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MASADA und die Palastfestungen des Herodes

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Leseprobe aus dem Buch "Das Tote Meer"

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MASADA und die Palastfestungen des Herodes

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Abb. 1: Imposant im Abendhimmel: Das Plateau von Machaerus, von Südost aus gesehen.

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Nur wenige antike Monumente sind so stark von einer Persönlichkeit geprägt wie die Paläste und Palastfestungen des Königs Herodes. Ob wirklich er als Herrscherpersön-lichkeit hinter der Errichtung dieser faszinie-renden Anlagen stand oder ob diese eher das Resultat bestimmter sozialer, wirtschaft licher, politischer und kultureller Bedingungen sind, ist umstritt en.1 Doch wahrscheinlich spielen alle diese Faktoren eine Rolle und prägen den außergewöhnlichen Charakter dieser architektonischen Meisterwerke.2 Zu den besterhaltenen Bauprojekten des Herodes gehören die königlichen Prachtbauten, die die Wüstenlandschaft westlich und östlich des Toten Meeres zieren. Zugleich Fremdkörper und von exquisiter Exzellenz fügen sich diese abgelegenen Luxusdomizile fast harmonisch in die vermeintliche Monotonie der Land-schaft ein.

Unsere Fähigkeit, diese herodianischen Bauten fast bis ins kleinste Detail wieder vor Augen treten zu lassen wie sie vor 2000 Jahren ausgesehen haben, basiert

hauptsächlich auf zwei Faktoren. Erstens verfügen wir über die oft äußerst detaillierten Schilderungen des Flavius Iosephus, der uns als Zeitgenosse nicht nur mit der politischen, religiösen und kulturellen Realität der hasmonäischen und herodianischen Welt vertraut macht. Er ermöglicht uns auch einen relativ ge-nauen Einblick in die architektonischen Meisterwerke der damaligen Elite. Auch wenn er nicht persönlich jedes der hier aufgezählten Monumente besucht hat –  Masada, Herodium, Machaerus und Kypros – so standen ihm wenigstens für die ers-tere Festung höchst verlässliche Schilderungen zur Verfügung. Der zweite Faktor, der dazu beiträgt, dass unsere Kenntnis der Herodes-Paläste in dieser Region außergewöhnlich gut ist – ins-besondere im Vergleich mit seinen Palästen in Jerusalem und Caesarea – hängt mit den klimatischen und siedlungsgeschicht-lichen Gegebenheiten zusammen, die einerseits nur vergleichs-weise geringe Bautätigkeit ermöglicht, andererseits aber dazu beitragen haben, dass archäologische Reste gut erhalten geblie-ben sind.

MASADA

Masada (abgeleitet von hebräisch metzuda = Festung) ist ohne Zweifel die beeindruckendste in der Serie der Palastfestungen (Abb. 2), nicht nur vom bauge-

schichtlichen, sondern auch vom historischen Standpunkt aus.3 Der wie ein Diamant natürlich geformte Fels befi ndet sich in un-mitt elbarer Entfernung vom südwestlichen Ufer des Toten Mee-res. Die befestigte Gipfelfl äche misst von Norden nach Süden 600 m und von Osten nach Westen 300 m und hebt sich deutlich vom umgebenden Gelände ab.

von Katharina Galor

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Abb. 2: Masada aus der Luft , von Nordwest aus gesehen. Im Vorder-grund links der drei-stufi ge Nordpalast, dahinter auf dem Plateau das Bad und die Vorrats-magazine, rechts die von den Römern aufgeschüt-tete Angriff srampe.

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Erstmals von Edward Robinson im 19. Jh. entdeckt und mit der von Flavius Iosephus erwähnten Festung identifi ziert (siehe Fla-vius Iosephus, Bellum Iudaicum 1,236-238.264–267.286–287; 2,433–434.446–447; 7,252–407; Strabon, Geographica 16,2,49; Plinius, Naturalis historia 5,74), wurden der Fels mit seinen na-türlichen und von Menschen geschaff enen Gegebenheiten zu-nächst 1842 vom amerikanischen Missionar S. W. Wolcott und dem englischen Maler W. Tipping gezeichnet. Genauere Ver-messungen und Aufzeichnungen, die allen späteren Studien als Grundlage dienten, wurden 1932 von dem deutschen Gelehrten A. Schulten angefertigt. Der größte Teil unserer baugeschichtli-chen Kenntnisse stammt jedoch von den Ausgrabungen, die zwischen 1963–1965 unter der Leitung von Yiga’el Yadin durch-geführt und in den 90er Jahren in einer umfassenden fünfb ändi-gen Edition durch ein interdisziplinäres Team veröff entlicht worden sind.4

