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Der Teufelstein, ein archäoastronomisches Denkmal der Steiermark Sepp Rothwangl Deutsche Übersetzung des Beitrages der der SEAC Konferenz 2010 in Gilching, erscheint in Astronomy and Power. How the Worlds are Structured. British Archaeological Reports (BAR International). Abstrakt: Der legendäre Teufelstein ist ein auffälliger Felsblock in den Fischbacher Alpen in Steiermark/Österreich. Er ist ein Beispiel für eine mehrfache Übereinstimmung von uralter Zeitrechnung mit Hilfe einer signifikanten Ausrichtung einer Felsformation mit Mythen, Landvermessung, Felszeichnungen und lokaler Tradition. Ein interdiszipläres Symposium bestätigte die astronomische Ausrichtung der großen planen Wand des Teufelsteins. Die Wand könnte als Anzeiger für den Sonnenuntergang zur Sommersonnwende, oder den Sonnenaufgang zur Wintersonnwende gedient haben, was in Übereinstimmung mit der Teufelsteinsage ist. Sie erzählt von Luzifer, der zur Christnacht einen Turm zum Himmel bauen wollte. Zusammen mit einigen alten christliche Kirchen und anderen alten Monumenten formt der Teufelstein eine geometrische Struktur von pythagoreischen Dreiecken, die nicht zufallsbedingt sind, was mehrere Statistiker als Ursache für diese Gestaltung bestätigen. Bei einer jüngsten Untersuchung von Felszeichnungen am Plateau wurde auch dort dasselbe Design in Form von pythagoreischen Dreiecken entdeckt. Es zeigt eine Parallele zur Funktion als Sonnenwendenanzeiger aber auch auffällige Ähnlichkeit zur geographischen Anordnung der Kirchen um den Teufelstein. Schlüsselwörter: Archäoastronomie, Landvermessung, Geodäsie, Landschaftsastronomie, Mythen, Felszeichnungen, pythagoreische Dreiecke, globale Lagebestimmung. 1. Die Eigenschaften und Ausrichtung des Teufelsteins Zwei Wände des Teufelsteins erscheinen als nicht natürlich gebrochen, sondern in einer Weise bearbeitet, um eine plane Oberfläche zu gestalten. Zwei geologische Gutachten widersprechen einander, ob die Wände menschlich bearbeitet (Haditsch 1978 und 1998) oder natürlichen Ursprungs sind (Hermann 2000). Das Azimut der großen planen Wand weist annähernd exakt zur Achse der Sonnenwenden beim Aufgang im Winter und Untergang im Sommer, aber am perfektesten zur großen Mondwende (Rothwangl 2009). Frühere Behauptungen, die dem Teufelstein keine astronomische Signifikanz zusprechen (Haupt 1990) konnten widerlegt und aufgeklärt werden (Maitzen, Schlosser 2000, Rothwangl 2002). Teufelstein: Seehöhe 1498 m, Koordinaten: y -53.715.0 / x + 5.258.755.0 oder 47°27' N / 15°37,5' O.

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Page 1: Der Teufelstein, ein archäoastronomisches Denkmal der ... · Schiefe der Ekliptik und ist ein entscheidender und markanter Breitengrad auf der Erde, ähnlich dem Äquator (0°),

