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wir laden Sie herzlich zum Schmerzkongress 2017 nach Mannheim ein. Das Motto des Schmerzkongresses 2017 „Gemeinsam entscheiden“ bil- det sich in den Themenschwerpunkten des Kongresses ab. Der Patient als Partner im medizinischen Entscheidungsprozess setzt einen informier- ten Patienten und die Vermittlung evidenzbasierter Gesundheitsinfor- mationen voraus. In Deutschland werden die meisten Schmerzmittel von Hausärzten an geriatrische Patienten verschrieben. Gemeinsame Entscheidungen von Patient, Angehörigen, Arzt und Apotheker sind notwendig, um die Arz- neimitteltherapiesicherheit bei Polypharmazie zu gewährleisten. Eine angemessene Versorgung von Patienten mit akuten und chronischen Schmerzen bedarf einer gemeinsamen Abstimmung der Gesundheitsbe- rufe. Wir wollen die bewährte Interdisziplinarität des Deutschen Schmerzkongresses durch die Einbeziehung von Apothekern und Funk- tionstherapeuten erweitern. Den Festvortrag wird Frau Professor Ina Kopp, Leiterin des AWMF- Instituts fr Medizinisches Wissensmanagement und Vorsitzende der Guidelines International Network, ber „Gemeinsam klug entscheiden in der Schmerzmedizin“ halten. Sie wird die Zusammenhänge zwischen evidenzbasierter Medizin, Leitlinien und partizipativer Entscheidungs- findung diskutieren und die Relevanz der „Gemeinsam klug entscheiden“- Initiativen verschiedener AWMF-Fachgesellschaften fr die Schmerzme- dizin darstellen. Der Kongress richtet sich an alle Gesundheitsberufe (Apotheker, Ärzte aller Gebiete, Psychologen, Pflegeberufe, Pharmazeuten und Funktions- therapeuten) und Grundlagenwissenschaftler sowie in einer gesonder- ten Veranstaltung auch an die Betroffenen und Angehörigen als die ge- meinsamen Entscheidungspartner. Die Einbeziehung des klinischen und wissenschaftlichen Nachwuchses ist ein wichtiges Anliegen des Deut- schen Schmerzkongresses. Wir werden Symposien durchfhren, die Grundlagenforschung, klinische Forschung und Praxis sowie die ver- schiedenen Berufsgruppen zusammenfhren. Der Kongress ermöglicht Ihnen, Ihre eigenen Forschungsergebnisse vorzustellen, sich ber neue Entwicklungen zu informieren, sich mit anderen Kongressteilnehmern auszutauschen und neue Kontakte zu knpfen. Wir freuen uns auf gemeinsame Gespräche mit Ihnen in Mannheim 2017. Herzliche Grße Ihre Kongresspräsidenten Congress Center Rosengarten Mannheim 11.–14. Oktober 2017 Deutscher Schmerzkongress 2017 Current congress Liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren, 8 Neurorehabilitation des Schlaganfalls Die Komplexität der Symptome nach einem Schlaganfall macht ein interdiszi- plinäres und aufeinander abgestimmtes Vorgehen für die erfolgreiche Neuro- rehabilitation erforderlich. Kommen zusätzlich noch Schmerzen hinzu, ist schnelles Handeln gefordert, denn eine frühere Mobilisation der Patienten zieht eine signifikant bessere Funktionserho- lung im motorischen Bereich nach sich. 12 Viszeralschmerz Trotz der hohen Prävalenz und Relevanz in vielen klinischen Bereichen ist das Thema Viszeralschmerz selbst innerhalb der Schmerzforschung und -medizin stark unterrepräsentiert. Warum dem Bereich mehr Aufmerksamkeit gebührt, erfahren Sie auf dem Kongress. 15 Hypnose bei Kopfschmerzen Der während einer Migräne erlebte Verlust von Kontrolle über den eigenen Körper macht hilflos und deprimiert. An dieser Stelle stoßen auch bewährte Schmerzbewältigungsverfahren an ihre Grenzen. Doch wie wirksam können Hypnose und Selbsthypnose bei Kopf- schmerzen sein? Bilder: Fotolia, freshidea; Dynamic Graphics Prof. Dr. med. Winfried Häuser Prof. Dr. med. Matthias Keidel

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Page 1: Deutscher Schmerzkongress 2017 Current congress · Arnold Schönberg Gustav Mahler 1 Gemeinsam sind wir stark: ein Schmerz-register für alle? SY01 Sondersitzung Apotheker- und Ärzteforum

wir laden Sie herzlich zum Schmerzkongress 2017 nach Mannheim ein. Das Motto des Schmerzkongresses 2017 „Gemeinsam entscheiden“ bil­det sich in den Themenschwerpunkten des Kongresses ab. Der Patient als Partner im medizinischen Entscheidungsprozess setzt einen informier­ten Patienten und die Vermittlung evidenzbasierter Gesundheitsinfor­mationen voraus.In Deutschland werden die meisten Schmerzmittel von Hausärzten an geriatrische Patienten verschrieben. Gemeinsame Entscheidungen von Patient, Angehörigen, Arzt und Apotheker sind notwendig, um die Arz­neimitteltherapiesicherheit bei Polypharmazie zu gewährleisten. Eine angemessene Versorgung von Patienten mit akuten und chronischen Schmerzen bedarf einer gemeinsamen Abstimmung der Gesundheitsbe­rufe. Wir wollen die bewährte Interdisziplinarität des Deutschen Schmerzkongresses durch die Einbeziehung von Apothekern und Funk­tionstherapeuten erweitern.Den Festvortrag wird Frau Professor Ina Kopp, Leiterin des AWMF­ Instituts fur Medizinisches Wissensmanagement und Vorsitzende der Guidelines International Network, uber „Gemeinsam klug entscheiden in der Schmerzmedizin“ halten. Sie wird die Zusammenhänge zwischen evidenzbasierter Medizin, Leitlinien und partizipativer Entscheidungs­findung diskutieren und die Relevanz der „Gemeinsam klug entscheiden“-Initiativen verschiedener AWMF­Fachgesellschaften fur die Schmerzme­dizin darstellen.Der Kongress richtet sich an alle Gesundheitsberufe (Apotheker, Ärzte aller Gebiete, Psychologen, Pflegeberufe, Pharmazeuten und Funktions­therapeuten) und Grundlagenwissenschaftler sowie in einer gesonder­ten Veranstaltung auch an die Betroffenen und Angehörigen als die ge­meinsamen Entscheidungspartner. Die Einbeziehung des klinischen und wissenschaftlichen Nachwuchses ist ein wichtiges Anliegen des Deut­schen Schmerzkongresses. Wir werden Symposien durchfuhren, die

Grundlagenforschung, klinische Forschung und Praxis sowie die ver­schiedenen Berufsgruppen zusammenfuhren. Der Kongress ermöglicht Ihnen, Ihre eigenen Forschungsergebnisse vorzustellen, sich uber neue Entwicklungen zu informieren, sich mit anderen Kongressteilnehmern auszutauschen und neue Kontakte zu knupfen.

Wir freuen uns auf gemeinsame Gespräche mit Ihnen in Mannheim 2017.

Herzliche GrußeIhre Kongresspräsidenten

Congress Center Rosengarten Mannheim 11.–14. Oktober 2017

Deutscher Schmerzkongress 2017

Current congress

Liebe Kolleginnen und Kollegen,sehr geehrte Damen und Herren,

8 Neurorehabilitation des SchlaganfallsDie Komplexität der Symptome nach einem Schlaganfall macht ein interdiszi­plinäres und aufeinander abgestimmtes Vorgehen für die erfolgreiche Neuro­rehabilitation erforderlich. Kommen zusätzlich noch Schmerzen hinzu, ist schnelles Handeln gefordert, denn eine frühere Mobilisation der Patienten zieht eine signifikant bessere Funktionserho­lung im motorischen Bereich nach sich.

12 ViszeralschmerzTrotz der hohen Prävalenz und Relevanz in vielen klinischen Bereichen ist das Thema Viszeralschmerz selbst innerhalb der Schmerzforschung und ­medizin stark unterrepräsentiert. Warum dem Bereich mehr Aufmerksamkeit gebührt, erfahren Sie auf dem Kongress.

15 Hypnose bei KopfschmerzenDer während einer Migräne erlebte Verlust von Kontrolle über den eigenen Körper macht hilflos und deprimiert. An dieser Stelle stoßen auch bewährte Schmerzbewältigungsverfahren an ihre Grenzen. Doch wie wirksam können Hypnose und Selbsthypnose bei Kopf­schmerzen sein?

Bilder: Fotolia, freshidea; Dynamic Graphics

Prof. Dr. med. Winfried Häuser

Prof. Dr. med. Matthias Keidel

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2 Current congress | Wissenschaftliches Programm Stand bei Drucklegung

Donnerstag, 12. Oktober 2017

Freitag, 13. Oktober 2017

14 15www.schmerzkongress2017.de www.schmerzkongress2017.de

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Donnerstag, 12. Oktober 2017Donnerstag, 12. Oktober 2017

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Musensaal Ignaz Holzbauer 1

Stamitzsaal Ignaz Holzbauer 2

Foyer Ebene 3

Johann van BeethovenDorint

Arnold Schönberg

Gustav Mahler 1

Gemeinsam sind wir stark: ein Schmerz-register für alle?

SY01

S . 16

Sondersitzung

Apotheker- und Ärzteforum

SS01

S . 24

Arzneimittelinterak-tionen und – Neben-wirkungen in der Schmerzmedizin

SY06

S . 19

Risikomerkmale für postoperative Schmerzen und Schmerzchronifizie-rung ...

SY02

S . 16

Aktualisierung der Akutschmerzleitlinie – was kommt, was bleibt, was geht?

SY07

S . 19

2017– Global Year Against Pain after Surgery

SY12

S . 25

Lunch Symposium TEVA GmbH

IS01

S . 22

Wie entstehen Migräneattacken? Neues aus Klinik und Forschung

SY03

S . 17

Liquordruck: Zu niedrig, zu hoch und Kopfschmerzen

SY08

S . 20

Update Kopfschmerz

Assoziiertes Symposium TEVA GmbH

Assoziiertes Symposium Pharm-Allergan GmbH

SY13 IS05 IS06

S . 26 S . 27 S . 27

Assoziiertes Symposium Spektrum Cannabis GmbH

IS02

S . 22

Wie kann lokale Kälte Schmerz auslösen aber auch reduzieren?

SY04

S . 17

Speed Update

SY09

S . 20

Verändern psy-chische Traumata die Schmerzwahr-nehmung?

SY05

S . 18

Modelle der Place-boanalgesie und Nocebohyperal-gesie ...

SY10

S . 21

Assoziiertes Symposium Recordati Pharma GmbH

IS04

S . 23

Hörsaal Dorint

DO DO

POST

ER- U

ND IN

DUST

RIEA

USST

ELLU

NG

Lunch Symposium Grünenthal GmbH

IS03

S . 23

Gemeinsame Entscheidungs-findung in der Schmerzmedizin

SY11

S . 25

S . 28

Eröffnungs- veranstaltung

EV01

32 33www.schmerzkongress2017.de www.schmerzkongress2017.de

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Freitag, 13. Oktober 2017Freitag, 13. Oktober 2017

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Musensaal Ignaz Holzbauer 1

Stamitzsaal Ignaz Holzbauer 2

Foyer Ebene 3

Johann van BeethovenDorint

Arnold Schönberg

Gustav Mahler 1

Digitale Revolution in der Behandlung chro-nischer Schmerzen...

SY16

S . 34

Präsidentensymposium

SS02

S . 36

Schmerzgenetik – wird jetzt alles klar?

SY17

S . 34

Endogene Schmerzkontrolle und Dynamik des nozizeptiven Systems...

SY22

S . 41

Tumorschmerz-therapie und Neben-wirkunge

SY21

S . 41

Lunch Symposium Novartis Pharma GmbH

IS07

S . 38

Psychologische und Umweltfaktoren beim Auslösen von Migräneanfällen

SY18

S . 35

Der Kopfschmerz und das Trauma

SY23

S . 42

Assoziiertes Symposium Bionorica Ethics GmbH

IS08

S . 38

Radikuläre Schmerzen – ein Update zu Klinik und Management einer komplexen Sympto-matik

SY19

S . 35

BVSD-Symposium: „Cannabis als Medi-zin – Der lange Weg zur Therapiefreiheit“

SY24

S . 43

Lunch Symposium Aristo Pharma GmbH

IS09

S . 39

Neuropathische Schmerzen diagnostizieren – Horizonterweite-rung mit ...

SY25

S . 44

Lunch Symposium N.N.

IS10

S . 39

Hörsaal Dorint

POST

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NG

Gemeinsame Entscheidungen zwischen Pflegenden und Ärzten – wo stehen wir?

SY20

S . 37

KEDOQ

SS03

S . 40

Arzneimittelthera-piesicherheit und Polymedikation in der Schmerzmedizin

SY26

S . 44

Top Young Science

SY27

S . 45

DMKG meets Allgemeinmedizin

SY28

S . 45

Das Rückenschmerz-Symposium: Welchen Nutzen haben neue diagnostische ...

SY29

S . 46

Entlassungsma-nagement – neue Anforderungen, neue Wege?

SY30

S . 47

14 15www.schmerzkongress2017.de www.schmerzkongress2017.de

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Musensaal Ignaz Holzbauer 1

Stamitzsaal Ignaz Holzbauer 2

Foyer Ebene 3

Johann van BeethovenDorint

Arnold Schönberg

Gustav Mahler 1

Gemeinsam sind wir stark: ein Schmerz-register für alle?

SY01

S . 16

Sondersitzung

Apotheker- und Ärzteforum

SS01

S . 24

Arzneimittelinterak-tionen und – Neben-wirkungen in der Schmerzmedizin

SY06

S . 19

Risikomerkmale für postoperative Schmerzen und Schmerzchronifizie-rung ...

SY02

S . 16

Aktualisierung der Akutschmerzleitlinie – was kommt, was bleibt, was geht?

SY07

S . 19

2017– Global Year Against Pain after Surgery

SY12

S . 25

Lunch Symposium TEVA GmbH

IS01

S . 22

Wie entstehen Migräneattacken? Neues aus Klinik und Forschung

SY03

S . 17

Liquordruck: Zu niedrig, zu hoch und Kopfschmerzen

SY08

S . 20

Update Kopfschmerz

Assoziiertes Symposium TEVA GmbH

Assoziiertes Symposium Pharm-Allergan GmbH

SY13 IS05 IS06

S . 26 S . 27 S . 27

Assoziiertes Symposium Spektrum Cannabis GmbH

IS02

S . 22

Wie kann lokale Kälte Schmerz auslösen aber auch reduzieren?

SY04

S . 17

Speed Update

SY09

S . 20

Verändern psy-chische Traumata die Schmerzwahr-nehmung?

SY05

S . 18

Modelle der Place-boanalgesie und Nocebohyperal-gesie ...

SY10

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Assoziiertes Symposium Recordati Pharma GmbH

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Lunch Symposium Grünenthal GmbH

IS03

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Gemeinsame Entscheidungs-findung in der Schmerzmedizin

SY11

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Eröffnungs- veranstaltung

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Musensaal Ignaz Holzbauer 1

Stamitzsaal Ignaz Holzbauer 2

Foyer Ebene 3

Johann van BeethovenDorint

Arnold Schönberg

Gustav Mahler 1

Digitale Revolution in der Behandlung chro-nischer Schmerzen...

SY16

S . 34

Präsidentensymposium

SS02

S . 36

Schmerzgenetik – wird jetzt alles klar?

SY17

S . 34

Endogene Schmerzkontrolle und Dynamik des nozizeptiven Systems...

SY22

S . 41

Tumorschmerz-therapie und Neben-wirkunge

SY21

S . 41

Lunch Symposium Novartis Pharma GmbH

IS07

S . 38

Psychologische und Umweltfaktoren beim Auslösen von Migräneanfällen

SY18

S . 35

Der Kopfschmerz und das Trauma

SY23

S . 42

Assoziiertes Symposium Bionorica Ethics GmbH

IS08

S . 38

Radikuläre Schmerzen – ein Update zu Klinik und Management einer komplexen Sympto-matik

SY19

S . 35

BVSD-Symposium: „Cannabis als Medi-zin – Der lange Weg zur Therapiefreiheit“

SY24

S . 43

Lunch Symposium Aristo Pharma GmbH

IS09

S . 39

Neuropathische Schmerzen diagnostizieren – Horizonterweite-rung mit ...

SY25

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Lunch Symposium N.N.

IS10

S . 39

Hörsaal Dorint

POST

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Gemeinsame Entscheidungen zwischen Pflegenden und Ärzten – wo stehen wir?

SY20

S . 37

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SS03

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Arzneimittelthera-piesicherheit und Polymedikation in der Schmerzmedizin

SY26

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Top Young Science

SY27

S . 45

DMKG meets Allgemeinmedizin

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Das Rückenschmerz-Symposium: Welchen Nutzen haben neue diagnostische ...

