der co2-gehalt des arteriellen blutes während muskelarbeit beim menschen

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Der C02-Gehalt des arteriellen Blutes wiihrend Muskel- arbeit beim Menschen'. Von Ove Bnje. (Aus dem turntheoretischen Laboratorium Kopenhagen, Professor J. Lindhard, Wd ads dem zoophysiologischen Laboratorium Kopenhagen, Professor A. Krog h.) (Mit Unterstiitzung des Hygienischen Komitees des Volkerbundes, Genf.) (at 4 Figurea Im Text.) Es ist oft von groBem Interesse, den C0,-Gehalt des arteriellen Blutes und die Schwankungen desselben wahrend Muskelarbeit zu kennen. Tritt z. B. wahrend der Arbeit Milchsaure im Blute auf, wird hierdurch eine Herabsetzung des C0,-Gehaltes des Blutes bewirkt ; eine gleich- zeitige Bestimmung der C0,-Menge des arteriellen Blutes und der C0,- Sprinnung in den Alveolen erlaubt mittels der Hasselbalchschen Formel eine Berechnung der Wasserstoffionenkonzentration des Blutes. Auch fur die Bestimmung des reellen R. Q. ist es notwendig, die eventuellen Schwankungen des C0,-Gehaltes im arteriellen Blute zu kennen. Die Aufgabe dieser Arbeit war, den C0,-Gehalt im arteriellen Blute 'wahrend Muskelarbeit von verschiedener Intensitat und Dauer zu be- 'stimmen. Zu diesem Zwecke mu13 man arterielles Blut sowohl in der 'Ruhe als wahrend ununterbrochener Arbeit entnehmen. Das Blut wiihrend schwerer Muskelarbeit durch Arteriepunktur zu bekommen, ist wegen technischer Schwierigkeiten fast unmoglich, und besonders wenn man wiinscht, wahrend einer Arbeitsperiode eine Reihe von Blutproben zu entnehmen. Glucklichenveise ist es moglich, aus den Fingerbeeren Blut zu bekommen, das dem arteriellen sehr ahnlich ist, welches u. a. aus den Untersuchungen von VerzAr und Keller (l), Verzdr und Vasar- helyi (2) und Lundsgaard und Msller (3, 4) hervorgeht. Endlich haben Goldschmidt und Light (5) mit Sicherheit gezeigt,. daB Blut aus den oberflachlichen Venen der Hande, die 10Minuten in 45 bis 47O Der Redaktion am 13. September 1934 zugegangen.

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Page 1: Der CO2-Gehalt des arteriellen Blutes während Muskelarbeit beim Menschen

Der C02-Gehalt des arteriellen Blutes wiihrend Muskel- arbeit beim Menschen'.

Von Ove Bnje.

(Aus dem turntheoretischen Laboratorium Kopenhagen, Professor J. Lindhard, Wd ads dem zoophysiologischen Laboratorium Kopenhagen, Professor A. Krog h.)

(Mit Unterstiitzung des Hygienischen Komitees des Volkerbundes, Genf.)

( a t 4 Figurea Im Text.)

Es ist oft von groBem Interesse, den C0,-Gehalt des arteriellen Blutes und die Schwankungen desselben wahrend Muskelarbeit zu kennen. Tritt z. B. wahrend der Arbeit Milchsaure im Blute auf, wird hierdurch eine Herabsetzung des C0,-Gehaltes des Blutes bewirkt ; eine gleich- zeitige Bestimmung der C0,-Menge des arteriellen Blutes und der C0,- Sprinnung in den Alveolen erlaubt mittels der Hasselbalchschen Formel eine Berechnung der Wasserstoffionenkonzentration des Blutes. Auch fur die Bestimmung des reellen R. Q. ist es notwendig, die eventuellen Schwankungen des C0,-Gehaltes im arteriellen Blute zu kennen.

Die Aufgabe dieser Arbeit war, den C0,-Gehalt im arteriellen Blute 'wahrend Muskelarbeit von verschiedener Intensitat und Dauer zu be- 'stimmen. Zu diesem Zwecke mu13 man arterielles Blut sowohl in der 'Ruhe als wahrend ununterbrochener Arbeit entnehmen. Das Blut wiihrend schwerer Muskelarbeit durch Arteriepunktur zu bekommen, ist wegen technischer Schwierigkeiten fast unmoglich, und besonders wenn man wiinscht, wahrend einer Arbeitsperiode eine Reihe von Blutproben zu entnehmen. Glucklichenveise ist es moglich, aus den Fingerbeeren Blut zu bekommen, das dem arteriellen sehr ahnlich ist, welches u. a. aus den Untersuchungen von VerzAr und Keller (l), Verzdr und Vasar- helyi (2) und Lundsgaard und Msller (3, 4) hervorgeht. Endlich haben Goldschmidt und Light (5) mit Sicherheit gezeigt,. daB Blut aus den oberflachlichen Venen der Hande, die 10Minuten in 45 bis 47O

Der Redaktion am 13. September 1934 zugegangen.

