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Foto 1: Hochfäche der Puna de Atacama mit den Vulkanen Incahuasi, El Fraile, El Muerto und Ojos del Salado. Aufnahme vom Osthang der Barrancas Blancas, 5620 m (Aufnahme: M. Nüsser, 11.12.2014) 66 Forschung aktuell Der Ojos del Salado in der Atacama: Forschungsgeschichte und aktuelle Probleme im trockensten Hochgebirge der Erde Marcus Nüsser und Juliane Dame Als höchster Vulkan der Erde zählt der an der argentinisch-chilenischen Grenze gelegene Ojos del Salado zu den prominenten Bergen der Welt. Aufgrund seiner schwierigen Erreichbarkeit herrschte allerdings über einen erstaunlich langen Zeitraum Unklarheit hinsichtlich der genauen topographischen Situation und Höhe des Massivs. Auch detaillierte kli- matische und hydrologische Daten liegen für die Region bis heute nicht vor, sondern bleiben auf die tiefer gelegenen Bereiche der Atacama beschränkt. Das Gebiet bildet ein Hochplateau mit isolierten Vulkan- massiven und wurde von vielen Reisenden aufgrund seiner Lebens- feindlichkeit auch als Mondlandschaft bezeichnet (Szczepański 1954, Rebitsch 1957, S. 161, Foto 1). Dieser Beitrag liefert eine regionalgeographische Übersicht und ei- nen forschungsgeschichtlichen Abriss von der explorativen Phase zur heutigen Situation. Im Detail wird hier auf den Bereich der argenti- nisch-chilenischen Grenze eingegangen, der in west-östlicher Richtung entlang der Vulkankee zwischen den Massiven Incahuasi und Tres Cruzes verläuft. Im Weiteren werden mit der Bewässerungslandwirt- schaft und dem Bergbau die heute dominierenden Nuꜩungsformen und die damit verbundenen Veränderungen der Wasserverfügbarkeit in den tiefer und weiter westlich gelegenen Teilen der Atacama ange- sprochen.

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Page 1: Der Ojos del Salado in der Atacama: Forschungsgeschichte ... del... · der Ojos del Salado weder erwähnt, noch in der zugehörigen Karte verzeichnet (Wheelwright 1861, S. 158). In

Foto 1: Hochfäche der Puna de Atacama mit den Vulkanen Incahuasi, El Fraile, El Muerto und Ojos del Salado. Aufnahme vom Osthang der Barrancas Blancas, 5620 m (Aufnahme: M. Nüsser, 11.12.2014)

66 Forschung aktuell

Der Ojos del Salado in der Atacama: Forschungsgeschichte und aktuelle Probleme im trockensten Hochgebirge der Erde

Marcus Nüsser und Juliane Dame

Als höchster Vulkan der Erde zählt der an der argentinisch-chilenischen Grenze gelegene Ojos del Salado zu den prominenten Bergen der Welt. Aufgrund seiner schwierigen Erreichbarkeit herrschte allerdings über einen erstaunlich langen Zeitraum Unklarheit hinsichtlich der genauen topographischen Situation und Höhe des Massivs. Auch detaillierte kli-matische und hydrologische Daten liegen für die Region bis heute nicht vor, sondern bleiben auf die tiefer gelegenen Bereiche der Atacama beschränkt. Das Gebiet bildet ein Hochplateau mit isolierten Vulkan-massiven und wurde von vielen Reisenden aufgrund seiner Lebens-feindlichkeit auch als Mondlandschaft bezeichnet (Szczepański 1954, Rebitsch 1957, S. 161, Foto 1).

Dieser Beitrag liefert eine regionalgeographische Übersicht und ei-nen forschungsgeschichtlichen Abriss von der explorativen Phase zur heutigen Situation. Im Detail wird hier auf den Bereich der argenti-nisch-chilenischen Grenze eingegangen, der in west-östlicher Richtung entlang der Vulkankette zwischen den Massiven Incahuasi und Tres Cruzes verläuft. Im Weiteren werden mit der Bewässerungslandwirt-schaft und dem Bergbau die heute dominierenden Nutzungsformen und die damit verbundenen Veränderungen der Wasserverfügbarkeit in den tiefer und weiter westlich gelegenen Teilen der Atacama ange-sprochen.

