der gesamten Nachfra-

ge aus. Bis 2003 wurde Palladium in der Schmuckindustrie vor allem als

Legierungskomponente bei der Herstellung von Weißgold verwendet.

Crashkurs Rohstoffe.indb 131 19.07.2011 15:56:56

Page 133: Crashkurs Rohstoffe

Crashkurs Rohstoffe / 132

In Weißgold sind 60 bis 80 Prozent Goldanteil, der Rest ist eine Gold-

Palladium-Legierung. Reiner Palladiumschmuck findet insbesondere

in China Käufer. Ob er auch anderswo weiter an Beliebtheit gewinnen

wird, dürfte unter anderem vom Preisverhältnis zu Weißgold und Pla-

tin abhängen.

Investoren werden aufmerksamAuf der Investorenseite nahm die Nachfrage in den vergangenen Jah-

ren deutlich zu. Inzwischen macht dieser Bereich bereits 14 Prozent

(2010) der Gesamtnachfrage nach Palladium aus und ist damit der

zweitgrößte Nachfrager. Zu verdanken ist dies hauptsächlich der Auf-

lage eines US-amerikanischen Palladium-ETFs Anfang 2010, der auf

enorm hohes Interesse stieß. In den ersten zwölf Monaten seines Be-

stehens erreichte dessen physischer Palladiumbestand bereits mehr als

34 Tonnen. Ende 2009 betrug der Bestand der schon länger am Markt

tätigen europäischen Pendants lediglich 36 Tonnen.

Entwicklung der Palladium-ETFs

Mai 08 Sep. 08 Jan. 09 Mai 09 Sep. 09 Jan. 10 Mai 10 Sep. 10 Jan. 11

0

15

25

35

45

55

65

75

in T

onne

n

Palladiumbestand der ETCs/ETFs

Abb. 3.30

Quelle: LBBW Commodity Research, Emittenten

Crashkurs Rohstoffe.indb 132 19.07.2011 15:56:57

Page 134: Crashkurs Rohstoffe

133 / Edelmetalle Palladium

Angebot sinktDie Angebotssituation am Palladiummarkt ist angespannt. Der Ange-

botsüberschuss hat sich in den vergangenen Jahren deutlich verringert. Die

größten Angebotsquellen sind neben der primären Minenproduktion, die

Russland und Südafrika bestimmen, insbesondere der Abbau russischer

Lagerbestände. Aber auch das Recycling spielt eine immer größere Rolle.

Russland vorn, Südafrika holt aufDer größte Palladiumproduzent der Welt ist mit deutlichem Abstand

Russland. Im Jahr 2010 stammten allein 84 Tonnen der globalen

Förderung von dort, gefolgt von Südafrika, das 77,3 Tonnen beisteuerte.

Während in Russland 2010 allerdings die Produktionsmenge nahezu

stagnierte, konnte Südafrika seinen Ausstoß erhöhen. Die Vormacht-

stellung Russlands nahm damit zugunsten von Südafrika weiter ab.

Mit einem Anteil von 17,4 respektive 6,8 Tonnen sind Simbabwe und

Nord amerika hingegen eher unbedeutend.

Abb. 3.31: Palladiumangebot 2010

52 %

8 %

35 %

3 %2 %

52 % Russland

35 % Südafrika

8 % Nordamerika

3 % Simbabwe

2 % Sonstige

Quelle: Johnson Matthey

Crashkurs Rohstoffe.indb 133 19.07.2011 15:56:57

Page 135: Crashkurs Rohstoffe

Crashkurs Rohstoffe / 134

Russlands Lager bald leer?Eine sehr wichtige Angebotsquelle stellten in der Vergangenheit die

russischen Verkäufe aus den staatlichen Lagerbeständen dar. Allein 2010

wurden dadurch mehr als eine Million Unzen Palladium bereitgestellt.

Expertenschätzungen zufolge dürften die Lagerverkäufe aber schon bald

deutlich zurückgehen. Zwar ist offiziell über die Höhe der russischen La-

gerbestände wenig bekannt, der russische Palladiumproduzent Norilsk

Nickel geht aber davon aus, dass die Palladiumvorräte des Landes na-

hezu aufgebraucht sein dürften und ab 2012 keine Verkäufe mehr statt-

finden werden. Johnson Matthey glaubt sogar an ein noch früheres Ende

der russischen Vorratsverkäufe. Sollte dies tatsächlich eintreffen, wür-

den dem Markt rund eine Million Unzen Palladium fehlen, was sich in

spürbaren Preissteigerungen niederschlagen dürfte.

Höhere Preise begünstigen PalladiumrecyclingEine immer größere Rolle beim Palladiumangebot spielt das Recy-

cling. In erster Linie wird Palladium dabei aus alten Abgaskatalysatoren

Palladiumrecycling

2001 2002 2003 2004 2005 2006 20102007 2008 20090

10

20

30

8,711,5

12,816,5

30,7

38,2

48,450,2

44,5

57,4

40

50

60

in T

onne

n

Abb. 3.32

Quelle: Johnson Matthey

Crashkurs Rohstoffe.indb 134 19.07.2011 15:56:57

Page 136: Crashkurs Rohstoffe

135 / Edelmetalle Palladium

und palladiumhaltigem Elektronikschrott sowie zu einem geringen Teil

aus Altschmuck zurückgewonnen. Seit Jahren steigt diese Angebotsquel-

le mit Ausnahme des Jahres 2009 kontinuierlich an. Ein Grund dafür ist

in den steigenden Edelmetallpreisen zu suchen, die ein Recycling attrak-

tiver machen. Zudem gelangen immer mehr Fahrzeuge mit Palladium-

katalysator in den Verschrottungsprozess.

Als Anleger profitieren

Wenngleich bei Palladium die Angebotsvielfalt an Investmentmög-

lichkeiten etwas geringer ausfällt als bei den drei anderen bereits vorge-

stellten Edelmetallen, so können Anleger dennoch aus einem großen

Fundus wählen. Dieser reicht von Palladium-Aktien über Zertifikate bis

hin zu Münzen und Barren.

Palladium-AktienGewonnen wird Palladium zumeist als Beiprodukt bei der Förderung

von Nickel und Platin. Die größten Palladiumproduzenten sind deswe-

gen meist keine primären Förderer von Palladium, sondern in ande-

ren Segmenten ebenfalls hervorragend positioniert. Die südafrika-

nischen Branchenführer sind auch die Marktführer des Landes bei

Platin. Anglo American Platinum und Impala Platinum werden des-

wegen ausführlich im Abschnitt „Platin“ behandelt.

Norilsk Nickel (WKN 676 683)Der absolute Marktführer bei der Palladiumproduktion ist der rus-

sische Konzern Norilsk Nickel. Dies verdankt die Gesellschaft einem

großen Erzkörper im nördlichen Sibirien, wo Norilsk Nickel seine Pro-

jekte betreibt. Mehr als 2,8 Millionen Unzen Palladium steuerte der

russische Konzern 2010 zur globalen Nickelproduktion bei. Neben

Crashkurs Rohstoffe.indb 135 19.07.2011 15:56:57

Page 137: Crashkurs Rohstoffe

Crashkurs Rohstoffe / 136

Palladium und Nickel fördert die Gesellschaft auch Kupfer, Platin,

Gold, Silber, Rhodium, Kobalt und Seltene Erden. Norilsk Nickel

wird bei den Industriemetallen im Abschnitt „Nickel“ genauer be-

handelt.

Norilsk Nickel in Russische Rubel

2007 2008 2009 2010 2011

2.000

1.000

4.000

6.000

8.000

Abb. 3.33

Stillwater Mining in US-Dollar

2007 2008 2009 2010 2011

5

2

10

15

20

25

Abb. 3.34

Crashkurs Rohstoffe.indb 136 19.07.2011 15:56:57

Page 138: Crashkurs Rohstoffe

137 / Edelmetalle Palladium

Stillwater Mining (WKN 893 759)Der größte US-Produzent von Platingruppenmetallen wie Palladium

ist Stillwater Mining. Das Unternehmen kann im Gegensatz zu Norilsk

Nickel, Anglo American Platinum und Impala Platinum zu den pri-

mären Förderern von Palladium gezählt werden. Im Jahr 2010 erreichte

die Gesellschaft das beste Firmenergebnis ihrer Geschichte. Insgesamt

verdiente die Firma mehr als 50 Millionen Dollar, der Umsatz stieg um

40 Prozent auf 555 Millionen Dollar.

ZertifikateAnleger, die direkt auf den Palladiumpreis setzen möchten, können

beispielsweise in den db Physical Palladium ETC (WKN A1E TUQ) von

db x-trackers investieren. Die Royal Bank of Scotland bietet auf Palla-

dium außerdem Tracker-Zertifikate an, unter anderem eines ohne Wäh-

rungssicherung mit der WKN 330 491. Damit können Anleger eins zu

eins an der Wertentwicklung von Palladium teilhaben. Darüber hinaus

gibt es zahlreiche Produkte mit Hebelwirkung sowie Bonuszertifikate.

Physisches PalladiumFür Anleger stehen sowohl Anlagemünzen aus Palladium als auch Pal-

ladiumbarren mit einem Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent zur Aus-

wahl. Im Vergleich zu Gold oder Silber sind die Auflagen hier jedoch

sehr gering und dadurch der Aufschlag auf den Spotpreis meist höher.

Eine der beliebtesten Palladiummünzen ist der Maple Leaf. Seit dem

Jahr 2005 gibt es ihn auch in der Palladiumvariante. Die Münze wird

ausschließlich in der Stückelung eine Unze mit dem Nennwert 50 Kana-

dische Dollar angeboten. Die Feinheit beträgt 999,5/1.000. Das Design

ist das gleiche wie bei Gold- oder Silber-Maple-Leafs. Erhältlich ist

der Palladium-Maple-Leaf außer bei Banken auch bei verschiedenen

Edelmetallhändlern.

Crashkurs Rohstoffe.indb 137 19.07.2011 15:56:57

Page 139: Crashkurs Rohstoffe

Crashkurs Rohstoffe / 138

Andere PlatingruppenmetalleNeben Platin und Palladium gibt es noch vier weitere Metalle, die zur

Gruppe der Platinmetalle zählen. Dazu gehören Rhodium, Osmium

und Iridium, die im Jahre 1803 zusammen mit Palladium entdeckt

wurden, und Ruthenium, das 41 Jahre später gefunden wurde. In der

Natur treten alle Gruppenmetalle meist zusammen auf. Die Edelme-

talle der Platingruppe werden unter anderem nach der Dichte unter-

schieden. Es gibt sowohl leichte als auch schwere Edelmetalle. Zu den

leichten Edelmetallen der Platingruppe gehören neben Palladium Ru-

thenium und Rhodium, zu den schweren neben dem Namensgeber Pla-

tin auch Osmium und Iridium.

Rhodium

Erwähnt sei an dieser Stelle explizit Rhodium, das teuerste Edelmetall.

Aufgrund der oft rosenroten Färbung von Rhodiumverbindungen

Rhodium in US-Dollar

2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011

2.000

1.000

500

4.000

6.000

8.000

10.000

Abb. 3.35

Crashkurs Rohstoffe.indb 138 19.07.2011 15:56:58

Page 140: Crashkurs Rohstoffe

139 / Edelmetalle Andere Platingruppenmetalle

erhielt das Element den Namen Rhodium, abgleitet von dem Wort

„rhodon“ (Rose). Rhodium fällt nur als Nebenprodukt beim Abbau von

anderen Platinmetallen an. Die größten Rhodiumvorkommen der Welt

gibt es in Südafrika, Kanada und Russland.

Mitte 2008 erreichte der Rhodiumpreis seinen vorläufigen Höchst-

stand von mehr als 9.700 Dollar je Feinunze. Im Zuge der Finanzkrise

erlitt er einen deutlichen Einbruch auf zeitweise nur noch rund 1.000

Dollar. Seitdem kann sich die Notierung aber schrittweise erholen. Im

April 2011 kostete eine Unze bereits wieder 2.450 Dollar.

Rhodium wird unter anderem zur Beschichtung von Schmuck, Uhren

und Brillengestellen verwendet. Diese Technik bezeichnet man als Rho-

dinieren. Nahezu unersetzbar ist das Edelmetall bei der Produktion

von Flachbildschirmen und insbesondere in der Automobilindustrie

bei Katalysatoren. Diese absorbiert mehr als 80 Prozent des weltweiten

Angebots.

Ruthenium

Ruthenium wurde im Jahr 1844 vom deutsch-russischen Chemi-

ker Karl Ernst Claus entdeckt. Sein Name geht auf den Fundort zu-

rück: „Ruthenia“ – der lateinische Name Russlands. Von allen Pla-

tingruppenmetallen ist es das leichteste und seltenste. Die größten

Rutheniumvorkommen der Welt liegen in Russland, Südafrika und

den USA.

Das Metall wird ausschließlich von der Industrie nachgefragt. Es wird

unter anderem genutzt, um Legierungen mit Platin und Palladium ei-

nen größeren Härtegrad zu verleihen. Außerdem wird es verwendet,

um die Korrosionsbeständigkeit von Titanlegierungen zu erhöhen.

Eine kleine Konzentration von 0,1 Prozent erhöht die Korrosionsbe-

ständigkeit um das Hundertfache.

Crashkurs Rohstoffe.indb 139 19.07.2011 15:56:58

Page 141: Crashkurs Rohstoffe

Crashkurs Rohstoffe / 140

Osmium

Osmium ist mit einem spezifischen Gewicht von 22,48 der schwerste

Stoff der Erde und das Platinmetall mit dem höchsten Schmelzpunkt.

Seinen Namen verdankt Osmium seinem rettichartigen Geruch. Das

griechische Wort „Osme“ bedeutet Geruch. Die wichtigsten Osmium-

vorkommen befinden sich in Südafrika, Russland und den USA.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde Osmium bei der Produktion

von Glühfäden in Glühlampen eingesetzt. Später wurde es durch Wolf-

ram ersetzt.

Heute spielt Osmium als Legierungsmaterial bei der Herstellung von

sehr harten Platinlegierungen eine Rolle. Diese werden unter anderem

für elektrische Kontakte, Injektionsnadeln oder künstliche Herzklappen

verwendet.

Iridium

Iridium, das zu den seltensten Edelmetallen zählt, gilt als das Element

mit der höchsten Korrosionsbeständigkeit. Sein Name geht auf das

griechische Wort „Iris“ (Regenbogen) zurück. Die größten Iridiumvor-

kommen befinden sich in Südafrika, Russland sowie Nord- und Süda-

merika.

Das Edelmetall wird unter anderem als Auflage von Schreibfeder-

spitzen, bei chirurgischen Instrumenten sowie in Zündkerzen für

Flugzeugmotoren verwendet.

Der Name des bekannten Glühbirnenherstellers Osram

setzt sich aus den Bestandteilen Osmium und Wolfram

zusammen. !

Crashkurs Rohstoffe.indb 140 19.07.2011 15:56:58

Page 142: Crashkurs Rohstoffe

141 / Edelmetalle Andere Platingruppenmetalle

Kleine, aber feine Auswahl

Die Anlagemöglichkeiten für Privatanleger sind bei allen vier vorge-

stellten Metallen ziemlich begrenzt. Es gibt keine Münzen und Barren

und auch in Schmuckform sind sie kaum erhältlich. Die einfachste

Investitionsmöglichkeit besteht darin, sich an Minengesellschaften

zu beteiligen, die Platinmetalle fördern.

Die Royal Bank of Scotland bietet zudem die Möglichkeit, über Zerti-

fikate auf steigende Rhodiumpreise zu setzen. Das Rhodium-Zertifikat

(WKN AA0 XEK) spiegelt die Entwicklung des Kassapreises ohne Lauf-

zeitbegrenzung wider. Wer mit einer weiteren Dollarschwäche rechnet,

setzt auf die währungsgesicherte Variante mit der WKN AA0 XEJ.

An der Wertentwicklung von gleich mehreren Seltenen Metallen kön-

nen Anleger durch das Seltene-Metalle-Zertifikat (WKN AA0 R3X),

ebenfalls von der Royal Bank of Scotland, partizipieren. Auf die Wert-

entwicklung eines Aktienkorbs von Minengesellschaften, die Seltene

Metalle fördern, lässt sich mit dem Rare-Metals-Mining-Zerifikat mit

der WKN AA0 RPC wetten.

Crashkurs Rohstoffe.indb 141 19.07.2011 15:56:58

Page 143: Crashkurs Rohstoffe

Crashkurs Rohstoffe / 142

Diamanten

Zwar zählen Diamanten nicht zu den Edelmetallen, dennoch sollen

sie an dieser Stelle behandelt werden. Der Diamant ist der härteste Roh-

stoff der Welt. Diamanten bestehen aus reinem Kohlenstoff und sind

durch besondere Temperatur- und Druckumstände entstanden. Erst in

Tiefen von mehr als 150 Kilometern sind Druck und Temperaturen aus-

reichend, um Kohlenstoff in Diamanten zu verwandeln.

Bewertung schwierig

Jeder Diamant ist einzigartig. Es ist deswegen schwer, den jeweiligen

Wert zu ermitteln. Es fehlen feste Regeln für die Preisfindung, es gibt

lediglich Richtwerte, von denen Händler aber auch abweichen können.

Verschiedene Edelsteinprüflabore wie das Gemological Institute of

America (GIA) bieten ihre Dienste zur Klassifizierung und Erstellung

von Zertifikaten an.

Carat (Karat)In Karat wird das Gewicht eines Diamanten gemessen. Ein Karat (Ab-

kürzung: ct) entspricht 0,2 Gramm. Diese Messweise ist aus der Antike

abgeleitet, als der getrocknete Samen des Johannisbrotbaumes verwen-

det wurde, um die Waage auszupendeln. Die Samen haben ein Durch-

schnittsgewicht von rund 200 Milligramm. Später wurde dies metrisch

festgelegt.

Üblich ist die Bewertung nach den so genannten 4C-Kri-

tierien: carat (Gewicht), colour (Farbe), clarity (Reinheit)

und cut (Schliff). !

Crashkurs Rohstoffe.indb 142 19.07.2011 15:56:58

Page 144: Crashkurs Rohstoffe

143 / Edelmetalle Diamanten

Allerdings lassen sich Diamanten nicht einfach wie beispielsweise Edel-

metalle mit einem Preis pro Menge bewerten. Das liegt daran, dass grö-

ßere Diamanten viel seltener sind als kleinere. So kann ein zwei Karat

schwerer Diamant unter Umständen das Zehnfache eines einkarä-

tigen Diamanten bei sonst gleichen Eigenschaften kosten.

Colour (Farbe)Unterscheiden kann man Diamanten auch hinsichtlich ihrer Farbe.

