de r du f t von s a f r a n · de r du f t von sa f r a n rom a n au s de m e ng l i s c h e n vo n...

24
LINDA HOLEMAN DER DUFT VON SAFRAN

Upload: lynhu

Post on 23-Aug-2019

212 views

Category:

Documents


0 download

TRANSCRIPT

Page 1: de r du f t von S a f r a n · de r du f t von Sa f r a n rom a n au S de m e ng L i S c H e n vo n mo n i k a köpf e r Page & Turner Safran_PT_CS4.indd 3 09.08.2011 17:42:15. die

L i n d a H o L e m a n

d e r d u f t v o n S a f r a n

Safran_PT_CS4.indd 1 09.08.2011 17:42:15

Page 2: de r du f t von S a f r a n · de r du f t von Sa f r a n rom a n au S de m e ng L i S c H e n vo n mo n i k a köpf e r Page & Turner Safran_PT_CS4.indd 3 09.08.2011 17:42:15. die

Safran_PT_CS4.indd 2 09.08.2011 17:42:15

Page 3: de r du f t von S a f r a n · de r du f t von Sa f r a n rom a n au S de m e ng L i S c H e n vo n mo n i k a köpf e r Page & Turner Safran_PT_CS4.indd 3 09.08.2011 17:42:15. die

L i n d a H o L e m a n

d e r d u f t v o n S a f r a n

r o m a n

a u S d e m e n g L i S c H e n

v o n m o n i k a k ö p f e r

Page & Turner

Safran_PT_CS4.indd 3 09.08.2011 17:42:15

Page 4: de r du f t von S a f r a n · de r du f t von Sa f r a n rom a n au S de m e ng L i S c H e n vo n mo n i k a köpf e r Page & Turner Safran_PT_CS4.indd 3 09.08.2011 17:42:15. die

die originalausgabe erschien 2009unter dem titel »the Saffron gate« bei Headline review,

an imprint of Headline publishing group, London.

ver lags grup pe ran dom House fSc-deu-0100das fSc®-zer tifi zier te pa pier EOS für dieses Buch

lie fert Salzer, St pölten.

page & turner Bücher erscheinen imWilhelm goldmann verlag, münchen, einem unternehmen der verlagsgruppe

random House gmbH.

1. auflagecopyright © der originalausgabe 2009 by Linda Holeman

copyright © der deutschsprachigen ausgabe 2010by page &turner/Wilhelm goldmann verlag, münchen,

in der verlagsgruppe random House gmbHredaktion: frauke Brodd / www.writeandread.lu

Satz: Buch-Werkstatt gmbH, Bad aiblingdruck und einband: ggp media gmbH, pößneck

printed in germanyiSBn: 978-3-442-20376-5

www.pageundturner-verlag.de

Safran_PT_CS4.indd 4 09.08.2011 17:42:16

Page 5: de r du f t von S a f r a n · de r du f t von Sa f r a n rom a n au S de m e ng L i S c H e n vo n mo n i k a köpf e r Page & Turner Safran_PT_CS4.indd 3 09.08.2011 17:42:15. die

Für mei ne Schwes ter Shan non, die Freu de in mein Le ben bringt.

Safran_PT_CS4.indd 5 09.08.2011 17:42:16

Page 6: de r du f t von S a f r a n · de r du f t von Sa f r a n rom a n au S de m e ng L i S c H e n vo n mo n i k a köpf e r Page & Turner Safran_PT_CS4.indd 3 09.08.2011 17:42:15. die

Safran_PT_CS4.indd 6 09.08.2011 17:42:16

Page 7: de r du f t von S a f r a n · de r du f t von Sa f r a n rom a n au S de m e ng L i S c H e n vo n mo n i k a köpf e r Page & Turner Safran_PT_CS4.indd 3 09.08.2011 17:42:15. die

7

Lie be Le se rin nen und Le ser,

ich möch te mich bei allen herzlich bedanken, die mei ne ro ma - ne Sma ragd vo gel, Das Mond a mu lett und Der Lo tus gar ten ge-lesen haben.

für mei nen neu es ten ro man Der Duft von Saf ran habe ich mich zur recherche ins ge heim nis vol le ma rok ko be ge ben.

mei ne ers ten ein drü cke wa ren über wäl ti gend: die Son ne ein ro ter feu er ball am abend him mel, die ge be te von den mi na ret ten, der duft von oran gen und exo ti schen Blu men in der war men Luft. all das hat mich da rin be stärkt, dass ma rok-ko ge nau der rich ti ge ort für mei ne Hel din Sido nie o’Shea sein wür de. auch wenn mei ne ge schich te 1930 spielt, so steht Sido nie stell ver tre tend für vie le frau en, un ab hän gig da von, aus wel cher kul tur und Zeit sie stam men, die auf der Su che nach ih rem platz in der Welt sind.

die jun ge Sido nie lebt zu rück ge zo gen in ei ner ame ri ka ni-schen klein stadt und glaubt, ihr Le ben wür de ewig so wei ter-ge hen. doch dann ge schieht eine tra gö die, die sie völ lig aus dem gleich ge wicht bringt und durch die sie dem cha ris ma-ti schen arzt dr. eti enne duver ger be geg net. er ist der ers te mann, der Sido nie je mals Lie be ge schenkt hat. als er plötz-lich spur los ver schwin det, macht sich Sido nie al lein und vol-ler ver zweifl ung auf die lan ge rei se ins fer ne ma rok ko, wo sie ih ren ge lieb ten vermutet. und als sie end lich in mar ra-kesch an kommt, er fährt sie din ge, die sie zu tiefst er schüt tern und sie zwin gen, al les, wo ran sie glaub te, in fra ge zu stel len.