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67Wissenschaftliche Artikel I Projektabschlussberichte

Die trockenste Hochgebirgsregion der Erde

Die Atacama ist in weiten Teilen durch hyperaride Bedingungen ge-kennzeichnet und ihr höchstgelegener Abschnitt, die Puna de Atacama, gilt als trockenster Hochgebirgsraum der Welt. Mit durchschnittlichen Jahresniederschlägen von 12 mm an der Station Copiapó – Chamonate (Dirección Meteorológica de Chile 1991) in einer Meereshöhe von rund 291 m befindet sich der südliche Wüstenabschnitt etwa 200 km entfernt vom Zentrum der andinen Trockendiagonale, die die Hauptkordillere bei 25° bis 27° südlicher Breite im Winkel von etwa 45° quert (Richter & Schmidt 2002, S. 48). Insgesamt reicht der aride und extrem strah-lungsreiche Andenabschnitt vom bolivianischen Altiplano im Norden bis zu den Vulkangruppen des Pissis (6882 m, 27°45‘ S, 68°48′ W) und des Bonete (6759 m, 28° 01‘ S, 68° 45′ W) im argentinischen Teil dieses Andensektors. In einem Nord-Süd-Profil zwischen dem Vulkan Guall-atiri (6060 m, 18° 25′ S, 69° 5′ W) im äußersten Norden von Chile und dem Cerro Ermitaño (6146 m, 26° 47′ S, 68° 36′ W) im nördlichen Be-reich des hier näher behandelten Gebiets (Abb. 1) wird die klimatische Schneegrenze auch von den höchsten Vulkanen nicht erreicht. In dieser „ariden Lücke“ (Richter 2001, S. 300) befindet sich mit dem Llullaillaco (6739 m, 24° 43′ S, 69° 56′ W) der höchste unvergletscherte Gipfel der Erde, auf dem lediglich Firnfelder ausgebildet sind (Veit 2000, S. 7, Schröder 2001, S. 311, Lazar 2006, S. 53).

Der an ausgeprägter Wasserarmut und dem weitgehenden Fehlen von Siedlungen erkennbare Wüstencharakter zeigt sich im West-Ost-Profil in einer Reliefsequenz von der pazifischen Küste mit der Hafen-stadt Caldera und dem Touristenort Bahía Inglesa zur Küstenkordillere mit dem Hauptort Copiapó. Nach Osten setzt sich das Profil über die Vorkordillere und das intraandine Hochbecken mit dem Salar de Ma-ricunga (3775 m) zur Anden-Hauptkordillere hin fort. In diesem Teil-einzugsgebiet des Río Copiapó befindet sich das Hochplateau mit der Laguna Verde (4345 m), über das die transandine Fernstraße (Carretera internacional) die Region Atacama auf chilenischer Seite mit der argen-tinischen Provinz Catamarca über den Paso de San Francisco (4747 m) verbindet (Abb. 1). Abseits dieses Verkehrskorridors ist das Gebiet zu beiden Seiten der argentinisch-chilenischen Grenze schwer zugänglich und nur über temporär befahrbare Pisten zu erreichen.

Enorme jahres- und tageszeitliche Temperaturamplituden, hohe Strahlungsintensitäten und Windgeschwindigkeiten kennzeichnen die klimatischen Bedingungen in der Puna de Atacama. In den Hochlagen fallen die geringen Niederschläge zu allen Jahreszeiten in Form von Schnee und Hagel, wobei das Maximum in den Wintermonaten auf-tritt. In den tieferen Lagen treten nach ausgedehnten Trockenphasen und üblicherweise im Abstand von mehreren Jahren wiederkehren-de Starkregenereignisse in den Sommermonaten auf. Diese führen zu Überschwemmungen mit Todesopfern, Zerstörungen landwirtschaft-licher Nutzflächen und urbaner Infrastruktur (Märker et al. 2012).

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Abb. 1: Das Gebiet des Ojos del Salado in der südlichen Puna de Atacama (Grundlagen: SRTM-Daten, Karte des Deutschen Alpenvereins; Kartographie: N. Harm)

105

[km]

0

68°50‘

68°50‘W

68°40‘

68°40‘

68°30‘ 68°20‘

68°30‘ 68°20‘

26°50‘26°50‘S

27°00‘27°00‘

27°10‘27°10‘

) (

Paso deSan Francisco

4747

) (

Portezuelo dePiedra Pomez

4575

5897

Mulas Muertas

6067

Vicuñas6488

El Muerto

6061

El Fraile

6621

Incahuasi

6018

San Francisco

6146

Ermitaño

6893

Ojosdel Salado

6120

Viento

5753

El Plateado6748

Tres Cruces Sur

6658

Cazadero(Walter Penck)