Am wertvollsten sind im Allgemeinen die völlig farblosen. Durch die

Einlagerung von fremden Elementen während des Kristallwachstums

können Diamanten aber auch mehr oder weniger gelb getönt sein. Diese

sind aber deutlich weniger wert. Die Einstufung reicht in vielen Unter-

teilungen von Hochfeines Weiß+ (GIA-Bezeichnung: D, auch River+)

bis Getönt 4 (GIA: Z, Yellow).

Dennoch gibt es auch farbige Diamanten, die sogar einen deutlich

höheren Wert haben als die farblosen Exemplare. Sie werden „Fancy

Diamonds“ (englisch „fancy“: schick) genannt und haben sehr reine und

intensive Farben. Die seltensten und teuersten sind die reinen roten

Diamanten.

Clarity (Reinheit)Der Reinheitsgrad ist von der Größe und Menge der Einschlüsse ab-

hängig. Unter Einschlüssen versteht man kleine Fremdstoffpartikel oder

Luftblasen. Je weniger und je kleiner, desto besser kann das Licht den

Stein durchdringen und desto teurer sind die Diamanten. Die Spanne

der Einstufung reicht von „Lupenrein“ (Internationaler Begriff: Inter-

nally flawless, Abk.: IF), bei denen auch unter zehnfacher Vergröße-

rung keine Einschlüsse erkennbar sind, bis hin zu „Grobe Einschlüsse“

(3rd piqué, P3), die für den Fachmann mit dem bloßen Auge leicht zu

erkennen sind.

Crashkurs Rohstoffe.indb 143 19.07.2011 15:56:58

Page 145: Crashkurs Rohstoffe

Crashkurs Rohstoffe / 144

Cut (Schliff)In der Natur kommt der Diamant meist in einer Oktaederform vor.

Ziel des Schliffes ist es, durch die Einhaltung entsprechender Winkel

eine Totalreflexion zu erzeugen. Durch Schliff wird der Rohdiamant

sozusagen zum bearbeiteten Endprodukt. Der am weitesten verbreitete

Schliff ist der Brillantschliff.

Die Preise steigen wieder

Der Diamantenmarkt hat von 2007 bis Mitte 2008 einen ersten Höhe-

punkt erlebt. Aufgrund der Abhängigkeit von den USA als Hauptab-

nehmerland wurde der Diamantenmarkt besonders stark von der Wirt-

schaftskrise getroffen. Die Preise brachen massiv ein und erholten sich

erst im Frühjahr 2009 wieder, nachdem der größte Diamantenprodu-

zent der Welt, De Beers, seine Produktion um 90 Prozent gedrosselt

hatte. Seitdem klettern die Preise aber kontinuierlich und haben mitt-

lerweile sogar das Vorkrisenniveau übertroffen.

Rapaport-Diamantenpreis-Index in US-Dollar

2007 2008 2009 2010 2011

6.000

7.000

8.000

9.000

10.000Durchschnittspreis für 1-Karat-Diamanten in Spitzenqualität

Abb. 3.36

Crashkurs Rohstoffe.indb 144 19.07.2011 15:56:58

Page 146: Crashkurs Rohstoffe

145 / Edelmetalle Diamanten

Experten rechnen damit, dass Diamanten in den kommenden Jahren

noch teurer werden. So wurden in den vergangenen 20 Jahren kaum

größere Vorkommen entdeckt, die die rückläufigen Fördermengen der

alten Minen ausgleichen könnten. Zudem liegen neue Funde häufig in

wirtschaftlich und politisch instabilen Gebieten wie beispielsweise

Simbabwe.

Zudem dürfte das begrenzte Angebot auf eine steigende Nachfrage

treffen, was die Preise anheizen könnte. Insbesondere China und Indien

spielen hierbei eine immer wichtigere Rolle. Noch vor wenigen Jahren

wurde dort praktisch kein Diamantschmuck nachgefragt, mittlerweile

erfreut er sich stetig zunehmender Beliebtheit. Bis 2015 soll sich der

Marktanteil Chinas im Vergleich zu 2009 verdoppeln.

Investoren setzen auf AktienAnleger, die auf steigende Diamantenpreise setzen möchten, haben

eine Reihe von Möglichkeiten. Einerseits bietet sich der Kauf von phy-

sischen Diamanten in Form von Diamantschmuck, geschliffenen losen

Diamanten und Rohdiamanten an. Für den Laien ist dieses Geschäft

allerdings nicht zu empfehlen.

Eine andere Möglichkeit, von positiven Entwicklungen am Diaman-

tenmarkt zu profitieren, ist der Kauf von Aktienanteilen verschiedener

Schmuck- und Diamantenproduzenten, zum Beispiel vom US-Konzern

Tiffany. Unter den Minengesellschaften zählen Harry Winston und

Petra Diamonds zu den bedeutendsten Konzernen. Der mit Abstand

größte Diamantenproduzent der Welt, De Beers, ist dagegen nicht bör-

sennotiert.

Crashkurs Rohstoffe.indb 145 19.07.2011 15:56:58

Page 147: Crashkurs Rohstoffe

Crashkurs Rohstoffe.indb 146 19.07.2011 15:56:58

Page 148: Crashkurs Rohstoffe

147 / Industriemetalle

Industriemetalle

Kapitel 4

Crashkurs Rohstoffe.indb 147 19.07.2011 15:56:58

Page 149: Crashkurs Rohstoffe

Crashkurs Rohstoffe / 148

Der Name verrät es: Industriemetalle werden vor allem für die indus-

trielle Produktion benötigt. Allerdings ist die Abgrenzung zu den Edel-

metallen nicht ganz einfach, immerhin wird Silber auch von der Indus-

trie nachgefragt. Dennoch hat es sich eingebürgert, Silber zu den Edel-

metallen zu zählen. Spricht man heute von Industriemetallen, dann sind

vor allem Aluminium, Blei, Kupfer, Nickel, Zink und Zinn gemeint.

Der wichtigste Einflussfaktor ist allen sechs Rohstoffen gemeinsam:

das Wirtschaftswachstum. Lag der Fokus bis in die 1990er-Jahre vor

allem auf den westlichen Industrienationen, sind seitdem die Emerging

Markets, allen voran China, immer wichtiger geworden. Inzwischen ist

China mit Abstand der größte Einzelabnehmer für Industriemetalle.

Die Bedeutung der Weltwirtschaft für die Notierungen der Rohstoffe

zeigte sich anschaulich an der Finanzkrise. Ihr Ausbruch 2008 führte

zu einer scharfen Korrektur der Preise, doch als sich die Weltwirtschaft

erholte, fingen auch die Rohstoffpreise wieder an zu haussieren.

Der wichtigste Handelsplatz ist die London Metal Exchange (LME).

Kupfer wird außerdem noch an der amerikanischen COMEX gehandelt.

2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011

100

200

300

400

500

600

S&P GSCI Industrial Metals Index in Punkten

Abb. 4.0

Crashkurs Rohstoffe.indb 148 19.07.2011 15:56:59

Page 150: Crashkurs Rohstoffe

149 / Industriemetalle Aluminium

Aluminium Aluminium ist aus der modernen Industrie nicht mehr wegzuden-

ken. Das leichte und korrosionsbeständige Metall wird heute nahezu

universell eingesetzt. Egal ob im Fahrzeugbau, in der Luftfahrttechnik,

bei DVDs und Blu-Ray-Discs oder auch in der heimischen Küche bei

Konserven oder Alufolie: Aluminium ist im täglichen Leben allgegen-

wärtig. Da Aluminium durch Legierungen mit Magnesium, Silizium

und anderen Metallen mittlerweile Stahl in Sachen Festigkeit kaum

mehr nachsteht, ist es zu einem äußerst flexiblen Werkstoff geworden.

Zudem arbeiten Forscher daran, in Auto-Bordnetzen Kupfer durch

Aluminium zu ersetzen.

Aluminium ist neben Kupfer das am meisten gehandelte Industrie-

metall. Es wird an der London Metal Exchange in US-Dollar je Tonne

gehandelt. Ein Kontrakt bezieht sich auf 25.000 Tonnen. Die Notierung

von Aluminium könnte in der Zukunft maßgeblich durch ETCs mit

physischer Metallhinterlegung beeinflusst werden. Bei Aluminium

2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011

1.000

1.500

2.000

2.500

3.000

3.500

Aluminium in US-Dollar

Abb. 4.1

Crashkurs Rohstoffe.indb 149 19.07.2011 15:56:59

Page 151: Crashkurs Rohstoffe

Crashkurs Rohstoffe / 150

sind die Pläne bereits weit fortgeschritten. Für die Anleger hätte ein sol-

cher ETC den Vorteil, dass das Rollen von einem Kontrakt in den

nächs ten entfällt, da die Preisbildung des ETC der Preisbildung des

reinen Aluminiumpreises folgt.

Hoher Energiebedarf bei der Produktion

Aluminium ist in der Herstellung alles andere als günstig. Vor allem

die hohen Energiekosten schlagen hier zu Buche. Aluminium wird

nicht direkt abgebaut, sondern in zwei getrennten Arbeitsgängen aus

Bauxit gewonnen. Zunächst wird Aluminiumoxid produziert. Dieses

wird dann durch die Schmelzfluss-Elektrolyse in die zwei Bestandteile

Aluminium und Sauerstoff getrennt. Dazu werden Temperaturen von

950 bis 970 Grad Celsius benötigt. Daher spielen auch die Energiekos-

ten für den Preis von Aluminium eine wichtige Rolle. Experten schät-

zen, dass die Energiekosten bei Aluminiumschmelzen mehr als 40 Pro-

zent der Gesamtkosten ausmachen. Langfristig steigende Preise für

Ener gierohstoffe machen damit auch die Aluminiumproduktion er-

heblich teurer.

Aus diesem Grund ist die Wiederverwertung von sogenanntem Se-

kundär-Aluminium von Bedeutung, da hier nur etwa fünf Prozent der

Energie benötigt wird, die bei der Herstellung von Hüttenaluminium

aus Bauxit nötig ist. In den USA beispielsweise wird bereits mehr Alu-

minium aus Recycling als aus der Primärerzeugung gewonnen.

China als Dreh- und Angelpunkt

Die größten Bauxitvorkommen gibt es in Australien, gefolgt von Gui-

nea, Vietnam und Jamaika. Führend ist allerdings China. Dort wurde

die Produktion seit 2004 verdoppelt. Mittlerweile stammen rund 40

Crashkurs Rohstoffe.indb 150 19.07.2011 15:56:59

Page 152: Crashkurs Rohstoffe

151 / Industriemetalle Aluminium

Prozent der Weltproduktion aus China. Da China allerdings auch der

größte Nachfrager von Aluminium ist, gehört das Land trotz der hohen

Produktion 2009 sogar zu den Nettoimporteuren des leichten Metalls.

Allerdings hat sich dies bereits 2010 wieder geändert: Netto hat China

390.000 Tonnen Aluminium exportiert. China dürfte bei Aluminium

auf absehbare Zeit Selbstversorger bleiben.

Angebot und Nachfrage

Zwar präsentierte sich die Nachfrage in den vergangenen Jahren bei

Aluminium äußerst dynamisch, doch gleichzeitig wurden die Kapazi-

täten ausgebaut. So kam es gerade während der Finanzkrise zu deutlich

steigenden Lagerbeständen. Ein Teil davon konnte relativ rasch wieder

abgebaut werden. So wuchs die weltweite Nachfrage nach Aluminium

im Jahr 2010 um etwa 14 Prozent oder umgerechnet 4,7 Millionen Ton-

nen. Die Weltnachfrage lag bei rund 40 Millionen Tonnen und hatte das

Vorkrisenniveau damit übertroffen. In ihrem „Commodity Yearbook

2011“ rechnet die Landesbank Baden-Württemberg für die kommen-

den Jahre mit einem weiteren Nachfragewachstum für Aluminium im

Bereich von sechs bis sieben Prozent.

Im gleichen Atemzug wächst allerdings auch die Angebotsseite. 2010

gab es bei der Aluminiumherstellung mit 41 Millionen Tonnen einen

neuen Rekord. Dabei präsentierte sich wieder einmal China mit einem

Plus von 24 Prozent im Vergleich zum Vorjahr als Treiber der Ange-

botsseite. Damit dürfte das strukturelle Problem weiter erhalten blei-

ben: Zwar wurden 2010 41 Millionen Tonnen produziert, doch die

Hüttenkapazitäten belaufen sich auf rund 50 Millionen Tonnen. Der

Auslastungsgrad liegt damit gerade einmal bei 80 Prozent. Da half es

nur wenig, dass China Mitte 2010 einige Produktionskapazitäten stillge-

legt hatte, um die Klimaziele zu erreichen. Bereits zum Ende des Jahres

Crashkurs Rohstoffe.indb 151 19.07.2011 15:56:59

Page 153: Crashkurs Rohstoffe

Crashkurs Rohstoffe / 152

stieg die Produktion wieder an. Auf absehbare Zeit ist daher nicht mit

Engpässen bei Aluminium zu rechnen.

Investieren in Aluminium

Auf den Aluminium-Future können Anleger mit den üblichen Long-

und Short-Zertifikaten spekulieren. Die HypoVereinsbank bietet zudem

ein Open-End-Zertifikat (WKN HV3 ALU) an, mit dem Anleger eins

zu eins an der Entwicklung des Aluminium-Futures partizipieren. Al-

lerdings ist das Zertifikat nicht währungsgesichert.

Wer sich für ein Direktinvestment in Aktien entscheidet, kommt kaum

an dem Aluminium-Riesen Alcoa (WKN 852 206) vorbei. Das Unter-

nehmen ist seit 1959 im Dow Jones gelistet und eröffnet traditionell die

Berichtssaison in New York.

Die Hauptabnehmer von Alcoa sind die Flugzeug- und Autoindus-

trie, das Baugewerbe und die Verpackungsindustrie. Zuletzt erwirt-

schaftete Alcoa 2010 mit einem Umsatz von 21 Milliarden Dollar einen

2007 2008 2009 2010 2011

10

5

20

30

40

50

Alcoa in US-Dollar

Abb. 4.2

Crashkurs Rohstoffe.indb 152 19.07.2011 15:56:59

Page 154: Crashkurs Rohstoffe

153 / Industriemetalle Aluminium

Gewinn von 258 Millionen Dollar oder 0,24 Dollar je Aktie. Alcoas

Vorstandsvorsitzender, der frühere Siemens-Manager Klaus Kleinfeld,

zeigt sich für die weitere Entwicklung der Nachfrage nach Aluminium

sehr optimistisch. Er rechnet bis 2020 mit einer Verdopplung der

Nachfrage. Dazu sollten vor allem die Flugzeug- und Autoindustrie

beitragen.

Allerdings ist Alcoa nicht der größte Aluminiumproduzent. Die Num-

mer 1 der börsengelisteten Unternehmen ist derzeit Rusal aus Russ-

land. Rusal erwirtschaftete im Jahr 2010 einen Nettogewinn von 2,87

Milliarden Dollar.

Dabei spielt dem Konzern die Nähe zu China in die Karten. Zudem

notiert die Aktie seit Anfang 2010 auch an der Börse in Hongkong. Chi-

na spielt bei Rusal eine zentrale Rolle: Mit einem Joint Venture mit der

chinesischen Xhinshan Aluminium Industry will Rusal seine Stellung

in China weiter stärken. Im Rahmen des Joint Ventures sollen Bauxit,

Aluminium und Aluminiumoxid in Asien und dem Pazifikraum abge-

baut und produziert werden.

2010 Mär Apr Mai Apr MaiJun Jul Aug Sep Okt Nov Dez 2011 Feb Mär

6

8

10

12

14

Rusal in Hongkong-Dollar

Abb. 4.3

Crashkurs Rohstoffe.indb 153 19.07.2011 15:57:00

Page 155: Crashkurs Rohstoffe

Crashkurs Rohstoffe / 154

Blei Alchemisten haben lange versucht, aus Blei Gold herzustellen. Man-

cher Anleger hat sich zu Beginn des neuen Jahrhunderts tatsächlich

mit Blei eine goldene Nase verdient. Das Industriemetall kletterte von

2003 bis 2007 von 500 bis auf rund 4.000 Dollar je Tonne – um im Zuge

der Finanzkrise auf knapp unter 1.000 Dollar je Tonne einzubrechen.

Recycling wird immer wichtiger

Blei wurde schon in der frühen Bronzezeit verwendet. Allerdings

wusste man anfangs nichts von seiner giftigen Wirkung. So wurden frü-

her auch Trinkwasserrohre aus Blei hergestellt. Im Benzin wurde Blei

lange Zeit als Additiv verwendet, bis als Tribut an den Umweltschutz

bleifreies Benzin eingeführt wurde. Mittlerweile wird Blei von der In-

dustrie vor allem für Autobatterien nachgefragt – in den USA stammte

zuletzt 90 Prozent des gesamten Bleiverbrauchs aus diesem Bereich.

Blei kommt in der Erdkruste selten gediegen vor. Die kommerzielle

Nutzung erfolgt zumeist aus dem Mineral Galenit. Galenit tritt häu-

fig vergesellschaftet mit den Sulfiden anderer Metalle wie Kupfer oder

Zink auf, weshalb die meisten Bleiproduzenten auch diese fördern. Die

größten Vorkommen sind in den USA, Australien, Russland und Kana-

da. Allerdings war zuletzt China der wichtigste Förderer von Blei. 2010

produzierte China 1,9 Millionen Tonnen Blei, rund 45 Prozent der

Weltförderung. Mittlerweile nimmt das Recycling eine entscheidende

Rolle bei der Bleigewinnung ein. 2010 stammte in der westlichen Welt

bereits 76 Prozent des Gesamtangebots aus der Sekundärproduktion.

Die Nachfrage nach Blei hängt stark mit dem steigenden Wohlstand

in den Emerging Markets zusammen. Dort wächst die Nachfrage nach

Autos und damit auch die nach Autobatterien. So verwundert es nicht,

Crashkurs Rohstoffe.indb 154 19.07.2011 15:57:00

Page 156: Crashkurs Rohstoffe

155 / Industriemetalle Blei

dass China mit einem Anteil von 37 Prozent in den vergangenen Jahren

der größte Bleiverbraucher war. Wie bei Aluminium wurde China auch

bei Blei im Jahr 2009 von Nettoexporteur zum Nettoimporteur. Insge-

samt dürfte die Bleinachfrage in den kommenden Jahren stark an die

Konjunktur der Autoindustrie gekoppelt sein. Allein der Bereich Auto-

Ersatzbatterien ist für 50 Prozent der Nachfrage nach Blei verantwort-

lich. Da in den kommenden Jahren die Autonachfrage vor allem in den

Emerging Markets weiter zunehmen dürfte, rechnen Experten mit

einem durchschnittlichen Anstieg der Bleinachfrage von vier Prozent.

