die berichterstattung der linken deutschen tageszeitungen zum gazakrieg 2009 und ihre positionierung...
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Die Berichterstattung der linken deutschen Tageszeitungen zum Gazakrieg 2009und ihre Positionierung zu den Konfliktparteien. Bachelor-Arbeit von Matthias Galle, TU Dresden. Fertig gestellt im Januar 2010.TRANSCRIPT
TU Dresden
Philosophische Fakultät,
Institut für Kommunikationswissenschaft,
Bachelorarbeit im Studiengang Medienforschung, Medienpraxis
Die Berichterstattung der linken deutschen Tageszeitungen zum Gazakrieg 2009
und ihre Positionierung zu den Konfliktparteien
Matthias Galle
geb. am 23. Januar 1987
Adlergasse 1a
01067 Dresden
1. Gutachter: Prof. Dr. Lutz M. Hagen
2. Gutachterin: Dr. Katrin Döveling
eingereicht am 28. Januar 2010
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung 1
2 taz, Neues Deutschland und junge Welt: Vorwürfe der Israelfeindlichkeit vor
dem Hintergrund ihrer politischen Vergangenheit
2.1 taz 1
2.2 Neues Deutschland 3
2.3 junge Welt 3
3 Forschungsfrage und Vergleich mit einer überregionalen Qualitätszeitung
3.1 Forschungsfrage 4
3.2 Vergleich mit einer überregionalen Qualitätszeitung 5
4 Zum Forschungsinteresse passende aktuelle Studien
4.1 Überblick über die vorgestellten Studien 6
4.2 Studie: „Nahostberichterstattung in den Hauptnachrichten des deutschen
Fernsehens“ 7
4.3 Studie: „Die Nahost-Berichterstattung zur Zweiten Intifada in deutschen
Printmedien unter besonderer Berücksichtigung des Israel-Bildes.
Analyse diskursiver Ereignisse im Zeitraum von September 2000 bis August
2001“ 8
4.4 Studie: „Kommunikationsereignisanalyse ,Libanonkrieg‘. Berichter-
stattungsdynamik und Darstellung der Konfliktparteien“ 10
4.5 Studie: „A Visual Framing Analysis of British Press Photography during
the 2006 Israel-Lebanon Conflict“ 10
5 Methode
5.1 Untersuchungs- und Analyseeinheit, Untersuchungszeitraum und
Stichprobenbildung 12
5.2 Operationalisierung der Forschungsfrage und abgeleitete Variablen 13
5.3 Reliabilität und Validität des Codebuches 14
6 Ergebnisse
6.1 Allgemeiner Überblick über die Berichterstattung 17
6.2 Wer kommt zu Wort? 18
6.3 Was wird gezeigt? 20
6.4 Emotionalität der Bilder 23
6.5 Einzelschicksale 24
6.6 Kommunikation der Konfliktparteien ihrer Ziele, Rechtfertigungen und
Begründungen 26
6.7 Wertung der AutorInnen 28
6.8 Wertungen durch die AutorInnen in meinungs- und tatsachenbetonten
Artikeln 29
6.9 Wertungen in Zitaten 32
6.10 Wer ist der Aggressor? 36
7 Schlussbetrachtungen
7.1 Kritik an der methodischen Gestaltung der Untersuchung 39
7.2 Zusammenfassung 40
7.2.1 Welche Konfliktpartei dominierte die Berichterstattung? 40
7.2.2 Wie differenziert wird über die beiden Konfliktparteien be-
richtet? 41
7.2.3 Wie wurden die Konfliktparteien bewertet? 42
7.3 Diskussion und Ausblick 42
8 Literaturverzeichnis 45
9 Anhang 50
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Emotionalität der Fotos 24
Abbildung 2: Kommunikation der Ziele, Begründungen, Rechtfertigungen 27
Abbildung 3: Wertungen durch die AutorInnen in tatsachenbetonten Artikeln 31
Abbildung 4: Wertungen durch die AutorInnen in meinungsbetonten Artikeln 31
Abbildung 5: Zusammengefasste Aggressor- und Betroffenenrolle 38
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Operationalisierung der Forschungsfrage 14
Tabelle 2: Wer kommt zu Wort? 81
Tabelle 3: Was wird gezeigt? 84
Tabelle 4: Einzelschicksale 25
Tabelle 5: Wertungen durch die AutorInnen 29
Tabelle 6: Wertungen in Zitaten 35
Tabelle 7: Aggressor- und Betroffenenrolle 37
Tabelle 8: Themen der Zeitungen 78
Anhangsverzeichnis
9.1 Codebuch 50
9.2 Exposé 67
9.3 Erster Intracoderreliabilitätstest – ICR-Werte 74
9.4 Zweiter Intracoderreliabilitätstest – ICR-Werte 74
9.5 Themen der Zeitungen 75
9.6 Tabelle 8: Themen der Zeitungen 78
9.7 Tabelle 2: Wer kommt zu Wort 81
9.8 Tabelle 3: Was wird gezeigt? 84
1 Einleitung
Der Nah-Ost-Konflikt ist in der deutschen Linken ein viel diskutiertes Thema.
Schon seit Jahren polarisiert die Auseinandersetzung rund um den Konflikt
zwischen Israel und den PalästinenserInnen die Linke in Deutschland (vgl. Gessler,
2007, S. 357). Dabei sind auch Vorwürfe der Israelfeindlichkeit bis hin zu
Antisemitismus Teil dieser Auseinandersetzung vor dem Hintergrund der deutschen
Vergangenheit. In der Diskussion sind dabei unter anderem die drei linken deutschen
Tageszeitungen die tageszeitung, Neues Deutschland und junge Welt Kritik
ausgesetzt, welche im Kapitel 2 (S. 1) dargelegt wird.
Diese Vorwürfe sind jedoch bisher nicht empirisch belegt oder widerlegt
worden, eine Lücke, welche diese Studie anhand einer Untersuchung der
Berichterstattung zum Krieg im Gazastreifen von Dezember 2008 und Januar 2009
schließen soll.
Weitere Kapitel der vorliegenden Arbeit beschäftigen sich mit Studien, wel-
che sich bereits mit der Berichterstattung verschiedener Medien zum Nahost-Kon-
flikt auseinandergesetzt haben (Kapitel 4, S. 6), mit methodischen Erläuterungen zur
Untersuchung der Berichterstattung der drei linken deutschen Tageszeitungen zum
Gazakrieg (Kapitel 5, S. 12) und der Präsentation der Ergebnisse der vorliegenden
Studie (Kapitel 6, S. 17). Die Ergebnisse der Untersuchung werden nach den im Co-
debuch (Anhang 9.1, S. 50) vergebenen Variablen vorgestellt und im letzten Kapitel
(Kapitel 7.2, S. 40) noch einmal nach den relevanten Teilfragen der Operationali-
sierung der Forschungsfrage zusammengefasst dargelegt.
2 taz, Neues Deutschland und junge Welt: Vorwürfe der Israelfeindlichkeit vor
dem Hintergrund ihrer politischen Vergangenheit
2.1 taz
Die tageszeitung (auch: taz) erschien erstmals am 17. April 1979 (vgl. o.A.,
o.J. f) und entstand als Organ der linken und alternativen Szene der BRD und West-
berlins (vgl. Wilke, 2009 b, S.472), Meyn ordnete die taz auch 2004 noch als „links-
alternative“ (S.96) Tageszeitung ein. Die taz ist eine überregionale Abonnementzei-
tung mit einer verkauften Gesamtauflage von 56 076 Printexemplaren im Hauptzeit-
1
raum der Untersuchung, dem ersten Quartal des Jahres 2009. In dieser Auflagenanga-
be sind alle Regionalausgaben der taz eingeschlossen (o. A., o.J. c).
Die taz, die sich bei ihrer Gründung als „als Sprachrohr linker, alternativer
und ökologischer Gruppen begriff“ (Gessler, 2007, S. 357), entstammt einer Linken,
die zu ihrer Entstehungszeit israelfeindlich geprägt war. Antizionismus war Ende der
1960er, Anfang der 1970er Jahre „unter Linken an deutschen Universitäten praktisch
Konsens“, schreibt Gessler (2007, S. 354). Wurde der Pionierstaat Israel in seiner
Entstehung von der deutschen Linken glorifiziert und umschwärmt (vgl. ebd., S.
352), wandelte sich diese Haltung nach dem Sechs-Tage-Krieg 1967 in Antizionis-
mus begleitet von „fast unbegrenzter ,Solidarität mit dem palästinensischen Volk‘“
(Gerlich, 2004, S. 38). Ideologische Grundlage dafür war ein internationalistischer
Antiimperialismus innerhalb der deutschen Linken (vgl. Harnloser, 2005, S. 188).
Hinzu kam die Unterscheidung zwischen zwei verschiedenen Interpretationen von
Nationalismus. Dieser wurde zum einen positiv, weil „revolutionär“ verstandenen
und von als unterdrückt wahrgenommenen Völkern getragen. Diese Rolle wurde im
Nahost-Konflikt den PalästinenserInnen zugeschrieben (vgl. ebd.). Auf der anderen
Seite stellten die deutschen Linken dem „revolutionären“ Nationalismus einen „im-
perialistischer“ bzw. „kolonialistischer“ Nationalismus gegenüber, welcher Israel
vorgeworfen wurde (vgl. ebd.). Kritische Diskussionen um dieses Denkmuster be-
gannen erst mit dem Zusammenbruch des real existierenden Sozialismus und der Be-
drohung Israels durch irakische Giftgas-Raketen 1991 (Gessler, 2007, S. 357). Diese
Auseinandersetzung „beförderte einen Bruch in der Linken, der bis heute anhält“
(ebd.).
Die antiisraelische Grundhaltung der deutschen Linken in der Gründungszeit
der taz und darüber hinaus, machte sich auch in der linken Tageszeitung bemerkbar.
Gessler schreibt, es hätten auf der einen Seite in der taz Journalisten geschrieben,
„die von den Palästinensern als den ,neuen Juden‘ redeten, die Israelis mit Nazis ver-
glichen und sogar von einem ,umgekehrten Holocaust‘ im Libanon und einer ,Endlö-
sung der Palästinenserfrage‘ phantasierten“ (ebd.). Auf der anderen Seite hätten sich
in der taz aber auch immer „andere Stimmen“ gefunden, „selbstkritische“ (ebd.). Ge-
gen die taz gerichtete Vorwürfe der einseitigen Berichterstattung im Nahost-Konflikt
finden sich, im Gegensatz zum Neuen Deutschland und der jungen Welt kaum, Wein-
thal warf der taz in der linken Wochenzeitung Jungle World allerdings eine „antiis-
raelische Sprache (d.h. Antizionismus)“ vor (2007).
2
2.2 Neues Deutschland
Das Neue Deutschland wurde am 23. April 1946 erstmals in Berlin
veröffentlicht (vgl. o.A., o.J. e) und war SED-Zentralorgan in der DDR (vgl. Wilke,
2009 a, S. 241). Es versteht sich noch heute als „Sozialistische Tageszeitung“. Auch
das Neue Deutschland ist eine überregionale Abonnementzeitung und hatte eine
verkaufte Auflage von 41 116 Printexemplaren im Hauptuntersuchungszeitraum,
dem ersten Quartal des Jahres 2009. (o. A., o.J. d) In der Auflagenzahl ist die
Regionalausgabe für Berlin mit eingerechnet. Die Tageszeitung steht der Partei „Die
Linke“ nahe (vgl. Wilke, 2009 b, S. 472) .
Das Neue Deutschland war ebenso, wie die junge Welt mit seiner DDR-Ver-
gangenheit Teil der Presse eines Staates gewesen, welches antiisraelische und zum
Teil antisemitische Politik betrieb (vgl. Radvan, 2004, S. 39 ff.). Diese Linie wurde
auch in den staatlichen Medien durchgesetzt, denen junge Welt und Neues Deutsch-
land angehörten. So wurde laut Radvan der „Nahostkonflikt und seine Genese (…)
weit gehend proarabisch beschrieben“ (2004, S. 41), dabei die Politik Israels als
„kriegstreiberisch“ interpretiert und „antisemitische Stereotype“ und „Vergleiche mit
dem NS“ herangezogen (ebd.).
Die Berichterstattung des Blattes war nach Einschätzung von Gessler
während seiner Funktion als SED-Parteiorgan geprägt von einer „antizionistisch-
antiimperialistischen Rhetorik“, denn das Blatt vertrat die „Staatsdoktrin der DDR“
(2007, S. 360). Dies hätte sich jedoch gewandelt, während des Israel-Libanon-
Konflikts im Jahre 2006 „formulierte das Neue Deutschland die Kritik an der Politik
Israels (…) deutlich ausgewogener. Aus der grundsätzlichen Sympathie für die
,gegen den westlichen Imperialismus kämpfenden arabischen Völker‘ macht das
Blatt jedoch auch heute kein Geheimnis“ (ebd.).
2.3 junge Welt
Die junge Welt wurde 1947 als Wochenzeitung in Berlin gegründet und er-
scheint seit 1952 als Tageszeitung (vgl. o.A., o.J. a). Das ehemalige Organ der Freien
Deutschen Jugend (FDJ) war die Tageszeitung mit der „höchste(n) Auflage (...) in
der DDR“ (Wilke, 2009 a, S. 219). Die junge Welt versteht sich als „linke, marxis-
tisch orientierte“ Tageszeitung (o.A., o.J. a). Die überregionale Tageszeitung ist aktu-
3
ell nicht IVW registriert, hatte im zweiten Quartal des Jahres 2008 jedoch eine ver-
kaufte Auflage von 14 000 (vgl. Wilke, 2009 b, S.473).
Die junge Welt teilt mit dem Neuen Deutschland ihre DDR-Vergangenheit.
Dennoch wird die junge Welt deutlicher, als das Neue Deutschland, für ihre Positio-
nen im Nahost-Konflikt kritisiert. Ivo Bozic, der Chefredakteur der linken Wochen-
zeitung Jungle World, welche aus der jungen Welt hervorging (vgl. Bozic, 2007),
warf junge Welt-Autor Werner Pirker „rabiaten Antizionismus“ vor (2006). Auf der
Internetseite der konservativen Tageszeitung Die Welt (vgl. Meyn, 2004, S. 95) beur-
teilte Hensel die „Linie des Blattes“ als „antiisraelisch“ (2007). Gessler schreibt über
das heutige Verhältnis der jungen Welt zu ihren politischen Traditionen aus der
DDR: „Im früheren DDR-Jugendblatt hat der SED-Antizionismus, dessen antisemiti-
sche Grundierung nicht zu verleugnen ist, nahezu unverändert überlebt“ (2007, S.
360). „Israels Feldzug im Libanon vom Sommer 2006“ war „innerhalb der jungen
Welt nur als ,Aggression‘ dargestellt (…) und zwar durchweg, während zugleich die
Aggressionen der Hisbollah unter den Tisch fallen“ (ebd.).
3 Forschungsfrage und Vergleich mit einer überregionalen Qualitätszeitung
3.1 Forschungsfrage
Den Vorwürfen der Israelfeindlichkeit gegen die drei linken deutschen Tages-
zeitungen taz, Neues Deutschland und junge Welt beruhen bisher lediglich auf sub-
jektive Eindrücke Einzelner. Ihnen soll anhand der Untersuchung zum Gazakrieg
zwischen Israel und der Hamas im Dezember 2008 und Januar 2009 eine empirische
Grundlage gegeben werden oder sie sollen anhand empirischer Daten widerlegt wer-
den.
Die Fragen, unter welcher die Untersuchung durchgeführt wurde, lautet: Wie
gestaltet sich die Berichterstattung der drei linken deutschen Tageszeitungen junge
Welt, Neues Deutschland und taz zum Krieg im Gazastreifen vom Dezember 2008
und Januar 2009 hinsichtlich der Positionierung zu Israel und den PalästinenserIn-
nen. Lassen sich die im vorangegangen Artikel angeführten Vorwürfe bestätigen oder
widerlegen?
Die These lautet, dass die junge Welt israelkritischer und propalästinensischer
zum genannten Gazakrieg berichtete, als das Neue Deutschland. Die taz war unter
4
den drei Tageszeitungen die am wenigsten israelfeindliche und am wenigsten propa-
lästinensische Zeitung.
Im Exposé dieser Forschungsarbeit wurde angekündigt, dass auch Antisemi-
tismus und antisemitischer Stereotype in der Berichterstattung untersucht werden
sollten. Dieses Vorhaben wurden jedoch nicht umgesetzt, da die Untersuchung der
Phänomene Antisemitismus und antisemitischer Stereotype sehr komplex und viel-
schichtig erschien und sich stattdessen auf die konkrete Positionierung der untersuch-
ten Zeitungen zu den Konfliktparteien und ihrer Darstellung des Konfliktes konzen-
triert wurde.
3.2 Vergleich mit einer überregionalen Qualitätszeitung
Die Untersuchung der Gaza-Berichterstattung sollte nicht nur auf den Ver-
gleich der drei linken Zeitungen beschränkt sein, es sollte auch ein Abgleich mit der
Berichterstattung in einer überregionalen Qualitätszeitung ermöglicht werden, um
generelle Gemeinsamkeiten zwischen den drei linken Tageszeitungen im Vergleich
mit nicht ideologisch links einzuordnenden Publikationen zu entdecken.
Die Auswahl einer der vier Qualitätszeitung (vgl. Meyn, 2004, S. 94 ff.) als
Vergleichsmoment kann zwar nicht verhindern, dass es auch innerhalb einer solchen
Zeitung eine gewisse Positionierung im Konflikt vernehmbar ist, doch sollte sie eine
möglichst ideologiefreie Berichterstattung gewährleisten, was von den linken
Tageszeitungen nicht erwartetet werden kann. Darüber hinaus sollte nicht vergessen
werden, dass es ein „objektives“ Vergleichsmaß nicht geben kann.
Bei der Auswahl der Qualitätszeitung für den Vergleich mit den linken
Zeitungen sollte ein Mittelmaß an Entfernung der politischen Grundhaltung zwischen
zu viel Nähe und zu viel Distanz von den politischen Einstellung der linken
Tageszeitungen gefunden werden. Damit war die Frankfurter Rundschau,
ausgeschlossen, die in ihrer „Grundhaltung (...) als links-liberal“ (ebd., S. 96) gilt.
Von ihr sind zu viele Ähnlichkeiten zu vermuten, als dass ein Vergleich auf
Unterschiede sinnvoll erscheint. Außerdem konnten unter der genannten Bedingung
auch die Frankfurter Allgemeine Zeitung, mit ihrer „liberal-konservativen“ (ebd., S.
95) Grundhaltung und Die Welt ausgeschlossen werden, welche „eher konservative
Positionen“ vertritt (ebd.). Der Vergleich linker mit konservativen Zeitungen könnte
Unterschiede hervorbringen, welche schon allein durch die verschiedenen politischen
5
Grundhaltungen zu erwarten sind. Ausgewählt wurde deshalb die Süddeutsche
Zeitung, welche als „liberale Zeitung“ (Meyn, 2004, S. 94) genau die Mitte zwischen
den anderen drei Zeitungen einnimmt.
4 Zum Forschungsinteresse passende aktuelle Studien
4.1 Überblick über die vorgestellten Studien
Auf den folgenden Seiten sollen vier aktuelle Studien vorgestellt werden,
welche die Medienberichterstattung zum Konflikt zwischen den PalästinenserInnen
und Israel beleuchteten. Die ersten beiden Studien beziehen sich auf den Nahost-
Konflikt ganz allgemein, vorgestellt werden soll zum einen die Studie „Nahostbe-
richterstattung in den Hauptnachrichten des deutschen Fernsehens“ des Instituts für
empirische Medienforschung (IFEM) aus dem Jahr 2002, welche im Auftrag der
Bundeszentrale für politische Bildung entstand. Die zweite Studie in diesem Kontext
wurde unter dem Titel „Die Nahost-Berichterstattung zur Zweiten Intifada in deut-
schen Printmedien unter besonderer Berücksichtigung des Israel-Bildes. Analyse dis-
kursiver Ereignisse im Zeitraum von September 2000 bis August 2001“ vom Duis-
burger Institut für Sprach- und Sozialforschung (DISS) im Jahre 2003 veröffentlicht.
Sie wurde im Auftrag des American Jewish Committee (Berlin) durchgeführt.
In den beiden danach vorgestellten Forschungsarbeiten wurden zwar keine
deutschen Medien untersucht, doch liegt ihr Fokus dafür auf dem Krieg zwischen Is-
rael und der Hisbollah aus dem Jahre 2006. Die Konfliktstruktur dieses Krieges war
ähnlich dem der Auseinandersetzung zwischen der Hamas und Israel im Jahre 2009,
so standen sich in beiden Kriegen die israelische Armee auf der einen Seite und eine
nichtstaatliche militante Gruppe auf der anderen Seite gegenüber, wobei letztere
nicht als Armee agierte, sondern aus zivilen Strukturen heraus kämpfte. In beiden
Kriegen wurde Israel Unverhältnismäßigkeit wegen dem Angriff ziviler Infrastruktur
vorgeworfen. Die erste zum Krieg Israels und der Hisbollah vorgestellte Studie ent-
stand in der Schweiz unter dem Titel „Kommunikationsereignisanalyse ,Libanon-
krieg‘. Berichterstattungsdynamik und Darstellung der Konfliktparteien“, wurde von
Konieczny und Verbali erarbeitet und erschien als Research Paper des fög-For-
schungsbereich Öffentlichkeit und Gesellschaft der Universität Zürich. Die zweite
Studie zum Libanon Krieg von 2006 wurde als Conference Paper auf dem Jahrestref-
6
fen 2008 der „International Communication Association“ mit dem Titel „A Visual
Framing Analyses of British Press Photography during 2006 Israel-Lebanon Con-
flict“ von Parry vorgestellt.
4.2 Studie: „Nahostberichterstattung in den Hauptnachrichten des deutschen
Fernsehens“
Die Studie des „Institut für empirische Medienforschung“ (im Folgenden:
IFEM) im Auftrag der Bundeszentrale für politische Bildung untersuchte die Haupt-
nachrichtensendungen „Tagesschau“ (ARD), „heute“ (ZDF), „RTL aktuell“ (RTL)
und „18.30“ (SAT.1) in einem Untersuchungszeitraum von Januar 1999 bis ein-
schließlich März 2002 (vgl. IFEM, 2002, S. 20). Datengrundlage waren über 75 000
Nachrichtenbeiträge, welche in unterschiedlichen Anteilen in einer Strukturanalyse
auf formale und inhaltliche Merkmale, in einer Inhaltsanalyse qualitativ und quanti-
tativ, sowie in einer Fallanalyse qualitativ-exemplarisch untersucht wurden (vgl.
ebd.).
Eine zentrale Erkenntnis war, dass „je stärker die Gewaltereignisse die Be-
richterstattung dominieren“ auch umso mehr eine „Stereotypisierung des Erschei-
nungsbildes von Israelis und Palästinensern auf Täter- und Opferrollen“ erfolgt (vgl.
ebd., S. 9). Israel kam in dem Konflikt in den vom „Institut für empirische Medien-
forschung“ untersuchten Medien eher die Rolle der überlegenden Konfliktpartei zu,
denn „zum Schlüsselbegriff der Analyse wird eine auf verschiedenen Ebenen zu be-
obachtende Asymmetrie der Konfliktgegner. Diese Asymmetrie hat für das Bild Is-
raels tendenziell ungünstigere Konsequenzen als für die Palästinenser“ (ebd.). In der
quantitativ-qualitativen Analyse der Nahost-Berichterstattung in ausgewählten Unter-
suchungswochen mit höchster Medienaufmerksamkeit erschien „die israelische Mili-
tärmacht (...) zunehmend als Täter, die palästinensische Zivilgesellschaft als Opfer“
(ebd., S. 123). Das Handeln der israelischen Armee wurde dabei überwiegend sicht-
bar dargestellt, während das Vorgehen militanter PalästinenserInnen größtenteils un-
sichtbar blieb (ebd.).