ma rok ko und sei ne rei che kul tur üben eine gro ße fas zi na-tion auf mich aus. ich woll te das Land mit all mei nen Sin nen

Safran_PT_CS4.indd 7 09.08.2011 17:42:16

Page 8: de r du f t von S a f r a n · de r du f t von Sa f r a n rom a n au S de m e ng L i S c H e n vo n mo n i k a köpf e r Page & Turner Safran_PT_CS4.indd 3 09.08.2011 17:42:15. die

auf neh men und durch Sido nie le ben dig wer den las sen: nicht nur das Le ben in der vib rie ren den, an ti ken Stadt mar ra kesch, son dern auch ein drü cke der aben teu er li chen und be schwer li-chen rei se durch das Land. frau en, die am fluss ufer far ben-fro he klei der wa schen; fröh lich win ken de, ver staub te kin-der; män ner, die ihre esel mit blo ßen fer sen an trei ben; die atem be rau ben de ku lis se grü ner tä ler zwi schen kar gen Ber-gen; der wir beln de tanz der Ber ber in ih ren blau en kafta nen, die sich zu trom meln und Hän de klat schen be we gen; no ma-den frau en mit Hen na tat toos an Hän den, fü ßen und in den ge sich tern; wil de ka me le und in den kal ten näch ten eine so tie fe Stil le, dass man sie wie eine me lo die wahr nimmt. Sido-nie soll te wie ich in ei nem no ma den zelt mit ten in der Sa ha ra lie gen, un ter de cken aus Zie gen fell, die ein sam keit des wei-ten Lan des er fah ren, aber auch die ge schäf tig keit ei ner Stadt.

Wie wür de sie mit die sen frem den er fah run gen zu recht-kom men? Sie ist eine zer brech li che Hel din, als sie in ma rok-ko an kommt. doch sie nimmt die He raus for de run gen die ses exo ti schen Lan des an und verändert sich. Sie beginnt statt zarter aquarelle farbkräftige ölbilder zu malen, und sie lernt, vol ler Hin ga be zu lie ben.

es ist eine ge schich te um dunk le ge heim nis se und Lü gen, um Zau ber kraft und wil de Lei den schaft und da rü ber, wie eine frau ihre ei ge nen un ge ahn ten Stär ken ent deckt und ihr glück fin det.

ich hof fe, Sie wer den Sido nie in ihr Herz schlie ßen, sie vol-ler Span nung auf ih rer rei se be glei ten und in Der Duft von Saf ran die ma gie und Schön heit ma rok kos ent de cken.

mit herz li chen grü ßen

Safran_PT_CS4.indd 8 09.08.2011 17:42:16

Page 9: de r du f t von S a f r a n · de r du f t von Sa f r a n rom a n au S de m e ng L i S c H e n vo n mo n i k a köpf e r Page & Turner Safran_PT_CS4.indd 3 09.08.2011 17:42:15. die

Die Nacht bringt Ster ne her vor, so wie die Sor ge uns die Wahr heit of fen bart.

phi lip James Bai ley

Safran_PT_CS4.indd 9 09.08.2011 17:42:16

Page 10: de r du f t von S a f r a n · de r du f t von Sa f r a n rom a n au S de m e ng L i S c H e n vo n mo n i k a köpf e r Page & Turner Safran_PT_CS4.indd 3 09.08.2011 17:42:15. die

Safran_PT_CS4.indd 10 09.08.2011 17:42:16

Page 11: de r du f t von S a f r a n · de r du f t von Sa f r a n rom a n au S de m e ng L i S c H e n vo n mo n i k a köpf e r Page & Turner Safran_PT_CS4.indd 3 09.08.2011 17:42:15. die

11

e i n S

Stra ße von Gib ral tarAp ril 1930

Wir wa ren in den Le van te ge ra ten. die ses Wort hör te ich zum ers ten mal, als ein grüpp-

chen von Spa ni ern an deck kam, die aufs meer hin aus deu te-ten und die köp fe schüt tel ten.

Vi ento de Le van te, sag te ei ner von ih nen laut, spuck te aus und füg te et was hin zu, was ich nicht ver stand, doch an sei-nem miss mu ti gen ge sichts aus druck konn te ich un schwer er-ken nen, dass es sich um ei nen fluch han del te. dann küss te er das kreuz, das er um den Hals trug.

die Spa ni er be ga ben sich zum deck auf bau der fäh re, wo sie sich mit dem rü cken zur Wand auf die fer sen hock ten. die Hand schüt zend vor die flam me ge hal ten, ver such ten sie, sich ihre klei nen, selbst ge dreh ten Zi ga ret ten an zu zün den. plötz lich zog ein feuch ter, im mer dich ter wer den der ne bel auf. dies wie auch die tat sa che, dass die Spa ni er ihre kreu-ze ge küsst hat ten, schien mir ein eher be un ru hi gen des vor-zei chen.