Der wichtigste Handelsplatz ist die London Metal Exchange (LME).

Dort wird die Notierung in US-Dollar je Tonne gehandelt, wobei sich

ein Kontrakt auf 25 Tonnen bezieht. Insofern sind neben der Konjunk-

tur auch die täglich herausgegebenen Lagerbestände der LME ein wich-

tiger Indikator für die Preisentwicklung bei Blei.

Mit dem Open Ended Tracker Zertifikat auf Blei (WKN BC2 BL1) der

Barclays Bank können Anleger direkt an der Entwicklung partizipie-

ren. Das Zertifikat ist allerdings nicht währungsgesichert.

2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011

1.000

500

2.000

3.000

4.000

Blei in US-Dollar

Abb. 4.4

Crashkurs Rohstoffe.indb 155 19.07.2011 15:57:00

Page 157: Crashkurs Rohstoffe

Crashkurs Rohstoffe / 156

Kupfer Neben Zinn und Silber war Kupfer das erste Metall, das die Mensch-

heit entdeckte und verarbeitete. Kein Wunder, dass der Zeitraum von

fünften bis zum dritten Jahrtausend vor Christus auch als Kupferzeit

bezeichnet wird. Später wurde Kupfer zusammen mit Zinn zu der här-

teren Legierung Bronze verarbeitet. Bereits im antiken Griechenland

war Bronze bekannt, doch es waren die Römer, die der Legierung zu

ihrem Durchbruch verhalfen. Überlieferungen zufolge dürfte die Kup-

fer-Jahresproduktion des Römischen Reiches bei rund 15.000 Tonnen

gelegen haben. Es war nicht zuletzt den härteren Bronzeschwertern

und -schildern zu verdanken, dass römische Legionäre einen Siegszug

durch halb Europa starteten. Damals stammte ein Großteil des Kupfers

von der Insel Zypern, die dem Metall auch seinen Namen gab. Kupfer

geht auf den alten lateinischen Namen Cyprium zurück, was so viel

bedeutet wie „Metall aus Zypern“. Mittlerweile liegt die jährliche Kup-

ferproduktion bei rund 20 Millionen Tonnen und Kupfer ist das am

2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011

2.000

1.000

4.000

6.000

8.000

10.000

Kupfer in US-Dollar

Abb. 4.5

Crashkurs Rohstoffe.indb 156 19.07.2011 15:57:00

Page 158: Crashkurs Rohstoffe

157 / Industriemetalle Kupfer

meisten genutzte Metall. Die Korrosionsbeständigkeit, gepaart mit der

hervorragenden Leitfähigkeit für Elektrizität, macht Kupfer vielseitig

einsetzbar. Kupfer besitzt nach Silber die höchste spezifische Leitfähig-

keit für elektrischen Strom und wird daher bei Kabeln, Leiterplatten

und Schaltkreisen genauso wie bei Drosseln und Spulen eingesetzt. Die

Elektroindustrie gehört aus diesem Grund zu den größten Abnehmern

von Kupferprodukten. Daneben hat die Autoindustrie an Bedeutung

gewonnen. So sind mittlerweile im Schnitt 34 Kilogramm Kupfer in je-

dem Auto verbaut. Auch beim Flugzeugbau oder beim Bau von Zügen

ist Kupfer ein wichtiger Bestandteil. In modernen Hochgeschwindig-

keitszügen sind zwischen zwei und vier Tonnen Kupfer verbaut. Zu-

dem ist Kupfer Bestandteil von Legierungen wie Messing, Bronze und

Neusilber.

Von Kupfererz zu Kupfer

Kupfer kommt zwar in der Natur gediegen vor, allerdings nur an we-

nigen Orten. Wirtschaftlich bedeutend ist die Gewinnung von Kupfer

aus Kupfererz. Dabei wird das Kupfererz heutzutage meist in Open-

Pit-Minen, das heißt nahe der Oberfläche abgebaut. Allerdings dürfte

auf mittlere Sicht der Untertagebau an Bedeutung gewinnen, da die Mi-

nenbetreiber bereits mit sinkenden Metallgehalten zu kämpfen haben.

Das gewonnene Erz wird durch Flotation zu Kupferkonzentrat mit

einem Gehalt von durchschnittlich rund 30 Prozent Kupfer verarbei-

tet. Anschließend wird das Kupferkonzentrat in Raffinerien geröstet

und von Eisenoxiden befreit. Der sogenannte Kupferstein, der hier ent-

steht, weist bereits einen Kupfergehalt von rund 70 Prozent auf. Im

nächsten Arbeitsschritt wird der Kupferstein geschmolzen und in einen

Konverter gegossen. Das Eisensulfid wird entfernt und das Kupfer oxi-

diert. Das Oxid setzt sich zu Rohkupfer um, das einen Kupfergehalt

Crashkurs Rohstoffe.indb 157 19.07.2011 15:57:00

Page 159: Crashkurs Rohstoffe

Crashkurs Rohstoffe / 158

von rund 98 Prozent aufweist. Eine noch reinere Form ist das soge-

nannte Elektrolytkupfer, das durch elektrolytische Kupferaffination ge-

wonnen wird. Hier wird ein Kupfergehalt von 99,99 Prozent erreicht.

In keinem anderen Land ist die Minenproduktion von Kupfer so hoch

wie in Chile. Das südamerikanische Land produzierte 2009 insgesamt

5,4 Millionen Tonnen, mehr als ein Drittel der weltweiten Minenpro-

duktion. In Sachen raffinierten Kupfers hat jedoch China mit rund 4,3

Millionen Tonnen pro Jahr die Nase vorn. In ganz Asien kletterte die

Produktion mit einem Anteil von 27 Prozent an der Weltproduktion

im Jahr 1990 auf 52 Prozent im Jahr 2009. Zudem ist China auch der

größte Abnehmer. Der Preisanstieg im ersten Jahrzehnt des neuen

Jahrhunderts ging vor allem auf die starke Nachfrage aus China zurück.

2009 stand China für eine Nachfrage nach über sieben Millionen Ton-

nen raffinierten Kupfers. Damit ist auch klar: China gehört zu den

großen Nettoimporteuren.

Für die Jahre 2011 und 2012 sagen Experten ein Angebotsdefizit für

Kupfer voraus. Neben China sollen dabei auch Europa und Nordame-

rika wieder vermehrt auf der Nachfrageseite auftreten. Raúl de la Pied-

ra, Vizedirektor des größten Kupferproduzenten Codelco, rechnet je-

doch weiterhin mit China als treibender Kraft. Jedes Jahr würde China

500.000 Tonnen mehr Kupfer nachfragen als im Vorjahr – das ent-

spricht der Produktionskapazität einer größeren Mine. Zudem sind die

Lagerbestände 2010 und 2011 bereits deutlich gesunken. Experten ge-

hen für 2011 von einem Defizit von 400.000 Tonnen und für 2012 be-

reits von 450.000 Tonnen aus. An dem Defizit dürfte auch die hohe

Recyclingquote nichts ändern. In den USA stammt bereits rund ein

Drittel aus Recycling. Die Wiederverwertung dürfte in den kommen-

den Jahren weiter an Bedeutung gewinnen.

Auch der Kupferpreis wird an der London Metal Exchange gehandelt.

Die Notierung erfolgt in US-Dollar je Tonne. Ein Kontrakt bezieht sich

Crashkurs Rohstoffe.indb 158 19.07.2011 15:57:00

Page 160: Crashkurs Rohstoffe

159 / Industriemetalle Kupfer

Rang Mine Land Eigentümer Kapazitätin 1.000 Tonnen

1 Escondida ChileBHP Billiton (57,5%), Rio Tinto Corp. (30%),

Japan Escondida (12,5%)1.300

2

Codelco Norte (incl. Chuqui-

camata, Radomiro, Tomic,

MinaMinistroHales Project)

Chile Codelco 920

3 Grasberg Indonesien P.T. Freeport Indonesia Co. (PT- FI), Rio Tinto 780

4 Collahuasi ChileAnglo American (44%), Xstrata plc (44%),

Mitsui + Nippon (12%)520

5 El Teniente Chile Codelco Chile 454

6Taimyr Peninsula

(Norilsk/Talnakh Mills)Russland Norilsk Nickel 430

7 Antamina PeruBHP Billiton (33.75%), Teck (22,5%), Xstrata plc

(33,75%), Mitsubishi (10%)400

8 Los Pelambres ChileAntofagasta Plc (60%), Nippon Mining (25%),

Mitsubishi Materials (15%)400

9 Morenci US Freeport-McMoRan Copper & Gold Inc./Sumitomo 390

10 Bingham Canyon US Kennecott (Rio Tinto) 280

10 Batu Hijau Indonesien

PT Pukuafu (20%), Newmont (41,5%), Sumitomo

Corp., Sumitomo Metal Mining & Mitsubishi Ma-

terials (31,5%), PT Multi Daerah Bersaing (7%)

280

10 Andina Chile Codelco Chile 280

13 Kansanshi Sambia First Quantum Minerals Ltd (80%), ZCCM (20%) 270

14 Los Bronces Chile Anglo American (100%) 241

15 Zhezkazgan Complex Kasachstan Kazakhmys (Samsung) 230

16 Olympic Dam Australien BHP Billiton 225

17 Rudna Polen KGHM Polska Miedz S.A. 220

18 Sarcheshmeh Iran National Iranian Copper Industry Co. 204

19 Spence Chile BHP Billiton 200

20 La Caridad Mexiko Mexicana de Cobre S.A. (Grupo Mexico) 195

Abb. 4.6 / Top 20 Kupferbergwerke nach Kapazität, 2010

Quelle: International Copper Study Group

Crashkurs Rohstoffe.indb 159 19.07.2011 15:57:00

Page 161: Crashkurs Rohstoffe

Crashkurs Rohstoffe / 160

auf 25.000 Tonnen. Daneben wird Kupfer auch an der NYMEX gehan-

delt. Dort notiert das Metall in US-Cent je amerikanische Pfund (lb).

Ein Kontrakt bezieht sich dabei auf 25.000 lbs. In den vergangenen Jah-

ren hat zudem der Handel an der Shanghai Futures Exchange (SHFE)

an Bedeutung gewonnen.

Auf der Suche nach Aktien von Kupferproduzenten haben Anleger

die Qual der Wahl. Allerdings ist der größte Kupferproduzent, die chi-

lenische Codelco, selbst nicht börsennotiert. Konzerne wie Rio Tinto,

BHP Billiton oder auch Anglo American erwirtschaften aber einen be-

deutenden Teil ihrer Umsätze mit Kupfer.

Der größte börsennotierte Kupferproduzent ist Freeport-McMoRan

(WKN 896 476). Das in Phoenix ansässige Unternehmen ist außerdem

in der Produktion von Gold und Molybdän tätig. Das Hauptprojekt ist

die Graberg-Mine in Indonesien, wo neben Kupfer auch Gold abgebaut

wird. Daneben betreibt der Konzern fünf Kupferminen in Nordameri-

ka, vier in Peru und Chile. Außerdem entwickelt Freeport-McMoRan in

der Demokratischen Republik Kongo das Tenke-Fungurume-Projekt,

2007 2008 2009 2010 2011

10

20

30

40

50

60

Freeport-McMoRan in US-Dollar

Abb. 4.7

Crashkurs Rohstoffe.indb 160 19.07.2011 15:57:00

Page 162: Crashkurs Rohstoffe

161 / Industriemetalle Kupfer

das als größtes noch unentwickeltes Kupfer- und Kobaltprojekt der

Welt gilt. Die Entwicklung des Konzerns kann sich sehen lassen: Die

Umsätze kletterten von 15 Milliarden Dollar im Jahr 2009 auf knapp

19 Milliarden 2010. Unterm Strich verdiente der Konzern 4,27 Milliar-

den Dollar. Den Hauptumsatz macht der Konzern dabei mit Kupfer.

2010 summierten sich die Verkäufe auf 3,9 Milliarden Pfund Kupfer,

was in etwa 1,7 Millionen Tonnen entspricht.

Für Anleger könnte sich auch ein Blick auf die Aktie von Xstrata (WKN

552 834) lohnen. Das Unternehmen ist weltweit der viertgrößte Kupfer-

produzent mit einer Produktion von rund 900.000 Tonnen Kupfer pro

Jahr. Die Pläne des Konzerns sind ehrgeizig: Bis zum Jahr 2015 will

Xstrata den Kupferausstoß um 60 Prozent auf 1,5 Millionen Tonnen al-

leine durch organisches Wachstum steigern. Die Minen und Produkti-

onsstätten des in der Schweiz ansässigen Konzerns liegen in Australien,

Chile, Peru, Argentinien und Kanada. Besonders interessant: Xstrata ist

auch in das Recyclinggeschäft eingestiegen und ist mittlerweile nach ei-

genen Angaben weltweit führend beim Recycling von Elektronikteilen.

2007 2008 2009 2010 2011

500

250

1.000

1.500

2.000

2.500

Xstrata in Britische Pence

Abb. 4.8

Crashkurs Rohstoffe.indb 161 19.07.2011 15:57:01

Page 163: Crashkurs Rohstoffe

Crashkurs Rohstoffe / 162

Nickel Es waren Berggeister, denen Nickel seinen Namen zu verdanken hat.

Im 18. Jahrhundert förderten Bergleute eine Substanz, die aussah wie

Kupfererz, aus der sich aber kein Kupfer gewinnen ließ. Die Bergleute

schlossen daraus, dass das Kupfererz von Berggeistern, sogenannten

Nickeln, verhext wurde. So bürgerte sich der Name für Nickel ein. Tat-

sächlich verwendeten die Menschen Nickel schon weit länger – ohne

allerdings zu wissen, um was es sich handelte. Antike Münzen beispiels-

weise enthielten Kupfernickel.

Doch erst im Jahr 1751 erkannte der schwedische Bergbauingenieur

Axel F. Cronstedt die wahre Natur des Elements. Wirtschaftliche Be-

deutung erlangte Nickel ab Mitte des 19. Jahrhunderts. 1843 stellte

der Engländer Michael Faraday ein Verfahren zur galvanischen Ver-

nickelung vor.

Nickel macht Stahl noch härter

Heute wird Nickel vor allem für hochwertige Edelstahllegierungen

verwendet. Es macht Stahl korrosionsbeständig und erhöht seine Härte

und Zähigkeit. Zur Anwendung kommt es vor allem dort, wo Stahl in

einer besonders korrosiven Umgebung eingesetzt wird – also beispiels-

weise in der Bauindustrie. Rostfreier Edelstahl besteht normalerweise

aus rund zehn Prozent Nickel.

Anwendungsgebiete sind unter anderem harte Panzerplatten, die

beispielsweise von der Rüstungsindustrie nachgefragt werden. Die

Rechnung, Nickel könnte einen zusätzlichen Schub bekommen, da

verstärkt Edelstahl beim Bau von Kernreaktoren zum Einsatz kommt,

dürfte sich nach dem GAU in Japan erübrigt haben. Reines Nickel-

metall hingegen wird unter anderem bei einigen Apparaten in che-

mischen Labors verwendet. Da Nickel in der Natur kaum gediegen

Crashkurs Rohstoffe.indb 162 19.07.2011 15:57:01

Page 164: Crashkurs Rohstoffe

163 / Industriemetalle Nickel

vorkommt, wird der überwiegende Teil aus nickel- und kupferhal-

tigen Eisenerzen gewonnen. Die wichtigsten Fördernationen sind

Russland und Kanada. Gemeinsam produzieren sie rund 40 Prozent

der weltweiten Fördermenge. Der wichtigste Verbraucher ist auch

hier China. Das Reich der Mitte deckt etwa 20 Prozent der weltwei-

ten Edelstahlproduktion ab. Entsprechend hoch ist die Nachfrage

nach Nickel. Im Jahr 2010 stand China für rund 37 Prozent der Nach-

frage nach Nickel. Betrachtet man ganz Asien, kommt man auf einen

Wert von 61 Prozent.

Weltweit werden jährlich rund 1,5 Millionen Tonnen Nickel abge-

baut. Damit gehört Nickel zu den Industriemetallen mit einem sehr

geringen Ausstoß. Entsprechend ist in den vergangenen Jahren die

Bedeutung des Recyclings gewachsen. Die USA schaffen es bereits,

rund 40 Prozent ihres Nickelbedarfs durch Wiederaufbereitung zu

decken. Die Preisentwicklung bei Nickel ist eng mit der Nachfrage

nach Edelstahl verknüpft.

Nickel in US-Dollar

2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011

10.000

5.000

20.000

30.000

40.000

50.000

Abb. 4.9

Crashkurs Rohstoffe.indb 163 19.07.2011 15:57:01

Page 165: Crashkurs Rohstoffe

Crashkurs Rohstoffe / 164

Streiks sorgen für Produktionsrückgang

Ähnlich wie bei anderen Rohstoffen kann es auch bei den Industrie-

metallen durch Arbeitskämpfe in Minen zu unerwarteten Produkti-

onsausfällen kommen, so bei Nickel im Jahr 2010. Damals standen die

Minen des Rohstoffkonzerns Vale in Kanada monatelang still. Da-

durch kam es nach Schätzungen zu einem Produktionsausfall von 75.000

Tonnen, was umgerechnet rund fünf Prozent der Weltproduktion ent-

spricht. Im Ergebnis gab es 2010 statt eines weiteren Überschusses so-

gar ein Defizit auf dem Nickelmarkt – was sich als weiterer Preistreiber

für Nickel herausstellte.

Nickel Pig Iron

In China – und derzeit nur dort – gibt es noch ein weiteres Phänomen,

mit dem sich Anleger auseinandersetzen sollten: Nickel Pig Iron. In Chi-

na wird Nickel teilweise aus importierten Eisenerz-Lateriten gewonnen.

Zwar weisen diese nur einen Nickelgehalt zwischen zwei und sechs Pro-

zent aus, doch in China wird Nickel Pig Iron bereits von Edelstahlprodu-

zenten genutzt. Der Grund: Es ist günstiger als normales Nickel. Bislang

wird Nickel Pig Iron nur in China verwendet. Ein Export ist nicht lukra-

tiv, da derzeit eine Exportsteuer von zehn Prozent besteht. Um diese Ex-

portsteuer zu umgehen, planen einige chinesische Firmen den Bau von

Werken auf den Philippinen oder auch in Indonesien. Zudem könnte es

China durch Nickel Pig Iron gelingen, Angebotsdefizite auszugleichen.

Einige Experten vermuten, Nickel Pig Iron könnte die Preisentwicklung

von Nickel nach oben deckeln, andere wiederum weisen darauf hin, dass

die Herstellung von Nickel Pig Iron unter Umweltgesichtspunkten ein

Albtraum ist und China der ausufernden Produktion mit Blick auf die

eigenen Umweltziele einen Riegel vorschieben dürfte.