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Entlassungsma-nagement – neue Anforderungen, neue Wege?

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Die Seitenzahlen beziehen sich auf das Programmheft des Kongresses.

Die Seitenzahlen beziehen sich auf das Programmheft des Kongresses.

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3Current congress | Highlights

Postoperative SchmerzenPsychologische Risikofaktoren und ein daraus entwickelter Risikoscore

Die interindividuelle Variabilität von Schmerzen nach Operationen ist groß. Immer gibt es Patienten, die post-operativ geringe Schmerzen angeben und solche mit sehr starken Schmerzen. Starke Schmerzen behindern nicht nur den Genesungsverlauf, sie begünstigen auch die Entwicklung dauerhafter Schmerzen. Es ist aus Sicht von Prof. Michael Hüppe, Lübeck, deshalb wertvoll, schon vor einer Operation die Patienten identifizieren zu können, die starke postoperative Schmerzen entwickeln werden. So kann man ihnen Behandlungsangebote zu-kommen lassen, um damit die Schmerzentstehung und Generierung chronischer Schmerzen zu verhindern.

Viele psychologischen Merkmale sind mit postoperativen Schmer­zen assoziiert. Folgende psycho­logischen Merkmale stehen da­bei in positivem Zusammenhang mit hohen Schmerzen: ausge­prägte emotionale Labilität; hohe Schmerzempfindlichkeit; hohe präoperative Angst/Deprimiert­heit; Er wartung, dass postope­rative Schmerzen auftreten und stark sein werden; Tendenzen zur Schmerzkatastrophisierung; vor­bestehende (chronische) Schmer­zen; starke Schmerzen nach fruheren Operationen [1]. Diese Merkmale weisen untereinander in der Regel bedeutsame Interkor­relationen auf, sodass nicht klar ist, welchen unabhängigen Vor­hersagewert einzelne Merkmale haben.

Prädiktoren für ausgeprägte postoperative SchmerzenClasen (2015) untersuchte mit ei­ner Fulle psychologischer Verfah­ren Patienten vor einem elektiven chirurgischen Eingriff [1]. Zwei Merkmale erwiesen sich in den Analysen als unabhängige Prädik­toren fur ausgeprägte postopera­tive Schmerzen: hohe präopera­tive Schmerzerwartung und vor­bestehende Schmerzen, wenn diese mit schmerzbedingten Be­einträchtigungen verbunden wa­ren (Stufen III und IV nach dem von Korffschen Grading-Konzept). 56 % der Patienten, auf die diese Merkmale zutrafen, hatten post­operativ eine „durchschnittliche Schmerzintensität“ von NRS > 4 im Vergleich zu 8 % der Patienten ohne diese Merkmale (NRS: nu­merische Rating-Skala).

Konzeption eines Frage-bogens und RisikoscoresAus den beiden Merkmalen „Schmerzerwartung“ und „vor­bestehende beeinträchtigende Schmer zen“ wurde ein einfach auszuwertender ökonomischer Fragebogen konzipiert. Es wurde ein Risikoscore abgeleitet, der sich aus der Kombination beider Merkmale ergibt. 500 Patienten aus verschiedenen Kliniken, die sich einem elektiven operativen Eingriff unterzogen, wurden prä­operativ mit dem Verfahren be­fragt und postoperativ hinsichtlich ihrer Schmerzen untersucht. Auch hier zeigte sich, dass die Kombi­nation von hoher präoperativer Schmerzerwartung und vorbe­stehenden beeinträchtigenden

Schmerzen eine Risikogruppe fur ausgeprägte postoperative

Schmerzen ergab. Der Risikoscore war fur unterschiedliche elektive Operationen valide.

ZusammenfassungZusammenfassend lässt sich aus den Befunden feststellen:1. Hohe Schmerzerwartung ist

ein zentraler psychologischer Prädiktor fur ausgeprägte postoperative Schmerzen.

2. Die Kombination mit „vorbe­stehenden Schmerzen mit Be­einträchtigungen“ ergibt eine Risikogruppe für ausgeprägte postoperative Schmerzen.

3. Mit einem einfachen Verfah­ren lässt sich diese Risiko­gruppe abbilden.

Prof. Dr. phil. Michael HüppeKlinik für Anästhesiologie und Intensiv-medizin, Universität zu Lübeck

Literatur1 Hüppe M, Klinger R. Akuter

Schmerz. In: Kröner-Herwig B, Frettlöh J, Klinger R, Nilges P (Hrsg.). Schmerzpsychotherapie (8. Aufl.). Berlin: Springer; 2017: 73–85

2 Clasen K. Geschlechtsunterschiede in psychologischen Risikofaktoren für postoperative Schmerzen. Klinik

für Anästhesiologie und Intensivme-dizin der Universität zu Lübeck 2015; [unveröffentlichte Dissertation]

Donnerstag, 12. Oktober 2017

Risikomerkmale für postoperative Schmerzen und Schmerzchronifizie­rung identifizieren: eine multidiszipli­näre Aufgabe?08:30–10:00 Uhr, Stamitzsaal(08:30–09:00 Uhr: Psychologische Risikofaktoren für postoperative Schmerzen und ein daraus entwickel­ter Risikoscore)

M. Hüppe

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4 Current congress | Wissenschaftliches Programm Stand bei Drucklegung

Samstag, 14. Oktober 2017

Versorgung von AkutschmerzpatientenAufgaben- und Entscheidungsübernahme aus pflegerischer Sicht

Die Bedeutung der interprofessionellen Zusammen-arbeit in der Akutschmerztherapie wie auch der Behandlung chronischer Schmerzpatienten wird seit Jahren hervorgehoben [1]. Insbesondere bedarf es einer effektiven Zusammenarbeit von Pflegenden und Medizinern für die Versorgung von Patienten mit akuten Schmerzen im Krankenhaus. Für dieses Zusammenspiel werden eindeutige Aufgaben- und Zuständigkeitsfestlegungen für beide Berufsgruppen benötigt. Diese scheinen aber nicht immer eindeutig definiert oder gar beschrieben. Insbesondere durch die Schaffung einer pflegerischen Schmerzexpertise

in den letzten anderthalb Dekaden [2] ist es aus Sicht von Ass.-Prof. Nadja Nestler, Salzburg, notwendig, Zuständigkeiten und Aufgaben-bereiche von Medizinern und Pflegenden neu zu denken und zu diskutieren.

Die berufliche Pflege gehört zu den Gesundheitsfachberufen, deren Berufsangehörige „ihre Tätigkeiten gemäß Kenntnisstand der jeweili­gen Profession selbständig und in eigener Verantwortung aus(uben)“ [3]. Davon ausgenommen sind heilkundliche Tätigkeiten, die dem Arzt vorbehalten bleiben bezie­hungsweise dessen Anordnung bedurfen (ebenda).

Derzeitige Situation der rechtlichen ZuständigkeitenDie derzeitige Situation der recht­lichen Zuständigkeiten sieht vor, dass Ärzte Aufgaben an Pflegende delegieren können [4], sofern die Aufgabe nicht zum Kernbereich ärztlicher Tätigkeiten zählt. Ne­ben der Anamnese, der Indika­tionsstellung, der Untersuchung

des Patienten und des Stellens der Diagnose gehört auch die Ent­scheidung uber die Therapie zu diesen Aufgaben [5]. Pflegende haben mit der Übernahme der delegierten Aufgabe die Übernah­meverantwortung und mussen entscheiden, ob sie die Aufgabe ausfuhren können oder aus fach­lichen Grunden ablehnen mussen [6]. Diese Rahmenbedingungen gelten auch fur die Akutschmerz­therapie, wobei aus Sicht der pflegerischen Schmerzexperten noch nicht eindeutig definiert wurde, welche Aufgaben zu den nicht delega tionsfähigen Tätig­keiten gehören und welche pri­mär ärztlichen Aufgaben delega­tionsfähig sind und welche Vor­aussetzungen gegeben sein mus­sen.

Aufgaben von pflegerischen SchmerzexpertenPflegerische Schmerzexperten sind gut ausgebildete und hoch engagierte Kolleginnen und Kolle­gen [7], die ihre spezifische Fach­expertise einbringen. Zu ihren Aufgaben zählen die Versorgung von Patienten mit speziellen Schmerztherapieverfahren, die Schulung und Beratung von Pati­enten mit einer (spezialisierten) Schmerztherapie, die Anleitung und Durchfuhrung nicht medika­mentöser Verfahren, die Eduka­tion von Kollegen, wie auch die Kontrollfunktion zur Sicherstel­lung der Schmerztherapie (unver­öffentl. Material Workshop See­heimer Akutschmerztage 2017 [8]). Hierbei gilt es immer wieder, Schnittstellen zu uberwinden und Überschneidungen zum ärztli­chen Aufgabenbereich zu beach­ten. Durch die bisher häufig in den Kliniken gelebten Auslegungen der gesetzlichen Vorgaben erleben pflegerische Schmerz experten aber auch, dass die Einbringung ihrer Expertisen verhindert wird. Daher gilt es, visionär gemeinsam mit Pflegenden und Ärzten zu uberlegen, wie mögliche Schnitt­stellen in der Akutschmerzthera­pie ausgestaltet werden können.

Ass.-Prof. Dr. rer. medic. Nadja NestlerInstitut für Pflegewissenschaft und - praxis, Paracelsus Medizinische Privat-universität, Salzburg

Literatur1 Meissner W. Organisatorische As-

pekte der Akutschmerztherapie. In: Meissner W (Hrsg.). Akutschmerz Taschenbuch. Berlin: Medizinisch Wissenschaftliche Verlagsgesell-schaft; 2015

2 Gnass I, Rettig M, Galeja H. Kurse zum Schmerzmanagement. Die Schwester/Der Pfleger 2016; 6: 60–62

3 Meyer G. An evidence-based health-care system and the role of the healthcare profession. ZEFQ 2015; 109: 378–383

4 Erdmann A, Ehlers A. So delegie-ren Sie richtig – Ärztliche Aufgaben an Assistenzpersonal übertragen. Dtsch Med Wochenschr 2015; 140: 62–64

5 Bundesärztekammer und Kas-senärztliche Bundesvereinigung (2008). Persönliche Leitungserbrin-gung – Möglichkeiten und Grenzen der Delegation. Im Internet: http://www.bundesaerztekammer.de/ae-rzte/gesundheitsfachberufe/delega-tion-aerztlicher-leistungen/ (letzter Stand: 16.07.2017)

6 Kirschner MH, Nebendahl M, Rus-so SG et al. Rechtliche Stellung

nichtärztlichen Personals im Kran-kenhaus. Anästhesist 2013; 62: 396–404

7 Deutscher Berufsverband für Pfle-geberufe (DBfK; 2016). Kompetenz-profil Schmerzexperte/expertin. Im Internet: https://www.dbfk.de/de/expertengruppen/pflegeexperten-schmerz/index.php (letzter Stand: 16.07.2017)

8 Deutsches Netzwerk zur Qualitäts-entwicklung in der Pflege (DNQP). Nationaler Expertenstandard Schmerzmanagement in der Pflege bei akuten Schmerzen. Osnabrück; 2011

N. Nestler

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Die Seitenzahlen beziehen sich auf das Programmheft des Kongresses.

Freitag, 13. Oktober 2017

Gemeinsame Entscheidungen zwi­schen Pflegenden und Ärzten – wo stehen wir?12:00–13:30 Uhr, Ignaz Holzbauer 1 (12:00–12:30 Uhr: Aufgaben- und Entscheidungsübernahme in der Ver­sorgung von Akutschmerzpatienten aus pflegerischer Sicht)

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Samstag, 14. Oktober 2017Samstag, 14. Oktober 2017

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Musensaal Christian Cannabich

Stamitzsaal Arnold Schönberg

Gustav Mahler 1

Multimodale Schmerztherapie: wo und wie?

SY31

S . 52

Kunst(therapie) und Schmerz: vom Mechanismus zur Praxis

SY36

S . 56

Musizieren und Schmerz bei Kindern und Jugendlichen

SY41

S . 59

Sickness Behavior: Immunsystem, Emotionen und Schmerz

SY32

S . 52

Schmerzmodelle und Messmethoden bei Tier und Mensch

SY37

S . 56

Zur Relation zwischen Schmerz und Sprache

SY42

S . 59

Kopfschmerz und Sucht

SY33

S . 53

Alpträume in der Schmerzmedizin

SY38

S . 57

Aktuelles zur Phar-makotherapie von Kopfschmerzerkran-kungen

SY43

S . 60

„Warum strahlt der Schmerz“

SY34

S . 53

Myofaszielle Aspekte beim muskuloske-lettalen Schmerz – vom Schmerzmodell zur Klinik

SY39

S . 57

Schmerz verändert Muskelaktivierung – Anforderungen an Bewegungs-therapie..

SY44

S . 60

Vom Bauchgefühl zum Bauchschmerz: Interdisziplinäre Ansätze der...

SY35

S . 54

Schmerz und Schlaganfall

Sondersitzung der Deutschen Schmerz-gesellschaft e.V.

SY40 SS04

S . 58 S . 58

Durchblutungsab-normalitäten als schmerzunterhal-tender Faktor?

SY45

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Hörsaal Dorint

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Musensaal Christian Cannabich

Stamitzsaal Arnold Schönberg

Gustav Mahler 1

Multimodale Schmerztherapie: wo und wie?

SY31

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Kunst(therapie) und Schmerz: vom Mechanismus zur Praxis

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Musizieren und Schmerz bei Kindern und Jugendlichen

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Sickness Behavior: Immunsystem, Emotionen und Schmerz

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Schmerzmodelle und Messmethoden bei Tier und Mensch

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Zur Relation zwischen Schmerz und Sprache

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Kopfschmerz und Sucht

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Alpträume in der Schmerzmedizin

SY38

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Aktuelles zur Phar-makotherapie von Kopfschmerzerkran-kungen

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„Warum strahlt der Schmerz“

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Myofaszielle Aspekte beim muskuloske-lettalen Schmerz – vom Schmerzmodell zur Klinik

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Schmerz verändert Muskelaktivierung – Anforderungen an Bewegungs-therapie..

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Vom Bauchgefühl zum Bauchschmerz: Interdisziplinäre Ansätze der...

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Schmerz und Schlaganfall

Sondersitzung der Deutschen Schmerz-gesellschaft e.V.

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Durchblutungsab-normalitäten als schmerzunterhal-tender Faktor?

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5Current congress | Wissenschaftliches Programm

Die quantitative sensorische Testung (QST)Wann hilft sie im klinischen Alltag und wann nicht?

Entsprechend der aktuellen Definition der International Association for the Study of Pain (IASP) sollten Schmer-zen nur dann als „neuropathisch“ bezeichnet werden, wenn sie direkt Folge einer Läsion oder Erkrankung des für die Nozizeption relevanten somatosensorischen Nervensystems sind [1]. Es sollte nur dann von „wahr-scheinlichen“ und „sicheren“ neuropathischen Schmer-zen gesprochen werden, wenn auch die sensiblen Ver-änderungen beziehungsweise die zugrunde liegende Läsion oder Erkrankung mittels elektrophysiologischer, morphologischer oder anderer apparativer Methoden objektivierbar sind. Dr. Elena Enax-Krumova, Bochum,

berichtet hier, für welche Fragestellungen die quantitative sensori-sche Testung (QST) am besten eingesetzt werden kann.

Nach der Anamnese steht vor jeder diagnostischen Überlegung, ob ein neuropathischer Schmerz vorliegt, eine ausfuhrliche klinisch­neuro­logische Untersuchung mit einem Schwerpunkt auf der Sensibilität. Die traditionell in der Diagnostik von Neuropathien eingesetzten elektrophysiologischen Untersu­chungen, wie die Elektroneurogra­fie (ENG) oder sensible somato­sensorisch evozierte Potenziale (SSEP), erfassen dabei zwar die dick-myelinisierten Aβ-Fasern, nicht jedoch die dunn­ und unmy­elinisierten Aδ- und C-Fasern. Bei fehlendem Nachweis einer neuro­genen Läsion oder Erkrankung mithilfe von ENG oder SSEP stehen weitere Methoden zur Unter­suchung der kleinkalibrigen Ner­venfasern zur Verfugung. Hierzu

gehört unter anderem die quanti­tative sensorische Testung (QST) [2]. Sie umfasst die standardisierte Untersuchung der Funktion des somatosensiblen Nervensystems basierend auf der Patientenant­wort auf standardisierte Reize und gewinnt zunehmend an Bedeu­tung im klinischen Alltag, insbe­sondere unter der Fragestellung, ob eine Neuropathie vorliegt. Die Untersuchung des somatosensori­schen Profils basierend auf der Be­stimmung von Wahrnehmungs­ und Schmerzschwellen fur ver­schiedene Reizmodalitäten er­möglicht zum einen die Funkti­onsprufung sowohl der dick­ als auch der dunn­ und unmyelini­sierten Fasern, als auch die Erhe­bung des gesamten somatosenso­rischen Profils einschließlich Plus-

(Hyperästhesie, Hyperalgesie, Al­lodynie) und Minuszeichen (Hyp­ästhesie, Hypoalgesie). Dies er­laubt zudem Aussagen uber wahrscheinliche Pathomechanis­men der Schmerzentstehung.