»ent schul di gen Sie«, sag te ich zu dem mann in mitt le ren Jah ren, der ne ben mir an der re ling stand. als wir an Bord ge gan gen wa ren, hat te ich ihn mit ei nem ge päck trä ger eng-lisch re den hö ren, da her wuss te ich, dass er, wie ich, ame ri ka-ner war. Sei ne auf ge dun se nen, rot ge ä der ten Wan gen und die trä nen sä cke un ter den au gen zeug ten von ei nem aus schwei-

Safran_PT_CS4.indd 11 09.08.2011 17:42:16

Page 12: de r du f t von S a f r a n · de r du f t von Sa f r a n rom a n au S de m e ng L i S c H e n vo n mo n i k a köpf e r Page & Turner Safran_PT_CS4.indd 3 09.08.2011 17:42:15. die

12

fen den Le ben. Wir wa ren die ein zi gen zwei ame ri ka ni schen pas sa gie re an Bord. »Was ha ben die män ner ge sagt? Was be-deu tet ›Le van te‹?«

»Le van te«, sag te er und knöpf te sei nen man tel zu. »Le van-te ist das spa ni sche Wort für ›osten‹. und ›levan tar‹ heißt ›auf zie hen‹. es han delt sich um ei nen hef ti gen Wind aus dem osten.«

ich kann te den Sci rocco und den mist ral, die Win de, die den mit tel meer be woh nern häu fig zu setz ten. doch vom Le-van te hat te ich noch nie ge hört.

»ver damm ter mist«, sag te der mann, um dann rasch hin-zu zu fü gen: »ver zei hung, aber so ein Wind kann ei nen jede men ge Zeit kos ten. Wenn es uns nicht ge lingt, ihm vo raus zu-ei len, könn te es sein, dass wir wie der kehrt ma chen müs sen.«

trotz des Win des nahm ich sein par füm wahr, das zu blu-mig und schwer war. »vo raus ei len? Wird der Wind nicht ein-fach über uns hin weg we hen?«

»Schwer zu sa gen. Hier, am west li chen rand der Stra ße von gib ral tar, wird er sei ne größ te Stär ke er rei chen.« mit ei nem mal hob sich sein Hut wie von un sicht ba rer Hand ge-lüpft, und ob wohl er rasch nach sei ner kopf be de ckung zu grei fen ver such te, die sich in ge rin ger ent fer nung vor uns in der Luft dreh te, stieg der Hut in die Lüf te em por und ent-schwand. »ver damm ter mist!«, rief er und leg te den kopf in den na cken, um den tief hän gen den schwe ren Him mel nach ihm ab zu su chen, ehe er sich wie der mir zu wand te. »Bit te ver-zei hen Sie, mrs …?«

»o’Shea. miss o’Shea«, sag te ich. mein cape bausch te sich im Wind und wir bel te um mich he rum wie bei ei nem sich dre hen den der wisch. mit ei ner Hand press te ich den Stoff an die Brust, wäh rend ich mit der an de ren mei nen Hut fest hielt. auch wenn er mit meh re ren na deln an mei nem Haar be fes tigt war, spür te ich, wie der Wind an ihm zerr te,

Safran_PT_CS4.indd 12 09.08.2011 17:42:16

Page 13: de r du f t von S a f r a n · de r du f t von Sa f r a n rom a n au S de m e ng L i S c H e n vo n mo n i k a köpf e r Page & Turner Safran_PT_CS4.indd 3 09.08.2011 17:42:15. die

13

und hat te das be un ru hi gen de ge fühl, er könn te sich je den mo ment von mei nem kopf lö sen. ich be kam kaum mehr atem, teils we gen des Win des, teils weil mir die angst die Luft ab schnür te.

»könn te … könn te das Schiff … wo mög lich ken tern?« das Wort »un ter ge hen« brach te ich nicht über die Lip pen.

»ich muss mich aber mals we gen mei ner man geln den ma-nie ren ent schul di gen, miss o’Shea. ken tern?« er blick te über mei ne Schul ter hin weg zum Schiffs heck. »es pas siert nicht mehr all zu oft, dass ein Schiff in der Stra ße von gib ral-tar un ter geht. nicht bei den leis tungs star ken mo to ren, mit de nen die se fäh ren heut zu ta ge aus ge stat tet sind.«

ich nick te, ob wohl mich sei ne Wor te nicht be son ders be-ru hig ten. vor kur zem war ich mit dem Schiff von new York nach mar seille ge reist und von dort aus wei ter bis zur äu ßers-ten Süd spit ze Spa ni ens und hat te ab ge se hen von ein, zwei ta-gen rau en See gangs auf dem at lan tik kei ne schlim men er fah-run gen ge macht. ich hät te nicht ge dacht, dass aus ge rech net die ser schma le See weg mit bö sen Über ra schun gen auf war-ten könn te.

»die ses kli ma ist so un vor her seh bar«, fuhr der mann fort, »und manch mal kann es recht gars tig sein. der Le van te dau-ert in der re gel drei tage, und falls der ka pi tän be schlie ßen soll te, die rei se nicht fort zu set zen, wer den wir ge zwun gen sein, zu ei nem die ser schreck li chen klei nen Hä fen an der spa-ni schen küs te zu rück zu keh ren, um dort bis min des tens Sams-tag fest zu sit zen.«

Sams tag. es war mitt woch. ich hat te in mar seille schon viel zu lan ge war ten müs sen. Je der tag, der ver ging, ver stärk te die pa nik, die ich in mir ver spür te, seit ich ihn, eti enne, zu letzt ge se hen hat te.

der Wind blies mir sal zi ge gischt ins ge sicht, und ich rieb mir mit den be hand schuh ten fin gern die au gen, teils

Safran_PT_CS4.indd 13 09.08.2011 17:42:16

Page 14: de r du f t von S a f r a n · de r du f t von Sa f r a n rom a n au S de m e ng L i S c H e n vo n mo n i k a köpf e r Page & Turner Safran_PT_CS4.indd 3 09.08.2011 17:42:15. die