Crashkurs Rohstoffe.indb 164 19.07.2011 15:57:01

Page 166: Crashkurs Rohstoffe

165 / Industriemetalle Nickel

Investieren in Nickel

Der wichtigste Handelsplatz ist wie bei den anderen Industriemetallen

auch die London Metal Exchange. Die Notierung erfolgt in US-Dollar

je Tonne. Ein Kontrakt umfasst in diesem Fall sechs Tonnen.

Anleger können beispielsweise mit dem Open-End-Zertifikat der

HypoVereinsbank (WKN HV3 NCK) auf den Nickel-Future an der

Entwicklung des Industriemetalls teilhaben. Das Zertifikat ist nicht

währungsgesichert.

Wer sich für ein Engagement in Einzelaktien entscheidet, kommt an

dem weltgrößten Nickelproduzenten Norilsk Nickel nicht vorbei. Der

im russischen RTS-Index gelistete Konzern trägt nach eigenen Anga-

ben 1,5 Prozent zum russischen Bruttoinlandsprodukt bei. Neben Ni-

ckel produziert der Konzern vor allem Palladium, Platin und Kupfer. In

den vergangenen Jahren belastete allerdings ein Streit um die Vormacht-

stellung den Konzern. Operativ hingegen profitiert der Konzern zum

einen von der Nähe zu Russland, zum anderen von den guten Produk-

tionsstätten. So kündigte der Marktführer an, den Nickelausstoß wei-

ter erhöhen zu wollen, um die anziehende Nachfrage zu befriedigen.

Crashkurs Rohstoffe.indb 165 19.07.2011 15:57:01

Page 167: Crashkurs Rohstoffe

Crashkurs Rohstoffe / 166

Zink Es waren die Inder, die im 17. Jahrhundert Zink als eigenes Metall ent-

deckt haben. Genutzt wurde es jedoch als Legierungsbestandteil von

Messing schon im Altertum. Zink ist ein bläulich-weißes Metall. Be-

kannt ist es vor allem von Regenrinnen. Ein Großteil des industriell ge-

nutzten Zinks wird zum Verzinken von Eisen und Stahlteilen benutzt.

Damit unterliegt die Zinknachfrage ähnlich wie die Nachfrage nach

Nickel stark dem Stahlzyklus.

Zink wird meist aus Erzen gewonnen. Die wichtigsten Erze sind Spha-

lerit und Wurtzit mit einem Zinkgehalt von rund 65 Prozent, Smithso-

nit weist einen Zinkgehalt von rund 52 Prozent auf. Daneben stammt

bereits rund ein Drittel des produzierten Zinks aus Recycling. Der wich-

tigste Zinkproduzent ist China mit einem Weltmarktanteil von 25,2

Prozent im Jahr 2009. Auf den Plätzen 2 und 3 folgen Peru und Austra-

lien. Die Jahresproduktion der drei Länder liegt bei rund der Hälfte der

weltweiten jährlichen Produktion. Der weltweite wirtschaftliche Auf-

schwung nach der Finanzkrise führte zu steigenden Zinkpreisen und

ließ auch die Produktion wieder ansteigen. Allein im Jahr 2010 klet-

terte die Minenförderung um neun Prozent und die Raffinerieproduk-

tion um 13 Prozent. Auf der Angebotsseite taten sich dabei vor allem

die chinesischen Minen hervor. Schätzungen gehen davon aus, dass in

China die Minenproduktion schlagartig um 20 Prozent wuchs, was vor

allem auf die Inbetriebnahme von stillgelegten Förderkapazitäten zu-

rückzuführen ist.

Ähnlich wie bei anderen Industriemetallen sorgen auch bei Zink vor

allem die Emerging Markets für Nachfrageimpulse. Im Jahr 2010 kam

es analog zur Erhöhung des Angebots auch zu einem Nachfrageschub

von rund 15 Prozent. Hauptauslöser war die Stahlindustrie, die sich ra-

scher von der Krise erholt hat, als von vielen Experten erwartet. Für die

Crashkurs Rohstoffe.indb 166 19.07.2011 15:57:01

Page 168: Crashkurs Rohstoffe

167 / Industriemetalle Zink

kommenden Jahren rechnen Experten mit einer ähnlich dynamischen

Entwicklung. Allerdings gab es nach Berechungen der International

Lead and Zinc Study Group auch 2010 zum fünften Mal in Folge einen

Überschuss an Zink auf dem Weltmarkt. Die Experten der Landesbank

Baden-Württemberg gehen in einer Studie davon aus, dass es erst 2012

zu einer Entspannung auf dem Zinkmarkt kommen dürfte, weil in den

kommenden Jahren nur wenige Neuprojekte an den Start gehen, dafür

aber einige alte namhafte Minen geschlossen werden.

Investieren in Zink

Der wichtigste Handelsplatz für Zink ist die London Metal Exchange

(LME). Die Notierung erfolgt in US-Dollar je Tonne. Ein Kontrakt be-

zieht sich auf 25 Tonnen. Daneben wird Zink auch an der Warentermin-

börse in Schanghai gehandelt.

Auf die Entwicklung des Zinkpreises lässt sich mit den üblichen Long-

und Short-Zertifikaten spekulieren. Daneben bietet beispielsweise die

2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011

1.000

500

2.000

3.000

4.000

5.000

Zink in US-Dollar

Abb. 4.10

Crashkurs Rohstoffe.indb 167 19.07.2011 15:57:01

Page 169: Crashkurs Rohstoffe

Crashkurs Rohstoffe / 168

Royal Bank of Scotland wie einige andere Emittenten auch ein Open-

End-Zertifikat auf Zink (WKN ABN 0SA) an. Ein Währungsrisiko

müssen Anleger in diesem Fall nicht fürchten: Das Produkt ist wäh-

rungsgesichert.

Mit einem Engagement in Einzelaktien wird es schwierig, da Zink

von den Bergwerkskonzernen meist als Nebenprodukt gewonnen wird.

Anleger können jedoch einen Blick auf Teck Resources (WKN 858 265)

werfen. Das kanadische Unternehmen ist einer der größten Zinkpro-

duzenten weltweit. Die Raffinerieproduktion von Teck Resources be-

läuft sich auf rund 278.000 Tonnen Zink jährlich. Mit der Red-Dog-

Mine in Alaksa besitzt der Konzern eine der größten Zinkminen welt-

weit. Daneben produziert Teck Resources aber auch in der Antamina-

Mine im Norden Perus. Die Kunden des Konzerns stammen vor allem

aus Asien und Europa. Neben Zink fördert der Konzern auch Kupfer

und Kohle.

2007 2008 2009 2010 2011

20

10

5

2

40

60

Teck Resources in US-Dollar

Abb. 4.11

Crashkurs Rohstoffe.indb 168 19.07.2011 15:57:02

Page 170: Crashkurs Rohstoffe

169 / Industriemetalle Zinn

2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011

10.000

5.000

2.500

20.000

30.000

40.000

Zinn in US-Dollar

Abb. 4.12

Zinn Dank der Politik hat ein anderes Metall in den vergangenen Jahren an

Bedeutung gewonnen: Zinn. Sowohl in der EU als auch in Japan trat

2006 ein Gesetz in Kraft, nach dem künftig kein Blei mehr in elektro-

nischen Geräten verwendet werden soll. Als Substitut kommt Zinn in

Betracht. Entsprechend erwachte der Zinnpreis Mitte der ersten Dekade

des neuen Jahrhunderts aus seinem langen Dornröschenschlaf.

Mehr als 40 Prozent der weltweiten Nachfrage stammen aus der Elek-

troindustrie, wo Zinn vor allem als Lötmaterial Verwendung findet. Da-

neben wird Zinn beim Verzinnen von korrosionsgefährdeten Metallen

verwendet. Aber auch beim Transport von Lebensmitteln in Weißblech-

containern kommt Zinn zum Einsatz.

Anders als bei anderen Metallen stammt der Löwenanteil der Zinnge-

winnung nicht aus Minen. Nur etwa ein Fünftel des weltweit verwen-

deten Zinns stammt von dort. Der überwiegende Teil kommt aus Flüs-

sen oder vom Meeresgrund. Dort wird das Metall aus sogenannten

Crashkurs Rohstoffe.indb 169 19.07.2011 15:57:02

Page 171: Crashkurs Rohstoffe

Crashkurs Rohstoffe / 170

Zinnseifenablagerungen gewonnen. Auch bei Zinn nimmt die Bedeu-

tung von Recycling zu. Beim Abbau ist China mit einem Weltmarktan-

teil von mehr als 40 Prozent führend. Daneben sind Indonesien, Peru,

Brasilien und Bolivien wichtige Zinnförderer.

Obwohl Zinn vor allem durch die ansteigende chinesische Nachfrage

in den vergangenen Jahren in den Fokus rückte, ist der Zinn-Future an

der LME nach wie vor der am wenigsten gehandelte Kontrakt. Er no-

tiert in US-Dollar je Tonne und umfasst jeweils fünf Tonnen.

Als Einzelinvestment kommt der indonesische Konzern PT Timah

(WKN A0Q 7SR) in Betracht. Ein Großteil des Unternehmens befindet

sich in staatlicher Hand, doch der Freefloat der Aktien liegt mittlerwei-

le bei 35 Prozent. Der Konzern verfügt über 114 Lizenzen zum Abbau

von Zinn. Für 2011 gehen Experten von einem Anstieg der Produktion

von fünf Prozent aus. Allerdings hängen die Fördermengen der indone-

sischen Förderer vom Wetter ab. Heftige Regenfälle haben in den ver-

gangenen Jahren immer wieder für Verzögerungen gesorgt. PT Timah

strebt eine Jahresproduktion von 40.000 bis 50.000 Tonnen Zinn an.

2007 2008 2009 2010 2011

1.000

500

2.000

3.000

4.000

PT Timah in Indonesische Rupiah

Abb. 4.13

Crashkurs Rohstoffe.indb 170 19.07.2011 15:57:02

Page 172: Crashkurs Rohstoffe

171 / Seltene Metalle

Seltene Metalle

Kapitel 5

Crashkurs Rohstoffe.indb 171 19.07.2011 15:57:02

Page 173: Crashkurs Rohstoffe

Crashkurs Rohstoffe / 172

Unter Gold, Öl oder Kupfer können sich die meisten Menschen noch

etwas vorstellen. Bei Seltenen Metallen verhält es sich schon anders.

Zwar sind ohne diese Rohstoffe Zukunftstechnologien wie Elektroau-

tos, Solarenergie oder Handys nicht vorstellbar. Die Rohstoffe sind selbst

jedoch kaum greifbar und fristeten daher lange Zeit bei Anlegern ein

Schattendasein. Zu Unrecht, wie die vergangenen Jahre zeigen.

Der Begriff Seltene Metalle (engl. critical metals) ist nicht abschlie-

ßend definiert, sondern bestimmt sich nach der tatsächlichen Selten-

heit eines Rohstoffs. Die Gruppe dürfte in Zukunft einem stetigen Wan-

del unterzogen sein, je nachdem, welcher Rohstoff aus tatsächlichen oder

auch politischen Gründen gerade als selten angesehen wird.

Von den Seltenen Metallen sind die Seltenen Erden (engl. rare earths)

zu unterscheiden. Zwar gehören auch die Seltenen Erden zu den Sel-

tenen Metallen, doch jene Gruppe ist wissenschaftlich abschließend de-

finiert. Im Sprachgebrauch werden beide Begriffe bisweilen gleichbedeu-

tend verwendet. Zu den Seltenen Metallen gehören neben den Seltenen

Erden jedoch auch noch Tantal, Niob, Molybdän und weitere Metalle.

Die Europäische Union beispielsweise sieht bei der Platin-Gruppe in

den kommenden Jahren ebenfalls eine kritische Versorgungslage und

stuft daher auch diese Gruppe als zu den Seltenen Metallen gehörig ein.

Crashkurs Rohstoffe.indb 172 19.07.2011 15:57:02

Page 174: Crashkurs Rohstoffe

173 / Seltene Metalle Seltene Erden

Seltene ErdenNeodym, Gallium, Dysprosium – zu Beginn des neuen Jahrtausends

konnten wohl nur wenige Ingenieure, Physiker und Chemiker etwas mit

diesen Begriffen anfangen. Doch binnen weniger Jahre erkannte auch

die Wirtschaft die Bedeutung dieser Materialen. Unter dem Sammel-

begriff Seltene Erden wurden die Elemente für Börsianer ein Begriff.

Kein Wunder: Aus Zukunftstechnologien wie Windkraftanlagen, Elek-

tromotoren oder Handys sind Seltene Erden nicht mehr wegzudenken.

Das Problem: China hat auf dem Weltmarkt mit einem Anteil von 97

Prozent bei der Produktion ein Quasi-Monopol. Im Reich der Mitte

hat man längst die Bedeutung der Elemente erkannt und setzt sie stra-

tegisch ein: Exportbeschränkungen sorgen seit Jahren für Sorgenfalten

auf der Stirn der Verantwortlichen westlicher Großkonzerne. Entspre-

chend sind die Preise in den vergangenen Jahren explodiert. Bei einigen

Leichte Seltene Erden Schwere Seltene Erden

La = Lanthanum Eu = Europium

Ce = Cerium Gd = Gadolinium

Pr = Praseodymium Tb = Tiberium

Nd = Neodym Dy = Dysprosium

Sm = Samarium Ho = Holmium

Er = Erbium

Tm = Thulium

Yb = Ytterbium

Lu = Lutetium

Y = Yttrium

! SELTENE ERDEN

Crashkurs Rohstoffe.indb 173 19.07.2011 15:57:02

Page 175: Crashkurs Rohstoffe

Crashkurs Rohstoffe / 174

Elementen gibt es bereits Lieferengpässe. Die Nachfrage jedenfalls dürfte

in den kommenden Jahren weiter wachsen, immerhin schätzen Analys-

ten den Umsatz der Industrien, die auf Seltene Erden angewiesen sind,

bereits jetzt auf jährlich 3,4 Billionen Euro. Das sind immerhin fünf Pro-

zent des globalen Bruttoinlandsproduktes.

Der Abbau von Seltenen Erden –eine gefährliche Sache

Die Gruppe der Seltenen Erden besteht aus 17 Metallen. Aus chemischer

Sicht gehören drei Elemente zu der Scandium-Gruppe und 14 Elemente

zu den Lanthanoiden. Dabei ist der Begriff streng genommen missver-

ständlich. Eigentlich heißt die Gruppe Seltenerdmetalle. Der Begriff Sel-

tene Erden geht auf die Zeit der Entdeckung zurück. Die Metalle wur-

den in seltenen Mineralien gefunden und in Form ihrer Oxide, die frü-

her Erden genannt wurden, isoliert. Dadurch hat sich der Name Seltene

Erden eingebürgert, der auch in diesem Buch verwendet wird. Da Sel-

tene Erden in der Natur immer als Oxide vorkommen, wird die Kon-

zentration von Seltenerdenmetallen in Seltenerdoxiden (SEO) angege-

ben. Die wichtigsten Quellen sind Bastnäsit mit einer Konzentration

von 50 bis 60 Prozent SEO, Monazit, die häufigste Quelle, mit einer

Konzentration von 30 bis 35 Prozent SEO und Xenotim mit einer Kon-

zentration von 55 bis 60 Prozent SEO.

Gerade Monazit illustriert, was den Abbau von Seltenen Erden so

schwierig und damit auch kostspielig macht: Monazit kann eine hohe

Konzentration an radioaktivem Thoriumdioxid enthalten. Und auch

Uranoxid kann darin vorkommen. Der hohe Thoriumanteil kann zu

Gesundheitsgefährdungen bereits durch Einatmen führen. Aus diesem

Grund haben Umweltauflagen und Sicherheitsvorschriften den Abbau

von Seltenen Erden vor allem in den westlichen Industrienationen

Crashkurs Rohstoffe.indb 174 19.07.2011 15:57:02

Page 176: Crashkurs Rohstoffe

175 / Seltene Metalle Seltene Erden

deutlich verteuert. China hat in den letzten Jahren damit begonnen,

die Auflagen zu verschärfen.

Der Begriff „selten“ ist dabei relativ zu sehen. Einige der 17 Metalle

kommen in der Erdkruste häufiger vor als beispielsweise Gold oder Pla-

tin und die meisten Elemente kommen auch rund um den Erdball vor.

Allerdings sind größere Lagerstätten mit einer hohen Konzentration an

Seltenen Erden schwierig zu finden. Fast alle kommen in nur kleinen

Konzentrationen vor. Entsprechend mühsam ist die Förderung.

Leicht oder schwer? Eine Frage der Atome

Bei den Seltenen Erden wird zwischen den sogenannten leichten und

schweren Seltenen Erden unterschieden. Die Unterscheidung bezieht

sich auf die Atomzahl und die Anordnung im Periodensystem. Die leich-

ten Seltenen Erden (LREE) umfassen die Elemente Lanthan bis Euro-

pium, die schweren Seltenen Erden (HREE) umfassen die Elemente

Gadolinium bis Lutetium.

Grundsätzlich gilt: Die leichten Seltenen Erden waren in der Vergan-

genheit günstiger und die Versorgungslage war besser als die der

schweren Seltenen Erden. So wurde Dysprosium, das zu den schweren

Seltenen Erden zählt, zuletzt mit einem Preis von 330 Dollar pro Kilo-

gramm gehandelt, während für Neodymium, das zu den leichten Sel-

tenen Erden zählt, 90 Dollar je Kilogramm bezahlt wurden. Allerdings

regiert auch hier Angebot und Nachfrage den Markt und die Schere hat

sich 2010 merklich geschlossen.

So berichtet der Seltene-Erden-Produzent Lynas, dass 2010 die Preise

für einige leichte Seltene Erden geradezu explodiert sind. Beispielswei-

se verteuerte sich das leichte Seltene-Erden-Metall Cerium im Jahr

2010 um 1.256 Prozent. Leichte Seltene Erden werden in der Wirtschaft

vor allem für Magnete benötigt.

Crashkurs Rohstoffe.indb 175 19.07.2011 15:57:02

Page 177: Crashkurs Rohstoffe

Crashkurs Rohstoffe / 176

Chinas Vormachtstellung

Die Versorgungslage ist mehr als angespannt. China kontrolliert den

Handel mit Seltenen Erden. Im Jahr 2010 lag der Anteil von China an

der Weltproduktion bei rund 97 Prozent. Das Land senkt die Export-

quoten für Seltene Erden seit 2005 kontinuierlich. Allein in der ersten

Jahreshälfte 2011 sollten 35 Prozent weniger Seltene Erden ausgeführt

werden als noch im Vorjahreszeitraum. Sicherlich steckt hinter dem

Vorgehen der chinesischen Regierung auch das Kalkül, dass sich west-

liche Firmen in noch größerem Maße in China selbst ansiedeln müs-

sen, um die Exportquoten zu umgehen. Neben Arbeitsplätzen, die ent-

stehen, kommt es so auch zu einem verstärkten Transfer von Know-how

an Zukunftstechnologien in das Reich der Mitte. Zu Beginn des Jahres

2011 ist China zudem dazu übergegangen, die Steuer für den Abbau

von Seltenen Erden deutlich zu erhöhen. Von 0,5 Yuan pro Tonne bei

leichten Seltenen Erden auf 30 Yuan, bei schweren Seltenen Erden von

3 Yuan auf 60 Yuan. Der enorme Aufschlag relativiert sich jedoch vor

dem Hintergrund, dass Seltene Erden Anfang 2011 durchschnittlich mit

rund 20.000 Dollar je Tonne gehandelt wurden.