Sensorische Veränderungen sagen Therapieansprechen vorherEine kurzlich durchgefuhrte Clus­teranalyse ergab 3 große Gruppen mit typischen sensorischen Auffäl­ligkeiten. Eine Gruppe war durch sensible Defizite aufgrund von Deafferentierung charakterisiert, die zweite war durch eine ther­mische Hyperalgesie am ehesten in Folge peripherer Sensibilisie­rungsprozesse gekennzeichnet und die dritte war durch eine me­chanische Hyperalgesie am ehes­ten durch zentrale Sensibilisie­rungsprozesse geprägt [3]. Auf diese Weise können Patienten zu­kunftig fur Therapiestudien strati­fiziert werden. Mehrere retrospektive Studien und eine kürzlich veröffentlichte prospektive, randomisierte, ver­blindete Studie zur Therapie mit Oxcarbazepin bei peripheren neu­ropathischen Schmerzen (Über­sicht in [4]) konnten bereits zei­gen, dass Patienten, die besser auf die medikamentöse Therapie an­sprechen, sich durch bestimmte sensorische Veränderungen noch

vor Beginn der Behandlung von den Therapieversagern unter­scheiden. Weitere Studien sind notwendig, um diese Ergebnisse zu bestätigen.

Richtiger Einsatz der QSTUm QST richtig einsetzen zu kön­nen, mussen jedoch die metho­dischen Besonderheiten beruck­sichtigt werden (Übersicht in [5]). So erfordert die QST die aktive Mitarbeit des Patienten, weshalb sie zum Beispiel bei dementen oder vigilanzgeminderten Patien­ten nicht möglich ist. Da die kom­pletten somatosensorischen Bah­nen von der Peripherie bis ins zen­trale Nervensystem erfasst wer­den, ist mittels einer einzelnen QST ebenfalls keine Aussage uber den Ort einer detektierten Läsion möglich. Auch bei nozizeptiven Schmerzen können sensorische Defizite und veränderte Schmerz­schwellen auftreten, jedoch in ge­ringerem Ausmaß als bei neuropa­thischen Schmerzen. Daher ist eine genaue Analyse des senso­rischen Profils durch den erfahre­nen Untersucher erforderlich. Zu­dem sollte die Konsistenz der Ein­zelwerte bei der Befundinterpreta­tion berucksichtigt werden, um falsche Angaben von Patienten (z. B. bei Rentenbegehren) auf-decken zu können.

Dr. med. Elena Enax-KrumovaNeurologische Universitäts- und Poli-klinik, Berufsgenossenschaftliches Univer-sitätsklinikum Bergmannsheil GmbH, Ruhr-Universität Bochum

Literatur1 Finnerup NB, Haroutounian S, Ka-

merman P et al. Neuropathic pain: an updated grading system for re-search and clinical practice. Pain 2016; 157: 1599–1606

2 Backonja M, Attal N, Baron R et al. Value of quantitative sensory tes-ting in neurological and pain dis-orders: NeuPSIG consensus. Pain 2013; 154: 1807–1819

3 Baron R, Maier C, Attal N et al. Pe-ripheral neuropathic pain: a mecha-nism-related organizing principle based on sensory profiles. Pain 2017; 158: 261–272

4 Bouhassira D, Attal N. Translational neuropathic pain research: a clinical perspective. Neuroscience 2016; 338: 27–35

5 Mainka T, Maier C, Höffken O et al. Erweiterte Diagnostik neuropa-thischer Schmerzen erfasst kleine Nervenfasern. InFo Neurologie und Psychiatrie 2015; 17: 46–52

Akute Kopfschmerzen beim SchlaganfallErste Ergebnisse der multizentrischen Studie der DMKG

Der Schlaganfall ist eine der häufigsten Erkrankungen weltweit im höheren Lebensalter. Kopfschmerzen stel-len ebenfalls ein relevantes Gesundheitsproblem dar. Allerdings waren bisher vor allem die primären Kopf-schmerzen wie Migräne im Fokus. Aktuelle Daten der multizentrischen Studie der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (DMKG) aus dem Studienzent-rum Halle (Saale) konnten zeigen, dass Kopfschmerzen im Zusammenhang mit dem Schlaganfall in Deutsch-land ein relevantes Problem sind. Die Daten ermög-lichen erstmals, Risikopatienten zu erkennen. Erste Ergebnisse stellt Dr. Torsten Kraya, Halle-Wittenberg, hier vor.

Kopfschmerzen im Zusammen­hang mit dem Schlaganfall sind ein wenig beachteter Faktor im kli­nischen Alltag, da meist andere Symptome des Schlaganfalls im Vordergrund stehen. Bei einigen Schlaganfallformen kann aber der Kopfschmerz das Hauptsymptom sein oder das alleinige Symptom darstellen (Subarachnoidalblutung [SAB], Sinusvenen­ oder Hirnven­enthrombose). Die internationale Kopfschmerzklassifikation (ICHD 3beta) fuhrt die Kopfschmerzen beim Schlaganfall unter dem Punkt sekundäre (symptoma­tische) Kopfschmerzen im Zusam­menhang mit einer kranialen und zervikalen Gefäßerkrankung (IHS 6.1–6.3) auf.

Bisherige Daten zur Häufigkeit von akuten KopfschmerzenDie Daten zur Häufigkeit von aku­ten Kopfschmerzen im Zusam­menhang mit Schlaganfall aus an­deren Ländern reichen von 10–38 % und umfassen alle Schlagan­fallformen. Bei genauerer Be­trachtung zeigt sich, dass Patien­ten mit Hirnblutungen und SAB deutlich häufiger über Kopf­schmerzen berichten als Patien­ten mit ischämischem Schlagan­fall (33–88 % vs. 16–32 %). Bei ei­nem Teil der Pa tienten treten zu­dem im Verlauf chronische Kopf­schmerzen nach dem Schlaganfall im Verlauf von 3 und 6 Monaten auf. Ein Risikofaktor für die Chro­nifizierung waren bereits akute

Kopfschmerzen beim Schlaganfall und eine primäre Kopfschmerz­erkrankung.

Erste Ergebnisse der DMKG-StudieIn 4 Studienzentren (Universität Halle, KH Bergmannstrost Halle, TU Dresden/Elbelandklinikum Meis­sen; LMU Munchen) wurden in­nerhalb eines Jahres 808 Pa tienten (Alter 67 ± 14 Jahre, 45,5 % Frauen) am Tag 1–3 nach Schlaganfall be­fragt. Bei 69 % bestand ein ischämi­scher Schlaganfall, bei 25 % eine transitorische ischämische Attacke (TIA) sowie bei 6 % eine Blutung. Kopfschmerzen wurden an Tag 1–3 von 39 % der Patienten berichtet. Die Kopfschmerzhäufigkeit nahm von Tag 1 zu Tag 3 ab. Patienten mit Blutungen berichteten häufiger uber Kopfschmerzen als die Patien­ten mit Ischämie oder TIA (67 vs. 38 %). Patienten mit vorbestehen­der primärer Kopfschmerzerkran­kung, mit Läsionen im hinteren Stromgebiet, Frauen und jungere Patienten klagten häufiger über Kopfschmerzen. Von den meisten Pa tienten werden Beschwerden im Sinne eines Kopfschmerzes vom Spannungstyp angegeben. Die Aus­wertung der Daten zu den Kopf­schmerzen nach 3 und 6 Monaten stehen noch aus.

ZusammenfassungMit den Daten der aktuellen DMKG-Studie können Risikopati­enten fur das Auftreten von Kopf­schmerzen im Zusammenhang mit dem Schlaganfall identifiziert wer­den. Der typische Patient ist weib­lich, junger als 60 Jahre und hat einen vorbestehenden primären Kopfschmerz. Die Kopfschmerzen werden als dumpf­druckend be­schrieben, sind mittelstark und vor allem frontal lokalisiert. Sie neh­men von Tag 1 zu Tag 3 ab. Diese Kriterien ermöglichen es, diese Pa­tienten zu erkennen und eine ge­zielte Behandlung der Kopf­schmerzen zu initiieren. Gerade weil andere Symptome des Schlag­anfalls im Vordergrund stehen, muss gezielt nach Kopfschmerzen gefragt werden. Die Daten zu Kopf­schmerzen nach 3 und 6 Monaten werden zeigen, ob auch chronische Kopfschmerzen in diesem Zusam­menhang ein relevantes Problem darstellen und welche Faktoren diese beeinflussen.

AusblickMit der aktuellen DMKG­Studie können erstmals klare Risikofakto­ren und Risikopatienten mit aku­tem Kopfschmerz nach Schlagan­fall identifiziert und damit auch gezielt behandelt werden. Die Aus­

wertung der Daten zu chronischen Kopfschmerzen stehen noch aus. Über die pathophysiologischen Hintergrunde existieren bisher nur wenige Daten.

Dr. med. Torsten KrayaKlinik und Poliklinik für Neurologie, Martin-Luther-Universität Halle- Wittenberg

Literatur1 The international Headache Classi-

fication (ICHD-3-beta). Im Internet: https://www.ichd-3.org/ (letzter Stand: 20.07.2017)

2 Pollak L, Shlomo N, Korn Lubetzki I et al. Headache in stroke according to National Acute Stroke Israeli Sur-vey. Acta Neurol Scand 2016; 135: 469–475

3 Verdelho A, Ferro JM, Melo T et al. Headache in acute stroke. A pros-pective study in the first 8 days. Ce-phalalgia 2007; 28: 346–354

4 Tentschert S, Wimmer R, Greiseneg-ger S et al. Headache at stroke on-set in 2196 patients with ischemic stroke or transient ischemic attack. Stroke 2005; 36: e1–e3

5 Carolei A, Sacco S. Headache attri-buted to stroke, TIA, intracerebral haemorrhage, or vascular malfor-mation. Handb Clin Neurol 2010; 97: 517–528

E. Enax­Krumova

T. Kraya

Freitag, 13. Oktober 2017

Neuropathische Schmerzen diagnos­tizieren – Horizonterweiterung mit neuen Methoden 15:31–17:01 Uhr, Gustav Mahler 1(16:31–17:01 Uhr: Die quantitative sensorische Testung [QST] – wann hilft sie im klinischen Alltag und wann nicht?)

Samstag, 14. Oktober 2017

Schmerz und Schlaganfall10:30–12:00 Uhr, Hörsaal Dorint (10:30–11:00 Uhr: Akuter Kopf­schmerz bei zerebrovaskulärem Notfall)

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6 Current congress | Wissenschaftliches Programm Stand bei Drucklegung

Refresher Kurse Mittwoch, 11. Oktober 2017

Workshops Donnerstag, 12. Oktober 2017 Workshops Freitag, 13. Oktober 2017

Refresher Kurse Samstag, 14. Oktober 2017

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Diagnostische und therapeutische Lokalanästhesie myofaszialer...

WS01

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Training interpersoneller Verhaltens- und Steuerungskompe-tenz ...

WS06

S . 95

Abrechnung ambu-lanter Schmerzthe-rapie (Arzt)

WS02

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Abrechnung ambulanter Schmerztherapie (Psychologie)

WS07

S . 96

Der schwierige Fall – Ein Videoseminar zum praktischen Umgang mit Schmerzpatienten

WS11

S . 101

Sinnvolle Diagnostik und Therapie bei neuropathischen Schmerzen – ein Fallseminar

WS03

S . 90

Biofeedbackthera-pie bei Kopfschmer-zen und Migräne

WS08

S . 97

Stress & Schmerz: Untersuchung und Biofeedback bei Kopf- und Gesichts-schmerz

WS12

S . 102

Neuroorthopädische Untersuchung für Schmerzmediziner

WS04

S . 92

Physiotherapie korrekt verordnen – Der richtige Umgang mit der Heilmittel-verordnung

WS09

S . 99

Hands on! Manu-elle Techniken zur Untersuchung von Schmerzpatienten

WS13

S . 103

Naturheilkunde in der Schmerz-therapie

WS05

S . 94

Palliativ

WS10

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Spiegeltherapie 2.0

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Behandlung schmerzbezogener Angst bei Rücken- und Kopfschmerzen

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S . 106

Mindfullness-Based Stress Reduction in der Therapie chro-nischer Schmerzen

WS20

S . 110

Begutachtung von Schmerzen

WS25

S . 116

Topische Therapieformen bei neuropathischen Schmerzen –

WS19

S . 110

Chronische Schmer-zen bewältigen oder akzeptieren?

WS24

S . 115

Neurologischer Untersuchungskurs für Schmerzthera-peuten

WS16

S . 107

Stellenwert der klinischen Untersu-chungen bei musku-loskelettalen...

WS21

S . 112

Red Flags und Screeningtests bei Schmerzen in der unteren Extremität...

WS26

S . 117

Schlaglichter der Kinderschmerzthe-rapie – Schmerzent-wicklung...

WS17

S . 108

Biofeedback

WS22

S . 113

Beyond TENS: Ma-trixstimulation - von der Neurobiologie, Wirksamkeit und Sicherheit...

WS27

S . 118

„Ich bilde mir den Schmerz doch nicht ein“ – Bio-psycho-soziale Zusammen-hänge...

WS18

S . 109

Typische Fehl-diagnosen und Möglichkeiten der interdisziplinären Aufklärung

WS23

S . 114

Sonographie – Risikoreduktion für Patient und Therapeut durch...

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Freitag, 13. Oktober 2017Donnerstag, 12. Oktober 2017

WORKSHOPS WORKSHOPS

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Mittwoch, 11. Oktober 2017

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Nicht-spezifischer Rückenschmerz, NVL 2017

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Multimodales Assessment bei Rückenschmerzen

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S . 70

Psychologische Diagnostik und Behandlung von chronischen Schmerzstörungen: Teil 2 Behandlung

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Kopfschmerz 1

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Neuropathischer Schmerz

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Psychologische Diagnostik und Behandlung von chronischen Schmerzstörungen: Teil 1 Diagnostik

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Akutschmerz

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Somatische Diagnostik beim Schmerz (Labor, Radiologie, Ultraschall, Neuro-physiologie)

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Sucht / Entzug / Übergebrauch: Analgetika, Opiate, Hypnotika

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Kopfschmerz 2

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Schmerz und Geriatrie

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Tumorschmerz

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Diagnostische und therapeutische Lokalanästhesie myofaszialer...

WS01

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Training interpersoneller Verhaltens- und Steuerungskompe-tenz ...

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Abrechnung ambu-lanter Schmerzthe-rapie (Arzt)

WS02

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Abrechnung ambulanter Schmerztherapie (Psychologie)

WS07

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Der schwierige Fall – Ein Videoseminar zum praktischen Umgang mit Schmerzpatienten

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Sinnvolle Diagnostik und Therapie bei neuropathischen Schmerzen – ein Fallseminar

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Biofeedbackthera-pie bei Kopfschmer-zen und Migräne

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Stress & Schmerz: Untersuchung und Biofeedback bei Kopf- und Gesichts-schmerz

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Neuroorthopädische Untersuchung für Schmerzmediziner

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Physiotherapie korrekt verordnen – Der richtige Umgang mit der Heilmittel-verordnung

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Hands on! Manu-elle Techniken zur Untersuchung von Schmerzpatienten

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Naturheilkunde in der Schmerz-therapie

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Palliativ

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Spiegeltherapie 2.0

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Behandlung schmerzbezogener Angst bei Rücken- und Kopfschmerzen

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Mindfullness-Based Stress Reduction in der Therapie chro-nischer Schmerzen

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Begutachtung von Schmerzen

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Topische Therapieformen bei neuropathischen Schmerzen –

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Chronische Schmer-zen bewältigen oder akzeptieren?

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Neurologischer Untersuchungskurs für Schmerzthera-peuten

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Stellenwert der klinischen Untersu-chungen bei musku-loskelettalen...

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Red Flags und Screeningtests bei Schmerzen in der unteren Extremität...

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Schlaglichter der Kinderschmerzthe-rapie – Schmerzent-wicklung...

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Beyond TENS: Ma-trixstimulation - von der Neurobiologie, Wirksamkeit und Sicherheit...

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„Ich bilde mir den Schmerz doch nicht ein“ – Bio-psycho-soziale Zusammen-hänge...

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Typische Fehl-diagnosen und Möglichkeiten der interdisziplinären Aufklärung

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Sonographie – Risikoreduktion für Patient und Therapeut durch...

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Samstag, 14. Oktober 2017

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Die Seitenzahlen beziehen sich auf das Programmheft des Kongresses.

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7Current congress | Highlights

Projizierter/übertragener Schmerz im Kopf-Hals-BereichWelche Implikationen ergeben sich für die Therapie?