Dabei hatten die Israelis „als Akteure in der Berichterstattung durchgängig
eine höhere Präsenz als die Palästinenser“ (ebd., S. 10). „Explizit verbal geäußerte
Bewertungen gegenüber den am Konflikt beteiligten Akteuren“ waren „eine Selten-
heit in der Berichterstattung. Eindeutig positive oder negative Bewertungen der Ak-
7
teure lassen sich nur in begrenzter Anzahl festzustellen“ (IFEM, 2002, S. 12). Glei-
ches galt auch für Wertungen zu den beiden Konfliktparteien insgesamt, denn „die
Journalisten vermeiden es in der Regel, durch explizite Bewertungen in verbaler
Form eine Position gegenüber den Konfliktparteien zu beziehen“ (ebd.), wenn dann
waren überwiegend eher kritische Wertungen zu vernehmen (ebd.).
4.3 Studie: „Die Nahost-Berichterstattung zur Zweiten Intifada in deutschen
Printmedien unter besonderer Berücksichtigung des Israel-Bildes. Analyse dis-
kursiver Ereignisse im Zeitraum von September 2000 bis August 2001“
Die Studie des „Duisburger Institut für Sprach- und Sozialforschung“ (im
Folgenden: DISS) im Auftrag des „American Jewish Commitee (Berlin)“ untersuchte
die Nahost-Berichterstattung zwischen Ende September 2000 und Anfang August
2001 in den deutschen Periodika FAZ, FR, Spiegel, SZ, Tagesspiegel, taz und Die
Welt. Es wurden Artikel zu vier Ereignissen in der Konfliktregion im Untersuchungs-
zeitraum erfasst, darunter war zum Beispiel der Besuch Ariel Scharons auf dem Tem-
pelberg (vgl. DISS, 2003, S. 3). Dabei wurden Ereignisse ausgewählt, die „Bestand-
teil des deutschen Diskurses über Israel und die Juden insgesamt“ waren (ebd., S.
11). Es wurden 427 Artikel mittels qualitativer Inhaltsanalyse untersucht (vgl. ebd.,
S. 3), mit denen der Mediendiskurs um die Geschehnisse in Israel und den Palästi-
nensergebieten analysiert werden sollte.
Das Duisburger Institut sah im deutschen Printmediendiskurs beide Konflikt-
parteien „vornehmlich massive(n) Negativzuschreibungen“ (ebd., S. 16) ausgesetzt.
Insgesamt wurde von dem Konflikt „der Eindruck eines absolut ungleichen – und da-
mit unfairen – Kampfes hergestellt: Panzer gegen Steine“ (ebd., S. 17).
Dabei machten sich derartige Wertungen auf israelischer Seite „vor allem an
den Soldaten und am Militär insgesamt fest“ (ebd., S. 16). Laut DISS richteten sich
negative Zuschreibungen ganz besonders gegen Ariel Scharon, der die „prominentes-
te Negativgestalt“ gewesen und „vielfältig und durchgängig mit abwertenden Begrif-
fen charakterisiert“ (ebd., S. 17) worden sei. Diese wären zum Teil sogar „antisemi-
tisch aufgeladen“ gewesen (ebd. , S. 17).
Auf palästinensischer Seite, welche „ebenfalls starke negative Wertungen“ er-
fuhr (ebd.) wurden „vor allem die Organisationen der Hamas und des Dschihad (...)
als bedrohliche terroristische Vereinigungen angesehen, die Arafat nicht wirklich un-
8
ter Kontrolle habe“ (DISS, 2003, S. 17). Trotzdem wurden die PalästinenserInnen
„eindeutig in der Rolle der Opfer“ dargestellt (ebd., S. 29).
Die Kritik an Israel und seiner Politik erfolgte in den untersuchten Periodika
häufig durch „israelische und palästinensische Kritikerinnen. Eine Kritik von Palästi-
nensern an der palästinensischen Politik war dagegen nicht oder äußerst selten aufzu-
finden“ (ebd., S. 18). Das Duisburger Institut sah im Untersuchungszeitraum im
deutschen Printmediendiskurs zwar das „Bemühen um eine Berichterstattung, die
beiden Seiten mehr oder minder gerecht zu werden versucht. Dass dieses Bemühen
erfolgreich ist, kann jedoch nicht gesagt werden“ (ebd., S. 19). Sie ergänzten darüber
hinaus, dass es aus der deutschen Perspektive der Medien generell sehr schwer sei,
überhaupt eine ausgeglichene Berichterstattung zu gestalten, denn „auch dort, wo in
der Berichterstattung das Bemühen um Fairness deutlich erkennbar ist, hat die Ana-
lyse zeigen können, dass der deutsche Blick dieses Bemühen konterkariert“ (ebd., S.
20).
Laut DISS waren Teil des Diskurses darüber hinaus gegen den Islam und das
Judentum gerichteten Aussagen, so hätte sich in der Analyse gezeigt, dass „neben
rassistischen Zuschreibungen gegenüber beiden Seiten im deutschen Diskurs antise-
mitische und antijudaistische Diskurselemente direkt oder auch nur in Anspielungen
auftreten, neben solchen, die negativ auf den Islam und auf Muslime zielen“ (ebd.).
Bührmann übte Kritik an der Studie und nennt Risiken, welche das Vorgehen
des DISS birgt. Zwar können diskurstheoretische Forschungsansätze die Fragen be-
antworten „wie, weshalb, welche Diskurse, in welchen gesellschaftlichen Bereichen
hervorgebracht werden und wie so Wahrheiten produziert werden“ (Bührmann, 2005,
S. 11). Allerdings müssten diese Frageperspektiven „kontextualisiert und historisiert“
(ebd.) werden, sonst könnten sie nicht auf „konkrete(n) Interessenslagen der Indivi-
duen“ gedeutet werden (ebd.). Außerdem drohe sonst darüber hinaus in einen „lin-
guistischen Idealismus zu verfallen“ (ebd.). Damit könnte der Vorwurf gegen das
DISS verbunden sein, zu sensibel mit den Beiträgen der einzelnen Diskursteilnehme-
rInnen, also der untersuchten Tageszeitungen, um zu gehen. Denn dies könnte miss-
achten, dass die JournalistenInnen von einem gegebenen Bild, der Nachrichtensitua-
tion im Nahen Osten, ausgehen müssen und nur von diesem aus agieren können. Die
Lage der JournalistInnen könnte dabei für die von Bührmann angesprochene „Inter-
essenlage der Individuen“ (ebd.) stehen.
9
4.4 Studie: „Kommunikationsereignisanalyse ,Libanonkrieg‘. Berichterstat-
tungsdynamik und Darstellung der Konfliktparteien“
Konieczny und Verbali analysierten die Berichterstattung in einem breiten
Sample schweizer Printmedien (vgl. Konieczny & Verbali, 2008, S. 51). Sie be-
schrieben ihr Vorgehen bei ihrer Untersuchung als „systematisch-induktiven Erfas-
sungsvorgang“, bei welchem „Medienbeiträge der zentralen Leitmedien der Schweiz
fortlaufend und ohne thematische Restriktionen zu Issues zusammengefasst“ wurden
(ebd.). „Systematisch-induktiv“ bedeutete dabei, dass „alle Issues der untersuchten
Schweizer Medienarena mit minimal drei Beiträgen zum gleichen Kommunikations-
gegenstand erfasst“ wurden (ebd.). In die meisten Auswertungen gingen 738 unter-
suchte Artikel ein (vgl. ebd., S. 15). Der Untersuchungszeitraum begann Mitte Juli
2006 und endete Mitte August 2006 (vgl. ebd.).
Die schweizer Printmedien rückten laut Konieczny und Verbali „die humani-
täre Katastrophe im Libanon und die Zahl der zivilen Opfer“ im Libanon „ins Zen-
trum“ ihrer Berichterstattung (2008, S. 5). Die drei Hauptthemen in der Berichterstat-
tung waren Kampfhandlungen, Konfliktlösung und humanitäre Folgen/ zivile Opfer
(vgl. ebd., S. 15). Israel wurde in der Berichterstattung zum Libanonkrieg sowohl als
Täter, als auch als Opfer dargestellt (vgl. ebd., S. 22), wobei die dominantere Opfer-
rolle die libanesische Zivilbevölkerung einnahm (vgl. ebd., S. 30). Sowohl „Hisbol-
lah wie auch Israel“ wurden „eindeutig als Aggressoren in diesem Konflikt wahrge-
nommen“ (vgl. ebd., S. 34), die „Täterzuschreibungen (…) in Bezug auf Israel“ wur-
de „auffällig häufig an medienexterne Akteure – insbesondere Experten – delegiert“
(vgl. ebd., S. 5). Die libanesische Hisbollah wurde während des Libanonkrieges von
den schweizer Printmedien sowohl „in den Kontext des Terrorismus gerückt“ (ebd.),
als auch „als Bewegung beschrieben, die starken Rückhalt bei einem Teil der libane-
sischen Bevölkerung geniesst“ (ebd.).
4.5 Studie: „A Visual Framing Analysis of British Press Photography during the
2006 Israel-Lebanon Conflict“
Parry untersuchte die Bebilderung des Krieges zwischen der Hisbollah und
Israel im Jahre 2006 in den der „quality press“ (Parry, 2008, S. 1) zugeordneten Ta-
geszeitungen The Times und Guardian, wobei letzterer als „liberal leftwing“ einge-
10
ordnet wurde (Parry, 2008, S. 2). Zwischen dem 13. Juli und dem 23. August 2006
analysierte Parry 99 Bilder der Times und 112 des Guardian unter Berücksichtigung
der „visual elements“ und dem „verbal context of the photographs“ (ebd., S. 2). Da-
bei untersuchte Parry die Fotografien auf Frames, welche induktiv aus dem Material
hervorgegangen sind (vgl. ebd., S. 14), sowie quantitativ-inhaltsanalytisch (ebd., S.
18).
In beiden Zeitungen waren „Lebanese civilians (…) the most frequent sub-
ject(s) of photographs“ (ebd., S. 21). Als alleinige Akteure waren sie in der Times auf
23 Prozent, im Guardian auf 24 Prozent aller Bilder zu sehen (vgl. ebd.). Unter den
drei meist gezeigten Motiven waren außerdem „Israeli Soldier“ und „Rubble/ post-
missile“ (Parry, 2008, S. 21 f.). Fasst man die Motive zu Themen zusammen, zeigte
fast jedes zweite Bild in beiden Zeitungen „Civilians/ medical“ (ebd., S. 22). Wäh-
rend israelische SoldatInnen die am häufigsten abgebildeten Akteure in den den bei-
den britischen Zeitungen waren, erschienen die Hisbollah-Kämpfer fast unsichtbar
mit nur zwei Bilder in der Times und einem im Guardian (vgl. ebd.).
Ein großer Teil der Bilder zeigte sehr emotionale Motive, in 23 Prozent der
Bilder der Times und 30 Prozent der Fotos des Guardian wurden Darstellungen von
Trauer und Särgen gezeigt (vgl. ebd., S. 24), „death in some way, including covered
bodies“ waren auf vier Prozent der Times-Bilder und in 13 Prozent der Fotos des
Guardian zu sehen (ebd.).
Parry unterschied zwei Frames, welche in Bildern und den dazugehörigen
Texten auftraten. Zum einen die „Lebanese perspective“: „The problem lies with Is-
raeli aggression and imperialism in the region and the disproportionate use of milita-
ry action against civilians as well as militiamen“ (ebd., S. 14). Zum anderen die „Is-
raeli perspective“: „The problem lies with on-going attacks on Israel by Hizbullah
fighters, who hide among civilians and therefore bring about further hardship for tho-
se they claim to be fighting for“ (ebd.). Sowohl beim „Photographic Framing“, als
auch beim „Linguistic Framing“ ist der Frame „Lebanese Perspective“ in beiden Zei-
tungen häufiger zu finden, als der Frame „Israeli perspective“ (vgl. ebd., S. 27). Am
deutlichsten wird der Unterschied im Guardian. Die „Lebanese perspective“ wurde
in 52 Fotos als „Photographic Framing“ und in 66 Bildern als „Linguistic Framing“
wahrgenommen. Weniger als halb so viele Bilder bildeten die „Israeli perspective“
ab.
11
5. Methode
5.1 Untersuchungs- und Analyseeinheit, Untersuchungszeitraum und
Stichprobenbildung
Die Fragestellung der Forschungsarbeit sollte mithilfe einer quantitativen
Inhaltsanalyse beantwortet.
Untersuchungseinheit waren dabei die vier deutschen Tageszeitungen Süd-
deutsche Zeitung, die tageszeitung, Neues Deutschland und junge Welt. Der Untersu-
chungszeitraum begann am 27. Dezember 2008, dem Tag, als die israelische Armee
ihre Militäroffensive „Gegossenes Blei“ im Gazastreifen startete, was den Startpunkt
des Krieges markierte (o.A., o.J b). Das Ende des Untersuchungszeitraums markierte
der 19. Januar 2009, an welchem Welt Online mit einem Artikel mit der Überschrift
„Waffenruhe in Nahost. Israels Panzer verlassen den Gazastreifen“ (o.A., 2009) das
Ende des Krieges bekannt gab.
Die Analyseeinheit für die Variablen 1 bis 6 (vgl. Codebuch siehe Anhang)
war die jeweilige Zeitungsseite, auf welcher der Artikel erschienen ist, für die Varia-
blen 7 bis 24 der einzelne Artikel (inklusive der in ihm enthaltenen Bilder) (vgl. Co-
debuch siehe Anhang).
Bei der Süddeutschen Zeitung wurden die Titelseite, sowie die Rubriken
„Thema des Tages“, „Die Seite Drei“, „Politik“, „Meinung“, „Medien“, „Feuilleton“,
„Magazin“ und „Wochenende“ nach passenden Artikeln (Zugriffskriterien siehe Co-
debuch, Kapitel 9.1, S. 50) durchsucht und diese analysiert. In der taz wurden alle
zutreffenden Artikel auf der Titelseite und in folgende Rubriken analysiert: „der tag“,
„brennpunkt“, „meinung und diskussion“, „ausland“, „kultur“, „flimmern und rau-
schen“, „portrait“ und „tazzwei“. Für die Untersuchung des Neuen Deutschland wur-
den relevante Artikel auf der Titelseite und in den Rubriken „Tagesthemen“, „Die
Seite Drei“, „Ausland“, „Feuilleton“, „Inland“, „Meinung“ und „ND am Wochenen-
de“ untersucht. In der jungen Welt auf der Titelseite und in den Rubriken „Schwer-
punkt“, „Ansichten“, „Politik und Thema“ die für das Forschungsinteresse relevanten
Artikel analysiert.
Nicht untersucht wurden Leserbriefe, Infoboxen (lexikonähnliche Kurzarti-
kel), Infografiken und die Presseschau in den Tageszeitungen.
Es wurde keine Stichprobe erfasst, sondern eine Vollerhebung im Untersu-
12
chungszeitraum vorgenommen. Einschränkung ist dabei jedoch, dass der 10. Januar
für die junge Welt nicht erhoben werden konnte, weil durch eine Unachtsamkeit das
entsprechende Codiermaterial während des Zeitraumes der Codierung verschwunden
war. Die Anzahl der untersuchten Artikel war dennoch fast genauso hoch, wie die der
Süddeutschen Zeitung, in welcher die meisten Artikel erschienen.
5.2 Operationalisierung der Forschungsfrage und abgeleitete Variablen
Die Grundlegende Forschungsfrage lautete: Wie gestaltet sich die Berichter-
stattung der drei linken deutschen Tageszeitungen junge Welt, Neues Deutschland
und taz zum Krieg im Gazastreifen vom Dezember 2008 und Januar 2009 hinsicht-
lich der Positionierungen zu Israel und den PalästinenserInnen?
Aus dieser Fragen ergaben sich zwei Teilfragen zur Gestaltung der Berichter-
stattung: „Welche Konfliktpartei dominierte die Berichterstattung?“ und „Wie diffe-
renziert wird über die beiden Konfliktparteien berichtet?“. Die Frage „Wie wurden
die Konfliktparteien bewertet?“ sollte die Positionierung zu Israel und den Palästi-
nenserInnen ermitteln. Die drei Teilfragen wurden in verschiedene Variablen opera-
tionalisiert (Tabelle 1: Operationalisierung der Forschungsfrage, S. 14), welche in
das Codebuch eingingen.
Eine weitere Variable im Codebuch, die mithilfe bereits durchgeführter Studi-
en gebildet wurde, war die Kategorie „Emotionalität der Bilder“, deren Definition
von emotionalen Darstellungen an Donsbach und Büttner (S. 26, 2005) angelehnt
war. Die Gestaltung der Zugriffskriterien und die Gestaltung der Variable „Promi-
nenz“ geschah unter Zuhilfenahme von Rössler (2005). Die Variable „Journalistische
Darstellungsformen“ wurde nach Reumann (2009, S. 129 ff.) definiert. Details zu
den zwar erhobenen, aber in der Auswertung nur im Anhang aufgeführten Variablen
„thema_1“ und „thema_2“ finden sich im Kapitel 9.5 (S. 75).
13
Tabelle 1: Operationalisierung der Forschungsfrage
Dimension Variablenname Variable angelehnt
an/ inspiriert von
Was wurde über-
nommen?Welche Kon-
fliktpartei do-
minierte die
Berichterstat-
tung?
Wer kommt zu Wort?
(1. Akteur, 2. Akteur,
3. Akteur, 4. Akteur)?
1. Bildinhalt, 2. Bild-
inhalt, 3. Bildinhalt
IFEM, 2002, S. 91 ff.
Parry, 2008
Großteil der Va-
riablenausprägun-
gen
Teil von verein-
fachten Variablen-
ausprägungenWie differen-
ziert wird über
die beiden
Konfliktpartei-
en berichtet?
Betroffenen- / Aggres-
sorrolle
Kriegsziele, Rechtfer-
tigung und Begrün-
dung
Einzelschicksale
IFEM, 2002, S. 62 f.
Gleich, 2003, S. 142
Benz, 2002, S. 202
Definition der Be-
troffenen/ Aggres-
sorrolle
Idee zur Varia-
blenbildung
Idee zur Varia-
blenbildungWie wurden
die Konflikt-
parteien bewer-
tet?
Wertungen durch
den/die AutorIn
Wertungen in Zitaten
IFEM, 2002, S. 80
Konieczny & Verbali,
2008, S. 5
Definition Wer-
tungen
Idee zur Varia-
blenbildung
5.3 Reliabilität und Validität des Codebuches
Die Validität des Codebogens sollte in einem ersten Schritt durch eine Litera-
tursichtung über den Bereich der Medieninhaltsforschung hinaus zum Umgang der
deutschen Linken und der DDR mit Israel und dem Nahost-Konflikt ( vgl. Gessler,
2007, vgl. Harnloser, 2005, vgl. Radvan, 2004) gewährleistet werden. Dadurch sollte
ein Überblick über die Thematik abgesichert werden. In der späteren Studie wurde
jedoch die Problematik des Antisemitismus, aufgrund der Komplexität seiner Unter-
14
suchung und der Vielschichtigkeit des Phänomens, außen vor gelassen.
In einem zweiten Schritt wurden Studien gesichtet, welche sich der in der er-
wähnten Literatur angesprochenen Thematik im Bereich der Medieninhaltsforschung
näherten (vgl. DISS, 2003, vgl. IFEM, 2002, vgl. Konieczny, E. & Verbali, M., 2008,
vgl. Parry, 2008). Aus diesen und aus weiteren Studien (siehe obiger Abschnitt zur
Operationalisierung) wurden dann Kategorien, meist in reduzierter Komplexität,
übernommen oder, inspiriert durch die Literatur, neu gebildet. Dieses Vorgehen sollte
gewährleisten, dass das Forschungsinteresse vollständig im Codebuch umgesetzt
werden konnte.
Zur Absicherung der Reliabilität wurden zwei Intracoder-Reliabilitätstest
nach Holsti (vgl. Früh, 2007, S. 190) vorgenommen. Angaben zu Gütekriterien für
Intracoder-Reliabilitätstest ließen sich in der Literatur nicht finden, daher wurden die
Orientierungswerte für Intercoder-Reliabilitätstests als Maßstab verwendet. Laut
Rössler können bei „Kategorien zu komplizierten Sachverhalten, die sich nur müh-
sam voneinander abgrenzen lassen (...) bereits Koeffizienten von .75 (...) als Erfolg“
bewertet, für „inhaltliche Kategorien“ sind dagegen „Werte ab .80, für formale Kate-
gorien Werte nahe an 1.0 zu fordern“ (2005, S. 192). Früh ergänzt, dass z.B. bei der
Variable „Themen“ bereits „ein Wert zwischen CR = .75 und CR = .85 (…) als guter
bis sehr guter Qualitätsstandard“ (2007, S. 193) zu bewerten ist.
Es wurden in beiden Tests die gleichen 39 Artikel codiert, die nach ihrer jour-
nalistischen Darstellungsform aus dem gesamten Untersuchungszeitraum ausgewählt
wurden. Darunter waren fünf tatsachenbetonte Artikel aus jeder Zeitung und fünf
meinungsbetonte Artikel aus der Süddeutschen Zeitung, der taz und dem Neuen
Deutschland sowie vier meinungsbetonte Artikel aus der jungen Welt. Unter den Arti-
keln waren 18 Bilder, nur für diese wurden die Werte für die Kategorien „bild_a“,
„bild_b“ und „bild_c“, sowie „emo“ errechnet.
Im ersten Durchlauf wurden 26 der 39 Artikel mit einem zeitlichen Abstand
von drei Wochen und 13 von 39 Artikeln mit einem Abstand von drei Tagen je zwei
mal codiert. Kategorien, für welche keine Intracoderreliabilität ermittelt wurde, wa-
ren „Publikation“, „Tag“, „Monat“, „Jahr“ und „Seite“, sie dienten zur Identifikation
der Artikel. Im ersten Intracoder-Reliabilitätstest wurde auch die offen erfasste Kate-
gorie „Anlass der Berichterstattung“ untersucht, sie wurde jedoch für die eigentliche
Codierung aus dem Codebuch genommen, weil sie zur Beantwortung der For-
schungsfrage nicht sehr wesentlich erschien und schwer von den Variablen
15
„thema_1“ und „thema_2“ zu trennen war.
Die berechneten Intracoderreliabilitäten (ICR) sind im Anhang aufgeführt
(Kapitel 9.3, S. 74). Im Folgenden wird lediglich auf die problematischen Werte ein-
gegangen. Details zu den Werten der zwar erhobenen, aber in der Auswertung nur im
Anhang aufgeführten Variablen „thema_1“ und „thema_2“ finden sich im Anhang
(Kapitel 9.5, S. 75).
Für die Kategorie „autor“ hätte ein Wert von 1.0 erreicht werden müssen. Es
wurde die fehlende Ausprägung „05 die Zeitung (z.B. Leitartikel)“ ergänzt, welcher
die fehlende Übereinstimmung zum Wert 1.0 geschuldet war.
Der Wert der Variable „form“ von .82 erscheint für eine formale Kategorie
nicht tolerierbar. Die Kategorie wurde jedoch nicht formal codiert, dies hätte eine
Einordnung nach der Verteilung der Artikel in den Rubriken der Zeitung bedeutet.
Stattdessen wurde inhaltlich für jeden Artikel erst nach dem Lesen des Textes ent-
schieden, in welche der drei Ausprägungen er ein zu ordnen war. Daher ist der Wert
akzeptabel.