Unter den westlichen Industrienationen sorgen die Exportbeschrän-

kungen Chinas für Unmut, die USA drohten sogar schon mit einem

Handelskrieg. Dabei hätte es nicht so weit kommen müssen. Über Jahr-

zehnte entwickelte ein amerikanischer Konzern den Markt für Seltene

Erden: Molycorp.

Es war nur ein Zufall, dass ein Metallurge von Molycorp in den

1950er-Jahren auf Bastnäsit stieß und seinen Konzern dazu drängte,

das Gebiet zu erwerben. In den folgenden Jahrzehnten stieg Molcorp

zum unangefochtenen Marktführer auf. Der Bedarf an Seltenen Erden

gründete damals auf dem Siegeszug des Farbfernsehens. Allerdings war

der Abbau in der Mountain-Pass-Mine ein riesiges Umweltdesaster.

Crashkurs Rohstoffe.indb 176 19.07.2011 15:57:02

Page 178: Crashkurs Rohstoffe

177 / Seltene Metalle Seltene Erden

Aus einem undichten Auffangbecken lief vermutlich mehr als eine Mil-

liarde Liter radioaktiv und chemisch belastetes Wasser in einen ausge-

trockneten Salzsee und verseuchte das Gebiet. Die Probleme zogen sich

bis Ende der 1990er-Jahre hin. Die Regierung verhängte schließlich

wesentlich strengere Umweltauflagen, die für den Konzern mit hohen

Kosten verbunden gewesen wären. Gleichzeitig nahm die Konkur-

renz aus China stark zu. Premierminister Deng Xiaoping erklärte be-

reits 1992: „Der Nahe Osten hat Öl, China besitzt Seltene Erden.“ An-

gesichts der damals niedrigen Weltmarktpreise für Seltene Erden

rechnete sich die Produktion von Molycorp nicht mehr. 2002 schließ-

lich wurde die Mountain-Pass-Mine geschlossen. 2003 kaufte China

die größte amerikanische Anlage zur Herstellung von Seltenerdma-

gneten auf und verlagerte sie nach China – und mit der Anlage auch die

Patente. In der Folge baut China seine Vormachtstellung aus.

Mittlerweile sind es vor allem zwei Abbaugebiete, die für die chine-

sische Vormachtstellung sorgen. Das eine Vorkommen liegt in der In-

neren Mongolei, das andere im Süden Chinas, vor allem bei Ganzhou.

Alleine die Reserven des Bayan-Obo-Projekts in der Inneren Mongolei

werden auf 40 Millionen Tonnen SEO geschätzt. Zum Vergleich: Das

U.S. Geological Survey schätzt die weltweiten Reserven auf 88 Millio-

nen Tonnen SEO. Allerdings gibt es große Unsicherheiten über die tat-

sächlichen Reserven in China. So überraschte Peking mit der Meldung,

dass auf Basis der aktuellen Produktionsraten die eigenen Vorräte nur

noch 15 bis 20 Jahre reichen werden. Ob dies den Tatsachen entspricht

oder ob Peking die Angst vor einer Knappheit bei Seltenen Erden weiter

schüren wollte, sei dahingestellt. Jedenfalls würde die Aussage zu der

Ansicht einiger Experten passen, die davon ausgehen, dass China schon

bald zum Nettoimporteur Seltener Erden werden könnte.

In der Bayan-Obo-Mine werden die Seltenen Erden nur als Nebenpro-

dukt gewonnen. Die Mine ist eigentlich eines der größten Eisenerzlager

Crashkurs Rohstoffe.indb 177 19.07.2011 15:57:02

Page 179: Crashkurs Rohstoffe

Crashkurs Rohstoffe / 178

Chinas und eine der größten Nioberz-Lagerstätten der Welt. Der Vor-

teil des Projekts: Die Mine wird im Tagebau betrieben und ist entspre-

chend kostengünstig.

Durch die gekürzten Förderquoten in den vergangenen Jahren hielt

die chinesische Regierung das Angebot auf dem Weltmarkt künstlich

knapp und sorgte dafür, dass die Preise stetig anzogen. Das allerdings

hat dazu geführt, dass auch außerhalb Chinas wieder verstärkt Seltene-

Erden-Explorer aus dem Boden schossen. In der Mountain-Pass-Mine

will Molycorp ab 2012 die Produktion wieder starten. Neben China und

den USA verfügen auch die Staaten der ehemaligen Sowjetunion und

Australien über nennenswerte Reserven an Seltenen Erden.

Neodym und Dysprosium

Wie eingangs bereits erwähnt, sind Seltene Erden für Zukunftstech-

nologien unerlässlich. Die Bedeutung jedes einzelnen Elements zu be-

schreiben, würde den Rahmen dieses Buches sprengen. Dennoch sollen

exemplarisch zwei Elemente herausgegriffen werden, deren Versorgungs-

lage sich aus heutiger Sicht in den kommenden Jahren zuspitzen dürfte.

Eines der Elemente ist Neodym. Das Metall wird für Magneten benö-

tigt, die beispielsweise in Windkraftanlagen zum Einsatz kommen oder

auch in Elektromotoren von Hybridfahrzeugen ihren Dienst verrich-

ten. Hier dürfte die nach dem Atomunfall in Japan diskutierte Energie-

wende eine Rolle spielen. Für die Energieversorgung wird noch stärker

auf Windkraft und dabei insbesondere auf Offshorewindparks gesetzt

werden. Auf hoher See können Windräder mit noch größeren Rotoren

genutzt werden, die entsprechend leistungsfähige Generatoren benöti-

gen. Nicht zuletzt deshalb rechnen Experten mit einem Engpass bei

Neo dym und einem entsprechenden Preisanstieg in den kommenden

Monaten und Jahren.

Crashkurs Rohstoffe.indb 178 19.07.2011 15:57:02

Page 180: Crashkurs Rohstoffe

179 / Seltene Metalle Seltene Erden

Nicht viel besser sieht die Versorgungslage bei Dysprosium aus. Auch

dieses Element kommt in Dauermagneten zum Einsatz, die vor allem

in Hybridmotoren benötigt werden. Für Dysprosium gibt es in der In-

genieurtechnik keinen Ersatz. Dysprosium wird von vielen Ländern als

strategischer Rohstoff gesehen. Sollte es also Explorern gelingen, grö-

ßere Dysprosium-Vorkommen nachzuweisen, dürfte dies schnell das

Interesse von großen Konzernen wecken. Den Mineralisierungsgrad an

Dysprosium sollten Anleger daher bei entsprechenden Schätzungen

stets im Auge behalten.

Basket oder Indexzertifikat

Anders als Edelmetalle oder Industriemetalle werden die Seltene-

Erden-Elemente nicht der Börse gehandelt. Mit anderen Worten: Die

Preise werden direkt zwischen Produzenten und Abnehmern aus-

gehandelt. Eine gute Übersicht über die Preisentwicklung der

einzelnen Seltene-Erde-Elemente finden Anleger auf der Seite www.

metal-pages.com.

Wer in den Bereich Seltene Erden investieren möchte, kann dies durch

ein Direktinvestment in einzelne Aktien oder in einen Basket tun. Ein

entsprechendes Produkt bietet die RBS mit dem Select Rare Earth TR

Basket Open-End-Zertifikat (WKN AA2 W3C) an. Der Basket enthält

15 Unternehmen – Explorer und Produzenten von Seltenen Erden. Mit

jeweils 15 Prozent sind dabei Molycorp, Lynas und China Rare Earth

Holdings am höchsten gewichtet. Vierteljährlich werden die Unterneh-

men dabei neu gewichtet.

Einen anderen Weg geht die Commerzbank, sie legt ein Zertifikat auf

den Commerzbank Seltene Erden Index (WKN CZ3 3EA) auf. Derzeit

sind Molycorp, Lynas und Avalon Rare Metals am stärksten in dem

Index gewichtet.

Crashkurs Rohstoffe.indb 179 19.07.2011 15:57:02

Page 181: Crashkurs Rohstoffe

Crashkurs Rohstoffe / 180

Molycorp – Rückkehr des Marktführers von einst

Molycorp (WKN A1C 2G7) will – wie oben erwähnt – ab 2012 in der

Mountain-Pass-Mine wieder Seltene Erden produzieren. Der Konzern

geht von einer Jahresproduktion von 20.000 Tonnen aus. Damit würde

Molycorp auf Anhieb in die Riege der Top-Produzenten aufsteigen.

Das Geld dafür hat sich Molycorp nicht zuletzt durch den Börsengang

im Sommer 2010 gesichert. Die Aktien kamen zu 14 Dollar an den Markt

und damit noch unter der Preisspanne von 15 bis 17 Dollar. Zu Beginn

sah alles nach einem Flop aus, die Aktie von Molycorp gab am ersten

Handelstag auf nur noch etwas mehr als zwölf Dollar nach. Doch die

Kürzung der Exportquoten durch China rückte das Papier schnell wie-

der in den Fokus der Anleger und die Aktie entwickelte sich zu einem der

Überflieger im Jahr 2010.

Um die Mine wieder in Produktion heben zu können, muss Molycorp

rund 530 Millionen Dollar investieren. Neben dem Geld aus dem Bör-

sengang ist der Konzern auch für Kooperationen offen. Ende 2010 wur-

de bekannt, dass sich der japanische Konzern Sumitomo bei Molycorp

engagiert hat. Von einer Investitionssumme von 120 Millionen Dollar

war die Rede. Für die japanische Auto- und Hightech-Industrie sind Sel-

tene Erden von zentraler Bedeutung. Schon länger ist klar, dass sich Ja-

pan in diesem Bereich nicht mehr nur auf die Exporte aus China verlas-

sen möchte.

Andererseits befindet sich Molycorp selbst auf Einkaufstour. Der Kon-

zern akquirierte im Frühjahr 2011 Santoku American, einen Hersteller

von Seltene-Erden-Legierungen und Metallen. Damit kann Molycorp

mit der Produktion und dem Vertrieb von Seltene-Erden-Legierungen

für die Herstellung von Neodym-Eisen-Bor-Magneten für den Bau von

Elektro- und Hybridfahrzeugen sowie Windturbinen beginnen.

Crashkurs Rohstoffe.indb 180 19.07.2011 15:57:02

Page 182: Crashkurs Rohstoffe

181 / Seltene Metalle Seltene Erden

Bei der aktuellen Bewertung von Molycorp mit 5,57 Milliarden Dol-

lar sind bereits beträchtliche Vorschusslorbeeren im Kurs enthalten.

Letztlich ist ein Investment in den Wert eine Wette darauf, dass es nicht

wieder zu Umweltproblemen kommen wird. Der Konzern hat ein neues

System zur Wasserreinigung installiert. Ob damit allerdings auch der

unkontrollierte Austritt von kontaminiertem Wasser verhindert wer-

den kann, bleibt abzuwarten.

Lynas – australischer Hoffnungsträger

Mit Lynas (WKN 871 899) setzen Anleger auf den wohl aussichts-

reichsten Konzern in Sachen Seltene Erden außerhalb Chinas. Allerdings

war dies nicht immer so. 2008 sah es schlecht aus, eine Finanzierung

konnte nicht auf die Beine gestellt und die Arbeiten mussten vorüber-

gehend eingestellt werden.

Doch das Blatt hat sich gewendet. Lynas hat Kapitalmittel von rund 450

Millionen Australische Dollar auf dem Kapitalmarkt aufgenommen. Der

Molycorp in US-Dollar

2010 Sep Okt Nov Dez 2011 Feb Mär Apr Mai

20

10

40

60

80

Abb. 5.0

Crashkurs Rohstoffe.indb 181 19.07.2011 15:57:03

Page 183: Crashkurs Rohstoffe

Crashkurs Rohstoffe / 182

Konzern baut gerade seine Anlage zur Herstellung eines Seltene-Erde-

Konzentrats auf dem Mount-Weld-Projekt. In diesem Projekt sehen einige

Experten bereits das größte Seltene-Erden-Vorkommen außerhalb Chinas.

Das aktuell bekannte Vorkommen wird auf rund 1,4 Millionen Ton-

nen SEO geschätzt. Der durchschnittliche Gehalt an Seltenen Erden

liegt bei etwa acht Prozent. Die Produktion soll im dritten Quartal

2011 starten. Bei Lynas rechnet man zunächst mit einer Produktion

von 11.000 Tonnen, im Jahr 2012 soll sich die Kapazität bereits auf

22.000 Tonnen verdoppeln.

Der Vorteil der Australier: Sie haben bereits Abnahmeverträge abge-

schlossen, die ihnen genügend Planungssicherheit geben. Alleine die

japanische Sojitz Corporation hat einen Vertrag mit Lynas über die Ab-

nahme von 80.000 bis 90.000 Tonnen Seltene Erden in den kommen-

den zehn Jahren abgeschlossen. Erreicht Lynas tatsächlich eine Pro-

duktion von 22.000 Tonnen – was mehr als zehn Prozent der weltweiten

Produktion an Seltenen Erden entsprechen würde –, sind bereits rund 40

Prozent nach Japan verkauft.

2007 2008 2009 2010 2011

1

0,5

0,2

0,1

2

3

Lynas in Australische Dollar

Abb. 5.1

Crashkurs Rohstoffe.indb 182 19.07.2011 15:57:03

Page 184: Crashkurs Rohstoffe

183 / Seltene Metalle Seltene Erden

China Rare Earth Holdings – direkt in China investieren

Mit China Rare Earth Holdings (CRE) (WKN 590 363) können Anle-

ger auf einen größeren Player setzen. Immerhin erwirtschaftete der

Konzern 2009 bei einem Umsatz von 1,2 Milliarden Hongkong-Dollar

einen Nettogewinn von 85 Millionen Hongkong-Dollar.

CRE produziert rund 6.500 Tonnen SEO. Ein Großteil davon wird ins

Ausland verkauft. Anleger sollten bei chinesischen Produzenten Ex-

portbeschränkungen und gestiegene Umweltstandards im Auge behal-

ten. Erstere könnten CRE dazu zwingen, mehr Seltene Erden in China

zu verkaufen. Zwar ist der Markt für Seltene Erden nicht transparent,

allerdings dürften in China keine so hohen Preise bezahlt werden wie

bei Exporten. Die höheren Umweltstandards könnten die Produkti-

onskosten in die Höhe treiben und den Gewinn mindern. Allerdings

hat der Konzern ein weiteres Standbein: Er produziert 100.000 Tonnen

fertige Produkte wie Poliermittel und hitzebeständige Keramik.

2007 2008 2009 2010 2011

1

0,5

2

3

4

5

China Rare Earth in Hongkong-Dollar

Abb. 5.2

Crashkurs Rohstoffe.indb 183 19.07.2011 15:57:03

Page 185: Crashkurs Rohstoffe

Crashkurs Rohstoffe / 184

Tantal und Niob In der Industrie schätzt man die Eigenschaft von Tantal, elektrische

Energie speichern und abgeben zu können. Kondensatoren können

dank dieses Metalls sehr klein gehalten werden. Das Metall besitzt einen

außergewöhnlich hohen Schmelzpunkt von circa 3.000 Grad Celsius

und ist höchst korrosionsbeständig. Es wird von der Elektroindustrie

überall dort eingesetzt, wo Designer Funktionalität in immer kleiner

werdende Geräte packen müssen. Ein typisches Anwendungsbeispiel

für Tantal sind Handys. Daneben nutzt aber auch die Spieleindustrie

oder die Autoindustrie, beispielsweise bei Antiblockiersystemen oder

Antriebsschlupfregelungen, Tantal-Kondensatoren. Ein weiteres Ein-

satzgebiet von Tantal ist die Medizin. Dort wird das grauweiße Metall

unter anderem für Stents zur Erweiterung von Blutgefäßen eingesetzt.

Aber auch als Gelenkteil kommt Tantal zum Einsatz, da es mit der Kno-

chensubstanz verwächst und keine Abstoßreaktion auslöst.

Tantalerze wie Tantalith, Mikrolith und Wodginith werden hauptsäch-

lich in Australien, Kanada, Brasilien und Zentralafrika gewonnen. Doch

gerade die Förderung in Zentralafrika geriet in die Kritik. Im Kongo bei-

spielsweise baut man das Mineral Coltan ab, das sich aus Columbit

(Niob) und Tantalit (Tantal) zusammensetzt. Einige der Minen werden

von sogenannten Warlords kontrolliert. Dort müssen unter anderem

Kinder das Tantalerz für einen Hungerlohn abbauen. Die Einnahmen

wurden wiederum dazu verwendet, die Milizen zu finanzieren. Zum

anderen geht der Coltan-Abbau einher mit dem Aussterben der Gorillas

im Ostkongo. Großkonzerne wollen nicht mit diesem Tantal in Ver-

bindung gebracht werden. Die Herkunft dürfte daher in Zukunft eine

entscheidende Rolle spielen. Das Tantalum-Niobium International

Study Center hat seine Mitglieder dazu aufgerufen, dafür zu sorgen,

dass das Rohmaterial aus rechtmäßigen Quellen bezogen wird.

Crashkurs Rohstoffe.indb 184 19.07.2011 15:57:03

Page 186: Crashkurs Rohstoffe

185 / Seltene Metalle Tantal und Niob

Der derzeit größte Tantalproduzent sitzt in Australien: Global Ad-

vanced Metals, einigen vielleicht noch unter dem Namen Talison Mi-

nerals bekannt. Der Konzern produziert zwischen 25 und 35 Prozent

des weltweiten Bedarfs an Tantal, was ungefähr 1,4 Millionen amerika-

nischen Pfund entspricht.

Exkurs Niob

Wie bereits erwähnt ist mit dem Tantal-Abbau ein weiteres Metall eng

verbunden: Niob. Es ist hitzebeständig, zeichnet sich durch eine hohe

Wärmeleitfähigkeit aus, ist elastisch und korrosionsbeständig. Niob

wird sowohl in der Elektronik, der Chemie, aber auch in der Medizin

und der Luft- und Raumfahrtindustrie verwendet. Dabei wird Niob zur

Herstellung von rostfreiem Stahl verwendet, der überall dort zum Ein-

satz kommt, wo Ingenieure ein hohes Festigkeits-Gewichts-Verhältnis

benötigen. Weltweit wird der Bedarf an Niob auf rund 81,6 Millionen

Kilogramm pro Jahr geschätzt.