Kopfschmerzen entstehen bekanntermaßen bei Reizung meningealer Strukturen, wenn nozizeptive Afferenzen der harten Hirnhaut (Dura mater encephali) oder der großen intrazerebralen Arterien aktiviert werden [1]. Ob dies auch für primäre Kopfschmerzen wie Span-nungskopfschmerz, Migräne oder trigemino-autonome Schmerzerkrankungen gilt, ist nicht geklärt. Es wird aber angenommen, dass zumindest die sekundären Neurone im trigeminalen Hirnstamm (spinaler Trigemi-nuskern einschließlich der ersten 3 zervikalen Segmen-te) involviert sind, wenn die trigeminale Schmerzbahn aktiviert wird und das Gehirn Kopfschmerz signalisiert,

berichtet Prof. Karl Meßlinger, Erlangen. Von der Art der Verschaltung der primären Afferenzen auf die sekundären Neurone hängt es ab, wie der entstehende Schmerz zu bezeichnen ist und welche Therapiemaß-nahme, zumindest in der Theorie, Erfolg versprechend wäre.

Elektrophysiologische Experi­mente an Tiermodellen zeigen, dass es im spinalen Trigeminus­kern sekundäre Neurone gibt, die rezeptive Felder nicht nur in der Dura mater, sondern auch im Ge­sichtsbereich aufweisen [2]. Diese Neurone gehören meist zu den so­genannten „Wide­dynamic­range“ (WDR)-Neuronen, die mecha-nische Reize über einen weiten In­tensitätsbereich kodieren. Sie wer­den bereits durch leichte mechani­sche Reize wie Berührung im Ge­sicht aktiviert, bei steigender Reiz­stärke bis hin zu noxischen Reizen (z. B. Kneifen) zunehmend stärker. Man muss annehmen, dass sowohl niederschwellige mechanorezep­tive Aβ-Fasern als auch hoch­

schwellige Aβ- und/oder C-Fasern auf solche Neurone konvergieren. Daneben gibt es „nociceptive spe­cific“ (NS) Neurone, die nur durch noxische (schmerzhafte) Reize ak­tiviert werden. Aus den Meningen kommen ausschließlich nozizep­tive Aβ- und/oder C-Fasern, was gut zu der Erkenntnis passt, dass eine Reizung der Dura mater beim Menschen zu keiner anderen Emp­findung führt als Schmerz, gleich welche Stimuli angewandt werden [1].

Kopfschmerzartige Empfindungen sind schlecht lokalisierbarDiese experimentell erzeugten kopfschmerzartigen Empfindun­

gen sind schlecht lokalisierbar, das heißt sie werden gar nicht in der Hirnhaut selbst empfunden, son­dern in Arealen des Kopfes, die ty­pischerweise auch bei primären Kopfschmerzen wie Migräne schmerzen. Bei der Migräne ist manchmal die Kopfhaut so emp­findlich, dass schon die Berührung der Haare schmerzhaft ist (Allody­nie). Wenn diese Schmerzphäno­mene durch die Aktivierung der spinalen WDR-Neurone entstehen, dann müssen sie definitionsge­mäß als ubertragene Schmerzen bezeichnet werden, denn die extra kranialen Afferenzen (z. B. aus der Kopfmuskulatur) sind ja gar nicht aktiviert worden.

Neuronales Tracing an tierischen und menschlichen PräparatenAllerdings haben wir in den letz­ten Jahren durch neuronales Tra­cing an tierischen und mensch­lichen Präparaten und durch funk­tionelle Untersuchungen zeigen können, dass Äste (Kollateralen) meningealer Afferenzen, welche die Dura mater innervieren, durch Suturen und entlang von Vv. emis­saria aus dem Schädel herauszie­hen und extrakraniales Periost so­wie Kopfmuskeln (M. temporalis und Nackenmuskeln) innervieren können [3]. Wurden die extrakra­nialen Kollateralen stimuliert,

konnten wir im Kopfinneren die Freisetzung von Neuropeptiden nachweisen, was auf eine Mitakti­vierung der intrakranialen Kollate­ralen schließen lässt. Umgekehrt ist anzunehmen, dass die Reizung der intrakranialen Afferenzen über einen sogenannten Axonreflex auch die extrakranialen Äste mit­aktiviert. Wenn also uber diese kollaterale Innervation die menin­geale Reizung zur Schmerzempfin­dung außerhalb des Kopfes fuhrt, dann wären diese Phänomene am ehesten als projizierte Schmerzen zu bezeichnen.

Weitreichende Implikationen für die Therapie?Der – zunächst theoretische – Un­terschied könnte weitreichende Implikationen fur die Therapie von Kopfschmerzen haben. Kopf­schmerzen durch Überaktivität meningealer Afferenzen, verstärkt durch die Aktivität ihrer extrakra­nialen Kollateralen, könnten näm­lich auch durch extrakraniale Ma­nipulationen wie Muskelentspan­nung oder Injektion von Lokalan­ästhetika behandelbar sein, wäh­

rend im Falle des ubertragenen Schmerzes die Behandlung der (inaktiven) konvergierenden extra kranialen Afferenzen weitge­hend nutzlos wäre.

Prof. Dr. med. Karl MeßlingerInstitut für Physiologie und Pathophy-siologie, Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg

Literatur1 Ray BS, Wolff HG. Experimental

studies on headache: pain sensiti-ve structures of the head and their significance in headache. Arch Surg 1940; 1: 813–856

2 Schepelmann K, Ebersberger A, Pawlak M et al. Response properties of trigeminal brain stem neurons with input from dura mater ence-phali in the rat. Neuroscience 1999; 90: 543–554

3 Schueler M, Messlinger K, Dux M et al. Extracranial projections of me-ningeal afferents and their impact on meningeal nociception and hea-dache. Pain 2013; 154: 1622–1631

K. Meßlinger

Samstag, 14. Oktober 2017

„Warum strahlt der Schmerz“08:30–10:00 Uhr, Gustav Mahler 1 (08:30–09:00 Uhr: Projizierter bzw. übertragener Schmerz im Kopf­Hals­Bereich)

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Workshops Samstag, 14. Oktober 2017

Ignaz Holzbauer 1 / Workshop 08:30 – 10:00 Uhr

WS29 Schmerzdiagnostik mit Skalen und Fragebögen Vorsitz: P. Nilges (Mainz)

Vorträge / Beschreibung: folgt in Kürze

Zielgruppe: folgt in Kürze

Ziele: folgt in Kürze

Samstag, 14. Oktober 2017 Samstag, 14. Oktober 2017

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Schmerzdiagnostik mit Skalen und Fragebögen

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Pragmatische Akupunktur bei Schmerzen – einfache Praxiskonzepte, auch für Anfänger

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Akute Schmerz- Hypnose; chronische Schmerz-Hypno-therapie

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Fahrtauglichkeit / Arbeitsfähigkeit un-ter Medikamenten

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Metaanalyse für „Ahnungslose“

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„Wenn der Kopf zer-bricht“ – Hypnose und Selbsthypnose bei Kopfschmerzen

WS31

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121www.schmerzkongress2017.deDie Seitenzahlen beziehen sich auf das Programmheft des Kongresses.

ImpressumRedaktion Simone Müller (V.i.S.d.P.) Rüdigerstr. 14, 70469 Stuttgart Tel. 0711/8931-416 [email protected]

Produktion Werner Schulz [email protected]

Satz Fotosatz Buck, Kumhausen/Hachelstuhl

Verantwortlich für den Anzeigenteil Thieme Media Pharmedia Anzeigen- und Verlagsservice GmbH Conny Winter Rüdigerstr. 14, 70469 Stuttgart Tel.: 0711/8931-509 [email protected] Zurzeit gilt Anzeigenpreisliste Nr. 15, gültig seit 1.1.2017

Druck Grafisches Centrum Cuno, Calbe

Verlag Karl Demeter Verlag im Georg Thieme Verlag KG Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart

HinweisGezeichnete Beiträge geben nicht unbe-dingt die Meinung der Redaktion wieder. Eine Haftung für die Richtigkeit der Ver-öffentlichung können Verlag und Redak-tion trotz sorgfältiger Überprüfung nicht übernehmen. Anzeigen und Fremdbei-lagen stellen allein die Meinung der dort erkennbaren Auftraggeber dar.Für Angaben über Dosierungsanweisun-gen, Applikationsformen und Labor-werte kann vom Verlag keine Gewähr übernommen werden.Die Beiträge unter der Rubrik „Forum der Industrie“ stehen nicht in Zusam-menhang mit den wissenschaftlichen Inhalten der Kongress zeitung. Die Rubrik „Forum der Indus trie“ enthält Beiträge, die auf Unternehmens informationen basieren und erscheint außerhalb der Verantwortung des Kongresspräsidiums. Einzelne Beiträge sind ganz oder teilweise von einem Unternehmen gesponsert und separat gekennzeichnet.

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8 Current congress | Highlights

Innovationen bei Schmerz-TiermodellenDie Darstellung der humanen Schmerzempfindung als Herausforderung

Die Verbesserung des klinischen Schmerzmanage-ments durch die Aufklärung von Pathomechanismen und die Identifizierung neuer molekularer, therapeu-tisch relevanter Targets, ist eines der wichtigsten Ziele der aktuellen Schmerzforschung. Tiermodelle stellen eine tragende Säule der Schmerzforschung dar, stehen jedoch auch hinsichtlich ihrer Translation in der Kritik [1]. Um die Translation zu verbessern, sind Lösungsan-sätze, wie die Entwicklung von besser auf die klinische Situation übertragbaren Tiermodellen und die Etab-lierung neuer Methoden zur Charakterisierung und Evaluation klinisch relevanter Schmerzmodalitäten,

gefragter denn je. Dr. Daniel Segelcke, Münster, berichtet hier, was ein gutes Tiermodell ausmacht und wo die Herausforderungen liegen.

Was macht ein gutes Tiermodell aus? Ein gutes Tiermodell sollte im op­timalen Fall den humanen Krank­heitszustand mit der passenden Gewebeverletzung und resultie­renden klinischen Symptomatik reproduzierbar wiederspiegeln, damit eine ausreichende Back­Translation in den Patienten ge­währleistet ist. Zusätzlich dazu mussen auch adäquate Methoden zur Verfugung stehen, die eine kli­nische Symptomatik effektiv erfas­sen können, um der komplexen humanen Schmerzempfindung Rechnung zu tragen [2, 3]. Die Strategie der letzten Jahre zur Ver­besserung der Translation ist zum einen die Entwicklung von kli­nisch relevanten Schmerzmodel­

len (z. B. Nachbildung von ortho­pädischen Operationen [4], post­operative Schmerzmodelle [5]) und zum anderen die Entwicklung neuer Assays zur effektiveren De­tektion von klinisch bedeutsamen, zum Beispiel nicht evozierten Schmerzzuständen [2]; denn nur dieses 2­gleisige Vorgehen ver­spricht translatierbare Ergebnisse zu generieren [5].

Effektive Translation tierexperimenteller Daten nur schwer möglichDie Verwendung von verschiede­nen Säugetierspezies in der biome­dizinischen Forschung begrundet sich vor allem in einer vergleichba­ren Schmerzwahrnehmung und ­verarbeitung, die durch eine evo­

lutionär bedingt ähnliche Neuro­anatomie und Physiologie begrun­det sind. In den letzten Jahren wird jedoch immer deutlicher, dass eine effektive und direkte Translation von tierexperimentellen Daten nur schwer möglich ist und die Ergeb­nisse äußerst vorsichtig interpre­tiert werden mussen, was durch die geringe Erfolgsquote von neuen Substanzen in klinischen Studien eindrucksvoll belegt wird [1]. Die verminderte Translation kann durch verschiedene Faktoren, wie zum Beispiel der hauptsächlichen Verwendung von männlichen, jun­gen Versuchstieren eines be­stimmten Stammes ohne Begleit­erkrankungen, oder des Fehlens von Umwelteinflüssen (Epigene­tik), bedingt sein. Dadurch wird die Übertragbarkeit auf den Men­schen, welche generell ja spezies­spezifisch eingeschränkt ist, weiter limitiert.

Eingeschränkte Generalisierbarkeit durch StudienergebnisseErgebnisse aus Studien mit einem solchen Tierkollektiv sind daher nur spezifisch für eine bestimmte Gruppe (Alter/Geschlecht/Gesund­heitsstaus) zu interpretieren und lassen eine Generalisierbarkeit vermissen. Zusätzlich zum eigent­lichen Schmerz werden beim Pa­

tienten psychologisch­assoziierte Komorbiditäten wie Angst, De­pression, kognitive Dysfunktionen, Schlaflosigkeit, geringe soziale Ak­tivität etc. beobachtet. Diese ru­cken in den Fokus der aktuellen tierexperimentellen Forschung, indem die Wirkung von neuen Substanzen nicht nur ausschließ­lich auf die analgetische Kompo­nente reduziert, sondern auch auf das psychologisch­assoziierte Ver­halten erweitert werden muss.

Weiterentwicklung und Innovationen werden dringend benötigtDie Verwendung von Tiermodel­len in der Grundlagenforschung und damit auch in der Entwick­lung neuer Medikamente und Therapien ist bisher alternativlos. Fakt ist, dass eine Verbesserung der Translation und der Back­Translation in den Patienten („bedside­to­bench­to­bedside") nur dann gelingt, wenn die Wei­terentwicklung von Schmerz­Tier­modellen und Assays zur Detek­tion von Schmerzzuständen und assoziierter Komobitäten weiter vorangetrieben wird. Ansonsten sind echte Fortschritte in der The­rapie­ und Medikamentenent­wicklung nur schwer zu erreichen und aus heutiger Sicht nicht zu erwarten.

Dr. rer. nat. Daniel SegelckeDepartment for Anesthesiology, Opera-tive Intensive Care and Pain Medicine, Universitätsklinikum Münster

Literatur1 Mogil JS, Davis KD, Derbyshire SW.

The necessity of animal models in pain research. Pain 2010; 151: 12–17

2 Pitzer C, Kuner R, Tappe-Theodor A. Voluntary and evoked behavio-ral correlates in inflammatory pain conditions under different social housing conditions. Mol Pain 2016; 12: 1744806916656635

3 Segelcke D, Augustin M, Pogatzki-Zahn EM. Comprehensive exami-nation of movement-related pain behavior after incision with CatWalk XT gait analysis. IASP World con-gress Poster 2016

4 Majuta LA, Guedon JG, Mitchell SA et al. Anti-nerve growth factor the-rapy increases spontaneous day/night activity in mice with ortho-pedic surgery-induced pain. Pain 2017; 158: 605–617

5 Pogatzki-Zahn EM, Segelcke D et al. Postoperative pain – from mecha-nisms to treatment. Pain Reports 2017: 2: e588

Neurorehabilitation des SchlaganfallsFunktionstherapeutisches Schmerzmanagement

Die Komplexität der Symptome nach einem Schlag-anfall macht ein interdisziplinäres und aufeinander abgestimmtes Vorgehen für die erfolgreiche Neurore-habilitation erforderlich. Kommen zusätzlich noch Schmerzen hinzu, ist schnelles Handeln gefordert, denn die Studienlage zeigt, dass eine frühere Mobilisation von Schlaganfallpatienten eine signifikant bessere Funktionserholung im motorischen Bereich nach sich zieht [1]. Tatjana Brendel, Bad Neustadt a.d. Saale, geht hier näher auf das funktionstherapeutische Schmerz-management bei Schlaganfallpatienten ein.

Pro Jahr erleiden in Deutschland entsprechend den vorliegenden epidemiologischen Daten mehr als 250 000 Patienten einen Schlagan­fall, bei fast 3 Viertel der Betroffe­nen bleiben Defizite bestehen, die den Alltag einschränken.

Rehabilitation nach Schlaganfall startet in der AkutphaseUm ein möglichst gutes Outcome zu erzielen, startet die funktions­therapeutische Rehabilitation nach einem Schlaganfall bereits in der Akutphase, orientiert an den medi­zinischen Begebenheiten und in Abhängigkeit des Patientenziels und den bestehenden Ressourcen. Die Therapie ist aufgrund der Viel­falt der bestehenden Funktionsein­schränkungen sehr komplex – eine Komplexität, die sich noch ver­stärkt, sobald Schmerzen hinzu­

kommen, die den Patienten bei der Funktionstherapie einschränken.Um durch eine adäquate Behand­lung die bestehenden Rehabilitati­onsziele verfolgen zu können, ist eine Klassifizierung des Schmerzes unabdingbar. Der Schluss, dass es sich bei dem Schmerz des Schlag­anfallpatienten gemäß Definition [2] als direkte Folge der Schädi­gung der somatosensorischen Nervenstrukturen im zentralen Nervensystem um einen neuropa­thischen Schmerz handelt, kann so leicht nicht gezogen werden – ins­besondere, da sich die Therapiean­sätze hinsichtlich Ätiologie, aber auch der Zeit, wie lange der Schmerz besteht, deutlich unter­scheiden. Grundlegend wird im Bereich der Funktionstherapie zwischen akutem oder chro­nischem sowie nozizeptivem oder neuropathischem Schmerz unter­

schieden, da fur die befundorien­tierte Anwendung der zur Verfu­gung stehenden Behandlungsme­thoden diese Unterscheidung von größter Wichtigkeit ist.