Für die Kategorien „akteur_a“, „akteur_b“, „akteur_c“ und „akteur_d“ wurde
die für Verwirrung sorgende Formulierung, dass jeder Akteur nur einmal in allen vier
Variablen codiert werden kann, geändert in folgende Definition: „Wird ein und die-
selbe Person oder Organisation einer Gruppierung mehrfach zitiert, so wird sie nur
einmal codiert. Treten jedoch verschiedene Personen ein und derselben Gruppierung
auf, werden diese jeweils extra codiert“. Außerdem wurde die Kategorie „Mehr Ak-
teure“ (Ausprägungen: ja, nein) ergänzt.
Die Kategorie „Emotionalität der Bilder“ hatte einen inakzeptablen ICR-Wert
von .61. Fasste man jedoch die Ausprägungen 1 und 2, sowie 4 und 5 zusammen, so
ergibt sich eine ICR von .72. Dieser Wert kann zwar nicht als „Erfolg“ nach Rössler
(2005, S. 192) gewertet werden, ist jedoch für diese Kategorie akzeptabel, da es sich
um einen Bildvariable handelt.
Im Zuge der Codierung des gesamten Untersuchungsmaterials wurde das Pre-
test-Material etwa drei bis vier Wochen nach der Berechnung der ersten ICR-Werte
ein drittes Mal codiert und ein zweiter ICR-Wert berechnet. Damit sollte untersucht
werden, ob sich die größtenteils akzeptablen bis sehr guten Reliabilitätswerte des ers-
ten Tests auch während der Codierung des vollständigen Materials gehalten haben
oder ob Lerneffekte die Werte veränderten.
Die ICR-Werte wurden auch für die im ersten Test schlechten Ergebnisse der
16
Variablen „emo“ und und „thema_1, thema_2 (unabhängig von Reihenfolge)“ noch
einmal errechnet. Die berechneten Intracoderreliabilitäten (ICR) sind im Anhang auf-
geführt (Anhang 9.4, S. 74). Im Folgenden wird lediglich auf die problematischen
Werte eingegangen. Details zu den Werten der zwar erhobenen, aber in der Auswer-
tung nur im Anhang aufgeführten Variablen „thema_1“ und „thema_2“ finden sich
Anhang (Kapitel 9.5, S. 75).
Da die Werte nach der Codierung aller untersuchten Artikel erhoben wurden,
hatten ihre Ausprägungen keinen Einfluss mehr auf das Codebuch, dafür allerdings
auf die Art und Weise, ob und wie die Daten der einzelnen Variablen in die
statistische Auswertung und Analyse eingingen.
Der Wert der Kategorie „form“ ist mit .77, wie schon im ersten Test, weniger
gut ausgefallen, kann aber, mit der oben genannten Begründung, akzeptiert werden,
wobei dies schwierig wäre, wenn die Variable in der Auswertung und Beantwortung
der Forschungsfrage eine tragende Rolle hätte, was jedoch nicht der Fall ist.
Der ICR-Wert für „rolle“ von .72 sollte tolerierbar sein mit dem Verweis
darauf, dass diese Kategorie sechs mögliche Ausprägungen zur Auswahl stellte, die
sich z.T. „mühsam voneinander abgrenzen“ ließen (Rössler, 2005, S. 192).
Der Intracoderreliabilitätswert der Kategorie „wertaut“ von .69 war dagegen
zu niedrig, um ihn selbst bei einer solch schwierig zu bewertenden Variable
hinnehmen zu können. Legt man allerdings die Ausprägungen 1 und 2, sowie 5 und 4
zusammen, so ergibt sich ein akzeptabler Wert von .77. In die statistische
Datenauswertung ging deshalb lediglich die Variable mit zusammengefassten
Ausprägungen ein.
Genauso wurde mit der Variable „emo“ (ICR = .5) verfahren, lediglich als
Variable mit zusammengefassten Ausprägungen (1=2 und 5=4) ging sie in die
Ergebnisse der Studie ein (ICR = .72) .
6 Ergebnisse
6.1 Allgemeiner Überblick über die Berichterstattung
In den folgenden Abbildung und Ergebniszahlen liegen gerundete Werte vor,
z.T. wurden die Zahlen auf eine Nachkommastelle gerundet, z.T. auf natürliche Zah-
len. Ergibt die Summe der Prozentangaben für ein untersuchtes Objekt geringfügig
17
mehr oder weniger als 100 Prozent, so ist dies der Rundung der Ergebniszahlen ge-
schuldet.
Nicht aufgeführt ist die nur im Anhang nachlesbare Auswertung der Variablen
zu den Themen der Berichterstattung (Kapitel 9.5, S. 75). Sie ist zwar zur Beantwor-
tung der Forschungsfrage nicht unwesentlich, jedoch gibt es wichtigere auszuwerten-
de Variablen mit Blick auf das Forschungsinteresse, welche im Folgenden aufgeführt
sind.
6.2 Wer kommt zu Wort?
Auf der Suche nach der Antwort auf die Frage, wie sich die Berichterstattung
der Zeitungen zu dem Krieg im Gazastreifen gestaltete, kann ein Blick auf die
Akteure der jeweiligen Konfliktpartei sehr hilfreich sein. Die Kategorie „Akteure“ ist
als eine Kategorie „Wer kommt zu Wort?“ zu verstehen. Die folgenden Ergebnisse
kamen folgendermaßen zustande: in jedem Artikel wurden die jeweils vier ersten
Akteure der beiden Konfliktparteien, welche zu Wort kamen, als Akteure codiert
(siehe Codebuch, Anhang 9.1, S. 50). Damit ergaben sich 651 Akteure, die insgesamt
für die Berichterstattung zum Gazakrieg codiert wurden, davon entfielen 198 auf die
Süddeutsche Zeitung, 184 auf die taz, 128 auf das Neue Deutschland und 141 auf die
junge Welt. Diese Zahlen sind die absolute Grundlage, der in der folgenden
Auswertung genannten Prozentwerte (Kapitel 9.7, Tabelle 2: Wer kommt zu Wort?,
S. 81).
Unterteilt man die ersten vier genannten Akteure beider Konfliktparteien pro
Artikel lediglich in palästinensische und israelische Akteure, so fällt auf, dass sowohl
in der Süddeutschen Zeitung, dem Neuen Deutschland und der jungen Welt in etwa
zwei von drei genannten Akteuren der beiden Konfliktparteien israelische Akteure
waren, nur einer von dreien war der palästinensischen Konfliktpartei zuzuordnen.
Lediglich in der taz machen die palästinensischen Akteure mehr als 40 Prozent der
Akteure der Konfliktparteien aus.
In der folgenden Betrachtung der Akteure wird auf allgemeine Akteursanga-
ben wie „sonstige“ oder „nach palästinensischen/ israelischen Angaben“ nicht einge-
gangen, ihr Anteil ist dennoch in die 100 Prozent-Grundgesamtheit aller Akteure je-
der Zeitung eingegangen.
Die israelische Regierung war in allen vier Zeitungen jener Akteur des Krie-
18
ges, welcher am Meisten zu Wort kommt. Sie machte zwischen einem Viertel (SZ
und ND) und einem Fünftel (taz, jW) aller Protagonisten unter den ersten vier Akteu-
ren der beiden Kriegsparteien aus.
Die zweitwichtigste Quelle unter den Akteuren der beiden Kriegsparteien war
das israelische Militär. In der Süddeutschen Zeitung, dem Neuen Deutschland und
der jungen Welt nimmt das israelische Militär zwischen 15 und 20 Prozent aller Ak-
teursbeiträge ein, bei der taz fällt auf, das lediglich jeder zehnte Akteur unter allen
Protagonisten der beiden Kriegsparteien dem israelischen Militär angehörte.
Weitere israelische Akteure, die über einen Anteil fünf Prozent an allen Ak-
teursbeiträgen in den jeweiligen Tageszeitungen einnahmen sind:
• israelische Medien – SZ: 8,6 Prozent, taz: 7,6 Prozent, jW: 7,1
Prozent
• israelische DemonstrantInnen, außerparlamentarische
Opposition - jW: 5,7 Prozent
Daraus lässt sich folgendes und wenig überraschendes Fazit ziehen: für die is-
raelische Konfliktpartei waren unter allen israelischen und palästinensischen Akteu-
ren die Regierung, das Militär (mit Ausnahme der taz) und die Medien Eckpfeiler der
Kommunikation aus Israel oder von Israelis.
Unter allen Akteuren der beiden Parteien der Auseinandersetzung ist die Ha-
mas derjenige, welcher für die Palästinenser am meisten zu Wort kam. Überraschend
ist dabei, dass unter allen Akteuren die Hamas in der jungen Welt (7,8 Prozent) und
im Neuen Deutschland (6,3 Prozent) (mehr als) die Hälfte weniger auftrat, als in der
Süddeutschen Zeitung (14,1 Prozent) und der taz (16,3 Prozent).
Die generell schwächere Besetzung der Artikel mit palästinensischen
Akteuren macht sich beim Blick auf weitere palästinensische ProtagonistInnen, die
mehr als fünf Prozent der Gesamtakteure ausmachten, bemerkbar:
• palästinensische Rettungskräfte/ MedizinerInnen/ ÄrztInnen –
jW: 10,6 Prozent, ND: 5,5 Prozent
• palästinensische Betroffene des Krieges – taz: 5,4 Prozent
Nimmt man alle der je Artikel ersten vier genannten Akteure der beiden
Seiten der Auseinandersetzung zum Maßstab, so waren die wahrnehmbaren
SprecherInnen der PalästinenserInnen in der Süddeutschen Zeitung und der taz und
mit Einschränkung auch im Neuen Deutschland und der jungen Welt die Mitglieder
19
und Funktionäre der Hamas. Darüber hinaus kamen von der palästinensischen Seite
im Neuen Deutschland und der jungen Welt vor allem Rettungskräfte,
MedizinerInnen und ÄrztInnen, sowie in der taz Betroffene des Krieges zu Wort.
Ein Χ2 – Unabhängigkeitstest ist aufgrund der Struktur der Daten zu den
Akteuren nicht möglich, weil sich diese aus vier zusammengelegten Variablen
ergeben. Über die Signifikanz der Erkenntnisse und die Generalisierbarkeit lässt sich
deshalb keine Aussage treffen.
Für den Untersuchungszeitraum lässt sich jedoch, da eine Vollerhebung
unternommen wurde, folgendes Fazit ziehen: In allen Medien kamen
palästinensische Akteure weit weniger zu Wort, als israelische. In den linken
Zeitungen taz, Neues Deutschland, und junge Welt traten die Betroffenen des Krieges
auf palästinensischer Seite entweder direkt oder indirekt über Rettungskräfte,
MedizinerInnen und ÄrztInnen öfter als Akteure auf, als im liberalen
Vergleichsmedium Süddeutsche Zeitung. Die Süddeutsche Zeitung und die taz stützen
sich bei Aussagen von palästinensischer Seite im Gegensatz zum Neuen Deutschland
und der jungen Welt sehr stark auf die Hamas als offizielle Regierungspartei des
Gazastreifens.
Erhoben wurden jeweils nur die ersten vier genannten Akteure einer der
beiden Konfliktparteien in jedem Artikel. Ermittelt wurde auch, ob in einem Artikel
mehr als die vier genau codierten Akteure auftraten. Anteilig an der Gesamtzahl der
Artikel kamen im Neuen Deutschland bei jedem dritten Artikel (33,3 Prozent) mehr
als vier Akteure vor, bei der Süddeutschen Zeitung traf dies für jeden fünften Artikel
(22 Prozent) zu. Bei der taz waren in 19 Prozent Prozent und bei der jungen Welt in
zehn Prozent der Artikel mehr als vier ProtagonistInnen anzutreffen.
6.3 Was wird gezeigt?
Zeitungen haben die Möglichkeit ihre Berichterstattung nicht nur mit Texten,
sondern auch mit Bildern zu gestalten – der Krieg in seinen zahlreichen Facetten von
Waffen und Technologie des Militärs, zu Bildern von Opfern und Zerstörung, bis
zum Auftritt hochrangiger PolitikerInnen im Ringen um eine diplomatische
Beendigung eines Krieges bieten vielfältige Möglichkeiten, den Krieg zu bebildern.
In dem untersuchten Zeitraum wurden in den vier Tageszeitungen Bilder mit
insgesamt 216 Bildinhalten veröffentlicht, wobei jedem Artikel bis zu drei
20
Bildinhalte zugeordnet werden konnten (z.B. ein Artikel mit zwei Fotos und je einem
Bildinhalt oder ein Foto mit zwei Bildinhalten) (Kapitel 9.8, Tabelle 3: Was wird
gezeigt?, S. 84). Von dieser Gesamtzahl entfielen 69 auf die Süddeutsche Zeitung, 52
auf die taz, 43 auf das Neue Deutschland und 52 auf die junge Welt . Diese Zahlen
sind die Ausgangslage in absoluten Zahlen, auf welche sich in den folgenden
Schilderungen in Prozentangaben bezogen wird.
Unterscheidet man lediglich zwischen Bildinhalten mit israelischen Akteuren
und aus Israel sowie mit palästinensischen Akteuren und aus dem Gazastreifen, so
nehmen letztere in der Süddeutschen Zeitung und dem Neuen Deutschland mehr als
40 Prozent aller Bildinhalte ein, bei der jungen Welt waren es sogar mehr als die
Hälfte. Damit finden sich bei allen drei Zeitungen mehr Abbildungen aus dem
Gazastreifen oder von palästinensischen Akteuren, als aus Israel oder von
israelischen Protagonisten. Dieses Verhältnis ist bei der taz überraschenderweise
ausgeglichen. Mehr als jeder dritte Bildinhalt zeigt Abbildungen aus dem
Gazastreifen oder von palästinensischen Akteuren, genauso viele Motive werden aus
Israel oder mit israelischen Akteuren abgebildet. Bei der jungen Welt beträgt der
Anteil von Motiven aus Israel oder mit israelischen Akteuren lediglich 15 Prozent.
Der häufigste Bildinhalt sind Abbildungen von der palästinensischen
Zivilbevölkerung als Betroffene des Krieges. In der Süddeutschen Zeitung und der
taz fanden diese sich in jedem vierten Bildinhalt, beim Neuen Deutschland und der
jungen Welt in jedem Dritten.
Als einziges weiteres Bildmotiv aus dem Gazastreifen oder von
palästinensischen Akteuren, welches mehr als zehn Prozent der Bildmotive je
Zeitung einnahmen, war die palästinensische Bevölkerung in anderen Positionen, als
der Betroffenenrolle. Diese Motiv fand sich in Süddeutschen Zeitung in einem von
zehn Bildinhalten. Der Anteil dieses Motivs in der jungen Welt und dem Neuen
Deutschland war in etwa genau so hoch.
Das häufigste Bildmotiv von Seiten Israels waren militärische Darstellungen.
Sie machten insgesamt rund 15 Prozent der Bildmotive in der Süddeutschen Zeitung
und der taz aus, beim Neuen Deutschland und der jungen Welt waren es dagegen
unter sechs Prozent aller Motive. Das einzige weitere Motiv der israelischen
Konfliktpartei, welches über zehn Prozent der Bildmotive in einer Zeitung
einnahmen, waren Darstellungen israelischer PolitikerInnen und Prominenter, sowie
deren Portraits. Jeder zehnte Bildinhalt in der Süddeutschen Zeitung war mit diesem
21
Motiv besetzt, ihr Anteil lag in der taz und dem Neuen Deutschland lag in etwa auf
dem gleichen Niveau. In der jungen Welt zeigten dagegen nur vier Prozent aller
Bildinhalte dieses Motiv.
Dafür nahmen in der jungen Welt Abbildungen von Zivilbevölkerung in
anderen Staaten in anderen Rollen, als der Betroffenenrolle, 15 Prozent der
Bildinhalte dieser Tageszeitung ein. Abbildungen dieser Art, welche zu Artikeln zu
dem Krieg im Gaza passen könnten, können nur Bilder von Anti-Kriegs-
Demonstrationen oder Kundgebungen gewesen sein.
Genauso, wie in der Untersuchung der Bilder zum Libanonkrieg 2006 in den
britischen Tageszeitungen Times und Guardian die Hisbollah-Kämpfer auf nur sehr
wenigen Bilder zu sehen waren (vgl. Parry, 2008, S. 22), blieben auch im Gazakrieg
in den untersuchten Zeitungen die Kämpfer der Hamas in allen vier Zeitungen
weitestgehend unsichtbar.
Es war nicht möglich einen Χ2 – Unabhängigkeitstest für die Daten durch zu
führen, da sie sich aus drei zusammengelegten Variablen ergaben. Es war deshalb
nicht möglich eine Aussage über die Signifikanz der Erkenntnisse treffen.
Dennoch kann mit Gültigkeit für den Untersuchungszeitraum folgende
Schlussfolgerung gezogen werden: Im visuellen Bereich waren die Rollen in allen
vier Tageszeitungen klar verteilt: die PalästinenserInnen im Gazastreifen wurden,
besonders im Neuen Deutschland und der jungen Welt, als insgesamt häufigstes
Motiv als Betroffene des Krieges dargestellt. Bei der Süddeutschen Zeitung und der
taz wurde diese Rollenverteilung noch durch die Militärdarstellungen der
israelischen Konfliktpartei, als häufigstes israelisches Motiv in allen Bildinhalten,
verstärkt. Bei der jungen Welt fand der Krieg auf Bildern scheinbar nur auf einer
Seite statt, mehr als die Hälfte aller Bildinhalte zeigen Motive aus dem Gazastreifen
oder von palästinensischen Akteuren. Im Vergleich zu den anderen Zeitungen wurden
Darstellungen des israelischen Militärs genau so wenig gezeigt, wie Portraits
israelischer PolitikerInnen oder Prominenter. Stattdessen nahmen Bilder von
Demonstrationen gegen den Krieg (welche sich gegen Israel richteten) einen im
Vergleich zu den anderen Zeitungen hohen Anteil der Bildberichterstattung ein. Auch
das Neue Deutschland bildete im Vergleich zur Süddeutschen Zeitung und zur taz
sehr wenige Darstellungen des israelischen Militärs ab, zeigt jedoch im Gegensatz
zur jungen Welt auch die Gesichter der israelischen Konfliktpartei.
22
6.4 Emotionalität der Bilder
Nachdem der Inhalt der Abbildungen zum Gazakrieg der vier Tageszeitungen
unter der Fragestellung „Was wird gezeigt?“ analysiert wurde, soll nun gefragt
werden „Wie wird es gezeigt?“. Untersucht wurde die Emotionalität der Abbildungen
(Abbildung 1: Emotionalität der Fotos, S. 24). Für jeden Artikel wurde nur eine
Ausprägung für Emotionalität ermittelt, auch wenn der Artikel mehrere Bilder
enthielt. Somit gingen in die Analyse der Emotionalität der Bilder zum Gazakrieg 56
bebilderte Artikel der Süddeutschen Zeitung, 48 der taz, 40 des Neuen Deutschland
und 46 der jungen Welt ein.
Bei den überwiegend emotional bebilderten Artikeln war eine klare
Hierarchie von einem Anteil von weniger zu stärker emotionalen Abbildungen von
der Süddeutschen Zeitung, zur taz, zum Neuen Deutschland bis hin zur jungen Welt
erkennbar. Bei der jungen Welt vermittelte fast jeder zweite illustrierten Artikel in
seinen Abbildung einen überwiegend emotionalen Eindruck. Obwohl in allen vier
Tageszeitungen PalästinenserInnen als Betroffene als häufigstes Motiv abgebildet
wurden, war die Intensität der Emotionalität, mit welcher dieses, mit Sicherheit
emotionalste Motiv, dargestellt wurde, sehr unterschiedlich.
Mit den nach der Anzahl der bebilderten Artikel gewichteten Daten
(Gewichtungsfaktoren: SZ x1, taz x1,1666666, ND x1,4, jW x1,2173913) konnte eine
X2-Unabhängigkeitstest durchgeführt werden, die Bedingungen für den Test waren
erfüllt (vgl. Brosius, 2008, S. 412). Der Zusammenhang zwischen der Emotionalität
der Illustrationen in bebilderten Artikeln und der Zeitung, welche diese auswählt und
veröffentlicht, ist signifikant nach dem X2-Test für ein X2 von 14,147 bei sechs
Freiheitsgraden. Die Nullhypothese, dass die beiden Variablen unabhängig
voneinander sind, kann mit einer Irrtumswahrscheinlichkeit von 0,028 abgelehnt
werden. Die Irrtumswahrscheinlichkeit ist damit kleiner als 0,05, der Zusammenhang
zwischen den beiden Variablen deshalb signifikant (vgl. Bühl & Zöfel, 2000, S. 109),
beide Variablen sind abhängig voneinander. Interpretiert man die Variable
„Emotionalität der Bilder“ genau, wie die Variable „Publikation“ als nominal
skalierte Variable, so lässt sich das Zusammenhangsmaß Cramers V anwenden (vgl.
Brosius, 2008, S. 420). Cramers V beträgt bei einem Signifikanzwert von 0,028
0,178. Der Zusammenhang ist damit sehr schwach (vgl. ebd., S. 509), die
Emotionalität der Bilder wird also durch wesentlich mehr Faktoren erklärt, als durch
23
die Zeitung, welche das Bild zur Veröffentlichung auswählt. Der, wenn auch
schwache, Zusammenhang ist jedoch signifikant (vgl. Bühl & Zöfel, 2000, S. 109).
Es gibt also einen schwachen, aber systematischen Zusammenhang zwischen der
Emotionalität der Abbildungen in bebilderten Artikeln und der Zeitung, welche diese
auswählt und veröffentlicht.
6.5 Einzelschicksale
Um in ihren Artikeln die Berichterstattung zum Kriegsgeschehen in Israel und dem
Gazastreifen anschaulicher zu gestalten, bedienen sich die Zeitungen nicht nur
Bildern, sondern auch den Beschreibungen von Einzelschicksalen, dem Aufzeigen
der Folgen des oft abstrakten Nachrichtengeschehens am Alltagsleben der Menschen.
Somit bekamen die Zahlen von Toten und Verletzten aus dem Gazastreifen eine
Geschichte, aufgezeigt an einzelnen, ganz konkret Betroffenen des Krieges. Dadurch
wurde am Beispiel einzelner Bewohner der von der Hamas angegriffenen Städte in
Israel auch gezeigt, wie sich der Alltag unter der ständigen Raketenbedrohung
gestaltet.
Grundsätzlich enthielten in den vier Tageszeitungen nur in etwa einer bis
24
Abbildung 1: Emotionalität der Fotos
SZ taz ND jW0
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
64
56
40 41
16 17
23
13
20
27
38
46
überw ie-gend nüch-terner Ein-druckw eder sehr nüch-tern, noch sehr emo-tionalüberw ie-gend emo-tionaler Eindruck
%
n = 46n = 40n = 48n = 56
zwei von zehn Artikeln Schilderungen von Einzelschicksalen von einer der beiden
Konfliktparteien (Tabelle 4: Einzelschicksale, S. 25).
In allen vier Zeitungen am meisten erwähnt wurden Einzelschicksale der
palästinensischen Konfliktpartei. Da sich der Krieg zwischen der Israel und der
Hamas vorallem im Gazastreifen abspielte, kann davon ausgegangen werden, dass
diese Schilderungen von Einzelschicksale aus dem Palästinenser-Gebiet in erster
Linie Geschichten der Betroffenen des Krieges erzählten. Ähnlich, wie mit Blick auf
die Inhalte von Fotos in Artikeln, zeigte sich auch hier, dass die PalästinenserInnen
als die Betroffenen des Krieges dargestellt wurden, deren Schicksal näher beleuchtet
wird.