Rund 85 Prozent des weltweiten Niob-Bedarfs wird durch drei Minen

gedeckt: Die größte befindet sich in Brasilien und wird durch Compan-

hia Brasileira de Metalurgia e Mineração (CBMM) betrieben. Ebenfalls

in Brasilien ist Mineração Catalão de Goiás mit einer Mine aktiv. Die

dritte im Bunde ist in Kanada beheimatet und befindet sich im gemein-

samen Besitz von Iamgold und Mazarin.

Investieren in Tantal

Auch wenn viele Experten bei Tantal in den kommenden Jahren einen

Engpass erwarten, ist es nicht ganz einfach, in Tantal zu investieren.

Tantal wird nicht als Rohstoff an der Börse gehandelt. Bei Tantal werden

die Preise direkt zwischen Produzenten und Abnehmern ausgehandelt.

Crashkurs Rohstoffe.indb 185 19.07.2011 15:57:03

Page 187: Crashkurs Rohstoffe

Crashkurs Rohstoffe / 186

Auch wenn es keine genauen Preisangaben gibt, gehen verlässliche Schät-

zungen davon aus, dass der Tantalpreis in den vergangenen 20 Jahren

rund acht bis zwölf Prozent jährlich zugelegt hat.

Der größte Tantalproduzent selbst ist nicht börsennotiert, weshalb

Anleger auf kleinere Explorer ausweichen müssen. Als aussichtsreich gilt

dabei der kanadische Konzern Commerce Resources (WKN A0J 2QE).

Das Unternehmen verfügt über zwei vielversprechende Liegenschaften.

Der Vorstand hat sich zum Ziel gesetzt, das Blue-River-Projekt in den

kommenden Jahren in Produktion zu heben. Dabei könnte Commerce

Resources sogar zum Marktführer bei Tantal aufsteigen. Bei weiter an-

ziehenden Tantalpreisen würde sich eine sehr gute Perspektive für den

Konzern ergeben. Durch die Einnahmen könnte auch das zweite Projekt

zügig in Produktion gehen: das Eldor-Projekt. Dort stieß Commerce

Resources auf eine unerwartet hohe Konzentration an sowohl leich-

ten als auch schweren Seltenen Erden. Es handelt sich um eine große,

oberflächennahe Zone an Seltene-Erden-Mineralisierung. Der Kon-

zern will mit weiteren Bohrungen den genauen Umfang sicherstellen.

Commerce Resources in Kanadische Dollar

2007 2008 2009 2010 2011

0,5

0,25

0,1

1,0

1,5

2,0

Abb. 5.3

Crashkurs Rohstoffe.indb 186 19.07.2011 15:57:04

Page 188: Crashkurs Rohstoffe

187 / Seltene Metalle Molybdän

MolybdänSehr hart und sehr zäh – durch diese Eigenschaften zeichnet sich das

silbrigweiße Metall Molybdän aus. Es kann nicht von Säuren zersetzt

werden und wird daher bevorzugt zur Herstellung von säurebestän-

digen Edelstählen und Nickelwerkstoffen verwendet. Auch in der Flug-

zeug- und Ölindustrie kommt Molybdän vermehrt zum Einsatz. Rund

zwei Drittel des produzierten Molybdäns werden zur Erzeugung von

Metalllegierungen verwendet.

Da Molybdän vor allem als Legierung im Stahlbereich verwendet

wird, hängt die Preisentwicklung von der Entwicklung der Nachfrage

nach Edelstahl ab. Grundsätzlich befindet sich die Nachfrage nach Mo-

lybdän jedoch auf dem Vormarsch. Seit 1960 ist der Molybdänver-

brauch um 500 Prozent gestiegen. Das hat dazu geführt, dass die Preise

für das Metall explodiert sind. Allein im Zeitraum von 2000 bis 2005

hat sich der Preis fast verzehnfacht – nur um dann im Zuge der Finanz-

krise von über 30 Dollar je Pfund auf unter zehn Dollar je Pfund ein-

zubrechen. Doch mit der gestiegenen Nachfrage nach Stahl hat sich

auch der Molybdänpreis wieder erholt. Experten gehen davon aus, dass

es bis 2014 ein Defizit bei Molybdänoxid geben wird. Aufgrund der

eingebrochenen Preise hätten viele Unternehmen die Erweiterung von

Projekten zur Förderung des Metalls verschoben. Ohnehin wird Mo-

lybdän meist nur als Nebenprodukt bei der Förderung von anderen

Rohstoffen, meist Kupfer, gewonnen. Ein Ausbau der Kapazitäten ist

daher nicht ohne Weiteres möglich. Ein drohendes Defizit und die wie-

der anziehende Nachfrage könnten nach Ansicht von Marktbeobachtern

dazu führen, dass sich der Preis von Molybdän wieder in Richtung der

40 Dollar-Marke bewegt.

Der mit Abstand größte Produzent von Molybdän ist China, gefolgt

von den USA und Chile. Das Reich der Mitte verfügt nach Angaben des

Crashkurs Rohstoffe.indb 187 19.07.2011 15:57:04

Page 189: Crashkurs Rohstoffe

Crashkurs Rohstoffe / 188

U.S. Geological Survey mit 4.300 Millionen Tonnen auch über die größ-

ten Reserven des Rohstoffs.

Investieren in Molybdän

Molybdän selbst wird nicht an der Börse gehandelt. Anleger können nur

auf Unternehmen setzen, die Molybdän produzieren. Wie bereits er-

wähnt fällt Molybdän als Nebenprodukt bei der Produktion von Kupfer

an – allerdings nur zu 0,01 bis 0,03 Prozent. Dennoch stammen rund 60

Prozent des weltweit produzierten Molybdäns von Kupferproduzenten.

Einer der derzeit größten börsennotierte Molybdänproduzenten ist

Thompson Creek Metals (WKN A0M R6Q). Der Konzern hat zwei

große Molybdänminen in Produktion. Mit der Thompson-Creek-Mine

besitzt der Konzern die viertgrößte Molybdänmine weltweit. Zusätz-

lich betreibt der Konzern mit dem japanischen Konzern Sojitz Corpora-

tion die Endako-Mine in British Columbia, Kanada. Die Mine sollte

eigentlich 2008 erweitert werden, doch der Nachfrageeinbruch durch

2007 2008 2009 2010 2011

10

5

2

20

30

ThompsonCreek Metals in US-Dollar

Abb. 5.4

Crashkurs Rohstoffe.indb 188 19.07.2011 15:57:04

Page 190: Crashkurs Rohstoffe

189 / Seltene Metalle Molybdän

die Finanzkrise machte dem Unternehmen einen Strich durch die

Rechnung. Im August 2009 wurden die Pläne wieder aufgegriffen.

Die Erweiterung soll Ende 2011 abgeschlossen sein.

Nach dem Einbruch bei den Umsätzen durch die Finanzkrise erholte

sich das Geschäft von Thompson Creek 2010 wieder. Die Molybdän-

produktion kletterte 2010 sogar auf einen Rekordwert von 32,6 Millio-

nen Pfund – eine Steigerung von 29 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Crashkurs Rohstoffe.indb 189 19.07.2011 15:57:04

Page 191: Crashkurs Rohstoffe

Crashkurs Rohstoffe.indb 190 19.07.2011 15:57:04

Page 192: Crashkurs Rohstoffe

191 / Agrarrohstoffe

Agrarrohstoffe

Kapitel 6

Crashkurs Rohstoffe.indb 191 19.07.2011 15:57:04

Page 193: Crashkurs Rohstoffe

Crashkurs Rohstoffe / 192

Die Gruppe der Agrarrohstoffe beziehungsweise Soft Commodities

ist bei Anlegern noch nicht so bekannt wie beispielsweise Edelmetalle

oder Energierohstoffe. Doch gibt es insbesondere dort enorme Chan-

cen. So erwartet unter anderem die Investmentlegende Jim Rogers in

den kommenden Jahren einen großen Boom bei Agrarrohstoffen.

Agrarrohstoffe sind Rohstoffe, die nachwachsen und im Gegensatz

zu beispielsweise Edelmetallen nicht in Minen gefördert werden. Zur

Gruppe der Agrarrohstoffe zählen unter anderem Weizen, Mais, Soja-

bohnen, Zucker, Baumwolle, Kaffee, Kakao, Orangensaft, Reis, Hafer

und Holz. Außerdem soll im Rahmen dieses Kapitels auch auf die

Viehwirtschaft, also Lebendrind, Mastrind und Mageres Schwein,

kurz eingegangen werden.

Viele Faktoren beeinflussen die KurseSchon bei den weitläufig bekannten Rohstoffen wie Gold oder Öl ist

die Entwicklung nicht ohne Weiteres prognostizierbar. Bei Agrarroh-

stoffen gestaltet sich dies aufgrund vieler Sonderfaktoren noch schwie-

riger. Dazu zählen insbesondere die klimatischen Bedingungen wie

starke Stürme, ergiebige Regenfälle oder lange Dürreperioden, deren

Auswirkungen in der Landwirtschaft besonders deutlich zu spüren

sind. Aber auch Schädlinge oder Seuchen stellen unvorhersehbare Ge-

fahren dar. Zudem nimmt die Politik unter anderem durch Subventi-

onen, Handelssanktionen oder spezielle Fördermaßnahmen wie bei-

spielsweise für Biosprit zum Teil erheblichen Einfluss auf den Agrar-

rohstoffmarkt.

Entscheidend für die Preisgestaltung ist die Entwicklung von Ange-

bot und Nachfrage. Hier klafft die Lücke zwischen steigender Nachfra-

ge und begrenztem Angebot an neuer Ackerfläche immer weiter ausei-

nander. Der wichtigste Wachstumstreiber auf Seiten der Nachfrage ist

Crashkurs Rohstoffe.indb 192 19.07.2011 15:57:04

Page 194: Crashkurs Rohstoffe

193 / Agrarrohstoffe

die enorm steigende Weltbevölkerung. Schätzungen der UNO zufolge

wird die Bevölkerung von knapp sieben Milliarden Menschen im

Jahr 2010 auf neun Milliarden bis 2050 wachsen.

Aber auch andere Entwicklungen führen zu einer weiter steigenden

Nachfrage in dem Sektor. So spielt der wachsende Wohlstand allen vo-

ran in den Ländern des asiatischen Raumes eine immer größere Rolle.

China verliert in diesem Bereich zunehmend seine Rolle als Exporteur

und tritt stattdessen als Nachfrager auf. Nicht nur Agrarrohstoffe wie

Weizen oder Mais werden verstärkt nachgefragt, auch Fleisch wird im-

mer beliebter. Dies wirkt sich auf die Getreideproduktion aus, denn die

Tiere benötigen große Mengen Getreide als Futter. Um ein Kilogramm

Fleisch zu erzeugen, müssen sieben bis 16 Kilogramm Getreide oder

Sojabohnen und zudem noch Tausende Liter Wasser eingesetzt werden

(siehe auch Kapitel 7).

Agrarrohstoffe sind aber nicht nur wichtige Grundnahrungsmittel,

sondern sie dienen auch zur Herstellung von Biokraftstoff, und dessen

Nachfrageentwicklung für Agrarprodukte

1960 1970 1980 1990 2000 2010

0,0

0,6

0,8

0,2

0,4

1,0

1,6

1,8

1,2

1,4

2,0

2,6

2,2

2,4

in M

illia

rden

Ton

nen

Nahrungsmittel

Futtermittel

Biokraftstoffe

Abb. 6.0

Quelle: USDA, Goldman Sachs Commodities Research

Crashkurs Rohstoffe.indb 193 19.07.2011 15:57:04

Page 195: Crashkurs Rohstoffe

Crashkurs Rohstoffe / 194

Verbrauch nimmt stetig zu. So prognostiziert die UNO-Landwirt-

schaftsorganisation FAO, dass im Vergleich zu 2010 die globale Etha-

nolproduktion bis 2019 um rund 60 Prozent zunehmen wird. Für Bio-

diesel wird sogar eine Verdopplung der bisherigen Produktionsmenge

erwartet. Gleichzeitig ist aber neues Ackerland begrenzt. So dürfte die

Ackerfläche pro Kopf Expertenschätzungen zufolge von 0,56 Hektar

im Jahr 1950 auf 0,15 Hektar im Jahr 2050 zurückgehen.

Entwicklung der Ackerfläche pro Kopf

Kostbarer Boden

Die weltweit zur Verfügung stehendeAckerfläche verkleinert sich von

60 %auf nur noch

20%einesFußballplatzespro Kopf

1500 m22300 m25600 m2

Ackerflächepro Kopf:

1950

2000 Prognose

2050

Weltbevölkerung: 2,5 Mrd. 6,1 Mrd. 9,1 Mrd.

Abb. 6.1

Quelle: Agrarius

Crashkurs Rohstoffe.indb 194 19.07.2011 15:57:05

Page 196: Crashkurs Rohstoffe

195 / Agrarrohstoffe Mais

Die verschiedenen Agrarrohstoffe

Mais

Mais ist der meistproduzierte Agrarrohstoff der Welt. Im Erntejahr

2009/2010 wurde eine Rekordernte von mehr als 800 Millionen Ton-

nen erzielt. Der mit Abstand größte Maisproduzent waren mit einem

Anteil von gut 40 Prozent an der Weltproduktion die USA, gefolgt von

China mit rund 19 Prozent.

Gleichzeitig stieg der Verbrauch aber ebenfalls deutlich auf über 800

Millionen Tonnen an. Seit der Jahrtausendwende ist der Maisbedarf da-

mit um mehr als ein Drittel gestiegen. Mais wird in erster Linie als

Futtermittel in der Tierzucht verwendet, aber auch in Lebensmitteln,

Abb. 6.2: Weltproduktion Mais 2009/10

19,2 %6,9 %

41,2 %

16,8 %

6,7 %

2,8 %2,6 %2,1 %1,7 %

41,2 % USA

19,2 % China

6,9 % EU-27

6,7 % Brasilien

2,8 % Argentinien

2,6 % Mexiko

2,1 % Indien

1,7 % Südafrika

16,8 % Sonstige

Quelle: Commerzbank, CM – Equity Markets & Commodities

Crashkurs Rohstoffe.indb 195 19.07.2011 15:57:05

Page 197: Crashkurs Rohstoffe

Crashkurs Rohstoffe / 196

Medikamenten, Kosmetika und Reinigungsmitteln kommt das Getrei-

de zum Einsatz. Zudem wird ein immer größerer Teil der Maisernte

zur Ethanolgewinnung verwendet. Hier macht sich der Anstieg des Öl-

preises bemerkbar, der die Beimischung von Ethanol noch lukrativer

macht. Waren es im Jahr 2005 zwölf Prozent der US-Ernte, die zur

Treibstoffherstellung verwendet wurden, kletterte der Anteil 2010 be-

reits auf rund 35 Prozent. Die Nachfrage von dieser Seite stieg zuletzt

außerdem, da die USA und Deutschland im Jahr 2010 die Obergrenze

für den Ethanolanteil im Benzin erhöht haben. In den USA darf Kraft-

stoff seitdem bis zu 15 Prozent (vorher: zehn Prozent), in Deutschland

bis zu zehn Prozent (vorher: fünf Prozent) Ethanol beigemischt werden.

In den vergangenen Monaten konnte der Maispreis hohe Gewinne

verzeichnen. Die Notierung befindet sich bereits wieder auf dem Re-

kordniveau, das vor der Finanzkrise im Jahr 2008 erreicht wurde. Ein

Grund dafür sind unter anderem die enorm niedrigen US-Lagerbe-

stände. Damit steigt das Risiko, dass es bei möglichen Ernteausfällen

zu einem Engpass kommen könnte.

Mais in US-Cent

2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011

200

300

400

500

600

700

800

Abb. 6.3

Crashkurs Rohstoffe.indb 196 19.07.2011 15:57:05

Page 198: Crashkurs Rohstoffe

197 / Agrarrohstoffe Weizen

Der wichtigste Handelsplatz für Mais ist die Chicago Board of Trade

(CBOT). Gehandelt werden die Maiskontrakte in US-Cent je Scheffel

(1 Scheffel Mais = 25,4012 Kilogramm). Infolge der gesetzlichen Ein-

führung stärkerer Kontrollen an den Rohstoffmärkten darf die Notie-

rung nur noch um maximal 30 Cent im Vergleich zum Settlement-

Preis des Vortages zulegen oder verlieren. Unter bestimmten Vorausset-

zungen kann das Limit auf 70 Cent je Scheffel ausgeweitet werden.

Weizen

Rang 2 unter den meistproduzierten Agrarrohstoffen nimmt Weizen

mit einer 2009/10er-Jahresproduktion von knapp 700 Millionen Ton-

nen ein. Die wichtigsten Exporteure sind die EU-27-Staaten, China

und Indien, die knapp die Hälfte liefern. Zusammen mit Russland und

den USA stellen sie sogar rund zwei Drittel des gesamten Exportauf-

kommens.

Abb. 6.4: Weltproduktion Weizen 2009/10

9,1 %11,9 %

16,9 %

20,3 %

8,9 %

3,3 %

3,9 %3,5 %

22,2 %

20,3 % EU-27

16,9 % China

11,9 % Indien

9,1 % Russland

8,9 % USA

3,9 % Kanada

3,5 % Pakistan

3,3 % Australien

22,2 % Sonstige

Quelle: Commerzbank, CM – Equity Markets & Commodities

Crashkurs Rohstoffe.indb 197 19.07.2011 15:57:05

Page 199: Crashkurs Rohstoffe

Crashkurs Rohstoffe / 198

Weizen deckt rund ein Fünftel des Kalorienbedarfs der Weltbevölke-

rung. Außerdem ist das Getreide ein wichtiges Futtermittel in der Vieh-

wirtschaft. Es wird aber auch für die Herstellung von Biokraftstoffen

verwendet und profitiert damit von hohen Rohölpreisen.

Ende der 1990er-Jahre verharrte der Weizenpreis auf sehr niedrigem

Niveau, weswegen damals Teile der Anbauflächen für Weizen stillge-

legt wurden und sich das Angebot somit verringerte. Unter anderem

das wachsende Interesse aus Asien und die höhere Nachfrage nach Bio-

kraftstoffen haben in der Folge dazu beigetragen, dass die Notierung

deutlich anzog und 2008 der bisherige Rekordstand markiert wurde.

Im Zuge der Wirtschaftskrise ist der Weizenpreis zwischenzeitlich deut-

lich eingebrochen, konnte sich aber insbesondere durch das Exportver-

bot Russlands infolge der langen Dürre im Jahr 2010 wieder deutlich

erholen.