Häufig kann keine klare Klassifikation erfolgenDurch die demografische Entwick­lung und die Tatsache, dass es sich bei einem Schlaganfall eher um eine Erkrankung im fortgeschritte­nen Alter handelt, kann auch häu­fig keine klare Klassifikation erfol­gen, da Mischformen des Schmer­zes in Bezug auf Ätiologie und Zeitpunkt des Auftretens bestehen können: Oftmals treten nach ei­nem Schlaganfall Schmerzen auf, die bis dato gut beeinflussbar wa­ren, da nun die bisherigen, nicht medikamentösen Behandlungs­strategien nicht weiterverfolgt werden können. So kann ein nach dem Schlaganfall verändertes Be­wegungsverhalten aufgrund von muskulären Tonusdysbalancen oder auch einem Neglekt plötzlich zu Schmerzen fuhren, die sich negativ auf den Rehabilitations­verlauf auswirken. Besonderes Augenmerk in der Neurorehabili­tation gilt den Schmerzen, die nach einem Schlaganfall im Rah­men eines komplexen regionalen Schmerzsyndroms (CRPS) oder ei­ner Myositis ossificans entstehen.

Tradition und Moderne bilden die BasisAls Ergänzung des von ärztlicher Seite aus eingeleiteten Schmerz­managements stehen im Rahmen der Funktionstherapie sowohl konventionelle Therapiemethoden als auch neuere innovative Be­handlungsansätze zur Beeinflus­sung des Schmerzes zur Verfu­gung. Das funktionstherapeuti­sche Schmerzmanagement in der Neurorehabilitation des Schlagan­falls basiert auf Tradition und Mo­derne: Konventionelle Therapie­methoden wie physikalische Maß­nahmen und myofasziale Techni­ken kommen zum Einsatz, daruber hinaus finden innovative Thera­pieansätze wie Spiegeltherapie oder Biofeedback Anwendung – angepasst an die Ziele und Res­sourcen des Patienten.

Tatjana BrendelM.Sc. Neurorehabilitationsforschung, Leitende Physiotherapeutin der Neurolo-gischen Klinik Bad Neustadt a. d. Saale

Literatur1 Cumming TB, Thrift AG, Collier JM

et al. Very early mobilization after stroke fast-tracks return to walking: further results from the phase II AVERT randomized controlled trial. Stroke 2011; 42: 153–158

2 Treede RD, Jensen TS, Campbell JN et al. Neuropathic Pain: redefinition

and a grading system for clinical and research purposes. Neurology 2008; 70: 1630–1635

D. Segelcke

T. Brendel

Samstag, 14. Oktober 2017

Schmerzmodelle und Messmethoden bei Tier und Mensch

10:30–12:00 Uhr, Stamitzsaal(10:30–11:00 Uhr: Innovationen bei Schmerz-Tiermodellen?)

Samstag, 14. Oktober 2017

Schmerz und Schlaganfall 10:30–12:00 Uhr, Hörsaal Dorint(11:30–12:00 Uhr: Funktionstherapeu­tisches Schmerzmanagement in der Neurorehabilitation des Schlaganfalls)

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10 Current congress | Highlights

Erfahrungen von Schmerzpatienten mit gemeinsamer EntscheidungsfindungGute Kommunikation als Voraussetzung für das Gelingen

Gemeinsame oder partizipative Entscheidungsfindung wird in der Medizin die Interaktion beziehungsweise Kommunikation zwischen Arzt und Patient genannt, die darauf zielt, zu einer von Patient und Arzt gemein-sam verantworteten Übereinkunft über eine angemes-sene medizinische Behandlung zu kommen. Bei einer Befragung zu diesem Thema haben Schmerzpatienten sehr unterschiedliche Erfahrungen geschildert. Sie unterschieden dabei besonders auch zwischen den ärztlichen Fachgebieten. Die Wünsche der Befragten wurden zum Anlass für Vorschläge zu einer verbesser-ten Kommunikation und somit zu einer gelingenden gemeinsamen Entscheidungsfindung genommen.

H eike Norda, Lübeck, geht hier näher auf die Befragungsergebnisse und die darauf basierenden Vorschläge ein.

Schmerzpatienten haben sehr un­terschiedliche Erfahrungen mit der gemeinsamen Entscheidungs­findung. Eine nicht repräsentative Befragung unter etwa 100 Schmerzpatienten zeigte viele po­sitive Erfahrungen auf diesem Ge­biet.

Ergebnisse der BefragungEs erscheint vielen wichtig, dass der Arzt alle Bereiche des Patien­ten kennt und berucksichtigt: die private und berufliche Situation, aber auch die Ziele und Präferen­zen des Patienten. Oft wurde geäu­ßert, dass das beim Hausarzt am besten gelingt, er kennt seine Pati­enten meistens jahrelang. Bei chir­urgisch tätigen Ärzten erleben die befragten Schmerzpatienten selte­ner eine neutrale Beratung, die zu einer abgestuften Behandlung

fuhrte. Über 50 % der Befragten fuhlten sich von Operateuren zu einer Operation gedrängt. Beson­ders schwierig zu sein scheint das Verhältnis auch zu Orthopäden. Dort gelingt eine gemeinsame Therapieentscheidung offenbar nur selten. Von Schmerztherapeu­ten berichten Patienten oft, dass sie sich mehr Zeit als andere Fach­ärzte nehmen. So können sie leich­ter Vertrauen aufbauen, was eine Grundvoraussetzung der gemein­samen Therapieentscheidung ist. Schmerzpatienten haben oft die Befurchtung, dass sie als schwie­rige oder unbequeme Patienten gelten, wenn sie dem Arzt wider­sprechen. Gerade Schmerzpatien­ten, die sich uber ihre Krankheit informieren („Der eigene Schmerz­manager werden“), erleben, dass einige Ärzte Informationen aus

dem Internet generell als unrichtig abtun.

Wünsche der Schmerzpatienten Nicht nur wegen der angespann­ten Versorgungssituation in der ambulanten Schmerztherapie möchten Schmerzpatienten län­gerfristig mit dem Arzt zusam­menarbeiten. Dabei wunschen sie sich, dass sie auf dem Weg zum Experten fur den eigenen Schmerz ermutigt werden. Wenn sie eigene Vorschläge fur die Therapie ma­chen, sollten diese ernst genom­men und nach Möglichkeit in die Therapieentscheidung miteinbe­zogen werden. Sie wunschen sich, dass sie Bewältigungsstrategien erlernen und Lob fur ihre Fort­schritte erhalten. Die Selbstkom­petenzen sollten gestärkt und Selbstheilungskräfte mit einbezo­gen werden. Die Schmerzpatien­ten sind offen für den Einsatz von Placebos, wollen aber Nocebo­Ef­fekte vermeiden.

Verbesserung der KommunikationBesonderen Wert sollten Ärzte da­rauf legen, die Kommunikation mit allen möglichen Mitteln er­folgreich zu gestalten, zum Bei­spiel durch Verwendung der All­tagssprache, immer wieder nach­fragen, Abbau von zusätzlichem Stress in der Gesprächssituation, Berucksichtigung von sprachli­

chen Unzulänglichkeiten (Migran­ten). Dazu gehören auch Schulun­gen in der Gesprächsfuhrung.

Vorschläge für eine gelingende gemeinsame TherapieentscheidungDa jeder Mensch andere Zugänge benötigt, sollten Ärzte „multime­dial“ arbeiten. Seriöse Patienten­informationen zu immer wieder­kehrenden Krankheitsbildern/Hin­tergrunden können ausgelegt, mit­gegeben oder online bereitgestellt werden. Erfolg verspricht auch die Nutzung von Erklärvideos. Aus­, Fort­ und Weiterbildungs­maßnahmen sollten obligatorisch fur Medizinstudenten und Ärzte in Bezug auf Kommunikation und die Arzt­Patienten­Beziehung sein.

Mit Selbsthilfeorganisationen und Selbsthilfegruppen sollte zusam­mengearbeitet werden, um die Kompetenzen der Schmerzpatien­ten zu nutzen und zu stärken.

Heike NordaSchmerzLOS e.V., Unabhängige Ver-einigung aktiver Schmerzpatienten in Deutschland (UVSD), Lübeck

Donnerstag, 12. Oktober 2017

Gemeinsame Entscheidungsfindung in der Schmerzmedizin

15:30–17:00 Uhr, Musensaal(16:00–16:30 Uhr: Erfahrungen von Schmerzpatienten mit gemeinsamer Entscheidungsfindung)

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Migräne und trigeminoautonome KopfschmerzenWas gibt’s Neues?

Migräne ist die häufigste neu-rologische Erkrankung. Lebens-qualität und Leistungsfähigkeit werden durch die Kopfschmerz-attacken deutlich eingeschränkt, was weitreichende psychosoziale Konsequenzen birgt. Trigemino-autonome Kopfschmerzen sind dagegen deutlich seltener. Einen aktuellen Überblick über die neu-en Erkenntnisse bei den beiden Erkrankungsformen geben hier PD Gudrun Goßrau, Dresden, und PD Dagny Holle-Lee, Essen.

Bei trigeminoautonomen Kopf­schmerzen handelt es sich um eine

Gruppe von Kopfschmerzen, die sich durch stärkste einseitige Kopf­schmerzattacken auszeichnet, die von sogenannten trigeminoauto­nomen Begleitsymptomen (z.B. La­krimation, Chemosis und Rhinor­rhö) auf der Seite der Kopfschmer­zen begleitet werden. Zu dieser Kopfschmerzgruppe zählen der Clusterkopfschmerz, die Paroxys­male Hemikranie sowie das SUNCT­Syndrom („short lasting unilateral neuralgiform headache attacks“) und die Hemicrania con­tinua.

MigräneAktuelle Diagnosekriterien unter­scheiden episodische und chroni­sche Migräne (≥ 15 Kopfschmerz­tage pro Monat fur 3 Monate, da­von mindestens 8 Migränetage). Es besteht Komorbidität mit einer Vielzahl an Schmerzerkrankungen aber auch psychiatrischen Erkran­kungen wie Depression und post­traumatische Belastungsstörung [1]. Neben diesen Komorbiditäten erhöht auch eine insuffiziente Akuttherapie das Chronifizie­rungsrisiko der Migräne.

Akuttherapie der MigräneIn der Akuttherapie der Migräne werden nach wie vor nicht stero­idale Antirheumatika, Analgetika und Triptane erfolgreich einge­setzt. Je eher diese in der Attacke eingesetzt werden, desto besser ist die Wirksamkeit. Wichtig ist die Überprüfung des Effekts, da enorme interindividuelle Unter­schiede bestehen. Studiendaten zur Akuttherapie weisen vergleichbare Effekte von Sumatriptan subkutan 3 mg und der seit Jahren zugelas­senen 6 mg­Dosis auf mit redu­zierter Zahl der unerwunschten Nebenwirkungen bei Einsatz der niedrigeren Dosis. Fur Kinder sind Triptane ab 12 Jahren zugelassen (Sumatriptan 10 mg und Zolmit­riptan 5 mg Nasenspray). Bereits zur Diagnosestellung sollte der Patient uber nicht medika­mentöse Prophylaxemöglichkei­ten der Migräne informiert wer­den. Dazu zählen neben aerobem Ausdauersport und Stressbewälti­gungstraining auch die Verbesse­rung der Entspannungsfähigkeit. Die aktuelle Leitlinie der Deut­schen Migräne­ und Kopfschmerz­

gesellschaft summiert Möglichkei­ten von Entspannungstechniken und verhaltenstherapeutischen Interventionen in der Migränebe­handlung [2].

Medikamentöse MigräneprophylaxeEine medikamentöse Migränepro­phylaxe ist dann notwendig, wenn trotz nicht medikamentöser Pro­phylaxe schwere und/oder häufige

Migräneattacken auftreten und ein steigender Analgetikagebrauch vorliegt. Neben Standardpräpara­ten wie Betablockern oder dem Antikonvulsivum Topiramat gibt es Evidenz fur den Einsatz von Amitriptylin, Flunarizin, Cande­sartan und Pestwurz. Nicht inva­sive Neurostimulationsverfahren wie Supraorbitalisstimulation, transkutane Nervus­vagus­Stimu­lation stehen ebenso als Prophy­

G. Goßrau

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11Current congress | Highlights

Sekundäre Kopfschmerzen getriggert durch Liquordruck/VolumenänderungenUrsachen erkennen und Schmerzen lindern

Die Internationale Headache Society Klassifikation (IHS III beta) von 2013 unterscheidet primäre Kopfschmerzen („der Kopfschmerz ist die Erkrankung“) und sekundäre Kopfschmerzen („andere Erkrankungen und Veränderungen sind ursächlich für den Kopfschmerz“) [1]. Im Alltag sind wiederkehrende beziehungsweise anhaltende Kopfschmer-zen signifikant häufiger Folge von primären Kopfschmerzen als von sekundären. Wichtige Ausnahmen für anhaltende, tägliche Kopf-schmerzen sind aber die sekundären Formen, die durch eine Änderung des Liquordrucks beziehungsweise des Liquorvolumens bedingt sind. Diese können leicht verkannt werden, was dann auch zu sekundären Schäden führen kann, berichtet Prof. Andreas Straube, München.

Der idiopathische Liquoruber­druck­Kopfschmerz (fruher Pseu­dotumor cerebri) ist meist ein ho­lozephaler, druckender, mäßig starker, anhaltender Kopfschmerz, der häufiger bei Frauen im jünge­ren bis mittleren Lebensalter auf­tritt und zum Teil mit weiteren Symptomen wie plötzlicher kurz­zeitiger Visusverlust, Tinnitus, Ab­duzensparese und im Verlauf an­haltende Erweiterung des blinden Flecks einhergeht. Die Prävalenz steigt mit zunehmendem Body­Maß­Index deutlich an (Übersicht in [2]).

Diagnostisch wegweisend: Angabe eines DauerkopfschmerzesDiagnostisch wegweisend ist die anamnestische Angabe eines Dau­erkopfschmerzes in Verbindung mit dem Nachweis einer Stauungs­

papille. Diese kann aber anato­misch bedingt in seltenen Fällen auch fehlen. Die Bildgebung ist meist wenig spezifisch, man findet gehäuft eine sogenannte „empty sella“, einer Erweiterung der Opti­kusscheiden und eine Abplattung des Augenapfels (Abb. 1). Die Diag­nose wird durch eine lumbale Li­quorpunktion mit Druckmessung gestellt, die bei einem normalen Liquor einen erhöhten Öffnungs­druck von > 25 cm Wassersäule zeigt (meist deutlich uber 30 cm). Eine Kernspinbildgebung ist zum Ausschluss symptomatischer Ursa­chen wie gutartige Tumoren, Angi­ome oder Sinus­Venen­Thrombose obligat. Daneben mussen Medika­mente (Tetrazykline, Retinol, usw.) als auch hormonelle Ursachen aus­geschlossen werden.

Idiopathische Form: erhöhter Druck im kraniellen venösen SystemBei der sogenannten idiopathi­schen Form geht man von einem erhöhten Druck im kraniellen ve­nösen System aus, entweder we­gen Kompression der Sinus durch den erhöhten intrakraniellen Druck (ähnlich der venösen Ab­flussbehinderung beim Priapis­mus), Stenosen in den Sinus oder einem erhöhten intrathorakalen Druck (z. B. durch Adipositas) be­dingt. Dementsprechend kann man in einzelnen Fällen durch kurzfristig wiederholte Liquor­punktionen die Kompression der Sinus reduzieren und dadurch eine anhaltende Normalisierung des

Drucks erreichen. Daneben gelten die Reduktion des Körpergewichts und die Reduktion der Liquorpro­duktion durch Hemmung der Car­boanhydrase (Acetazolamid [z.B. Diamox®] bzw. Topiramat [z.B. To­pamax®]) als Therapie der Wahl. Gelingt dieses nicht anhaltend, so ist in Einzelfällen wegen der Ge­fahr der Schädigung des Nervus opticus ein ventrikulo­peritonea­ler Shunt zu diskutieren. In selte­nen Fällen kann die Hypertension auch Ursache fur eine sekundäre Liquorfistel (meist dann nasal) sein.

Komplementäres Krankheitsbild: idiopathische intrakranielle HypotensionAuf den ersten Blick ist das kom­plementäre Krankheitsbild die so­genannte idiopathische intrakra­nielle Hypotension (besser be­kannt als Liquorunterdruck­Kopf­schmerz; Übersicht in [3]). Tat­sächlich ist aber häufig bei der lumbalen Liquordruckmessung kein eindeutig erniedrigter Liquor­druck zu messen (< 9 cm Wasser­säule), da gerade Kompensations­vorgänge dazu fuhren, dass der Liquordruck häufig im normalen Bereich liegt. Die klinische Symp­tomatik besteht aus einem lageab­hängigen heftigen holozephalen Kopfschmerz, wobei diese Lageab­hängigkeit bei längerer Krank­heitsdauer häufig nicht mehr so ausgeprägt nachzuweisen ist. Der Liquor kann eine leichte Zellzahl­ und Eiweißerhöhung zeigen. Kli­nisch können viele weitere Symp­tome wie Hirnnervenparesen, ra­dikuläre Symptome, Hörstörungen aber auch demenzielle Syndrome, Bewegungsstörungen und Be­wusstseinsstörungen auftreten.