Flavius Iosephus zufolge wurde der Fels zum ersten Mal vom Hohepriester Jonathan um etwa 153  v.  Chr. befestigt (Bellum Iudaicum 7,285). Es ist nicht ganz klar, ob es sich um Jonathan den Makkabäer oder um Alexander Jannäus handelt, doch können – abgesehen von ein paar Tonscherben – keine Überreste der späthellenistischen Epoche zugewiesen werden. Die Bauten, die Masada bis heute am deutlichsten prägen, wurden unter Hero-des dem Großen errichtet. Beträchtliche Änderungen lassen sich der Zeit der Besetzung durch die Zeloten während des Ers-ten Aufstandes gegen Rom zuordnen (66–73/74 n. Chr.). Ob-wohl die jüdischen Aufständischen kaum neue Gebäude errich-teten, bevor sie sich durch ihren legendären Selbstmord der Gefangennahme durch den römischen Feldherrn Flavius Silva entzogen, kann man sie für den größten Teil der Umbauten und Zerstörungen innerhalb der herodianischen Anlage verantwort-lich machen. Nach der Eroberung stationierten die Römer eine

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Abb. 3: Die Vorratsmagazine nahe des Nordpalastes. Hier wurden zahlreiche Amphoren mit Luxusgütern (z. B. Wein oder Äpfel aus Süditalien) gefunden, adressiert an „Herodes, König in Judäa“.

Abb. 4: Marmorimitat aus Stuck an den Wänden des off enen Speisesaals im Westpalast.

römische Garnison auf Masada, um die Ostfl anke Judäas zu si-chern. Die Soldaten zogen aber nicht lange nach der Umwand-lung des Königreichs der Nabatäer in die römische Provincia Arabia um das Jahr 116  n.  Chr. wieder ab. Aus dieser Epoche stammen einige interessante Textfunde sowie wohl auch die be-rühmten Skelett e in der großen Zisterne, die in der populären Literatur oft als Überreste der letzten Zeloten angesehen wer-den. Erst im 6./7. Jh. n. Chr. war das Felsplateau dann wieder be-siedelt. Die kleine Kirche der byzantinischen Mönchsgemeinde von Marda ist noch heute inmitt en der gewaltigen herodiani-schen Baureste zu sehen.Der gründlichen architektonischen und stratigrafi schen Analyse Ehud Netzers ist es zu verdanken, dass wir heute die herodiani-schen Bauphasen auf Masada in drei Gruppen auft eilen können. Zur ersten Phase der Jahre um 35 v. Chr. gehören der innere Kern des westlichen Palastes, die drei kleineren Paläste Nr. 11, 12 und 13,

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die Gebäude Nr. 7 und 9, die drei Kolumbarien, das Schwimm-becken am südlichen Ende des Plateaus und das kleine Badehaus östlich der Vorratshallen des nördlichen Palastes.5 Als Hauptar-gument für die Frühdatierung dieser Paläste wird immer wieder auf das wiederkehrende Planungskonzept verwiesen, in dem stets ein Hof den zentralen Platz einnimmt. Wie in den wahr-scheinlich zeitgenössischen Zwillingspalästen in Jericho vertei-len sich die Schlaf-, Wirtschaft s-, Empfangs- und Wohnräume auch auf Masada um einen off enen Innenhof herum. Eine ähn-liche Einteilung – freilich in viel kleineren Dimensionen – ver-anlasst daher manche Forscher, den Kernbau von Qumran ebenfalls als hasmonäische Villa anzusehen.6 Zur zweiten Phase aus der Zeit um 25 v. Chr. kann man den nörd-lichen Palast mit den südlich anschließenden Lagerhallen und das große Badehaus zählen (Abb. 5), wie auch die gewaltige Zis-