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62 OVE B ~ J E :

heiBes Wasser getaucht wurden. genau dieselbe RIenge 0, und CO, als Blut aus Arteria radialis enthalt; hieraus folgt, daB Kapillarblut ails den Fingern als vollig arterielles betrachtet werden kann, wenn nur die Hand vorerst in heiBes Wasser getaucht wird.

Methodik. Um Kapillarblut benutzen zu konnen, war es notwendig, fur die C0,-

Analyse eine AIethode zu verwenden, die nicht zu groBe Blutvolumina forderte; sehr gut geeignet zeigte sich die von Krogh und Rehberg (6) angegebene Methode der C0,-Bestimmung in Fliissigkeiten und Geweben durch Mikrotitration ; denn man braucht nur eine geringe Blutmenge, etwa 0.5 ccm, nnd diese Methode macht es moglich, in kurzer Zeit mehrere Blutproben zu analysieren. Das Prinzip dieser Methode besteht in einem Austreiben der Kohlensaure durch Phosphorsaure, rnit nachfolgender Destillation im Vakuum der freigemachten Kohlensaure in eine rnit Bariumhydroxyd in UberschuB versetzte Vorlage ; der iiberschiissige Bariumhydroxgd wird rnit Snlzsaure titriert. Die genaue Abmessung des Blutes geschieht durch einen besonders konstruierten AbmeBhahn, der mit einer ausgeschliffenen, moglichst kurzen und weiten, etwa 0 - 1 bis 0.15 ccm fassenden AIeBtasche versehen ist. Das genaue Volumen derselben wird durch Auswiegen mit Quecksilber bestimmt.

Vor der Blutentnahme war die Hand wenigstens 5Minuten in 47O heiBes Wasser getaucht. Es zeigte sich anfangs recht schwierig, wahrend der Arbeit und in relativ kurzer Zeit geniigend Kapillarblut zu bekommen und in die MeBtasche ohne Verlust von CO, zu bringen. Zuerst wurde versucht, nachdem die Fingerspitze mit einer F r a n c ke schen Nadel verletzt war, das Blut in ein Glas unter Paraffin01 auszupressen, auf dem Boden des Glases war ein biBchen Natriumoxalat, der durch vorsichtiges Umriihren rnit dem Blut gemischt wurde, um das Koagulieren zu ver- meiden. Mit einer Reltordspritze wurde das Blut in die MeBtasche gebracht. In dieser Weise gelang es zwar, geniigend Blut zu bekommen, das nicht mit der Luft in Beriihrung gewesen war, die Prozedur machte jedoch wahrend der Arbeit der Versuchsperson groBe Schwierigkeiten, und um geniigend Blut zu bekommen, war es oft notwendig, so lange zu driicken, daB man nicht den Zeitpunkt fur die Probenahme feststellen konnte. Auljerdem war es zu befiirchten, daB das Blut CO, zum Paraffin01 ab- geben wiirde. Dagegen zeigte sich das von Mook(7) angegebene Ver- fahren zur Blutaufnahme in kleine Rohren sehr brauchbar. Das Ver- fahren, das ich ein wenig modifiziert habe, ist wie folgt: Nachdem die Hand 5 Minuten in heiBes Wasser hineingetaucht war, wird sie schnell abgetrocknet, der distale Teil eines Fingers mit hither abgewaschen, und an der Fingerkuppe wird ein 3 bis 4 mm tiefer Einschnitt rnit einer

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CO2-GEHALT DES ARTERIELLEN BLUTES. 63