14

um mei nen ge trüb ten Blick zu klä ren, aber auch um das Bild mei nes ver lob ten vor mei nem geis ti gen auge zu ver trei ben. Wo er jetzt wohl sein moch te?

der mann nahm den fa den wie der auf: »Sie soll ten bes ser nach drin nen ge hen. die ser Sprüh ne bel … nicht lan ge, und Sie wer den von gischt und ne bel durch tränkt sein. Sie wol-len doch si cher nicht krank in tan ger an kom men. nord af ri-ka ist kein ort, an dem man krank sein soll te.« er mus ter te mich ein ge hen der. »nord af ri ka ist ein ort, an dem man stets sei ne fünf Sin ne bei sam men ha ben soll te.«

Sei ne Wor te tru gen nicht ge ra de zu mei ner Be ru hi gung bei. ich rief mir in er in ne rung, wie ich vor nicht ein mal zehn ta gen von fie ber ge schwächt in dem schma len Bett in mar-seille ge le gen hat te. mut ter see len al lein.

der mann mus ter te mich noch im mer. »miss o’Shea? Be-glei tet Sie je mand auf ih rer rei se?«

»nein«, rief ich ge gen den pfei fen den Wind an. »nein, ich rei se al lein.« Al lein. Hat te ich das Wort lau ter aus ge spro chen als be ab sich tigt? »ken nen Sie tan ger?« mir wur de be wusst, welch gro tes kes Bild wir für die Spa ni er ab ge ben muss ten, wie wir da an deck stan den und uns ge gen den Wind an schrei end un ter hiel ten. Halb wegs von dem über hän gen den Schiffs auf-bau ge schützt, war es ih nen ge lun gen, ihre Zi ga ret ten an zu-zün den, und nun be trach te ten sie rau chend und mit zu sam-men ge knif fe nen au gen den Him mel. of fen sicht lich war der Le van te kei ne neue er fah rung für sie.

»Ja«, schrie der mann, »ja, ich war schon ei ni ge male dort. kom men Sie, las sen Sie uns hi nein ge hen!« er leg te mir eine Hand an den rü cken und schob mich sanft zur tür. als wir den schma len gang be tra ten, der zum auf ent halts raum führ-te, fiel die tür kra chend hin ter uns ins Schloss, und mit ei nem mal spür te ich eine gro ße er leich te rung, dem Wind ent ron-nen zu sein. ich strich mir ein paar Haar sträh nen aus dem ge-

Safran_PT_CS4.indd 14 09.08.2011 17:42:17

Page 15: de r du f t von S a f r a n · de r du f t von Sa f r a n rom a n au S de m e ng L i S c H e n vo n mo n i k a köpf e r Page & Turner Safran_PT_CS4.indd 3 09.08.2011 17:42:15. die

15

sicht, die mir an den Wan gen kleb ten, und rück te mein cape zu recht.

»kön nen Sie mir ein Ho tel in tan ger emp feh len? nur für ein, zwei näch te; ich muss näm lich wei ter nach mar ra kesch. ich bin mir nicht si cher, wel che rou te die bes te ist … ich habe ei ni ge rei se be rich te ge le sen über die Stre cke tan ger – mar ra-kesch, aber in je dem stand et was an de res, so dass ich jetzt ge-nau so schlau bin wie zu vor.«

er mus ter te mein ge sicht. »ich wür de ih nen ra ten, im Ho-tel conti nen tal in tan ger ab zu stei gen, miss o’Shea«, sag te er ge dehnt. »es ist zur zeit das schicks te, und man trifft dort im-mer ei ni ge ame ri ka ner und Bri ten. auch die wohl ha ben den eu ro pä er quar tie ren sich dort ein. es be fin det sich in ner halb der al ten Stadt mau er und ist ein si che rer Ha fen.«

»ein si che rer Ha fen?«, wie der hol te ich.»Sie soll ten sich in tan ger ein we nig vor se hen. Sie wis sen

schon: die se en gen, ge wun de nen Stra ßen und gas sen. dort ver liert man schnell die ori en tie rung. und die men schen …« er un ter brach sich, ehe er fort fuhr: »doch im conti nen tal herrscht die ko lo ni a le atmo sphä re ver gan ge ner Zei ten. Ja, ich kann ih nen die ses Ho tel nur emp feh len. oh …«, sag te er, als wäre ihm ge ra de et was Wich ti ges ein ge fal len, »und es gibt dort kei ne fran zo sen. die über nach ten ent we der bei ver wand ten oder sie lo gie ren im cap de cher bourg oder dem val fle uri.«

ohne mei ne ant wort ab zu war ten, sprach er wei ter. »abends herrscht in der Lounge des conti nen tal re ger Be trieb. cock-tails und Bar mu sik, Sie wis sen schon, wenn man die se din ge mag«, sag te er und sah mich auf merk sam an. »für mich ist das nichts, aber für eine dame wie Sie, könn te ich mir den-ken, ist es das rich ti ge.«

ich nick te.»aber Sie sag ten, Sie wol len nach mar ra kesch wei ter rei-

sen?«, frag te er. »Quer durch das Land also?«

Safran_PT_CS4.indd 15 09.08.2011 17:42:17

Page 16: de r du f t von S a f r a n · de r du f t von Sa f r a n rom a n au S de m e ng L i S c H e n vo n mo n i k a köpf e r Page & Turner Safran_PT_CS4.indd 3 09.08.2011 17:42:15. die

16

Wie der nick te ich.er hob die au gen brau en. »aber doch ge wiss nicht al lein.

