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36 Mai 2011 Tauberfranken Blick auf den Becksteiner Kirchberg: Der Weg im Hintergrund, der auf Höhe der Kirchturmspitze verläuft, markiert geologisch gese- hen in etwa die Grenze zwischen Mittlerem und Oberem Muschel- B R G L , g n i l l i R : d l i B . k l a k Der Untere Muschelkalk ist eine Abfolge von Kalk und Tonmergel- stein und kommt unter etwa der Hälfte der bestockten Flächen im Tauberland vor. Hier im Steinbruch Werbach erfolgt der Abbau im Unteren Muschelkalk, darüber der Mittlere Muschelkalk. Bild: Huth Alte Mauern und Treppen sind überall im Taubertal zu sehen, mit Wein bestockte alte Terrassen jedoch nur noch am Satzenberg bei r e g i z t h c A : ) 6 ( r e d l i B . m i e h z l o h c i e R Der Bereich Tauberfranken im Porträt Dr. Werner Weinzierl, Regierungspräsidium FR, Dr. Ursula Nigmann, BIONIG Freiberg, Edgar Bärmann, Dr. Monika Riedel, Staatl. Weinbauinstitut Freiburg Innerhalb der Serie über die Weinbaubereiche in Baden richten wir dieses Mal unseren Blick ganz nach Norden und stellen Tauberfranken näher vor. Der nördlichste badische Weinbaubereich weist in sei- ner Bezeichnung noch da- rauf hin, dass er einst in vor- napoleonischer Zeit zum fränkischen Weinbau ge- zählt wurde. An der Tauber treffen drei Anbaugebiete aufeinander: der Bereich Tauberfranken (Anbaugebiet Baden), der Bereich Main- dreieck (Anbaugebiet Fran- ken) und der Bereich Ko- cher-Jagst-Tauber (Würt- temberg). Der badische Weinbaube- reich Tauberfranken er- streckt sich von Unterbal- bach, einige Kilometer nörd- lich von Bad Mergentheim, dem nordwestlichen Lauf der Tauber folgend, bis Wertheim am Main. Die nördlichsten Weinlagen Ba- dens liegen östlich von Wertheim an den Südhän- gen der beiden Mainzuflüsse Aalbach und Kembach. Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, dass die wei- ter im Süden liegende Ein- zellage Heiligenberg bei Klepsau an der Jagst zu fin- den ist. Alles in allem ein nicht einfach zu umreißender Weinbaubereich in einer ge- schichtsträchtigen Land- schaft. Zu der Einzellage Kö- nigshofer Turmberg kann der Bauernkrieg in Erinne- rung gebracht werden. Dort fand am 2. Juni 1525 die Schlacht am Turmberg statt. Götz von Berlichingen führte das Bauernheer ge- zwungenermaßen, machte sich dann aber kurz vor der Schlacht aus dem Staub. Die Landsknechte des Truchsess von Waldburg-Zeil (Georg III. 1488-1531, genannt Bauernjörg) erschlugen dann für den Schwäbischen Bund an diesem Tag an die 7000 fränkische Bauern. Ein Jahrhundert danach war der Taubergrund belieb- tes Winterquartier für alle im Dreißigjährigen Krieg fouragierend umherziehen- den Parteien. Krankheit, Hunger, Not und Elend brachten nach drei Jahr- zehnten Kriegswirren den Weinbau für einige Zeit na- hezu zum Erliegen. Erst in den 60er Jahren des vergangenen Jahrhun- derts schlich sich ein schmü- ckendes, alles vergessen las- sendes und die Schönheit der Landschaft verkünden- des Adjektiv vor das Tauber- tal, das sich seitdem erfolg- reich den Touristen als „Liebliches Taubertal“ prä- sentiert. Geologie Auf ihrem Weg zum Main durchfließt die Tauber in grober nordwestlicher Rich- tung zunächst die leicht nach Südosten abtauchen- den Schichten des Muschel- kalks. Der enge, tief einge- schnittene Oberlauf endet bei Bad Mergentheim. In ihrem Mittellauf bis Werbach weitet sich der Taubergrund sichtlich auf