terne am nordwestlichen Hang des Felsens und nicht zuletzt die Bauerweiterungen des westlichen Palastes.7 Zur letzten Phase gehören lediglich die doppelte Umfassungs-mauer und das Gebäude Nr. 8. Obwohl Netzers Resultate und Interpretationen in manchen Details von denen Y. Yadins abwei-chen, so zeigen sie trotzdem ziemlich klar, dass die archäologi-schen Befunde im Großen und Ganzen den Beschreibungen des Flavius Iosephus entsprechen. Im Hinblick auf ihre Funktion teilt Netzer die zwei Hauptpa läste Masadas folgendermaßen ein. Der Nordpalast gehört zweifellos zu den spektakulärsten Monumentalbauten der Antike (Abb. 2). Er verteilt sich auf drei in den Fels geschlagene oder an ihn ange-baute Ebenen: Die oberste besteht aus einer halbkreisförmigen Terrasse und südlich davon aus Wohnquartieren; die mitt lere aus einem kreisförmigen Bau mit einem südlich davon gelege-

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nen Gebäude; die unterste wird von einer künstlich aufgemau-erten rechteckigen Platt form gebildet, die einen mit einer Porti-cus umgebenen Innenhof trägt. Auf der Mitt elterrasse des nördlichen Palastes befi ndet sich eine architektonische Beson-derheit, die bisher in keiner anderen Herodes-Festung zutage getreten ist: eine private Bibliothek. Zwar kennen wir das Ausse-hen von Bibliotheken von zahlreichen zeitgenössischen Beispie-len in Kleinasien, Griechenland und Rom, doch handelt es sich hier doch um eine der wenigen erhaltenen Bibliotheken, die um die Zeitenwende in Palästina erbaut wurde.8 Der westliche Palast befand sich frei zugänglich auf dem Plateau und enthielt vier verschiedene Teile: die eigentlichen königli-chen Gemächer im Südosten, die Arbeits- und Dienstwerkstät-ten im Nordosten, die Lagerräume und Vorratskammern im Südwesten sowie die Verwaltungs- und Wohnbereiche der kö-

Abb. 5: Im „zweiten pompeianischen Stil“ farbig dekorierte Wand im tepidarium des großen Bades, im Vorder-grund ein Einbau der Zeloten.

Abb. 6: Hypokausten im caldarium des großen Bades.

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niglichen Beamten im Nordwesten (Abb. 3,4). Dieser Palast hat nach E.  Netzer hauptsächlich als Wohnbereich gedient.9 Ver-mutlich ist aber doch Y. Yadin zuzustimmen, der den Nordpalast aufgrund seiner durch eine massive Mauer vom Rest des Pla-teaus abgeschiedenen Lage als private Wohngemächer des Kö-nigs angesehen hat, während der Westpalast auf dem Plateau re-präsentativen und zeremoniellen Aufgaben diente. Abgesehen von den zwei Hauptpalästen existierten auf dem Felsplateau noch weitere kleinere Paläste, die wahrscheinlich Mitgliedern des Hofstaates oder besonders illustren Gästen vor-behalten waren. Ein besonders eindrucksvolles Beispiel für den exorbitanten Lu-xus auf Masada ist die vergleichsweise große Anzahl von Bade-anlagen (Abb. 5). Immerhin gab es keine Quelle auf dem Plateau, jeder Tropfen Wasser, der verbraucht wurde, musste aufgefan-gen und mühsam aus Zisternen herauft ransportiert werden. Außer einigen kleineren, integrierten Badeanlagen wurde süd-lich des Nordpalastes ein größeres, allein stehendes Badehaus errichtet. Raumauft eilung und Dekor des Badekomplexes ähneln zeitgenössischen römischen Th ermen und machen ihn zu einem der frühesten Exemplare dieses Typs in Palästina (vgl. aber auch Jericho). Ganz augenscheinlich war es in der Tat Herodes, der diese Ausstatt ung in der Region eingeführt hat. Neben den gewöhnlichen Bestandteilen apodyterium (Ausklei-deraum), tepidarium (Laubaderaum) (Abb. 5), caldarium (Warm baderaum) und Eingangshof, der wahrscheinlich als pa-laestra (Innenhof für Ruhe und Gymnastik) diente, befand sich im herodianischen Bad auf Masada anstelle des fr igidariums (Kaltbad) ein Ritualbad (miqweh), eine Besonderheit, die sich durch den jüdischen Kontext erklären lässt.10