Franckeschen Nadel gemacht. Ein Zelluloidrohrchen wird iiber das Loch geklebt und durch leichtes Driicken des Fingers wird die Rohre schnelI rnit Blut gefiillt. Die Rohre ist 40 mm lang, innerer Durchmesser 4 bis 5mm, das Ende, das an den Finger geklebt wird, hat eine kleine Erweiterung, die leicht bogenformig abgeschliffen ist ; sie wird niit Leuko- plast, in Benzin gelost, versehen und nachher wenigstens 24 Stunden in der Luft getrocknet. Das Blut mu13 nun ohne Abgabe von CO, in die MeBtasche gebracht werden. Dies macht man am bequemsten mittels einer 1 ccm fassenden Rekordspritze, deren Kaniile man gerade an den Boden der Rohre bringt. Die Kaniile der Spritze sol1 recht weit sein, innerer Durchmesser menigstens 0.7 mm, und man mu6 langsam saugen, um zu vermeiden, das Vakuum iiber dem in der Spritze stehenden Blut hervorzubringen. Man Ial3t die obere Schicht, die rnit der Luft, die in der Kaniile und iiber dem Stempel steht, in Beriihrung gewesen ist, zuriick. Danach wird die Spitze der Kaniile an den Boden der MeBtasche gebracht, und durch ruhiges Driicken auf den Stempel wird so viel Blut ausgepreBt, daB die MeBtasche ganz gefiillt wird und aul3erdem mit einer 2 bis 3 mni schiitzenden Blutschicht versehen. Dwn wird der Hahn 90° umgedreht, und man hat in der Tasche eine ganz genau abgemessene Blutmenge, die nicht rnit der Luft in Beriihrung gewesen ist. Man darf natiirlich nur so viel Blut aus der Spritze driicken, daB die obere schiitzende Schicht in dieser zuriickbleibt. Um Koagulation zu verhindern, ist die MeBtasche vorher mit Oxalatlosung gepinselt und die Spritze mit der Oxalatlijsung gespiilt. Nach dem Einbringen des Blutes in die MeBtasche wird der Apparat evakuiert, danach das Blut durch Umdrehen des Hahnes in densdben gebracht, wonach die Destillation stattfinden kann.

Fehlerquellen und Genauigkeit. Die Fehlerquellen der Analysenmethode sind ausfiihrlich von K r ogh

und Rehberg beschrieben, und die der Blutentnahme habe ich meistens schon in der Beschreibung der Technik genannt, namlich, da.4 etwas CO, rerschwinden kann, wenn das fur die Analyse gebrauchte Blut mit der Luft in Beruhrung kommt, oder wenn man das Vakuum dariiber hervor- bringt. Es ist sehr wichtig, daD keine Koagulation eintritt; sieht man das Blut als Koageln in der Phosphorsaure liegen, kann man sicher sein, daB nicht die ganze C02-Menge wiihrend der gewijhnlichen 3 bis 4 Minuten Destillation iiberdestilliert. Um sicher zu sein, arterielles Blut zu be- kommen, habe ich immer einen so tiefen Einschnitt in den Finger gemacht, daD das Blut schnell durch leichtes Driicken auf den Finger in die Rohre emporstieg ; eine Untersuchung iiber wieweit langsames Ausstromen des Blutes und starkes Driicken auf den Finger die Zusammensetzung des Blutes andern kann, habe ich nicht vorgenommen. Es ist jedoch wahr-

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64 OVE BBJE:

scheinlich, daB Schwierigkeiten bei der Probennahme die \rersuchsperson storen konnen und ihre Respiration andern mit nachfolgender hde rung der Zusammensetzung des Blutes.

Die Genauigkeit der Analysenmethode ist nach Krogh und Rehberg so groB, daB Doppelbestimmungen innerhalb 1 cmm liegen; da die benutzte Blutmenge ungefiihr 150 cmm war, sollten Doppelbestimmungen innerhalb 0.7 Vo1.-Proz. liegen. In der Ruhe habe ich in 30 Fallen 2 Bestimmungen der Blutkohlensiiure mit 3 bis 5 Minuten Zwischenrauni gemaeht und fand, daB die Differenz dieser Doppelproben durchschnitt- lich 1.1 Vo1.-Proz. f 0.6 ist. Diese groBere Differenz beruht sicherlich auf kleinen hderungen des Blutes zwischen den Probennahmen.

Versuchsremltat e. An 3 mannlichen Versuchspersonen ist der C0,-Gehalt des Blutes

wahrend der Muskelarbeit von verschiedener Intensitat und Dauer be- stimmt worden. Alle Versuche sind friihmorgens in niichternem Zustande ausgefiihrt ; die Arbeitsversuche auf dem Kro ghschen Fahrradergometer. Die , ,Ruheproben" sind, nachdem die Versuchspersonen wenigstens l/, Stunde auf demFahrradergometer gesessen hatten, die ,,Arbeitsproben'* alle wahrend ununterbrochener Arbeit genommen.

Die Versuchspersonen waren : 0. H., 25 Jahre alt, 74 kg, gut trainiert, 0. B., 28 7, 7 , 74 7, 7, 1 7 9

Bg., 32 ,, 1 , 73 7, wen$ ,, *

Die Tabellen geben die Gesamt-CO, in Vo1.-Proz. an; die Kurven zeigen die Schwankungen der Gesamt-CO, in Vo1.-Proz. wahrend der Arbeit, indem die Ruhewerte als Nullpunkt angenommen werden.