6205

Solo

6629

Tres Cruces Central

6030Tres Cruces Norte

6037

Barrancas Blancas60116119

5832

Cerro Laguna Verde6030

Peña Blanca

5886Pircas

de Indios

5865

Cerro dos Conos

6436Nacimiento

5805Pico Wheelwright

Co

rd

i l l er a

de l o s A n d e s

Carretera InternacionalRetén Laguna Verde

31

45

Refugio Tejos 5825

Refugio Universidad de Atacama(Jorge Rojas) 5200

Refugio Murray

Llano el Fraile

Valle de Barrancas Blancas

Valle de Almagro

Laguna VerdeTerma Estrella Verde

Coquimbo

Copiapó

San Miguelde Tucumán

PAZI

FISC

HER

OZEA

NARG

CHL

Tinogasta

Coquimbo

Copiapó

San Miguelde Tucumán

Tinogasta

PAZI

FISC

HER

OZEA

NARG

CHL

Abb. 2

105

[km]

0Biwakschachtel

) (

[m]

6000

5500

5000

4500

PassThermalquellePolizeistation

GipfelPistebefestigte StraßeStaatsgrenze

68 Forschung aktuell

Nennenswerte Extremereignisse traten etwa 1997 und 2001 auf sowie zuletzt im März 2015 mit 31 Toten und 16 Vermissten (ONEMI 2015). Letzteres wurde in den Medien als stärkstes Niederschlagsereignis seit Jahrzehnten gewertet (FAZ, 27.03.2015).

Gletscher, Eis und Schnee am Ojos del Salado

Die Region um den Ojos del Salado (6893 m, 27° 6′ S, 68° 32′ W) bildet den südlichen Teil der Puna de Atacama, einer oberhalb von 4300 m gelegenen Vulkanwüste mit einer großen Zahl isolierter Massive, die Gipfelhöhen über 6000 m aufweisen (Abb. 1). Auf diesem vulka-nischen Dach der Anden bleibt die Vergletscherung auf die höchsten Massive beschränkt. Nur der Ojos del Salado sowie die dreigipflige Tres Cruzes-Gruppe mit der höchsten Erhebung im Südgipfel (6748 m, 27° 3′ S, 68° 48′ W) weisen lokal bedeutende Hanggletscher in süd-

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Foto 2: Gletscher der Tres Cruzes-Gruppe. Aufnahme aus dem Krater des Ojos del Salado, 6790 m (Aufnahme: M. Nüsser, 17.12.2014)

69Wissenschaftliche Artikel I Projektabschlussberichte

lichen und östlichen Expositionen auf, die bis auf Höhen knapp unter 6000 m herunterreichen (Foto 2). Die winterlichen Schneefälle nehmen in diesem Andenabschnitt nach Süden hin merklich zu und dement-sprechend sinkt die Schneegrenzhöhe. In Abhängigkeit von der Expo-sition gegenüber den dominanten Winden aus südwestlicher Richtung und topographischer Gunst zur Bildung von Schneeakkumulationen weisen einzelne Kamm- und Hanglagen oberhalb von 5800 m peren-nierende Firnfelder und in höchsten Lagen auch vereiste Gipfelkrater auf (Foto 3), deren Abgrenzung zu Gletschern problematisch ist. In steilen Rinnen treten geringmächtige und scharf begrenzte Eisfelder auf (Foto 4). In der topographischen Karte des Deutschen Alpenvereins wird dementsprechend keine Unterscheidung zwischen Gletschern und permanenten Schneefeldern vorgenommen (Buchroithner 2006, S. 92). Auch die Festlegung der klimatischen Schneegrenze erweist sich für das Gebiet als schwierig, da zum Beispiel der nur etwa 25 km weiter östlich gelegene Incahuasi (6621 m, 27° 02′ S, 68° 18′ W) auch im Bereich des Gipfelkraters unvergletschert ist (Lazar 2006, S. 50). Das weitflä-chige Auftreten von Glatthängen und Frostschuttflächen sowie einzel-ne Blockgletscher kennzeichnen die periglazialen Bedingungen, wobei die Formungsprozesse aufgrund mangelnder Feuchtigkeit generell sehr langsam verlaufen (Schröder 2001, S. 321, Azócar & Brenning 2010, S. 45). Isolierte Schnee- und Eisflächen unterschiedlicher Größe sind infolge intensiver Sublimation durch Penitentes-Bildung gekenn-zeichnet (Foto 5).