Je nach Aussaatzeitpunkt und nach den klimatischen Bedingungen

wird zwischen mehreren Weizenarten unterscheiden. Die beiden wich-

tigsten sind der Soft Red Winter Wheat oder auch Chicago-Weizen

Weizen in US-Cent

2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011

200

400

600

800

1.000

1.200

1.400

Abb. 6.5

Crashkurs Rohstoffe.indb 198 19.07.2011 15:57:06

Page 200: Crashkurs Rohstoffe

199 / Agrarrohstoffe Sojabohnen

und der Hard Red Winter Wheat, auch als Kansas-Weizen bekannt.

Der „rote, weiche Winterweizen“ wird an der CBOT (Chicago Board of

Trade) und der „rote, harte Winterweizen“ an der KCBT (Kansas City

Board of Trade) gehandelt. Die Weizen-Futures notieren in US-Cent je

Scheffel, wobei ein Scheffel Weizen 27,2155 Kilogramm entspricht.

Die maximale Schwankungsbreite zum Settlement-Preis des Vortages

wurde auf 60 Cent je Scheffel festgelegt, kann aber bis auf 135 Cent

erhöht werden.

Sojabohnen

Sojabohnen sind der wichtigste pflanzliche Protein- und Öllieferant

der Welt. Sie bestehen zu rund 40 Prozent aus Eiweiß und zu etwa 20 Pro-

zent aus pflanzlichem Fett und kommen in verschiedenen Bereichen

zum Einsatz. So werden sie zur Herstellung zahlreicher Lebensmittel

wie Babynahrung, Tofu oder Sojamilch verwendet. Auch als Futter-

mittel für die Vieh- und Fischwirtschaft haben Sojabohnen eine große

Sojabohnen in US-Cent

2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011

400

600

800

1.000

1.200

1.400

1.600

Abb. 6.6

Crashkurs Rohstoffe.indb 199 19.07.2011 15:57:06

Page 201: Crashkurs Rohstoffe

Crashkurs Rohstoffe / 200

Bedeutung. Insbesondere Asien hat in diesem Zusammenhang seine So-

jaimporte immens gesteigert. Seit 1994 hat China seine Einfuhren von

nahezu null auf mittlerweile rund 50 Millionen Tonnen pro Jahr dras-

tisch erhöht. Zum Einsatz kommen Sojabohnen auch in einer Reihe

von industriellen Anwendungen, unter anderem in Schmiermitteln,

Farben, Klebstoffen und insbesondere Biodiesel.

Kein Wunder, dass der Sojabohnenanbau seit Jahren immer beliebter

wird. Zwar macht die Produktion insgesamt nicht mal ein Drittel der

globalen Maisproduktion aus, doch steigt die Menge mit rasanter Ge-

schwindigkeit an. Seit Mitte der 1980er-Jahre hat sich die Sojabohnen-

produktion mehr als vervierfacht. Die USA ist mit einem Anteil von 35

Prozent der weltweit größte Lieferant von Sojabohnen. Zusammen mit

den Nummern 2 und 3, Brasilien (27 Prozent) und Argentinien (21 Pro-

zent) dominieren diese drei Länder mit mehr als 80 Prozent Anteil die

Weltmarktproduktion.

Abb. 6.7: Weltproduktion Sojabohnen 2009/10

26,5 %

35,2 %

21,0 %

5,7 %

35,2 % USA

26,5 % Brasilien

21,0 % Argentinien

5,7 % China

3,4 % Indien

2,8 % Paraguay

1,3 % Kanada

4,1 % Sonstige

Quelle: Commerzbank, CM – Equity Markets & Commodities

3,4 %

2,8 %

1,3 %4,1 %

Crashkurs Rohstoffe.indb 200 19.07.2011 15:57:06

Page 202: Crashkurs Rohstoffe

201 / Agrarrohstoffe Zucker

Der wichtigste Handelsplatz für Sojabohnen ist die CBOT. Die Preisno-

tierung erfolgt in US-Cent je Scheffel (1 Scheffel Sojabohnen = 27,2155

Kilogramm). Der Preis darf nach den jüngsten Reglementierungen maxi-

mal um 70 Cent im Vergleich zum Schlusskurs des Vortages schwanken.

Maximal kann diese Grenze auf 160 Cent je Scheffel angehoben werden.

Zucker

Der Zuckerpreis hat viele Höhen und Tiefen erlebt. So erreichte die

Notierung im Jahr 1967 Tiefpreise von nur einem Cent je Pound

(Englisches Pfund; 1 Pound entspricht 0,453592 Kilogramm). Bereits

wenige Jahre später, Mitte der 1970er-Jahre, erreichte der Zuckerpreis

hingegen neue Rekordhöhen von 40 Cent. Auch heutzutage setzt sich

dieses Auf und Ab fort. Notierte Zucker 2004 noch unter sechs Cent,

erreichte er Anfang 2011 bereits wieder mehr als 35 Cent und konnte sich

somit insbesondere infolge von starken Dürreperioden in Asien in etwa

versechsfachen.

2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011

5

10

15

20

25

30

35

Zucker in US-Cent

Abb. 6.8

Crashkurs Rohstoffe.indb 201 19.07.2011 15:57:06

Page 203: Crashkurs Rohstoffe

Crashkurs Rohstoffe / 202

Zucker wird aus Zuckerrohr und aus der Zuckerrübe gewonnen, die

in jeweils unterschiedlichen Anbaugebieten wachsen. Während Zucker-

rohr in erster Linie in tropischen Gegenden angebaut wird, werden Zu-

ckerrüben in ganz Mitteleuropa angepflanzt. Allerdings stammt nur

rund ein Fünftel der weltweiten Produktion aus dem Zuckerrübenan-

bau, der Löwenanteil wird aus Zuckerrohr gewonnen. Der mit einem

Anteil von rund 30 Prozent größte Zuckerproduzent ist mit großem

Abstand Brasilien. Seit Anfang der 1990er-Jahre hat das Land seinen

Zuckerausstoß vervierfacht. Weitere bedeutende Produzenten sind In-

dien und China, die zusammen für rund ein Viertel der globalen Zu-

ckerförderung verantwortlich zeichnen. Allerdings produzieren diese

nur für den Eigenbedarf und mussten zuletzt sogar Zucker am Welt-

markt zukaufen.

Während Zucker in den Industriestaaten vermehrt durch Süßstoff

ersetzt wird, steigt der Verbrauch in Asien im Zuge des wachsenden

in Millionen Tonnen

USA: 6,8

Brasilien: 38,2

Indien: 16,0

China: 13,5

Thailand: 7,5

Die größten Zuckerproduzenten 2008/09

EU-27-Staaten: 15,2

Abb. 6.9

Quelle: OECD/FAO

Crashkurs Rohstoffe.indb 202 19.07.2011 15:57:06

Page 204: Crashkurs Rohstoffe

203 / Agrarrohstoffe Baumwolle

Wohlstands hingegen stetig. Zucker wird aber nicht nur in der Lebens-

mittelindustrie zur Geschmacksverbesserung oder als Konservie-

rungsmittel verwendet, sondern auch bei der Herstellung von Penicil-

lin und insbesondere von Ethanol. So wurde 2009 rund ein Fünftel der

weltweiten Zuckerernte für die Herstellung von Biosprit verwendet.

Experten erwarten, dass dieser Anteil bis zum Jahr 2019 sogar auf rund

ein Drittel ansteigen wird.

Zucker wird an mehreren Börsen und in unterschiedlichen Klassifi-

zierungen gehandelt. Der bedeutendste Kontrakt ist der an der Inter-

continental Exchange (ICE), vormals New York Board of Trade (NY-

BOT), gehandelte Zucker Nr. 11, der sich auf Rohrzucker bezieht. Die

Notierung erfolgt in US-Cent je Pound.

Baumwolle

Baumwolle ist einer der wichtigsten Rohstoffe für die Textilindustrie.

Nahezu die Hälfte der weltweiten Produktion wird dafür verwendet.

2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011

50

25

100

150

200

250

Baumwolle in US-Cent

Abb. 6.10

Crashkurs Rohstoffe.indb 203 19.07.2011 15:57:07

Page 205: Crashkurs Rohstoffe

Crashkurs Rohstoffe / 204

Der Preis für Baumwolle wird derzeit insbesondere durch den wach-

senden Bedarf der asiatischen Märkte angetrieben. Zudem profitiert

die Notierung vom steigenden Ölpreis, da dieser synthetische Fasern

teurer und Baumwolle damit attraktiver macht.

Die größten Baumwollproduzenten sind China mit einem Marktan-

teil von mehr als 30 Prozent im Erntejahr 2009/10, gefolgt von Indien

(23,0 Prozent) und den USA (11,9 Prozent). Im Zuge deutlicher Steige-

rungen der Produktivität, auch unter Nutzung der Gentechnologie,

konnte die jährliche Baumwollproduktion in den vergangenen Jahren

insbesondere in Indien deutlich erhöht werden.

Gehandelt wird Baumwolle seit der Übernahme des New York Board

of Trade (NYBOT) an der Intercontinental Exchange (ICE) in US-Cent

je Pound. Die täglichen Preisschwankungen sind nach oben und unten

mit einem Limit von drei Cent je Pound zum Schlusskurs des Vortages

versehen, eine Erweiterung ist auf bis zu sechs Cent möglich.

Abb. 6.11: Weltproduktion Baumwolle 2009/10

31,8 % China

23,0 % Indien

11,9 % USA

9,4 % Pakistan

5,2 % Brasilien

3,9 % Usbekistan

1,6 % Australien

13,2 % Sonstige

Quelle: Commerzbank, CM – Equity Markets & Commodities

23,0 %11,9 %

31,8 %5,2 %

9,4 %

1,6 %

13,2 %

3,9 %

Crashkurs Rohstoffe.indb 204 19.07.2011 15:57:07

Page 206: Crashkurs Rohstoffe

205 / Agrarrohstoffe Kaffee

Kaffee

Äthiopien gilt als das Ursprungsland des Kaffees. Bis ins 9. Jahrhun-

dert reicht die Tradition des Kaffeeanbaus zurück. Die Bohnen geröstet

und Kaffee getrunken haben hingegen im 14. Jahrhundert erstmals die

Araber, die in der Folge zur Handelsgroßmacht wurden. Heutzutage ist

Kaffee eines der meistkonsumierten Getränke der Welt. Im Zuge des

zunehmenden Wohlstands Chinas und der Verwestlichung des Landes

erwarten Experten, dass in Zukunft immer mehr Chinesen vom tradi-

tionellen Tee auf Kaffee umsteigen und somit zu einer steigenden Nach-

frage nach Kaffee beitragen. Kaffee wird außerdem auch bei der Herstel-

lung von Medikamenten verwendet.

Insgesamt werden vier Kaffeesorten unterschieden: Arabica, Robusta,

Liberica und Excelsa, wobei die beiden letztgenannten eine eher unter-

geordnete Rolle spielen. Die mit einem Weltmarktanteil von rund 60

Prozent wichtigste Sorte ist Arabica. Sie wird vor allem in Mittel- und

Südamerika angebaut und ist milder. Die Nummer 2, die kräftigeren

2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011

50

100

150

200

250

300

Kaffee in US-Cent

Abb. 6.12

Crashkurs Rohstoffe.indb 205 19.07.2011 15:57:07

Page 207: Crashkurs Rohstoffe

Crashkurs Rohstoffe / 206

Robusta-Bohnen, wachsen hingegen überwiegend in Asien und Afrika.

Da die Anbauregionen von Kaffee in Ländern mit zum Teil instabilen

politischen Verhältnissen liegen, unterliegt die Kaffeeproduktion dem er-

höhten Risiko von Streiks oder gar Kriegen. Die größten Kaffeelieferanten

sind Brasilien (Weltmarktanteil 2009/10: 35,7 Prozent), gefolgt von Viet-

nam (13,9 Prozent) und Indonesien (7,3 Prozent), die das klassische Kaf-

feeland Kolumbien (6,5 Prozent) aus den Top 3 verdrängt haben.

Die wichtigste Börse für den Arabica-Handel ist die Intercontinental

Exchange (ICE). Notiert sind die Kontrakte dort in US-Cent je Pound.

Der Haupthandelsplatz für Robusta-Kaffee ist die London Internatio-

nal Financial Futures Exchance (LIFFE) in London. Gehandelt wird

dort in US-Dollar je Tonne.

Kakao

Der Anbau von Kakao erfordert besondere klimatische Bedingungen,

die nur wenige Länder im Umkreis des Äquators bieten. Der mit Ab-

stand wichtigste Kakaolieferant war im Erntejahr 2009/10 die Elfen-

beinküste mit 1,24 Millionen Tonnen Kakaobohnen, was rund einem

Drittel der gesamten Weltproduktion entspricht. Ein weiteres Drittel

steuerten Ghana (632.000 Tonnen) und Indonesien (550.000 Ton-

nen) bei.

Der Kakaopreis wird insbesondere durch die Entwicklung in der El-

fenbeinküste enorm beeinflusst. Immer wieder kommt es dort zu Aus-

schreitungen. Die Kurse sind deswegen sehr volatil. Anfang 2011 ließ

ein Exportverbot des Landes die Preise für Kakao in die Höhe schnel-

len. Aber auch Schädlinge spielen immer wieder eine große Rolle am

Kakaomarkt. Kakao gehört zu den anfälligsten Kulturpflanzen.

Auf der Nachfrageseite spielen die EU-Länder die Hauptrolle. Mehr als

die Hälfte der jährlichen Kakaoernte wird nach Europa importiert.

Crashkurs Rohstoffe.indb 206 19.07.2011 15:57:07

Page 208: Crashkurs Rohstoffe

207 / Agrarrohstoffe Kakao

in Tausend Tonnen

Brasilien: 161

Elfenbeinküste:1.242Ghana: 632Nigeria: 240Kamerun: 205

Ecuador: 160Indonesien: 550

Papua-Neu-guinea: 50

Kakaoproduktion 2009/10

Abb. 6.13

Deutlich auf dem Vormarsch befindet sich aber einmal mehr Asien, das

2007 fast dreimal so viele Kakaobohnen importiert hat wie noch zur

Jahrtausendwende. Die wichtigsten Handelsplätze für Kakao sind die

2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011

1.000

500

2.000

3.000

4.000

Kakao in US-Dollar

Abb. 6.14

Crashkurs Rohstoffe.indb 207 19.07.2011 15:57:08

Page 209: Crashkurs Rohstoffe

Crashkurs Rohstoffe / 208

Terminbörsen Intercontinental Exchange (ICE), wo der Future in US-

Cent je Tonne gehandelt wird, und die LIFFE, an der die Notierung

in Britische Pfund erfolgt.

Orangensaft

Orangensaft ist nach Apfelsaft das zweitbeliebteste Fruchtsaftgetränk

der Deutschen. Seit den 1980er-Jahren hat sich der Pro-Kopf-Konsum

hierzulande mehr als verdreifacht. Kein Wunder, dass die Europäische

Union und die USA zu den größten Verbrauchern gehören. Der größte

Produzent von Orangen und Orangensaft ist hingegen mit einem An-

teil von rund einem Drittel Brasilien, gefolgt von den USA, China und

den EU-27-Ländern.

Der Preis für Orangensaft wird in erster Linie von klimatischen Fak-

toren beeinflusst. Insbesondere in Florida, wo rund 75 Prozent der ame-

rikanischen Orangenernte erzeugt werden, haben in der Vergangen-

heit immer wieder Stürme und Hurrikans für Ernteausfälle gesorgt.

2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011

40

80

120

160

200

Orangensaft in US-Cent

Abb. 6.15

Crashkurs Rohstoffe.indb 208 19.07.2011 15:57:08

Page 210: Crashkurs Rohstoffe

209 / Agrarrohstoffe Orangensaft/Reis

Auch Frost und Baumkrankheiten sorgen häufig für geringere Erträge.

Teilweise müssen sogar Zwangsrodungen durchgeführt werden.

Am Terminmarkt wird gefrorenes Orangensaftkonzentrat gehandelt,

das aus dem Orangenanbau gewonnen wird. Wichtigster Handelsplatz

ist die Intercontinental Exchange (ICE). Die Kontrakte notieren in US-

Cent je Pound.

Reis

Reis ist das weltweit wichtigste Grundnahrungsmittel, für die Hälfte

der Weltbevölkerung stellt Reis sogar die Haupternährungsgrundlage

dar. Mehr als 90 Prozent der Jahresproduktion werden für die mensch-

liche Ernährung verwendet, der Rest findet sich in Tierfutter oder als

Saatgut wieder. Der größte Reislieferant der Welt war im Erntejahr

2009/10 mit einem Exportanteil von 31,6 Prozent Thailand, gefolgt

von Vietnam (19,1 Prozent) und den USA (11,5 Prozent). Die größten

Abb. 6.16: Weltexporte Reis 2009/10

19,1 %11,5 %

31,6 %20,6 %

7,3 %2,8 %

2,8 %

2,0 %

31,6 % Thailand

19,1 % Vietnam

11,5 % USA

7,3 % Indien

2,8 % Kambodscha

2,8 % China

2,3 % Uruguay

2,0 % Ägypten

20,6 % Sonstige

Quelle: Commerzbank, CM – Equity Markets & Commodities

2,3 %

Crashkurs Rohstoffe.indb 209 19.07.2011 15:57:08

Page 211: Crashkurs Rohstoffe

Crashkurs Rohstoffe / 210

Produzenten sind China, Indien und Indonesien, die aber den Groß-

teil selber konsumieren.

Während der Reispreis noch Anfang des 21. Jahrhunderts weniger als

fünf Dollar betrug, kostete im Frühjahr 2008 ein Zentner Reis fast 25

Dollar. Im Zuge der Finanzkrise kam es allerdings wie bei vielen Roh-

stoffen zu einem massiven Einbruch. Seitdem hinkt die Notierung der

Performance vieler anderer Soft Commodities hinterher. Experten rech-

nen jedoch damit, dass sich dies schon bald ändert. Zum einen befürch-

ten sie, dass die Anbaufläche für Reis im Zuge der höheren Preise für

andere Agrarprodukte abnehmen könnte. Darüber hinaus war die Re-

gion um Fukushima vor der großen Atomkatastrophe 2011 die viert-

größte Anbauregion Japans, wodurch sich das Land selbst mit Reis ver-

sorgen konnte.

Durch die Katastrophe könnte Japan jedoch zu einem bedeutenden

Importeur auf dem Weltmarkt werden. Zudem dürfte die steigende

Weltbevölkerung die Nachfrage nach dem Nahrungsmittel Nummer 1

weiter steigen lassen.