Ein anderer, charakteristischer Anhaltspunkt für die Tatsache, dass Herodes in überwiegend von Juden besiedelten Gebieten seines Reiches weitgehend Rücksicht auf deren religiöse Ge-fühle nahm, ist die komplett e Abwesenheit von fi gürlichen Dar-stellungen in Masada. Wie auch in den anderen königlichen Pa-lästen (etwa Jericho) oder in den zeitgenössischen Domizilen der Jerusalemer Aristokratie und Priesterschaft beschränkte sich der Motivschatz von Fresken oder Mosaikböden ausschließlich auf geometrische und fl orale Formen. Trotz allem off en zur Schau getragenen Luxus erweist sich Herodes auch in Masada – wie auch in Jericho – als „sparsamer“ und praktisch denkender Bauherr: Auf dem gesamten Berg fi ndet man abgesehen von leicht transportablen Fußbodenkacheln kein Stück Marmor. Statt dessen wurden Säulen aus Ziegeln errichtet, mit dickem

Putz bestrichen und dann farbig mit marmoriertem Muster be-malt. Selbst im Nordpalast bestehen „Marmorpaneele“ durch-weg nur aus bemaltem Putzimitat (Abb.4).Trotz seines einzigartigen Charakters fügt sich das Meisterwerk Masada in eine Reihe von anderen herodianischen Festungen ein, die in der Nähe des Toten Meeres erbaut worden sind. Nach Masada ist das Herodeion, 30 km südlich von Jerusalem, die ar-chäologisch am besten erforschte Festung (Flavius Iosephus, Bellum Iudaicum 1,265.419–421; 7,163; Antiquitates Iudaicae 15,323–325; Plinius, Naturalis historia 5,70). Vor kurzem hat der Ort wegen der Auffi ndung der vermutlichen Grabstätt e des He-rodes besondere Aufmerksamkeit erhalten.11 Andere Zufl uchts-orte des Königs und seiner Familie, wie etwa Machaerus östlich des Toten Meeres und Kypros unweit westlich von Jericho, sind zwar weniger gut bekannt, gehören aber dennoch zum Netz der in der Wüste angelegten herodianischen Luxusbauten. Auch hier fi nden wir die üblichen Kennzeichen des späthellenisti-schen und frühkaiserzeitlichen Palastes: private Wohnfl ügel auf der einen Seite und eher repräsentative, der Öff entlichkeit zuge-wandte Zonen auf der anderen, Badehäuser, Gärten sowie ty-pisch hellenistisch-römischen Dekor (Fresken, Mosaikböden, Peristyle und ein Gemisch von orientalischen und klassischen Motiven).

MACHAERUS

Als einzige größere Festung an der Ostseite des regio-nalen Siedlungsgefüges hebt sich der natürliche Bergkegel von Machaerus deutlich von der ihn um-

gebenden kargen Landschaft ab (Abb. 1; vgl. auch z. B. Flavius Iosephus, Bellum Iudaicum 1,164–177; 2,485-486; 7,163–210; Anti-quitates Iudaicae 13,89–97; Strabon, Geographica 16,2,40). Die Festung wurde ursprünglich vom hasmonäischen König Ale-xander Jannäus (104 v. Chr.–78 v. Chr.) im Jahre 90 v. Chr. ge-gründet und dann von Pompeius’ Feldherrn Gabinius im Jahre 57 v. Chr. zerstört (Flavius Iosephus, Bellum Iudaicum 7,171). Ei-nige Jahre später wurde sie dann von Herodes in Besitz genom-men und ausgebaut. Flavius Iosephus’ Beschreibungen sind auch hier äußerst wertvoll (Bellum Iudaicum 7,163–210). Von ihm erfahren wir, dass Herodes wegen der unmitt elbaren Nähe zu den nabatäischen Rivalen im Süden und Osten eine besonders solide Bauart als nötig empfand. Später erlangte Machaerus

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traurige Berühmtheit als Ort, wo Johannes der Täufer nach dem legendären Tanz der Salome hingerichtet wurde (Flavius Iose-phus, Antiquitates Iudaicae 18,111; vgl. Mk 6,17–29).Im Arabischen ist die Burg als Qalat el-Mishnaqa bekannt und das Dorf in der Ebene, östlich des Gipfels gelegen, heißt noch heute Meqawer oder Mukawir. Ausgrabungen wurden erstmals 1968 von John Vardaman begonnen und zwischen 1978–1981 von Virgilio Corbo im Namen des Studium Biblicum Franciscanum von Jerusalem fortgesetzt.12 Die Publikation der Befunde auf dem Hügelplateau liegt mitt lerweile nahezu vollständig vor. Auf der fl achen Kuppel einer natürlichen Erhöhung erstreckt sich eine 100 m lange und 60 m breite bebaubare Ebene. Sie wird von einer polygonalen Mauer mit drei großen, rechteckigen Tür-men eingefasst. Die Türme und zumindest ein Teil der Mauer wurden bereits unter den Hasmonäern gebaut, fast alles wurde

Abb. 7: Machaerus: Peristyl-Hof des herodianischen Palastes.