tref fen Sie freun de in mar ra kesch?«»ich hat te ei gent lich vor, mit dem Zug zu fah ren«, sag-

te ich aus wei chend, be eil te mich an ge sichts sei nes fra gen den aus drucks je doch hin zu zu fü gen: »es gibt doch eine Zug ver-bin dung nach mar ra kesch, nicht wahr? ich habe ge le sen …«

»ich sehe schon, Sie ken nen nord af ri ka nicht, miss o’Shea.«

das stimm te, ich kann te nord af ri ka nicht.eben so wie ich eti enne kaum kann te, wie mir in die sem

mo ment wie der all zu klar wur de.da ich schwieg, er griff der frem de wie der das Wort. »es

ist kei ne rei se für Zart be sai te te. und ge wiss kei ne rei se, die ich ei ner jun gen dame ohne Be glei tung ans Herz le gen wür-de. Über haupt, eine aus län de rin in nord af ri ka …« er hielt inne. »ich wür de ih nen un be dingt da von ab ra ten. Bis nach mar ra kesch ist es ein wei ter Weg. und es ist ein ver fluch tes Land, man weiß nie, was ei nen er war tet. in je der Be zie hung.«

ich schluck te. mit ei nem mal war mir zu heiß, und das schumm ri ge Licht in dem kor ri dor tauch te al les in ein blen-den des, neb li ges Weiß, wäh rend das to sen des Win des und das mo no to ne Stamp fen der mo to ren ab ebb ten.

ich hoff te, nicht in ohn macht zu fal len. nicht hier.»Sie füh len sich nicht wohl«, sag te der mann, und sei ne

Stim me klang in mei nen oh ren wie durch Wat te ge dämpft. mir war schwin de lig. »kom men Sie und setz en Sie sich.«

ich spür te sei ne Hand an mei nem ell bo gen, die mich wei-ter dräng te, und wie sich mei ne füße ohne mein Zu tun be-weg ten. mit mei nem we hen Bein hat te ich schon bei ru hi ger See mei ne mühe, mich an deck fort zu be we gen, umso schwie-ri ger war es un ter die sen um stän den. ich stütz te mich mit der Hand an der Wand ab, und als ich ins Strau cheln ge riet,

Safran_PT_CS4.indd 16 09.08.2011 17:42:17

Page 17: de r du f t von S a f r a n · de r du f t von Sa f r a n rom a n au S de m e ng L i S c H e n vo n mo n i k a köpf e r Page & Turner Safran_PT_CS4.indd 3 09.08.2011 17:42:15. die

17

lehn te ich mich an den arm des man nes, um nicht zu stür-zen. dann fühl te ich ei nen re so lu ten druck an den Schul-tern, und schon saß ich auf ei nem har ten Stuhl. die arme vor dem Bauch ge kreuzt, beug te ich mich vor und at me te mit ge-schlos se nen au gen tief ein, bis ich spür te, wie das Blut wie-der in den kopf zu rück floss. als ich den ober kör per wie der auf rich te te und die au gen öff ne te, sah ich, dass wir in dem en gen, rauch ge schwän ger ten auf ent halts raum sa ßen, der ge-säumt war von rei hen im Bo den ver an ker ter me tall stüh le. er war etwa halb ge füllt mit pas sa gie ren, in de nen ich auf grund ih rer ge sichts zü ge und klei dung Spa ni er oder nord af ri ka ner er kann te, aber auch mit rei sen den, de ren phy si sche merk ma-le mir kei nen auf schluss über ihre na ti o na li tät ga ben. mein Hel fer saß ne ben mir.

»dan ke, es geht mir schon bes ser.«»Sie sind nicht die ein zi ge, der der See gang schwer zu-

setzt«, sag te er.ich be merk te, dass um mich he rum ei ni ge stöhn ten, kin-

der schrien – of fen sicht lich wa ren an de re pas sa gie re eben-falls see krank.

»also, was den Zug nach mar ra kesch be trifft …«, sag te er. »Sie ha ben recht: es gibt eine Zug ver bin dung. doch sie ver-läuft nicht von tan ger aus. Sie müs sen zu erst nach fes oder ra bat ge lan gen und von ei ner die ser Städ te den Zug neh men. fes wür de ich ih nen je doch nicht emp feh len, die Stadt liegt ziem lich ab ge le gen im Lan des in ne ren. mit ra bat wä ren Sie auf der si che re ren Sei te, ob wohl Sie, um dort hin zu ge lan gen, ei nen Wa gen und fah rer mie ten müs sen. Über haupt, wa rum be en den Sie ihre rei se nicht in ra bat, wenn Sie schon nicht in tan ger blei ben und den noch ein we nig von ma rok ko se-hen wol len?«

»nein, das geht nicht, ich muss nach mar ra kesch. Ja, nach mar ra kesch«, wie der hol te ich und be feuch te te mei ne Lip-

Safran_PT_CS4.indd 17 09.08.2011 17:42:17

Page 18: de r du f t von S a f r a n · de r du f t von Sa f r a n rom a n au S de m e ng L i S c H e n vo n mo n i k a köpf e r Page & Turner Safran_PT_CS4.indd 3 09.08.2011 17:42:15. die

18

pen, die furcht bar tro cken wa ren. mit ei nem mal hat te ich schreck li chen durst.