Liquorvolumenverlust als letztendliche UrsacheLetztlich ist die Ursache ein Liquor­volumenverlust oder seltener eine Fehlsteuerung des Liquorvolumens (Reduktion des Körperwassers),

basierend auf der Monro­Kellie­Doktrin, die sagt, dass das intra­kranielle Volumen durch den Schä­del vorgegeben ist und Verlust an Liquor durch eine Ausweitung des intrakraniellen Blutvolumens be­ziehungsweise interstitiellen Was­sers ausge glichen werden muss, da das weitere Kompartiment Hirnge­webe stabil ist. Dieses fuhrt zu ei­ner Öffnung von meningealen Shunts und damit auch der Blut­Liquor­Schranke. Die Ursache des Verlustes kann iatrogen durch eine Liquorpunktion/peridurale Fehl­punktion oder durch spontanen Austritt von Liquor an Leckstellen des Duralsacks (Nervenwurzelzys­ten, Einrisse durch Spondylophy­ten, Wurzelausrisse) bedingt sein. Verschiedene genetische Syn­drome (Marfan, Hyperelastizitäts­Syndrome) erhöhen das Risiko.

Diagnostik und TherapieDie Diagnostik besteht in einer umfangreichen Bildgebung mit „Nuclear Magnetic Resonance“ (NMR) des Kopfes mit Kontrast­mittel sowie dann auch der ge­samten Neuroachse (Befunde: pseudo Arnold­Chiari, Kontrast­mittelanreicherung der Meningen (Abb. 2), Einengung der Zysternen

und Hirnschwellung, Erweiterung des periduralen spinalen Venen­plexus). Weitere Bildgebungsver­fahren sind die Postmyelo­CT­Bildgebung und das nuklearmedi­zinische Verfahren. Die Therapie besteht zuerst einmal in Bettruhe und Koffein (3–4 × 200 mg) sowie symptomatische analgetische The­rapie. Bei direktem Nachweis eines Lecks kann in dieser Höhe ein Ei­genblutpatch (ca. mit 20 ml) gege­benenfalls auch wiederholt durch­gefuhrt werden. Wenn dieses nicht zum Erfolg fuhrt, können auch operative Maßnahmen notwendig werden.

Univ.-Prof. Dr. med. Andreas StraubeNeurologische Klinik und Poliklinik & Deutsches Schwindel- und Gleichge-wichtszentrum DSGZ, Ludwig-Maximi-lians-Universität München, Klinikum Großhadern

Literatur1 Headache Classification Committee

of the International Headache Socie-ty (IHS). The International Classifica-tion of Headache Disorders, 3rd Ed. (beta version). Cephalalgia 2013; 33: 629–808

2 Chan JW. Current concepts and stra-tegies in the diagnosis and manage-ment of idiopathic intracranial hy-pertension in adults. J Neurol 2017; [Epub ahead of print]

3 Mokri B. Spontaneous low pressure, low CSF volume headaches: spon-taneous CSF leaks. Headache 2013; 53: 1034–1053

Donnerstag, 12. Oktober 2017

Liquordruck: Zu niedrig, zu hoch und Kopfschmerzen10:30–12:00 Uhr, Arnold Schönberg(11:30–12:00 Uhr: Sekundäre Kopfschmerzen getriggert durch Liquordruck/-volumen-Änderungen)

Abb. 1 35-jähriger deutlich über­gewichtiger Mann mit holozephalen Kopfschmerzen und erweiterten Optikusscheiden (Eröffnungsdruck 36 cm Wassersäule). Quelle: Univ.-Prof. Dr. med. Andreas Straube, München

Abb. 2 MRT­Kopf mit Kontrastmit­tel einer 25-jährigen Patientin mit „Liquorunterdruck-Kopfschmerz“ mit typischer Kontrastmittelaufnahme in den Meningen. Quelle: Univ.-Prof. Dr. med. Andreas Straube, München

laxe zur Verfugung. Nicht invasive Neurostimulationsmethoden spie­len mittlerweile auch in der Be­handlung des Clusterkopfschmer­zes eine wichtige Rolle. Die trans­kutane Nervus­vagus­Stimulation wurde in diesem Fruhjahr auf­grund der vorliegenden guten Stu­diendaten [3] von der Food and Drug Administration (FDA) zur Be­handlung des Clusterkopfschmer­zes zugelassen. Erste Daten zeigen, dass diese Behandlungsmethode möglichweise auch bei Hemicrania continua wirksam sein könnte [4].

Entwicklung neuer MigränemedikamenteNach bildgebenden Studien zur Pa­thophysiologie nimmt der Hypo­thalamus als regulierendes Zent­rum für zirkadianen Rhythmus und

Attackeninitiierung bei Migräne und trigeminoautonomen Kopf­schmerzen eine Schlusselstellung ein [5]. Neurotransmitter wie „cal­citonin gene­related peptide“ (CGRP), Stickstoffmonoxid und Glutamat sind Mediatoren im Ab­lauf der Migräneattacke. Die Ent­wicklung neuer Migränemedika­mente basiert auf diesen Erkennt­nissen. Der orale CGRP-Rezeptor-Antagonist Ubrogepant zur Atta­ckentherapie wird in klinischen Studien gepruft. Der Serotonin­1F­Rezeptor-Agonist Lasmiditan wirkt ohne vasokonstriktive Mechanis­men und stellt nach Phase­II­ und ­III­Studienergebnissen eine aus­sichtsreiche Akuttherapie fur Mig­ränepatienten mit kardiovaskulä­ren Risikofaktoren dar. Gegen CGRP oder CGRP-Rezeptoren gerichtete

monoklonale Antikörper werden zur Prophylaxe der Migräne, aber auch von Clusterkopfschmerz un­tersucht. Bisherige Daten weisen auf die Wirksamkeit und Sicherheit der Präparate hin und eröffnen neue Horizonte der Migränethera­pie sowie der Behandlung von Clusterkopfschmerzen.

Onabotulinumtoxin A als evidenzbasierte ProphylaxeBei chronischer Migräne stellt Onabotulinumtoxin A eine evi­denzbasierte Prophylaxe dar. Langzeituntersuchungen belegen den Effekt der Therapie hinsicht­lich der Kopfschmerzhäufigkeit und der Lebensqualität der Pa­tienten. Patienten mit chronischer Migräne zeigen häufig psychische oder somatische Komorbiditäten,

die ebenso eine spezifische Thera­pie benötigen.

PD Dr. med. Gudrun GoßrauUniversitätsSchmerzCentrum, Univer-sitätsklinikum Carl Gustav Carus an der Technischen Universität Dresden

PD Dr. med. Dagny Holle-LeeWestdeutsches Kopfschmerzzentrum Essen, Universitätsklinikum Essen

Literatur1 Goadsby PJ, Holland PR, Martins-Oliv-

eira M et al. Pathophysiology of mi-graine: a disorder of sensory proces-sing. Physiol Rev 2017; 97: 553–622

2 Kropp P, Meyer B, Dresler T et al. Entspannungsverfahren und verhal-tenstherapeutische Interventionen zur Behandlung der Migräne. Leitlinie der Deutschen Migräne- und Kopf-schmerzgesellschaft. Nervenheilkun-de 2016; 35: 502–515

3 Gaul C, Magis D, Liebler E et al. Ef-fects of non-invasive vagis nerve

stimulation on attack frequency over time and expanded response rates in patients with chronic cluster headache: a post hoc analysis of the randomized, controlled PREVA study. J Headache Pain 2017; [Epub ahead of print]

4 Eren O, Straube A, Schöberl F et al. Hemicrania cotinua: beneficial effect of non-invasive vagus nerve stimu-lation in a patient with a contraindi-cation for Indomethacin. Headache 2017; 57: 298–301

5 Schulte LH, May A. Of generators, networks and migraine attacks. Curr Opin Neurol 2017; 30: 241–245

Donnerstag, 12. Oktober 2017

Update Kopfschmerz15:30–17:00 Uhr, Raum Arnold Schönberg(16:00–16:30 Uhr: Was gibt’s neues bei Migräne?)(16:30–17:00 Uhr: Was gibt es Neues bei trigeminoautonomen Kopf­schmerzen?)

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12 Current congress | Highlights

Chancen und Risiken von Gesundheits-AppsWas ist der Ratschlag an die Schmerzmedizin?

Kaum eine Hochleistungstechnologie kommt uns im Alltag physisch so nahe wie die Vertreter der „Smart“-Familie. Smartphones, Smartwatches, Smartglasses sind längst keine Spielzeuge für Computernerds mehr. Mindestens ein Smartphone hält der Nutzer in den Händen, wobei der Trend eindeutig zum Zweitgerät geht – insbesondere wenn Mobiltechnologie auch in dienstlichen Bereichen eingesetzt wird. Die Tech-nologie bietet privat einen hohen Komfort, auf den auch im Gesundheitskontext nicht verzichtet wer-den will. PD Urs-Vito Albrecht, Hannover, berichtet hier im Speziellen über die Chancen und Risiken von Gesundheits-Apps.

Während die Hardware schon die Mobilität ihrer Anwender unter­stutzt, ist es die Software, hier „Gesundheits­Apps“, die sämtliche Bedurfnisse durch entsprechend verfasste Codezeilen stillen hilft. „Device“ und „App“ eröffnen einen schnellen Zugriff auf Gesundheits­informationen und ­dienstleistun­gen, die maßgeschneidert auf die Kundenbedurfnisse sind, ohne läs­tige Terminabsprachen oder War­tezeiten. Mediziner und Gesund­heitsfachberufler können die Tech­nologie nutzen, um einfacher in Kontakt mit dem zu Behandelnden zu treten, die Diagnostik in le­benstypischen Situationen durch­zufuhren und die Therapie durch digitale Assistenten individueller zu begleiten. Das kann die Thera­pietreue deutlich stärken.

Vom PotenzialAlles plausibel, vieles auf dem Weg, doch wäre es verfruht von disruptiven Ergebnissen zu spre­chen. Hinreichende wissenschaft­liche Belege zur Verbesserung des Gesundheitswesens durch mobile Technologien stehen noch aus, auch wenn es durchaus vielver­sprechende Hinweise gibt. Zur Be­wertung der Technologie ist aller­dings eine Antwort auf die Nut­zenfrage unabdingbar, auch aus Erstattungsgrunden. Eine Evalua­tion nach definierten Standards stellt sich bei digitalen Produkten allerdings als besondere Heraus­forderung dar. Gute Studien ver­schlingen Ressourcen, insbeson­dere Zeit. Letztere ist allerdings

besonders knapp, da die zu evalu­ierende Technologie durch kur­zeste Lebenszyklen und eine hohe Dynamik charakterisiert wird. Es mussen alternative Evaluierungs­modelle und Studiendesigns ent­wickelt werden, die bei diesem Tempo mitkommen und eine hin­reichende Evidenz fur den ge­rechtfertigten Einsatz liefern.

Vom RisikoEs ist nachvollziehbar, dass bei ei­ner noch neuen Technologie die Einschätzung zunächst bezuglich der Risikoaspekte und eher kon­servativ erfolgt. Doch kann eine Berucksichtigung uberzogener An­nahmen zu rigorosen Bewertun­gen fuhren. Wird die digitale Be­richterstattung uber Kurznach­richtendienste und andere soziale Medien primär zur Bewertung he­rangezogen, entsteht der Eindruck, als wurde mit der Nutzung von Gesundheits­Apps ein nachweis­lich höheres Risiko eingegangen werden, als dass ein Gewinn zu er­warten wäre. Diese pauschale An­nahme ist fragwurdig, da weder zum Nutzen noch zu den Risiken genugend wissenschaftlich fun­dierte Information zur Verfugung steht. Diverse Berichte uber Daten­schutzprobleme von Gesundheits­Apps sind zweifelsfrei berechtigt und lassen eine Verbesserung der Situation fur Nutzer fordern. Bei intensiverer Auseinandersetzung handelt es sich keineswegs um aus krimineller Absicht motiviert her­aus entwickelte Sicherheitslucken.

Vielmehr handelt es sich um Nach­lässigkeiten aus Unwissenheit, teilweise Unfähigkeit und man­gelnder Sensibilität fur das Thema. Dem lässt sich durch Aufklärung der Hersteller und das Anbieten von Hilfestellungen begegnen, wo­bei bei krimineller Motivation nicht einmal die Androhung von Sanktionen das Problem löst. Her­steller mussen sich ihrer Verant­wortung bewusst werden und eine qualitätsgesicherte Entwicklung fur den sensiblen Gesundheitsbe­reich verinnerlichen. Die intrinsi­sche Motivation fuhrt zur nachhal­tigen Veränderung. Gesetzliche Regelungen sollen flankieren und den Rahmen vorgeben. Auch Her­steller wollen ein gutes und siche­res Produkt verkaufen, weil ihnen an Nachhaltigkeit gelegen ist. Mit der richtigen Hilfestellung durch Orientierungshilfen können sie hinreichend in ihrer Unterneh­mung unterstutzt werden.

Von der ChanceFakt ist allerdings auch, dass mit­unter Ansätze verwirklicht wer­den, denen konzeptionelle, inhalt­liche oder technische Mängel inne­wohnen. Seien es Apps zum Mela­nomscreening uber Bildanalysen [1] oder Diabetes­Apps, die eine problematische Informationsbasis haben [2]. Unter dem Ansatz der Versorgungsverbesserung erdacht, wurde bei der Planung und Ent­wicklung wohl zu optimistisch auf die Möglichkeiten der Technolo­gien gesetzt, ohne ihre Limitatio­nen zu kennen (und zu beruck­sichtigen). Oftmals fehlte die Kenntnis uber regulatorische Vor­gaben, Standards oder branchen­ubliches Vorgehen. Bei Kenntnis der Herstellerstruktur ist das gar nicht so uberraschend, da die Her­steller primär aus gesundheitsfer­nen Bereichen stammten. Zwangs­läufig führt diese Diversität zu Einbußen der Qualität, welcher al­lerdings durch Thematisierung, Sensibilisierung und das Angebot von Hilfestellungen begegnet wer­den kann und muss. Diese Diversi­tät der App­Landschaft ist es näm­

lich, die unendlich viele Ideen, Methoden und Ansätze generiert. Mit Sicherheit durfen nutzbrin­gende Lösungen fur Patienten, me­dizinisches Personal und Burger zu erwarten sein. Diese Situation darf als Chance fur unser Gesundheits­system begriffen werden und soll nicht aufgrund von uberspannten Risikoängsten verpasst werden.

Mitgestalten!Es kann sich erst im Verlauf zeigen, welchen tatsächlichen Nutzen die Technologie bringt. Doch ist es nicht selbstverständlich, dass wir diesen Punkt der Erkenntnis tat­sächlich erreichen. Verhinde­rungsgrunde wären, dass aus kon­servativen Erwägungen die Mög­lichkeiten der Technologie regula­torisch derart beschnitten werden, dass sie, auf rudimentäre Elemente reduziert, nicht mehr ihr Potenzial ausschöpfen kann. Diese Ein­schnitte resultieren aus einer un­fairen Nutzen-Risiko-Abwägung mit Überbewertung der Risiken. Alle Akteure sind daher aufgeru­fen, sich der Herausforderung zu stellen und nicht nur die Chancen und Risiken zu erkennen, sondern sie auch mit entsprechendem Au­genmaß zu bewerten. Es gilt, ge­meinsam Qualitätskriterien zu entwickeln, die die Bedurfnisse der Anwender nach Sicherheit, Wirksamkeit, Bedienbarkeit und Nachhaltigkeit berucksichtigen und gleichzeitig von den Herstel­lern umgesetzt werden können [3]. Wir erleben einen Paradig­menwechel: Nutzer sind nicht mehr bloß Empfänger von Dienst­

leistungen, sie können und sollen aktiv mitgestalten. Genauso wird die Ärzteschaft angesprochen, da die Heilberufe als Vorbilder zur Implementierung von digitalen Gesundheitslösungen gelten. Be­rufsständische Vertretungen der Heil berufe und Fachgesellschaften sind jetzt gefragt, sich einzubrin­gen, um mitzugestalten. Die Alter­native ist, dass andere dieses tun und zwar weder im Sinne der Pa­tienten, noch im Sinne der Medizi­ner.

PD Dr. med. Urs-Vito Albrecht, MPHPeter L. Reichertz Institut für Medizi-nische Informatik, Standort Medizi nische Hochschule Hannover

Literatur1 Wolf JA, Moreau JF, Akilov O et al.