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Foto 3: Vereister Gipfelkrater des Ojos del Salado mit den Vulkanen Vicuñas und Barrancas Blancas im zentralen Hintergrund. Aufnahme aus 6850 m (Aufnahme: M. Nüsser, 17.12.2014)

Foto 4: Geringmächtige Eisauflagen auf der Nordseite des Ojos del Salado. Aufnahme von 6530 m (Aufnahme: M. Nüsser, 17.12.2014)

70 Forschung aktuell

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Foto 5: Kleines Penitentes-Feld auf der Nordseite des Ojos del Salado. Zur Gewinnung von Trinkwasser werden die Penitentes geschlagen und geschmolzen. (Aufnahme: M. Nüsser, 5.12.2014)

71Wissenschaftliche Artikel I Projektabschlussberichte

Erforschungs- und Besteigungsgeschichte am Ojos del Salado

Trotz seiner topographischen Dominanz fand der Ojos del Salado über lange Zeiträume keine Beachtung, obwohl bereits die spanischen Con-quistadores bei der Eroberung Chiles nördlich an dem prägnanten Massiv vorbei kamen (Carter 1957, S. 75). Auch bei der Planung einer transandinen Eisenbahntrasse über den Paso San Francisco durch den Geschäftsmann William Wheelwright, mit der er die bereits zwischen 1849 und 1854 fertiggestellten Abschnitte von den Minengebieten bei Copiapó zum Hafenort Caldera nach Osten weiterführen wollte, wird der Ojos del Salado weder erwähnt, noch in der zugehörigen Karte verzeichnet (Wheelwright 1861, S. 158). In den Aufzeichnungen der argentinisch-chilenischen Grenzkommission, die die topographische Situation in den Jahren 1896, 1897 und 1903 aufnahm, findet sich ein Karteneintrag ‚Ojos del Salado‘, der sich aber auf einen viel niedrigeren Gipfel bezieht. Allerdings wird ein in weiter Entfernung aufragendes Massiv mit der Bezeichnung ‘e‘ markiert, für das von unterschied-lichen Standorten aus Höhen zwischen 6878,3 m und 6885,8 m gemes-sen wurden (Carter 1957, S. 75). Auch der deutsche Geomorphologe Walther Penck, der die geologischen und topographischen Verhält-nisse in der Puna de Atacama im Auftrag der argentinischen Regierung zwischen 1912 und 1914 aufnahm und während dieser Zeit die Gipfel des San Francisco (6018 m) und Incahuasi (6621 m) bestieg, erwähnt

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das höchste Massiv nicht. In seiner Habilitationsschrift publiziert er allerdings ein vom San Francisco aus aufgenommenes Foto, welches den Ojos des Salado in einer Entfernung von etwa 35 km im rechten Bildhintergrund zeigt. In der Bildunterschrift bezeichnet Penck den zentral sichtbaren Incahuasi als Nevado Ojo de las Losas und die Berge im rechten Hintergrund undifferenziert als „ältere Nevados“ (Penck 1920, Tafel 1, Abb. 2). Auch im 10 Jahre nach seinem Tod von seinem Vater Albrecht Penck editierten Reisebericht finden sich neben Land-schaftsbeschreibungen mehrere Fotos des Incahuasi (hier korrekt be-nannt), San Francisco und der Tres Cruzes-Gruppe, wobei ein Panora-ma das Massiv des Ojos del Salado in großer Entfernung zeigt (Penck 1933, gegenüber S. 153). Seine Existenz wird lediglich in einem Profil im Frontispiz durch einen namenlosen Gipfel zwischen Incahuasi und Tres Cruzes angedeutet.