Fig. 1 zeigt eine Versuchsreihe an 0. H. mit ArbeitsgroSen von 1080 bis zu 1800 kgm-Min. Die Ruhewerte der verschiedenen Versuchstage liegen zwischen 45.3 und 49-0 Vo1.-Proz., sind durchschnittlich 47.4 Vo1.- Proz. Die von der Arbeit bewirkten hderungen des C0,-Gehaltes hangen von der Arbeitsintensitiit ab. Auf 1080 und 1260 kgm-Min. liegen mit Ausnahme von drei Werten, die ein wenig uber dem Ruhewert liegen, samtliche Werte unregelmaig 0 bis 4 Vo1.-Proz. unter dem Ruhewert gestreut. Mit groSer werdender Arbeitsintensitat wird der Abfall des C0,- . Gehaltes mehr ausgesprochen; in dem ersten Versuch mit 1440 kgm-Min. wird nach 40 Minuten Arbeit eine C0,-Ausschwemmung von 8.2 Vo1.- Proz. crreicht, in dem zweiten Versuch ist der maximale Abfall nur 5.7 Vo1.-Proz. Die Kurven der zwei groSten Arbeitsintensitaten 1620 und 1800 kgm-Min. zeigen einen charakteristischen Verlauf, sie fallen wahrend der ersten 5 bis 7 Minuten Arbeit schroff ab, um in einen

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CO,-GEHALT DES ARTERIELLEN BLUTES. 65

m e h UnregelmaDigen Verlauf uberzugehen, I teils wieder steigend, teils fallend. Die Schnelligkeit, mit der die C0,-Ausschwemmung stattfindet, wuhst mit der Arbeitsintensitat, so ist die C0,-Ausschwemmung nach 5 bk 7 Minuten Arbeit mit 1620 kgm-Min. etwa 13 Vo1.-Proz., mit 1800 kgm- m. etwa 17 Vo1.-Proz. Die Versuchsperson bemerkte, daB das subjektive Gefiihl von Dyspnoe immer groBer wahrend der ersten 5 bis 10 Minuten &beit war, als spaterhin, welches wahrscheinlich mit der C0,-Aus- schwemmung in diesen Minuten in Zusammenhang steht.

Ib/% co,

3

0

2

I

5

8

10

I t

I&

I8

IB

M

22

0 W M 30 W 50 I IOUinlrb.

Fig. 1. Versuchsperson 0. H.

0 = 1080 kgm-Min. = 1260 kgm-Min. = 1440 kgm-Min. A = 1620 kgm-Min. + = 1800 kgm-En. Die einzelnen Bestimmungen eines Versuches sind mit-

einander verbunden.

Fig. 2 zeigt die Resultate einer ahnlichen Versuchsreihe an Ver- suchsperson 0. B. Die Arbeitsintensitaten variierten zwischen 900 und 1620 kgm-Min. Die Ruhewerte der verschiedenen Versuchstage liegen zwischen 46.4 und 51 - 0 Vo1.-Proz., sind durchschnittlich 48- 2 Vo1.-Proz. ; die meisten Werte liegen dicht herum gruppiert. Die Kurven sind denen der Versuchsperson 0. H. sehr ahnlich. Die Arbeitsintensitaten von 900 bis 1260 kgm-Min. bewirken eine kleine C0,-Ausschwemmung ; die Werte liegen wahrend der ganzen Arbeitsperiode zwischen 0 und 5.6 Vo1.-Proz. unter dem Ruhewert gestreut, die meisten doch wie bei 0. H. zwischen

Skandinav. Arcluv. 71. 5

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CiG OVE BBJE:

0 und 4 \'ol.-Proz. unter den1 Ruhewert. Wahrend einer Arbeit von 1440 kgni-Min. kommt besonders in den1 ersten Versuch eine bedeutende L4usschwemmung von CO,, nach 16 Minuten Arbeit betragt diese 16 Vo1.- Proz. In den zwei nachsten Versuchen niit dieser Arbeit ist die C0,- Ausschwemmung bedeutend kleiner, b e t r g t maximal etwa 8 VoL-Proz.

L

Fig. 2. Versuchsperson 0. B.

+ == 900 kgni-Min. 0 = 1080 kgm-Min. 0 = 1260 kgm-Min. 0 = 1440 kgm-Min. A = 1620 kgm-Min.