Für die nach der Anzahl der Artikel gewichteten Daten
(Gewichtungsfaktoren: SZ 1, taz 1,1237113, ND 1,9464285, jW 1,0186915) war ein
Χ2 – Test nicht möglich, weil die erwartete Häufigkeit in 50 Prozent der Zellen unter
fünf lag (vgl. Brosius, 2008, S. 412). Eine Aussage über die Systematik oder die
Generalisierbarkeit der Ergebnisse ist deshalb nicht möglich.
Dennoch kann man für den Untersuchungszeitraum, aufgrund der
Vollerhebung der Artikel, folgendes Fazit ziehen: im Vergleich der vier
Tageszeitungen bei der Schilderung von Einzelschicksalen fällt auf, dass die
25
Tabelle 4: Einzelschicksale
Süddeutsche Zeitung, die taz und das Neuen Deutschland in rund vier Prozent der
Artikel auch Einzelschicksale aus Israel einfließen ließen.
Derartige Darstellungen fanden sich in der jungen Welt überhaupt nicht. Die
Zeitung widmete sich in mehr als einem von zehn Artikeln palästinensischen
Einzelschicksalen, was für eine einseitige hohe Identifikation mit der
palästinensischen Konfliktpartei spricht. Der Anteil der Artikel mit Einzelschicksalen
aus dem Gazastreifen war in der taz ähnlich hoch. Auch ihr schien die genaue
Beleuchtung der Betroffenenposition der Menschen im Gazastreifen wichtig gewesen
zu sein, war sie doch auch die einzige der vier Tageszeitungen, die in mehr als fünf
Prozent aller Akteursstimmen von beiden Konfliktparteien die palästinensischen
Betroffenen zu Wort kommen ließ. Diese Zuwendungen zu den palästinensischen
Betroffenen des Krieges ging jedoch, im Gegensatz zur jungen Welt, bei der taz nicht
mit der, im Vergleich zu den anderen Zeitungen, überdurchschnittlichen
Aussparungen von Berichten über die israelische Seite einher.
6.6 Kommunikation der Konfliktparteien ihrer Ziele, Rechtfertigungen und
Begründungen
Ein wichtiges Kriterium in der Beschreibung kriegerischer
Auseinandersetzungen ist die Darstellungen von Motiven, Zielen und Begründungen
für das Handeln der einzelnen Konfliktparteien. Werden diese über die Medien
kommuniziert, handeln die Akteure also gezielt und reflektiert oder erscheint ihr
Handeln ziellos und in ihren Motiven unklar und damit irrational? Erfasst wurde die
Darstellung der Kommunikation von Zielen, Rechtfertigungen und Gründen der
beiden Konfliktpartei für den Krieg insgesamt oder auch für einzelne
Kriegshandlungen. Zu den Zielen zählten sowohl politische, wie auch militärische,
sowie kurz- und langfristige Zielsetzungen (Abbildung 2: Kommunikation der Ziele,
Begründungen, Rechtfertigung, S. 27).
Insgesamt gesehen, hatte die israelische Konfliktpartei ihre Begründungen,
Ziele und Rechtfertigungen wesentlich besser in den untersuchten Medien
kommunizieren können, als die Hamas. Mit Blick auf die Auswertung der Frage
„Wer kommt zu Wort?“ erscheint dies allerdings wenig verwunderlich. Nur rund fünf
Prozent der Artikel in allen vier Zeitungen legten ausschließlich Ziele,
Rechtfertigungen und Begründungen der Hamas dar.
26
Zwischen sechs und sieben von zehn Artikeln in der Süddeutschen Zeitung,
der taz und dem Neuen Deutschland enthielten Motive für das Handeln der
israelischen Kriegspartei, bei der jungen Welt waren es dagegen nur knapp die fünf
von zehn.
Überraschend war allerdings, dass in der taz und dem Neuen Deutschland fast
jeder dritte Artikel Ziele, Rechtfertigungen und Begründungen der Hamas darlegte,
während es bei der Süddeutschen Zeitung und der jungen Welt lediglich knapp jeder
fünfte war.
Gewichtete man die Daten nach der Anzahl der Artikel
(Gewichtungsfaktoren: SZ x1, taz x1,1237113, ND x1,9464285, jW x1,0186915) und
stellt beide Variablen in einer Kreuztabelle gegenüber, ist ein Χ2 – Test nicht
möglich, weil die erwartete Häufigkeit in 50 Prozent der Zellen unter fünf liegt (vgl.
Brosius, 2008, S. 412). Eine Aussage über die Generalisierbarkeit und die Systematik
der Ergebnisse ist deshalb nicht möglich, wohl aber ein Fazit, welches auf jeden Fall
für den in den Tageszeitungen voll erfassten Untersuchungszeitraum gilt:
Die Süddeutsche Zeitung schildert im Vergleich zu den linken Tageszeitungen
vor allem die Perspektive Israels. Rund drei von zehn Artikeln in der taz und dem
Neuen Deutschland enthielten Ziele, Rechtfertigungen und Begründungen der Ha-
mas. Bei der Süddeutschen Zeitung und, überraschenderweise, der jungen Welt waren
27
Abbildung 2: Kommunikation der Ziele, Begründungen, Rechtfertig-ungen
SZ taz ND jW0
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
48
37
46
36
13
2823
13
4 4 5 5
3631
25
46
ausschließlich Ziele, Rechtfer-tigungen, Be-gründungen Is-raelssow ohl Ziele, Rechtfertigun-gen, Begrün-dungen der Hamas, als auch Israels
ausschließlich Ziele, Rechtfer-tigungen, Be-gründungen der Hamaskeine Ziele, Rechtfertigun-gen, Begrün-dungen genannt
%
n = 107n = 56n = 97n = 109
es nur rund zwei von zehn. Die junge Welt kommuniziert im Vergleich zu den beiden
anderen linken Tageszeitungen auch die Motive Israels sehr viel weniger.
6.7 Wertung der AutorInnen
Ein direkteres Indiz, auf die bewusste Positionierung in der Gestaltung der
Berichterstattung in einem Konflikt, können Wertungen durch die AutorInnen der
Artikel verstanden werden, als erkennbare zustimmende oder ablehnende
Meinungsposition, die der sachlich neutralen Darstellung nicht mehr völlig
entsprechen (vgl. IFEM, 2002, S. 80). Analysiert wurden die Wertungen auf Ebene
der Artikel (Tabelle 5: Wertungen durch den Autor, S. 29).
Im Überblick und unabhängig von der Richtung der Wertungen berichtete die
Süddeutsche Zeitung mit 80 Prozent der Artikel ohne urteilenden Anmerkungen der
Autoren und im Vergleich zu den drei linken Zeitungen am nüchternsten. taz und
Neues Deutschland unterschieden sich davon leicht, in der jungen Welt dagegen
enthielten über die Hälfte der Artikel Wertungen durch den oder die AutorIn zu
Ungunsten der einen oder anderen Konfliktpartei.
Dabei werteten die AutorInnen der linken Tageszeitungen wesentlich
kritischer gegenüber Israel, als die Süddeutsche Zeitung. Die AutorInnen der jungen
Welt werteten in fast jedem zweiten Artikel überwiegend zu Ungunsten der
israelischen Konfliktpartei und damit mehr als doppelt so viel, wie die beiden
anderen linken Tageszeitungen und vier mal mehr, als die Süddeutsche Zeitung.
Artikel mit Wertungen überwiegend zu Ungunsten der palästinensischen
Konfliktpartei kommen in allen vier Zeitungen in unter fünf Prozent der Artikel vor.
Der Anteil der Artikel mit ausgeglichenen Beurteilungen gegenüber einer der beiden
Konfliktparteien ist noch geringer.
Ein Χ2 – Unabhängigskeitstest zum Test der Abhängigkeit der beiden
Variablen für die nach Artikeln gewichteten Daten (Gewichtungsfaktoren: SZ x1, taz
x1,1237113, ND x1,9464285, jW x1,0186915) ist nicht möglich da die erwartete
Häufigkeit einer beide Variablen gegenüberstellenden Kreuztabelle in 50 Prozent der
Feldern unter fünf lag (vgl. Brosius, 2008, S. 412).
Mit Gültigkeit für den Untersuchungszeitraum lässt sich jedoch trotzdem
folgendes Fazit ziehen: In allen vier Medien gestalteten sich Wertungen zu den
Kriegsparteien durch die Autoren überwiegend zu Ungunsten Israels. Die linken
28
Tageszeitungen bewerten Israel in einem höheren Anteil ihrer Artikel kritischer, als
die Süddeutsche Zeitung. Dabei sticht im Vergleich die junge Welt mit negativen
Wertungen Israels durch die AutorenInnen in fast der Hälfte ihrer Artikel hervor. Die
palästinensische Konfliktpartei steht weit weniger in der Kritik, am wenigsten in den
linken Tageszeitungen, darin unterscheiden sich die vier Tageszeitungen kaum.
6.8 Wertungen durch die AutorInnen in meinungs- und tatsachenbetonten
Artikeln
Nachdem die Frage um die Wertungen der AutorInnen in den Artikeln der
einzelnen Tageszeitungen abgehandelt wurde, soll im folgenden verglichen werden,
wie sich die Wertungen zu Ungunsten der einen oder anderen Kriegspartei auf die
tatsachenbetonten und auf die meinungsbetonten Artikel, Mischformen, wie
Interviews eingeschlossen, verteilen (im Folgenden ist nur noch von
meinungsbetonten Artikeln die Rede, wobei dabei immer Mischformen zwischen
tatsachen- und meinungsbetonten Texten eingeschlossen sind) (Abbildung 3:
29
Tabelle 5: Wertungen durch die AutorInnen
Abbildung 1:
Wertungen durch die AutorInnen in tatsachenbetonten Artikeln, Abbildung
4:Wertungen durch den AutorInnen in meinungsbetonten Artikeln und Mischformen,
S. 31). Der Vergleich soll einen Rückschluss darauf geben, in wie weit die legitimen
Wertungen in meinungsbetonten Artikeln (Nachrichtenqualitätskriterien, vgl. Hagen,
1995, S. 116 f.), sich auch in tatsachenbetonten Artikeln wiederfinden.
Unabhängig von der Richtung der Wertungen fällt auf, dass in der
Süddeutschen Zeitung, der taz, dem Neuen Deutschland in den tatsachenbetonten
Artikeln generell in weniger als einem von zehn Artikeln Wertungen zu Ungunsten
der einen oder anderen Konfliktpartei vorgenommen werden. Bei der jungen Welt
finden sich dagegen in drei von zehn derartigen Artikeln Wertungen bezogen auf eine
der beiden Konfliktparteien.
Sowohl in tatsachen-, als auch meinungsbetonten Artikeln richtete sich die
Mehrheit der Artikel der einzelnen Zeitungen in ihren Wertungen durch die
AutorInnen gegen die israelische Kriegspartei.
In der Süddeutschen Zeitung betrug der Anteil der Artikel mit Wertungen
überwiegend zu Ungunsten Israels in den tatsachenbetonten Artikeln allerdings nur
marginale drei Prozent, bei der taz war der Anteil doppelt so hoch, im Neuen
Deutschland enthielt fast jeder zehnte tatsachenbetonte Artikel Beurteilungen der
Autoren gegen Israel in der jungen Welt war es sogar jeder dritte Beitrag. Der Anteil
an Wertungen zu Ungunsten der palästinensischen Konfliktpartei war in
tatsachenbetonten Artikeln vernachlässigbar gering.
In den meinungsbetonten Texten gestaltete sich dies jedoch anders. Am
kritischsten gegenüber den PalästinenserInnen waren mit überwiegend gegen die
Kriegspartei aus dem Gazastreifen gerichteten Wertungen die AutorInnen der
Süddeutschen Zeitung in beinahe zwei von zehn Artikeln. Wesentlich unkritischer
waren die linken Tageszeitungen mit Beurteilungen durch die AutorInnen in einem
von zehn meinungsbetonten Beiträgen bei der taz und dem Neuen Deutschland, in
der jungen Welt sogar nur in einem von zwanzig Artikeln.
Härter ins Gericht gingen die AutorInnen aller vier Zeitungen mit der
israelischen Konfliktpartei. Dabei sind wieder die linken Zeitungen kritischer
gegenüber Israel, als die Süddeutsche Zeitung. Es fällt überraschend auf, dass im
Neuen Deutschland lediglich vier von zehn meinungsbetonten Artikeln Urteile
enthielten, welche sich überwiegend gegen Israel richteten, bei der taz und der
jungen Welt war dies dagegen in sechs von zehn Artikeln der Fall.
30
Generell schienen sich die JournalistInnen des Neuen Deutschland mit
Urteilen über eine der beiden Konfliktparteien zurückzuhalten – nur die Hälfte der
meinungsbetonten Artikel enthielt Wertungen zu Ungunsten Israels oder der
PalästinenserInnen. Das Verhältnis der Artikel mit Wertungen überwiegend zu
Ungunsten Israels zu Artikeln mit Wertungen überwiegend zu Ungunsten der
PalästinenserInnen betrug vier zu eins und war in keiner der linken Zeitungen
ausgeglichener.
Eine Abhängigkeit zwischen der Wertung der AutorInnen in meinungs- und
tatsachenbetonten Artikeln konnte nicht ermittelt werden. Für die auf die gleiche
Anzahl an meinungs- und tatsachenbetonten Artikeln je Zeitung gewichteten Daten
waren die Bedingungen für einen Χ2 – Unabhängigkeitstest nicht erfüllt
(Gewichtungsfaktoren: SZ – meinungsbetonte (inkl. Mischform) Artikel x2.7586296,
taz – meinungsbetonte (inkl. Mischform) Artikel x2,03125, ND - meinungsbetonte
(inkl. Mischform) Artikel x1,4347826, jW - tatsachenbetonte Artikel x1,1836734). In
den Kreuztabellen der gegenübergestellten Wertungen in tatsachen- und
meinungsbetonten Artikeln wurden für alle vier Zeitungen Felder mit einer
erwarteten Häufigkeit von unter fünf ermittelt. Deshalb ist ein Χ2- Test nicht
durchführbar gewesen (vgl. Brosius, 2008, S. 412) und ein Zusammenhang zwischen
31
Abbildung 3 und 4: Wertungen durch die AutorInnen in tatsachenbetonten Artikeln
SZ taz ND jW0
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
35
56
39
62
10
3 3
17
9 95
38
31
52
29
Wertung überw ie-gend zu Ungunsten der israeli-schen Kon-f liktpartei
Wertung ausgegli-chen zu Ungunsten beider Kon-f liktparteien
Wertungen überw ie-gend zu Ungunsten der palästi-nensischen Konf liktpar-teikeine Wer-tung
%
n = 58n = 23
n = 32n = 29
SZ taz ND jW0
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
36
9
31
1 2
9691 91
67
2 2
%
n = 49n = 33
n = 65n = 80
den Wertungen durch die AutorInnen in beiden journalistischen Darstellungsformen
nicht generalisierbar und nicht systematisch nach zu weisen. Für den voll erhobenen
Untersuchungszeitraum des Gaza-Krieges ist jedoch folgendes Fazit dennoch gültig:
Im Vergleich zur Süddeutschen Zeitung bewerten die AutorInnen der linken
Tageszeitungen im Gazakrieg 2009 die palästinensische Konfliktpartei unkritischer,
die Israelis dagegen kritischer. Dabei fällt das Neue Deutschland auf, dessen
JournalistInnen zwar in zehn Prozent tatsachenbetonten Artikel überwiegend zu
Ungunsten Israels werten, in den meinungsbetonten Artikeln aber gegenüber den
anderen linken Zeitungen überraschend ausgewogen die beiden Kriegsparteien
beurteilten. Die AutorInnen der taz werteten in über der Hälfte ihrer Artikel
überwiegend zu Ungunsten Israels, hielten sich jedoch mit derartigen Wertungen in
ihren tatsachenbetonten Artikel zurück. Ganz anders dagegen die junge Welt, in der,
wie auch in den anderen Zeitungen, in meinungsbetonten Artikeln überwiegend
negativ über Israel geurteilt wurde, was sich aber auch deutlich auf den
tatsachenbetonten Teil der Artikel auswirkte, die zu einem Drittel Wertungen der
JournalistInnen zu Ungunsten der israelischen Konfliktpartei enthielten. Diese Werte
lassen die These zu, dass eine, im Vergleich zu den anderen linken Zeitungen, sehr
israelkritische Grundhaltung, Redaktionslinie und Teil der Weltanschauung und des
Verständnisses der Berichterstattung zum Gazakrieg der jungen Welt war, was die
Abfärbung des hohen Anteils israelkritischer Meinungsbeiträge auf die
tatsachenbetonten Artikel erklären würde.
6.9 Wertungen in Zitaten
Wertungen zu Ungunsten der einen oder der anderen Seite können in
Zeitungsartikeln nicht nur direkt durch die Autoren der Texte, sondern auch indirekt
über Zitate in den Artikel einfließen.
In dieser auf der Analyseebene der Artikel erfassten Kategorie konnte keine
wirkliche Trennlinie zwischen linken Tageszeitungen auf der einen und der
Süddeutschen Zeitung auf der anderen Seite ausgemacht werden (Tabelle 6:
Wertungen in Zitaten, S. 35).
Der Anteil an Artikeln mit Wertungen in Zitaten überwiegend oder
ausschließlich zu Ungunsten Israels in der Süddeutschen Zeitung betrug über 30
Prozent und war damit weit höher, als der Anteil der Texte mit einer ähnlichen
32
Wertungen durch die AutorInnen selbst. Das gleiche galt auch für Wertungen zu
Ungunsten der PalästinenserInnen. Die Süddeutsche Zeitung hat
überraschenderweise einen höheren Anteil an Artikeln mit ausschließlich oder
überwiegend israelkritischen Zitaten, als alle drei linken Zeitung, selbst die junge
Welt eingeschlossen. Mehr als jeder dritte Artikel der Süddeutschen Zeitung enthielt
überwiegend oder ausschließlich israelkritische Zitate.
In der taz dagegen war der Anteil der Artikel mit überwiegend oder
ausschließlich israelkritischen Zitaten etwas geringer als der Anteil von Beiträgen
mit israelkritischen AutorInnenurteilen. Auffällig ist außerdem, dass in der taz der
Anteil von Artikeln mit überwiegend oder ausschließlich israelkritischen Zitaten am
geringsten unter den untersuchten Zeitungen war. Die palästinensische Konfliktpartei
dagegen wurde in Zitaten in einem höheren Anteil an Artikeln überwiegend oder
ausschließlich negativ bewertet, als wenn man Beurteilungen durch die AutorInnen
selbst zum Maßstab nahm.
Am kritischsten gegenüber den PalästinenserInnen waren die aufgeführten
Zitate im Neuen Deutschland. Fast jeder fünfte Artikel enthielt Zitate mit Wertungen
überwiegend oder ausschließlich zu Ungunsten der PalästinenserInnen, dies steht im
starken Gegensatz zu den Wertungen der AutorInnen des Neuen Deutschland selbst.
Auch der Anteil von Texten mit überwiegend oder ausschließlich israelkritischen
Zitaten war etwas höher, als der Anteil von Artikeln mit gleicher Wertung von den
AutorInnen selbst. Die Zitate in jedem vierten Artikel des Neuen Deutschland
enthielten Wertungen überwiegend oder ausschließlich zu Ungunsten Israels.
Am unkritischsten gegenüber den PalästinenserInnen waren, gemessen an der
Anzahl der Artikel mit überwiegend oder ausschließlich kritischen Äußerungen zur
palästinensischen Konfliktpartei, die Zitate in der jungen Welt. Lediglich in einem
von zwanzig Artikeln richteten sich zitierte Aussagen hauptsächlich gegen die
palästinensische Konfliktpartei. Dagegen wurde in mehr als jedem vierten Artikel in
Zitaten Kritik überwiegend oder ausschließlich gegen Israel geäußert, das ist ein
hoher Wert, jedoch nur halb so viel, wie der Anteil an Artikeln mit gleichwertigen
Wertungen durch die AutorInnen selbst.
Gewichtet man die Werte auf die gleiche Artikelanzahl für alle vier Zeitungen
(Gewichtungsfaktoren: SZ x1, taz x1,1237113, ND x1,9464285, jW x1,0186915) und
fasst man die Ausprägungen „Wertungen ausschließlich zu Ungunsten der
israelischen Konfliktpartei“ und „Wertungen überwiegend zu Ungunsten der
33
israelisches Konfliktpartei“, sowie „Wertungen überwiegend zu Ungunsten der
palästinensischen Konfliktpartei“ und „Wertungen ausschließlich zu Ungunsten der
palästinensischen Konfliktpartei“ zusammen und stellt die vier Zeitungen den
Wertungen in den Zitaten in einer Kreuztabelle gegenüber, so ist ein Χ2 –
Unabhängigkeitstests möglich. Die Bedingungen für den Test sind erfüllt (vgl.
Brosius, 2008, S. 412). In dem Test wird ein Χ2 – Wert von 18,16 für neun
Freiheitsgrade ausgewiesen. Mit einer Irrtumswahrscheinlichkeit von 3,3 % kann die
Nullhypothese, dass zwischen den Variablen kein Zusammenhang besteht,
zurückgewiesen werden. Auf einem fünf Prozent Signifikanzniveau ist der
Zusammenhang zwischen den beiden Größen damit als signifikant nachgewiesen
(vgl. Bühl & Zöfel, 2000, S. 109). Mit Blick auf das auf Χ2- basierende (vgl. Brosius,
2008, S. 420) Zusammenhangsmaß Cramers V von 0,118, dessen Nullhypothese mit
einer Irrtumswahrscheinlichkeit von 3,3 Prozent abgelehnt werden kann, erweist sich
der Zusammenhang allerdings als sehr schwach (vgl. ebd., S. 509). Das heißt, dass
Zitate mit Wertungen durch die Zeitungen nicht maßgeblich danach ausgesucht
wurden, gegen welche Konfliktpartei sich die Wertung richtete. Allerdings ist ein
geringer Einfluss auf die Auswahl der Zitate mit Wertungen je nach Zeitung
signifikant (vgl. Bühl & Zöfel, 2000, S. 109) nachgewiesen.
Betrachtet man lediglich die Wertungen in Zitaten, so fällt es schwer, allein
für diesen Faktor ein Fazit zu ziehen. Auffällige Besonderheit war, dass in der
Süddeutschen Zeitung in einem Drittel der Artikel in Zitaten hauptsächlich oder
überwiegend Kritik an Israel geübt wurde, dieser Wert ist sogar höher, als bei der
jungen Welt, die sich in den bisherigen ausgewerteten Daten als sehr israelkritisch
erwies. Im Vergleich mit der Frage der Wertungen durch die AutorInnen der Texte
selbst, ergeben sich mehr Erkenntnisse. So waren die AutorInnen der Süddeutschen
Zeitung im Vergleich zu den anderen Zeitungen in neun von zehn Artikeln
zurückhaltend mit einseitiger Kritik an Israel. Eine mögliche These beim Vergleich
mit den Zitaten wäre zum Einen, dass Israelkritik in der Süddeutschen Zeitung hinter
Zitaten externer Quellen versteckt wurde. Eine zweite These dagegen wäre
allerdings, dass einer israelkritisch wahrgenommenen Öffentlichkeit oder Elite, deren
Haltung in den Wertungen der abgedruckten Zitate offenkundig wurde, eine
gemäßigte und ausgewogene Berichterstattung durch die AutorInnen entgegengesetzt
werden sollte. Besonders offenkundig wurde beim Neuen Deutschland die, auch für
alle drei anderen Zeitungen beobachtbare, negativere Wertung gegenüber den
34
PalästinenserInnen in Zitaten, während der Anteil der Artikel mit überwiegend
negativen Wertungen durch die AutorInnen gering war. An dieser Stelle könnte
wiederum spekuliert werden, ob damit einer in den Zitaten offengelegten
palästinenserkritischen Öffentlichkeit oder Elite eine gemäßigte Berichterstattung
entgegengesetzt werden sollte, oder ob Kritik an den PalästinenserInnen hinter
Zitaten versteckt wurde. Ein möglicher Grund dafür könnte eine mögliche
moralische Grenze an der Kritik der PalästinenserInnen sein, da diese ohnehin schon
die Folgen des Krieges am stärksten spürten mit über 1000 Todesopfern und
Zerstörung in zivilen Gebieten, in einem Landstreifen, der ohnehin von Armut
geprägt ist.