Erst mit der zweiten polnischen Andenexpedition zwischen Dezem-ber 1936 und Februar 1937 wurde der Kenntnisstand über die topogra-phischen Verhältnisse in der Region des Ojos del Salado grundlegend verbessert und erstmals in einer verlässlichen Kartenskizze dargestellt (Paryski 1957, Beilage). Von Tinogasta auf der argentinischen Seite der Hauptkordillere kommend, gelang der vierköpfigen polnischen Berg-steigergruppe (Justin Wojsznis, Stefan Osiecki, Witold Paryski, Jan Szczepański) die Besteigung von elf Sechstausendern, darunter acht Erstbesteigungen von Gipfeln oberhalb von 6300 m (Wojsznis 1956a, S. 107). Die Besteigung des Ojos del Salado führten Jan Szczepański und Justin Wojsznis aus südwestlicher Richtung am 26. Februar 1937 durch. Neben den andinistischen Pionierleistungen widmete sich die Expedi-tion auch einer Reihe wissenschaftlicher Arbeiten zu unterschiedlichen Themen. Hierzu zählen klimatische und glaziologische Erhebungen mit detaillierten Informationen zu Gletscherspalten und -schuttbedeckung sowie zur Schneeverteilung und Penitentes-Bildung (Paryski 1956a, S. 130), Ausführungen zur Vegetation, vor allem im Zusammenhang mit Futtermangel für die Transporttiere und Problemen der Brennstoff-versorgung (Paryski 1956b, S. 139) sowie Hinweise auf Zeugnisse prä-hispanischer Kulturen auf Hochgipfeln entlang der alten Passrouten (Wojsznis 1956b, S. 161-165). Die Publikation des Expeditionsberichts und der wissenschaftlichen Ergebnisse sollten in einem Sonderband der polnischen Bergsteigerzeitschrift ‚Taternik‘ im Jahr 1939 erscheinen, wobei die bereits fertig gestellten Druckplatten im zweiten Weltkrieg verloren gingen. Auch die ein Gebiet von etwa 3000 km² abdeckende Kartenskizze des Ojos del Salado ging verloren (Paryski 1956c, S. 152). Erst in den 1950er Jahren konnte der Sonderband auf Grundlage noch vorhandener Druckfahnen ohne detaillierte Kartenskizze, dafür aber mit einer Aktualisierung des Forschungsstands hinsichtlich der Gipfel-höhen (Paryski 1956c, S. 153-157) publiziert werden. Dieser in der jün-geren Literatur nur wenig beachtete Taternik-Band wird durch die po-pulärwissenschaftlichen Expeditionsbeschreibungen von Szczepański (1954) und Paryski (1957) ergänzt, in denen weitere Fotos des Ojos del Salado enthalten sind.

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Foto 6: Vergletscherte Ostflanke des Ojos del Salado (Aufnahme: Mathias Rebitsch, Aufnahme vom Anstieg, Januar/Februar 1956)

73Wissenschaftliche Artikel I Projektabschlussberichte

Zwischen 1949 und 1955 wurden eine chilenische und fünf argenti-nische Expeditionen in das Gebiet durchgeführt, denen keine Gipfeler-folge am Ojos del Salado, wohl aber an umgebenden Vulkanmassiven gelangen. Dabei erregte die argentinische Tucumán-Expedition des Jah-res 1955 internationale Aufmerksamkeit, deren Teilnehmer einen Gip-fel südlich des Ojos del Salado bestiegen, und es für möglich hielten, dass es sich um die höchste Erhebung der Anden handelt (Carter 1957, S. 76–77). In einem Pressebericht wurde die hypothetische Möglichkeit als Tatsache interpretiert und eine Gipfelhöhe von 7100 m angegeben, wodurch der Ojos del Salado noch vor dem damals ebenfalls als Sie-bentausender geltenden Aconcagua (heute akzeptiert: 6962 m) zur höchsten Erhebung der südlichen und westlichen Hemisphäre erklärt wurde. Diese Pressemeldung und die damit verbundene Unklarheit über die topographischen Verhältnisse führten dazu, dass im Sommer 1955/56 gleich mehrere Expeditionen in das Gebiet aufbrachen.

Im Rahmen einer österreichisch-schwedischen Expedition mit argen-tinischer Beteiligung (Bolinder 1967) gelang dem bekannten Bergstei-ger Mathias Rebitsch am 2. Februar 1956 die zweite Besteigung des Ojos del Salado in einem siebenstündigen Alleingang, nachdem sein argen-tinischer Begleiter Sergio Domicelj wegen Erfrierungen bei 6400 m zu-rückbleiben musste. Mit zwei Lagern in 5600 m und 6200 m erfolgte der Anstieg über die Ostflanke (Rebitsch 1959, S. 92, vgl. Foto 6). An dem von den polnischen Erstbesteigern errichteten Steinmann ermittelte er eine Gipfelhöhe von 6870 m, erwähnte aber auch einen weiter westlich

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Abb. 2 (rechte Seite): Satellitenbild der Umgebung des Ojos del Salado (Spot 6-Szene vom 12.11.2014; Bearbeitung: S. Schmidt, N. Harm)

Das Gebiet des Ojos del Salado ist durch eine komplexe Topographie gekennzeichnet. Die meisten und größten Gletscher befinden sich südlich des Hauptgipfels.

74 Forschung aktuell

gelegenen, durch eine tiefe Scharte von seinem Standort getrennten zweiten Gipfel auf dem Kraterrand (Rebitsch 1957, S. 162; 1959, S. 93–94). Abgesehen von der bergsteigerischen Exploration führte Rebitsch im Verlauf der Expedition auch archäologische Grabungen durch. In den folgenden Jahren gelangen ihm auf weiteren Expeditionen spek-takuläre Funde aus der Inka-Zivilisation auf mehreren Vulkanen der Puna de Atacama (Höfler 2010, S. 222–231).