Der Teufelstein, ein archäoastronomisches Denkmal der Steiermark Sepp Rothwangl Deutsche Übersetzung des Beitrages der der SEAC Konferenz 2010 in Gilching, erscheint in Astronomy and Power. How the Worlds are Structured. British Archaeological Reports (BAR International). Abstrakt: Der legendäre Teufelstein ist ein auffälliger Felsblock in den Fischbacher Alpen in Steiermark/Österreich. Er ist ein Beispiel für eine mehrfache Übereinstimmung von uralter Zeitrechnung mit Hilfe einer signifikanten Ausrichtung einer Felsformation mit Mythen, Landvermessung, Felszeichnungen und lokaler Tradition. Ein interdiszipläres Symposium bestätigte die astronomische Ausrichtung der großen planen Wand des Teufelsteins. Die Wand könnte als Anzeiger für den Sonnenuntergang zur Sommersonnwende, oder den Sonnenaufgang zur Wintersonnwende gedient haben, was in Übereinstimmung mit der Teufelsteinsage ist. Sie erzählt von Luzifer, der zur Christnacht einen Turm zum Himmel bauen wollte. Zusammen mit einigen alten christliche Kirchen und anderen alten Monumenten formt der Teufelstein eine geometrische Struktur von pythagoreischen Dreiecken, die nicht zufallsbedingt sind, was mehrere Statistiker als Ursache für diese Gestaltung bestätigen. Bei einer jüngsten Untersuchung von Felszeichnungen am Plateau wurde auch dort dasselbe Design in Form von pythagoreischen Dreiecken entdeckt. Es zeigt eine Parallele zur Funktion als Sonnenwendenanzeiger aber auch auffällige Ähnlichkeit zur geographischen Anordnung der Kirchen um den Teufelstein. Schlüsselwörter: Archäoastronomie, Landvermessung, Geodäsie, Landschaftsastronomie, Mythen, Felszeichnungen, pythagoreische Dreiecke, globale Lagebestimmung. 1. Die Eigenschaften und Ausrichtung des Teufelsteins Zwei Wände des Teufelsteins erscheinen als nicht natürlich gebrochen, sondern in einer Weise bearbeitet, um eine plane Oberfläche zu gestalten. Zwei geologische Gutachten widersprechen einander, ob die Wände menschlich bearbeitet (Haditsch 1978 und 1998) oder natürlichen Ursprungs sind (Hermann 2000). Das Azimut der großen planen Wand weist annähernd exakt zur Achse der Sonnenwenden beim Aufgang im Winter und Untergang im Sommer, aber am perfektesten zur großen Mondwende (Rothwangl 2009). Frühere Behauptungen, die dem Teufelstein keine astronomische Signifikanz zusprechen (Haupt 1990) konnten widerlegt und aufgeklärt werden (Maitzen, Schlosser 2000, Rothwangl 2002). Teufelstein: Seehöhe 1498 m, Koordinaten: y -53.715.0 / x + 5.258.755.0 oder 47°27' N / 15°37,5' O.

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Bild 1: Sonnenaufgang zur Wintersonnwende (links) Bild 2: Untergang des Vollmondes zur Wintersonnwende (rechts)

Bild 3: Azimut der planen Wände des Teufelsteins

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2. Die Sage des Teufelstein Das Himmelsereignis zur Wintersonnwende ist in vollkommener Übereinstimmung mit der astronomische Interpretation der Teufelsteinsage: Nach dem Paradies zur heiligen Christnacht wollte Luzifer der Teufel einen Turm bauen, der bis zum Himmel reichte ... aber er versagte und das Relikt seines Versuchs ist der Teufelstein. Der steirische Dichter Peter Rosegger (1853 – 1918) nannte diesen Fels „Himmelsleiter“(Rosegger 1902). 3. Vorzeitliche Landvermessung bzw. Positionsbestimmung Der Teufelstein formt zusammen mit den Standorten alter Kirchen und alten Monumenten eine Struktur in Form von ganzzahligen pythagoreischen Dreiecken (3:4:5), die nicht zufällig so arrangiert erscheinen. Dem Kindberger Rechtsanwalt Dr. Hubert Stolla verdanken wir die Entdeckung einer geometrischer Struktur in der Anordnung von Kirchen um den Teufelstein. Mehrere Statistiker ermitteln, dass Zufälligkeit als Ursache für dieses Design nach menschlichem Ermessen ausgeschlossen ist. Die Zufallswahrscheinlichkeit dieses Phänomens ist extrem klein: p < 0,00015% (Bischoff, Gölles, Werneke 2000). Es gibt in der christlichen Tradition keine Hinweise auf eine räumliche Planung der Kirchenstandorte in dieser Weise, aber es ist Faktum, dass Kirchen oft an früheren Kultplätzen oder vorchristlichen Monumenten errichtet wurden. Es liegt daher die Schlussfolgerung nahe, dass das geometrische Muster entstanden ist und erhalten blieb, weil diese Kirchen die Standorte früherer Kultplätze übernommen haben. Im Falle des Teufelsteins selbst wurde der Standort wahrscheinlich dämonisiert, weil die Menschen dort heidnische Feiern weiter pflegten. Dass ein Design der Standorte dieser Art nicht einmalig ist, zeigt die Ähnlichkeit solcher Anordnungen in anderen Regionen. (Sahlqvist 2005, Ammann 2002, Büchi 2002). Im Speziellen ist aber das geometrische Deltoid (Drachen) um den Teufelstein auffällig, denn seine Achse, die er mit den Orten der Monumente bildet, ist um 23,5° von Nord nach Ost geneigt; dies ist die selbe Achsneigung wie sie die Erdachse zu jener der Ekliptik aufweist.