Ausgeschlossen aus derartigen Spekulationen ist die junge Welt. Ihr Anteil an
Artikeln mit Zitaten mit überwiegend oder ausschließlich israelkritischem Tenor war
35
Tabelle 6: Wertungen in Zitaten
Abbildung 2:
zwar nicht der höchste unter den drei linken Tageszeitungen, aber der Anteil der
Artikel mit überwiegend oder ausschließlich palästinenserkritischen Zitaten war
kaum höher, als der Anteil an Artikeln mit dem entsprechenden Wertungen durch die
AutorInnen. Eine Möglichkeit, Hinweise über den möglichen Wahrheitsgehalt
dieser Thesen mittels Χ2 – Unabhängigkeitstests zu finden, und zu überprüfen, ob die
AutorInnenwertungen und die Wertungen in Zitaten miteinander korrelieren, ist nicht
möglich. Stellt man beide Größen für jede Zeitung in Kreuztabellen gegenüber, so
finden sich in jeder Kreuztabelle Felder mit einer erwarteten Häufigkeit von mehr als
fünf, weshalb eine Grundvoraussetzung an den Χ2 –Test nicht gegeben ist (vgl.
Brosius, 2008, S. 412) .
6.10 Wer ist der Aggressor?
Ein wesentlicher Aspekt in der Frage, wie sich die Berichterstattung zum
Gazakrieg gestaltete und wie sich die einzelnen Zeitungen zu den beiden
Konfliktparteien positionierten, ist die Einordnung der Kriegsgegner in Aggressor-
und Betroffenenrolle (Tabelle 7: Aggressor- und Betroffenenrolle, S. 37). Die
Aggressorrolle wurde der Kriegspartei zugeschrieben, welche durch ihre Aktionen
den Konfliktgegner angriff, seine Rechte verletzte oder ihn erheblich bedrohte. Dabei
war es unerheblich, mit welcher Begründung das Handeln legitimiert wurde,
ausschlaggebend war nur das Handeln selbst (vgl. IFEM, 2002, S. 62 f.). Eine
Betroffenenrolle nahm dementsprechend die Konfliktpartei ein, welche durch das
Handeln des Aggressors betroffen war (vgl. ebd.).
In allen vier Zeitungen war ausschließlich oder überwiegend die israelische
Konfliktpartei diejenige, welcher die Aggressorrolle zukam. Dabei unterschieden
sich jedoch die Werte sehr deutlich. In der Süddeutschen Zeitung, der taz und der
jungen Welt hatten Artikel, die ausschließlich Israel die Aggressorrolle zuschrieben,
den höchsten Anteil unter allen Beiträgen. Bei der Süddeutschen Zeitung und der taz
waren dies rund ein Drittel aller Artikel, bei der jungen Welt sogar knapp die Hälfte.
Überraschend war die Einordnung des Neuen Deutschland, auch für sie war Israel
der Aggressor in diesem Krieg. Jedoch wurde den PalästinenserInnen in den meisten
Artikeln nicht ausschließlich die Betroffenenrolle zugeschrieben. In vier von zehn
Artikeln wurden Israel nicht ausschließlich, sondern lediglich überwiegend die
Aggressorrolle zuordnete.
36
Ein Χ2-Signifikanztest ist für die nach der Anzahl der Artikel pro Zeitung
gewichteten Daten nicht möglich (Gewichtungsfaktoren: SZ x1, taz x1,1237113, ND
x1,9464285, jW x1,0186915), da für die in einer Kreuztabelle gegenübergestellten
Variablen in einigen Feldern erwartete Häufigkeiten von unter fünf errechnet wurden
(vgl. Brosius, 2008, S. 412).
Es besteht jedoch die Möglichkeit die Ausprägungen „ausschließlich
israelische Konfliktpartei in der Aggressorrolle/ palästinensische Konfliktpartei in
der Betroffenenrolle“ und „überwiegend israelisches Konfliktpartei in der
37
Tabelle 7: Aggressor- und Betroffenenrolle
Aggressorrolle/ palästinensische Konfliktpartei in Betroffenenrolle“, sowie
„ausschließlich palästinensische Konfliktpartei in der Aggressorrolle/ Israel in
Betroffenenrolle“ und „überwiegend palästinensische Konfliktpartei in der
Aggressorrolle/ Israel in Betroffenenrolle“ zusammenzulegen. Für diese zusätzlich
nach der Anzahl der Artikel pro Zeitung gewichteten Daten (Gewichtungsfaktoren:
SZ x1, taz x1,1237113, ND x1,9464285, jW x1,0186915), sind alle Voraussetzungen
für einen Χ2-Signifikanztest erfüllt (vgl. Brosius, 2008, S. 412). Zuvor jedoch ein
Blick auf das sich dann ergebende Bild der Rollenverteilung unter den
Konfliktparteien in den einzelnen Zeitungen (Abbildung 5: Zusammengefasste
Aggressor- und Betroffenenrolle, S. 38).
Ganz klar zeigt sich wieder, dass die linken Zeitungen in einem höheren
Anteil von Artikeln Israel als Aggressor einordneten, als die Süddeutsche Zeitung,
welche diese Zuweisung in rund der Hälfte ihrer Artikel vornahm. In der jungen Welt
wurde im Gazakrieg in mehr als acht von zehn Artikeln überwiegend Israel in der
Aggressorrolle dargestellt.
Während in der Süddeutschen Zeitung in drei von zehn Artikeln die
Aggressor- und die Betroffenenrolle beiden Kriegsparteien ausgeglichen zugeordnet
wurden, galt dies in der taz und dem Neuen Deutschland für zwei von zehn, für die
38
Abbildung 5: Zusammengefasste Aggressor- und
SZ taz ND jW0
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
54
6568
84
29
1720
95
8 7
1
12 105 6
überw iegend israelische Konfliktpartei in der Aggres-sorrolle/palästinensische Konfliktpartei in der Betroffe-nenrolleausgeglichen
überw iegend palästinensi-sche Konflikt-partei in der Aggressorrol-le/israelische Konfliktpartein in Betroffenen-rollekeine Ein-ordnung
%
n = 107n = 56
n = 97n = 109
junge Welt nur für einen von zehn Artikeln.
Überwiegend die palästinensische Konfliktpartei in der Aggressorrolle
stellten bei der Süddeutschen Zeitung, der taz und dem Neuen Deutschland zwischen
fünf und acht Prozent der Artikel dar – bei der jungen Welt waren es lediglich ein
Prozent.
Ein Χ2- Signifikanztest ergibt einen Wert von 30,786 bei neun
Freiheitsgraden. Die Nullhypothese, dass die beiden Variablen unabhängig
voneinander sind, kann mit einer Irrtumswahrscheinlichkeit von 0,0003 abgelehnt
werden, die Abhängigkeit der beiden Variablen voneinander ist damit auf einem
Signifikanzniveau von 0,001 höchst signifikant (vgl. Bühl & Zöffel, 2000, S. 109).
Für die beiden Nominalskalierten Variablen ist außerdem die Berechnung des auf Χ2
basierende Zusammenhangsmaß (vgl. Brosius, 2008, S. 420) Cramers V möglich.
Dieses hat den Wert 0,153, der Zusammenhang ist damit sehr gering, aber dafür
höchst signifikant (vgl. ebd., S. 509), der Signifikanzwert beträgt 0,0003. Das heißt,
dass die Verteilung der Rollen, wie nicht anders zu erwarten, von zahlreichen
anderen Faktoren, neben der Zeitung abhängig sind. Der Anteil der Zeitung an der
Verteilung der Rollen jedoch sehr signifikant ist.
Ein weiterer Faktor für die Verteilung der Rollen könnte die allgemeine
Nachrichtensituation in dem Krieg gewesen sein, in welchem z.B. wesentlich mehr
PalästinenserInnen, als Israelis starben, weshalb schon daraus eine
höchstwahrscheinliche Einordnung Israels in die Aggressorposition zustande kam.
Ein weiterer Faktor könnte allein die Ausrüstung und das Vorgehen der beiden
Kriegsparteien sein. Während Israel mit einer sehr gut ausgerüsteten Armee in den
Krieg zog, kämpfte die Hamas mit verhältnismäßig primitiven Waffen, während von
der israelischen Armee täglich berichtet werden konnte, und dies auch von Seiten der
Israelis kommuniziert wurde, welche Ziele genau angegriffen wurden, oder wie weit
der Einmarsch vorangeschritten war, konnte von der Hamas lediglich berichtet
werden, wie viele Raketen in Israel einschlugen und welchen Schaden diese
anrichteten. Letzteres bot weit weniger Möglichkeiten einer ausführlichen
Berichterstattung. Schon diese Lage könnte ein weiterer Einflussfaktor auf die
Einordnung in Aggressor- und Betroffenenrolle gewesen sein, neben dem Einfluss
der jeweiligen publizierenden Tageszeitung, welcher höchst signifikant ist.
39
7 Schlussbetrachtungen
7.1 Kritik an der methodischen Gestaltung der Untersuchung
Die Studie zur Berichterstattung der linken Tageszeitungen zum Gazakrieg
war lediglich auf den kurzen Zeitraum des Krieges von Dezember 2008 bis Januar
2009 beschränkt. Das heißt, dass sich die Ergebnisse nur schwer auf die gesamte Be-
richterstattung generalisieren lassen, zumal die Rekonstruktion von Entwicklungen
im Rahmen eines größeren Zeitraums überhaupt nicht möglich ist.
Kritik an der Gestaltung und Umsetzung der Kategorien „thema_1“ und „the-
ma_2“, deren Auswertung nicht relevant für Zusammenfassung und Diskussion sind,
findet sich im Anhang (Kapitel 9.5, S. 75).
Ein sorgfältigerer Umgang mit dem Codiermaterial hätte verhindern können,
dass die Ausgabe der jungen Welt vom 10. Januar 2009 verschwunden wäre, aller-
dings ist die Tageszeitung dennoch mit fast genau so vielen codierten Artikeln in die
Auswertung eingegangen, wie die Süddeutsche Zeitung, welche die meisten Artikel
veröffentlichte.
7.2 Zusammenfassung
Im Folgenden sollen die Ergebnisse der Untersuchung zusammengefasst wer-
den. Die Zusammenfassung ist gegliedert nach den Fragestellungen, welche sich aus
der Operationalisierung der Forschungsfrage ergaben (Kapitel 5.2, S. 13).
Dabei soll der Fokus auf die drei linken Tageszeitungen gerichtet sein, die im
Forschungsinteresse standen. Auf die Süddeutsche Zeitung wird nur eingegangen,
wenn ein Vergleich Erkenntnisse über die linken Zeitungen insgesamt hervorbringt.
7.2.1 Welche Konfliktpartei dominierte die Berichterstattung?
In allen untersuchten Medien traten palästinensische Akteure weit weniger
auf, als israelische. In den linken Zeitungen taz, Neues Deutschland, und junge Welt
kamen die Betroffenen des Krieges auf palästinensischer Seite entweder direkt oder
indirekt über Rettungskräfte, MedizinerInnen und ÄrztInnen mehr zu Wort als in ih-
rem liberalen Vergleichsmedium Süddeutsche Zeitung. Die taz stützte sich unter den
40
drei linken Zeitungen am meisten auf die Hamas als offizielle Regierungspartei des
Gazastreifens. In allen drei Zeitungen kamen israelische Akteure unter allen Akteu-
ren der beiden Konfliktparteien wesentlich mehr zu Wort, als die Palästinensischen,
ihr Anteil lag zwischen 60 und 66 Prozent.
Bei den Bildern zum Konflikt wurden die PalästinenserInnen im Gazastrei-
fen, besonders im Neuen Deutschland und der jungen Welt, aber auch in der taz als
insgesamt häufigstes Motiv als Betroffene des Krieges dargestellt. In der taz wurde
diese Rollenverteilung noch dadurch verstärkt, dass Militärdarstellungen der israeli-
schen Konfliktpartei, das häufigste sichtbare Motiv von der israelischen Seite war.
Bei der jungen Welt findet der Krieg in den Bildern überwiegend auf nur einer Seite
statt, mehr als die Hälfte aller Bildinhalte zeigen Motive aus dem Gazastreifen oder
von palästinensischen Akteuren. Akteure oder Motive aus Israel finden sich in nur 15
Prozent aller Fotos. Stattdessen nahmen Abbildungen von Demonstrationen gegen
den Krieg (welche sich gegen Israel richteten) einen im Vergleich zu den anderen
Zeitungen hohen Anteil der Bildberichterstattung ein.
7.2.2 Wie differenziert wird über die beiden Konfliktparteien berichtet?
In allen untersuchten Medien war ausschließlich oder überwiegend die israeli-
sche Konfliktpartei diejenige, welcher die Aggressorrolle in den meisten der Artikel
zukam. Dabei unterschieden sich jedoch die Werte sehr deutlich. In der taz und der
jungen Welt hatten Artikel, die ausschließlich Israel die Aggressorrolle zuschrieben,
den höchsten Anteil unter allen Beiträgen. Bei der jungen Welt nahmen sie fast die
Hälfte der Artikel ein, bei der taz rund ein Drittel. Überraschend war die Einordnung
des Neuen Deutschland. Auch für sie war Israel der Aggressor in diesem Krieg, doch
wurde den PalästinenserInnen in den meisten Artikeln nicht ausschließlich die Be-
troffenenrolle zugeschrieben, sodass im Neuen Deutschland der höchste Anteil aller
Artikel Israel nicht ausschließlich, sondern lediglich überwiegend die Aggressorrolle
zuordnete.
Betrachtet man, welche Ziele, Begründungen und Rechtfertigungen zu dem
Krieg im Gazastreifen von beiden Kriegsparteien vermittelt wurden, so stellen die
linken Zeitungen sowohl die Perspektive der Hamas, als auch Israels dar. Die liberale
Süddeutsche Zeitung dagegen hob vor allem die israelische Perspektive hervor. Rund
30 Prozent der Artikel in der taz und dem Neuen Deutschland enthielten Ziele,
41
Rechtfertigungen und Begründungen der Hamas. Bei der jungen Welt waren es über-
raschenderweise nur rund zwanzig Prozent. Die junge Welt kommunizierte im Ver-
gleich zu den beiden anderen linken Tageszeitungen auch die Motive Israels sehr viel
weniger.
Mit Blick auf auf die Schilderung von Einzelschicksalen fällt auf, dass die
taz und das Neue Deutschland in rund vier Prozent der Artikel auch Einzelschicksale
aus Israel einfließen ließen, derartige Schilderungen finden sich in der jungen Welt
dagegen überhaupt nicht. Über zehn Prozent der Artikel in der taz und der jungen
Welt enthielten Schilderungen von Einzelschicksalen von PalästinenserInnen, im
Neuen Deutschland waren es unter vier Prozent.
7.2.3 Wie wurden die Konfliktparteien bewertet?
In allen vier untersuchten Tageszeitungen gestalteten sich Wertungen zu den
Kriegsparteien durch die AutorInnen der Artikel überwiegend zu Ungunsten Israels.
Am kritischsten waren dabei die drei linken Tageszeitungen. Dabei stach im Ver-
gleich die junge Welt mit Wertungen überwiegend zu Ungunsten Israels durch die
AutorInnen in fast der Hälfte ihrer Artikel hervor, während die Autoren der taz und
des Neuen Deutschland in rund 20 Prozent ihrer Artikel zum Gazakrieg überwiegend
israelkritisch werteten. Die palästinensische Konfliktpartei steht weit weniger in der
Kritik, darin unterscheiden sich alle untersuchten Tageszeitungen kaum.
Betrachtet man die Wertungen in Zitaten, so fällt auf, dass die zitierten Quel-
len der linken Tageszeitungen die israelische Konfliktpartei unkritischer beurteilen,
als in der liberalen Süddeutschen Zeitung. Dennoch enthalten rund 25 Prozent der Ar-
tikel des Neuen Deutschland und der jungen Welt Zitate, in welchen ausschließlich
zu Ungunsten der israelischen Konfliktpartei gewertet wird. Allerdings waren in zehn
Prozent der Artikel von taz und Neuem Deutschland auch Zitate mit ausschließlich
negativen Urteilen zu Ungunsten der PalästinenserInnen zu finden, bei der jungen
Welt war es nur fünf Prozent.
7.3 Diskussion und Ausblick
Die Anfangs aufgestellte These, dass die junge Welt israelkritischer und pro-
palästinensischer zum genannten Gazakrieg berichtete, als das Neue Deutschland so-
42
wie, dass die taz unter den drei Tageszeitungen die am wenigsten israelfeindliche und
am wenigsten propalästinensische Zeitung sei, kann nicht vollständig bestätigt wer-
den. Zwar berichtete die junge Welt israelkritischer und propalästinensischer, als taz
und Neues Deutschland. Allerdings sind diese beiden Tageszeitungen hinsichtlich
des Vergleichspunktes in etwa in einer gleich Position.
Die ambivalente Positionierung der taz, welche Gessler (vgl. 2007, S. 357)
den JournalistInnen der tageszeitung in ihrer Gründungszeit attestiert hatte, kann
auch für den Gazakrieg bestätigt werden. So wurde zwar zum einen die Opferpositi-
on der PalästinenserInnen und die Aggressorrolle Israels als Profil des Konfliktes
dargestellt, dabei waren auch die Wertungen der AutorInnen der taz überwiegend is-
raelkritisch. Gleichzeitig wurde jedoch auch immer die israelische Perspektive auf
den Konflikt mit abgebildet und in zitierten Quellen auch Kritik an der palästinensi-
schen Konfliktpartei geäußert.
Das Neue Deutschland berichtete über den Libanon Krieg 2006 laut Gessler
kritisch gegenüber Israel, wobei die Kritik ausgewogen geäußert wurde (vgl. Gessler,
2007, S. 360). Gessler betonte jedoch, dass das Neue Deutschland grundsätzlich pro-
palästinensische Positionen vertrete (vgl. ebd.). Im Gazakrieg 2009 wurden zwar
durch das Neue Deutschland tatsächlich auch die Motive der palästinensischen Ha-
mas im Krieg aufgezählt, der Eindruck von Gessler kann jedoch darüber hinaus nicht
bestätigt werden - kritisierten doch in mehr als zehn Prozent der Artikel die zitierten
Quellen ausschließlich die palästinensische Konfliktpartei. Darüber hinaus war die
Berichterstattung des Neuen Deutschlands zwar zum größten Teil israelkritisch, es
wurde jedoch stets auch die israelische Perspektive auf den Konflikt mit der Schilde-
rung von Einzelschicksalen und der Nennung von Zielen, Begründungen und Recht-
fertigung der israelischen Konfliktpartei benannt. Dabei waren aber die Palästinense-
rInnen überwiegend, aber nicht ausschließlich in der Opferrolle.
Zur Bestätigung der Vorwürfe der israelfeindlichen Berichterstattung gegen
die junge Welt (vgl. Bozic, 2006, vgl. Gessler, 2007, S. 360, vgl. Hensel 2007) konn-
ten dagegen einige Anhaltspunkte gesammelt werden. In den Bildern zum Krieg wur-
den in der jungen Welt die israelische Konfliktpartei kaum, der Protest gegen ihr Vor-
gehen im Gazakrieg dafür um so mehr gezeigt. Israel war in fast der Hälfte der Arti-
kel als ausschließlicher Aggressor in der Auseinandersetzung dargestellt, israelische
Einzelschicksale fanden sich in der Berichterstattung der jungen Welt überhaupt
nicht, Wertungen zu Ungunsten der palästinensischen Konfliktpartei waren im Ver-
43
gleich mit den anderen linken Zeitungen sehr wenige zu finden. Dafür enthielten fast
die Hälfte der Artikel Wertungen durch die AutorInnen der jungen Welt, welche sich
überwiegend gegen Israel richten.
Bei der Interpretation der Ergebnisse sollte für alle vier Zeitungen stets das
Nachrichtengeschehen des Gazakrieges im Blick behalten werden. Der Krieg war
keiner zwischen zwei regulären Armeen in zwei regulären Staaten. Auf der einen Sei-
te stand die israelische Armee, welche gut ausgerüstet aus der Luft, vom Land und
vom Meer aus die Hamas bekämpfen konnte, wobei sie dabei all ihre Waffen auch in
dicht besiedelten Gebieten einsetzte. Die Hamas wiederum hatte den israelischen
Luftangriffen nichts entgegen zu setzen und kämpfte mit relativ primitiven Mitteln
gegen Israel. In der Auseinandersetzung im Gazastreifen zählte sie auf ungezielte Ra-
ketenangriffe auf die israelische Zivilbevölkerung und auf Häuserkampf, wobei sie
auch aus Wohngebieten heraus agierte. Das Ergebnis der Auseinandersetzung der
beiden Konfliktparteien unter diesen Bedingungen war ein dreiwöchiger Krieg mit
„mehr als 1.350 toten und mehr als 5.500 verletzten Palästinensern“ im Gazastreifen
und „13 getötete(n) Israelis und mehrere(n) Dutzend Verwundete“ in Israel (Baltis-
sen, 2009), also ein ungleiches Verhältnis zwischen Israel und dem Gazastreifen.
Darüber hinaus war die Arbeit der JournalistInnen, deren Ergebnis in dieser Studie
analysiert wurde, stark behindert. Von Seiten Israels wurde JournalistInnen der Zu-
tritt zum Gazastreifen verwehrt, aus dem Gazastreifen heraus beeinflusste die Hamas
die Berichterstattung (vgl. Teichmann). Diese Randbedingungen zu bedenken, soll
verhindern, die Zahlen rein an ihrem empirischen Wert zu messen. Erkenntnisreicher
ist der Vergleich der vier Zeitungen untereinander, weshalb auch die Süddeutschen
Zeitung, als nicht-linkes Blatt, in die untersuchte Medienauswahl aufgenommen wur-
de.
Für künftige Studien und eine bessere Generalisierbarkeit der Ergebnisse
wäre eine Ausweitung dieser Untersuchung auf einen breitere Medienauswahl sinn-
voll. Um auch unter den linken Zeitungen selbst die Ergebnisse dieser Untersuchung
besser einordnen zu können, wäre eine Studie mit einem größeren Untersuchungs-
zeitraum ein Vorhaben für künftige Untersuchungen.