Der von Rebitsch beschriebene westlich gelegene und etwa gleich hohe Gipfel wurde nur wenige Tage später von einer Expedition des chilenischen Militärs und Andenvereins unter Leitung von René Ga-jardo bestiegen. Im Rahmen dieser insgesamt 26-köpfigen Expeditions-gruppe, die keine Kenntnis von der Besteigung durch Rebitsch hatte, erreichten fünf Bergsteiger den Gipfel am 5. Februar und eine zweite vierköpfige Gruppe den Steinmann auf dem anderen Gipfel am 6. Fe-bruar 1956. Auf Basis barometrischer Messungen stellten sie eine Höhe von 7084 m fest (Gajardo 1957, S. 90). Eine Klärung der tatsächlichen Höhe des Massivs erbrachte schließlich die Expedition des American Alpine Club im Juli und August 1956, deren Teilnehmer während des südhemisphärischen Winters eine trigonometrische Vermessung vor-nahmen und eine Gipfelhöhe von 6885 m ermittelten. Auch wenn die-se Vermessung Klarheit hinsichtlich der Gipfelhöhe erbrachte, bleibt die topographische Situation mit einer Reihe von Kratern, Gletschern, Lavaströmen, Blockgletschern und Sandakkumulationen komplex und wenig erforscht (Abb. 2).

Aufgrund der großen Zahl technisch einfach zu besteigender Sechs-tausender entwickelte sich in den letzten Jahren allmählich ein interna-tionaler Expeditionstourismus im Gebiet des Ojos del Salado, der seit den 1990er Jahren vor allem von kommerziellen Anbietern organisiert wird. Allerdings erreicht der Bergtourismus hier nicht annähernd eine Größenordnung, wie sie am rund 630 km weiter südlich gelegenen Aconcagua vorzufinden ist (Nüsser 2013, S. 45). Bis heute zieht es nur einige hundert Bergsteiger in das Gebiet. Expeditionen finden sowohl von der argentinischen, als auch von der chilenischen Seite statt, wobei die meisten Gruppen aufgrund der besseren logistischen Ausstattung mit Biwakschachteln von der chilenischen Seite her aufsteigen (Abb. 2, Foto 7). Versorgungsmöglichkeiten sind allerdings auch hier nur in Co-piapó gegeben. Durch Nutzung der Unterkunft im fast 600 km² großen und 1994 eingerichteten Tres Cruzes-Nationalparks, der westlich an das Gebiet des Ojos del Salado grenzt und den Salar de Maricunga so-wie die Laguna Santa Rosa einbezieht, werden Anreise und Akklima-tisation begünstigt.

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27°08‘

27°06‘

27°04‘

27°08‘

27°06‘

68°34‘ 68°32‘

68°34‘W 68°32‘

27°04‘S

6893Ojos del Salado

Refugio Tejos 5825

Refugio Universidad de Atacama(Jorge Rojas) 5200

BesteigungsroutePiste

Quelle:

BiwakschachtelGipfel

SPOT 6 - Daten,12. Nov. 2014

[m]

10005000

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Foto 7: Refugio Universidad de Atacama in einem Container bei 5200 m (Aufnahme: M. Nüsser, 12.12.2014)

76 Forschung aktuell

Exportorientierte Landwirtschaft und Bergbau im Einzugsgebiet des Río Copiapó

Während sich die Forschungsaktivitäten in der Puna de Atacama vor-nehmlich auf klimatische, glaziologische und archäologische Aspekte konzentrieren, bilden Probleme mangelnder Wasserverfügbarkeit und damit verbundene Ressourcennutzungskonflikte aktuelle Themen der Mensch-Umwelt-Forschung in der hyperariden Atacama. Die Wasser-speicher in den Hochlagen der Kordillere bilden die Grundlage für das Einzugsgebiet des Río Copiapó und seiner Tributäre in der III. Regi-on (Atacama) Chiles. Teile dieses Einzugsgebiets werden durchquert, um den Ojos del Salado und den Nationalpark Tres Cruces von chi-lenischer Seite aus zu erreichen. Hier ist die wirtschaftliche Nutzung von Bewässerungslandwirtschaft und Bergbau geprägt. Der Schwer-punkt dieser Aktivitäten befindet sich um die Stadt Copiapó, die in den vergangenen Jahrzehnten durch schnelles Wachstum geprägt ist und derzeit eine Größe von knapp 130 000 Einwohnern aufweist (INE 2002) sowie die nahe gelegene Kleinstadt Tierra Amarilla (CONAMA/DGA 2009).