Mit 1620 kgm-Min. ist nur ein Versuch gemacht, mit 3 Bestimmungen wahrend der Arbeit; diese zeigen einen grollen Abfall wahrend der ganzen Arbeitsperiode; nach 29 Min. Arbeit ist der C0,-Gehalt des Blutes mit 25- 7 Vo1.-Proz. vermindert worden. Auch bei dieser Versuchsperson sah man, daB wahrend der groSten Arbeitsintensitaten die C0,-Aus- schwemmung am groBten am Anfang der Arbeitsperiode war. Die Kurven iiber die grollten Arbeiten zeigen individuelle Verschiedenheiten, sie fallen bei 0. B. tiefer herab als bei 0. H. Mit 1620 kgm-Min. ist die C0,- Ausschwemmung bei 0. B. ungefahr doppelt so grol3 als bei 0. H., was wahrscheinlich auf eine hessere Kondition bei 0. H. zu beziehen ist. Auch diese Versuchsperson fiihlte die Dyspnoe wahrend der grolleren Arbeiten am unangenehmsten in den ersten ungefahr 10 Minuten Arbeit.

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COZ-GEH.\LT DES XRTERIELLEN BLUTES. G7

In den obcngenannten Versuchen sah man, dalj niit den groljten &beitsintensitaten die C0,-Ausschwemmung groSer war bei 0. B. als bei 0. H. Die Verschiedenheit beruht vielleicht darauf, da13 0. H. besser trainiert ist als 0. B., vidleicht auf anderen individuellenVerschiedenheiten. u m die Frage, ob die GroSe der durch Muskelarbeit hervorgebrachten C0,-Ausschwemmung von dem Trainierungszustande der Versuchsperson abhlngt, sind einige Versuche an einer ganz untrainierten Versuchs- person Bg. vorgenommen worden. Diese Versuchsperson vermochte an- fangs nur rnit 720 kgm-Min. zu arbeiten, war aber nach wenigen Versuchen mit dieser Arbeit imstande, mit 900 und spiiter mit 1080 kgm-Min. zu arbeiten. Fig. 3 zeigt die Resultate. Seine Ruhewerte werden nicht

0 10 M 30 10 50 60 I(in.Arb.

Fig. 3. Versuchsperson Bg. c = 900 kgm-Min. o = 720 kgm-Min. = 1080 kgm-Min.

76

0 10 M 30 10 50 60 I(in.Arb.

Fig. 3. Versuchsperson Bg. c = 900 kgm-Min. o = 720 kgm-Min. = 1080 kgm-Min.

niedriger als die der zwei trainierten Versuchspersonen gefunden, sie sind durchschnittlich 49 * 2Vol.-Proz. und scheinen auch keine grofiere Streuung zu zeigen. Die Arbeitsversuche zeigen eine bedeutende C0,-Aus- schwemmung besonders am Anfang der Arbeitsperiode, und sowohl die GroSe der C0,-Ausschwemmung als die Schnelligkeit, mit der sie statt- findet, wachst mit der Arbeitsintensitat. Es zeigt sich ein bedeutender Unterschied zwischen dieser untrainierten Versuchsperson und den friiher erwahnten gut trainierten Versuchspersonen ; so bewirkte bei den letzteren eine Arbeit von 1080 kgm-Min. eine Verminderung des C0,-Gehaltes des Blutes von 2 bis 4Vol.-Proz., wahrend diese bei erstgenannter 11 bis 13 Vo1.-Proz. betrug. DaS dieser Unterschied von verschiedenem Trainierungszustande herriihrt, dafiir spricht unter anderem, daS die

5*

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68 OVE BBJE:

Kurven bei der Versuclisperson Bg. denselben Verlauf zeigen als bei den Versuchspersonen 0. H. und 0. B., nur mit dem Unterschied, da8 bei den letzteren die Arbeitsintensitat gro8er sein muD, um dieselbe C0,-Ausschwemmung hervorzubringen.

Die nachsten Versuchsreihen zeigen einige Untersuchungen iiber den C0,-Gehalt des Blutes wahrend der Muskelarbeit, wo teils die Sauerstoff-

menge, teils die Zusammensetzung der Vdx Nahrung geandert wurdel.