Bild 4: Die Kirchen um den Teufelstein, angeordnet in einer geometrischen Struktur aus pythagoreischen Dreiecken.

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Neben dem geodätischen Arrangement der Kirchen der Umgebung ist auch die globale Lage des Teufelsteins betrachtenswert, denn er liegt auf derselben geographischen Breite wie z.B. die Steinreihen von Carnac/Bretane. Die nördliche Breite von 47° entspricht dem doppelten der Schiefe der Ekliptik und ist ein entscheidender und markanter Breitengrad auf der Erde, ähnlich dem Äquator (0°), dem Wendekreis des Krebses (23,5°) oder dem 30. Breitegrad von Gizeh und Persepolis. (Schlosser 1996). Südlich vom 47° nördlicher Breite ist der gesamte nördlichste Präzessionskreis, d.h. alle Polarsterne, welche diese Funktion im Zeitraum von 26 Jahrtausenden innehaben, nicht beobachtbar. Daher kann z.B. Vega derzeit südlich des 47. Breitegrades am Horizont untergehen und am Teufelstein kann man derzeit kurz sogar den Stern Canopus des Südhimmels beobachten. 4 Felszeichnungen Meine jüngsten Entdeckungen an Petroglyphen am Plateau des Teufelstein zeigen ebenfalls ein pythagoreisches Dreiecksdesign. Diese Felszeichnung bildet in Form einer Sanduhr sehr genau Dreiecke mit den Seitenlängen 40 mm, 53 mm, and 67 mm (+/- 0.3 mm) ab, was das ganzzahlige Proportion 3:4:5 ergibt. Leider war es bisher nicht möglich das Alter der Felsritzung zu bestimmen.

Bild 6: Felszeichnung am Plateau des Teufelsteins 5. Vergleich der Felszeichnung mit drachenförmig angeordneten Monumenten, der Ausrichtung der Großen Wand des Teufelstein und den Sonnen und Mondwenden. Wenn wir die Felszeichnung vom Plateau des Teufelsteins mit anderen umgebenden Phänomenen vergleichen ergeben sich erstaunliche Übereinstimmungen:

• Die „sanduhrförmige“ Felsritzung (rot in der Graphik, Bild 7) entspricht annähernd den Solstitien und Äquinoktien und daher auch der Großen Wand am Teufelstein

• Die Felsritzung weist auch augenfällige Ähnlichkeit zur Struktur der Kirchen und Monumente rund um den Teufelstein auf. Eine Achse der „Sanduhr“ korrespondiert eng mit der Strecke T - S (Teufelstein – Kirche St. Johann Strallegg) der drachenförmig angeordneten Kirchen (Siehe Bild 8)

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Bild 8: Graphik mit Übereinanderlegung Petroglyph von Azimuten

Bild 9: Vergleich von Azimuth mit Deltoid, Petroglyph und großer Wand 6. Tradition und Brauchtum Es gibt starke Hinweise, dass der Teufelstein seit vielen Jahren für feierliche Versammlungen gedient hat. Der steirische Dichter Peter Rosegger berichtete, dass zumindest bis zum Jahr 1890 am St. Laurentiustag, dem 10. August, alljährlich beim so genannten „Teufelsteinkirtag“ eine Messe gefeiert wurde. Dieser Tag markierte das Ende des alten traditionellen Bauernsommers, der am 4. Mai genau 7 Wochen davor begann. Genau in der Mitte davon, also 7 Wochen entfernt von beiden Terminen liegt die Sommersonnwende. Eine Landkarte von 1792 zeigt die

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„Teufelswand“ bei Fischbach bestätigt die Funktion dieses Felsens als signifikanten Ort schon in früheren Zeiten.

Bild 9: Landkarte der Steiermark von 1792 mit Teufelswand Auch heute noch erinnern sich die Menschen an diesen Ort und am Morgen der Wintersonnwende und es versammeln sich dort jedes Jahr 500 und mehr Menschen und beobachten den Sonnenaufgang.

Bild 10: Die Zusammenkunft zur Beobachtung des Sonnenaufgangs zur Wintersonnwende.