Die Bewässerungslandwirtschaft weist eine längere Tradition auf. So wurde bereits zwischen 1929 und 1939 der etwa 90 km oberhalb der Stadt Copiapó gelegene Stausee Lautaro als Wasserspeicher gebaut. Eine starke landwirtschaftliche Expansion, gefördert durch die neolibe-rale Politik des Landes, ist wie in anderen Regionen im Norden Chiles

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vor allem seit den 1990er Jahren zu beobachten. Heute werden in der Provinz Copiapó auf einer bewässerten Nutzfläche von knapp 11 000 Hektar (CONAMA/DGA 2009, S. 36; INE 2007) Weintrauben (insbe-sondere Tafeltrauben, daneben Pisco-Trauben), vorwiegend für den Export, neben Oliven und Gemüse angebaut.

Der wirtschaftlich bedeutsamste Zweig ist jedoch der Bergbau mit wichtigen Lagerstätten von Kupfer, Eisen, Gold und Silber. Bereits in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts führte der Abbau von Silber zu einem ersten urbanen Wachstum von Copiapó und zum oben genann-ten Ausbau der Eisenbahn (Weelwright 1861). Heute ist die gesamte Atacama-Region ein ausgedehntes und global bedeutendes Bergbauge-biet, das durch zunehmende Investitionen in diesen Wirtschaftssektor gekennzeichnet ist (Romero et al. 2012). Internationale Aufmerksam-keit in den Medien erlangte die Region durch das Grubenunglück von San José im Jahr 2010, bei dem 33 Bergarbeiter mehrere Wochen unter Tage eingeschlossen waren. Von besonderem Interesse für weitere Ex-pansionsbestrebungen im Bergbau ist derzeit das obere Einzugsgebiet des Río Copiapó, vor allem wegen der dort vorhandenen Wasserres-sourcen (Romero et al. 2012, S. 75).

Umweltprobleme und Nutzungskonflikte

Aufgrund des Ausbaus der ökonomischen Aktivitäten in Landwirt-schaft und Bergbau wurde seit den 1980er Jahren der Druck auf die knappe Ressource Wasser derart erhöht, dass es zu einer deutlichen Verschärfung von Nutzungskonflikten kommt. Die Probleme bestehen neben massiver Übernutzung der Aquifere, der über den Río Copiapó und seine Tributäre (Foto 8) sowie über Grundwasserbohrungen ge-deckt wird, vor allem auch in der Kontamination der Wasserressour-cen. In Chile wird die Wassernutzung über den unter der Militärdikta-tur im Jahr 1981 verabschiedeten und bis heute gültigen Wasserkodex (Código del Agua) geregelt. Diese Neugestaltung der Wassernutzung im Zuge ökonomischer Liberalisierung dient dem forcierten Ausbau von Landwirtschaft und Bergbau sowie der Ausweitung der Hydro-energiegewinnung. Dem liegt die Idee zugrunde, dass die Privatisie-rung das Wassermanagement verbessern würde (Bauer 1998, Budds 2009, 2013). Die Gesetzgebung sieht eine vollständige Privatisierung der Wasserrechte bei gleichzeitiger Entkopplung von Wasserrechten und Bodenbesitz vor. Solche Wassernutzungsrechte – unterteilt in Oberflächen- und Grundwasser – werden kostenfrei von der Dirección General de Aguas (DGA) erteilt, sofern keine Restriktionen für das Ein-zugsgebiet vorliegen und kein Einspruch durch Dritte erfolgt. Einmal erhaltene Wasserrechte sind handel- und vererbbar. Hierdurch gelingt es vor allem einflussreichen Akteuren aus den expandierenden Wirt-schaftszweigen Wasserrechte anzuhäufen, sich einen kostengünstigen Wasserzugang zu erhalten und ihre Aktivitäten auszudehnen (Budds 2013). Mittlerweile sind mehr Wasserrechte von der DGA vergeben

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Foto 8: Wasserentnahme durch Minenarbeiter mit Tanklastwagen am Rio Lamas. Die Entnahmestelle liegt unmittelbar an der Ostgrenze des Nationalparks Tres Cruzes bei 4330 m (Aufnahme: M. Nüsser, 9.12.2014)