Diagnostic inaccuracy of smartpho-ne applications for melanoma de-tection. JAMA Dermatol 2013; 149: 422–426

2 Huckvale K, Adomaviciute S, Prieto JT et al. Smartphone apps for calcu-lating insulin dose: a systematic as-sessment. BMC Med 2015; 13: 106

3 Albrecht U-V (Hrsg.). Chancen und Risiken von Gesundheits-Apps (CHARISMHA); Medizinische Hochschule Hannover, 2016. Im Internet: http://www.digibib.tu-bs.de/?docid= 00060000 (letzter Stand: 11.07.2017)

U.-V. Albrecht

Freitag, 13. Oktober 2017

Digitale Revolution in der Behandlung chronischer Schmerzen: e- und m-Health als Durchbruch?!08:30–10:00 Uhr, Musensaal(08:30–09:00 Uhr: Chancen und Risiken von Gesundheits-Apps: Was ist der Ratschlag an die Schmerz­medizin?)

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Viszeralschmerz aus biopsychologischer PerspektiveMechanismen der Gehirn-Darm-Achse

Chronische viszerale Schmerzen sind ein ungelöstes biopsychosoziales und damit auch sozioökonomisches klinisches Problem. Trotz der hohen Prävalenz und Relevanz in vielen klinischen Bereichen ist das Thema Viszeralschmerz selbst innerhalb der Schmerzforschung und -medizin stark unterrepräsentiert. Dem Bereich ge-bührt nach Ansicht von Prof. Sigrid Elsenbruch, Essen, mehr Sichtbarkeit, zumal er sich sowohl klinisch als auch wissenschaftlich immer an Schnittstellen zwischen verschiedenen Disziplinen befindet und die Symptome oftmals mit Scham und Vorbehalten einhergehen. Für eine Vielzahl der Betroffenen erfolgt die Diagnostik

oft erst spät nach vielen teils invasiven Untersuchungen, das diagnos-tische Vorgehen ist uneinheitlich und die zur Verfügung stehenden Therapieverfahren greifen häufig zu kurz, zumal viele Betroffene unter multiplen soma tischen und psychischen Symptomen leiden, was integ-rative Therapie konzepte erfordert.

Dem komplexen Wechselspiel zwischen peripheren und zentral­nervösen Mechanismen bei der Pathophysiologie chronischer vis­zeraler Schmerzen wird das Kon­zept einer bidirektionalen Gehirn­Darm­Achse am besten gerecht.

Gehirn-Darm-Achse aus biopsychologischer PerspektiveAus biopsychologischer Perspek­tive bietet die Gehirn­Darm­Achse faszinierende Forschungsperspek­tiven an der Schnittstelle zwischen Psychologie, den Neurowissen­schaften und der Neurogastroente­

rologie. Eine methodische Heraus­forderung ist dabei die Notwendig­keit klinisch­relevanter Schmerz­modelle, die es beispielsweise er­möglichen, in Kombination mit der Hirnbildgebung die zentralnervö­sen Mechanismen der viszeralen Schmerzverarbeitung zu analysie­ren sowie den Einfluss psychologi­scher Kontextfaktoren auf die Schmerzwahrnehmung und ­be­wertung bei Gesunden und Patien­ten aufzuklären. Wichtig ist die Er­kenntnis, dass sich der von inneren Organen wie dem Magen oder dem Enddarm ausgehende viszerale Schmerz in entscheidenden As­

pekten von somatischen Schmer­zen unterscheidet, sodass sich aus der soma tischen Schmerzfor­schung gewonnene Erkenntnisse nur begrenzt ubertragen lassen.

Hyperalgesie und HypervigilanzDie Mehrzahl der Betroffenen, ins­besondere Patienten mit der Dia­gnose eines Reizdarmsyndroms, weist Störungen der viszeralen Sensorik im Sinne einer Allodynie und Hyperalgesie auf, deren Grundlagen jedoch unvollständig geklärt sind. Die Bedeutung der Hypervigilanz – einem veränder­

S. Elsenbruch

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13Current congress | Highlights

Arzneimittelinteraktionen von SchmerzmittelnWas ist für Klinik und Praxis relevant?

Die leitlinienorientierte Therapie multimorbider, meist älterer Patienten führt zur Polypharmazie. Interaktions-pharmakologie ist komplex und die Gruppe der analge-tisch wirkenden Arzneimittel ist heterogen. Sie unter-scheiden sich in ihrem Wirk- und Nebenwirkungsprofil sowie in ihrem Stoffwechsel. Die Erkenntnisfortschritte aus den letzten Dekaden haben dazu beigetragen, Arzneimittelwechselwirkungen vorherzusagen. Somit können durch sorgfältige Medikamentenauswahl bezie-hungsweise Dosisanpassungen arzneimittelbezogenen Problemen vorgebeugt werden. Bei unumgänglichen Risikokombinationen muss der Verlauf engmaschig kon-trolliert werden, fordert Holger Petri, Bad Wildungen.

Arzneimittelkombinationen sind in der Behandlung von Schmerz­patienten häufig. Es werden phar­makodynamische von pharmako­kinetischen Interaktionen unter­schieden, wobei pharmakodyna­mische Wechselwirkungen von Analgetika durch Nutzen von Syn­ergieeffekten zum Erreichen des Therapieziels beitragen können.

Risiken durch pharmakodynamische WechselwirkungenUnerwunschte Arzneimittelwir­kungen durch pharmakodynami­sche Interaktionen mit Analgetika umfassen unter anderem das Sero­toninsyndrom, Leber­ und Nieren­schäden, kardiale und zentralner­vöse Probleme sowie Blutbildstö­rungen und Blutungsrisiken. Die Kombination der Opioide Fenta­nyl, Oxycodon und Tramadol mit Serotonin­Wiederaufnahmehem­

mer (SSRI)-, Serotonin-Noradre-nalin­Wiederaufnahmehemmer (SNRI)-Antidepressiva und Mono­aminooxidase (MAO)­Hemmer er­höht das Risiko für ein Serotonin­syndrom. Hepatotoxische Effekte von Flupirtin und Paracetamol in Kombination mit Agomelatin und Carbamazepin sind möglich. Ein „Triple Whammy“ fur die Nieren bei gleichzeitiger Verordnung von NSAR mit ACE-Hemmern/Angio­tensinrezeptorblockern und Diu­retika kann zu einer akuten Ver­schlechterung der Nierenfunktion fuhren. Methadon ist mit einem hohen Potenzial fur eine lebensbe­drohliche Torsade­de­pointes­Ar­rhythmie verbunden. Andere Pharmaka mit hohem TdP­Poten­zial sind Amiodaron, (Es­)Citalop­ram, Chinolon­ und Makrolidanti­biotika. Opioide wie Tramadol und Koanalgetika wie Amitriptylin senken wie Bupropion die Krampf­

schwelle. Opioide verstärken die sedierenden Effekte anderer zent­raldämpfender Pharmaka wie zum Beispiel von Benzodiazepinen. Ne­ben Novaminsulfon (Metamizol) gehören Cotrimoxazol, Clozapin, Sulfasalazin und die Thyreostatika zu den nicht antineoplastischen Hochrisikopharmaka einer lebens­gefährlichen Agranulozytose. Bei gemeinsamer Anwendung ist ein erhöhtes Risiko für diese Blutbild­störung nicht auszuschließen. NSAR/COX2-Hemmer erhöhen das Blutungsrisiko von Thrombozy­tenaggregationshemmern, oralen Anitkoagulanzien und SSRI-/SNRI-Antidepressiva.

Risiken durch pharmakokinetische WechselwirkungenPharmakokinetische Wechselwir­kungen fuhren zu Erhöhung oder Erniedrigung des Plasmaspiegels von Pharmakon A durch Pharma­kon B und somit zu Änderungen der Wirkstärke von Pharmakon A. Sie beruhen häufig auf einer Hem­mung oder Beschleunigung im Metabolismus, primär durch Mo­dulation der Enzyme in der Bio­transformation. Hierbei können die Schmerzmittel als „victim drugs“ betroffen sein. Es kann zu toxischen Nebenwirkungen kom­men, aber auch zum Therapiever­sagen fuhren. Niederpotente Opi­oide wie Codein und Tramadol entfalten erst nach Metabolisie­

rung uber das Enzym CYP2D6 opi­oidanalgetische Wirkungen. Nimmt der Patient gleichzeitig CYP2D6­hemmende Arzneimittel ein, mindert dies die Bio­aktivierung („silent drug­drug­in­teraction“). Starke CYP2D6­Inhi­bitoren sind Bupropion, Fluoxetin und Paroxetin. Schmerzmittel wie Etoricoxib, Fentanyl und Oxyco­don sind Substrate von CYP3A4. Bei Gabe von sogenannten Induk­toren des Enzyms können infolge beschleunigter Metabolisierung höhere Dosen der Opioide not­wendig werden. Zu diesen gehö­ren Carbamazepin, Johanniskraut und Rifampicin.Neben dem Koanalgetikum Carba­mazepin können auch andere An­algetika den Stoffwechsel von Ko­medikamenten beeinflussen („Per­petrators“). So hemmt der COX2-Hemmer Celecoxib beispielsweise den Abbau von Meto prolol uber CYP2D6.

FazitInteraktionen sind in der Schmerz­therapie bei Kombinationen hoch relevant. Häufig gewünscht, sind sie aber auch ein Problem fur die Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS). Eine interdisziplinäre Zu­sammenarbeit und eine Bewer­tung der Medikamente auf Inter­aktionsrisiken tragen wesentlich zu einer rationalen und sicheren Pharmakotherapie bei.

Holger PetriFachapotheker für Arzneimittelinforma-tion, Fachapotheker für Klinische PharmazieZentral-Apotheke der Wicker Kliniken Bad Wildungen

Weiterführende Literatur1 Petri H. 22 wichtige Wechselwirkun-

gen von Psychopharmaka. InFo Neu-rologie & Psychiatrie 2015; 17: 48–58

2 Petri H, Grandt D. Interaktionen der Opioidanalgetika auf Ebene der Bio-transformation. Schmerz 2016; 30: 519–525

3 Syhr KMJ, Oertel BG, Geisslinger G. Arzneimittelinteraktionen in der Schmerztherapie. Schmerz 2015; 29: 595–603

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H. Petri

Donnerstag, 12. Oktober 2017

Arzneimittelinteraktionen und – Ne­benwirkungen in der Schmerzmedizin10:30–12:00 Uhr, Musensaal(10:30–11:00 Uhr: Arzneimittelinter­aktionen von Schmerzmitteln – was ist für Praxis und Klinik relevant?)

ten Fokus der Aufmerksamkeit spezifisch für viszerale Symptome – bleibt ebenfalls unvollständig be­kannt. Grundlagen sind neben Auf­merksamkeits­ auch Bewertungs­prozesse, die durch Affektstörun­gen, emotionalen Stress sowie komplexe Lern­ und Gedächtnis­prozesse moduliert werden kön­nen. Aus biopsychologischer Pers­pektive stehen somit Interaktionen emotionaler und kognitiver Pro­zesse im Zentrum des Interesses.

Affektstörungen und StressFunktionelle Magendarmerkran­kungen wie das Reizdarmsyndrom oder die funktionelle Dyspepsie weisen eine hohe Komorbidität mit Affektstörungen auf. Gleiches gilt fur eine erhöhte Prävalenz (fruh­)kindlicher Missbrauchserfahrun­gen beziehungsweise Kindheits­traumata – Befunde, die im bio­psychosozialen Krankheitsmodell als wichtige psychosoziale Risiko­faktoren Berücksichtigung finden. Chronischer Stress ist daruber hin­aus nicht nur eng mit dem Beginn und der Schwere der Symptomatik assoziiert, Betroffene weisen auch eine erhöhte Stressvulnerabilität und eine größere Belastung durch Alltagsstressoren auf. Diese psy­chosozialen Risikofaktoren beein­flussen sowohl die Symptom­schwere als auch die Lebensquali­tät und das Krankheitsverhalten. Daruber hinaus existieren pros­

pektive Studien, die einen komple­xen „Teufelskreis“ zwischen Affekt­störungen, chronischem Stress und gastrointestinalen Symptomen na­helegen. Die Annahme, dass Stress oder Traumata alleinige Erklä­rungsursachen fur die Symptome sein könnten, erweist sich jedoch als vereinfacht. Vielmehr zeigen experimentelle Forschungsansätze unter Anwendung viszeraler Reize die Bedeutung psychosozialer Risi­kofaktoren fur die viszerale Hyper­sensitivität und Hypervigilanz. Mittels Hirnbildgebung können die neuralen Mechanismen analysiert werden, die dem Einfluss emotio­naler und kognitiver Zustands­variablen auf die viszerale Reizver­arbeitung zugrunde liegen.

Kognitionen und Lernprozesse Neurokognitive Aspekte, insbe­sondere schmerzbezogene Erwar­tungen sowie schmerzbezogene Lernprozesse sind zunehmend be­achtete Forschungsthemen im Kontext viszeraler wie auch soma­tischer Schmerzen. Am Beispiel der Placeboanalgesie zeigt sich die Relevanz schmerzbezogener Er­wartungen fur die Schmerzwahr­nehmung beziehungsweise ­be­wertung bei Gesunden und Patien­ten. Furchtkonditionierungspara­digmen, in denen Assoziationen zwischen prädiktiven Hinweisrei­zen und Schmerzreizen gelernt

werden, ermöglichen die Untersu­chung assoziativer Lern­ und Ex­tinktionsprozesse auch in Hinblick auf ihre neuralen Mechanismen.

Univ.-Prof. Dr. Sigrid ElsenbruchInstitut für Medizinische Psychologie & Verhaltensimmunbiologie, Universitäts-klinikum Essen, Universität Duisburg-Essen

Literatur1 Elsenbruch S, Enck P. Psychobiolo-

gische Mechanismen bei der Patho-physiologie chronischer viszeraler Schmerzen. Schmerz 2016; 30: 407–441

2 Elsenbruch S, Häuser W, Jänig W. Viszeraler Schmerz. Schmerz 2015; 29: 496–502

3 Elsenbruch S, Enck P. Placebo effects and their determinants in gastroin-testinal disorders. Nat Rev Gastro-enterol Hepatol 2015; 12: 472–485

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Samstag, 14. Oktober 2017

Vom Bauchgefühl zum Bauchschmerz: Interdisziplinäre Ansätze der translati­onalen Schmerzforschung und perso­nalisierten Therapie beim chronischen Viszeralschmerz08:30–10:00 Uhr, Hörsaal Dorint(09:30–10:00 Uhr: Viszeralschmerz aus biopsychologischer Perspektive: Mechanismen der Gehirn­Darm­Achse)

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14 Current congress | Highlights

Hydromorphon bei starken bis sehr starken Schmerzen: Zuverlässige Schmerzkontrolle durch innovatives 24 h-Präparat

Hydromorphon zeichnet sich im Vergleich zu anderen Opioiden durch eine gute Verträglichkeit aus. Aufgrund seines vorteilhaften pharmakologischen Profils ist der Wirkstoff in der „Praxisleitlinie Tu­morschmerz“ der Deutschen Ge­sellschaft fur Schmerzmedizin (DGS) empfohlene Präferenzsubs­tanz der WHO­Stufe III [1]. Da chronische starke Schmerzen kör­perlichen, psychischen und sozia­len Einflüssen unterliegen, sollte ihre Behandlung die individuellen Anforderungen des Patienten be­rucksichtigen. Konstanz und Zu­verlässigkeit sowohl in der Thera­piebegleitung durch Ärzte und

Pflegepersonal als auch in der Me­dikation sind dabei Aspekte einer guten Versorgung. Eine kontinu­ierliche Analgesie der Schmerzen über 24 h bei einmal täglicher Ein­nahme wird durch die innovative Formulierung von Hydromorphon Aristo® long ermöglicht. In Deutschland leiden etwa 3,25 Millionen Menschen an chroni­schen Schmerzen – Tendenz stei­gend. So hat sich zwischen 2006 und 2014 die Zahl der Patienten, die stationär mit einer multimo­dalen Schmerztherapie behandelt wurden, mehr als verdoppelt [1]. Auch im fortgeschrittenen Sta­dium einer Krebserkrankung sind nozizeptive oder neuropathische Tumorschmerzen eine häufige Be­gleiterscheinung. Werden Schmer­zen nicht adäquat behandelt, lei­det die Lebensqualität. Einschrän­kungen der Mobilität und der sozi­alen Kontakte, Angst und Depres­sionen sind häufige Folgen.

