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Dialektisch behaviorale Therapie (DBT) zur Behandlung Menschen mit einer Borderline Persönlichkeitsstörung
Dr. Christos Chrysanthou und Dr. Klaus Höschel
LWL-Klinik Lengerich
17.02.2010
Tagung des LWL-Forschungsinstitutes
• Altersabhängige Häufigkeit der BPS:- mit 15 Jahren: ca. 6 % - mit 20 Jahren: ca. 4,2% - mit 45 Jahren: ca. 0,7%
•
Epidemiologie und Verlauf
0 %
1%
2 %
3 %
4 %
5 %
6 %
7 %
15 2 0 2 5 3 0 3 5 4 0 4 5
BPD Remissionsraten (Zanarini et al.)
0
50
100
150
200
250
300
0 2 Jahre 4 Jahre 6 Jahre 8 Jahre 10 Jahre
• ABER: Unterschiedliche Verläufe der unterschiedlichen Symptome:
• Langzeitfolgen der BPS:- Suizidraten steigen mit dem Alter (4-7%)- zunehmende somatische Probleme (Schmerzsyndrome, metabolische Syndrome mit BMI>30, zunehmende internistische und orthopädische Probleme)
- schlechte psychosoziale Anpassung (Arbeit, Partnerschaft, Freunde, soziale Absicherung...)
Epidemiologie und Verlauf
Studie zu Langzeitverläufen der BPS -
Achse I Baseline 2 Jahre 4 Jahre 6 Jahre
Major
Depression 86% 68% 61% 61%Dysthymia 44,8% 33,8% 29% 44,5%Bipolar II 5,5% 6,9% 6,7% 4,6%Substance Use 62% 29% 23% 19%Alkohol 50% 20% 14% 11%Drogen 46% 20% 15% 13%PTSD 58% 51% 42% 35%Anorexie 21% 3,6% 1,1% 2,1%
Zanarini et al., Am J Psychiatry, 2004; 161
• Ca. 24.000 ambulant tätige Therapeuten (9.000 Psychiater und 16.000 Psychologen)
• Wenn nur 50% der 650.000 deutschen BPS-Patienten ambulant behandelt werden sollten, müsste jeder Therapeut 14 Borderline-Patienten behandeln
• ABER: 30% ambulanter Therapeuten lehnen die Behandlung von BPS-Patienten prinzipiell ab (Jobst et al., 2009)
• 50% der Therapeuten stimmen zu, dass die Borderline-Behandlung eine spezialisierte Ausbildung voraussetzt
• Nur 3% der Therapeuten verfügen über eine solche
• Nur 0,07% der BPS-Patienten erhalten ambulante Therapien mit Wirksamkeitsnachweis!
• Unspezifische Behandlungen enden in 75% der Fälle mit Therapieabbrüchen, Weiterüberweisungen oderSTATIONÄREN EINWEISUNGEN
Behandlungsrealität in Deutschland
• 15-20% der Patienten in Psychiatrischen und Psychosomatischen Kliniken erfüllen die Kriterien der BPS
• Die Wahrscheinlichkeit, dassein Patient nach einer Erst-hospitalisierung innerhalb dernächsten 12 Monate erneut stationär aufgenommen wird, beträgt 80% !
• Durchschnittliche stationäreBehandlungstage von therapie-suchenden BPS-Patienten =
64 ! (Jerschke et al., 1998)
Behandlungsrealität in Deutschland
• Ambulante Dialektisch behaviorale Therapie (8 RCTs)
• Ambulante Schematherapie (2 RCTs)
• Teilstationäre Mentalisierungsbasierte Therapie (2 RCTs)
• Ambulante Übertragunsfokussierte Therapie (2 RCTs)
Behandlung, Wirksamkeitsnachweise (RCTs) liegen vor für
Dialektisch-Behaviorale Therapienach Marsha M. Linehan
• störungsspezifisches Behandlungskonzept für chronischsuizidale
Patientinnen mit BPS
• basiert auf kognitiv-behavioralen Methoden
• integriert Vorgehensweisen aus unterschiedlichen therapeutischen
Schulen (Gestalttherapie, Hypnotherapie)
• erweitert Psychotherapie um fernöstliche Meditationstechniken
Fokusieren stark auf die psychotherapeutische Behandlung psychopathologischer Symptome :
- wie suizidales Verhalten
-selbstverletzendes Verhalten
- impulsives Verhalten /Therapiezerstörendes Verhalten
-und Verringerung der Symptomatik von gemeinsam mit der BPS auftretenden schweren Achse-I Störungen wie schwere Depressionen, posttraumatische Symptomatik, schwere Angststörungen, Essstörungen, Substanz-missbrauch.