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worden, als die Neubildungsraten der Aquifere ermöglichen (Godoy 2010, S. 159). Die Aufgaben der staatlichen Behörde sind im Zuge der oben genannten Reform im Wesentlichen auf die Administration der Wasserrechte sowie die Erfassung hydrologischer Daten reduziert wor-den. Von Seiten der Nichtregierungsorganisationen wird beanstandet, dass die Vergabe von Wasserrechten ohne ausreichende hydrologische Daten über das Einzugsgebiet und die Neubildungsraten erfolgt. Der Konflikt verschärft sich durch den Verkauf von Wasserrechten aus dem landwirtschaftlichen Sektor an Bergbaukonzerne (Godoy 2010, S. 169). Während längerer Dürreperioden erreicht der Fluss nicht mehr den Pazifik. Die Wasserknappheit hat auch Auswirkungen auf die urbane Trinkwasserversorgung, die sich aufgrund von Bevölkerungswachs-tum und Expansion der Minenbetriebe zunehmend kritisch darstellt. So sind in Copiapó steigende Wasserpreise zu beobachten ebenso wie das Trockenfallen von Brunnen des städtischen Wasseranbieters Aguas Chañar (Banchik 2014).

Chile ist mittlerweile der wichtigste Kupferproduzent und einer der größten Goldproduzenten der Welt (Brenning 2008, Borsdorf & Sta-del 2013). Die Extraktion mineralischer Ressourcen ist generell mit einem enormen Wasserverbrauch verbunden. Kritisch zu bewerten ist auch das Vordringen der Minenbetreiber in die Anden-Hauptkor-dillere und die dortige Einrichtung von Abbaugebieten mit Zerstörung

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von Blockgletschern, die wichtige Wasserspeicher bilden (Brenning 2008). Das aufgrund von Widerstandsbewegungen und medialem Inte-resse prominenteste Beispiel ist die Goldmine Pascua Lama im südlich angrenzenden Huasco-Tal, wo Gletscher zum Teil durch Bulldozer und Sprengungen zerstört worden sind (Taillant 2015, S. 11–18).

Nicht nur die übermäßige Wasserentnahme, sondern auch die Ver-schlechterung der Wasserqualität wird im Zuge der Ausweitung der Minenaktivitäten zunehmend öffentlich diskutiert. Eine Gefahr der Verschmutzung der Wasserkörper besteht vor allem durch Deponie-becken mit hochgiftigen Schlammabfällen, z. B. durch das Überlaufen von Abwasserbecken bei extremen Niederschlagsereignissen. Neben den Auswirkungen auf die Wasserressourcen sind die negativen Aus-wirkungen auf Böden und Luftqualität, der hohe Energiebedarf, vor allem wegen Verkleinerung der Erze, Wasserzufuhr und -aufbereitung, wichtige Umweltaspekte (Borsdorf & Stadel 2013).

Fazit

Trotz einer Reihe von Erkundungsunternehmungen konnten Unklar-heiten hinsichtlich der topographischen Situation in den Hochlagen der Puna de Atacama über einen erstaunlich langen Zeitraum nicht ausgeräumt werden. Die Gründe dafür lagen vorwiegend in expedi-tionslogistischen Problemen und dadurch bedingt in der schwierigen Erreichbarkeit dieses extrem trockenen Hochgebirgsraums. Im Zuge der Ausweitung von Bergbau und Bewässerungslandwirtschaft setzen in den letzten Jahren allerdings rapide Veränderungen ein, aus denen in erster Linie ein zunehmender Wassermangel und eine Verschlechte-rung der Wasserqualität resultieren. Der regionale Überblick zeigt den erheblichen Forschungsbedarf in verschiedenen Bereichen, die von der Wasserverfügbarkeit in unterschiedlichen Speichern des glazialen und periglazialen Bereichs, bis zu den aktuellen Entwicklungsprozessen im Kontext einer extraktiven und nicht nachhaltigen Wassernutzung rei-chen. Die aufgezeigte sozialökologische Problemkonstellation ist nicht nur für den betrachteten Andenabschnitt, sondern für weite Gebiete im Norden Chiles charakteristisch.

Danksagung

Für die Übersetzung umfangreicher polnischsprachiger Originalquel-len gebührt Joanna Cichecka (Heidelberg) großer Dank. Benjamin Kraus (Heidelberg) übernahm dankenswerterweise die Bearbeitung der SRTM-Daten, die als Grundlage der Übersichtskarte diente. Nils Harm (Heidelberg) führte die kartographische Bearbeitung der Abbil-dungen durch.

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AutorInnen

Prof. Dr. Marcus NüsserAbteilung Geographie, Südasien-Institut, Universität [email protected]

Dr. Juliane DameHeidelberg Center for the Environment/Abteilung Geographie, Südasien-Institut, Universität [email protected]