2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011

4

8

12

16

20

24

Reis in US-Cent

Abb. 6.17

Crashkurs Rohstoffe.indb 210 19.07.2011 15:57:08

Page 212: Crashkurs Rohstoffe

211 / Agrarrohstoffe Viehwirtschaft

Wichtigster Handelsplatz ist das zur CME Group gehörende Chicago

Board of Trade (CBOT). Notiert sind die Kontrakte in US-Cent je Zent-

ner, wobei ein Zentner 45,359 Kilogramm entspricht.

Viehwirtschaft

Ein unbeschriebenes Blatt dürften für die meisten Anleger die Agrar-

rohstoffe der Viehwirtschaft sein. Diese umfasst insbesondere Fleischer-

zeugnisse der Rinder- und Schweinewirtschaft, aber auch Geflügel und

Milchprodukte. Der bedeutendste Handelsplatz ist die Chicago Mer-

cantile Exchange (CME). Dort werden neben Butter oder Milch auch die

liquidesten Viehprodukte Lebendrind, Mastrind und Mageres Schwein

gehandelt.

Als Lebendrind wird das schlachtreife Rind mit einem Durchschnitts-

gewicht von 1.200 Pound (1 englisches Pfund = 0,453592 Kilogramm)

bezeichnet, das unmittelbar für die Fleischproduktion genutzt werden

kann. Größter Produzent mit einem Weltmarktanteil von rund einem

Fünftel sind die USA.

Bei Mastrindern handelt es sich um Jungtiere, deren Aufzucht so weit

fortgeschritten ist, dass sie in speziellen Mastbetrieben auf das endgültige

Schlachtgewicht gebracht werden können. Diese Tiere sind in der Regel

sechs bis zehn Monate alt und wiegen zwischen 600 und 800 Pound.

Als Mageres Schwein gelten schlachtreife Schweine, die etwa ein halbes

Jahr alt sind und ein Gewicht von 220 bis 240 Pound aufweisen. Fast

die Hälfte der weltweiten Produktion von Schweinefleisch wird in Chi-

na generiert.

Die Preisentwicklung von Viehprodukten hängt von vielen Faktoren

ab. So unterliegen sie beispielsweise einer starken Saisonalität und ste-

hen in direktem Zusammenhang mit der Entwicklung der Preise von

Futterprodukten wie Getreide und Soja. Zudem spielen Tierseuchen wie

Crashkurs Rohstoffe.indb 211 19.07.2011 15:57:08

Page 213: Crashkurs Rohstoffe

Crashkurs Rohstoffe / 212

Rinderwahn (BSE), die Vogelgrippe oder die Schweinepest eine enor-

me Rolle für die Preise. Da die Fleischsorten als Substitutionsgüter gel-

ten, hat beispielsweise BSE direkten Einf luss auf Mageres Schwein.

Während dadurch weniger Rind nachgefragt wird und die Preise dafür

sinken, wird im Gegenzug mehr Schwein gekauft, wodurch diese No-

tierungen steigen. Zu den nachhaltigsten Marktfaktoren zählen aber

das Wachstum der Weltbevölkerung und insbesondere der zuneh-

mende Wohlstand in den Schwellenländern, was im Normalfall zu

einem Anstieg des Fleischkonsums führt.

Crashkurs Rohstoffe.indb 212 19.07.2011 15:57:08

Page 214: Crashkurs Rohstoffe

213 / Agrarrohstoffe Profitieren als Anleger

Profitieren als AnlegerAnleger können am Agrarrohstoffboom auf viele Arten partizipieren.

Der Investor hat die freie Auswahl aus einer großen Palette an verschie-

densten Aktien, Fonds und Zertifikaten. Allerdings muss er sich der

unkalkulierbaren Risiken wie Unwetter, Naturkatastrophen, Epidemien

und Ähnlichem bewusst sein, die zu erheblichen Preisschwankungen

führen können.

AktienVon steigenden Preisen für Agrarrohstoffe profitieren insbesondere die

land- und forstwirtschaftlichen Unternehmen. Aber auch die Herstel-

ler von Düngemitteln, Saatgut und Biotreibstoffen sowie die Produ-

zenten landwirtschaftlicher Maschinen gehören zu den Gewinnern.

Potash (WKN 878 149)

2007 2008 2009 2010 2011

20

10

40

60

80

Potash in US-Dollar

Abb. 6.18

Crashkurs Rohstoffe.indb 213 19.07.2011 15:57:09

Page 215: Crashkurs Rohstoffe

Crashkurs Rohstoffe / 214

Die kanadische Potash Corporation of Saskatchewan ist der größte

Düngemittelproduzent der Welt und gleichzeitig das weltgrößte Unter-

nehmen des Agrarsektors. Die Gesellschaft produziert Stickstoffdün-

ger, Phosphate und insbesondere Pottasche (Kalisalz). Dabei profitiert

die Gesellschaft von hohen Getreidepreisen wie beispielsweise im Jahr

2010. Landwirte wollen in diesen Zeiten ihre Erträge durch den Einsatz

von Düngemitteln maximieren. So konnte Potash in 2010 mit 1,8 Mil-

liarden Dollar auch den zweithöchsten Gewinn seiner Geschichte ein-

fahren. Angesichts der hervorragenden Marktstellung ist es nicht ver-

wunderlich, dass Potash auch als Übernahmeziel hochattraktiv ist. So

versuchte 2010 BHP Billiton die Kanadier für 38,5 Milliarden Dollar zu

schlucken, was jedoch abgewehrt wurde.

K+S (WKN 716 200)Übernahmefantasie gibt es auch bei K+S, dem deutschen Pendant zu

Potash. Bei dem Kasseler Unternehmen laufen die Geschäfte glän-

zend. 2010 erzielte K+S ein Umsatzplus von 40 Prozent auf rund fünf

2007 2008 2009 2010 2011

20

40

60

80

100

K+S in Euro

Abb. 6.19

Crashkurs Rohstoffe.indb 214 19.07.2011 15:57:09

Page 216: Crashkurs Rohstoffe

215 / Agrarrohstoffe Profitieren als Anleger

Milliarden Euro. Der Jahresüberschuss konnte sogar von 96 auf 449

Millionen Euro vervielfacht werden. Und auch in den folgenden Jahren

will die Gesellschaft weiter zulegen.

Deere & Co (WKN 850 866)Der Boom bei Agrarrohstoffen lässt auch die Geschäfte des US-Land-

maschinenhersteller Deere & Co florieren. Das Unternehmen ist welt-

weit der Marktführer.

Um eine höhere Ausbeute zu erzielen, setzen Landwirte auf immer

modernere Gerätschaften. Zudem profitiert das Unternehmen von

der steigenden Nachfrage in den Schwellenländern. Dies machte

sich auch in den Zahlen des Geschäftsjahres 2010 bemerkbar. Deere

gelang es, im Vergleich zu 2009 den Umsatz um 35 Prozent auf 7,20

Milliarden Dollar zu steigern. Der Nettogewinn kletterte auf 457

Millionen Dollar.

2007 2008 2009 2010 2011

20

40

60

80

100

Deere & Co in US-Dollar

Abb. 6.20

Crashkurs Rohstoffe.indb 215 19.07.2011 15:57:09

Page 217: Crashkurs Rohstoffe

Crashkurs Rohstoffe / 216

Fonds und ZertifikateNicht nur am Aktienmarkt, auch im Fonds- und Zertifikatebereich

gibt es eine enorme Auswahl an Produkten, mit denen man am Boom

der Agrarrohstoffe mitverdienen kann. So gibt es mittlerweile auf na-

hezu alle Agrarrohstoffe ETCs, beispielsweise auf Weizen (WKN A0T

7M2), zudem Short- und Leveraged-ETCs. Daneben gibt es Produkte,

die auf einen ganzen Rohstoffkorb setzen: so zum Beispiel der DJ-

UBSCI Agriculture Sub-Index (WKN A0K RKB) von ETF Securities.

Auch der ETF-Sektor hat einige Produkte im Angebot. Die RBS hat

einen ETF (WKN A0M MBJ) auf den RICI Agriculture Index, der in 21

Agrarrohstoffe investiert, im Angebot. Anleger, denen eine Streuung

wichtig ist, setzen auf eine der beiden im Folgenden näher erläuterten

Investmentmöglichkeiten aus dem Fonds- beziehungsweise Zertifi-

katebereich.

DWS Invest Global Agribusiness (WKN DWS 0BU)Die Fondsmanager investieren mit dem DWS Invest Global Agribusi-

ness weltweit in Aktien aus der Agrarindustrie oder solche, die von dieser

profitieren. Anleger haben also die Möglichkeit, ihr Risiko zu streuen

und von der Entwicklung gleich mehrerer Agrarunternehmen zu profi-

tieren. Per Ende März 2011 gehörten zu den größten Einzelwerten des

Fonds Archer Daniels Midland, Syngenta und Bunge. Bei der Länderge-

wichtung haben die USA mit einem Anteil von mehr als einem Drittel

klar die Nase vorn. Bei der Branchenaufteilung setzt das Fondsmanage-

ment derzeit in erster Linie auf die aussichtsreichen Sektoren Agrarpro-

dukte, Düngemittel & Agrochemie und Nahrungsmittel & Fleisch.

HSBC Agrar-Strategie-Zertifikat (WKN TB0 SM0)Mit dem Open-End-Agrarzertifikat von HSBC Trinkaus & Burkhardt

können Anleger von der Entwicklung eines Baskets aus 15 Agrar-

Crashkurs Rohstoffe.indb 216 19.07.2011 15:57:09

Page 218: Crashkurs Rohstoffe

217 / Agrarrohstoffe Profitieren als Anleger

Aktien profitieren. Neben Unternehmen aus der Getreide- und Vieh-

wirtschaft berücksichtigt das Papier auch die Fischzucht. Die Zusam-

mensetzung des Aktienkorbs, auf den sich das Zertifikat bezieht, wird

je nach Marktlage von HSBC zweimal jährlich überprüft und gegebe-

nenfalls angepasst. Dadurch kann der Emittent auf veränderte Markt-

bedingungen reagieren. Da das Zertifikat nicht währungsgesichert ist,

sollten Anleger die Entwicklung des Dollarkurses mit im Auge behalten.

Crashkurs Rohstoffe.indb 217 19.07.2011 15:57:09

Page 219: Crashkurs Rohstoffe

Crashkurs Rohstoffe.indb 218 19.07.2011 15:57:09

Page 220: Crashkurs Rohstoffe

219 / Ein Muss für jedes Depot

Ein Muss für jedes Depot

Kapitel 7

Crashkurs Rohstoffe.indb 219 19.07.2011 15:57:09

Page 221: Crashkurs Rohstoffe

Crashkurs Rohstoffe / 220

Der Superzyklus bei den Rohstoffen ist in vollem Gange, die Förde-

rung wird immer schwieriger und damit auch kostspieliger und bei eini-

gen Rohstoffen wie beispielsweise Öl ist das Fördermaximum bereits

erreicht oder steht unmittelbar bevor. Fast alle Experten sind sich ei-

nig, dass die Preise für Rohstoffe auf lange Sicht weiter anziehen wer-

den. Allerdings dürfte in den kommenden Monaten und Jahren auch

die Volatilität bei der Preisentwicklung zunehmen. Dabei sollten Anle-

ger ein Auge auf die politische Entwicklung haben: Rohstoffe könnten,

wie im Fall der Seltenen Erden geschehen, als politisches Machtinstru-

ment genutzt werden. Und das gilt auch für einen Rohstoff, der bislang

noch nicht besprochen wurde – und das, obwohl einige Experten davon

ausgehen, dass er letztlich zum wertvollsten Rohstoff des 21. Jahrhun-

derts werden könnte: Wasser.

„Die Kriege der Zukunft werden um Wasser geführt“, prophezeite

schon der ehemalige UN-Generalsekretär Boutros-Ghali. Für Mittel-

europäer klingt das abenteuerlich, doch tatsächlich fürchten Branchen-

kenner, dass in Afrika und im Nahen Osten bereits jetzt wasserarme

Staaten auf die Reservoire ihrer Nachbarn schielen und durchaus bereit

sein könnten, einen Konflikt vom Zaun zu brechen. So verfügen Staaten

wie Jordanien, Singapur oder auch Libyen über keine eigenen Reser-

ven. Ein Beispiel soll dies verdeutlichen: Der Nil durchfließt neun afri-

kanische Staaten, doch Ägypten glaubt, dass ihm der Löwenanteil des

Wassers zusteht. Schließlich deckt der Nil 95 Prozent der Wasserversor-

gung des Landes. Als Äthiopien ankündigte, mehr Nilwasser entneh-

men zu wollen, schreckte das die Ägypter auf. Lange Gespräche folgten.

Zwar hat sich die Situation wieder entspannt, doch auf längere Sicht

sind Konflikte vorprogrammiert. Vor allem da auch der Wasserver-

brauch in Ägypten selbst durch die Bevölkerungsexplosion von rund

53 Millionen Menschen im Jahr 1990 auf aktuell mehr als 80 Millionen

dramatisch gestiegen ist.

Crashkurs Rohstoffe.indb 220 19.07.2011 15:57:09

Page 222: Crashkurs Rohstoffe

221 / Ein Muss für jedes Depot

Auf den ersten Blick scheint das Thema Wasserknappheit absurd, im-

merhin sind mehr als zwei Drittel der Erdoberfläche von Wasser be-

deckt. Doch tatsächlich sind nur drei Prozent davon genießbares Süß-

wasser und das meiste davon ist in Gletscher- und Poleis gebunden.

Rechnet man dieses heraus, stehen nur 0,65 Prozent unmittelbar in

Seen, Flüssen und als Grundwasser zur Verfügung. Die Vereinten Na-

tionen gehen davon aus, dass rund 900 Millionen Menschen weltweit

keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser haben. Noch eine Zahl, die

erstaunt: Weltweit verfügen rund 95 Prozent der Städte nicht über eine

geregelte Abwasserentsorgung. Nicht umsonst hat die UN 2010 ein

Menschenrecht auf Wasser festgeschrieben. Die Vereinten Nationen

haben auch ein Minimalziel formuliert: Bis 2015 soll die Zahl der Men-

schen, die keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser haben, halbiert

werden. Schätzungen zufolge müssten weltweit rund 50 Milliarden

Euro im Jahr investiert werden, um dieses Ziel zu erreichen.

Doch die Situation könnte sich in den kommenden Jahren weiter zu-

spitzen. Bis zum Jahr 2025 wird das weltweite Bevölkerungswachstum

dazu führen, dass es gut acht Milliarden Menschen geben wird. Fünf

Milliarden werden in Gebieten leben, die mit knappen Trinkwasser-

vorkommen zu kämpfen haben. Doch damit nicht genug: Auch die

Landwirtschaft ist von Wasser abhängig – und letztlich auch die Ver-

sorgung mit Lebensmitteln. In Zahlen liest sich das so: Der globale

Wasserverbrauch ist von 1.480 Kubikkilometern Mitte des 20. Jahr-

hunderts auf aktuell rund 4.500 Kubikkilometer gestiegen. Bis zum

Jahr 2030 soll die Zahl auf 6.500 Kubikkilometer anwachsen.

Warum also wird das Thema Wasser bei all diesen alarmierenden

Zahlen in diesem Buch nur im Ausblick erwähnt? Immerhin scheint

doch gerade Wasser aus Anlagegesichtspunkten ein interessantes The-

ma zu sein. Die Antwort darauf ist relativ simpel: Es ist nicht ganz ein-

fach, in Wasser anzulegen. Als Rohstoff wird Wasser nicht an der Börse

Crashkurs Rohstoffe.indb 221 19.07.2011 15:57:09

Page 223: Crashkurs Rohstoffe

Crashkurs Rohstoffe / 222

gehandelt und die Wasserversorgung selbst ist in den meisten Län-

dern – noch – staatlich geregelt.

Natürlich können Anleger auf Aktien von Unternehmen ausweichen,

die beispielsweise Rohrleitungen bauen. Doch meist ist das Thema

Wasser bei diesen Konzernen nur ein Beigeschäft. In den kommenden

Jahren dürften jedoch mehr und mehr Wasserversorger privatisiert

werden. Damit dürfte auch privaten Investoren der Einstieg in den Zu-

kunftsmarkt Wasser erleichtert werden.

Das Thema Rohstoffe wird in den kommenden Jahren weiter in Be-

wegung bleiben. Während die Bedeutung von Uran sinken dürfte,

sollte Wasser als Rohstoff in den Blickpunkt der Investoren rücken.

Doch auch die fossilen Energieträger werden trotz des massiven Ausbaus

regenerativer Energien auf Sicht der nächsten Jahrzehnte unabdingbar

für die Industrie und die Energieerzeugung bleiben. Zudem wird die

Bedeutung von Agrarrohstoffen angesichts endlicher Anbauflächen

und eines starken Bevölkerungswachstums vor allem in den Schwel-

lenländern weiter zunehmen. Das Gute daran: Dem Privatanleger ste-

hen mittlerweile jede Menge Möglichkeiten offen, an diesem Trend

teilzuhaben. Rohstoffe sollten deshalb in keinem Portfolio fehlen.

Crashkurs Rohstoffe.indb 222 19.07.2011 15:57:09

Page 224: Crashkurs Rohstoffe

Über die Autoren:

Marion Schlegel beschäftigt sich seit fast 20 Jahren mit dem Thema

Börse. Nach ihrem Studium an der Frankfurt School of Finance &

Management wechselte sie im Jahr 2000 zum Anlegermagazin DER

AKTIONÄR und verantwortet seitdem das Ressort Rohstoffe. Zur

Jahrtausendwende war sie eine der Ersten, die die Chancen von Edel-

metall-Investments erkannt hat.

Markus Bußler hat bereits zu Beginn der 90er-Jahre während seines

Jurastudiums sein Interesse für Aktien entdeckt. Nach zahlreichen

journalistischen Stationen – unter anderem 2000 beim AKTIONÄR

– mit mehreren Auslandsaufenthalten schreibt er seit 2008 wieder für

DER AKTIONÄR, schwerpunktmäßig für das Ressort Rohstoffe.

Crashkurs Rohstoffe.indb 223 19.07.2011 15:57:09

Page 225: Crashkurs Rohstoffe

Die Crashkurs-Reihe geht weiter!

Bisher erschienen:

Crashkurs Fonds (978-3-938350-41-6)Crashkurs Zertifikate (978-3-938350-43-0)Crashkurs Emerging Markets (978-3-938350-58-4)Crashkurs Charttechnik (978-3-938350-57-7)Crashkurs Börse (978-3-938350-67-6)Crashkurs Trading (978-3-941493-48-3)Crashkurs ETFs (978-3-941493-72-8)

Besuchen Sie uns im Internet unter

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Crashkurs Rohstoffe.indb 224 19.07.2011 15:57:09

Page 226: Crashkurs Rohstoffe

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