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aber von Herodes übernommen und blieb bis zum Ersten Auf-stand gegen Rom in Benutzung. Ein breites, mit Treppen verse-henes Bassin wird trotz seiner Lage innerhalb des herodiani-schen Gebäudes der hasmonäischen Phase zugeordnet. Der herodianische Palast besteht aus einem Peristyl-Hof (Abb. 7) mit zwei fl ankierend dazu angelegten Empfangshallen, einigen weiteren Räumen, die wahrscheinlich als Vorratskammern ge-dient haben, und einem typischen, großzügig angelegten Bad nach römischem Vorbild. An manchen Stellen des Palastes kann man ein zweites Stockwerk vermuten. Auf dem östlichen Hang der Hügelkuppe sind weitere Mauerreste und Türme zu erken-nen, die eventuell Überbleibsel der von Flavius Iosephus er-wähnten „unteren Stadt“ darstellen (Bellum Iudaicum 7,191). Ins-besondere im Vergleich zu Masada werden die bescheidenen Dimensionen der Wohnbauten auf Machaerus deutlich, die Be-zeichnung „königlicher Palast“ wird der Anlage kaum gerecht. Der Charakter des Baues, vor allem aber das Dekor, erinnert je-doch sehr wohl an den von anderen herodianischen Bauten be-kannten palastähnlichen Wohnstil. Ähnlich wie im Umkreis von Masada wurden auch bei Machae-rus sehr gut erhaltene Reste der römischen Belagerungswerke (circumvallatio) entdeckt. August Strobel hat sie im Jahre 1973 vermessen. Neben einigen Lagern und einer Umfassungsmauer aus Bruchsteinen als Annäherungshindernis konnte auch der Stumpf einer Belagerungsrampe festgestellt werden. Im Unter-schied zu Masada wurde diejenige von Machaerus aber nie fertig gebaut, da die Zeloten von Machaerus vor der Erstürmung der Festung kapitulierten (Flavius Iosephus, Bellum Iudaicum 2,485–486). Reste späterer Bebauung wurden nicht festgestellt.

Obwohl sich Masada und Machaerus wie auch andere Paläste, Festungen und architektonische Komplexe des Herodes, in puncto Genialität sowie hinsichtlich ihres materiellen und künst-lerischen Wertes klar von allen Bauten im restlichen Palästina abheben, kann man nicht von einer vollkommen unabhängigen Neuschöpfung sprechen. Die königlichen Bauten sind das Er-gebnis des hasmonäischen Baukonzeptes auf der einen und der technischen Errungenschaft en der frühkaiserzeitlichen Bautra-ditionen auf der anderen Seite. Der Fähigkeit der Hasmonäer-herrscher, sich mit den besonderen Bedingungen der Wüste ar-chitektonisch auseinanderzusetzen und sie für ihr eigenes Repräsentationsbedürfnis zunutze zu machen, verdankt der he-rodianische Bau seine Überlebensfähigkeit, insbesondere was die Wasserversorgung anbelangt. Die dramatische architektoni-sche Inszenierung der herodianischen Bauten, die sich dank der Benutzung von Bögen und Tonnengewölben in die unregelmä-ßig verlaufende Landschaft einzugliedern weiß, geht jedoch hauptsächlich auf zeitgenössische Erfi ndungen auf italischem Boden zurück. In kultureller Hinsicht kann man von einer Mi-schung aus östlich-hellenistischem und westlich-römischem Erbe sprechen.13

Natürlich sind die Palastfestungen innerhalb der Region am To-ten Meer kein isoliertes Phänomen. Architektonisch wären mit ihnen die Anlagen von Jericho und Kallirrhoë zu vergleichen. Siedlungsgeografi sch gehören die Festungen in jedem Fall zur regionalen Infrastruktur, ebenso auch Siedlungen wie En-Gedi, die Unterstadt von Machaerus oder das Untere Herodium sowie zahlreiche kleinere Anlagen, zu denen nicht zuletzt auch Qum-ran gehört.

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