44
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49
9 Anhang
9.1 Codebuch
a) Grundlagen und Erläuterungen
a1) Ziel der Untersuchung
Untersucht werden soll, wie sich die Berichterstattung der drei linken deutschen Ta-
geszeitungen junge Welt, Neues Deutschland und die tageszeitung (im Folgenden:
taz) zum Krieg im Gazastreifen zum Jahreswechsel 2008/2009 hinsichtlich der Posi-
tionierung zu den Israelis und den PalästinenserInnen im Gazastreifen gestaltete. Zu
der Analyse hinzugezogen wird die Süddeutsche Zeitung als bürgerlicher Vergleichs-
moment zu den drei linken Tageszeitungen. Fokus der Untersuchung sind die Fragen,
wie in dem Konflikt Täter- und Betroffenenrollen verteilte werden, sowie welche
Konfliktpartei die Berichterstattung dominiert und wie ihr Handeln bewertet wird.
a2) Untersuchungseinheit
Codiert werden die Ausgaben der Tageszeitungen Süddeutsche Zeitung, taz, Neues
Deutschland und junge Welt vom 27. Dezember 2008 bis 19. Januar 2009.
a3) Analyseeinheit
Die Analyseeinheit für die Variablen 1 bis 6 ist die jeweilige Zeitungsseite, auf wel-
cher der Artikel erschienen ist, für die Variablen 7 bis 24 der einzelne Artikel (inklu-
sive der in ihm enthaltenen Bilder).
a4) Zugriffskriterien
Aus den Zeitungen werden Artikel aus den folgenden Rubriken codiert. Bei der Süd-
deutschen Zeitung werden die Titelseite, sowie die Rubriken Thema des Tages, Die
Seite Drei, Politik, Meinung, Medien, Feuilleton, Magazin und Wochenende für die
Untersuchung erfasst. In der taz werden folgende Rubriken analysiert: Titelseite, der
50
tag, brennpunkt, meinung und diskussion, ausland, kultur, flimmern und rauschen,
portrait und tazzwei. Für die Untersuchung des Neuen Deutschland werden relevante
Artikel in den Rubriken Titelseite, Tagesthemen, Die Seite Drei, Ausland, Feuilleton,
Inland, Meinung und ND am Wochenende untersucht. In der jungen Welt werden in
den Rubriken Titelblatt, Schwerpunkt, Ansichten, Politik und Thema die für das For-
schungsinteresse relevanten Artikel analysiert.
Nicht untersucht werden Leserbriefe, Infoboxen (lexikonähnliche Kurzartikel), Info-
grafiken und die Presseschau in den Tageszeitungen.
Ob ein Artikel zu codieren ist, entscheidet ein Blick in Headline, Subline, Lead
(Nachrichtenkopf, Einstieg, Vorspann), den ersten Absatz des Textes und die ersten
fünf Sätze des Textes. An dieser Stelle müsse folgende Worte zu finden sein: zum
Einen Gaza und/oder Gazastreifen und/oder Israel und zum Anderen Krieg und/oder
Bombardement und/oder Konflikt und/oder Angriff und/oder Militäreinsatz und/oder
Offensive und/oder Bodentruppen und/oder Bomben und/oder Hamas und/oder israe-
lische Armee und/oder (Luft-) Angriffe und/oder Israel und/oder Gaza. Alle Begriffe
gelten auch in ihren Beugungsformen als ausschlaggebend für die Codierung.
Beispiel für Überschriften von zu codierenden Artikeln:
Der Kampf um die öffentliche Meinung. Israel will ein weiches Bild vom Gaza-
Krieg zeichnen - nach dem Beschuss einer Schule und zahlreichen zivilen Toten fällt
dies schwer (Süddeutsche Zeitung, 08. Januar 2009)
„Die Hamas ergibt sich nicht“. Die islamische Widerstandsbewegung wird am Ende
einer Waffenruhe zustimmen müssen, sagt Nadschi Schurab, Professor in Gaza Stadt
(taz, 30. Dezember 2008)
Israelische Bomben auf Gaza (Neues Deutschland, 29. Dezember 2009)
Wer stoppt Israel? Angriffe auf Gaza weiter verschärft (junge Welt, 14. Januar 2009)
Hinweis zur Titelseite der taz: Das Titelbild der taz mit seinen meist nur einspaltigen
Kurzartikel und der Aufmacher-Überschrift zum Titelbild wird als eigenständiger Ar-
tikel codiert.
51
a5) Untersuchungszeitraum
Untersucht werden sämtliche Ausgaben der Tageszeitungen Süddeutsche Zeitung,
taz, Neues Deutschland und junge Welt vom 27. Dezember 2008 bis einschließlich
19. Januar 2009.
a6) Stichprobenbildung
Es wird keine Stichprobe erhoben. Grundlage der Untersuchung bildet eine
Vollerhebung.
a7) Codierer
Matthias Galle
b) Formale Variablen
1 Publikation (pub)
Erfasst wird die Zeitung, in welcher der zu codierende Artikel erschienen ist.
1 Süddeutsche Zeitung
2 taz
3 Neues Deutschland
4 junge Welt
2 Tag (TT), 3 Monat (MM), 4 Jahr (JJ)
An dieser Stelle wird das Erscheinungsdatum des Artikels erfasst.
TT (Tag)
MM (Monat)
JJ (Jahr)
52
Beispiel: 16. Januar 2009
16
01
09
5 Seite (seit)
Codiert wird die Seitenzahl der Seite, auf welcher der Artikel steht.
Beispiel: Artikel auf Seite 2 → Codierung: 02
6 Prominenz (promi)
In dieser Variable wird die Prominenz, also die Wichtigkeit des Artikels, codiert. Da-
bei entspricht die Ausprägung „Aufmacher auf der Titelseite“ der höchsten Promi-
nenz, „einspaltiger Artikel auf der Innenseite“ dagegen der niedrigsten.
Als Aufmacher bezeichnet man in den Printmedien den wichtigsten, auf der Seite
einer Zeitung hervorgehoben präsentierten Artikel. Er ist komplett oder mindestens
mit der in großen Lettern gesetzten Schlagzeile auf der oberen Blatthälfte platziert
und oft mit einem Bild kombiniert. Beides soll die Aufmerksamkeit des Betrachters
erregen.
01 Aufmacher auf der Titelseite
02 mehrspaltiger Artikel auf der Titelseite
03 einspaltiger Artikel auf der Titelseite
04 Aufmacher auf der Innenseite
05 mehrspaltiger Artikel auf der Innenseite
06 einspaltiger Artikel auf der Innenseite
99 andere Platzierung
7 AutorIn (autor)
Diese Variable erfasst den oder die UrheberInnen des Artikels. Dies kann einE oder
mehrere AutorInnen der Zeitung sein, welche lediglich namentlich genannt, aber
53
nicht als externe GastautorInnen vorgestellt werden.
Beispiel: Von Thorsten Schmitz (Süddeutsche Zeitung)
Aus Jerusalem Susanne Knaul (taz)
Artikel können jedoch auch nur mit Agenturmeldungen gefüllt sein, diese sind dann
mit den Kürzeln der Agenturen (z.B. dpa, ap) oder nur mit dem Hinweis „Agenturen“
gekennzeichnet.
Möglich ist auch die Ausprägung „Agentur und Zeitung/AutorIn“ für Artikel, welche
von einem/r AutorIn der jeweiligen Zeitung unter gekennzeichneter Zuhilfename von
Nachrichtenagenturen geschrieben wurden.
Beispiel: Agenturen/ND (Neues Deutschland)
In einigen Artikeln beziehen sich die Zeitungen auch auf externe AutorInnen, welche
als solche gekennzeichnet sind und als solche auch codiert werden können.
Beispiel: Aus der Stellungnahme der Linkspartei-nahen Jugendorganisation [’solid]
(junge Welt)
Kommentar von Moshe Zuckermann. Der Autor lehrt Geschichte an der
Uni Tel Aviv (taz)
01 namentlich genannte/r AutorIn oder mehrere AutorInnen, die nicht als Gastau-
torIn vorgestellt werden
02 Agentur/en
03 Agentur/en und Zeitung/AutorIn
04 GastautorIn/nen/Gastabdruck
05 die Zeitung (z.B. Leitartikel)
99 AutorIn/Quelle nicht genannt/nicht ersichtlich
8 Journalistische Darstellungsformen (form)
In dieser Variablen sollen die zu analysierenden Artikel unterschieden werden zwi-
schen tatsachenbetonter oder meinungsbetonter Gestaltung, möglich ist auch die Ein-
ordnung in eine Mischform.
54
Zu den tatsachenbetonten Formen gehören: Nachricht, Meldung, Bericht, Magazin-
Story, Reportage, Feature. In ihnen stehen die Information und die Beantwortung der
W-Fragen Was, Wer, Wann, Wo, Wie und Warum im Vordergrund. Das Ideal ist eine
sachlich neutrale Darstellung frei von Wertungen.
Nachricht: Sie ist die Elementarform der journalistischen Mitteilung und informiert
über Ereignisse, Sachverhalte und Äußerungen, die neu und wichtig oder interessant
sind. Sie konzentriert sich auf die vier W-Fragen Was, Wer, Wann, Wo.
Meldung: Eine Kurz-Nachricht.
Bericht: Eine lange Nachricht, die zusätzlich die W-Fragen Wie und Warum mit be-
antwortet.
Magazin-Story: Nachrichtengeschichte, die dem oder der LeserIn mit Details und ak-
tuellen Informationen einen vollständigen Überblick über die Nachrichtenlage geben
möchte.
Reportage: Ein tatsachenbetonter, aber persönlich gefärbter Erlebnisbericht.
Feature: Ein Nachrichten Streiflicht – eine auf einen Gesichtspunkt zugespitzte Re-
portage. Das Feature macht abstrakte Sachverhalte an bestimmten konkreten Situa-
tionen sichtbar.
Als Artikel in meinungsbetonte Form zählen: Leitartikel, Kommentar, Glosse, Ko-
lumne, Essay und Rezensionen. In ihnen bringen der oder die AutorIn erkennbare zu-
stimmende oder ablehnende Meinungen zum Ausdruck und können sich von der
sachlich neutralen Darstellung entfernen.
Leitartikel: „Flagge der Zeitung“, eine Kundgebung der Redaktion und ein Kommen-
tar zu einem aktuell-wichtigem Thema an einer exponierten Position in der Zeitung
(z.B. auf der Titel- oder Kommentarseite).
Kommentar: In ihm bewertet und interpretiert der oder die AutorIn aktuelle Ereignis-
se und Meinungsäußerungen. Gegenüber dem Leitartikel ist er eine weniger subjekti-
ve, eher sachbezogene Meinungsstilform. Neben der W-Frage „Warum“ ist im Kom-
mentar „Welche Folgen?“ und „Welche Schlussfolgerungen?“ wichtig.
Glosse: Ein Sammelbegriff für kurze Meinungsartikel, aber auch für lebendige klei-
nere Geschichten aus dem Alltagsleben.
Kolumne: Ein Meinungsartikel eines einzelnen freischaffenden Star-Publizisten.
55
Essay: Experimentelle Art, ein originelles Thema geistreich und amüsant in einem
Artikel zu verarbeiten.
Als Mischformen werden Artikel codiert, die sowohl Elemente tatsachenbetonter, als
auch meinungsbetonter Darstellungsformen enthalten. Dazu gehören z.B. das Porträt
und das Interview.
01 Tatsachenbetonte Form
02 Meinungsbetonte Form
03 Mischform zwischen Tatsachen und Meinungen (generell: Interviews)
c) Inhaltliche Variablen
9 Thema 1 (thema_1), 10 Thema 2 (thema_2)
In dieser Variablen sollen die zwei Ereignisse codiert werden, welche den Hauptin-
halt des Artikels darstellen und welche in Headline, Subline, Lead (Nachrichtenkopf,
Einstieg, Vorspann) und/oder dem ersten Absatz des Textes und/oder in den ersten
fünf Sätzen genannt werden. Als Ereignisse sollen nach objektiv (bzw. intersubjek-
tiv) festellbare (zeitlich und räumlich) abgeschlossene Vorgänge verstanden werden.
Wenn ein oder zwei Ereignisse aus den oben genannten Artikelstrukturen nicht er-
kennbar sind, können auch beschriebene Zustände oder auch Themen, als zeitliche
und räumliche Verknüpfung von Ereignissen, in der Variable „thema“ codiert wer-
den. Voraussetzung ist allerdings, dass sie offensichtlich den Hauptinhalt des Artikels
darstellen, weil sie in Headline, Subline, Lead (Nachrichtenkopf, Einstieg, Vor-
spann) und/oder dem ersten Absatz des Textes und/oder in den ersten fünf Sätzen ge-
nannt werden.
Dem Ereignis, Thema oder Zustand, welchem in dem Artikel größere Priorität einge-
räumt wird, ist in der Variable thema_1 eine der folgenden Ausprägungen zuzuord-
nen, dass weniger wichtigere Thema, Ereignis oder Zustand wird in der Variable the-
ma_2 codiert.
56
01 Kriegsführung/Kriegsverlauf
02 Opfer/Schäden in Gaza/Situation der Zivilbevölkerung im Gazastreifen
03 Opfer/Schäden in Israel/Situation der israelischen Zivilbevölkerung in angegriff-
enen Städten
04 Frieden/Friedensverhandlungen/Internationale Diplomatie
05 Reaktionen auf den Krieg aus Israel (Intellektuelle, NGOs...) (außer Proteste)
06 Reaktionen auf den Krieg aus Gaza und Westbank (Intellektuelle, NGOs...) (außer
Proteste)
07 UN-Reaktionen auf den Krieg
08 internationale Reaktionen (außer Proteste)
09 Reaktionen auf den Krieg aus Deutschland (außer Proteste)
10 Proteste gegen Krieg in Deutschland
11 Proteste gegen Krieg in Israel
12 Proteste gegen Krieg in anderen westlichen Ländern
13 Proteste gegen Krieg in Gaza und Westbank
14 Proteste gegen Krieg in anderen arabischen Ländern
15 Antisemitischer Protest gegen Krieg
16 Solidaritätsbekundungen für Israel (während Protesten, Demonstrationen, etc.)
17 unrechtmäßiges/unverhältnismäßiges Vorgehen Israels
18 unrechtmäßiges/unverhältnismäßiges Vorgehen der Hamas
19 Rolle der Medien/Propaganda/Zensur
20 Humanitäre Hilfe
21 Kriegsziele Israel
22 Kriegsziele Hamas
23 Kriegslegitimation
24 Kriegsschuld
25 Kriegsfolgen
26 Rüstung/Technologie
27 historische Einordnung/Prognose
28 Schmuggel-Tunnel in den Gaza Streifen
29 Popularität der Hamas
30 Wahlen in Israel
31 Entführte israelische Soldaten
88 Sonstiges
57
Für Variable Thema_2:
99 kein weiteres Thema
Wer kommt zu Wort?
11 1. Akteur (akteur_a), 12 2. Akteur (akteur_b), 13 3. Akteur (akteur_c), 14 4.
Akteur (akteur_d)
In dieser Variable soll erfasst werden, welche Konfliktpartei in der Berichterstattung
in den deutschen linken Tageszeitungen und der Süddeutschen Zeitung am Meisten
zu Wort kommt und durch welche Gruppierungen die Konfliktparteien repräsentiert
werden. Erfasst werden in den vier Variablen akteur_a, akteur_b, akteur_c und ak-
teur_d die ersten vier Gruppierung, die zitiert werden oder von denen anderwertig
(z.B. durch Pressemitteilung) Stellungnahmen und Aussagen in dem zu codierenden
Artikel erscheinen. Nach den gleichen Kriterien werden Einzelpersonen erfasst, sie
werden in den Variablen akteur_a, akteur_b, akteur_c und akteur_d einer Gruppie-
rung zugeordnet. Die Einordnung in die Gruppen akteur_a, akteur_b, akteur_c oder
akteur_c erfolgt nicht nach Wichtigkeit, sondern nach der Reihenfolge des Auftretens
der Gruppierung in dem zu codierenden Artikel.
Wird ein und dieselbe Person oder Organisation einer Gruppierung mehrfach zitiert,
so wird sie nur einmal codiert. Treten jedoch verschiedene Personen ein und dersel-
ben Gruppierung auf, werden diese jeweils extra codiert. Werden mehr als vier Ak-
teure im Artikel zitiert, so ist die Variable 17 mehr_akteure mit „ja“ zu codieren, tre-
ten weniger oder nur vier Akteure auf, ist die Variable mehr_akteure mit „nein“ zu
codieren.
Beispiel: „Die israelische Regierung hat am Sonntag zu Beginn der dritten Woche
der Offensive im Gaza-Streifen angekündigt, sie werde den Armee-Einsatz fortset-
zen. Außenministerin Tzipi Livni sagte im Anschluss an ein Gespräch mit Bundesau-
ßenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD), die Offensive werde nicht mit einer Ei-
nigung mit der radikalislamischen Hamas beendet. Israel werde sich nicht internatio-
nalem Druck nach einer Waffenruhe beugen, solange Hamas weiterhin Raketen auf
Israel feuere. Im israelischen Rundfunk wurde am Sonntag ein Offizier zitiert, der
sich dafür aussprach, den Gaza-Krieg bis Ende Januar fortzusetzen.“ (Süddeutsche
58
Zeitung, 12. Januar 2009) → Codierungen: akteur_a: 101 („die israelische Regie-
rung“), akteur_b („Außenministerin Tzipi Livni“): 101 und akteur_c („ein Offizier“):
110.
101 israelische Regierung
102 israelische parlamentarische Opposition
103 israelische Behörden/Polizei
104 israelische Rettungskräfte/Mediziner/Ärzte
105 israelische Medien
106 israelische Siedler
107 israelische religiöse Gruppen
108 israelische rechtsradikale Gruppen
109 israelische Araber
110 israelisches Militär
111 israelische Demonstranten/außerparlamentarische Opposition/NGO
112 israelische Intellektuelle/Schriftsteller
113 israelische Betroffene des Krieges
114 israelische Zivilbevölkerung
115 „Israel“ allgemein/israelische Angaben/israelische Augenzeugen
199 sonstige israelische Gruppierungen
201 palästinensische Autonomiebehörde
202 Hamas (Regierung und Partei)
203 Fatah
204 andere palästinensische Parteien/oppositionelle Gruppen
205 palästinensische Behörden/Polizei
206 palästinensische Rettungskräfte/Mediziner/Ärzte
207 palästinensische Medien
208 palästinensische religiöse Gruppen
209 palästinensische militante Gruppen, außer Hamas
210 palästinensische Demonstranten/außerparlamentarische Opposition/NGO
211 palästinensische Intellektuelle/Schriftsteller
212 palästinensische Betroffene des Krieges
213 palästinensische Zivilbevölkerung
59
214 „Palästinenser“ allgemein/palästinensische Angaben/palästinensische Augenzeu-
gen
299 sonstige palästinensische Gruppierungen
999 keine weiteren Akteure
15 Mehr Akteure
01 ja
02 nein
16 Betroffenen- /Aggressorrolle (rolle)
In dieser Variable soll ermittelt werden, welche Konfliktpartei in dem zu codierenden
Artikel in der Aggressoren- und welche in der Betroffenenrolle dargestellt und als
solche explizit benannt wird. Die Rollen können auch anhand von im Artikel ange-
führten Zitaten vergeben werden.
Eine Aggressorrolle trifft dann zu, wenn die handelnde Konfliktpartei durch ihre Ak-
tionen den Konfliktgegner angreift, seine Rechte verletzt oder ihn erheblich bedroht.
Für die Zuschreibung der Aggressorrolle ist es unerheblich, mit welcher Begründung
das Handeln legitimiert wird. Ausschlaggebend ist nur das Handeln selbst.
Eine Betroffenenrolle trifft dann zu, wenn eine Konfliktpartei durch das Handeln des
Aggressors betroffen ist.
Beispiel: Würde ein Artikel anhand des folgenden Ausschnitts codiert, bekäme
der folgende die Codierung 01: „Phosphor auf Kranke. Dramatische
Szenen in Gaza: Am Donnerstag und Freitag mußten Hunderte Patien
ten aus dem von der israelischen Armee in Brand geschossenen Al-
Quds-Hospital...“ (junge Welt, 17.01.09)
60
01 ------------------- 02 ------------------- 03 ------------------- 04 ------------------- 05
ausschließlich
israelische Kon-
fliktpartei in der
Aggressorrolle/
palästinensische
Konfliktpartei in
der Betroffenen-
rolle
überwiegend is-
raelisches Kon-
fliktpartei in der
Aggressorrolle/
palästinensische
Konfliktpartei in
Betroffenenrolle
ausgeglichen überwiegend pa-
lästinensische
Konfliktpartei in
der Aggressor-
rolle/Israel in
Betroffenenrolle
ausschließlich
palästinensische
Konfliktpartei in
der Aggressor-
rolle/Israel in
Betroffenenrolle
99 Keine Einordnung in Aggressoren/Betroffenenrolle erkennbar
17 Wertungen durch den/die AutorIn (wertaut)
In dieser Variable soll ermittelt werden, ob beim Lesen der Eindruck entsteht, dass
der/die AutorIn Wertungen zu Ungunsten einer der beiden Konfliktparteien äußert.
Dabei sind allein die geschriebenen Worte des oder der AutorIn ausschlaggebend,
nicht jedoch von ihm oder ihr angeführte direkte oder indirekte Zitate.
Unter Wertungen sollen erkennbare zustimmende oder ablehnende Meinungsposition
verstanden werden, die der sachlich neutralen Darstellung nicht mehr völlig ent-
spricht.
Beispiel: Israel ist „versammelt sich ums kollektive Stammesfeuer, euphorisiert von
den aktuellen ,Erfolgen‘ der Luftwaffe, und frönt so einem Fest der Barbarei.(...),
dass Israel die Hamas selbst hochgezüchtet hat (…), dass der Abzug aus dem Gazast-
reifen kein Friedensakt war, da man das geräumte Territorium zugleich hermetisch
abriegelte und ökonomisch wie zivilgesellschaftlich abwürgte. Nur ums sich an-
schließend darüber zu wundern, dass sich die Bevölkerung radikalisierte“ (taz,
03./04. Januar 2009). → Dieser Artikel kritisiert Israel nicht nur auf das Schärfste
(„Barbarei“), sondern entlastet auch die Militanten im Gazastreifen, die weder Kriti-
siert, noch thematisiert werden. Der Artikel bekäme die Codierung 01.
61
01 ------------------- 02 ------------------- 03 ------------------- 04 ------------------- 05
Wertungen aus-
schließlich zu
Ungunsten der
israelischen
Konfliktpartei
Wertungen über-
wiegend zu Un-
gunsten der is-
raelisches Kon-
fliktpartei
Wertungen aus-
geglichen so-
wohl zu Un-
gunsten der
einen, als auch
der anderen
Konfliktpartei
Wertungen über-
wiegend zu Un-
gunsten der pa-
lästinensischen
Konfliktpartei
Wertungen aus-
schließlich zu
Ungunsten der
palästinensi-
schen Konflikt-
partei
99 keine Wertung vorgenommen
18 Wertungen in Zitaten (wertzit)
In dieser Variable soll ermittelt werden, in wie weit in direkten und indirekten Zitaten
oder anderwertigen (z.B. durch Pressemitteilung) Stellungnahmen, Informationen
und Aussagen, welche im Artikel von der oder dem AutorIn aus Quellen angeführt
werden, Wertungen zu Ungunsten einer der beiden Konfliktparteien getätigt werden.
Unter Wertungen sollen erkennbare zustimmende oder ablehnende Meinungsposition
verstanden werden, die der sachlich neutralen Darstellung nicht mehr völlig ent-
spricht.
Beispiel: „Einer der Reservisten, die sich dem Einsatz in Gaza verweigerten, ist Yitz-
chak Ben Mocha. (…) Am Montag stellte er seine Gründe ausführlich dem australi-
schen Sender ABC vor: ,Ich bin der Armee beigetreten, weil ich Teil der Armee sein
wollte, die Israel verteidigt. Doch im Laufe meines Dienstes setzte sich die Erkennt-
nis durch, daß der Staat Israel weder dem Ende der Besatzung noch dem Leiden ei-
nes ganzen Volkes noch dem Leben der eingesetzten Soldaten auf politischer und so-
zialer Ebene Priorität einräumt.‘“ (junge Welt, 14. Januar 2009) → Diesem einzig
und allein gegen Israel gerichteten Zitat würde der Code 01 zugeordnet werden.