»um ehr lich zu sein, wür de ich nicht auf den Zug von ra-bat nach mar ra kesch ver trau en, miss o’Shea. Wie ge sagt, die ver bin dung ist al les an de re als zu ver läs sig: die glei se ver-schie ben sich stän dig oder wer den von ka me len oder die-sen gräss li chen no ma den blo ckiert. am bes ten wäre es, Sie neh men sich für die ge sam te Stre cke ei nen Wa gen mit fah-rer. an de rer seits – die se lau si gen Sand pfa de, die als Stra ßen gel ten –, na ja, die fran zo sen sind stolz auf sie, doch sie füh-ren oft durch ab ge le ge nes ge biet, und man wird ganz schön durch ge rüt telt, be stimmt nicht das, was Sie ge wohnt sind.«

ich blin zel te und setz te mich ge ra de hin, be müht, all die se ein zel hei ten zu ver ar bei ten – al le samt er nüch ternd, wie mir däm mer te.

»und auch auf den Stra ßen sind Sie nicht vor un bill ge feit, be stimmt wer den Sie auf die al ten rou ten aus wei chen müs-sen, im grun de nichts wei ter als ka ra wa nen pis ten aus Sand, die für ka me le und esel ge macht sind, aber ge wiss nicht für au to mobile. Wie ich sag te, gibt es Städ te, die nä her an tan-ger lie gen. außer dem soll ten Sie bes ser an der küs te blei ben, we gen der küh len Win de. der Hoch som mer ist im an zug, und der be deu tet in ma rok ko un er träg li che Hit ze. Wenn Sie also un be dingt tan ger ver las sen müs sen, wür de ich ih nen ra-ten, in ra bat Sta ti on zu ma chen. oder mei net we gen auch nach ca sab lanca wei ter zu rei sen. die Stadt ist weit aus zi vi li-sier ter als …«

»vie len dank für ihre in for ma ti o nen«, sag te ich. er woll te mir ja nur hel fen, schließ lich hat te er kei ne ah nung, wa rum ich so drin gend nach mar ra kesch muss te.

»nichts für un gut, aber wirk lich, miss o’Shea, mar ra-kesch. ich neh me an, Sie ha ben fa mi lie dort. oder we nigs tens freun de. nie mand reist nach mar ra kesch, ohne eine an lauf-

Safran_PT_CS4.indd 18 09.08.2011 17:42:17

Page 19: de r du f t von S a f r a n · de r du f t von Sa f r a n rom a n au S de m e ng L i S c H e n vo n mo n i k a köpf e r Page & Turner Safran_PT_CS4.indd 3 09.08.2011 17:42:15. die

19

stel le zu ha ben. au ßer dem gibt es nur fran zo sen dort, müs sen Sie wis sen. Ha ben Sie je man den in mar ra kesch?«

»Ja«, sag te ich und hoff te, über zeu gend zu klin gen, ob wohl ich mir selbst nicht si cher war. die ant wort wür de ich erst be kom men, wenn ich in mar ra kesch an kam. mit ei nem mal woll te ich nichts mehr da von hö ren und auch kei ne wei te ren fra gen be ant wor ten. Statt mich in mei nem vor ha ben zu be-stär ken, auf ei ge ne faust das west li che nord af ri ka zu durch-que ren, ließ die se un ter hal tung mei ne un si cher heit und Ängs te nur noch grö ßer wer den.

»Bit te füh len Sie sich nicht ge zwun gen, mir län ger ge sell-schaft zu leis ten. es geht mir schon we sent lich bes ser, wirk-lich. und noch mals vie len dank«, sag te ich und ver such te zu lä cheln.

»na gut«, sag te er und stand auf.War das er leich te rung, was ich in sei nen au gen sah?, frag-

te ich mich. Wie muss te ich wohl auf ihn wir ken – so al lein, gänz lich un vor be rei tet, so … ver zwei felt? Wirk te ich ver zwei-felt auf ihn?

als er den auf ent halts raum ver ließ, fiel mein Blick auf die spa ni sche fa mi lie mit drei klei nen kin dern, die mir ge gen-über saß. das kleins te kind, ein mäd chen, hielt eine win zi ge pup pe hoch, wie um sie mir zu zei gen.

un ver mit telt durch fuhr mich ein un be stimm ter Schmerz, und ich schrieb es mei nem durst und mei nen Ängs ten zu.

der Le van te wur de noch grim mi ger. auf grund des rau en See-gangs war es schwer zu sa gen, ob wir wie der kehrt ge macht hat ten – eine mög lich keit, die der ame ri ka ner an ge deu tet hat te – oder un se re rei se fort setz ten. die fäh re bahn te sich ei nen Weg durch die sturm ge peitsch ten Wel len, und der mo-no to ne rhyth mus, in dem un ser Schiff die ho hen Wo gen er-klomm und wie der hi nab stürz te, ver stärk te mei ne See krank-

Safran_PT_CS4.indd 19 09.08.2011 17:42:17

Page 20: de r du f t von S a f r a n · de r du f t von Sa f r a n rom a n au S de m e ng L i S c H e n vo n mo n i k a köpf e r Page & Turner Safran_PT_CS4.indd 3 09.08.2011 17:42:15. die

20

heit noch. an de ren er ging es nicht bes ser; ei ni ge eil ten an deck, um sich dort, wie ich ver mu te te, an die re ling ge klam-mert, zu über ge ben. plötz lich beug te sich das klei ne spa ni sche mäd chen nach vorn und er brach sich. ihre mut ter wisch-te mit der Hand ih ren mund sau ber, um sie dann auf ih ren Schoß zu zie hen und ihr übers Haar zu strei chen. der säu er-li che ge stank in dem raum wur de zu se hends schlim mer, es war un er träg lich heiß und sti ckig. ich fuhr mir mit dem Är-mel übers ge sicht, froh, dass ich den gan zen tag noch nichts ge ges sen hat te. Wenn ich doch nur, wie die meis ten an de ren pas sa gie re, eine fla sche Was ser mit ge nom men hät te, schalt ich mich. alle sa ßen reg los da, wäh rend sich ihre kör per im rhyth mus des Schif fes ho ben und senk ten, und schwie gen, wäh rend zu vor beim aus lau fen aus dem spa ni schen Ha fen noch ein auf ge reg tes Stim men ge wirr ge herrscht hat te. So gar die klei nen kin der wa ren nun still, nur das mäd chen wim-mer te lei se in den ar men seiner mut ter.