Fig. 4 enthalt 5 Versuche an Ver- suchsperson 0. H. rnit einer Arbeit von 1620 kgm-Min. In Versuch 3, 4 und 5 atmete die Versuchsperson die letztr halbe Stunde vor der Arbeit und wahrend

8 der ganzen Arbeitsperiode 45prozent. 10 Sauerstoffmischung; in Versuch 1 und 2 12 atmospharische Luft. Die 0,-Versuche

zeigen wie in den vorigen Versuchen mit derselben ArbeitsgroSe einen starken Ab-

I6 fall in den ersten Arbeitsminuten, der nachher kleiner wird oder ganz aufhort. Der Abfall ist jedoch bedeutend kleiner als in den zwei Atmosphareversuchen. Diese Versuche deuten darauf hin, da8

0 = 45prozent. Sauerstoff. vermehrte Sauerstoffzufuhr wahrend 0 = atmosphhrische Luft. strenger Muskelarbeit die CO, - Aus-

In Tab. 1 sind die Resultate einiger Versuche rnit 1080 kgm-Min., nachdem die Versuchsperson teils kohlenhydratreiche, teils fettreiche Kost bekommen hatte. Zuerst kommt ein Versuch rnit gemischter Kost; die Arbeitswerte liegen 2 bis 4 Vo1.-Proz. unter dem Ruhewert gestreut. In dem nachsten Versuch, wo die Versuchsperson mehrere Tage Kohlen- hydratkost eingenommen hatte, arbeitete sie 4 Stunden, es kommt wahrend dieser langen Arbeit zu fast keiner hde rung des C0,-Gehaltes ; der Durchschnitt aller Arbeitswerte liegt 1 Vo1.-Proz. unter dem Ruhewert. In dem ersten Versuch mit Fettkost besteht kein Unterschied zwischen Ruhe- und Arbeitswerten, in den zwei nachsten liegen die Arbeitswerte ganz wenige Vo1.-Proz. unter dem Ruhewert gestreut; in Versuch 5 kommt doch ein Abfall von 8.6 Vo1.-Proz. nach 6 Minuten Arbeit vor.

In diesen Versuchen wurden die C0,-Bestimmungen des Blutes in erster Linie gemacht, um den respiratorischen Quotienten zu kontrollieren ; die Venuche sind deshalb fur die Frage der Alkalireserve etwas mangelhaft und sollen nur kurz erwiihnt werden.

c t

2

I

6

10

0 I 0 20 30 Aliii.Arb.

Fig. 4. Versuchsperson 0. H.

schwemmung vermindern kann.

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C 0 2 - G ~ ~ ~ ~ ~ DES ARTERIELLEN BLUTES. 69

T a b e l l e 1. Versuchsperson 0. H. 1080 kgm-&fin.

. -___ Versuch 4. 24. IX. 1932

Fett Ruhewert 50 - 8

,, 50-3 Min. Arbeit 1 Vo1.-Proz.

5 45.1 13 47.6 45 46.4 75 48.3

110 47.2 130 47.2

-~ Versuch 1. 8. IX. 1932

Gemischte Kost Ruhewert 50.3

Versuch 5. 26. IX. 1932 Versuch 6. 28. IX. 1932 Fett Gemischte Kost

Ruhewert 477.2 Ruhewert 52.2

Min. Arbeit 1 Vo1.-Proz. Min. Arbeit Vo1.-Proz.

6 38-6 7 49.9 14 42.4 16 52.5 46 45.7 75 48.4 72 44.3 105 49.3

124 I 48.8 1

7, .---

Min. Arbeit

6 12 54

104

48.8 ____ Vol. - Proz.

47.1 45.6 46.1 47.7

Versuch 2. 17. IX. 1932 Kohlenhydrat

Ruhewert 51.8

Min. Arbeit

4 13 14 45

105 140 210 245

15 nachdei 35) Arbeit

Vo1.-Proz.

50.4 50.4 49.1 49.6 52.7 52.5 51.1 50-8

49.7 51-1

__- dersuch 3. 22. IX. 1932.

Fett Ruhewert 45.8

, Min. Arbeit

40 42 70 95

125

____

47.1

Vol. -Proz.

46.5 45.8 46.5 46.5 46.0

Min. nach der Arbeit

3 8

20 36 70 98

Vol. - Pro2 . 31.5 24.8 37.3 42.1 45.1 46.0

In Tab. 2 ist ein Versuch, wo die C0,-Menge des Blutes nach dem Aufhoren einer sehr intensiven Arbeit, 2000 kgm-Min. in 8% Minuten, bestimmt ist. Wegen der groI3en Arbeit ist es nicht gelungen, Proben wahrend der Arbeitsperiode zu bekommen. 3Minuten nach dem Auf- horen der Arbeit ist der C0,-Gehalt des Blutes um 14.1 Vo1.-Proz. ver-

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70 OVE B0JE:

mindert, 5 Blinuten spater uni 20.8 Vo1.-Proz., die nlchsten Bestinimungen zeigen eine Steigerung: 70 Minuten nach dem Aufhoren der Arbeit iet der Ruhewert erreicht.

