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Das Internet der Dinge - philosophisch betrachtet Einige Aspekte der Technikphilosophien von Martin Heidegger, Günther Anders und Bruno Latour im Blickwinkel aktueller Industriepolitik Christian Zwickl-Bernhard

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Das Internet der Dinge - philosophisch betrachtet

Einige Aspekte der Technikphilosophien von Martin

Heidegger, Günther Anders und Bruno Latour im Blickwinkel aktueller Industriepolitik

Christian Zwickl-Bernhard

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Das Internet der Dinge - philosophisch betrachtet

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Inhaltsverzeichnis

1. Das Internet der Dinge - philosophisch betrachtet ............................................................................... 1

2. Das Internet der Dinge ......................................................................................................................... 4

2.1. Ein kurzer Überblick über die Geschichte ...................................................................................... 4

2.2. Das Internet der Dinge .................................................................................................................. 6

2.3. Cloud Computing ......................................................................................................................... 7

2.4. Philosophische Betrachtungen zum Internet der Dinge ................................................................... 8

3. Die Technikphilosophie Martin Heideggers ......................................................................................... 11

3.1. Die vier Vorträge ........................................................................................................................ 11

3.2. Der Hinweis ............................................................................................................................... 12

3.3. Heideggers Herangehensweise ..................................................................................................... 12

3.4. Das Ding .................................................................................................................................... 13

3.5. Das Wesen des Kruges ................................................................................................................ 14

3.6. Die Sterblichen, der Tod, die Spiegelung, die Welt und die Wissenschaft ...................................... 16

3.7. Philosophiehistorische Bezüge ..................................................................................................... 17

3.8. Die Antizipation einiger moderner technischer Entwicklungen ..................................................... 18

3.9. Eine kritische Würdigung ............................................................................................................ 20

4. Einige Aspekte der Technikphilosophie von Günther Anders ............................................................... 24

4.1. Technik und die Antiquiertheit .................................................................................................... 24

4.2. Die Diagnosen ............................................................................................................................ 25

4.3. Versuch einer kritischen Sichtweise oder die Antiquiertheit der Antiquiertheit .............................. 27

5. Technisch-philosophische Ansätze von Bruno Latour .......................................................................... 30

5.1. Die Symmetrie ............................................................................................................................ 30

5.2. Das Parlament der Dinge ............................................................................................................ 31

6. Zur Philosophie des Internets der Dinge .............................................................................................. 34

6.1. Das philosophisch Interessante am Internet der Dinge .................................................................. 34

6.2. Heidegger und das Internet der Dinge .......................................................................................... 36

6.3. Anders und das Internet der Dinge .............................................................................................. 39

6.4. Latour und das Internet der Dinge ............................................................................................... 41

7. Die Offenheit der Themenstellung ....................................................................................................... 42

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Das Internet der Dinge - philosophisch betrachtet

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1. Das Internet der Dinge - philosophisch betrachtet

Philosophische Positionen zur Technikphilosophie1 sind besonders dann von nachhaltigem Interesse, wenn sie erstens eine gewisse Antizipation der zukünftigen Entwicklung der Technik erlauben und zweitens in ihren Positionen an eben diesen Entwicklungen ´mitwachsen´, womit gemeint ist, dass sie sich durchaus an den jeweiligen neuen Entwicklungen messen lassen. Dies betrifft sowohl den gestellten Anspruch als auch die den Theorien innewohnende Aussagekraft.

Da sich Zukunft, und diese wird – was inzwischen weitgehend unbestritten ist - grundlegend von der Technik bestimmt, weder direkt aus der Gegenwart ableiten noch voraussagen lässt, andererseits die Antizipation des Zukünftigen2 für den Menschen von Beginn an eine der größten Herausforderungen dargestellt hat, sind die beiden genannten Punkte gerade für technisch-philosophische Positionen von grundlegender Bedeutung.

Aus dem Gesagten ergibt sich auch, dass eine wesentliche Aufgabe einer Philosophie der Technik darin liegt, Antworten auf „die historisch einmaligen und neuen Fragestellungen,

vor die uns die Entwicklung der zeitgenössischen Technik stellt“3 zu finden.

Gerade die modernen industriellen Entwicklungen stellen dabei eine der größten Herausforderungen dar. Dies begründet sich unter anderem in der inzwischen hohen Komplexität der technischen Entwicklungen, der weitreichenden Bedeutung der Entwicklungen für die Gesellschaft sowie in dem direkten und sehr komplexen Zusammenhang zwischen technischen und ökonomischen Entwicklungen. Themen wie

1 Im folgenden wird der Einfachheit halber nicht zwischen Technikphilosophie und Philosophie der Technik unterschieden, so wie dies etwa von Klaus Kornwachs vorgeschlagen wird. (vgl. dazu Kornwachs, 2013, p.8) 2 Matthias Horx spricht in dem Zusammenhang davon, dass „Intelligenz etwas mit der Ahnung des Kommenden zu tun hat“, vgl. Matthias Horx, Die acht Sphären der Zukunft, 2002, p. 26 3 Kornwachs, 2013, p.8

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Das Internet der Dinge - philosophisch betrachtet

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Globalisierung, Fortschritt, Wachstum oder auch mögliche alternative ökonomische Konzepte hängen unmittelbar mit der Entwicklung der Technik zusammen.