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  • 36 Mai 2011

    Tauberfranken

    Blick auf den Becksteiner Kirchberg: Der Weg im Hintergrund, der

    auf Höhe der Kirchturmspitze verläuft, markiert geologisch gese-

    hen in etwa die Grenze zwischen Mittlerem und Oberem Muschel-

    BRGL ,gnilliR :dliB .klak

    Der Untere Muschelkalk ist eine Abfolge von Kalk und Tonmergel-

    stein und kommt unter etwa der Hälfte der bestockten Flächen im

    Tauberland vor. Hier im Steinbruch Werbach erfolgt der Abbau im

    Unteren Muschelkalk, darüber der Mittlere Muschelkalk. Bild: Huth

    Alte Mauern und Treppen sind überall im Taubertal zu sehen, mit

    Wein bestockte alte Terrassen jedoch nur noch am Satzenberg bei

    regizthcA :)6( redliB.miehzlohcieR

    Der Bereich Tauberfranken im PorträtDr. Werner Weinzierl, Regierungspräsidium FR,

    Dr. Ursula Nigmann, BIONIG Freiberg, Edgar Bärmann,

    Dr. Monika Riedel, Staatl. Weinbauinstitut Freiburg

    Innerhalb der Serie über die Weinbaubereiche in

    Baden richten wir dieses Mal unseren Blick ganz

    nach Norden und stellen Tauberfranken näher vor.

    Der nördlichste badischeWeinbaubereich weist in sei-ner Bezeichnung noch da-rauf hin, dass er einst in vor-napoleonischer Zeit zumfränkischen Weinbau ge-zählt wurde. An der Taubertreffen drei Anbaugebieteaufeinander: der BereichTauberfranken (AnbaugebietBaden), der Bereich Main-dreieck (Anbaugebiet Fran-ken) und der Bereich Ko-cher-Jagst-Tauber (Würt-temberg).

    Der badische Weinbaube-reich Tauberfranken er-streckt sich von Unterbal-bach, einige Kilometer nörd-lich von Bad Mergentheim,dem nordwestlichen Laufder Tauber folgend, bisWertheim am Main. Dienördlichsten Weinlagen Ba-dens liegen östlich vonWertheim an den Südhän-gen der beiden MainzuflüsseAalbach und Kembach. DerVollständigkeit halber sei

    noch erwähnt, dass die wei-ter im Süden liegende Ein-zellage Heiligenberg beiKlepsau an der Jagst zu fin-den ist.

    Alles in allem ein nicht

    einfach zu umreißenderWeinbaubereich in einer ge-schichtsträchtigen Land-schaft. Zu der Einzellage Kö-nigshofer Turmberg kannder Bauernkrieg in Erinne-rung gebracht werden. Dortfand am 2. Juni 1525 dieSchlacht am Turmberg statt.Götz von Berlichingenführte das Bauernheer ge-zwungenermaßen, machtesich dann aber kurz vor derSchlacht aus dem Staub. DieLandsknechte des Truchsessvon Waldburg-Zeil (GeorgIII. 1488−1531, genanntBauernjörg) erschlugen

    dann für den SchwäbischenBund an diesem Tag an die7000 fränkische Bauern.

    Ein Jahrhundert danachwar der Taubergrund belieb-tes Winterquartier für alleim Dreißigjährigen Kriegfouragierend umherziehen-den Parteien. Krankheit,Hunger, Not und Elendbrachten nach drei Jahr-zehnten Kriegswirren denWeinbau für einige Zeit na-hezu zum Erliegen.

    Erst in den 60er Jahrendes vergangenen Jahrhun-derts schlich sich ein schmü-ckendes, alles vergessen las-sendes und die Schönheitder Landschaft verkünden-des Adjektiv vor das Tauber-tal, das sich seitdem erfolg-reich den Touristen als„Liebliches Taubertal“ prä-sentiert.