62
01 ------------------- 02 ------------------- 03 ------------------- 04 ------------------- 05
Wertungen aus-
schließlich zu
Ungunsten der
israelischen
Konfliktpartei
Wertungen über-
wiegend zu Un-
gunsten der is-
raelisches Kon-
fliktpartei
Wertungen aus-
geglichen so-
wohl zu Un-
gunsten der
einen, als auch
der anderen
Konfliktpartei
Wertungen über-
wiegend zu Un-
gunsten der pa-
lästinensischen
Konfliktpartei
Wertungen aus-
schließlich zu
Ungunsten der
palästinensi-
schen Konflikt-
partei
99 keine Wertung vorgenommen
19 Einzelschicksale (schicksal)
In dieser Variable wird erfasst, ob im Beitrag die Schicksale einzelner, öffentlich
nicht bekannter Personen dargestellt werden. Diese Variable wird auch dann ver-
schlüsselt, wenn eine sachbetonte Berichterstattung überwiegt, das Thema aber bei-
spielhaft anhand von Fallbeispielen auch nur am Rande des Beitrages erklärt wird,
bzw. wenn das Fallbeispiel nur auf das eigentliche Thema des Beitrages hinleitet.
Einzelschicksale können auch anhand von im Artikel angeführten Zitate beschrieben
und als solche codiert werden.
Ausgeschlossen werden hier Zitate öffentlich nicht bekannter Personen innerhalb ei-
nes Artikels, wenn nicht explizit auf deren Geschichte eingegangen wird.
Beispiel: „Esther M. fürchtet sich. Seit 35 Jahren lebt sie nun in Deutschland, ,aber
jetzt‘, sagt sie ,habe ich Angst, dass andere mitkriegen, dass ich Jüdin bin. Die Leute
sehen doch immer nur, wie Israel auf die armen Palästinenser schießt. Dabei wissen
die meisten doch gar nicht, was wirklich los ist in Israel‘“. (taz, 10./11. Januar 2009)
→ Dieser Einstieg in einen Artikel zum Thema israelfeindliche Demonstrationen
während des Gaza-Krieges würde mit Code 01 codiert.
01 ausschließlich Einzelschicksale aus Israel/von Israelis
02 Einzelschicksale sowohl aus Israel/von Israelis als auch aus Gaza/von Palästinen-
serInnen in etwa gleichem Verhältnis
03 ausschließlich Einzelschicksale aus Gaza/von PalästinenserInnen
99 kein Einzelschicksale
63
20 Kriegsziele, Rechtfertigung und Begründung (ziel)
Diese Variable soll erfassen, in wie weit in den zu untersuchenden Tageszeitungen
die Ziele, Rechtfertigungen und Gründe der beiden Konfliktpartei für Krieg insge-
samt oder auch für einzelne Kriegshandlungen dargestellt werden. Zu den Zielen
zählen sowohl politische, wie auch militärische, sowie kurz- und langfristige Zielset-
zungen. Kriegsziele, Rechfertigungen und Begründungen können auch anhand von
im Artikel angeführten Zitate beschrieben und als solche codiert werden.
Beispiele: „Die israelische Regierungsspitze – Ehud Olmert, Zipi Livni und Ehud
Barak – rechtfertigte den Angriff auf Gaza als ,Selbstverteidigung‘ gegen die Hamas.
Man wolle auch die Palästinenser von der Terrororganisation ,befreien‘.“ (junge
Welt, 29. Dezember 2008) → Dieses Zitat bekäme die Codierung 01
01 ausschließlich Ziele, Rechtfertigungen und Begründungen Israels benannt
02 sowohl Ziele, Rechtfertigungen und Begründungen der Hamas, als auch Israels
benannt
03 ausschließlich Ziele, Rechtfertigungen und Begründungen der Hamas benannt
99 keine Ziele benannt
d) Bilder
21 1. Bildinhalt (bild_a), 22 2. Bildinhalt (bild_b), 23 3. Bildinhalt (bild_c)
Es werden alle Fotos codiert, die in zu codierenden Artikeln zum Gazakrieg gehören.
Nicht codiert werden in diesem Zusammenhang abgebildete Landkarten, Grafiken
und Karikaturen. Das Bild wird immer im Kontext zu dessen Bildunterschrift codiert.
Die drei wichtigsten Inhalte eines Bildes können in den Variablen bild_a, bild_b und
bild_c eingetragen werden. Sollte ein Artikel mit mehreren Fotos gestaltet sein, dann
ist jedem Bild nur eine Variable bild_a, bild_b oder bild_c zu zuordnen und der of-
fensichtlichste Inhalt jedes Bildes zu bewerten. Die Einordnung in die Gruppen
bild_a, bild_b oder bild_c erfolgt nicht nach Wichtigkeit, sondern nach der Reihen-
folge der Abbildung auf der Seite, wobei von links nach rechts und von oben nach
unten gelesen wird.
64
Es wird codiert, was auf den Fotos abgebildet ist. Vor alle codierten Bildinhalte
werden zusätzlich Ländercodes geschrieben.
1 Israel/israelische/r Akteur/e
2 Gazastreifen/palästinensische/r Akteur/e
3 Akteure in/aus anderen Staaten
8 Ländercode nicht zuordenbar
01 Darstellung von Zivilbevölkerungen als Betroffene (Flüchtlinge, zivile Betroffe-
ne, zerstörte Häuser...)
02 Darstellung von Zivilbevölkerung in anderen Rollen (z.B. Demonstrationen)
03 militärische Darstellungen (Kampfhandlungen, militärische Opfer, Waffen, Solda-
ten)
04 Politikerdarstellungen/Prominente/Portraits
09 sonstiges
99 Kein Bild zum Artikel vorhanden
24 Emotionalität der Bilder (emo)
Diese Variable wird nur codiert, wenn der Artikel bebildert ist. Es wird ermittelt, ob
ein/die Foto/s eher einen emotionalen oder eher einen nüchternen Eindruck vermit-
telt/n. Nüchtern sind Bilder dann, wenn sie ohne emotionalisierende Darstellungen
aufbereitet ist, das Gegenteil gilt für emotionale Abbildungen.
Solche emotionalisierenden Darstellungen sind gezeigte Gefühle wie Wut, Trauer,
Angst und Furcht und das Aufzeigen von Folgen, Betroffenen, Missständen, Kindern
und Tieren.
Beispiel: Ein Bild aus dem Neuen Deutschland vom 03./04. Januar 2009 zeigt ein
palästinensisches Kind, dessen Beine bis einschließlich zur Hüfte, ebenso wie sein
linker Arm eingegipst sind. Das schlafende oder ohnmächtige Kind ist von zahlrei-
chen medizinischen Kabeln und Schläuchen umgeben, eine Frau hält seinen Kopf
und Blickt ihm dabei ins Gesicht. → Das Bild erschüttert aufgrund der sichtbaren
notwendigen umfangreichen medizinischen Versorgung und der relativ hilflos neben
65
dem Kind stehenden Frau derart, dass es mit dem Code 5 zu codieren ist.
01 ------------------- 02 ------------------- 03 ------------------- 04 ------------------- 05
Das/die Foto/s
vermittelt einen
nüchternen Ein-
druck. Es/sie
zeigt keine
emotionalisie-
renden
Darstellungen.
Das/die Foto/s
zeigt/zeigen
zwar emotionali-
sierende Darstel-
lungen, im Ge-
samteindruck er-
scheint/en es/sie
jedoch überwie-
gend nüchtern.
Das/die Foto/s
ist/sind weder
sehr nüchtern,
noch sehr emo-
tional.
Das/die Foto/s
zeigt/zeigen
überwiegend
emotionalisie-
rende Elemente,
bewahrt/en sich
jedoch eine ge-
wissen Nüch-
ternheit.
Das/die Foto
vermittelt/n
einen sehr emo-
tionalen Ein-
druck, dem star-
ker Nachdruck
verliehen wird.
99 Kein Bild zum Artikel vorhanden
66
9.2 Exposé
Die Haltungen linker Tageszeitungen aus Deutschland zu Israel während des
Gaza-Krieges 2008/2009
Exposé zur wissenschaftlichen Arbeit zur Erlangung des
akademischen Grades Bachelor of Arts (B.A.) im
Studiengang Medienforschung, Medienpraxis
Technische Universität Dresden
Philosophische Fakultät
Institut für Kommunikationswissenschaften
Seminar: Reflexion
Dozent: Prof. Dr. Lutz M. Hagen
Abgabedatum: 31.03.09
Abgegeben von:
Matthias Galle (Matr. Nr.: 3322456)
geb. am 23.01.87
Adlergasse 1a
01067 Dresden
Einleitung
Der Nah-Ost-Konflikt ist in der deutschen Linken ein heiß diskutiertes Thema.
Schon seit Jahren polarisiert die Auseinandersetzungen rund um den Konflikt
zwischen Israel und den PalästinenserInnen die Linke in Deutschland (vgl. Gessler,
2007, S. 357). Dabei sind auch Antisemitismus-Vorwürfe Teil dieser Auseinander-
setzung vor dem Hintergrund der deutschen Vergangenheit. In der Diskussion sind
dabei unter anderem die drei linken deutschen Tageszeitungen junge Welt, Neues
Deutschland und die tageszeitung (taz) Kritik ausgesetzt. Die Vorwürfe der Israel-
Feindlichkeit bis hin zum Antisemitismus gegen die junge Welt, das Neues Deutsch-
land und die taz sind jedoch bisher nicht empirisch belegt oder widerlegt worden.
Eine Lücke, welche die diesem Exposé folgende Forschungsarbeit anhand einer Un-
67
tersuchung der Berichterstattung zum Krieg im Gazastreifen zum Jahreswechsel
2008/2009 schließen soll.
Wie lautet die Forschungsfrage?
Die Untersuchung soll anhand folgender Fragestellung erfolgen:
Wie gestaltet sich die Berichterstattung der drei linken deutschen Tageszeitungen
junge Welt, Neues Deutschland und taz zum Krieg im Gazastreifen zum Jahreswech-
sel 2008/2009 hinsichtlich der Positionen zu Israel und den PalästinenserInnen.
Die These lautet, dass die junge Welt israelkritischer, propalästinensischer und an-
tisemitischer zum genannten Gazakrieg Bericht erstattet, als das Neue Deutschland.
Die taz ist unter den drei Tageszeitungen die am wenigsten israelfeindliche, am we-
nigsten antisemitische und am wenigsten propalästinensische Zeitung.
Die These speist sich aus Vorwürfen linker PublizistInnen gegen die drei Tages-
zeitungen. Diese treffen die junge Welt am schwersten. Gessler schreibt, dass „im
früheren DDR-Jugendblatt (…) der SED-Antizionismus, dessen antisemitische
Grundierung nicht zu verleugnen ist, nahezu unverändert überlebt“ (2007, S. 360)
hat. Jakob wirft der jungen Welt in der konkret „notorischen Antisemitismus“ (2001)
vor. Jungle World-Redakteur Ivo Bozic kritisiert den „rabiaten Antizionismus“
(2006) des junge Welt-Autors Werner Pirker.
Gegenüber der jungen Welt und dem SED-Antizionismus formulierte nach Auf-
fassung von Gessler das Neue Deutschland seine Kritik an der Politik Israels
während des Israel-Libanon-Krieges 2006 dagegen „deutlich ausgewogener“ (2007,
S. 360). „Aus der grundsätzlichen Sympathie für die ,gegen den westlichen Imperia-
lismus kämpfenden arabischen Völker‘ macht das Blatt jedoch auch heute kein Ge-
heimnis“ (Gessler, 2007, S. 360).
Gegenüber der taz gibt es weniger starke Vorwürfe, auch wenn Weinthal in der
Jungle World feststellt: „Vermeintlich linke Zeitungen wie die taz richten sich in ih-
ren Artikeln oft gegen Antisemitismus, aber sie sehen die Verbindung zwischen ihrer
antiisraelischen Sprache (d.h. Antizionismus) und der Verbreitung des Antisemitis-
mus nicht“ (2007).
Diese bisher wissenschaftlich nicht untersuchte, aber von verschiedenen AutorIn-
nen behauptete Hierarchie der Israelkritik und des Antisemitismus in den linken deut-
schen Tageszeitungen von der taz über das Neue Deutschland bis zur jungen Welt
68
soll als These in der diesem Exposé folgenden Bachelor-Arbeit untersucht werden.
Warum ist die Forschungsfrage relevant?
Der Nah-Ost-Konflikt ist in der deutschen Linken ein viel diskutiertes und polarisie-
rendes Thema, wie die harten Vorwürfe im gerade gelesenen Kapitel andeuten. Auch
umfangreiche Publikationen thematisieren Antisemitismus in der deutschen Linken
(z.B. Brosch, Elm, Geißler, Simbürger & von Wrochem, 2007). In der Auseinander-
setzung spielen natürlich auch linke Medien und insbesondere die Tageszeitungen
eine große Rolle. So ist die Wochenzeitung Jungle World eine ständige Kritikerin der
jungen Welt, aus der sie nach einem redaktionsinternen Streit im Jahr 1997 hervor-
ging (vgl. Bozic, 2007, S. 6 f.). Trotz der Schärfe der Auseinandersetzung haben die
gegen die drei Tageszeitungen hervorgebrachten Vorwürfe wenig systematisch unter-
suchte und empirische Basis. Gessler zählt anhand der Berichterstattung der jungen
Welt mit Hilfe einiger Beispiele zur Berichterstattung zum Krieg zwischen Israel und
der Hisbollah aus dem Jahr 2006 zwar auf, dass die Beiträge zum Konflikt antisemi-
tisch geprägt seien (vgl. 2007, S. 360 ff.). Eine Aufzählung ist aber noch lange keine
wissenschaftliche Analyse. Es bleibt zum Beispiel unklar, ob und in welcher der drei
linken deutschen Tageszeitungen Israelfeindlichkeit oder gar Antisemitismus zur Re-
daktionslinie gehört oder wo Feindseligkeiten gegen Israel Ausfälle Einzelner sind.
Unbekannt ist außerdem, wie breit die Toleranz für unterschiedliche in den Blättern
zugelassenen Meinungen ist. Kommen wirklich nur israelkritische Autoren zu Wort
oder dürfen auch israelsolidarische Linke publizieren?
Mit der diesem Exposé folgenden Bachelor-Arbeit soll der Debatte um die Israel-
feindlichkeit oder gar den Antisemitismus in linken deutschen Tageszeitung eine em-
pirische Basis erarbeitet werden, die bisher in der Auseinandersetzung völlig fehlte.
Das Duisburger Institut für Sprach- und Sozialforschung erforschte in einer Dis-
kursanalyse „Die Nahost-Berichterstattung zur Zweiten Intifada in deutschen Print-
medien unter besonderer Berücksichtigung des Israel-Bildes“, dabei wurde auch die
taz mit einbezogen. Daneben flossen in die Untersuchung Artikel aus der Frankfur-
ter Allgemeinen Zeitung, der Frankfurter Rundschau, des Spiegels, des Tagesspie-
gels, der Welt und der Süddeutschen Zeitung ein. Bock und Filipschack veröffent-
lichten eine Studie, in der sie „Elemente des Judenstereotyps in Massenmedien“ un-
tersuchten (vgl. 1997, S. 28 ff.). Sie analysierten dabei die Zeit, die Welt am Sonntag,
69
die Deutsche National-Zeitung, die Frankfurter Rundschau, den Weser Kurier, den
Münchener Merkur und einige Fernsehsendungen. Die Ergebnisse dieser Studien
lassen jedoch keine Rückschlüsse zu auf das Israel-Bild oder die Verwendung von
antisemitischen Stereotype in linken Zeitungen.
Diese Wissenslücke sollte jedoch geschlossen werden, gerade angesichts dessen,
dass alle drei linken deutschen Tageszeitungen in israelfeindlichen Milieus entstan-
den sind. Die junge Welt und das Neue Deutschland sind mit ihrer DDR-Vergangen-
heit (vgl. Wilke, 2004, S. 219) die Presse eines Staates gewesen, der antiisraelische
und zum Teil antisemitische Politik betrieb (vgl. Radvan, 2004, S. 39 ff.). Diese Linie
wurde auch in den staatlichen Medien durchgesetzt, denen junge Welt und Neues
Deutschland angehörten. So wurde laut Radvan der „Nahostkonflikt und seine Gene-
se (…) weit gehend proarabisch beschrieben“ (ebd., S. 41), dabei die Politik Israels
als „kriegstreiberisch“ (ebd.) interpretiert und „antisemitische Stereotype“ und „Ver-
gleiche mit dem NS“ herangezogen (ebd.). Er stellt außerdem die These auf, dass
„insbesondere die israelfeindliche Medienberichterstattung der DDR (...) Anschluss-
möglichkeiten für antiisraelische und antijüdische Argumentationen in der heutigen
Debatte um den Nahostkonflikt“ bieten würden (ebd., S. 43). Ob dies jedoch in den
beiden auflagenstärksten DDR-Zeitungen junge Welt und Neues Deutschland (vgl.
Wilke, 2004, 220) geschehen ist, wurde bisher nicht untersucht.
Auch die taz kam aus einem antizionistisch bis antisemitisch geprägtem Milieu –
dem der deutschen Linken der 1970er Jahre (vgl. Gessler, 2007, S. 347 ff.): „Ende
der 1960er-, Anfang der 1970er Jahre war Antizionismus unter Linken an deutschen
Universitäten praktisch Konsens“ (Gessler, 2007, S. 354). Dabei spielte auch die taz
eine Rolle, in welcher auch JournalistInnen mitarbeiteten, „die von den Palästinen-
sern als den ,neuen Juden‘ redeten, die Israelis mit Nazis verglichen und sogar von
einem ,umgekehrten Holocaust‘ im Libanon und einer ,Endlösung der Palästinenser-
frage‘ phantasierten“ (ebd., S. 357). Gessler hebt jedoch hervor, dass auch „andere(n)
Stimmen“ (ebd.) im Blatt Platz eingeräumt wurde. Dennoch steht genau wie für die
junge Welt und das Neue Deutschland auch für die taz die Frage, ob sich die Redak-
tionen noch immer in der Tradition ihrer Gründungszusammenhänge bewegen oder
ob sie sich von der Israelfeindlichkeit bis zum Antizionismus und Antisemitismus ih-
rer Vergangenheit emanzipiert haben. Eine anhand empirischen Materials bisher un-
geklärte Frage, welche die Bachelor-Arbeit, welche diesem Exposé folgt, jedoch be-
antworten soll.
70
Wie soll die Forschungsfrage beantwortet werden?
Die Forschungsfrage soll mit Hilfe einer vergleichenden quantitativen Inhaltsanalyse
beantwortet werden. Verglichen werden soll dabei die Berichterstattung der drei
deutschen Tageszeitungen junge Welt, Neues Deutschland und taz zum Krieg im
Gazastreifen vom Jahreswechsel 2008/2009. Der Untersuchungszeitraum beginnt am
27. Dezember 2008, dem Tag, als die israelische Armee ihre Militäroffensive „Ge-
gossenes Blei“ im Gazastreifen startete, was den Startpunkt des Krieges markiert
(vgl. o.A., o.J b). Das Ende des Untersuchungszeitraums ist der 19. Januar 2009, an
welchem Welt Online mit einem Artikel mit der Überschrift „Waffenruhe in Nahost.
Israels Panzer verlassen den Gazastreifen“ (o.A., 2009) das Ende des Krieges be-
kannt gab. Für die Untersuchung soll eine Vollerhebung aller Artikel vorgenommen
werden. Zur Entwicklung des Codebogens kann die Studie des Duisburger Instituts
für Sprach- und Sozialforschung zur „Nahost-Berichterstattung zur Zweiten Intifada
in deutschen Printmedien unter besonderer Berücksichtigung des Israel-Bildes“ und
die Untersuchung von Bock und Filipschack zu „Elemente(n) des Judenstereotyps in
Massenmedien“ mit herangezogen werden.
Quellenverzeichnis
Abkürzungen: o.J. - ohne Jahr
o.A. - ohne Autor
(o.A.). (o.J.). Israel und der Gazastreifen. Konflikte seit mehr als 40 Jahren.
http://www.tagesschau.de/ausland/chronogaza100.html, zuletzt eingesehen:
30.03.09.
(o.A.). (2009). Waffenruhe in Nahost. Israels Panzer verlassen den Gazastreifen.
http://www.welt.de/politik/article3050856/Israels-Panzer-verlassen-den-
Gazastreifen.html, zuletzt eingesehen: 30.03.09.
Bock, G. & Filipschack W. (1997). Elemente des Judenstereotyps in Massenmedien.
In H. Dichanz, N. Hauer, P. Hölzle & H. Imme (Hrsg), Antisemitismus in Medien (S.
28-31). Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung.
71
Bozic, I. (2006). Rotbraunes Waffenarsenal. http://www.jungle-
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a. M.: Fischer Taschenbuch Verlag.
73
9.3 Erster Intracoderreliabilitätstest – ICR-Werte
• ICR (autor) = .97
• ICR (form) = .82
• ICR (anlass) = .77
• ICR (rolle) = .77
• ICR (wertaut) = .82
• ICR (wertzit) = .77
• ICR (akteur_a, akteur_b, akteur_c, akteur_d(unabhängig von
Reihenfolge)) = .77
• ICR (schicksal) = .92
• ICR (ziel) = .77
• ICR (bild_a, bild_b, bild_c (unabhängig von Reihenfolge)) =
1,00
• ICR (emo) = .61
9.4 Zweiter Intracoderreliabilitätstest – ICR-Werte
• ICR (autor) = 1
• ICR (form) = .77
• ICR (rolle) = .72
• ICR (rolle – Ausprägung 1=2 und 5=4) = .77
• ICR (wertaut) = .69
• ICR (wertaut – Ausprägung 1=2 und 5=4) = .77
• ICR (wertzit) = .79
• ICR (wertzit – Ausprägung 1=2 und 5=4) = .85
• ICR (akteur_a, akteur_b, akteur_c, akteur_d(unabhängig von
Reihenfolge)) = .88
• ICR (schicksal) = .95
• ICR (ziel) = .77
• ICR (bild_a, bild_b, bild_c (unabhängig von Reihenfolge)) = .
95
• ICR (emo) = .5
• ICR (emo – Ausprägung 1=2 und 5=4) = .72
74
9.5 Themen der Zeitungen
In diesem zusätzlichen Kapitel soll ein Blick auf die Themen der Berichter-
stattung geworfen werden. Analysiert wurde jeweils das Hauptthema jedes Artikels
(Tabelle 8: Themen der Zeitungen, S. 78).
Die Ausprägungen der Variablen wurden zum Großteil von Krüger (2003, S.
404) übernommen und sind nach einer Materialsichtung vor der eigentlichen Codie-
rung um relevante Themen für den untersuchten Konflikt ergänzt worden. Die Defi-
nitionen von Themen und Ereignissen wurden Fretwurst (2008, S. 104 & S. 109) ent-
nommen.
In einem ersten Intracoder-Reliabilitätstest (Bedingungen siehe Kapitel 5.3, S.
14) wurde ein ICR-Wert für „(thema_1, thema_2 (unabhängig von Reihenfolge))“
von .62 ermittelt, für „thema_1“ .85. Der erste Wert ist nicht zu tolerieren, der Wert
für „thema_1“ dagegen ist sehr gut. Die Formulierung zur Bedingung der Themen,
dass diese „in Headline, Subline, Lead (Nachrichtenkopf, Einstieg, Vorspann) oder
dem ersten Absatz des Textes oder falls der Artikel nur aus einem Absatz besteht in
den ersten fünf Sätzen ersichtlich werden“ genannt sein müssten, wurde nach dem
Test geändert in: „Headline, Subline, Lead (Nachrichtenkopf, Einstieg, Vorspann)
und/oder dem ersten Absatz des Textes und/oder in den ersten fünf Sätzen“. Dies
sollte eine eindeutigere Codierung gewährleisten. Außerdem wurde die Kategorie
„Ereignis“ in die Variablen „thema_1“ und „thema_2“ integriert.