-Keine Verbesserung im sozial-beruflichen Funktionieren !!!
StandardStandard--DBTDBT (Manualen Linehan, 1993;
Bohus und Wolf, 2009): Behandlungsziele: Behandlungsziele
SS--DBT (StandardDBT (Standard--DBT), 1 Jahr:DBT), 1 Jahr:
Wirksamkeit nachgewiesen durchWirksamkeit nachgewiesen durch
- Reduktion der Therapieabbrecherquote auf 10-20%
- Reduktion von Suizidversuchen und Selbstverletzungen
- Reduktion der psychopathologischen Gesamtsymptomatik bei ca. 60% der Behandelten in den Normalbereich
- Reduktion der verursachten Behandlungskosten im Gesundheitssystem um ca. 75% (Comtois et al., 2007)
- Keine Daten zur Verbesserung der psychosozialen Anpassung !!!
- Keine publizierten manualisierten Strategien zur Verbesserung der Lebensqualität und der psychosozialen Anpassung, wenn die Verbesserung der Symptomatik erreicht wurde
SS--DBT (StandardDBT (Standard--DBT):DBT):
FormatFormat
1. Ambulante Einzeltherapie 1 Std/W
2. Gruppenskillstraining 2,5 Std/W
3. Telefoncoaching (persönliche Grenzen!)
4. Wöchentliche Therapeutenteamsitzung
5. Ergänzende Behandlungen
DBT-Modifikationen
• DBT für Sucht (DBT-S; Linehan et al., 1999)
• DBT für Essstörungen (z.B. Telch et al., 2001)
• DBT bei Depressiven (Lynch et al., 2003, 2007)
• DBT stationär (Bohus et al., 2004)
• DBT für Adoleszente (DBT-A; Rathus & Miller, 2002)
• DBT als Krisenintervention (McQuillan et al., 2005)
• DBT in der Forensik (DBT-F; McCann & Ball, 2000)
• DBT-ACES (Comtois et al., 2006)
• DBT für Eltern, Paare und Familien (Fruzzetti, 2006)
• DBT für ADHS (Hesslinger, Philipsen, Richter)
• DBT für geistig Behinderte (Tatjana Voß)
• DBT für Lernbehinderte (Monika Stich)
Dialektisch behaviorale Therapie der Borderline Persönlichkeitsstörung
Katherine Anne Comtois, Ph.D. et al.
-Stage-I: Unterstützung beim Aufbau grundlegender Fertigkeiten zur Kontrolle von gefährlichen und krisengenerierenden Verhalten sowie über behandlungsgefährdendes Verhalten.
-Stage-II: Vermittlung in Einzel- und Gruppensitzungen von Skills und Aufbau von Kompetenzen mit dem Ziel der Aufnahme einer belohnenden, regelmäßigen und zielgerichteten Arbeitstätigkeit und eine vom Gesundheits- und Sozialsystem unabhängige Lebensführung zu begünstigen und die Integration in unterstützende und normative soziale Netze zu ermöglichen.
Zweistufiges Modell des ACES-Ansatzes
DBTDBT--ACES: FormatACES: Format⇒ Wie SDBT, also
⇒ 1 Std/Woche Einzeltherapie⇒ 2,5 Std/Woche ACES-Gruppenskillstraining⇒ Telefoncoaching⇒ Wöchentliche Teamsitzung⇒ Ergänzende Behandlungen
1. Den Anforderungen NORMATIVER / PRODUKTIVER Arbeit oder Ausbildung gerecht werden und BEZAHLTE Arbeit aufnehmen
2. Unabhängigkeit / Selbständigkeit: Self-Sufficiency = ihre Lebensführung unabhängig von psychosozialen Hilfen bewältigen können
3. Aufbau unterstützender SOZIALER NETZE außerhalb des Gesundheits-systems
DBTDBT--ACES: ACES:
LebensqualitLebensqualitäät erht erhööhen durch....hen durch....