    Geologie

    Auf ihrem Weg zum Maindurchfließt die Tauber ingrober nordwestlicher Rich-tung zunächst die leichtnach Südosten abtauchen-den Schichten des Muschel-kalks. Der enge, tief einge-schnittene Oberlauf endetbei Bad Mergentheim.

    In ihrem Mittellauf bisWerbach weitet sich derTaubergrund sichtlich auf

  • Mai 2011 37

    Tauberfranken

    Weinbauliche Kennzahlen (2010)

    Rebfläche

    Bestockte Fläche 2010 644 ha

    Davon im Ertrag 2010 635 ha

    Weinbergslagen

    ah146egnilkrebuaTnegalßorGGroßlagenfrei 3 ha

    82 lhaznAnegallezniE

    Betriebsstruktur *

    Anzahl der Betriebe bis 0,3 ha 328 Betriebe mit 50 ha

    Anzahl der Betriebe ab 0,3 ha 308 Betriebe mit 594 ha

    Vermarktung *

    Winzergenossenschaften 71,3 %

    Erzeugergemeinschaftenanderer Rechtsform 1,9 %

    %8,62retügnieW

    * = laut Weinbaukartei 2010

    Kalkfreie, steinige sandig-leh-

    mige Braunerde aus Verwitte-

    rungsschutt an den Hängen des

    Oberen Buntsandsteins.

    Bild: Busch

    Auf dem Oberen Muschelkalk finden wir oftmals nur noch flach-

    bis mittelgründige und steinreiche Rendzinen. Bild: Rilling

    und die Talaue erreichtnördlich von Tauberbi-schofsheim zwischen Impfin-gen und Hochhausen mitrund 1200 Metern ihregrößte Breite.

    Von Werbach bis Wert-heim verengt sich das Talwieder. Der Unterlauf derTauber mäandriert hier inengen Flussschleifen durchden harten Sandstein desBuntsandstein-Odenwaldsund kommt so bei einerLuftlinie von knappen 13 kmauf etwa 23 Flusskilometer.Die Taubertalbahn, die indiesem Streckenabschnittversucht dem engen gewun-denen Tal zu folgen, benö-tigt dazu drei Tunnel- undzwei Brückenbauwerke.

    Muschelkalk

    Der tauberfränkische Wein-bau stockt zu 85 % an denfast ausschließlich südlichexponierten Muschelkalk-hängen der seitlichen Zu-flüsse der Tauber. DieSchichten des Muschelkalkssind marine Ablagerungenaus der Zeit von 243 Mio.bis 235 Mio. J. v. h. in einem Nebenmeer der Tethys, einem Urozean, der den GroßkontinentGondwana etwa auf Höhedes Äquators nördlich undöstlich umgab.

    Oben auf dem BecksteinerKirchberg (siehe oben ste-hendes Bild) stehend und beieisigem Ostwind Reben

    schneidend ist es kaum vor-stellbar, dass das Gestein un-ter dem Schuhwerk in Äqua-tornähe entstand und durchdie Kontinentaldrift langsameinige tausend Kilometernach Norden wanderte.

    Der Muschelkalk gliedertsich in drei Entstehungspha-sen mit unterschiedlichenSedimentationsbedingungenfür die Gesteinsbildung. DerUntere Muschelkalk ist eineetwa 90 Meter mächtige Ab-folge von Kalk und Tonmer-gelstein und kommt unter49 % der bestockten Flächenim Tauberland vor, wie z. B.am Dertinger Mandelbergund Sonnenberg und amLindelbacher Ebenrain.

    Die Sedimentationsphasedes jüngeren und darüberliegenden rund 80 Metermächtigen Mittleren Mu-schelkalks dauerte „nur“etwa eine Million Jahre. Indieser Zeit war der Wasser-austausch mit dem Ozeaneingeschränkt. Das Neben-meer wurde sozusagen zeit-weise eingedampft, und eskam in der Folge zu Ausfäl-lungen durch Übersättigungvon Dolomit, Gips undSteinsalz.