Diskussion der Resultate. Kurz zusammengefallt zeigen diese Versuchsreihm, daB mittelschwere

Muskelarbeit fast keine hderungen des C0,-Gehaltes ini arteriellen Blute hervorbringt : erst nachdem die Arbeit eine gewisse Intensitat. verschieden groB bei den verschiedenen Versuchspersonen, erreicht hat, kommt ein bedeutender Abfall der C0,-Rlenge. Die C0,-Ausschwemmung des Blutes ist besonders stark in den ersten Minuten der Arbeit und scheint mit derselben ArbeitsgroBe kleiner bei den Trainierten zu sein. Einatmen von sauerstoffreicher Luft (45 Proz.) scheint die durch Muskel- arbeit hervorgebrachte C0,-Ausschwemmung zu vermindern.

In der Einleitung wurde gesagt, daS es fiir die sichere Bestinmung des R. Q. wahrend der Arbeit von Bedeutung ist, gleichzeitig die Schwan- kungen des C0,-Gehaltes des arteriellen Blutes zu kennen, um zu wissen, ob der R.Q. reel1 ist. Diese Untersuchungen zeigen, daB diese Schwan- kungen von vielen Faktoren abhangen, und daB die Kurven in den ver- schiedenen Versuchen sehr verschieden sind ; es ist deshalb notwendig, die wahrend der Muskelarbeit gefundenen R. Q. durch gleichzeitige Be- stimmungen der CO, im arteriellen Blut zu kontrollieren. Wahrend einer groSeren Muskelarbeit wird in den ersten Minuten der R.Q. fast immer wegen der C0,-Ausschwemmung zu hoch gefunden.

Als wichtigste Ursache des C0,-Austreibens aus dem Blute wahrend der Muskelarbeit mu0 man eine Bildung von Sauren, speziell Milch- saure, ansehen; diese treten aus den Muskeln in das Blut hinein und verdrangen hier CO, aus dem Bikarbonat. Unter anderen haben P. Schenck (8) nnd 0. J e r v e l l ( 9 ) gezeigt, daS ein naher Zusammen- hang zwischen der nach einer Muskelarbeit gefundenen Vermehrung der Milchsaure und Verminderung der gesamten CO, des Blutes besteht. Vorausgesetzt, daS eine vollstandige Reaktion zwischen Bikarbonat und Milchsaure nach dieser Gleichung :

NaHCO, + CH,CHOHCOOH -+ CH,CHOHCOONa + H,O + CO, stattfindet, treibt ein Millinormal Saure in 100 ccm Blut 2.24 ccm CO, aus. Die Frage ist nun, findet eine solche vollstandige Reaktion im Blute wahrend der Arbeit statt und entspricht folglich die ausgetriebene C0,-Menge einer Milchsauremenge in dem obenerwahnten Verhaltnis ? Um dies zu bestimmen, sind in zwei Versuchen wahrend Muskelarbeit der C0,-Gehalt und die atherloslichen Sauren bestimmtl. Der eine Ver-

DieBestimmung der atherloslichen Sauren wurde von Dr. 0. Bang gemacht, die Methodik ist in Arbeitsphysiologie, 1934, Bd. 7, S. 544 bis 554, veroffentlicht.

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COz-GEHALT DES ARTERIELLEM BLUTES. $ 1

such wurde an Versuchsperson Bg. wahrend einer Arbeit von 900 kgm-Min. und der andere an Versuchsperson 0. B. wlhrend einer Arbeit von 1440 kgm-illin. ausgefuhrt. In Tab. 3 ist die Vermehrung der atherloslichen Sluren in RIillinorinal aufgezeichnet, und nebenan die berechnete Anzahl Vo1.-Proz. CO, diese Sauren austreiben konnen. Die Tabelle gibt weiter die gefundene Verminderung der gesamten GO, des Blutes in den zwei Versuchen. Die Tabelle zeigt eine sehr gute Ubereinstimmung zwischen der berechneten Verminderung des C0,-Gehaltes und der experimentell gefundenen.

T a b e l l e 3. Yersuchspersbn Bg. 900 kgm-Ah. 5. XI. 1932.

__.~____ ___- - -- - - . __

10 1 3.63 8 . 1 20 3.57 1 8.0 30 3.35 7.5 40 2.69 6.0 50 2.43 5 .4 60 2.37 5.3

Durchschnittlich 6.7

Vermehrung der atherloslichen Sauren Verminderung des C0,-Gehaltes -__ ~ I

13 8 - 9 24 7.6 45 5 - 2 60 5.4

Durchschnittlich 6.8

Min. Arbeit in M.X. Vo1.-Proz.