Für die beiden Kategorien wurde auch ein zweiter Intracoderreliabilitätstest
durchgeführt (Bedingungen siehe Kapitel 5.3, S. 14). Die ICR-Werte dieses Tests von
.46 für „thema_1, thema_2 (unabhängig von Reihenfolge)“ und .62 für „thema_1“
sind jedoch nicht tolerierbar. Fasst man die die Ausprägungen 1, 2 und 3 zusammen,
so ergibt sich ein ICR (thema_1) von .72 und der gleiche Wert für ICR (thema_1,
thema_2 (unabhängig von Reihenfolge)). Diese Zahlen sind für eine Themen-Kate-
gorie tolerierbar. Betrachtet man jedoch „thema_1“ und „thema_2“ zusammen, so
wie die Auswertung der beiden Kategorien geplant war, kommt es durch die Zusam-
menlegung der drei Ausprägungen dazu, dass einigen Fällen in „thema_1“ und „the-
ma_2“ das gleiche Thema codiert wurde. Dies ist aber laut Codebuch nicht zulässig
(ein Thema kann nicht gleichzeitig das wichtigste und auch das zweitwichtigste The-
ma sein). Deshalb ging in die Datenanalyse nur „thema_1“ ein.
Das stärkste Thema der Berichterstattung war „Kriegsführung/ Kriegsverlauf/
75
Opfer/ Schäden/ Situation der Zivilbevölkerung im Gazastreifen/ in Israel/ in ange-
griffenen Städten“ zum allgemeinen Kriegsverlauf. In fast 30 Prozent der Artikel der
Süddeutschen Zeitung, in 41 Prozent der Artikel der taz und in über einem Drittel
der Texte des Neuen Deutschland war es das Hauptthema. Dies ist wenig überra-
schend, auffällig ist lediglich, dass die junge Welt nur in jedem fünften Artikel die-
sem Thema die Hauptaufmerksamkeit zukommen ließ.
Die Themen „Frieden/ Friedensverhandlungen/ Internationale Diplomatie“
waren zentral in einem von fünf Beiträgen der Süddeutschen Zeitung und der taz,
allerdings in nur einem von zehn Artikeln der jungen Welt und des Neuen
Deutschland.
Darüber hinaus war das Themenfeld weit gestreut, nur wenige weitere The-
men erlangten eine Aufmerksamkeit von über fünf Prozent der untersuchten Artikel
der jeweiligen Tageszeitungen. Diese Themen sind:
• unrechtmäßiges/ unverhältnismäßiges Vorgehen Israels - jW:
8,4 Prozent
• Proteste gegen Krieg in Deutschland – jW: 7,5 Prozent
• internationale Reaktionen (außer Proteste) – SZ: 7,3 Prozent
• Kriegsziele Israel - ND: 7,1 Prozent
• Rolle der Medien/ Propaganda/ Zensur – taz: 5,2 Prozent, jW:
5,6 Prozent
• UN Reaktionen auf den Krieg – ND: 5,4 Prozent
• historische Einordnung/ Prognose - taz: 5,3 Prozent
• die Kategorie „sonstiges“ belegten für die jW 14 Prozent, für
die taz 11,3 Prozent , für die SZ 10,1 Prozent für das ND 3,6
Prozent der Artikel
Fasst man die Ausprägungen „Proteste gegen Krieg in Deutschland“, „Protes-
te gegen Krieg in Israel“, „Proteste gegen Krieg in anderen westlichen Ländern“,
„Proteste gegen Krieg in Gaza und Westbank“, „Proteste gegen Krieg in in anderen
arabischen Ländern“ und „antisemitischer Protest gegen Krieg“ zusammen zu einer
umfassenden Ausprägung „Proteste gegen den Krieg“, ergibt sich folgendes Bild:
Die Proteste gegen die Krieg im Gazastreifen waren im Neuen Deutschland (12,5
Prozent) und der jungen Welt (18,7 Prozent) doppelt bis drei mal so oft Hauptthema
von Artikeln zum Krieg, wie in der Süddeutschen Zeitung (4,6 Prozent) und der ta-
76
geszeitung (6,2 Prozent).
Ein Χ2 – Unabhängigkeitstest zwischen beiden Variablen ist nicht möglich,
weil die erwartete Häufigkeit in 89,7% der Felder einer Kreuztabelle beider Varia-
blen unter 5 liegt. Deshalb ist um Χ2 - Test durchführen zu können, die Bedingun-
gen für den Test sind nicht erfüllt (vgl. Brosius, 2008, S. 412).
Damit sind die Ergebnisse nicht generalisierbar, allerdings behalten die Er-
kenntnisse zu den Hauptthemen der Berichterstattung zumindest für den Zeitraum
des Gazakrieges von Dezember 2008 und Januar 2009 ihre volle Aussagekraft. Aus
ihnen lässt sich mit Blick auf die Forschungsfrage folgendes Fazit ziehen:
Die Süddeutsche Zeitung widmete fast die Hälfte ihrer Artikel, die taz 60 Pro-
zent ihrer Texte den Hauptthemen allgemeiner Kriegsverlauf, Friedensverhandlungen
und Diplomatie. Die beiden Zeitung sind mit diesen Themen sehr nah am Geschehen
im Gazastreifen und Israel.
Das Neue Deutschland widmet mehr als jeden zehnten Artikel den Protesten
gegen den Krieg, allerdings thematisierten im Vergleich zu den anderen Zeitungen
auch überdurchschnittliche sieben Prozent hauptsächlich die israelischen Kriegszie-
len.
Die junge Welt thematisierte in knapp jedem fünften Artikel die Proteste ge-
gen den Krieg, das ist ein fast genau so hoher Anteil an der Berichterstattung, wie
zum eigentlichen Kriegsgeschehen selbst. Acht Prozent der Artikel beschäftigten sich
hauptsächlich mit Vorwürfen des unrechtmäßigen oder unverhältnismäßigen Vorge-
hen Israels. Aus diesen Thematisierungen lässt sich eine israelkritische Haltung der
Zeitung vermuten.
Die Kategorie „sonstiges“ nahm bei der Auswertung der Hauptthemen der
Berichterstattung in drei Zeitungen mehr als zehn Prozent aller Artikel ein. Dieser
hohe Wert könnte dafür sprechen, dass einige zentralere Themen der Berichterstat-
tung nur als „sonstiges“ und nicht spezifisch erfasst wurden. Dem ist jedoch entge-
gen zu halten, dass auch viele der bereits für die Codierung zur Auswahl stehenden
31 Themen nur schwach besetzt waren und die Liste bereits bei Krüger (2003, S.
404) Anwendung fand.
Die Beachtung eines weiteren methodischer Kritikpunktes hätte verhindern
können, dass nur die Variable „thema_1“ in die Auswertung einging: Für die zusam-
mengefasste Kategorie „thema_1, thema_2 (unabhängig von Reihenfolge)“ wäre ein
zusätzlicher Pretest vor der Codierung des gesamten Materials notwendig gewesen.
77
Damit hätten nach den Veränderungen an den Bedingungen für die Kategorien „the-
ma_1“ und „thema_2“ nach dem ersten Intracoderreliabilitätstest vielleicht noch zu-
sätzliche Probleme entdeckt werden können. Damit hätte möglicherweise verhindert
werden können, dass am Ende doch nur die Kategorie „thema_1“ in die Auswertung
eingehen konnte und zudem dafür die Ausprägungen 1, 2 und 3 zusammengelegt
werden mussten.
9.6 Tabelle 8: Themen der Zeitungen
Zeitung SZ(n = 109)
taz(n = 97)
ND(n = 56)
jW(n = 107)Thema
Kriegsführung/Kriegs-verlauf
absolut 31 40 20 21
relativ an n 28,4% 41,2% 35,7% 19,6%Frieden/Friedensver-handlungen/Internationa-le Diplomatie
absolut 21 19 6 11relativ an n 19,3% 19,6% 10,7% 10,3%
Reaktionen auf den Krieg aus Israel (außer Proteste)
absolut 2 0 0 1
relativ an n 1,8% ,0% ,0% ,9%
Reaktionen auf den Krieg aus Gaza&West-bank (außer Proteste)
absolut 0 0 0 1relativ an n ,0% ,0% ,0% ,9%
UN-Reaktionen auf den Krieg
absolut 1 2 3 0
relativ an n ,9% 2,1% 5,4% ,0%
internationale Reaktio-nen (außer Proteste)
absolut 8 2 1 4
relativ an n 7,3% 2,1% 1,8% 3,7%
Reaktionen auf den Krieg aus Deutschland (außer Krieg)
absolut 3 0 2 2
relativ an n 2,8% ,0% 3,6% 1,9%
Proteste gegen den Krieg in Deutschland
absolut 0 1 2 8relativ an n ,0% 1,0% 3,6% 7,5%
Proteste gegen den Krieg in Israel
absolut 0 1 2 5relativ an n ,0% 1,0% 3,6% 4,7%
Proteste gegen den Krieg in anderen westli-chen Ländern
absolut 1 1 1 4relativ an n ,9% 1,0% 1,8% 3,7%
Proteste gegen den Krieg in Gaza und West-bank
absolut 3 0 1 0
relativ an n 2,8% ,0% 1,8% ,0%
Proteste gegen den Krieg in anderen arabi-schen Ländern
absolut 0 2 1 3relativ an n ,0% 2,1% 1,8% 2,8%
78
antisemitischer Protest gegen den Krieg
absolut 1 1 0 0relativ an n ,9% 1,0% ,0% ,0%
Solidaritätsbekundungen für Israel (Demonstratio-nen u.ä.)
absolut 1 0 1 3relativ an n ,9% ,0% 1,8% 2,8%
unrechtmäßiges/unver-hältnismäßiges Vorge-hen Israels
absolut 4 1 1 9
relativ an n 3,7% 1,0% 1,8% 8,4%
unrechtmäßiges/unver-hältnismäßiges Vorge-hen Hamas
absolut 0 0 0 1relativ an n ,0% ,0% ,0% ,9%
Rolle der Medien/Propa-ganda/Zensur
absolut 4 5 0 6
relativ an n 3,7% 5,2% ,0% 5,6%
humanitäre Hilfe absolut 2 0 1 4
relativ an n 1,8% ,0% 1,8% 3,7%
Kriegsziele Israel absolut 2 0 4 2
relativ an n 1,8% ,0% 7,1% 1,9%
Kriegslegitimation absolut 0 1 0 0
relativ an n ,0% 1,0% ,0% ,0%
Kriegsschuld absolut 0 0 2 0
relativ an n ,0% ,0% 3,6% ,0%
Kriegsfolgen absolut 2 1 2 1
relativ an n 1,8% 1,0% 3,6% ,9%
Rüstung/Technologie absolut 2 3 1 1
relativ an n 1,8% 3,1% 1,8% ,9%
historische Einordnung/Prognose
absolut 4 5 2 5
relativ an n 3,7% 5,2% 3,6% 4,7%
Schmuggel-Tunnel in den Gaza Streifen
absolut 2 1 0 0
relativ an n 1,8% 1,0% ,0% ,0%
Popularität der Hamas absolut 1 0 0 0
relativ an n ,9% ,0% ,0% ,0%
Wahlen in Israel absolut 1 0 1 0
relativ an n ,9% ,0% 1,8% ,0%
entführte israelische Sol-daten
absolut 2 0 0 0
relativ an n 1,8% ,0% ,0% ,0%
sonstiges absolut 11 11 2 15
relativ an n 10,1% 11,3% 3,6% 14,0%Total 100 % 100 % 100 % 100 %
Ausprägungen: Proteste gegen den Krieg in Deutschland, Proteste gegen den Krieg
in Israel, Proteste gegen den Krieg in anderen westlichen Ländern, Proteste gegen
den Krieg in Gaza und Westbank, Proteste gegen den Krieg in in anderen arabischen
Ländern, antisemitischer Protest gegen den Krieg zusammengefasst zu „Proteste ge-
79
gen den Krieg“:
Proteste gegen den Krieg absolut 5 6 7 20
relativ an n 4,6% 6,2% 12,5% 18,7%
9.7 Tabelle 2: Wer kommt zu Wort?
Zeitung SZ(n = 198)
taz(n = 184)
ND(n = 128)
jW(n = 141)Akteur
israelische Regierung Anzahl der Akteursauftritte
in allen Artikeln unter den
ersten vier Akteuren beider
Konfliktparteien
46 38 32 24
relativ an n 23,2% 20,7% 25,0% 17,0%
israelische parlamentari-sche Opposition
Anzahl der Akteursauftritte
in allen Artikeln unter den
ersten vier Akteuren beider
Konfliktparteien
1 0 2 3
relativ an n ,5% ,0% 1,6% 2,1%
israelische Behörden/Po-lizei
Anzahl der Akteursauftritte
in allen Artikeln unter den
ersten vier Akteuren beider
Konfliktparteien
4 2 1 1
relativ an n 2,0% 1,1% ,8% ,7%
80
israelische Rettungskräf-te/Mediziner/Ärzte
Anzahl der Akteursauftritte
in allen Artikeln unter den
ersten vier Akteuren beider
Konfliktparteien
1 0 0 0
relativ an n ,5% ,0% ,0% ,0%
israelische Medien Anzahl der Akteursauftritte
in allen Artikeln unter den
ersten vier Akteuren beider
Konfliktparteien
17 14 7 10
relativ an n 8,6% 7,6% 5,5% 7,1%
israelische Siedler Anzahl der Akteursauftritte
in allen Artikeln unter den
ersten vier Akteuren beider
Konfliktparteien
1 0 0 0
relativ an n ,5% ,0% ,0% ,0%
israelisches Militär Anzahl der Akteursauftritte
in allen Artikeln unter den
ersten vier Akteuren beider
Konfliktparteien
36 18 19 28
relativ an n 18,2% 9,8% 14,8% 19,9%
israelische Demonstran-ten/außerparlament. Op-position/NGO
Anzahl der Akteursauftritte
in allen Artikeln unter den
ersten vier Akteuren beider
Konfliktparteien
3 4 5 8
relativ an n 1,5% 2,2% 3,9% 5,7%
israelische Intellektuelle/Schriftstel-ler
Anzahl der Akteursauftritte
in allen Artikeln unter den
ersten vier Akteuren beider
Konfliktparteien
4 5 0 3
relativ an n 2,0% 2,7% ,0% 2,1%
israelische Betroffene des Krieges
Anzahl der Akteursauftritte
in allen Artikeln unter den
ersten vier Akteuren beider
Konfliktparteien
3 3 2 0
relativ an n 1,5% 1,6% 1,6% ,0%
israelische Zivilbevölke-rung
Anzahl der Akteursauftritte
in allen Artikeln unter den
ersten vier Akteuren beider
Konfliktparteien
3 5 3 0
relativ an n 1,5% 2,7% 2,3% ,0%
"Israel" allgemein/israeli-sche Angaben
Anzahl der Akteursauftritte
in allen Artikeln unter den
ersten vier Akteuren beider
Konfliktparteien
15 15 13 11
relativ an n 7,6% 8,2% 10,2% 7,8%
sonstige israelische Gruppierungen
Anzahl der Akteursauftritte
in allen Artikeln unter den
ersten vier Akteuren beider
Konfliktparteien
3 4 2 1
81
relativ an n 1,5% 2,2% 1,6% ,7%
palästinensische Autono-miebehörde
Anzahl der Akteursauftritte
in allen Artikeln unter den
ersten vier Akteuren beider
Konfliktparteien
3 4 3 2
relativ an n 1,5% 2,2% 2,3% 1,4%
Hamas (Regierung und Partei)
Anzahl der Akteursauftritte
in allen Artikeln unter den
ersten vier Akteuren beider
Konfliktparteien
28 30 8 11
relativ an n 14,1% 16,3% 6,3% 7,8%
Fatah Anzahl der Akteursauftritte
in allen Artikeln unter den
ersten vier Akteuren beider
Konfliktparteien
1 0 0 2
relativ an n ,5% ,0% ,0% 1,4%
andere palästinensische Parteien/oppositionelle Gruppen
Anzahl der Akteursauftritte
in allen Artikeln unter den
ersten vier Akteuren beider
Konfliktparteien
2 1 1 1
relativ an n 1,0% ,5% ,8% ,7%
palästinensische Behör-den/Polizei
Anzahl der Akteursauftritte
in allen Artikeln unter den
ersten vier Akteuren beider
Konfliktparteien
0 1 4 0
relativ an n ,0% ,5% 3,1% ,0%
palästinensische Ret-tungskräfte/Mediziner/Ärzte
Anzahl der Akteursauftritte
in allen Artikeln unter den
ersten vier Akteuren beider
Konfliktparteien
7 7 7 15
relativ an n 3,5% 3,8% 5,5% 10,6%
palästinensische Medien Anzahl der Akteursauftritte
in allen Artikeln unter den
ersten vier Akteuren beider
Konfliktparteien
1 2 0 1
relativ an n ,5% 1,1% ,0% ,7%
palästinensische De-monstranten
Anzahl der Akteursauftritte
in allen Artikeln unter den
ersten vier Akteuren beider
Konfliktparteien
2 2 2 2
relativ an n 1,0% 1,1% 1,6% 1,4%
palästinensische Intellek-tuelle/Schriftsteller
Anzahl der Akteursauftritte
in allen Artikeln unter den
ersten vier Akteuren beider
Konfliktparteien
0 1 0 1
relativ an n ,0% ,5% ,0% ,7%
palästinensische Betrof-fene des Krieges
Anzahl der Akteursauftritte
in allen Artikeln unter den
ersten vier Akteuren beider
5 10 3 4
82
Konfliktparteien
relativ an n 2,5% 5,4% 2,3% 2,8%
palästinensische Zivilbe-völkerung
Anzahl der Akteursauftritte
in allen Artikeln unter den
ersten vier Akteuren beider
Konfliktparteien
4 5 1 2
relativ an n 2,0% 2,7% ,8% 1,4%
"Palästinenser" allge-mein/palästinensische Angaben
Anzahl der Akteursauftritte
in allen Artikeln unter den
ersten vier Akteuren beider
Konfliktparteien
8 13 12 9
relativ an n 4,0% 7,1% 9,4% 6,4%
sonstige palästinensi-sche Gruppen
Anzahl der Akteursauftritte
in allen Artikeln unter den
ersten vier Akteuren beider
Konfliktparteien
0 0 1 2
relativ an n ,0% ,0% ,8% 1,4%
Total 100% 100% 100% 100%
Reduziert man die Variablenausprägungen lediglich auf „israelischer Akteur“ und
„palästinensischer Akteur“:
israelischer Akteur Anzahl der Akteursauftritte
in allen Artikeln unter den
ersten vier Akteuren beider
Konfliktparteien
137 108 86 89
relativ an n 69,2 % 58,7 % 67,2 63,1%
palästinensischer Akteur Anzahl der Akteursauftritte
in allen Artikeln unter den
ersten vier Akteuren beider
Konfliktparteien
61 76 42 52
relativ an n 30,8 % 41,3 % 32,8 % 36,9%
9.8 Tabelle 3: Was wird gezeigt?
Zeitung SZ(n = 69)
taz(n = 52)
ND(n = 43)
jW(n = 52)Bildinhalt
israelische Zivilbevölke- Anzahl der Bildinhalte 3 2 1 0
83
rung als Betroffene relativ an n 4,3% 3,8% 2,3% ,0%israelische Zivilbevölke-rung in anderer Rolle
Anzahl der Bildinhalte 1 2 2 3relativ an n 1,4% 3,8% 4,7% 5,8%
israelische militärische Darstellung
Anzahl der Bildinhalte 11 8 4 3relativ an n 15,9% 15,4% 9,3% 5,8%
israelische Politikerdar-stellung/Prominente/Po-traits
Anzahl der Bildinhalte 7 7 4 2relativ an n 10,1% 13,5% 9,3% 3,8%
sonstige israelische Dar-stellung
Anzahl der Bildinhalte 1 0 1 0
relativ an n 1,4% ,0% 2,3% ,0%
palästinensische Zivilbe-völkerung als Betroffene
Anzahl der Bildinhalte 16 12 14 19
relativ an n 23,2% 23,1% 32,6% 36,5%
palästinensische Zivilbe-völkerung in anderen Rollen
Anzahl der Bildinhalte 7 3 3 5
relativ an n 10,1% 5,8% 7,0% 9,6%
palästinensische militäri-sche Darstellung
Anzahl der Bildinhalte 1 0 0 0relativ an n 1,4% ,0% ,0% ,0%
palästinensische Politi-kerdarstellung/Prominen-te/Portraits
Anzahl der Bildinhalte 5 3 2 1relativ an n 7,2% 5,8% 4,7% 1,9%
sonstige palästinensi-sche Darstellung
Anzahl der Bildinhalte 2 0 0 2
relativ an n 2,9% ,0% ,0% 3,8%
Zivilbevölkerung aus an-deren Staaten als Betrof-fene
Anzahl der Bildinhalte 0 1 0 0
relativ an n ,0% 1,9% ,0% ,0%
Zivilbevölkerung aus an-deren Staaten in anderer Rolle
Anzahl der Bildinhalte 3 5 4 8relativ an n 4,3% 9,6% 9,3% 15,4%
militärische Darstellung aus anderen Staaten
Anzahl der Bildinhalte 2 0 0 0
relativ an n 2,9% ,0% ,0% ,0%
Politikerdarstellung/Pro-minente/Potraits aus an-deren Staaten
Anzahl der Bildinhalte 10 5 8 7
relativ an n 14,5% 9,6% 18,6% 13,5%
sonstige Darstellung aus anderen Staaten
Anzahl der Bildinhalte 0 1 0 1relativ an n ,0% 1,9% ,0% 1,9%
Zivilbevölkerung in ande-rer Rolle ohne Länderzu-ordnung
Anzahl der Bildinhalte 0 2 0 0relativ an n ,0% 3,8% ,0% ,0%
sonstige Darstellung ohne Länderzuordnung
Anzahl der Bildinhalte 0 1 0 1
relativ an n ,0% 1,9% ,0% 1,9%
Total 100% 100% 100% 100%
Reduziert man die Variablenausprägungen lediglich auf „Israeli/israelische/r
Akteur/e“, „Gazastreifen/palästinensische/r Akteur/e“ und „Akteure in/aus anderen
Staaten/Ländercode nicht zuordenbar“:
84
Israeli/israelische/r Ak-teur/e
Anzahl der Bildinhalte 23 19 12 8
relativ an n 33,3% 36,5% 27,9% 15,4%
Gazastreifen/palästinen-sische/r Akteur/e
Anzahl der Bildinhalte 31 18 19 27
relativ an n 44,9% 34,6% 44,2% 51,9%
Akteure in/aus anderen Staaten/Ländercode nicht zuordenbar
Anzahl der Bildinhalte 15 15 12 17
relativ an n 21,7% 28,8% 27,9% 32,7%
85
Eidesstattliche Erklärung
Hiermit versichere ich eidesstattlich, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig
und ohne fremde Hilfe verfasst und keine anderen als die angegebenen Hilfsmittel
benutzt habe. Diese Erklärung erstreckt sich auch auf die graphischen Darstellungen.
Die Stellen der Arbeit, die dem Wortlaut oder dem Sinn nach anderen Werken ent-
nommen sind, habe ich in jedem Fall unter Angabe der Quelle der Entlehnung kennt-
lich gemacht. Ich versichere, dass die Arbeit noch nicht veröffentlicht oder in einem
anderen Prüfungsverfahren als Prüfungsleistung vorgelegt worden ist.
Dresden, den 28.01.10
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Matthias Galle
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