Wie der dach te ich da ran, dass das Schiff ken tern könn te. und wie der wur de mir klar, in welch miss li che Lage ich mich ge bracht hat te, ohne ei nen ge dan ken da ran zu ver schwen den, wie ge fähr lich eine sol che rei se war.

erneut wur de un ser Schiff von ei ner Wel le er grif fen, ei ner be son ders ho hen dies mal, und ich wur de auf den Sitz ne ben mir ge schleu dert. da bei stieß ich mit dem ell bo gen an die har te Sitz flä che, und ein hef ti ger Schmerz fuhr mir durch die Hüf te, so dass ich un will kür lich auf schrie, wie an de re rings-um her auch. und noch im mer sprach nie mand ein Wort; alle setz ten sich le dig lich auf recht hin und schwie gen. ich schlug die Hand vor den mund und schluck te im mer wie der die ma-gen säu re hi nun ter, die mir, in dem sie die Be we gun gen des Schif fes nach ahm te, die keh le hi nauf- und hin ab floss. ich schloss die au gen und ver such te, tief ein zu at men und nicht auf den Wind zu ach ten, der um die fens ter des decks heul te,

Safran_PT_CS4.indd 20 09.08.2011 17:42:17

Page 21: de r du f t von S a f r a n · de r du f t von Sa f r a n rom a n au S de m e ng L i S c H e n vo n mo n i k a köpf e r Page & Turner Safran_PT_CS4.indd 3 09.08.2011 17:42:15. die

21

ver such te, nicht den ge ruch ein zu at men, der von den ekel-haf ten pfüt zen auf dem Bo den auf stieg.

und dann, so lang sam, dass ich es kaum be merk te, ließ das Schwan ken des Schif fes nach. ich setz te mich ge ra de hin und be merk te, dass ich durch die fens ter nicht mehr das Stei gen und fal len der mee res o ber flä che se hen konn te. der Bo den un ter mei nen fü ßen fühl te sich wie der fes ter und ver trau ter an, und mein ma gen be ru hig te sich.

als ei ner der Spa ni er die tür öff ne te und rief: »tan ger, Ya llega mos!«, at me te ich er leich tert auf, und bei fäl li ges ge mur-mel er hob sich. den Wor ten des Spa ni ers mein te ich zu ent-neh men, dass er die Stadt er späht hat te oder dass wir uns ihr nä her ten. also wa ren wir dem Le van te vo raus ge eilt, hat ten den Sturm in der mit te der Stra ße von gib ral tar hin ter uns ge las sen, wo er sich aus tob te. dank bar schloss ich die au-gen, und als ich sie wie der auf schlug, wa ren ei ni ge der kin der zu den fens tern ge rannt. end lich er hob sich ein im mer lau-ter wer den des Stim men- und Spra chen ge wirr, wäh rend der raum von ei ner all ge mei nen eu pho rie er grif fen wur de. und dann stan den alle auf, streck ten die glie der und ver schaff ten sich Be we gung, sam mel ten plau dernd kin der und ge päck stü-cke ein. die fa mi lie, die mir ge gen über ge ses sen hat te, ging hi naus, das klei ne mäd chen noch im mer auf dem arm sei-ner mut ter, die pup pe an sich ge presst. auch ich er hob mich, spür te je doch so fort wie der Schwin del und Übel keit, ob auf-grund des noch im mer schwan ken den Schiffs, als fol ge mei-nes dursts und der tat sa che, dass ich den gan zen tag noch nichts ge ges sen hat te, oder mei ner kurz zu rück lie gen den er-kran kung, konn te ich nicht sa gen.

ich setz te mich wie der.»miss o’Shea? Wie scha de, dass Sie nicht an deck ge kom-

men sind, um un ser ein lau fen zu be ob ach ten. ein gran di o ser an blick in die sem Son nen licht … oh, aber Sie lei den noch

Safran_PT_CS4.indd 21 09.08.2011 17:42:17

Page 22: de r du f t von S a f r a n · de r du f t von Sa f r a n rom a n au S de m e ng L i S c H e n vo n mo n i k a köpf e r Page & Turner Safran_PT_CS4.indd 3 09.08.2011 17:42:15. die

22

im mer un ter dem Wet ter, wie ich sehe«, sag te der ame ri ka-ner stirn run zelnd, und mir wur de be wusst, dass ich noch im-mer blass im ge sicht sein muss te. »kann ich ih nen hel fen, je man den …?«

ich schüt tel te den kopf und un ter brach ihn. »nein, nein.« auch wenn sein Hilfs an ge bot ver lo ckend klang, so war mir mein noch im mer an dau ern der Schwä che an fall pein lich. »ich ruhe mich noch ein we nig aus, dann wird es be stimmt bes ser. noch mals vie len dank, Sie wa ren äu ßerst freund lich. aber nun las sen Sie sich bit te nicht län ger auf hal ten, ge hen Sie ru-hig, ich bit te Sie.«

»Wie Sie wol len«, sag te er. »aber hü ten Sie sich vor den Schwarz händ lern, die über all im Ha fen he rum hän gen. neh-men Sie ein pe tit taxi oder, falls es kei nes gibt, ei nen kar ren. und be zah len Sie nur die Hälf te des ver lang ten prei ses. nur die Hälf te. Sie wer den ih nen zwar die ge schich te von ih ren zehn hung ri gen kin dern und von ih rer kran ken mut ter er-zäh len, aber blei ben Sie stand haft. nur die Hälf te, kei nes-falls mehr.«

ich nick te aber mals und hoff te in stän dig, er möge jetzt ge hen, da mit ich die au gen zu ma chen konn te, um mein Schwindel gefühl zu be kämp fen.