    Etwas weiter südlich imKochertal bei SchwäbischHall sind die leicht wasser-löslichen Steinsalzlagen in

    geschützter tieferer Lage er-halten geblieben und wur-den bis 1900 bergmännischgewonnen. Auf den meist et-was flacheren Hängen desMittleren Muschelkalks ste-hen 17 % der Reben, so bei-spielsweise auf dem Unter-balbacher Vogelsberg undMühlberg. Der bis zu 75 Me-ter mächtige Obere Muschel-kalk setzt sich wieder aus einer unter vollmarinen Verhältnissen entstandenenAbfolge von Kalk und Ton-mergelstein zusammen undbildet die umgebende mehroder weniger zertalte Hoch-fläche.

    Buntsandstein

    Der den Muschelkalk unter-lagernde Buntsandsteinwurde im Zeitraum von251 Mio. J. bis 243 Mio.J. v. h. als Abtragungssedi-ment unter trocken-heißemKlima von Flüssen flächen-haft ab- und von Winden beispärlich vorhandener Vege-tation auch wieder umgela-gert. Da sich unser Betrach-tungsraum zu jener Zeit inÄquatornähe befand, könnteman vereinfacht von einerSandwüste sprechen.

    Die Mächtigkeit des Bunt-sandsteins beträgt hier etwa500 Meter. Die in Süd-deutschland für den Bunt-sandstein typische kräftigerote Farbe rührt von einemEisenoxidüberzug auf denSandkörnern her, der beider späteren Verfestigungdes Sandes zu Sandstein indie Sandkörner eingezogenist. Diese Eigenschaft ver-leiht ihm neben hoherDruckfestigkeit, hoher Ver-witterungsresistenz undmeist guten Bearbeitungs-eigenschaften als Werksteinauch eine sehr lange Farb-treue.

    Zahlreiche heute meistaufgelassene Brüche zwi-schen Hochhausen undWertheim zeugen von demin früherer Zeit gerne ver-wendeten Baumaterial. Vonder tauberfränkischen Reb-fläche liegen 6 % auf Bunt-

    Fortsetzung nächste Seite

  • 38 Mai 2011

    Tauberfranken

    Der Storchschnabel-Bläuling

    fliegt in Nähe der Blüten des

    Blut-Storchschnabels.

    Esparsetten bestimmen den

    Blühaspekt der Esparsetten-

    Magerrasen.

    Der eindrucksvolle Blut-Storch-

    schnabel wächst besonders an

    warmen Säumen.

    Viele ehemalige Weinberge werden heute als Streuobstbestände

    genutzt.

    sandstein mit den Einzella-gen Wertheimer Schloss-berg, Reicholzheimer Firstund Satzenberg, Bronnba-cher Josefsberg und Kemba-cher Sonnenberg.

    Die Weinbergsböden

    in Tauberfranken

    Im Ausstrichsbereich desUnteren und Mittleren Mu-schelkalks haben sich meistmittelgründige, grusig-stei-nige kalkhaltige Lehm- undTonböden entwickelt. Aufdem Oberen Muschelkalkfinden wir oftmals nur nocheine flach- bis mittelgrün-dige Bodenentwicklung, diezu steinreichen, bei fehlen-der Begrünung aus derFerne wegen der aufliegen-den Kalksteine weiß er-

    scheinenden Lehmbödenführte.

    Den flach- und mittel-gründigen Böden aus Kalk-steinverwitterung mangeltes an Wasserspeichervermö-gen. Hinzu kommt die Lageim Regenschatten desOdenwalds. Dieses spezi-fisch tauberfränkische Pro-blem wird in einigen Wein-bergen, wie z. B. in Ger-lachsheim und Beckstein,durch Beregnung ent-schärft.

    Der Buntsandstein trägtmeist kalkfreie mittelgrün-dige grusige bis steinreicheSandböden, die in höherenLagen in mittelgründigegrusige und steinreicheLehmböden über Sandsteinübergehen.

    Die Reblagen in Tauber-franken sind mit etwa 1370

    Sonnenscheinstunden wäh-rend der Vegetationszeitvon April bis Oktober zwar„sonnenverwöhnt“, aberstrenge Winter verursachenhäufiger Frostschäden.