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7. Schlussfolgerung Die Funktion der großen Wand findet sich in der Teufelsteinsage wieder. Das geodätische Design der Lage des Teufelsteins zusammen mit anderen Monumenten sieht aus wie eine Sichtbarwerdung von astronomischen und geographischen Fakten. Die Felszeichnung am Plateau des Teufelsteins könnte als eine symbolische Anleitung gedient haben, indem es die kardinalen Positionen der Sonnenauf- und Untergänge markiert, ähnlich den so genannten goldenen Horizontbögen der Himmelsscheibe von Nebra, welche die Winkel der Auf- und Untergänge zu den Solstitien anzeigen. Referenzen Ammann K.: Spuren früher Vermessung und Raumordnung in der Region Basel und im Alpengebiet. Geomatik Schweiz. Geoinformation und Landmanagement. VPK. 7/2002 Bischoff, Günther: Mathematisches Modell zur statistischen Analyse der Hypothese: „Sind die geometrischen Muster, die Kultstätten in der Steiermark bilden, zufallsbedingt? “Joanneum Research: TEUFELSTEIN REPORT. Internationales interdisziplinäres wissenschaftliches Symposion: "Der Teufelstein, eine vorgeschichtliche Landmarke mit astronomischer Bedeutung? Gibt es steinzeitliche Landvermessung und alte Sternkunde im Joglland?". Joanneum Research, Institut für Angewandt Statistik und Systemanalyse (erschienen auch in Forschungen zur geschichtlichen Landeskunde der Steiermark der Historischen Landeskommission für Steiermark). Graz 2000. Büchi, Ulrich und Greti: Die Megalithe der Surselva Graubünden, Die Menhire auf Planezzas. Falera, Bd.VIII, 3. erw. Auflage, 2002 Gölles, Josef und Klaus-D. Wernecke: Diskussion des Modells und der Ergebnisse der statistischen Analyse von G. Bischoff. Joanneum Research: TEUFELSTEIN REPORT. Graz 2000 Haditsch, G.J: Ein Beitrag geowissenschaftlicher Methoden, speziell der tektonischen Gefügekunde, zum Nachweis einer vor- oder frühgeschichtlichen Gesteinsbearbeitung. Manus-Bibl., XXII (D.Korell-Festschrift, III, 957-981. 1987. Haditsch, G.J.: Fischbacher Teufelstein und die siebensteinige Anlage in Alt-Hadersdorf (Kindberg, Steiermark). Beispiele für die Anwendung der Gefügekunde in der Archäometrie. Mitt. Ref. Geol. und Paläont. Landesmuseum Joanneum, SH 2, Graz. 1998 Haupt, Hermann: Der Teufelstein – ein prähistorischer Kalender? Zur Frage von bevorzugten Orientierungen und Proportionen in der Landschaft der Vorzeit und der Gegenwart. Mitteilungen des naturwissenschaftlichen Vereins Steiermark, eingelangt am 7. Februar 1990. Band 129, Seite 433 – 439. Graz 1990 Hermann, Siegfried W.: Aspekte der tektonischen Gefügeanalyse zur Entstehung der Felsformation Teufelstein in den Fischbacher Alpen. Joanneum Research: TEUFELSTEIN REPORT. Graz 2000. Maitzen, Hans-Michael: Zur astronomischen Orientierung des Teufelsteins. Joanneum Research: TEUFELSTEIN REPORT. Graz 2000 Rosegger, Peter: Die Reise nach dem berühmten Teufelsfels. Als ich noch der Waldbauernbub war, 1902 Rothwangl, Sepp: Fehlerhafte Vermessungen am Teufelstein in den Fischbacher Alpen http://www.calendersign.com/de/aa_teufelsteinirrtum.php 2002 Rothwangl, Simon: Untersuchungen zur astronomischen Bedeutung des Teufelsteins. Bakkalaureatsarbeit. Fakultät für Geowissenschaften, Geographie und Astronomie. Universität Wien. 2007 Sahlqvist, Leif: Cardinal Alignments and the Golden Section. Principles of Ancient Cosmography and Design. 2005. Schlosser, Wolfhard und Jan Cierny : Sterne und Steine. Darmstadt 1996 Schlosser, Wolfhard: Der Teufelstein- astronomische Untersuchung und typologische Einordnung unter die archäoastronomischen Denkmäler Eurasiens. TEUFELSTEIN REPORT. Graz 2000