Im gegenständlichen Essay sollen drei philosophische Positionen mit dem sogenannten Internet der Dinge in Bezug gesetzt werden. Unter dem Internet der Dinge4 versteht man die

Verknüpfung eindeutig identifizierbarer physischer Objekte mit einer virtuellen Repräsentation einer Internet-ähnlichen Struktur, so Mark Weiser im Jahr 1991.5

Handelte es sich 1991 noch um eine Vision, so sind mittlerweile zahlreiche Voraussetzungen für die Umsetzbarkeit geschaffen worden bzw. es finden sich inzwischen auch in unterschiedlichsten Bereichen konkrete Implementierungen. Das Internet der Dinge gilt heute sowohl im gesellschaftlichen Umfeld als auch im Bereich der Industrieproduktion - dort wird es mit dem Begriff der vierten industriellen Revolution bzw. dem Begriff Industrie 4.0 identifiziert - als einer der Zukunftstrends, der schon heute begonnen hat und in naher

und mittlerer Zukunft weitreichende Konsequenzen für unser aller Leben haben wird.

So gehen einige Autoren sogar davon aus, dass sich auf Basis des Internets der Dinge Modelle für eine vollkommen neue Ökonomie aufbauen werden. Man spricht hier von sogenannten collaborative commons, Strukturen und Modellen, die erstmals eine bisher nur

schwer vorstellbare Alternative zu unserem vorherrschenden marktwirtschaftlichen Wirtschaftssystem darstellen könnten.6

Es gibt zahlreiche weitere verwendete Begriffe wie ´Ubiquitäres Computing´ oder ´Persuasive Computing´, die prinzipiell aber stets den gleichen Grundgedanken einer „durchgängigen Optimierung und Förderung wirtschaftlicher und sozialer Prozesse durch eine Vielzahl von in die Umgebung eingebrachte Mikroprozessoren und Sensoren“ 7 beschreiben.

Um die zunächst nicht vermuteten Zusammenhänge zwischen einer philosophischen Theorie und einer modernen technologischen Entwicklung kurz im Ansatz darzustellen, sei einleitend auf eine Parallelität zwischen beiden Ansätzen hingewiesen. Ein grundlegendes Element des Internets der Dinge sind ´aktive Komponenten´, die über Vernetzung eine mobile

Unterstützung des Nutzers mit Informationsdiensten ermöglichen. Die drei angesprochenen philosophischen Ansätze haben andererseits ebenfalls eine Gemeinsamkeit. Auch sie gehen von aktiven Elementen aus, die mit dem Menschen aktiv in Wechselwirkung treten. In diesem

4 Abkürzungen bzw. weitere weitgehend ident verwendete Bezeichnungen sind: IdD sowie Internet of Things (IoT) 5 Mark Weiser, The Computer for the 21st Century, 1991 6 Vgl. dazu etwa die Überlegungen von Elinor Ostrom oder Jeremy Rifkin, Die Null Grenzkosten Gesellschaft 7 Friedewald, et. al., Ubiquitäres Computing, 2010, p.9

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Das Internet der Dinge - philosophisch betrachtet

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Sinne werden gewisse aktuelle Entwicklungen von Heidegger und Anders antizipiert sowie von Bruno Latour in einen modernen philosophischen Kontext gesetzt, den zu beschreiben eine Aufgabe der gegenständlichen Arbeit sein wird.

Zunächst geht es darum die Grundstrukturen des Internets der Dinge zu skizzieren und die wesentlichen strukturellen Elemente herauszuarbeiten, die auch philosophisch von Relevanz bzw. Interesse sind. Auch bei der Darstellung der drei technisch-philosophischen Positionen von Martin Heidegger, Günther Anders und Bruno Latour liegt der Schwerpunkt naturgemäß auf den Themen, die sich auf das aktive Element der Technik, die Rolle der Dinge bzw. die Vernetzung technischer Elemente beziehen. Denn genau diese Punkte sind es, die die Parallelität zu den Entwicklungen des IoT erkennen lassen.

Den Abschluss der Arbeit bildet der Versuch einer kurzen systematischen Gegenüberstellung der Positionen basierend auf grundlegenden Frage- und Problemstellungen zum Internet der Dinge.

Dass es sich jedenfalls um eine weitreichende technologische Entwicklung, und damit auch um ein für einen philosophischen Diskurs interessantes Thema handelt, konnte durch die einleitenden Anmerkungen schon gezeigt werden. Mark Weiser formuliert im Jahre 1991 die Entwicklungen gewissermaßen ´philosophisch antizipierend´:„The most profound technologies are those that disappear.“8

8 Mark Weiser, XEROX PARC 1991 in: Michael Friedewald, Ubiquitäres Computing, p. 9