    Die Sommer sind relativtrocken. Einige Beregnungs-anlagen werden deshalb zurFrostschutzberegnung undzur Bewässerung im Som-mer genutzt. Die mittlereJahressumme des Nieder-schlags beträgt in Wertheim713 mm, die langjährigeJahresmitteltemperatur9,1 °C (langjähriges Mittelvon 1961 bis 1990 nach An-gaben des Deutschen Wet-terdienstes).

    Rebfläche

    und Sorten

    Der Bereich Tauberfrankenmit insgesamt 644 ha Reb-fläche gehört zu den kleins-ten Bereichen im Anbauge-biet Baden. Die dominieren-den Rebsorten sind Müller-Thurgau mit 203 ha (31,5 %)und Schwarzriesling mit149 ha (23,1 %). Schwarz-riesling wird hier herrlichfruchtbetont ausgebaut. Ty-pisch ist die leichte Gerb-stoffstruktur mit samtigerWürze in Duft und Ge-schmack.

    Als weitere Rotweinsorteist Regent mit 54 ha (8,4 %)im Anbau. Die im fränkischenWeinbau stark verbreiteteRebsorte Silvaner hat im Be-reich Tauberfranken nurnoch eine Anbaufläche von36 ha (5,6 %). Weitere Sor-

    ten wie Spätburgunder(32 ha), Kerner (32 ha), Ruländer bzw. Grauer Bur-gunder (26 ha) und Bacchus(26 ha) bereichern das Sortenspektrum.

    Eine Besonderheit destauberfränkischen Weinbausist, dass einige Qualitäts-und Prädikatsweine auf diebekannte Bocksbeutelflasche− wie in Franken − abge-füllt werden.

    Besonderheiten der

    Fauna und Flora

    Im Taubertal und den Sei-tentälern fallen zunächst diezahlreichen alten Wein-bergsmauern auf. Sie sindZeugen der jahrhundertelan-gen Weinbautradition imTaubertal. Deutlich sichtbarsind sie z. B. um Reicholz-heim und um Beckstein. Ineinigen Bereichen liegen sieversteckt in den Wäldernund Forsten oder sie befin-den sich mittlerweile inStreuobstwiesen.

    Weitere sehr typische undeinzigartige Landschaftsele-mente sind die vielen sehralten Steinriegel, die hang-abwärts verlaufen und imLaufe der Jahre durch dasAuflesen der Steine aus denNutzflächen entstandensind. Einige sind mit Ge-büsch und Hecken über-wachsen oder umsäumt, an-dere sind nur spärlich be-wachsen. Reptilien wieSchlingnattern oder Zaun-eidechsen lassen sich hiergut beobachten.

    Eine besonders großeVielfalt weisen hier auch dieunterschiedlichen Wiesenund Säume auf. Blaue Blü-tenfarben des Wiesen-Salbeibestimmen im Frühjahr dasErscheinungsbild der Salbei-Glatthaferwiesen. Im Juniblühen die rosafarbenenEsparsetten (Onobrychis vi-ciifolia) in den Esparsetten-Magerrasen.

    Die Kalkmagerrasen imTaubertal und den Seiten-tälern sind auch für ihrenhohen Reichtum an Orchi-deen bekannt. Besondersgut lassen sich die hierwachsenden Orchideen auf

  • Mai 2011 39

    Tauberfranken

    Die langen federartigen Grannen waren namensgebend für das

    Federgras, das auf Magerrasen wächst.

    dem Lehrpfad im Natur-schutzgebiet Lindenberg beiWerbach kennenlernen.

    Lange Grannen sind dasauffällige Merkmal des Fe-dergrases (Stipa pennata),das auf den sehr magerenMagerrasen der sehr war-men Hänge wächst und inBaden-Württemberg nurhier und am Kaiserstuhlwächst.