Stabile Schmerzkontrolle für Erhalt der LebensqualitätEine schnelle und weitgehende Be­schwerdefreiheit des Patienten unter Berucksichtigung seiner in­dividuellen Bedurfnisse ist das Ziel jeder Schmerztherapie. Fur eine kontinuierliche Schmerzlinderung über 24 h sind Analgetika nötig, mit denen sich ein gleichbleiben­der Wirkspiegel aufrechterhalten lässt. Dabei hat sich die abendliche Gabe als vorteilhaft fur die Schlafqualität erwiesen, denn nachts werden Schmerzen meist stärker empfunden. Vielfach sind nächtlich absinkende Analgetika­

wirkspiegel hierfur die Ursache. Nicht zuletzt deshalb leiden etwa zwei Drittel der Betroffenen an ei­ner Schlafstörung [1, 2]. Der feh­lende Schlaf fuhrt zu einem erhöh­ten Schmerzempfinden und ist verbunden mit Stimmungs­schwankungen, Angst, Tages­schläfrigkeit und einer weiter sin­kenden Schlafqualität.

Hydromorphon bei TumorschmerzenIn ihrer „Praxisleitlinie Tumor­schmerz“ empfiehlt die DGS als Präferenzsubstanz Hydromorphon [1]. Hydromorphon wirkt bei neu­ropathischen, nozizeptiven und viszeralen Schmerzen. Es verfugt uber eine starke analgetische Wir­kung, eine geringe Plasmaprotein­bindung und unterliegt kaum pharmakokinetischen Wechsel­wirkungen, da eine Metabolisie­rung über Cytochrom P450 (CYP) nicht relevant ist. Hieraus ergibt sich ein bevorzugter Einsatz von Hydromorphon bei Patienten mit Multimedikation. Auch hinsicht­lich der Nebenwirkungen wie Übelkeit und Erbrechen gibt es Hinweise, dass der Wirkstoff ande­ren starken Opioiden uberlegen ist.

Intelligente FormulierungSeit 2014 ist mit Hydromorphon Aristo® long eine innovative gale­nische Weiterentwicklung zuge­lassen, die als Mikropellet­Techno­logie formuliert ist. Diese Galenik ermöglicht bei einmal täglicher Einnahme eine kontinuierliche Freisetzung des Wirkstoffes über

24 h – ohne starke Blutspiegel­schwankungen und somit eine konstante Schmerzkontrolle. In Studien konnten Schmerzspitzen am Ende des Dosierungsintervalls nicht beobachtet werden [1]. Dar­uber hinaus belegen mehrere Bio­äquivalenzstudien eine vergleich­bare Wirksamkeit und Bioverfug­barkeit [1–3]. Das Präparat ist pati­entenindividuell teilbar und auf­grund der Mikropellets auch bei obstruktiver Magenpassage ein­setzbar.Ergänzend dazu steht zur Neuein­stellung opioidnaiver Patienten, bei akuten Durchbruchschmerzen sowie zur Opioidrotation die schnell freisetzende Variante H ydromorphon Aristo® akut und damit eine Substanzkonstanz in Basis­ und Bedarfsmedikation aus einer Hand zur Verfugung.

Literatur1 DGS-PraxisLeitlinien Schmerz-

medizin. Im Internet: http://dg-schmerzmedizin.de/praxisleitlinien/tumorschmerz.html (letzter Stand: 29.06.2017)

2 Barmer GEK Arztreport 2016. Schrif-tenreihe zur Gesundheitsanalyse Band 37; Berlin 2016

3 Davidson JR et al. Soc Sci Med 2002; 54: 1309–1321

4 Liu L et al. Psychiatr Ann 2008; 38: 627–634

5 Studiencode: 1824/DEV. Coordi-nating investigator: Prof. Dr. med. Michael Schäfer, Klinik für Anästhe-siologie mit S. Op. Intensivmedizin, Charité – Universitätsmedizin Berlin

6 Studiencode 191B11; EudraCT Number 2011-002125-22

7 Studiencode 105B12; EudraCT Number 2012-001750-26

8 Studiencode 335B9; EudraCT Num-ber 2011-0021525-22

9 Nold GE et al. CMRO 2016; 32: 869–877

Quelle: nach Informationen der Aristo Pharma GmbH, Berlin

Abb. 1 Tägliche durchschnittliche Schmerzintensität (mm VAS ± 95 %-KI) während der 5­tägigen Evaluierungs­phasen für Hydromorphon Aristo® long und Palladon® retard. Quelle: [1]

Schmerztherapie 4.0 mit Digitalwissen, Kommunikation und Innovation zum Therapieerfolg

12:30 Herausforderungen der digitalen Transformation im Gesundheitswesen Dr. med. Johannes Wimmer

13:00 Das Arzt-Patient-Gespräch – Therapieabbruch leicht gemacht Dipl. Psych. Hans-Günter Nobis

13:30 Interaktion und Innovation im Rahmen der Opioid- Therapie Dr. med. Johannes Horlemann

Deutscher Schmerzkongress 2017 / 11. – 14. Oktober 2017, Mannheim

Freitag, 13.10.2017 / 12:30 – 14:00 Uhr / Gustav Mahler I

Forum der Industrie

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15Current congress | Highlights

Wenn der Kopf zerbrichtHypnose und Selbsthypnose bei Kopfschmerzen

Kopfschmerzen bereiten häufig Kopfzerbrechen. Gewohnte Verhaltensmuster wie das perfekte Funk-tionieren im Alltag können nicht mehr aufrecht-erhalten werden. Der während einer Migräne erlebte Verlust von Kontrolle über den eigenen Körper macht hilflos und deprimiert. An dieser Stelle stoßen auch bewährte Schmerzbewältigungsverfahren an ihre Grenzen. Wie wirksam Hypnose und Selbsthypnose bei Kopfschmerzen sein können, berichtet Dr. Anke Pielsticker, München.

Patienten mit Kopfschmerzen schil­dern meist weniger die Empfin­dung der Kopfschmerzen an sich als vielmehr das Leiden darunter (z. B. Ärger auf den Schmerz, Angst vor einer Zunahme der Schmerzen, Traurigkeit uber die Chronizität der Schmerzen). In der bildgebenden Darstellung der Schmerzverarbei­tung gibt es Hinweise darauf, dass der spontane Schmerz beim chroni­schen Schmerz in erster Linie emo­tionaler Art ist [1]. Schmerzpsycho­therapeutische Ansätze sollten da­her vor allem auf emotionale Schmerzfaktoren Einfluss nehmen.

IndikationHypnose kann sowohl während akuter Kopfschmerzphasen als auch in kopfschmerzfreien Inter­vallen zur Prophylaxe eingesetzt werden. Bei akuten Kopfschmer­zen ist die Hypnotherapie insbe­sondere dort indiziert, wo empfoh­lene Analgetika unwirksam blei­ben oder die Gefahr eines Schmerz­

mittelubergebrauchs besteht.

Anwendung von HypnoseHypnose ist ein Trancezustand, in dem Suggestionen gegeben und Vorstellungsbilder verwendet werden. Unter Trance wird ein ver­änderter Bewusstseinszustand verstanden, in dem es besser als im Alltagsbewusstsein gelingt, ei­nen Zugang zu den eigenen Res­sourcen zu schaffen. In der akuten Kopfschmerzphase werden insbesondere Verfahren angewandt, die eine Schmerzlin­derung bewirken. Bei leichten und mittleren Schmerzen sind die Stra­tegien zur Veränderung oder zur Ablenkung von der Schmerzemp­findung indiziert, bei starken Schmerzen sollten eher Strategien zur Annahme des Schmerzes ange­wandt werden. Im Rahmen der Prophylaxe von erneuten Kopf­schmerzattacken bei Migräne oder bei einer bereits bestehenden Chronifizierung der Kopfschmer­

zen können insbesondere Verfah­ren angewandt werden, mit denen mehr Schmerzakzeptanz und Zu­versicht erreicht werden können. In der Folge entwickelt sich in der Regel eine reduzierte Grundan­spannung, die weniger anfällig fur die Entwicklung neuer Kopf­schmerzphasen macht.

Anleitung zur SelbsthypnoseDie Selbsthypnose ist zum Zwecke der Erhöhung der Kontrolle uber die Schmerzen und das Zuruckge­winnen der Handlungskompetenz ein bedeutsamer Bestandteil der hypnotischen Schmerzkontrolle. Im Rahmen der Selbsthypnose kann sowohl auf Schmerzbilder, die sich aus der Veränderung der Schmerzempfindung entwickelt haben, als auch auf Vorstellungen, die sich aus der Ablenkung von der Schmerzempfindung entwickelt haben, Bezug genommen werden [2]. Das bereits etablierte Schmerz­bild wird dann imaginiert, ohne es weiter zu verändern. Bei einem Pa tienten mit Gesichtsschmerz war dies zum Beispiel das Bild ei­nes auf der Kante stehenden Wurfels, der durchsichtig gewor­den ist und somit weniger Druck beziehungsweise Schmerz auslöst [3].

EvidenzZahlreiche experimentelle und kli­nische Studien zeigen, dass Hyp­

nose bei Schmerzen allgemein eine effektive Methode zur Schmerz­kontrolle darstellt. In den Meta­analysen zur Wirksamkeit konnte sowohl fur akute als auch fur chro­nische Schmerzen eine Schmerz­linderung durch Hyp nose belegt werden [4, 5].

PerspektiveHypnose stellt eine Ergänzung zu bewährten psychotherapeuti­schen Verfahren zur Behandlung von Kopfschmerzen dar. Sie ist gut mit anderen Therapieformen kom­binierbar (wie z. B. Acceptance­Commitment Therapy) bezie­hungsweise kann in solche integ­riert werden kann (wie z. B. in die Verhaltenstherapie). Mit dem res­sourcenorientierten Vorgehen wird zudem darauf hingearbeitet, den Selbstwert des Patienten mit Kopfschmerzen zu stärken und die Selbstheilungskräfte zu mobilisie­ren. Die Hypnose ist damit nicht nur eine der ältesten, sondern auch der modernsten Verfahren in der Schmerztherapie.

Dr. phil. Dipl.-Psych. Anke PielstickerInstitut für Schmerztherapie München(www.institut-ism.de)

Literatur1 Flor H. Bildgebung und Schmerz. In:

Kröner-Herwig B, Frettlöh J, Klinger R, Nilges P (Hrsg.). Schmerzpsycho-therapie. 8. Aufl. Berlin Heidelberg: Springer; 2017

2 Alman B, Lambrou PT. Selbsthypno-se – Das Handbuch zur Selbstthera-pie. Heidelberg: Carl-Auer; 2011

3 Pielsticker A. Das Würfelexperiment – Die Behandlung eines Patienten mit atypischem Gesichtsschmerz. In: Ebell HJ, Schuckall H (Hrsg.). Wa-rum Hypnose? München: Pflaum; 2004

4 Montgomery GH, DuHamel KN, Redd WH. A meta-analysis of hyp-notically induced analgesia: How effective is hypnosis? Int J Clin Exp Hypn 2000; 48: 138–153

5 Bongartz W, Flammer E, Schwonke R. Die Effektivität der Hypnothera-pie. Eine meta-analytische Studie. Psychotherapeut 2002; 47: 67–76

A. Pielsticker

Samstag, 14. Oktober 2017

„Wenn der Kopf zerbricht“ – Hypnose uns Selbsthypnose bei Kopfschmerzen(Workshop)08:30–10:00 Uhr, Ignaz Holzbauer 4

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Sickness Behavior, Immunaktivierung, Depression und SchmerzWo liegen die Zusammenhänge?

Systemische Ent-zündungsprozesse tragen nicht nur zu einer erhöhten Schmerzsensitivi-tät bei, sondern bieten auch einen Erklärungsansatz für weitere komor-bide, einschließ-lich affektiver Symptome bei

chronischen Schmerzerkrankun-gen. Welche Befunde diese Hy-pothese unterstützen, berichtet hier Prof. Sven Benson, Essen.

Schmerz und EntzündungsprozesseSchmerz wurde bereits fruh als ein Kardinalsymptom der Entzundung beschrieben. Neben der lokalen Aktivierung von Nozizeptoren können Entzundungsmediatoren wie proinflammatorische Zytokine auch zu einer zentralen Sensitivie­rung und somit zu einer Hyperal­gesie beitragen [1]. Zytokine sind nicht nur „Key Player“ in der loka­len und systemischen Immun­regulation, sondern können uber neurale und humorale Kommuni­kationswege auch das zentrale Nervensystem (ZNS) erreichen [2]. Die resultierenden unspezifischen

Krankheitssymptome wie Mudig­keit, gedruckte Stimmung und erhöhte Schmerzempfindlichkeit werden unter dem Begriff des „Sickness Behavior“ zusammenge­fasst [2] und wurden vermutlich von jedem schon einmal während eines grippalen Infektes erlebt. Bei einer akuten systemischen Im­munaktivierung wird das Sickness Behavior als eine adaptive Reak­tion betrachtet, die zu einem Schonverhalten fuhrt. Bei chroni­schen Entzundungsprozessen hin­gegen können die Symptome des Sickness Behaviors selbst einen Krankheitswert erhalten. So wer­den systemische Entzundungs­prozesse sowie eine veränderte Neuro­Immun­Kommunikation inzwischen als pathophysiologi­sche Komponenten verschiedener Schmerzsyndrome betrachtet und spielen möglicherweise auch bei funktionellen Schmerzsyndromen eine Rolle [1, 3].

Schmerz, Depression und EntzündungsprozesseSchmerz und negative Emotionen weisen komplexe und reziproke Verbindungen auf [3]. Das Risiko fur chronische Schmerzen ist nach einer Erkrankung aus dem depres­siven Formenkreis erhöht, und de­pressive Symptome können die

Symptomatik bei chronischen Schmerzerkrankungen verstärken und aufrechterhalten [3]. In den letzten Jahren wurde die viel beachtete Hypothese entwi­ckelt, dass entzundliche Prozesse einen Risikofaktor für psychiatri­sche Erkrankungen insbesondere aus dem depressiven Formenkreis darstellen [4]. Zahlreiche chro­nisch­entzundliche Erkrankungen, darunter auch verschiedene Schmerzsyndrome, gehen mit ei­ner erhöhten Prävalenz depres­siver Erkrankungen einher [3]. Wenngleich systemische Entzun­dungsprozesse weder notwendig noch alleinig hinreichend fur die Genese einer Depression sind, weist doch ein substanzieller An­teil depressiver Patienten erhöhte Entzündungswerte auf [4].

Schmerz in experimentellen StudienUm die wiederholt dokumentier­ten, komplexen Zusammenhänge zwischen systemischen Entzun­dungsprozessen, negativen Emo­tionen und Schmerz einer experi­mentellen Untersuchung zugäng­lich zu machen, bietet sich das etablierte Modell der experimen­tellen Endotoxämie an. Hierbei wird niedrig dosiertes bakterielles Endotoxin wie zum Beispiel Lipo­

polysaccharid (LPS) bei gesunden Probanden angewendet, um eine transiente systemische Entzun­dungsreaktion zu induzieren und so Symptome des Sickness Be­haviors zu untersuchen [2]. LPS, ein Zellwandbestandteil gramne­gativer Bakterien, induziert uber den Toll-like-Rezeptor (TLR)-4 eine Aktivierung von Zellen der unspe­zifischen Immunabwehr, was in einem transienten Anstieg von Entzundungsmediatoren wie TNF-α und Interleukin-6 resul­tiert. In einer Reihe human-expe­rimenteller Studien unserer und anderer Arbeitsgruppen konnten nach der Applikation von niedrig dosiertem LPS signifikant redu­zierte somatische und viszerale Schmerzschwellen dokumentiert werden (z. B. [5]). Neben einer er­höhten Schmerzsensitivität wur­den nach LPS­Gabe auch Fatigue, Veränderungen von Schlaf und Appetit, leichte kognitive Beein­trächtigungen und eine negative (depressionsähnliche) Stimmung gezeigt. Mittels funktioneller MRT wurde daruber hinaus auch eine veränderte zentrale Verarbeitung von emotionalen und schmerzhaf­ten Stimuli nachgewiesen [2].

Prof. Dr. rer. medic. Sven BensonInstitut für Medizinische Psychologie und Verhaltensimmunbiologie, Universitäts-klinikum Essen

Literatur1 Ren K, Dubner R. Interactions bet-

ween the immune and the nervous systems in pain. Nat Med 2010; 16: 1267–1276

2 Schedlowski M, Engler H, Grigoleit JS. Endotoxin-induced experimental systemic inflammation in humans: A model to disentangle immune-to-brain communication. Brain Behav Immun 2014; 35: 1–8

3 Walker AK, Kavelaars A, Heijnen CJ et al. Neuroinflammation and co-morbidity of pain and depression. Pharmacol Rev 2014; 66: 80–101

4 Miller AH, Raison CL. The role of inflammation in depression: from evolutionary imperative to modern treatment target. Nature Reviews Immunology 2016; 16: 22–34

5 Wegner A, Elsenbruch S, Maluck J et al. Inflammation-induced hyper-algesia: effects of timing, dosage, and negative affect on somatic pain sensitivity in human experimental endotoxemia. Brain Behav Immun 2014; 41: 46–54

S. Benson

Samstag, 14. Oktober 2017

Sickness Behavior: Immunsystem, Emotionen und Schmerz08:30–10:00 Uhr, Stamitzsaal(09:30–10:00 Uhr: Sickness Behavior, Immunaktivierung, Depression und Schmerz)

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