»dann auf Wie der se hen, miss o’Shea, ich wün sche ih nen viel glück. das wer den Sie brau chen, wenn Sie tat säch lich auf ei ge ne faust nach mar ra kesch rei sen wol len.« ich hör te, wie er sich lang sa men, schwe ren Schrit tes ent fern te.

nach we ni gen mo men ten, als nur noch ge dämpf te rufe von drau ßen her ein dran gen, stand ich al lein in dem raum. ich streif te mir die Hand schu he über und be gab mich an deck, ins war me Son nen licht. So bald ich durch die tür trat, war das Schwin del ge fühl ver schwun den; die Luft war frisch, barg den ge ruch des mee res und ein an de res, schar fes aro-ma, Zi trus duft ver mut lich. es war ein fri scher, sau be rer duft.

Safran_PT_CS4.indd 22 09.08.2011 17:42:17

Page 23: de r du f t von S a f r a n · de r du f t von Sa f r a n rom a n au S de m e ng L i S c H e n vo n mo n i k a köpf e r Page & Turner Safran_PT_CS4.indd 3 09.08.2011 17:42:15. die

23

ich at me te tief ein, und mit je dem atem zug fühl te ich mich stär ker. Wäh rend des sen warf ich ei nen neu gie ri gen Blick auf tan ger, soweit es von der fäh re aus zu se hen war.

der ame ri ka ner hat te nicht zu viel ver spro chen, es war eine wahr lich gran di o se aus sicht. ein am phi the a ter war zu er ah-nen, und vom Ha fen zo gen sich in ei nem meer aus pal men wei ße Häu ser den Hang hi nauf. mi na ret te, de ren Spit zen in der Son ne glänz ten, rag ten weit in den Him mel. die Stadt strahl te eine fremd län di sche Schön heit aus, ganz an ders als die Be trieb sam keit in den in dust ri el len Ha fen an la gen von new York oder mar seille. Wie an ge wur zelt stand ich da und be trach te te die pal men, die sich sanft in der Bri se wieg ten. Schließ lich lös te ich den Blick von der Stadt und wand te ihn dem Ha fen zu. und da fiel es mir wie Schup pen von den au-gen: da wa ren nur män ner – wo wa ren die frau en? ei nen kur zen au gen blick lang kam mir der ab sur de ge dan ke, dass es sich bei all den män nern um mön che han del te … aber wie konn te das sein? War tan ger nicht eine mu sli mi sche Stadt? in der nächs ten Se kun de ge wahr te ich mei nen irr tum: die ka pu zen män tel, die die män ner tru gen, hat ten mich in die irre ge führt. Wie hie ßen die ge wän der noch mal? der name woll te mir nicht mehr ein fal len. Be stimmt er füll ten die ka pu-zen den Zweck, ihre trä ger vor der hei ßen Son ne zu schüt zen, oder es war eben ein Brauch. Wei te ka pu zen, die sich seit lich über die ge sich ter wölb ten.

und aus ei nem un er find li chen grund flöß ten mir die se ka-pu zen ge wän der, die ihre trä ger ge sichts los mach ten, eine un-heil vol le vor ah nung ein.

mit ei nem mal wur de mir klar: ich war voll kom men fremd hier, und nie mand war da, um mich zu be grü ßen.

Wäh rend ich mich mit der Hand an dem di cken, rau en Seil ent lang tas te te, schritt ich über die Lan dungs brü cke.

Safran_PT_CS4.indd 23 09.08.2011 17:42:17

Page 24: de r du f t von S a f r a n · de r du f t von Sa f r a n rom a n au S de m e ng L i S c H e n vo n mo n i k a köpf e r Page & Turner Safran_PT_CS4.indd 3 09.08.2011 17:42:15. die

UNVERKÄUFLICHE LESEPROBE

Linda Holeman

Der Duft von SafranRoman

DEUTSCHE ERSTAUSGABE

Gebundenes Buch mit Schutzumschlag, 576 Seiten, 13,5 x 21,5 cmISBN: 978-3-442-20376-5

Page & Turner

Erscheinungstermin: September 2011

Wie weit gehst du für die große Liebe? Albany, eine amerikanische Kleinstadt, Anfang der Dreißigerjahre: Nach vielenSchicksalsschlägen genießt Sidonie O‘Shea endlich ihr Glück mit ihrem Verlobten, demcharismatischen Arzt Etienne Duverger. Doch dieser verschwindet eines Tages ohne ein Wort.In seinem Apartment findet Sidonie den verstörenden Brief einer Frau aus Marokko, EtiennesHeimatland. Hat er sie wirklich verlassen? Und wer ist die Unbekannte? Sidonie muss sichGewissheit verschaffen und reist Etienne nach ins ferne Marrakesch. Sie ahnt nicht, welchegefährlichen Geheimnisse sie dort unter dem heißen arabischen Himmel entdecken wird – überden Mann, den sie zu lieben glaubt, und über die fremde, magische, betörende Welt, aus der erstammt.