    Bei Bodenkontakt ver-hindert ein raffinierter Mechanismus das weitereVerblasen des Samens: Im trockenen Zustand ist die Granne im unteren Teil,der den Samen trägt, wieein Korkenzieher gedreht.Das obere Ende der Granne,durch einen Knick von derunteren Granne getrennt,steckt wie ein Spieß in derErde. Bei Feuchtigkeit drehtsich die obere Granne aufund bohrt sich mit dem Samen in den Boden. DieHaare an den Grannen dienen dabei als Widerlager.Diese sogenannten Bohr-früchte sind typisch bei Arten, die ursprünglich aus den Steppen kommen.

    Mag Wärme

    Im Juni und im Juli blühtder Blut-Storchschnabel(Geranium sanguineum) ansehr warmen Säumen. Inden Blüten sind an den Grif-feln mit einer Lupe manch-mal kleine grünlich-weiße,leicht abgeflachte Eier zuentdecken. Es sind die Eierdes Storchschnabel-Bläu-lings (Polyommatus eume-don), der trotz seines Na-mens nicht blau, sondernbraun gefärbt ist und der andem nagelförmigen weißenStreifen auf der Unterseitedes Hinterflügels gut zu er-kennen ist.

    Die aus dem Ei schlüp-fende Raupe frisst in denunreifen aber nährstoffrei-chen Samenanlagen desStorchschnabels und über-wintert dann am Fuß derPflanze. Im Frühjahr suchtdie Raupe wiederum dienahrhaftesten Pflanzenteileauf; das sind jetzt die jun-gen austreibenden Blätter.

    Um sich vor Fraßfeindenzu schützen, die auf der Su-che nach proteinhaltigerNahrung (Schmetterlings-raupen!) sind, versteckt sichdie Raupe unter einem wel-ken Blatt: Dazu nagt sie ei-nen Blattstiel am oberenEnde an, worauf das Blattwelk zusammenfällt. DieRaupe befrisst das Blatt nungeschützt im Innern dieses„Zeltes“. Die Raupe locktmit süßen Ausscheidungenaus einer speziellen DrüseAmeisen an, die sie gegen-über Feinden verteidigen.Die Verpuppung der Raupeerfolgt im späten Frühjahr.Ab Ende Mai schlüpfen dieFalter. In den badischenWeinbaulandschaftenkommt der Storchschnabel-Bläuling nur im BereichTauberfranken vor.

    Wie eine Kombination ausLibelle und Schmetterlingsieht der Libellen-Schmetter-lingshaft (Libelloides cocca-jus) aus, der wie Florfliegenjedoch zur Verwandtschaftder Netzflügler gehört. ImMai und Juni fliegt diese Artan den sehr heißen und sehrtrockenen Hängen des Tau-bertals. Es lohnt sich, diesenflinken Fliegern beim Jagennach kleineren Fluginsektenzuzuschauen.

    Die Eiablage erfolgt inReihen an trockene Stängel,die auf offenem Boden ste-hen, über dem die warmeLuft steht und wo sich keinefeuchte Luft halten kann.Die meisten Eiablagestellensind den ganzen Tag über

    besonnt. Ein Lebensraumalso, wie er in Tauberfran-ken an einigen Stellen an-zutreffen ist.

    Die Italienische Schön-schrecke (Calliptamus italicus), die an den rotenUnterschenkeln der Hinter-beine zu erkennen ist

    (siehe auch Badischer Winzer 2/2011, Seite 26),hat im Taubertal und dernäheren Umgebung sogarihren Verbreitungsschwer-punkt in Baden-Württem-berg.

    Die Besonderheiten derBiodiversität der Region Tau-bertal lassen sich anhand dersehr informativen Lehrtafeln,mit den Weinerlebnisführern(www.weinland-taubertal.de)oder auf eigene Faust entde-cken. Unterstützung bietenauch die vielen Wanderweg-beschreibungen, die u. a. beider TourismusgemeinschaftLiebliches Taubertal bezogenbzw. heruntergeladen wer-den können (http://www.liebliches-taubertal.de). Durchdie sehr gute Bahnanbindungist das Taubertal auch einZiel für Reisende, die ohneAuto mobil sein möchten.

    Monika RiedelTel. 0761/40165-18 [email protected]