Vermehrung der atherloslichen Siiuren I Verminderung des C0,-Gehaltes

Min. Arbeit 1 I entsprechend Vo1.-Proz. C02 in M.K. 1

6-64 1 14.4 7.12 1 16.0

17.2 15.1

5.98 13.4 6.14 13.8

6.33 1 14.2 6.17 1 13.8

Durchschnittlich 14.7

Min. Arbeit 1 Vo1.-Proz.

6 12.4 16 ' 1 16.0 30 10.8 45 , 11.7

11.3

Durchschnittlich 12 * 4

J e r v e l l bestimmt in fiinf Fallen inVenenblut die gesamte C0,-Menge und die Milchsaure vor und nach Muskelarbeit und findet einen Abfall der C0,-Menge von 2-65 bis 3-98 Vo1.-Proz. pro Milligramm Milchsaure, d. h. 2-38 bis 3.58 Vo1.-Proz. pro Millinormal Milchslure, also mehr als die berechneten 2.24 Vo1.-Proz. Die Ursache hierfiir ist wahrscheinlich, daD er nur Milchsaure bestimmt, wahrend in unseren Versuchen samtliche atherloslichen Siuren bestimmt sind.

Page 12: Der CO2-Gehalt des arteriellen Blutes während Muskelarbeit beim Menschen

72 OVE BBJE : CO,-GEHALT DES ARTERIELLEN BLUTES.

In unseren zwei Versuchen bestand also eine recht nahe Proportio- nalitat zwischen der wahrend Muskelarbeit ausgetriebenen C0,-Menge und den gebildeten atherloslichen Sauren, was darauf deutet, daS eine vollstandige Reaktion zwischen denselben und dem Bikarbonat statt- findet. Eine so genaue Proportionalitat zwischen ausgetriebener CO, und gebildeter Saure kann man natiirlich nur finden, wenn dieventilation genau den humoralen hinderungen folgt.

Zusammenfassung.

Mittels der von Krogh und Rehberg angegebenen Methode ist eine Reihe Bestimniungen der gesamten CO, in arteriellem Blut vor, wahrend und nach Muskelarbeit gemacht.

Die Blutentnahme geschieht aus den Fingern, nachdem die Hand wenigstens 5 Minuten in 47O heitem Wasser war, durch Aufsammeln in kleinen Zelluloidrohren mittels der von Moo k angegebenen Methode.

Die untersuchten ArbeitsgriiSen schwankten zwischen 720 und 2OOO kgm-Min.

Die kleineren Arbeitsintensitaten bewirkten fast keine hinderungen der Blutkohlensaure.

Die groBeren Arbeitsintensitaten bewirkten immer eine Herabsetzung der Blutkohlensaure, die mit der Arbeitsintensitat wachst.

Je groBer die Arbeitsintensitat ist, je schneller geschieht die C0,- Ausschwemmung.

Drei Versuche mit Einatmen von 45prozent. Sauerstoff vor und wahrend einer Arbeit von 1620 kgm-Min. zeigten eine verminderte C0,- Ausschwemmung.

Die durch Muskelarbeit hervorgerufene C0,-Ausschwemmung scheint bei Tra,inierten kleiner als bei Untrainierten zu sein.

Gleichzeitige Bestimmungen des C0,-Gehaltes und der atherloslichen Sauren in zwei Versuchen lieBen vermuten, daB die ausgetriebene C0,- Menge ziemlich genau dervermehrung der iitherloslichen Sauren entspricht.

Lit era tur. 1. Verzdr, F. und Keller, F., Bimhem. 2. 1923. Bd. 141. S.21. 2. Verzdr, F. und Vbsdrhelyi, B., Ebenda. 1924. Bd. 151. S.246. 3. Lundsgaard, C. und Msller, E., J . of e z p r . Ned. 1922. Vol. 36. p. 599. 4. Dieselben, Ugeskrift for Lceger. 1922. Vol. 84. p. 167. 5. Goldschmidt, S.undLight,A. B., J.ofbwl.Chem. 1925. Vol. 64. p.53. 6. Krogh, A. und Rehberg, P.B., Biochem. 2. 1930. Bd. 225. S. 177. 7. Mook, €I. W., Ebenda. 1931. Bd.242. S.338. 8. Schenk, P., Sporkintetagung 1925. 1926. 5.88. 9. Jervell, O., Invmtigation of the concentration of lactic acid in blood and

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