DBTDBT--ACES: ACES:
Erste Daten aus Seattle (Comtois et al., 2008)Erste Daten aus Seattle (Comtois et al., 2008)
DBT-ACES:Ergebnisse von einer Pre-post Evaluation (N=21) Comtois et. al 2006
• Im ersten Jahr bestätigten sie die bekannten Ergebnisse der Studien von S-DBT : Reduktion von Selbstmordversuchen, Klinikeinweisungen, und Behandlungsabbrüche.
• Im zweiten Jahr: DBT-ACES
- 80% der Klienten waren in bezahlter Arbeit, die mittlerere Arbeitszeit betrug 25 Std/Woche mit steigender Tendenz nach Ablauf der Follow-up Periode.
-Nach Abschluß erhielt nur 40% von der Klienten beanschpruchte sozial-/ oder gesundheitlichen Leistungen.
- Die Effekte gegenüber der Kontrollgruppe waren deutlich und die erreichte Ergebnisse waren viel besser als viele Kliniker einschätzen.
•Eine wissenschaftliche Prüfung der Effektivität des Konzeptes ist nötig, da es sich um die erstmalige Verwendung der deutschen Adaptation von DBT-ACES handelt und diese wissenschaftlich nicht überprüft ist.
•Die psychopathologische Symptomatik der Borderline-Patienten lässt sich durch die Applikation von ambulanter DBT mit Stage-I-und Stage-II-Therapie innerhalb von zwei Jahren wesentlich reduzieren.
•Die Lebensqualität und die soziale Integration der behandelten Patienten sowie die Unabhängigkeit vom Versorgungssystem lässt sich durch die Behandlung wesentlich steigern.
Unser Anliegen und die zentralen Hypothesen der Untersuchung
Die Gestaltung unserer Untersuchung
-Es handelt sich also um eine Prä/Post-Untersuchung mit einem Messzeitpunkt unmittelbar vor der Applikation von DBT-ACES und ein Messzeitpunkt nach Abschluss der DBT-ACES Applikation.
-Eine Zwischenmessung beim Übergang von Stage-I in Stage-II
-Und eine 1-Jahres-Katamnese.
-Es ergeben sich also insgesamt 4 Messzeitpunkte bei jedem Patienten (Prä ACES / Übergang Stage-I zu II / Post ACES / Katamnese).
Untersuchungs-Variablen
-Häufigkeit dysfunktionaler Verhaltensexzesse (z.B. schneiden, Rauschtrinken etc., s.a. Zusatzskalen der BSL) -Gesamtsymptombelastung (SCL-90-Summenscore), -spezifische Symptombelastung (BSL-Kurzform), Depressivität (BDI), Ängstlichkeit (STAI), Dissoziation (FDS) -Lebenszufriedenheit (SF-36)-Einkommen aus eigener Arbeitstätigkeit (€), Stunden eigener Arbeitstätigkeit (h) -Beanspruchte Mittel für Leistungen im Gesundheitswesen (€), Beanspruchte Mittel für Sozialleistungen wie Arbeitslosengeld, AU-Rente, Grundsicherung etc. (€)-Vor Beginn der Behandlung ausführliche Diagnostik mit dem IPDE-Interview und dem SKID-I-Interview zur standardisierten Diagnoseerhebung-Es werden zunächst mindestens 17 aufeinanderfolgend in die Behandlung aufgenommene Patienten evaluiert
S-DBT-Setting mit
- S-DBTEinzelbetreuung
- S-DBT Skills-trainingsgruppe
- S-DBTTelefoncoaching
DBT-ACES-Setting mit
- DBT-ACESEinzelbetreuung
- DBT-ACESSkillstrainings-gruppe
- DBT-ACESTelefoncoaching
Ma
xim
al 1
Ja
hr
Maxim
al 2
Jahre
Ma
xim
al 2
Ja
hre
PrüfungTeam-leader
LWL-Klinik LengerichStationäre DBT
Intensiv-Therapie(Station 16.3)
LWL-Klinik LengerichStationäre DBT
Krisenintervention(Station 16.1)
AWP Freiburg (DBT Aus- und Fortbildungs-
zentrum Lengerich)
AG Comtois Seattle
Vorhaben: Entwicklung eines multimodularen regional ausgerichteten DBT-orientierten Versorgungsnetzes im Kreis Steinfurt für Menschen mit einer Borderline Persönlichkeitsstörung
Dachver-band DBT